Lagerpolitik vor Ort

Nothilfe Praxis im Kanton Zürich

Im Kanton Zürich erhalten Nothilfebezüger*innen 60 Franken in der Woche, sowie medizinische Notversorgung und Ihnen wird eine Unterkunft zugeteilt. Medizinische Notversorgung bedeutet, dass trotz der obligatorischen Krankenversicherung Zähne nicht geflickt, sondern gezogen werden. Bei Knieverletzungen sofort die Schleimbeutel entfernt werden, bevor aufwendigere Heilungsvarianten überhaupt angedacht werden. Essen, Kleider und Hygieneartikel müssen sie selber bezahlen, mit 8.50 Franken pro Tag. Eine Tageskarte für den öffentlichen Verkehr würde also das Geld eines ganzen Tages verschlingen. Die häufigste ‚Straftat‘, die von Nothilfe-Bezüger*innen begannen wird ist ‚Schwarzfahren‘.
Die Nothilfe-Lager befinden sich in Kemptthal, Glattbrugg, Urdorf, Adliswil und Hinteregg. Geführt werden die Nothilfe-Lager von der privaten ORS, einem profitorientiertem Unternehmen. Durch die gewinnorientierte Ausrichtung der Firma wird nicht nur bei Nothilfebezüger*innen gespart, sondern auch bei den Angestellten. Auftraggeber und verantwortlich für die rigiden Hausregeln ist aber das Kantonale Sozialamt, welches ebenfalls der Sicherheitsdirekton von Marion Fehr (SP) unterstellt ist.
Alle Nothilfe-Lager sind sehr abgelegen. Auch Einkaufsmöglichkeiten befinden sich oft nicht
in der Nähe. Die nächsten befinden sich zudem oft in einem anderen Bezirk. Die nächstgelegene Einkaufsmöglichkeit kann dann für Nothilfe-Bezüger*innen mit einer Eingrenzung nicht genutzt werden.
Mängel am Inventar und an der Infrastruktur werden oft lange nicht behoben, zum Beispiel
kommt es öfters vor, dass es für mehrere Tage kein Warmwasser gibt.
Pro Nothilfe-Lager gibt es etwa 10 Tageskarten für den öffentlichen Verkehr, diese bekommt man zum Beispiel für Arztbesuche. In jedem Lager leben zwischen 80 und 100 Personen. Wenn alle Tageskarten vergeben sind, hat man Pech gehabt. Dies führt zu Spannungen unter den Bewohner*innen, da Geld, um ein reguläres Ticket zu kaufen, kaum vorhanden ist.
Für das Reinigen der Unterkunft erhalten einzelne ein zusätzliches Entgelt, was je nach Unterkunft unterschiedlich gehandhabt wird. So bekommt man in Urdorf für das Putzen der Küche ( ca. drei Stunden Aufwand ) acht Franken, für die Räumlichkeiten der Mitarbeitenden hingegen nur drei Franken, da der Aufwand geringer sei. Im Schnitt sind das etwa 2–3 Franken pro Stunde. Jedoch können nur wenige Leute mit Putzen beauftragt werden und alle anderen gehen leer aus. Wer putzen darf, entscheidet das Personal willkürlich.
Frauen und Familien werden hauptsächlich in den Nothilfe-Lagern in Adliswil und Hinteregg untergebracht. In Urdorf und Glattbrugg sind ausschliesslich Männer. Seit März 2018 werden auch alleinstehende Männer in Adliswil untergebracht, was davor nicht der Fall war und Frauen und Familien in Kemptthal.