Am Samstag, den 12. Februar, fand in Krosno Odrzańskie eine spontane Demonstration in Solidarität mit den in Abschiebegefängnissen inhaftierten Menschen statt. Wir versammelten uns in grosser Zahl (200-300 Personen) vor dem Tor der örtlichen Grenzschutzeinheit, um gegen ein System zu protestieren, das den Menschen die Freiheit nimmt und ein bezeichnendes Beispiel für die Haltung Europas gegenüber Migration ist.
No Border-Team in Polen (übersetzt aus dem Englischen)
Der Protest war eine Reaktion auf die Reihe von Streiks, die in den so genannten „Ausländerzentren“ immer wieder ausbrechen. Damals wurde unter anderem in dem berüchtigten Zentrum in Wędrzyn gestreikt. Streiks, Hungerstreiks und Selbstmorde – Menschen, die ihrer Rechte beraubt werden, sind gezwungen, zu radikalen Mitteln des Widerstands zu greifen. Überfüllte Zellen, kein Kontakt zu Familie und Angehörigen, keine Informationen über ihr Asylverfahren, Angst vor Abschiebung und die Ungewissheit, die sich daraus ergibt, dass niemand das Datum ihrer Freilassung kennt. Wir werden die Kriminalisierung der Migration nicht hinnehmen, die Menschen ihrer Freiheit beraubt, sie für ihre Herkunft bestraft und ihre Rechte verletzt. Wir dürfen nicht schweigen. Es ist unsere Pflicht, laut zu schreien und Gerechtigkeit zu fordern.
Vor dem Tor des Grenzschutzgebäudes wurden Reden und Zeugnisse von Menschen mit Migrationserfahrung und inhaftierten Menschen verlesen. Wir halten dies für sehr wichtig, da immer noch über bestimmte Gruppen gesprochen wird, ohne dass sie zu Wort kommen. Diskussionen über die Situation von Frauen ohne Beteiligung von Frauen sind in den polnischen Medien nicht ungewöhnlich. Ähnlich verhält es sich mit dem Thema Migration – die Erzählung stützt sich ausschliesslich auf die Aussagen von Grenzschutzbeamt*innen, Polizist*innen und Militärs. Die Reden wurden durch Samba-Aufführungen und das Skandieren von Anti-Grenzslogans unterbrochen. Wir sprachen über die Proteste gegen Abschiebegefängnisse und die Kriminalisierung der Migration, die am selben Tag in Lyon stattfanden, und wiesen darauf hin, dass es sich um ein internationales Problem handelt und das, was jetzt in Polen geschieht, nur ein Teil des globalen Puzzles ist. Anschliessend machten wir alle einen Spaziergang um das Abschiebegefängnis, um zu den Fenstern des Gebäudes zu gelangen, in dem die Inhaftierten festgehalten werden. Obwohl wir uns nur auf frei zugänglichem und öffentlichem Gelände bewegten, begann die Polizei, uns herumzuschubsen. Der bewaffnete Arm des Staates suchte wie üblich die Eskalation. Schlagstöcke und Tränengas wurden gegen die Demonstrierenden eingesetzt. Nach einigen Minuten zogen wir uns angesichts der zunehmenden Aggression der Einsatzkräfte auf die Strasse zurück, wo uns die Polizei umzingelte. Obwohl die dort eingeschlossenen Personen keine Gefahr darstellten, wurden sie geschlagen und mit Gas besprüht. Die Polizei wählte wahllos einzelne Personen aus der Menge aus, schlug sie zu Boden und zerrte sie zu ihren Autos. Eine Gruppe von Grenzschützer*innen erschien, ebenfalls in Einsatzkleidung.
Elf Personen wurden festgenommen, neun von ihnen werden derzeit von der Staatsanwaltschaft wegen Angriffs auf einen Polizeibeamten angeklagt. Zur Erinnerung: Es handelte sich um Personen, die willkürlich aus der Absperrung gezerrt wurden, nur weil sie ein Transparent oder ein Megaphon in der Hand hielten. Derzeit sind wir dabei, Rechtsbeistand für die Prozesse zu organisieren, die sie in Zukunft erwarten. Jetzt ist es an uns allen, sie zu unterstützen. Wir werden euch auf dem Laufenden halten, wie ihr helfen könnt. Denken wir daran, dass unsere grösste Waffe die Solidarität ist!
Zur Erinnerung: Neben der Ermutigung der inhaftierten Mitmenschen haben wir konkrete Änderungen gefordert:
– Wir fordern die Behörden der Europäischen Union auf, Abschiebegefängnisse abzuschaffen und die Unterdrückung von Menschen aufgrund ihres Herkunftsortes zu beenden. Sie soll Druck auf ihre Mitgliedsländer ausüben, die Menschenrechtsverletzungen begehen.
– Schluss mit der Bezahlung von Staaten, die Migranten töten, Schluss mit der Politik der Heuchelei.
– Wir fordern die polnischen Behörden auf, die geschlossenen „Zentren für Ausländer“ abzuschaffen und jedem die Möglichkeit zu geben, ein Asylverfahren zu durchlaufen und das Ergebnis abzuwarten, ohne inhaftiert zu werden.
– Wir fordern eine seriöse Migrationspolitik, die auf einer rationalen Herangehensweise an dieses Thema beruht und realistische Lösungen anbietet, bei denen das Leben und die Gesundheit der Menschen an erster Stelle stehen.
– Wir fordern Asyl für alle, die es beantragen.
– Es ist an der Zeit, den illegalen Ausnahmezustand an der Grenze aufzuheben und die verrückte Idee aufzugeben, eine Mauer an der Grenze zu Weissrussland zu bauen. Dieses Monument der Schande, das sich gegen Menschen richtet, wird auch der Natur irreversible Schäden zufügen.
– Wir fordern die belarussischen Behörden nicht auf, etwas zu tun. Wir wissen sehr wohl, dass es in diesem Land keine Menschenrechte und keine Demokratie gibt. Mögen Lukaschenko und alle Beamt*innen, die Folter und Vergewaltigung begehen, in der Hölle schmoren, was wir ihnen von ganzem Herzen wünschen.