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+++SCHWEIZ
NZZ am Sonntag 05.01.2020
Gericht heisst Dutzende Asyl-Rekurse gut
Der Bund wurde in mindestens vierzig Fällen wegen mangelhafter Abklärung der Gesundheit von Asylsuchenden gerügt.
Lukas Häuptli
Die Arbeiten an der grossen Asylreform des Bundes hatten fast zehn Jahre
gedauert, am 1. März 2019 war es endlich so weit: Das revidierte
Gesetz, das in erster Line die Asylverfahren beschleunigen soll, trat in
Kraft. Seither muss das Staatssekretariat für Migration in jedem Fall
nach spätestens zwei Monaten einen Entscheid fällen.
Jetzt zeigt sich: Die Beschleunigung ist in Dutzenden von Asylverfahren
auf Kosten von sorgfältigen Abklärungen gegangen – und auf Kosten der
Gesuchsteller. Zwischen dem 1. März und dem 31. Dezember 2019 hat das
Bundesverwaltungsgericht nämlich mindestens vierzig Beschwerden von
Asylsuchenden gutgeheissen, die entsprechenden Entscheide des
Staatssekretariats für Migration aufgehoben und die Fälle zur
Neubeurteilung an dieses zurückgewiesen.
Das ergab eine Recherche in der Entscheid-Datenbank des Gerichts. In all
diesen Fällen rügte es, dass das Staatssekretariat den
Gesundheitszustand der Gesuchsteller nicht genügend abgeklärt hatte.
So gab das Bundesverwaltungsgericht am 28. März 2019 einem georgischen
Asylsuchenden recht, der gegen seine Abschiebung in die Heimat
rekurriert hatte. Er begründete seine Beschwerde mit «seinem schlechten
Gesundheitszustand» und «seinem mangelnden Vertrauen in georgische
Ärzte».
Das Gericht hiess den Rekurs gut und begründete den Entscheid damit,
dass das Staatssekretariat für Migration die Abschiebung «in Ermangelung
aktueller, präziser und detaillierter medizinischer Informationen»
beschlossen habe.
Ähnlich lautete die Begründung des Gerichts im bis jetzt letzten dieser
Entschiede. Am 16. Dezember 2019 wies es den Fall einer afghanischen
Asylsuchenden zur Neubeurteilung an den Bund zurück. Die Frau hatte in
ihrem Gesuch angegeben, sie leide unter «schweren psychischen
Störungen».
Trotzdem entschied das Staatssekretariat für Migration, sie im Rahmen
eines Dublin-Verfahrens nach Ungarn abzuschieben. Das sei unrechtmässig
gewesen, hielt das Gericht fest. Das Staatssekretariat habe keine
Kenntnis der «genauen Diagnosen» und der «erforderlichen Behandlungen»
gehabt und hätte mit seinem Entscheid warten müssen, bis ein ärztliches
Gutachten vorliege.
Das Asylgesetz schreibt vor, dass abgewiesene Asylsuchende nicht aus der
Schweiz abgeschoben werden dürfen, wenn ihre Abschiebung aus
medizinischen Gründen nicht zumutbar ist. Wann dies der Fall ist, hängt
in erster Linie vom Gesundheitszustand der Betroffenen und der
Behandlungsmöglichkeiten in deren Heimat oder in einem Drittstaat ab.
Wird die Unzumutbarkeit der Abschiebung bejaht, werden die Asylsuchenden
in der Schweiz vorläufig aufgenommen.
Mangel an Ärzten
Das Staatssekretariat für Migration schreibt zu den mindestens vierzig
Entscheiden, die das Bundesverwaltungsgericht in den letzten neun
Monaten aufgehoben hat: «Es trifft zu, dass es in den ersten Monaten
nach Einführung der neuen gesetzlichen Bestimmungen zu einigen
Kassationen mit der Begründung kam, das Staatssekretariat für Migration
habe den medizinischen Sachverhalt ungenügend abgeklärt.»
Der Bund führt das auf die neuen Verfahrensabläufe zurück, die seit dem
1. März 2019 gelten. «So war nicht von Beginn weg immer allen
Beteiligten klar, welche medizinischen Dokumente zu welchem Zeitpunkt
bei welchen Stellen einzureichen sind.»
Grundsätzlicher ist allerdings ein anderes Problem: In den Asylzentren
des Bundes mangelt es an Ärzten. Auch das Staatssekretariat für
Migration räumt das ein: «Es ist und bleibt eine Herausforderung,
genügend Ärzte zu finden, die innerhalb der knappen Verfahrensfristen
vertiefte medizinische Abklärungen vornehmen können.»
Das allerdings beeinträchtige lediglich die ärztliche Begutachtung der
Asylsuchenden, nicht aber deren medizinische Versorgung. «Die
Asylsuchenden haben in den Bundesasylzentren jederzeit Zugang zu
medizinischer Versorgung», sagt ein Sprecher des Staatssekretariats für
Migration. Man habe zu diesem Zweck zusammen mit dem Bundesamt für
Gesundheit eigens ein Gesundheitskonzept erstellt und eine Begleitgruppe
«Gesundheit Asyl» eingesetzt.
Anders sieht das Denise Graf, die in der Schweiz jahrelang als
Asylkoordinatorin von Amnesty International gearbeitet hat und die heute
als Freiwillige Flüchtlinge betreut.
«Die medizinische Betreuung der Asylsuchenden ist in verschiedenen
Bundeszentren nach wie vor mangelhaft», sagt sie. Das gelte vor allem
für die Betreuung von traumatisierten Flüchtlingen.
«Für mich ist es kein Zufall, dass es in zwei Bundeszentren zu Suiziden
von Asylsuchenden mit schweren psychischen Problemen gekommen ist.» Wenn
eine Person mit Selbstmordgefährdung aus einer psychiatrischen Klinik
entlassen werde, müsse diese engmaschig betreut werden. «Doch beim heute
gültigen Betreuungsschlüssel in den Bundeszentren ist dies schlicht
nicht möglich.»
Das Staatssekretariat für Migration bestätigt, dass ein Asylsuchender im
letzten November in einem Bundesasylzentrum Suizid begangen hat. Zum
zweiten Fall äussert es sich nicht; es gebe aus Gründen des Daten- und
Persönlichkeitsschutzes keine Details zu Einzelfällen bekannt. Daneben
weist es den Vorwurf der ungenügenden Betreuung in den Bundeszentren
«entschieden» zurück. «Die professionelle medizinische Versorgung ist
durchgängig gewährleistet.»
Zahl der Kranken steigt
Die Zahl der Asylsuchenden, die krank sind und in der Schweiz ein Gesuch
stellen, ist in den letzten Monaten stetig gestiegen. Esther Maurer,
die beim Staatssekretariat für Migration die Abteilung Asyl leitet,
schrieb dieser Tage in einer internen E-Mail, man müsse diese
Entwicklung aufmerksam verfolgen.
Dazu sagt ein Sprecher: «Es handelt sich um eine verhältnismässig kleine
Zahl.» Einige der Betroffenen seien aber sehr schwer krank; ihm seien
beispielsweise Asylsuchende mit Krebs im finalen Stadium bekannt.
Im letzten Jahr hat die Schweiz 130 Asylsuchende aus gesundheitlichen
Gründen vorläufig aufgenommen. Das waren zwischen zwei und drei Prozent
aller vorläufig Aufgenommenen. In den Vorjahren hatte sich der Anteil im
gleichen Rahmen bewegt.
–
Zahl der Ausschaffungen
39 Sonderflüge für 169 Asylsuchende
Wenn sich abgewiesene Asylsuchende und andere illegal anwesende
Ausländer ihrer Abschiebung immer wieder widersetzen, greifen die
Behörden zum letzten Mittel: zur Zwangsausschaffung.
Dabei werden die Betroffenen in Haft genommen und mit polizeilich
begleiteten Sonderflügen in die Heimat geflogen. Letztes Jahr hat das
Staatssekretariat für Migration 169 abgewiesene Asylsuchende und andere
illegal anwesende Ausländer mit insgesamt 39 Sonderflügen aus der
Schweiz ausgeschafft, wie ein Sprecher sagt.
Das waren deutlich weniger als im Vorjahr. 2018 lag die Zahl der
Sonderflüge bei 51. Im Gegenzug stieg die Zahl der Asylsuchenden, die
aus den Bundeszentren freiwillig und mit einer Rückkehrhilfe der Schweiz
in die Heimat zurückkehrten. Zwischen Januar und November 2019 nahm
deren Zahl gegenüber dem Vorjahr um fast vierzig Prozent zu. Im
Durchschnitt erhielten die Rückkehrer vom Bund 1077 Franken.
(https://nzzas.nzz.ch/schweiz/nach-zwei-suiziden-bund-heisst-dutzende-asyl-rekurse-gut-ld.1531928)
+++MITTELMEER
Urteil im Prozess gegen Claus-Peter Reisch und Neues Schiff von MISSION LIFELINE
Am Dienstag, den 07.01.2020 wird das Urteil im Berufungsprozess gegen
Claus-Peter Reisch gefällt. In Anbetracht der desolaten
rechtsstaatlichen Situation in Malta, geht MISSION LIFELINE von einem
Schuldspruch aus – trotz eindeutiger Beweise für die Unschuld von
Claus-Peter Reisch.
https://mission-lifeline.de/urteil-im-prozess-gegen-claus-peter-reisch-und-neues-schiff-von-mission-lifeline-2/
33 Geflüchtete aus dem Irak und dem Iran in Süditalien gelandet
Die unterkühlten Menschen waren von Albanien mit einem Boot losgestartet
https://www.derstandard.at/story/2000112947278/33-gefluechtete-aus-dem-irak-und-dem-iran-in-sueditalien
+++GASSE
Wald statt Stadt
8 Tage im Wald
Ein Zelt auf Herbstblätter aufschlagen? Naja, Sommerfeeling auf dem
Campingplatz sieht anders aus. Ausgerüstet mit Zelt, Schlafsack und
Kamera mache ich mich auf den Weg nach Bern-Bethlehem – Ausfahrt „Wald“.
Dort leben seit Sommer 2019 eine hand-voll Leute in der freien Natur,
egal ob Sommer oder Winter. Für 2 Wochen werde ich bei ihnen aufgenommen
und verbringe 8 Tage im Wald – Tag und Nacht. Ich begleite sie mit der
Kamera und drehe eine Reportage für die Diplomarbeit an der
Journalistenschule MAZ Luzern. Ich nehme am Alltag der Waldmenschen
teil.
http://www.spahni.tv/2019/12/20/wald-statt-stadt
+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Linksextreme unter Verdacht: Attacke auf Auto von SVP-Politiker
Unbekannte bekleckerten den Mercedes von Thomas Fuchs mit Kleister, während der Berner SVP-Präsident beim Chinesen speiste.
https://www.blick.ch/news/schweiz/bern/linksextreme-unter-verdacht-attacke-auf-auto-von-svp-politiker-id15689458.html
-> https://www.20min.ch/schweiz/bern/story/Auto-von-SVP-Politiker-mit-Kleister-bekleckert-27365615
-> https://www.derbund.ch/bern/kleisterattacke-auf-das-auto-von-thomas-fuchs/story/21329473
-> https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/kleisterattacke-auf-das-auto-von-thomas-fuchs/story/15535136
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/sonntag-5-januar-2020-ganze-sendung-136187265 (ab 08:58)
+++AUSLÄNDER*INNEN-RECHT
NZZ am Sonntag 05.01.2020
Die Schweiz weist gefährliche Ausländer aus
Der Bund hat in den letzten vier Jahren die Ausweisung von 23 Gefährdern
verfügt. Sechs von ihnen leben allerdings noch immer hier.
Lukas Häuptli
Das Bundesamt für Polizei (Fedpol) wies im letzten Jahr zum ersten Mal
zwei Ausländer aus der Schweiz aus, weil sie mutmassliche Mitglieder der
italienischen Mafia sind. Daneben verfügte das Amt die Ausweisung
zweier Männer wegen des Verdachts auf Terror, wie Sprecher Florian Näf
sagt. Genauere Angaben zu den Ausgewiesenen macht er nicht.
Damit erhöht sich die Zahl der Ausländer, die das Bundesamt für Polizei
ausgewiesen hat, auf 23. Die Ausweisungen erfolgten zur Wahrung der
äusseren und inneren Sicherheit der Schweiz. Die rechtliche Grundlage
dafür, ein Artikel im Ausländer- und Integrationsgesetz, ist zwar
bereits seit 2009 in Kraft. Fedpol ordnete die Massnahme aber erst 2016
zum ersten Mal an. Sie richtete sich bis jetzt stets gegen
Terrorverdächtige.
Die Ausweisungen sind aus zwei Gründen umstritten. Einerseits werden sie
von einem Amt und nicht von einem Gericht verfügt, und das lediglich
aufgrund eines Verdachts. Eine strafrechtliche Verurteilung ist nicht
Voraussetzung dafür.
Andererseits können verschiedene der entsprechenden Verfügungen nicht
umgesetzt werden. Von den 23 Ausweisungen wurden bis jetzt erst deren 17
vollzogen, wie der Fedpol-Sprecher sagt. Fünf scheiterten, weil die
Betroffenen Iraker sind. Eine Abschiebung in deren Heimat verstösst
gegen das sogenannte Non-Refoulement-Prinzip. Gemäss diesem dürfen
Personen nicht abgeschoben werden, wenn ihnen in der Heimat Folter oder
sogar die Todesstrafe drohen. Zu einer letzten nicht vollzogenen
Ausweisung will der Fedpol-Sprecher aus Gründen des Amtsgeheimnisses
nichts sagen.
(https://nzzas.nzz.ch/schweiz/schweiz-weist-gefaehrliche-auslaender-aus-sechs-sind-noch-hier-ld.1531938)
-> https://www.blick.ch/news/schweiz/gefahr-fuer-die-schweiz-geheimdienst-warnte-vor-25-asylsuchenden-id15689167.html
+++RECHTSPOPULISMUS
Kinder im Islamisten-Camp: Türkei indoktriniert Schweizer Schüler
Es sah aus wie ein normales Ferienlager. Doch hinter dem Freizeitspass
für Kinder in Melchtal OW steckte die türkische Religionsbehörde. Als
Leiter agierten von Erdogan entsandte Imame.
https://www.blick.ch/news/schweiz/kinder-im-islamisten-camp-tuerkei-indoktriniert-schweizer-schueler-id15689311.html
+++WEF
Winterwanderung gegen das WEF
Zum 50. Mal treffen sich Vertreterinnen aus Politik, Wirtschaft,
Wissenschaft und Medien im Januar 2020 am World Economic Forum (WEF) in
Davos und beanspruchen für sich, die Welt verbessern zu wollen. Die
wirtschaftlich mächtigsten Menschen bestimmen, was auf der Welt läuft.
Das Klima und die sozialen Komponenten waren ihnen bisher egal. Ihr
Konzept von Wirtschaft, ihre hohen Profite beruhen auf Ausbeutung von
der Umwelt, von Menschen und Tieren. Sie sind direkt und indirekt
verantwortlich für Kriege, Flucht und Hunger. Wir wandern nach Davos, um
sichtbar zu machen, was uns wichtig ist. Wir wollen Druck von unten
aufbauen, um eine politische Veränderung zu erwirken und setzen nicht
auf den Dialog mit den Teilnehmerinnen vom WEF. Wir wandern in drei
Tagen von Landquart über Schiers und Klosters nach Davos. Ziel ist es,
am Eröffnungstag vom WEF, am 21. Januar 2020, in Davos anzukommen.
Alle Infos unter: https://strike-wef.org/
https://www.facebook.com/InfoAGB/videos/vb.522461554568872/1522009101289096/?type=2&theater
-> https://youtu.be/nznmBHKxiyk
+++HISTORY
20 Jahre indymedia
Medienaktivismus. Wer kennt noch AK-Kraak?
„Bereitet Euch darauf vor, überschwemmt zu werden von der Welle
aktivistischer MedienmacherInnen vor Ort in Seattle und überall auf der
Welt, die die wirkliche Geschichte hinter der Welthandelsorganisation
erzählen.“ Mit dieser Erklärung trat das „Independent Media Center“ am
24. November 1999 erstmals an die Öffentlichkeit. Es war die
Geburtsstunde der alternativen Internetplattform Indymedia. Wenige Tage
später, vom 30. November bis 2. Dezember, tagten die Wirtschafts- und
Handelsminister der Welthandelsorganisation (WTO) in Seattle. Das
Treffen endete ergebnislos. Das lag unter anderem an den schwer
überbrückbaren Differenzen in der Handelspolitik. Doch erstmals war auf
einem solchen Gipfel eine transnationale Protestbewegung hör- und
sichtbar. (1)
https://www.graswurzel.net/gwr/2020/01/20-jahre-indymedia/
Kampf ums Zaffaraya
Es gab eine Zeit vor dem Handy, eine Zeit, in der Pressefotografen die
Augen einer ganzen Nation waren. Viele ihrer Bilder sind heute in
Vergessenheit geraten. Zum Beispiel die Fotografien der gewaltsamen
Räumung des «Freien Lands Zaffaraya» in Bern.
https://blog.nationalmuseum.ch/2019/12/jugendunruhen-in-zaffaraya-bern/