Medienspiegel 27. Juli 2018

+++SCHWEIZ
Rückführungen von abgewiesenen Asylbewerbern aus Nordafrika bleiben schwierig
Ausschaffungen in die Maghrebstaaten scheitern häufig. Die Ausnahme ist Tunesien, das mit der Schweiz eine Migrationspartnerschaft abgeschlossen hat. Doch das Land ist mit der Umsetzung des Abkommens auf Schweizer Seite nicht glücklich.
https://www.nzz.ch/schweiz/rueckfuehrungen-von-abgewiesenen-asylbewerbern-aus-nordafrika-bleiben-schwierig-ld.1407066

Bund erhöht Druck auf Kantone im Asylbereich – Rendez-vous
Asylbewerber, die bereits in einem EU-Land ein Asylgesuch gestellt haben, sollen gemäss dem Dublin-Abkommen dorthin zurückgeschafft werden. Dafür verantwortlich sind die Kantone. Einige sind aber sehr zurückhaltend bei solchen Ausschaffungen. Dafür werden sie jetzt finanziell bestraft.
https://www.srf.ch/play/radio/popupaudioplayer?id=3d017b35-1b19-4c92-bad4-af380ee97265
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/ausschaffung-von-asylbewerbern-der-bund-bestraft-unwillige-kantone
-> https://www.nzz.ch/schweiz/weniger-wegweisungen-in-der-westschweiz-ld.1407178
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/popupvideoplayer?id=a15db304-13c3-4a4c-af4e-2b085f1d8248
-> https://www.luzernerzeitung.ch/schweiz/bei-wegweisungen-geschlampt-bund-bestraft-saeumige-kantone-ld.1041168

Asylstatistik 2. Quartal 2018
Im zweiten Quartal 2018 wurden in der Schweiz 3769 Asylgesuche eingereicht, rund 14 Prozent weniger als in der Vorjahresperiode. Im Juni 2018 wurden 1246 Gesuche registriert, was einem Rückgang von 23,7 Prozent gegenüber Juni 2017 entspricht. Am 27. Juni 2018 reisten 37, durch das UNHCR anerkannte Flüchtlinge im Rahmen der humanitären Sofortmassnahme Libyen aus Niger, in die Schweiz ein.
https://www.sem.admin.ch/sem/de/home/aktuell/news/2018/2018-07-27.html
-> https://www.derbund.ch/schweiz/asylgesuche-in-der-schweiz-nehmen-weiter-ab/story/11442011
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/im-ersten-halbjahr-2018-zahl-der-asylgesuche-ist-gesunken
-> http://www.20min.ch/schweiz/news/story/Asylgesuche-in-der-Schweiz-nehmen-weiter-ab-15022821
-> https://www.nzz.ch/schweiz/asylgesuche-in-der-schweiz-nehmen-weiter-ab-ld.1407032
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/popupvideoplayer?id=a15db304-13c3-4a4c-af4e-2b085f1d8248

+++DEUTSCHLAND
»Sind nicht gekommen, um nur zu schlafen und zu essen«
Protest für die Belange geflüchteter Frauen: »Women in Exile« mit Bus in der Bundesrepublik unterwegs. Gespräch mit Halima
https://www.jungewelt.de/artikel/336824.sind-nicht-gekommen-um-nur-zu-schlafen-und-zu-essen.html

Offener Brief an die Bundeskanzlerin: NRW-Städte für Seenotrettung
Die BürgermeisterInnen von Köln, Bonn und Düsseldorf würden gerettete Flüchtlinge aufnehmen. Die Bundesregierung ignoriert das Angebot.
http://taz.de/Offener-Brief-an-die-Bundeskanzlerin/!5523797/
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1095563.fluechtlinge-im-mittelmeer-rheinstaedte-schreiben-kanzlerin-wir-wollen-gefluechtete-aufnehmen.html

Bamf in Bremen: Bisher nur 17 Entscheidungen revidiert
Von mehr als 1.000 manipulierten Asylbescheiden im Bamf in Bremen war die Rede. Inzwischen wurden mehrere Hundert überprüft – und nur wenige zurückgenommen.
https://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-07/bamf-bremen-affaere-asyl-aufhebung-ermittlungen/komplettansicht

+++PORTUGAL
Portugal braucht alle, auch Migranten und Flüchtlinge – Echo der Zeit
Portugal hat, etwa gegenüber Griechenland, Italien, Spanien, einen Vorteil: Der Migrationsdruck ist gering, Migrationspolitik entsteht nicht unter Notstandsverhältnissen. SRF-Auslandredaktor Martin Durrer hat in Lissabon den Hochkommissar für Migrationsfragen getroffen.
https://www.srf.ch/play/radio/popupaudioplayer?id=134f311a-8810-4d44-b845-31d8363eff70

+++SPANIEN
Melilla und Ceuta: Spanien will Klingen an Grenzzäunen von Exklaven entfernen
Messerscharfe Klingen an den Grenzzäunen sollen Flüchtlinge von Spaniens Exklaven in Marokko fernhalten. Die Regierung will künftig darauf verzichten – trotz des jüngsten Vorfalls.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/ceuta-spanien-will-klingen-an-grenzzaeunen-von-exklaven-entfernen-a-1220475.html#ref=rss

Flucht nach Europa: Wird Algeciras das neue Lampedusa?
Weil Italien Migranten zunehmend den Zugang verwehrt, verlagert sich die Flüchtlingsroute weiter nach Westen – das ist auch in Spanien spürbar. In dieser Woche erlebte Ceuta, die spanische Enklave in Marokko, eine der größten Flüchtlingsanstürme der jüngsten Zeit.
https://www.deutschlandfunk.de/flucht-nach-europa-wird-algeciras-das-neue-lampedusa.1773.de.html?dram:article_id=423980

+++ITALIEN
Bloggerin wurde für Shitstorm von Ultrarechten bezahlt: «Für den Nagellack-Tweet gab es Geld von CasaPound»
ROM (I) – Die Fake News um die schiffbrüchige Afrikanerin Josefa war kein Zufall. Vielmehr hat eine professionelle Bloggerin den Shitstorm lanciert – und zwar für Geld.
https://www.blick.ch/news/ausland/bloggerin-wurde-fuer-shitstorm-von-ultrarechten-bezahlt-fuer-den-nagellack-tweet-gab-es-geld-von-casapound-id8664167.html

+++MITTELMEER
From the Sea to the City!
Alarm Phone 6 Week Report, 11 June – 22 July 2018
About 1,500 counted fatalities this year – highest death count ever in June due to Salvini & Co +++ Open harbours and corridors of solidarity demanded by mayors and civil society +++ More sea-arrivals in Spain than Italy +++ Developments in all three Mediterranean regions +++ Summaries of 187 Alarm Phone distress cases
https://alarmphone.org/en/2018/07/27/from-the-sea-to-the-city/?post_type_release_type=post

Mittelmeer: Seit Jahresbeginn sind 1.500 Bootsflüchtlinge ertrunken
Die Zahl der Menschen, die versuchen, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen, sinkt. Doch laut UN ertranken bei der Überfahrt so viele von ihnen wie noch nie.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-07/mittelmeer-fluechtlinge-boot-ertrunken-seenot-jahresbeginn-2018
-> http://www.spiegel.de/politik/ausland/uno-organisation-mehr-als-1500-tote-fluechtlinge-im-mittelmeer-2018-a-1220551.html

Privates Schiff „Sarost V“: Flüchtlinge sitzen vor Tunesien fest
Am 14. Juli wurde das private Schiff „Sarost V“ mit 40 aus Seenot Geretteten zum Hafen Zarzis geschickt. Doch Tunesien will niemanden an Land lassen.
http://www.taz.de/Privates-Schiff-Sarost-V/!5519959/
-> https://alarmphone.org/de/2018/07/26/aufruf-for-action-sarost-5/?post_type_release_type=post

Aquarius: Die nächste Irrfahrt
Bald stechen die Retter wieder in See – noch ist unklar, wo sie einen Hafen finden
https://www.freitag.de/autoren/elsa-koester/aquarius-die-naechste-irrfahrt

Gegen das Sterbenlassen
Unser Autor ist in die Luft gegangen: Flüchtende sterben im Mittelmeer, weil die Rettungsboote sie nicht finden. Seitdem ist er auch Pilot bei Sea-Watch. Bei der Kundgebung “Leben retten ist kein Verbrechen” am Samstag in Stuttgart warb er kompromisslos für Menschenrechte. Hier seine Rede.
https://www.kontextwochenzeitung.de/debatte/382/gegen-das-sterbenlassen-5242.html

+++EUROPA
Wie Städte in der Flüchtlingspolitik ihren eigenen Staaten die Stirn bieten
Während die EU-Länder in der Frage der Verteilung von Flüchtlingen ein Bild des Chaos und der Zerstrittenheit abgeben, positionieren sich in Europa neue politische Player: Die Städte.
https://www.watson.ch/international/schweiz/515251577-wie-staedte-in-der-fluechtlingspolitik-ihren-eigenen-staaten-die-stirn-bieten

Madrid und Paris wollen europäisch-afrikanischen Migrationsgipfel
Die Regierungen von Spanien und Frankreich wollen mit Blick auf die Flüchtlings- und Migrationspolitik eine Konferenz der zuständigen europäischen und afrikanischen Minister einberufen. Das geht aus einer gemeinsamen Erklärung hervor.
https://www.tagblatt.ch/newsticker/international/madrid-und-paris-wollen-europaisch-afrikanischen-migrationsgipfel-ld.1040887

+++MAROKKO
50.000 Menschen in Marokko – Zehntausende Flüchtlinge wollen nach Spanien
Spanien löst Italien als Hauptzielland für Flüchtlinge ab, die nach Europa wollen. Zwar gingen die Zahlen insgesamt zurück, doch rechnen Spaniens Behörden mit Tausenden Menschen.
https://www.zdf.de/nachrichten/heute/spanien-neues-fluchtziel-50000-fluechtlinge-warten-in-marokko-100.html

+++NIGERIA
Klimawandel heizt Konflikte um Weideland und Wasser an – Echo der Zeit
Im Norden Nigerias terrorisiert die islamistische Miliz Boko Haram die Bevölkerung. Dazu kommen immer häufigere und längere Dürreperioden. Die führen zu Binnenwanderungen. Das wiederum zu blutigen Konflikten. Und dies zu Flüchtlingsbewegungen.
In einer globalisierten Welt kennen Konflikte und deren Folgen keine Grenzen.
https://www.srf.ch/play/radio/popupaudioplayer?id=4c6ddc21-298e-40f2-8e19-7ea59a5e8771
-> https://www.srf.ch/news/international/duerre-zwingt-nomaden-suedwaerts-klimakrieg-erschuettert-nigeria-mehr-als-terror

+++ISRAEL
On Israeli Kibbutz, Eritrean Asylum Seekers Look for a Quieter Life
A new initiative is hoping to house 100 Eritrean families on the collective settlements by September. Preference is given to high-risk single mothers, but some believe single African men would also benefit from being employed in the kibbutz factories
https://www.haaretz.com/israel-news/.premium.MAGAZINE-on-israeli-kibbutz-eritrean-asylum-seekers-look-for-a-quieter-life-1.6316400

+++FREIRÄUME
Gewerbepolizei unterbricht Parkonia-Konzert
Am Donnerstagabend zog die Polizei einem Konzert am Parkonia Open Air im Berner Kocherpark den Stecker – da für verstärkte Veranstaltungen unter der Woche die Bewilligung fehlte.
https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/gewerbepolizei-unterbricht-parkoniakonzert/story/30460610
-> https://www.derbund.ch/bern/stadt/um-sieben-uhr-abends-war-schon-schluss/story/27856619

+++DROGENPOLITIK
Hanf kann Millionen Steuern einbringen: Cannabis macht die AHV high
BERN – Die Jungen Grünliberalen wollen die AHV sanieren. Wie? Indem Cannabis legalisiert und besteuert wird. Sie erhoffen sich damit Steuererträge im mehrstelligen Millionenbereich. Auch für die Wirtschaft wäre eine Legalisierung verlockend.
https://www.blick.ch/news/schweiz/hanf-kann-millionen-steuern-einbringen-cannabis-macht-die-ahv-high-id8661027.html
-> https://www.telem1.ch/35-show-aktuell/26258-episode-freitag-27-juli-2018#kiffen-soll-endlich-legalisiert-werden

+++SEXWORK
«Es braucht Akzeptanz – keine Verbote»
Ist ein Verbot von Prostitution ein Schritt Richtung Gleichstellung? Im Gegenteil, sagt Marija Jozic von der kantonalen Beratungsstelle Maria Magdalena. Im Interview erklärt sie, was es stattdessen für den Schutz der Frauen bräuchte.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/es-braucht-akzeptanz-keine-verbote-ld.1040872

Burka und Sexgewerbe entzweien Frauenorganisationen
Eklat bei der Organisation Terre des Femmes. Die Deutschen brechen mit der Schweizer Schwester, weil sie ein Verbot von Burka und Prostitution ablehnt.
https://www.derbund.ch/schweiz/burka-und-sexgewerbe-entzweien-frauenorganisationen/story/21009721
-> http://www.taz.de/!5523475/
-> http://www.taz.de/!5523481/

+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Die Spur führt zu radikalen Tierschützern
Seit Anfang Jahr werden im Kanton Zürich auffallend viele Hochsitze zerstört.Dahinter steht wohl die Animal Liberation Front – ein internationales Netzwerk von Tieraktivisten.
https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/region/spur-fuehrt-zu-radikalen-tierschuetzern/story/27112299

+++REPRESSION DE/G-20
Razzia gegen Zwiebelfreunde in Augsburg, Dresden, Berlin und Jena
Etwa zeitgleich, als in Dortmund der Lange August durchsucht worden ist, gab es die besagte Razzia gegen die Zwiebelfreunde.
Wir wollen an dieser Stelle aufmerksam machen auf die Kampagnen gegen die Rote Flora, das JUZ in Mannheim, das Klapperfeld in Frankfurt/Main u.a. sowie Hausdurchsuchungen in Greifswald und in Berlin bei dem Kurdischen Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit. Vermutlich gibt es weitere Fälle …
https://www.freie-radios.net/90242

+++AUSLÄNDER_INNEN-RECHT
Häusliche Gewalt: Schutz für betroffene Migrantinnen
Gewaltbetroffene Migrantinnen sind trotz Gesetzesänderung weiterhin nicht ausreichend geschützt.
Gemäss einem Bericht des Bundesrates vom Juli 2018 hat sich die Härtefallregelung zum Aufenthaltsrecht von ausländischen Opfern ehelicher Gewalt in der kantonalen Praxis grösstenteils bewährt. Mehrere NGOs bemängeln jedoch seit Jahren die ungenügende Umsetzung der Schweizer Härtefallpraxis.
https://www.humanrights.ch/de/menschenrechte-schweiz/inneres/auslaender/auslaendergesetz/haeusliche-gewalt-migrantinnen

+++KNAST
Häftling will den Freitod
Ein 64-jähriger verwahrter Häftling will mit Hilfe der Sterbeorganisation Exit aus dem Leben scheiden. Das stellt Exit vor eine Herausforderung.
https://www.bernerzeitung.ch/region/kanton-bern/haeftling-will-den-freitod/story/18775857

derbund.ch 27.07.2018

Häftling G. will sterben

Weil Häftlinge in Schweizer Gefängnissen immer älter werden, stellen sich neue heikle Fragen, wie ein Berner Fall erstmals zeigt.

Carlo Senn, Christian Zellweger

Ein Häftling, der keinen Sinn mehr im Leben sieht, stellt einen Antrag bei der Suizidhilfeorganisation Exit. Soll man ihm den Wunsch gewähren? Mit dieser Fragen sieht sich aktuell der Kanton Bern konfrontiert. Das bernische Amt für Justizvollzug ist für den verwahrten Sexualstraftäter R. G.* zuständig, der in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Bostadel im zugerischen Menzingen einsitzt. G., Ende 60, möchte wegen «permanent unerträglicher werdenden Lebensbedingungen» sterben – und hat sich an die Suizidhilfeorganisation Exit gewandt. Dies geht aus verschiedenen Dokumenten hervor, zu welchen der «Bund» über den Verein «Reform 91» Zugang erhalten hat. Der Verein setzt sich seit Jahren für Häftlinge ein. Die Anwältin von R.G. war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Neuland Suizidhilfe

Mit seinem Wunsch stellt G. die Behörden, aber auch Exit vor eine Herausforderung – dürfte es sich doch schweizweit beim Antrag um den ersten handeln, der von einem Häftling gestellt wird. Exit schreibt in der Antwort an G. denn auch: «Bei Ihnen als verwahrte Person liegen besondere Umstände vor, die vertieft abgeklärt werden müssen». Auf Anfrage des «Bund» will sich Exit nicht zum Einzelfall äussern. Auch zum Umgang mit Anfragen aus Gefängnissen bleibt der Verein vage: «Exit überprüft stets jedes Hilfegesuch sorgfältig, mit den Betroffenen, ihren Angehörigen, den behandelnden Ärzten und weiteren Spezialisten.»

Voraussetzungen für einen Freitod mit Exit sind grundsätzlich die Urteilsfähigkeit, der dauerhafte Sterbewunsch, dass der Sterbewillige nicht von Dritten beeinflusst wird und dass er das Mittel, das zum Tod führt, selbstständig einnehmen kann.

Zudem müssen alle Möglichkeiten, das Leben der Person zu verbessern, ausgeschöpft sein. Exit begleitet gemäss eigenen Angaben folglich nur Personen «mit hoffnungsloser Prognose, mit unerträglichen Beschwerden oder mit unzumutbarer Behinderung».

Keine Hoffnung mehr

Im Gesuch an die Suizidhilfeorganisation, das dem «Bund» vorliegt, begründet G. seinen Sterbewunsch unter anderem damit, dass er eine unheilbare Lungenkrankheit habe. Einen «unverhältnismässigen Verlust an Lebensqualität,» welcher «das Mass des Erträglichen weit überschritten» habe, ergebe sich zusätzlich aus einer «schweren und nicht therapierbaren psychischen Störung», welche ihm diagnostiziert worden sei. Schliesslich wirft er der bernischen Vollzugsbehörde «Psychofolter» vor: Der Kanton Bern verweigert G. seit Jahren einen Besuch bei seiner betagten Mutter. Grund dafür ist ein komplettes Ausgehverbot, welches der Kanton seit 2011 umsetzt (siehe kleiner Text rechts). Damit stellt sich das Amt auch gegen einen Entscheid des bernischen Obergerichtes von 2016.

Das Anliegen von Häftling G. wirft Fragen auf, die bisher noch niemand geklärt hat, weder Ämter noch Gerichte oder Suizidhilfeorganisationen. Offenbar herrscht grosse Unsicherheit bei der Beurteilung dieses Falls. Das zeigen Nachfragen bei Behörden und Experten.

Ein Patentrezept gibt es nicht, wie Laszlo Polgar, stellvertretender Amtsvorsteher des bernischen Amtes für Justizvollzug sagt. «Es handelt sich um ein komplexes Thema, das man noch klären muss.» Eine Beurteilung sei schwierig. Das Gesetz regle Fälle, bei denen Häftlinge mit Hilfe sterben wollen, noch nicht, sagt er. Das Anliegen des Häftlings prüfe man aber. Es hänge von «verschiedenen Faktoren ab», ob das Gesuch bewilligt würde. So zum Beispiel das Alter, der Zustand des Häftlings und der Grund für den Sterbewunsch.

Wie die Schweizer Bevölkerung werden auch Häftlinge immer älter. Könnten solche Anfragen also zunehmen? «Ja», sagt Polgar, «zudem führt die von der Politik verfolgte Nullrisikopolitik dazu, dass Häftlinge heute länger inhaftiert bleiben.» Darauf müsse sich künftig auch der Gesetzgeber einrichten. Polgar differenziert aber: «Wenn ein Häftling eine Strafe absitzt, wird es ihm sicher nicht möglich sein, sich durch den Freitod den gerichtlichen Urteilen zu entziehen.»

«Es handelt sich um einen sehr schwierigen Fall», sagt auch Ludwig A. Minelli, Gründer der Suizidhilfeorganisation Dignitas. Dass G. im Massnahmenvollzug sei und nicht eine Strafe absitze, könne zumindest ein Vorteil für sein Anliegen sein, so Minelli. Die Verwahrung sei dazu da, die Gesellschaft vor einem Täter zu schützen. «Diese Gefahr würde mit dem Freitod des Häftlings hinfällig werden.»

Auch andernorts ist die Frage nicht geklärt: Suizidhilfe sei durchaus schon ein Thema gewesen, wenn vorerst auch nur am Rande, sagt der Sekretär des Strafvollzugskonkordates der Ostschweiz, Joe Keel. «Im Moment ist Suizidhilfe in keiner Anstalt zugelassen.» Es gebe auch noch keinen Entscheid in dieser Frage.

Die Abgrenzung sei schwierig, so Keel: Personen im Verwahrungsvollzug könnten sich durch einen Suizid zwar nicht der Strafe entziehen. Er fragt rhetorisch: «Müsste man dann aber nicht auch anderen Personen mit unbestimmter Dauer des Freiheitsentzugs das gleiche Recht zugestehen?» Schliesslich gebe es auch praktische Probleme: Zum Beispiel müssen Medikamente, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen, zwingend vom jeweiligen Anstaltsarzt verschrieben werden und dürfen nicht mitgebracht werden.

Sehr persönlicher Entscheid

Vollzugsrechtlich scheint die Sache klarer: Suizidhilfe muss auch Gefangenen gewährt werden. Dies zumindest sagt Jonas Weber, Strafrechtspofessor an der Universität Bern. Weil Suizid den «höchstpersönlichen» Bereich betreffe, müsste auch Personen im Massnahmenvollzug Zugang zu einer Abklärung ihres Suizidwunsches eigentlich gewährt werden – zu denselben Bedingungen wie Nichtgefangenen. Gefangene hätten hier dieselben Rechte: «Das Heiraten kann man auch niemandem verweigern», sagt Weber.

* Name geändert und der Redaktion bekannt.

Der Fall R.G.

Der Fall R.G. machte in den 1990er-Jahren Schlagzeilen. In den Jahren zwischen 1974 und 1996 wurde R.G. (Name geändert) achtmal wegen Gewalt- und Sexualdelikten zu Freiheitsstrafen verurteilt, teilweise während seines Hafturlaubs. Es waren solche und ähnliche Fälle, die zu einer breiten Diskussion über den Strafvollzug und 2004 zur umstrittenen Verwahrungsinitiative führten. Die Initiative wurde vom Volk angenommen. Das Strafrecht wurde danach verschärft. Seither sind die Kantone restriktiver geworden, wenn Häftlinge Ausgang oder Urlaub beantragen.

Im Kanton Bern erst recht, nachdem 2011 der mehrfache Vergewaltiger und Mörder Jean Louis B. auf seinem begleiteten Ausflug entkommen ist. Der damalige Regierungsrat Hans-Jürg Käser verfügte einen Ausgangsstopp für begleitete Ausflüge von Verwahrten. Deshalb konnte auch R.G. nicht mehr unter Begleitung die Haftanstalt verlassen. Er wehrte sich im Jahr 2016 vor Gericht und erhielt sogar recht. Umgesetzt wurde das Urteil jedoch nicht, obwohl sich R.G. bei den vorherigen Ausgängen «absolut korrekt» verhalten hatte, wie das bernische Obergericht damals festgehalten hat.
(https://www.derbund.ch/bern/kanton/haeftling-g-will-sterben/story/29244161)

Mehr Alte hinter Gittern
Das Alter der Insassen in den Schweizer Gefängnissen wird immer höher. Das stellt die Vollzugsanstalten vor Probleme.
https://www.derbund.ch/bern/kanton/mehr-alte-hinter-gittern-fordern-die-gefaengnisse/story/10889355

+++POLIZEI ZH
Zürcher Polizei rüstete auf – Wie der Globuskrawall die Polizeitaktik verändert hat
Die Ausschreitungen rund ums Globus-Provisorium erwischten die Polizei auf dem falschen Fuss. Dann rüstete sie auf.
https://www.srf.ch/news/regional/zuerich-schaffhausen/zuercher-polizei-ruestete-auf-wie-der-globuskrawall-die-polizeitaktik-veraendert-hat

+++ANTIFA
Flaggen-Aktion der Jungen SVP sorgt für Spott
Auf Facebook rief die Junge SVP dazu auf, am 1. August die sozialen Netzwerke mit dem Roten Kreuz zu füllen. Das sorgt für Gespött.
http://www.20min.ch/schweiz/news/story/Flaggen-Aktion-der-Jungen-SVP-sorgt-fuer-Spott-15123009
-> https://www.blick.ch/news/politik/peinlicher-1-august-flop-junge-svp-sucht-flaggen-mit-dem-roten-kreuz-id8665290.html

+++ANTIRA
«Wurdest du nicht zwangsverheiratet?»
Menschen mit Migrationshintergrund haben oft mit Diskriminierung zu kämpfen. Unter dem Hashtag #MeTwo berichten Betroffene von Alltagsrassismus.
http://www.20min.ch/panorama/news/story/-Wurdest-du-nicht-zwangsverheiratet—11824182
-> https://www.tagesschau.de/inland/me-two-101.html