Medienspiegel 1. Februar 2019

+++BERN
Kanton darf Algerier ausschaffen
Die Berner Migrationsbehörden dürfen einen weiteren Anlauf nehmen, einen Algerier ausser Landes zu bringen. Der Mann hatte gegen seine Ausschaffungshaft geklagt.
https://www.derbund.ch/bern/kanton/algerier-bleibt-in-haft/story/24742345
-> https://www.bernerzeitung.ch/region/kanton-bern/algerier-bleibt-in-ausschaffungshaft/story/17011836

(Entschädigungsforderung von Komitee: „Die Anwesenheit der Asylbewerber würde den Wert der umliegenden Immobilien senken“…)
Asylzentrum in Prêles
http://www.telebielingue.ch/de/sendungen/info/2019-02-01#chapter-7e9aa325-f0ec-4ab1-aa09-9a604d9faa1d

Interfraktionelle Motion AL/GaP/PdA, GB/JA!, SP/JUSO, GFL/EVP, GLP/JGLP (Angela Falk, AL/Rahel Ruch, GB/Lena Sorg, SP/Michael Burkard, GFL/Peter Ammann, GLP): Die Stadt Bern soll Verantwortung im Bereich der medizinischen Grundversorgung von Sans-Papiers übernehmen: Für ein Pilot-Projekt nach Genfer Vorbild
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=23793e9c44bc4e70b56977f296b2d0fe

Flüchtlinge rügen Anwesenheitspflicht im Kanton Bern
Die Anwesenheitspflicht in Unterkünften sei unzulässig, sagen Asylsuchende. Sie haben deshalb eine Beschwerde beim Bundesgericht eingereicht.
https://www.bernerzeitung.ch/region/kanton-bern/fluechtlinge-ruegen-anwesenheitspflicht-im-kanton-bern/story/19081303

Stadt Bern schützt verfolgte Autoren
Die Stadt Bern ist der Organisation «International Cities of Refuge Network» (ICORN) beigetreten. Damit ermöglicht sie den Aufenthalt von im Ausland verfolgten Autoren in Bern.
https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/stadt-bern-schuetzt-verfolgte-autoren/story/28905100
-> https://www.bern.ch/mediencenter/medienmitteilungen/aktuell_ptk/schutz-fuer-verfolgte-autorinnen-und-autoren

+++SCHWEIZ
Trotz sinkenden Asylzahlen – Anteil von Asylgesuchen von Kindern steigt
Dies zeigt eine spezifische Auswertung der heute publizierten Asylstatistik 2018 des Bundes durch die Kinderrechtsorganisation Save the Children Schweiz.
„Die kinderspezifische Analyse (…)zeigt die steigende Bedeutung von geeigneten Unterbringungsstrukturen und die Wichtigkeit von einer qualitativen Betreuung und dem Schutz von geflüchteten Kindern in Asylunterkünften“
https://www.savethechildren.ch/de/news_and_media/news/?330/Trotz-sinkenden-Asylzahlen–Anteil-von-Asylgesuchen-von-Kindern-steigt
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/abnehmende-asylzahlen-asylgesuche-von-kindern-nehmen-zu

Die Schweiz kann und muss mehr Hilfe leisten
Im letzten Jahr haben rund 15’000 Schutzsuchende in der Schweiz ein Asylgesuch gestellt. Das ist der tiefste Wert seit 2007 – und eine direkte Folge der EU-Abschottungs- und Abschreckungspolitik, die auch die Schweiz mitträgt. Flüchtende werden dadurch auf immer gefährlichere Routen gezwungen, unzählige sterben dabei. Die SFH fordert den Bund dazu auf, angesichts der weltweiten Fluchtbewegungen seine Verantwortung wahrzunehmen und vermehrt legale Zugangswege zu schaffen.
https://www.fluechtlingshilfe.ch/medien/medienmitteilungen/2019/die-schweiz-kann-und-muss-mehr-hilfe-leisten.html

Zahl der Asylgesuche fällt 2018 auf Elf-Jahres-Tief
Im vergangenen Jahr sind in der Schweiz gut 15’000 Asylgesuche gestellt worden, 15 Prozent weniger als im Jahr davor, wie Staatssekretär Mario Gattiker sagt.
https://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/Zahl-der-Asylgesuch-faellt-2018-auf-ElfJahresTief/story/10973424
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/asylzahlen-2018-eritreer-sind-immer-noch-die-groesste-asylgruppe
-> https://www.blick.ch/news/politik/der-oberste-asyl-beamte-mario-gattiker-hat-gute-nachrichten-gesuche-aus-eritrea-sind-stark-ruecklaeufig-id15146856.html
-> https://www.nzz.ch/schweiz/asylgesuche-in-der-schweiz-zahl-faellt-2018-auf-elf-jahres-tief-ld.1456460
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/zahl-der-asylgesuche-auf-rekordtief-134036395
-> Asylstatistik 2018: https://www.sem.admin.ch/sem/de/home/aktuell/news/2019/2019-02-01.html

Vollzug der Wegweisung von Eritreerinnen und Eritreern
Die Kommission hat sich mit der schweizerischen Asylpolitik gegenüber Eritrea befasst und eine Motion dazu mit 18 zu 7 Stimmen angenommen (18.3409 s Mo. Müller Damian. Umsetzung einer fairen Asylpolitik in Bezug auf Eritrea). Die Motion wurde vom Bundesrat zur Annahme empfohlen und ist vom Ständerat ohne Gegenantrag angenommen worden. Mit ihrem Entscheid will die Kommission den Bundesrat darin bekräftigen, die Umsetzung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts voranzutreiben, welches in mehreren Gerichtsentscheiden den Vollzug der Wegweisung von Eritreerinnen und Eritreern als zulässig und zumutbar eingestuft hat.
https://www.parlament.ch/press-releases/Pages/2019/mm-spk-n-2019-02-01.aspx

Die Schweiz verletzt erneut Anti-Folterkonvention
Der UN-Ausschuss gegen Folter (CAT) hat die Schweiz in einem weiteren Fall gerügt und die Verletzung der Anti-Folterkonvention festgestellt.
https://beobachtungsstelle.ch/news/schweiz-verletzt-anti-folterkonvention-erneut/

+++DEUTSCHLAND
Das »Geordnete-Rückkehr-Gesetz« ignoriert rechtsstaatliche Grundsätze
Heute wurde ein Referentenentwurf des Bundesinnenministeriums (BMI) bekannt. Voraussetzungen für Inhaftierungen, wie die richterliche Anordnung oder der Nachweis eines Haftgrundes werden darin ignoriert. Abgelehnte Asylbewerber*innen, die nie eine Straftat begangen haben, werden wie Straftäter behandelt. Eine erste Analyse der Pläne.
https://www.proasyl.de/news/das-geordnete-rueckkehr-gesetz-ignoriert-rechtsstaatliche-grundsaetze/

+++GRIECHENLAND
Freiwillige Helfer auf Samos: Zwischen 4.000 Flüchtlingen für ein wenig Freude sorgen
Rund 4.000 Flüchtlinge leben unter größtenteils menschenunwürdigen Bedingungen in einer Zeltstadt auf der griechischen Insel Samos, viele schon seit Jahren. Rund 30 Freiwillige, die Samos Volunteers, versuchen dennoch, zumindest für einen Moment am Tag, für ein Gefühl von Normalität zu sorgen.
https://www.deutschlandfunk.de/freiwillige-helfer-auf-samos-zwischen-4-000-fluechtlingen.1773.de.html?dram:article_id=439891

+++ITALIEN
Salvinis Ärger mit der Justiz: Dem Hardliner droht Ungemach
Seit seinem Amtsantritt gibt Italiens Innenminister Salvini in der Flüchtlingspolitik den Hardliner. Doch jetzt könnte er übertrieben haben. Die Justiz drängt auf die Aufhebung seiner politischen Immunität.
https://www.tagesschau.de/ausland/salvini-153.html

+++MITTELMEER
Madrid blockiert Rettung
Spaniens Regierung hält Schiffe von Hilfsorganisationen fest und kürzt eigene Mittel
https://www.jungewelt.de/artikel/348367.flucht-%C3%BCber-das-mittelmeer-madrid-blockiert-rettung.html
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1110933.open-arms-open-arms-von-madrid-festgehalten.html?fbclid=IwAR1ZX88eZCgxkTzilgs97G73TLfhPSJZHAx-7Y0zjO2U4Rkoi6_Ozgxr4VA

»Die Vorwürfe sind knüppelhart«
Bewegt von der Tragödie im Mittelmeer wandte Kapitänin Pia Klemp sich 2015 der privaten Seenotrettung zu. Seitdem haben sie und ihre Crew mehr als 1000 Flüchtende vor dem Ertrinken gerettet. Dafür wird nun gegen sie ermittelt.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1111352.kapitaenin-pia-klemp-die-vorwuerfe-sind-knueppelhart.html

Rettungsschiff: „Sea-Watch 3“ im Hafen von Catania festgesetzt
Die italienische Küstenwache hindert das Rettungsschiff „Sea-Watch 3“ wegen technischer Mängel am Auslaufen. Die Helfer sprechen von einer „Kriminalisierungskampagne“.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-02/rettungsschiff-sea-watch-3-seenotrettung-catania-hafen-reede
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1111351.seenotrettung-italien-setzt-sea-watch-fest.html
-> http://www.spiegel.de/politik/ausland/fluechtlinge-sea-watch-3-darf-hafen-von-catania-nicht-verlassen-a-1251158.html
-> http://taz.de/Sea-Watch-3-in-Italien/!5569901/
-> https://www.nzz.ch/international/sea-watch-3-darf-hafen-catania-nicht-verlassen-keine-zivilen-rettungsschiffe-mehr-im-mittelmeer-ld.1456554
-> https://www.welt.de/politik/ausland/article188082085/Sea-Watch-3-Rettungsschiff-darf-italienischen-Hafen-nicht-verlassen.html?fbclid=IwAR223SamdmEzgbQtSIu7WlclkFQoW3nL4LeOzeWMatCmAsthaXno4tI3YT8

«Bergsteiger in Not würden wir ja auch retten»
Nach rund zehn Tagen dürfen die 47 Flüchtlinge an Bord der Sea-Watch 3 an Land. Nur sei das keine echte Lösung, sagt ein Sea-Watch-Vertreter im Interview.
https://www.20min.ch/ausland/news/story/-Menschenrechte-gelten-auch-auf-dem-Meer–31499590

Offener Brief von rund 40 Organisationen an Minister Seehofer und Barley zur Seenotrettung im Mittelmeer
EU muss aus Seenot gerettete Menschen schnell und geregelt an Land gehen lassen, Seerecht muss eingehalten werden
https://sosmediterranee.de/press/offener-brief-von-rund-40-organisationen-an-minister-seehofer-und-barley-zur-seenotrettung-im-mittelmeer/
-> https://www.aerzte-ohne-grenzen.de/offener-brief-mittelmeer-europaeische-regelung
-> https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-02/mittelmeer-ngos-seenotrettung-fluechtlinge-flucht-migration-libyen
-> https://www.tagesschau.de/ausland/migranten-mittelmeer-105.html
-> https://derstandard.at/2000097369232/Fluechtlingshelfer-fordern-in-offenem-Brief-sichere-Haefen-in-Europa?ref=rss
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1111341.seenotrettung-helfen-nicht-abwehren.html

+++EUROPA
Intimes Gespräch belauscht: Merkel und Conte heimlich am WEF gefilmt
Ein Gast hat am WEF ein bilaterales Gespräch zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Italiens Premier Giuseppe Conti geflimt. Der Inhalt des Gesprächs ist brisant – und zeigt, wie Staatenlenker in ungezwungenem Rahmen miteinander sprechen.
https://www.blick.ch/news/ausland/intimes-gespraech-belauscht-merkel-und-conte-heimlich-am-wef-gefilmt-id15147264.html

+++JORDANIEN
Zaataris Kinder: Leben im Flüchtlingslager
In Syrien scheinen die Aufständischen weitgehend besiegt, US-Präsident Donalt Trump plant den Abzug der US-Truppen, die Unterstützer des Assad-Regimes bekämpfen sich: In der Zwischenzeit versuchen Syrer, die vor dem Konflikt geflohen sind, ein neues Leben aufzubauen. Nur 12 Kilometer von der syrischen Grenze entfernt haben rund 80.000 Menschen Zuflucht im jordanischen Flüchtlingslager Zaatari gefunden, mehr als die Hälfte sind Kinder. Euronews-Reporterin Anelise Borges berichtet über den Alltag der syrischen Flüchtlingskinder.
https://de.euronews.com/2019/01/31/zaataris-kinder-leben-im-fluchtlingslager

+++FLUCHT
Refugeestan – Flüchtlingslager unter der Lupe
Rund 17 Millionen Menschen leben zurzeit in verschiedenen Flüchtlingslagern – zusammengezogen ergäbe sich daraus ein Staat etwa so gross wie die Niederlande. Betrieben werden diese grossen Flüchtlingscamps vom Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) und von NGOs. Was mit besten Absichten ins Leben gerufen wurde, ist in der Realität manchmal nicht ganz einfach zu managen und so steht die humanitäre Arbeit immer auch wieder in der Kritik.
Das Kino der Reitschule widmet diesem Thema einen Filmzyklus und zeigt dabei auch «Welcome to Refugeestan», ein Dokumentarfilm der Französin Anne Poiret, worin das Spannungsfeld beleuchtet wird, in welchem sich humanitäre Organisationen bewegen.
https://soundcloud.com/radiorabe/refugeestan-fluchtlingslager-unter-der-lupe

+++JENISCHE/SINTI/ROMA
Gesetz gegen Fahrende ohne Schlagkraft
Mit einem neuen Artikel im Polizeigesetz soll es einfacher werden, Fahrende wegzuweisen. Einigen geht dieser aber zu wenig weit.
https://www.derbund.ch/bern/kanton/gesetz-gegen-fahrende-ohne-schlagkraft/story/19521947

+++FREIRÄUME
bernerzeitung.ch 01.02.2019

Was Reitschule-Berater Kessler in Bern hinterlässt

Die Dauerreibung mit der Reitschule sei demokratisch gewollt, sagt Thomas Kessler, dessen Beratungsmandat Ende 2018 endete. Gegen Kokainhandel und Gewalt müsse entschlossener vorgegangen werden, findet er.

Jürg Steiner

Die Reitschule könnt ihr nicht verändern. In eurer Macht steht es aber, gegenüber der Reitschule geschlossener aufzutreten.

Auf diese knappe Formel lässt sich zuspitzen, was der Basler Thomas Kessler den Berner Behörden in seiner zweijährigen Beratungstätigkeit im Reitschule-Dossier einschärfte. Stadtpräsident Alec von Graffenried (GFL) und Kessler selber bestätigen, dass das Mandat per Ende 2018 beendet wurde. Grund: Der Auftrag sei erfüllt. Die Kosten für Kesslers Tätigkeit belaufen sich laut von Graffenried für die zwei Jahre auf rund 20000 Franken.

«Einige Korrekturen»

Anders als Alt-Bundesrichter Hans Wiprächtiger, der in einem Mediationsmandat vergeblich versuchte, Reitschüler und Polizei an einen Tisch zu bringen, befasste sich Thomas Kessler ausschliesslich mit der Behördenseite. Es seien einige Korrekturen, die der Gemeinderat auf Kesslers Initiative hin vornehme, sagt von Graffenried.

Die wesentlichste: Die viermal jährlich stattfindenden Gespräche zwischen der Interessen­gemeinschaft Kulturraum Reitschule (Ikur) und einer mehrköpfigen Delegation von Stadt und Kanton (Polizei) werden gezielt dafür vorbereitet, sich auf eine wasserdichte gemeinsame Haltung zu verständigen. In der Vergangenheit hätten sich die Behörden an den Sitzungen mit den Vertretern des autonomen Kulturzentrums immer wieder zu Mehrstimmigkeiten verleiten lassen, wodurch die klare Haltung gegenüber der Reitschule gelitten habe.

Wirklich mit einer Stimme sprechen die Berner Behörden nach wie vor nicht immer: Im Herbst etwa kritisierte der kantonale Polizeidirektor Philippe Müller (FDP) den Gemeinderat öffentlich und forderte, die Stadtregierung solle zusammen mit der Polizei vor die Reitschule stehen.

«Dynamischer Prozess»

Trotzdem trage die Arbeit von Thomas Kessler bereits Früchte, findet Blaise Kropf, Co-Generalsekretär in von Graffenrieds ­Präsidialdirektion, bei dem die Fäden im Reitschule-Dossier zusammenlaufen. Die neu installierten internen Gespräche zur Vorbereitung der Sitzung mit der Ikur schärften das Problembewusstsein auf Behördenseite.

Er werde oft gefragt, sagt Alec von Graffenried, wann die Stadt das «Problem Reitschule» endlich gelöst habe. Das sei eine «unrealistische Vorstellung», so von Graffenried, das Verhältnis der Stadt zu ihrem wichtigsten Jugendzentrum sei eher «ein dauernder Prozess», schon nur durch den raschen Generationenwechsel bei den Reitschülern.

Experte auch beim Hanf

Thomas Kessler (59) würde in diesem Punkt von Graffenried recht geben. Der konflikterprobte Agronom und Migrationsexperte war in Basel Drogendelegierter und Stadtentwickler. Heute berät er international Politiker und Behörden in Sicherheits- und Entwicklungsfragen.

Kessler studierte unter anderem in Bern und kennt die Reitschule seit ihren ersten Tagen. In den Anfangsjahren sei er dort auch als Hanfexperte aufgetreten, hält er am Telefon aus Marokko, wo er gerade unterwegs ist, fest und lacht schallend in die Wüste hinaus. Das Publikum sei hinter dem Rauch kaum sichtbar gewesen.

Jetzt, während seiner Berner Beratertätigkeit, ass er verschiedentlich in der Reitschule-Beiz Sous le Pont, «hervorragend», wie er sagt. Aus seiner Sicht sei die Reitschule ein «höchst erfolgreicher Grossbetrieb», in dem sich rund 500 Personen in verschiedensten Chargen engagieren würden: «In Bezug auf Kreativität und Kommerz macht den Reitschülern in Bern niemand etwas vor.»

Gewollte Reibung

Das Reitschule-Manifest, in dem sich die Reitschule etwa gegen Rassismus, Gewalt und Kriminalität verwahrt, ist für Kessler mit der rechtlichen Grundordnung «absolut vereinbar». Das Stimmvolk sprach sich mehrfach für die Reitschule aus. «Die gesellschaftliche Dauerreibung, die von der Reitschule erzeugt wird, ist demokratisch gewollt», sagt Kessler. Keine Frage, dass die Stadt in den konstruktiven Dialog mit den Reitschülern investieren müsse.

Aber: Kessler bezeichnet zwei dringliche Probleme: Gewalt und Drogenhandel. Auf einer Europakarte ernsthafter revolutionärer Sammelpunkte sei die Reitschule nach der «Roten Flora» in Hamburg «die Nummer zwei». Das zeige, so Kessler, die Dimension eines internationalen Hotspots, den die Reitschule habe.

Naive Opfersicht

Der hauptsächlich von Nigerianern betriebene Kokainhandel vor der Reitschule dürfe nicht mehr bagatellisiert, sondern müsse konsequent als Problem internationaler organisierter Kriminalität gesehen werden. Die Zulieferer in Italien seien auch im Menschenhandel und in der Prostitution tätig, die Bekämpfung sei ebenfalls für die Bundespolizei vordringlich. Die meist gut ausgebildeten Reitschüler müssten erkennen, findet er, dass sie mitunter Leuten einen Opferstatus zubilligen würden, die zu kriminellen Netzwerken gehörten.

Das sind Kesslers Worte an Bern, die man laut von Graffenried beherzigt hat.

Der Berater aber ist schon in der Zukunft. Für die Basler FDP kämpft er um einen Nationalratssitz. Eines seiner Themen: die Überwindung der Drogenprohibition durch eine Regulierung von Hanf und Kokain. Man müsse den Schwarzmarkt austrocknen, die Prohibition behindere den Jugendschutz und verunmögliche Qualitätsstandards. Und der Milliardenumsatz gehe unversteuert in die Illegalität, so Kessler.

Die Routine, mit der die Stadt Bern Berater auf das heisse Eisen Reitschule ansetzt, ist imposant. 2015 empfahl der Soziologe Ueli Mäder in seiner Studie (Kostenpunkt: 50000 Franken) den Dialog als wichtigstes Instrument zur Normalisierung der eisigen Beziehung zwischen Polizei und Reitschule. Im Frühjahr 2016 setzte der Gemeinderat Alt-Bundesrichter Hans Wiprächtiger als Moderator dieses Dialogs ein. Ein Gespräch zwischen Reitschülern und Polizei kam aber in dieser Mediation (Kostenpunkt: 16944.90 Franken) nicht zustande. Nun hat der polyvalente Berater Thomas Kessler seine Impulse (Kostenpunkt: 20000 Franken) gesetzt.

Doch das ist nun vorbei. Erstmals seit Jahren ist die rot-­grüne Stadtregierung im Reitschule-Dossier ohne Beistand unterwegs. Sie hat es jetzt in der Hand, dafür zu sorgen, dass man auch ausserhalb der Sitzungszimmer etwas von den Lehren merkt, die gezogen wurden. Wichtigster Punkt: Der Kokainhandel auf der Schützenmatte muss weg. Man darf erwarten, dass die nun offenbar geeinten Behörden, inklusive Polizei, einen Weg finden, den Gassendeal, der vor Hunderten Jugendlichen auf der Schützenmatte stattfindet, zu unterbinden. Und zwar ohne Rückfall in die ewigen Räuber-und-Poli-Spiele mit den Reitschülern. Es wäre der Tatbeweis, dass Berater etwas bringen können.

Kommentar: Jetzt kommt der Realitätstest

Die Routine, mit der die Stadt Bern Berater auf das heisse Eisen Reitschule ansetzt, ist imposant. 2015 empfahl der Soziologe Ueli Mäder in seiner Studie (Kostenpunkt: 50000 Franken) den Dialog als wichtigstes Instrument zur Normalisierung der eisigen Beziehung zwischen Polizei und Reitschule. Im Frühjahr 2016 setzte der Gemeinderat Alt-Bundesrichter Hans Wiprächtiger als Moderator dieses Dialogs ein. Ein Gespräch zwischen Reitschülern und Polizei kam aber in dieser Mediation (Kostenpunkt: 16944.90 Franken) nicht zustande. Nun hat der polyvalente Berater Thomas Kessler seine Impulse (Kostenpunkt: 20000 Franken) gesetzt.

Doch das ist nun vorbei. Erstmals seit Jahren ist die rot-­grüne Stadtregierung im Reitschule-Dossier ohne Beistand unterwegs. Sie hat es jetzt in der Hand, dafür zu sorgen, dass man auch ausserhalb der Sitzungszimmer etwas von den Lehren merkt, die gezogen wurden. Wichtigster Punkt: Der Kokainhandel auf der Schützenmatte muss weg. Man darf erwarten, dass die nun offenbar geeinten Behörden, inklusive Polizei, einen Weg finden, den Gassendeal, der vor Hunderten Jugendlichen auf der Schützenmatte stattfindet, zu unterbinden. Und zwar ohne Rückfall in die ewigen Räuber-und-Poli-Spiele mit den Reitschülern. Es wäre der Tatbeweis, dass Berater etwas bringen können.
(https://www.bernerzeitung.ch/articles/31892667)

Kleine Anfrage Fraktion SVP (Alexander Feuz, SVP): Kann die Schützenmatte im Frühjahr wieder stattfinden?
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=7b031e5bd59741fa8e6a2d4451f5dbe6

Adieu Steinengraben-Häuser: Ein Symbol der Basler Wohnungsnot ist tot
Der Kampf um den Steinengraben hat einiges bewegt – für die Häuser kommt das aber zu spät. Die letzten Handgriffe vor dem Abriss sind geschehen. Jetzt kommt das Mahnmal für Widerstand gegen die Wohnpolitik weg.
https://www.basellandschaftlichezeitung.ch/basel/basel-stadt/adieu-steinengraben-haeuser-ein-symbol-der-basler-wohnungsnot-ist-tot-134036340

+++SPORTREPRESSION
derbund.ch 01.02.2018
(…)

YB-Fans fürchten Repression

Das neue Polizeigesetz sieht vor, der Kantonspolizei einen grösseren Spielraum bei Wegweisungen zu geben. Dieser kann beispielsweise angewendet werden, wenn die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere durch eine Ansammlung, gestört oder gefährdet werde. Bei Annahme des Gesetzes könnte die Polizei neu eine mündliche Wegweisung aussprechen, die bis zu 48 Stunden Gültigkeit hat. «Wie bisher hat die Kantonspolizei bei Wegweisungen das Verhältnismässigkeitsprinzip zu beachten», heisst es dazu in den Abstimmungsunterlagen.

Doch dass die Gesetzesverschärfung mit Augenmass angewendet wird, bezweifeln die Gegner der Vorlage. So mischt sich zum Beispiel die Ostkurve, Dachverband der YB-Fans, in den Abstimmungskampf ein. Sie fürchtet, dass die Möglichkeit auf mündliche Wegweisungen gerade Sportfans hart treffen könnte. «Fussball- und Eishockeyfans sind schon aufgrund ihres Erscheinungsbild oftmals polizeilicher Diskriminierung ausgesetzt», heisst es im Ostkurve-Statement. Ihre Schlussfolgerung: «Das bedeutet noch mehr Stadion- und Rayonverbote für Fans und Supporter.»

Ähnlich sieht es das Nein-Komitee. Dieses sagt voraus, dass die Regelung vor allem Leute treffen wird, die «nicht ins schöne Ortsbild passen». Beispielsweise Armutsbetroffene. Der Verein Humanrights.ch stört, dass die Wegweisungen mündlich erfolgen können. Der betroffene Person werde dadurch nur nachträglich eine schriftliche Verfügung ausgestellt, und das auch nur, wenn diese selbstständig verlangt wird. Wegweisungen müssten laut Verwaltungsrecht immer schriftlich und mit Rechtsmittelbelehrung erfolgen.
(https://www.derbund.ch/bern/kanton/gesetz-gegen-fahrende-ohne-schlagkraft/story/19521947)

+++REPRESSION DE/G-20
The Empire strikes back – Rachejustiz bei G20-Prozessen
In Hamburger Gerichtsälen ist zu beobachten, wie im Zuge des allgemeinen Rechtsrucks auch die Justiz immer mehr abkippt. Die Verfahren nach dem G-20-Gipfel 2017 sind geprägt vom Bedürfnis nach Rache für die Tage staatlichen Kontrollverlustes. Das gilt auch für das im Dezember gestartete und bis Mai terminierte Verfahren am Landgericht Hamburg zu den Ausschreitungen an der Elbchaussee, bei dem Mitte Januar die Öffentlichkeit ausgeschlossen wurde.
http://lowerclassmag.com/2019/02/the-empire-strikes-back-rachejustiz-bei-g20-prozessen-gerichtsverfahren-can-loic-halil

+++BIG BROTHER
Der Zweitnutzen verhinderter Terroranschläge
Ein 17-jährigen Iraker soll sich 75gr Schwarzpulver besorgt haben, um einen noch nicht konkret geplanten Selbstmordanschlag zu verüben. Dank des Analysewerkzeugs Hessendata/Palantir konnte dieser Terroranschlag verhindert werden, sagt der hessische Innenminister. Der Chef der Firma Palantir, die dieses System für die Polizei Hessen BETREIBT, behauptet gar, dass er „ungefähr einmal pro Woche von einem verhinderten Terroranschlag in Europa“ erfährt. Das Dumme an solchen Nachrichten ist: Es gibt dafür keine objektiven Beweise. Und zu oft schon wurden vergleichbare ‚Erfolgsmeldungen‘ aus taktischen Gründen verwendet, wenn Vertreter des Sicherheitsapparats MEHR haben wollten: MEHR Befugnisse, MEHR Geld, MEHR Personal …
https://police-it.org/der-zweitnutzen-verhinderter-terroranschlaege

+++PRIVATE SICHERHEITSFIRMEN
Kein Polizist weit und breit
Gemeinden übertragen zunehmend die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung an private Sicherheitsdienste. Funktioniert das? Unterwegs mit einer Nachtpatrouille in Graubünden.
https://www.nzz.ch/gesellschaft/kein-polizist-weit-und-breit-ld.1456012

+++POLICE BE
Kleine Anfrage Henri Beuchat (SVP): Kerzen vor der Polizeiwache Waisenhausplatz – politische Mahnwache räumen
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=89280a8d926a42068da3f6dbdb3deaae

https://www.facebook.com/welcometohellisaparadise 30.01.2019
Ärgerlich: Das Mahnmal für den am 26. Dezember gestorbenen K. vor dem Oppenheimbrunnen ist von der Stadt beseitigt worden. Deshalb: neue Kerzen, Blumen etc. hinbringen! Noch immer ist die wichtigste Frage in dieser unfassbar traurigen Geschichte nicht geklärt: Geht es um einen Fall unterlassener Hilfeleistung in Polizeigewahrsam?
Auch ärgerlich: Der hetzerische Telebärn-«Bericht» über die Anti-WEF-Demo am letzten Samstag unter dem üblen Titel «Chaoten wüteten in Bern».
Das einzig Gute am diesjährigen WEF: Allen Mackern, Diktatoren, Wichtigtuern etc. die Show gestohlen hat die schwedische Aktivistin Greta Thunberg.
Wichtig: Nächster Klimastreik in Bern am Samstag, 2.2. um 13 Uhr auf dem Waisenhausplatz.
Auch wichtig: Abstimmung nicht verpassen! JA zum kantonalen Energiegesetz. Zum Polizeigesetz siehe Kurzclip unter
https://youtu.be/KEE6yz3sSoI

Police the Regierungsrat – ein kleiner Rück- und Ausblick
In den letzten Monaten ist viel Tinte zur Thematik der Polizei geflossen. Nicht zuletzt des Abstimmungskampfes über das Polizeigesetz wegen – diese Woche mischte sich der Regierungsrat einmal wieder in die Debatte ein – oder besser gesagt: er verweigerte jegliche politische Aufarbeitung der Polizeigewalt, wie sie am 1. September auf der Schützenmatte verübt wurde.
https://policethepolice.ch/?p=421

+++POLIZEI AG
Neues Gebäude für Aargauer Kantonspolizei: Regierung beantragt 4,4-Millionen-Kredit
Das neue Polizeigebäude der Kantonspolizei Aargau in der Telli wird rund 63 Millionen Franken kosten.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/neues-gebaeude-fuer-aargauer-kantonspolizei-regierung-beantragt-44-millionen-kredit-134033970

+++POLIZEI ZH
In Regensdorf lernen die Polizisten schiessen
Kantonspolizisten absolvieren ihre Schiessausbildung sowie das Training neu im Furttal. Anlässlich der Eröffnung der neuen Ausbildungsanlage zeigten die Profis, was die Polizeischülerinnen und -schüler künftig in Regensdorf erwartet.
https://www.zsz.ch/ueberregional/zuercher-kantonspolizisten-erhalten-neue-schiessanlage/story/26824705

+++POLIZEI CH
Pierre Maudet scheidet aus der Polizeidirektoren-Konferenz aus
Nachdem der Genfer Staatsrat im Kanton die Verantwortung für Justiz und Polizei abgeben musste, war mit diesem Schritt zu rechnen: Pierre Maudet scheidet aus der Konferenz der Polizei- und Justizdirektoren aus. Er hatte das Gremium präsidiert.
https://www.nzz.ch/schweiz/pierre-maudet-scheidet-aus-der-polizeidirektoren-konferenz-aus-ld.1456684

+++POLICE FRA
Frankreich: Polizei darf weiter Gummigeschosse gegen Gelbwesten einsetzen
Tausende Gummigeschosse hat die Polizei bereits bei Gelbwesten-Protesten abgefeuert. Daran gab es heftige Kritik. Doch nun ist klar: Die Beamten dürfen sie weiter nutzen.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/gelbwesten-proteste-franzoesische-polizei-darf-weiter-gummigeschosse-einsetzen-a-1251168.html

+++POLIZEI POR
Rassismus: Debatte über Polizeigewalt gegen Schwarze in Portugal
Unverhältnismäßige Gewalt und Rassismus: Die Vorwürfe schwarzer Jugendlicher gegen die portugiesische Polizei wiegen schwer. Demonstrationen und Protestaktionen in sozialen Brennpunkten haben den Druck auf die Politik erhöht. Doch die Regierung geht nur zögerlich auf die Portugiesen mit Migrationshintergrund zu.
https://www.deutschlandfunk.de/rassismus-debatte-ueber-polizeigewalt-gegen-schwarze-in.795.de.html?dram:article_id=439902

+++ANTIFA
Verurteilter SVPler erhält Job in Simmentaler Gemeinde
Anfang Mai erhält Oberwil einen neuen Gemeindeverwalter: Dabei handelt es sich um den umstrittenen Co-Präsidenten der Jungen SVP Nils Fiechter.
https://www.derbund.ch/bern/kanton/verurteilter-svpler-erhaelt-beamtenposten-im-simmental/story/31633757
-> https://www.bernerzeitung.ch/region/oberland/nils-fiechter-wird-gemeindeverwalter-in-oberwil/story/25761835

Summerjam-Festival: Hasssänger Buju Banton kommt parallel zum CSD nach Köln
Der jamaikanische Reggae-Star wirbt in seiner Musik für die Ermordung von schwulen Männern. Trotzdem wurde er als Headliner zum parallel zum Kölner CSD stattfindenden Summerjam-Festival eingeladen.
https://www.queer.de/detail.php?article_id=32884
-> Und Lukie Wyniger feiert ihn wie immer ab: https://www.srf.ch/sendungen/reggae-special/buju-banton-ist-zurueck-aus-dem-gefaengnis
-> https://www.queer.de/detail.php?article_id=32889

«Weltwoche» outet Ricklis Rüpel-Rapper
Sie beschimpften in ihrem Song Nationalrätin Nathalie Rickli und mussten dafür vor Gericht. Nun ist ihre Identität bekannt.
https://www.20min.ch/schweiz/news/story/Weltwoche-outet-Ricklis-Ruepel-Rapper-15427353

+++ANTIRA
Der Tanz der SVP mit den christlichen Schwulen-Hetzern
Der Churer Bischof Vitus Huonder und die Piusbrüder hetzen gegen die Homosexuellen und bereiten damit den Humus für die SVP.
https://www.infosperber.ch/Artikel/Gesellschaft/Die-unheimlichen-Schwulen-Hasser-und-ihre-Freunde

Firma will keine «Personen aus warmen Ländern»
Keine Albaner, Kroaten, Türken und Personen aus «warmen Ländern»: Ein Job-Inserat sorgt für Ärger. Die Verantwortlichen sprechen von einem Fehler.
https://www.20min.ch/schweiz/news/story/Firma-will-keine–Personen-aus-warmen-Laendern–29625438

Ich hasse dich
Du dummi Sou, du stinksch, du närvsch, hou ab – Rassismus, Sexismus und Homophobie im Netz ist längst alltäglich geworden. Online geben sich die Menschen ungehemmt auf den Deckel. Wo begegnest du Hass?
https://rabe.ch/2019/01/30/ich-hasse-dich/

+++SOZIALES
Schnegg hat sich bei der Sozialhilfe verrechnet
Anstatt bis zu 178 Millionen sind es jetzt nur 28 Millionen Mehrkosten: Der Berner Regierungsrat muss die Kosten für den Gegenvorschlag der Linken nach unten korrigieren.
https://www.derbund.ch/news/standard/schnegg-hat-sich-bei-der-sozialhilfe-verrechnet/story/23779331
-> https://www.bernerzeitung.ch/region/kanton-bern/berner-regierung-setzt-kosten-des-volksvorschlags-zu-hoch-an/story/12188599
-> https://www.neo1.ch/news/news/newsansicht/datum/2019/02/01/sozialhilfegesetz-zahlen-zu-hoch-eingeschaetzt.html
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/schnegg-hat-sich-um-150-millionen-verrechnet-134036386
-> https://www.be.ch/portal/de/index/mediencenter/medienmitteilungen.meldungNeu.mm.html/portal/de/meldungen/mm/2019/01/20190131_1644_pruefbericht_zu_denfinanziellenauswirkungenderaenderungdessozial

«Hier wird an Grundpfeilern liberalen Staatsverständnisses gerüttelt»
Der Zürcher Kantonsrat hat letzte Woche entschieden, die Rekursmöglichkeiten von SozialhilfebezügerInnen weiter zu beschneiden: Auflagen und Weisungen sind nun nicht mehr selbstständig anfechtbar. Über die weitreichenden Folgen dieses Entscheids gibt der Rechtsanwalt Tobias Hobi von der Unabhängigen Fachstelle für Sozialhilferecht UFS im Gespräch mit Nicole Soland Auskunft.
http://www.pszeitung.ch/hier-wird-an-grundpfeilern-liberalen-staatsverstaendnisses-geruettelt/#top

+++GEWALTDEBATTE(N)
derbund.ch 01.02.2018

Mit mehr Macht gegen Gewalt

Fachleute sind sich einig: Für Frauen und Kinder gewalttätiger Männer ist das neue Polizeigesetz eine Verbesserung. Gesetze alleine reichen aber nicht.

Andres Marti

Sei werden beschimpft, bedroht und geschlagen. Für viele Frauen gehört Gewalt zum Alltag. Rund 1000-mal muss die Kantonspolizei Bern jedes Jahr wegen häuslicher Gewalt ausrücken. Hinzu kommt eine hohe Dunkelziffer: Experten gehen davon aus, dass nur ein Fünftel aller Fälle an die Polizei gelangt. In mehr als der Hälfte der Fälle sind zudem Kinder anwesend, fast immer ist der Täter ein Mann.

Dass Betroffene von Gewalt besser geschützt werden sollen, ist politisch kaum umstritten. In der Schweiz gilt häusliche Gewalt seit 2004 als Offizialdelikt; die Polizei ist verpflichtet, Hinweisen nachzugehen, einzugreifen und allenfalls Anzeige einzureichen. Bei schweren Fällen können im Kanton Bern Polizisten die gewaltausübende Person für maximal zwei Wochen aus der Wohnung wegweisen.

Auflauern vor dem Migros

Die polizeilichen Wegweisungen betreffen jedoch nur den Wohnort des Opfers und nützen wenig, wenn etwa der aggressive Exfreund dem Opfer anderswo auflauert: an der Schule, vor dem Migros, bei den Grosseltern oder am Arbeitsplatz. «Das jetzige Polizeigesetz schützt von Gewalt betroffene Frauen zu wenig», sagt Grossrätin Barbara Mühlheim (GLP). Da die polizeiliche Wegweisung an den Wohnort gekoppelt sei, traue sich das Opfer oft kaum mehr aus dem Haus. Mühlheim wirbt deshalb im überparteilichen Ja-Komitee für das neue Polizeigesetz, über das am 10. Februar abgestimmt wird.

Im Kern sind es drei Neuerungen, mit denen Opfer von häuslicher Gewalt besser geschützt werden sollen: So können Polizisten neu ein Kontakt- und Annäherungsverbot aussprechen. Ausserdem können sie Wegweisungen neu für maximal 20 statt 14 Tage anordnen. «Diese neuen Regelungen begrüssen wir sehr», sagt Brigitte Gschwend von der Opferhilfe Bern. Bei massiven Drohungen oder Gewaltanwendungen sei ein Kontakt- und Annäherungsverbot sowie die Fernhaltung oft die einzige Möglichkeit, die von Gewalt Betroffenen zu schützen.

Zudem könne die Zeit genutzt werden, um mit den Beteiligten nach Lösungen zu suchen oder allfällige juristische Schritte einzuleiten. Dass die Polizei in diesem Bereich mehr Handlungsspielraum erhalten soll, stösst auch in eher polizeikritischen Kreisen auf breite Zustimmung. Laut SP-Grossrätin Meret Schindler war das mit ein Grund, weshalb über die Hälfte der SP-Fraktion im Grosen Rat für das neue Polizeigesetzt stimmte.

Schneller Handeln

Neu sind Kontakt- und Annäherungsverbote allerdings nicht. So kennt das Zivilgesetzbuch entsprechende Verbote, und auch im Strafgesetzbuch gibt es ein Kontakt- und Rayonverbot. Warum braucht es solche Bestimmungen nun auch im kantonalen Polizeigesetz? «Bei Fällen häuslicher Gewalt muss oft sofort gehandelt werden», sagt Florian Hirte, Jurist und stellvertretender Generalsekretär bei der Polizei- und Militärdirektion. Polizei- und Zivilrecht ergänzten sich insofern, als das kantonale Polizeirecht «unmittelbar» den Schutz von gewaltbetroffenen Personen verbessere, während das Zivilrecht längerfristige Lösungen bereitstelle, so Hirte. Für die Polizisten, die täglich mit diesen schwierigen Fällen konfrontiert sind, bedeuten die Neuerungen letztlich auch, dass sie künftig dass Gewaltpotenzial der Täter noch besser abschätzen können müssen.

Die Polizei mache ihre Arbeit gut, sagt Gschwend von der Opferhilfe. Doch genauso wichtig wie neue Gesetze seien differenzierte Angebote, «insbesondere für Tatpersonen». Denn: «Ein Strafbefehl und ein Busse lösen das Problem meistens nicht.» Doch für die wichtigen niederschwelligen Angebote fehle es im Kanton Bern oft an Geld. Christine Meier leitet das einzige Frauenhaus der Stadt Bern. 68 Frauen und 46 Kinder fanden hier letztes Jahr Schutz vor gewalttätigen Männern. Laut Meier sind die Mittel knapp: Letztes Jahr sei das Frauenhaus zu 94 Prozent ausgelastet gewesen. «Wir mussten über hundert Anfragen von Frauen weiterleiten». Das an geheimer Adresse stehende Frauenhaus gehört zur Stiftung gegen Gewalt an Frauen und Kindern und bietet auch telefonische Beratungen an. «Die neuen Bestimmungen werden den Schutz der Frauen sicher verstärken», sagt Meier.

Doch gerade bei Peinigern ihrer Klientinnen nützen oft alle Verbote nichts mehr, sagt Meier. Manchmal erlebe man zudem, dass Frauen von Verwandten oder Bekannten der Täter gestalkt würden. «Dagegen sind wir relativ machtlos», so Meier, da sich auch ein Annäherungs- und Kontaktverbot in der Regel nur gegen den bereits bekannten Täter richte. Umso wichtiger seien deshalb niederschwellige Angebote. Dass im neuen Polizeigesetz die Arbeit der kantonalen Fachstelle gegen häusliche Gewalt explizit verankert ist, begrüsst sie zudem sehr.
(https://www.derbund.ch/bern/kanton/mit-mehr-macht-gegen-gewalt/story/16805948)