13.06.20
Kantonale Ungleichheiten bei rassistischen Doppelstrafen
Werden Nicht-Schweizer*innen verurteilt, so müssen sie – wie Schweizer*innen auch – eine Strafe verbüssen. Doch bei gewissen Verurteilungen sind die Nicht-Schweizer*innen nach abgesessener Haftstrafe nicht frei, sondern werden ein zweites Mal durch «Landesverweis» – sprich Ausschaffung – bestraft. Die Verurteilungen, die zu einer solchen Ausschaffung führen können, finden sich im Artikel 66a des Strafgesetzbuches. Die Liste ist lang und umfasst nebst Taten gegen Menschen auch Taten wie qualifizierter Diebstahl, Betrug, unrechtmässiger Bezug von Sozialleistungen sowie qualifizierte Störung des öffentlichen Verkehrs oder Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz. In der Schweiz besitzen rund 20% der Bevölkerung keinen Schweizer Pass. Die rassistische Doppelbestrafung droht also jeder fünften Person. Sie betrifft auch Personen, die keinen oder kaum Bezug zum Land haben, in das sie ausgeschafft würden. Besonders in solchen Fällen können Richter*innen «ausnahmsweise von einer Landesverweisung absehen, wenn diese für den Ausländer einen schweren persönlichen Härtefall bewirken würde» heisst es im gleichen Artikel 66a. Die Limmatthaler Zeitung hat nun eine Rangordnung der Kantone erstellt, die extrem hart auf die rassistische Doppelbestrafung durch Landesverweis zurückgreifen:
https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/grosse-unterschiede-bei-ausschaffungen-luzern-weist-neun-von-zehn-kriminellen-auslaendern-aus-zuerich-nur-jeden-zweiten-138358422
https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19370083/index.html#a66a
01.06.20
Kritische Bedingungen für Gefangene in solothurner Ausschaffungshaft
Die Anti-Folter-Komission kritisierte, dass Menschen in regulären solothurner Strafanstalten auf ihre Ausschaffung warten müssen. Sie forderte separate Einrichtungen für Menschen in Ausschaffungshaft. Doch in den fünf Jahren, welche seit der Kritik und Forderung vergingen, hat sich nichts verändert. Auf Kritik hin heisst es beim Kanton: «Der im Untersuchungsgefängnis Solothurn für die Administrativhaft vorgesehene Trakt ist bundesrechtskonform». Entgegen dazu heisst es in einem neuen Urteil des Bundesgerichts: «Die Inhaftierung einer ausländischen Person im Hinblick auf eine Ausschaffung müsse grundsätzlich in einer speziell dafür vorgesehen Hafteinrichtung erfolgen, deren Haftbedingungen unterstreichen, dass die Festhaltung nicht in Zusammenhang mit einem Strafvollzug oder Untersuchungshaft steht.» Ausländische Straftäter*innen, die auf ihre Rückweisung warten, werden nicht freigelassen, auch wenn sie ihre Strafe abgesessen haben. Ein weiteres Beispiel von rassistischer Doppelbestrafung. Aufgrund der Reisebeschränkungen bedingt durch Corona kommt es bei Ausschaffungen zu Verzögerungen. Bei Dublin-Fällen haben sich wohl Verbesserungen abgezeichnet: da die Ausschaffungen in diese Länder derzeit ausgesetzt sind, gibt es keinen Grund für die Infaftierung betroffener Menschen. Es wurden Menschen aus der Haft entlassen.
https://www.srf.ch/news/regional/aargau-solothurn/was-hat-sich-geaendert-kritik-an-ausschaffungshaft-im-kanton-solothurn-bleibt
https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/kanton-solothurn/corona-fuehrt-zu-verzoegerter-ausschaffung-krimineller-aus-dem-kanton-137942472
04.05.20
Um den Rassismus in der berner Administrativhaft zu drosseln, musste nun das Bundesgericht eingreifen
Die Administrativhaft ist per se rassistisch, denn Schweizer*innen können gar nicht von ihr betroffen sein. Die Administrativhaft bzw. ihre drei Unterformen Vorbereitungs-, Ausschaffungs- und Durchsetzungshaft existieren einzig zu dem Zweck, nicht-schweizerische Menschen wegzusperren, um sie dann durch Abschiebung gewaltsam aus der Schweiz zu bringen. Trotzdem haben Staaten Regeln dafür aufgestellt. Doch da die bernischen Behörden sich nicht einmal an diese halten wollen, wurden sie nun vom Bundesgericht zurückgepfiffen. Die Administrativhaft müsse in separaten Gebäuden erfolgen und dürfe grundsätzlich nicht in Gefängnissen für Strafvollzug oder Untersuchungshaft stattfinden, hält das Gericht ferst. In Gefängnissen für Strafvollzug oder Untersuchungshaft dürfen Administrativgefangene nur für „wenige Stunden oder Tage“ und in begründbaren Ausnahmefällen eingesperrt bleiben. Z.B. wenn die Ausschaffungsflug sonst verpasst würde oder wenn alle anderen Adminhaftanstalten der ganzen Schweiz keine unbelegten Zellen mehr haben. Das Gericht hält fest, dass Administrativhaft theoretisch nicht als Bestrafung gedacht sei, sondern nur dazu diene, sicherzustellen, dass die Person effizient ausgeschafft werden könne bzw. nicht untertauche. Die Administrativhaft müsse deshalb lockerer sein. Auch damit der Eindruck einer Gefängnisumgebung vermieden und zum Ausdruck gebracht werde, dass die festgehaltenen Personen keine Straftäter*innen seien. Zudem brauche es lockerere Bedingungen bezüglich Aussenkontakten, Telefonmöglichkeiten, Zugang zu Internet, sowie genügend Kontakt mit anderen eingesperrten Administrativgefangenen z.B. in einem Gemeinschaftsraum oder mit Aktivitäten wie Sport, die länger als die obligatorische Freistunde dauern.
Bereits 2009 hatte das Bundesgericht in einem Urteil beanstandet, dass sich die Behörden nicht an diese Regeln halten. 2018 wurde die offizielle Schweiz von der EU im Rahmen einer Evaluation der Haftpraxis genau in diesem Punkt gemahnt und letztes Jahr schickte die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) nach zwei Besuchen vor Ort Briefe an die berner Regierung, um die getrennte Unterbringung zu fordern. Nichts geschah. Dies, obwohl der entsprechende Artikel des Ausländer- und Integrationsgesetzes, der am 1. Juni 2019 in Kraft trat, recht eindeutig klingt: „Die Haft ist in Hafteinrichtungen zu vollziehen, die dem Vollzug der Vorbereitungs-, Ausschaffungs- und Durchsetzungshaft dienen. Ist dies insbesondere aus Kapazitätsgründen in Ausnahmefällen nicht möglich, so sind die inhaftierten Ausländerinnen und Ausländer gesondert von Personen in Untersuchungshaft oder im Strafvollzug unterzubringen.“ Wie viel es braucht, damit sich jene, die meinen, im Namen des Gesetzes Menschen einknasten zu dürfen, selber an ihre Regeln halten, zeigt diese rassistische juristische Praxis.
https://www.bernerzeitung.ch/separate-gefaengnisse-fuer-ausschaffungshaeftlinge-379938526444
https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/aza/http/index.php?highlight_docid=aza%3A%2F%2Faza://31-03-2020-2C_447-2019&lang=de&zoom=&type=show_document
27.04.20
Institutioneller Rassismus bei Administrativhaftentlassungen wegen Corona
Letzte Woche wurden in mehreren Kantonen Menschen aus der Administrativhaft freigelassen. Dies wurde seit Wochen von Organisationen wie den demokratischen Jurist*innen gefordert, da aufgrund von Corona viele Ausschaffungen nicht mehr durchgesetzt werden können und somit der für die Inhaftierung benötigte Haftgrund fehlt. Wegen des im Strafrecht verankerten Rassismus wurden aber nicht alle freigelassen. In Bern beispielsweise wurden nur Migrant*innen freigelassen, denen ausschliesslich der «illegale Aufenthalt» vorgeworfen wird. Menschen, die sich in Administrativhaft befinden, weil sie im Strafvollzug ein Urteil absassen und jetzt wegen der rassistischen Doppelbestrafung ausgeschafft werden sollen, bleiben weiterhin inhaftiert. Weil sie eine «Gefahr für die öffentliche Sicherheit» darstellen würden. Dies ist ein krasses Beispiel von institutionellem Rassismus. Eine Person mit schweizer Pass kann – mit gleicher Begründung – nach Verbüssung der Haftstrafe sehr viel schwieriger weiterhin in Haft behalten werden. WICHTIG: Die Freilassung aus der Administrativhaft erfolgte unseres Wissens nicht automatisch, sondern immer erst nachdem Druck gemacht wurde. Wir empfehlen allen betroffenen Personen ein individuelles Haftentlassungsgesuch einzureichen. Allgemein können die Behörden auch mit folgenden bürgerlichen Argumenten unter Druck gesetzt werden: Wegen des Corona-Virus steht der internationale Flugverkehr. In absehbarer Zeit können Wegweisungen nicht oder sehr erschwert vollzogen werden. Deshalb müssen gestützt auf die Art. 78 Abs. 6 lit a, Art, 80 Abs. 6 lit. a und Art. 80a lit. Abs. 7 lit. a AIG sämtliche Insass*innen in ausländerrechtlicher Administrativhaft von Amtes wegen sofort entlassen werden.
https://www.nau.ch/news/schweiz/kanton-bern-muss-14-ausschaffungshaftlinge-freilassen-65695147
https://www.bernerzeitung.ch/statt-ausgeschafft-ploetzlich-frei-380337277132
https://www.20min.ch/schweiz/news/story/Kanton-Bern-laesst-Auszuschaffende-frei-20714139
https://www.blick.ch/news/schweiz/bern/keine-rueckfuehrung-wegen-corona-14-ausschaffungs-haeftlinge-freigelassen-darunter-drei-verurteilte-drogendealer-id15850656.html
20.04.20
Revolte im Genfer Knast Champ-Dollon
Am Freitag, 3. und Samstag, 4. April weigerten sich im genfer Gefängnis Champ-Dollon um die vierzig Inhaftierte in ihre Zellen zurückzukehren. In erster Linie forderten sie ihre Entlassung, um sich vor dem Coronavirus im Gefängnis zu schützen. In und rund um das Gefängnis wurde ein imposantes Polizeiaufgebot mobilisiert und ab Samstag mussten die teilnehmenden Personen zehn Tage im Kerker verbringen. Die grosse Mehrheit der Gefangenen eines der überfülltesten Gefängnissen Europas (597 Insassen auf 398 Plätze) sitzen in Champ-Dollon eine Strafe für den Verstoss gegen das Ausländergesetz ab.
https://barrikade.info/article/3373
https://renverse.co/Sante-Emprisonnement-et-Coronavirus-OUVRIR-LES-PRISONS-MAINTENANT-2540
20.04.20
Behörden beider Basel und Bern entlassen geflüchtete Migrant*innen aus der Administrativhaft
Wer in der Schweiz in einem Ausschaffungsgefängnis sitzt, verbringt eine sogenannte Administrativhaft zur Vorbereitung der Ausschaffung. Falls jedoch keine Ausschaffung möglich ist, wie nun während der COVID-19-Krise, müssten die betroffenen Menschen sofort aus der Haft entlassen werden. Die Republik berichtet in ihrem COVID-19-Newsletter, dass sich aufgrund der Intervention von Menschenrechtsaktivist*innen in Basel-Stadt und Baselland keine Menschen mehr in den Ausschaffungsgefängnissen befinden. Auch in Bern wurden 14 Personen freigelassen, Genf hat denselben Schritt angekündigt. Die vier Kantone stehen mit dieser Massnahme jedoch alleine da. Die Republik berichtet, dass es in anderen Kantonen sogar zu Haftverlängerungen gekommen ist. Hier bräuchte es dringend Druck von aussen.
https://www.republik.ch/2020/04/14/covid19
16.03.20
Das Jail-Transport-System in der Schweiz
Die SBB und die Securitas AG betreiben in Basserdorf eine grosse Umsteigestation in ihrem Jail-Transport-System (JTS). Das JTS umfasst Gefangenen- und Ausschaffungstransporte auf Strasse und Schiene. Im Auftrag der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorenkonferenz (KKJPD) beteiligen sich also SBB und Securitas AG an der Ausschaffungsmaschinerie und bereichern sich gleichzeitig am Elend anderer. Konkret besteht das JTS aus einem Verteilnetz mit mehreren Dutzend Übergabestellen in der Schweiz. Nur wenige sind offiziell bekannt. Die JTS-Station in Bassersdorf befindet sich auf Gleis 1 und ist von Stacheldraht und Sichtschutz umzäunt. In Bern befindet sich ein weiteres solches Gebäude an der Bahnstrasse 42. Der sogenannte Jail-Train fährt diese Verbindung zweimal täglich. Die jährlichen Kosten dieser Transporte belaufen sich auf 8 Millionen Franken, davon übernehmen zwei Drittel die Kantone und ein Drittel der Bund. Ein Jail-Train sieht in etwa so aus: Ein fensterloser Zug, entlang eines Korridors reihen sich 18 sehr enge Zellen mit massiven Gitterstäben, die Luft riecht abgestanden, und natürlich wird alles videoüberwacht. Die Securitas-Besatzung hat vorne im Wagen ein Büroabteil, wo gehofft wird, dass sie auch reagieren, wenn Gefangene auf die Toilette müssen. Nebst den Transporten auf der Zugstrecke Bern-Bassersdorf kommen täglich auch Securitas-Lieferwagen mit bis zu sechs Minizellen für sogenannte Sammeltransporte zum Einsatz. Aus Spargründen müssen die Gefangenen in den engen Zellen teils mehrstündige Odysseen durch die Schweiz erdulden, damit die Securitas AG auch an anderen Orten mehr Gefangene abholen kann. KKJPD-Sekretär Roger Schneeberger weist Kritik natürlich zurück und meint auch, dass alles den Vorgaben entspreche, dabei gibt es dort nicht einmal eine Toilette. Seit dieses System 2001 eingeführt wurde, sei nur einer Person die Flucht gelungen. Im Bassersdorfer «Stunden-Knast» konnte sich diese Person durch die Durchreiche einer Zelle zwängen. Wir wünschen allen Menschen, die so transportiert werden, Kraft und Energie. P.S.: Dank dem Corona-Virus hat das iranische Regime Gefangene freigelassen, die Haftstrafen unter fünf Jahren absitzen. Dies ist ein kleiner Schritt zu Bewegungsfreiheit für alle.
https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/region/wo-der-jailtrain-taeglich-haelt/story/22620894
28. Juni 2019
Wegen angezündeter Matratze 12 Jahre Landesverweis und 2 Jahre Knast
Im März hatte eine Person aus Tunesien im Regionalgefängnis Bern eine Matratze angezündet. Dies, nachdem sein Asylgesuch im September 2018 abgelehnt wurde und er einen Landesverweis erhielt und in Ausschaffungshaft kam. Kurz bevor er die Matratze anzündete, erhielt er einen Brief von der tunesischen Botschaft, mit der Aufforderung, sich bei ihr zu melden. Er interpretierte diesen Brief so, dass er ausgeschafft werde. In dieser psychisch enorm belastenden Situation hat er schliesslich die Matratze angezündet. Es handelte sich um einen typischen Glimmbrand und es bestand keine Gefahr, dass das Feuer auf andere Zellen oder auf das ganze Gebäude hätte übergreifen können. Zudem wurden keine Personen verletzt. Alles halb so schlimm könnte mensch meinen. Doch diese Woche fällte das Regionalgericht nun das Urteil. Nachdem er bereits 106 Tage in Untersuchungshaft verbracht hat, wurde er nun zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren (abzüglich U-Haft) verurteilt und erhielt eine Landesverweisung von 12 Jahren. Das Urteil bedeutet, dass die Person, die erst 22 Jahre alt ist, wohl keine Chance mehr haben wird, irgendwo in Europa Asyl zu erhalten und sein Leben nun im Land, aus dem er geflüchtet ist oder in der Illegalität zu bewältigen hat.
https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/brandstifter-aus-tunesien-zu-zwei-jahren-haft-verurteilt/story/24998305
2. Februar 2019
Abgelehnter Asylsuchender musste 100 Tage in den Knast, weil er das zürcher Migrationsamt aufsuchte
Ein Mann aus Ägypten, der kein Asyl bekommen hatte, musste in Pfäffikon dahinvegetieren, weil er eine „Eingrenzungsverfügung“ bekommen hatte, also Pfäffikon nicht verlassen durfte. Als er sich auf Zürich zum Migrationsamt begab, um dort ein Arztzeugnis vorzuzeigen, wurde er von den Angestellten des Amtes verpfiffen und für 100 Tage eingeknastet. Das zürcher Obergericht hat nun bestätigt, dass das alles mit rechten Dingen zugeht und nur die Haft auf 60 Tage verkürzt. Eigentlich bekommen Leute, die zu lange eingeknastet wurden 200.- pro Tag den sie zu lange eingesperrt waren, doch der Mann aus Ägypten bekommt nur 100.-, „weil er im Durchgangsheim ja nicht viele Ausgaben und Freiheiten hat“. Und ausserdem sei er beruflich nicht „integriert“ – dabei dürfen abgewiesene Asylsuchende gar nicht arbeiten.
https://www.republik.ch/2019/01/28/menschen-dritter-klasse
https://www.nzz.ch/zuerich/eingrenzung-missachtet-um-nach-zuerich-zum-migrationsamt-zu-fahren-ld.1455196
20. Januar 2019
Ausschaffungshaft variiert stark nach Kanton
Um abzuschieben, dürfen die kantonalen Behörden (geflüchtete) Migrnat*innen in Administrativhaft stecken, damit diese jederzeit für eine Abschiebung zur Verfügung stehen. Für Schweizer*innen existiert diese Haftform nicht. Administrativhaft ist deshalb ein klassischer Ausdruck von institutionellem Rassismus. Eine Studie zeigt, dass die Behörden von 2011 bis 2017 durchschnittlich 5823 Personen pro Jahr inhaftierten. 81% von ihnen wurden abgeschoben. Bei Inhaftierungen von über 30 Tagen sinkt der Anteil der Personen, die ausreisen. Die durchschnittliche Haftdauer beträgt 22 Tage. In der Hälfte aller Fälle dauert sie weniger als 10 Tage. Es gibt jedoch auch lange Inhaftierungen zwischen 9 und 18 Monaten. Mehrheitlich befanden sich junge Männer aus afrikanischen Staaten (insbesondere Nigeria und Tunesien) oder dem Westbalkan (insbesondere Albanien) in Administrativhaft. Diese werden im Vergleich zu abgewiesenen Personen aus Asien häufiger eingesperrt. Hat das etwas mit Hautfarbe zu tun? Der Rückgriff auf die Administrativhaft variiert zudem je nach Kanton, was zu weiteren massiven Ungleichbehandlungen führt.
https://www.presseportal.ch/de/pm/1…
https://nccr-onthemove.ch/wp_live14…
https://www.tdh.ch/sites/default/fi…
https://www.buerobass.ch/fileadmin/…
15. Dezember 2018
Auf was wir uns bei Karin Keller-Sutter einstellen können
Sie ist eine Vorreiterin in Sachen Asylgesetzverschärfungen. Im Juni 2006 nahm die damalige St. Galler FDP-Regierungsrätin Karin Keller-Sutter an einer Pressekonferenz des Bundes teil. An der Pressekonferenz sagte sie, dass eine Beugehaft – weil die Sprache eine Waffe ist, nannte sie es «Durchsetzungshaft» – als Ergänzung zur Ausschaffungshaft nötig sei, um Illegalisierte zur Mithilfe beim Auftreiben von fehlenden Papieren zu zwingen. Die Haft sollte achtzehn Monate dauern. Achtzehn Monate unbedingt. Der Vorschlag kam durch.
Im Januar 2009 zog Keller-Sutter eine Bilanz. Sie sagte, die Bilanz falle «durchzogen» aus. Mit «durchzogen» meinte Keller-Sutter folgendes: Seit dem 1. Januar 2007 waren im Kanton St. Gallen 23 Papierlose mit negativem Asylentscheid in Beugehaft gesetzt worden. Von den 23, angesichts der Emotionalität der Debatte eine auffallend niedrige Zahl, konnten oder wollten sich jedoch nur drei dem Kooperationszwang beugen. Zwanzig hingegen wurden nach Ablauf der achtzehn Monate Haft auf freien Fuss gesetzt. Sie tauchten unter. Kosten: Rund drei Millionen Franken. Effekt: 20 von 23 abgetaucht. Dieses teure Debakel scheint Keller-Sutter nicht geschadet zu haben, jetzt wird sie wohl ähnliche rassistische Gewaltmassnahmen auch als Bundesrätin durchsetzten wollen.
https://www.woz.ch/0904/asylgesetz/edle-worte-ueble-taten
Administrative Zwangsmassnahmen in der Schweiz: Minderjährige Geflüchtete werden wahrscheinlich weiter eingeknastet
Die Inhaftierung von unter 15-jährigen ist zwar eigentlich verboten, diesen Sommer kam jedoch heraus, dass in gewissen Kantonen auch unter 15-jährige eingeknastet werden. (siehe antira Wochenschau vom 27. Juli 2018). Das Schweizer Kinderhilfswerk Terre des hommes fordert jetzt in einem neuen Bericht, dass die Administrativhaft für alle Minderjährigen, auch die 15- bis 18-jährigen, verboten werden soll. Die Forderungen scheinen jedoch in dem von Rassist*innen geprägten Parlament keine Chance zu haben. Das Hilfswerk kritisiert zudem, dass präzise Informationen über Inhaftierung von Minderjährigen nicht zugänglich gemacht werden. Ausserdem seien die Zahlen, die das SEM angibt z.T. bis zu vier Mal höher als die Zahlen aus den Kantonen. Das verunmögliche es, die Situation überschauen zu können.
https://www.tdh.ch/sites/default/files/tdh_plaidoyer-ch_201811_de.pdf
https://www.nzz.ch/schweiz/ausschaffungshaft-fuer-kinder-kantone-passen-praxis-an-ld.1443422
22. Juni 2018
Tätigkeitsbericht der Folterkommission: Die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) kritisiert in ihrem am 19. Juni veröffentlichten Tätigkeitsbericht die Administrativhaft für Migrant*innen in der Schweiz. Konkret werden das Gefängnis Bässlergut (Basel-Stadt), die Justizvollzugsanstalt Realta (Graubünden) und das Ausschaffungszentrum LMC Granges (Wallis) kritisiert. Im Bässlergut ist bspw. der freie Internetzugang sowie die Nutzung von Mobiltelefonen nicht möglich. Zudem weise die Administrativhaft einen „zu starken Gefängnischarakter“ auf, obwohl diese laut der Kommission weniger streng sein sollte als der Strafvollzug. In der Justizvollzugsanstalt Realta kritisiert die Kommission die langen Einschlusszeiten, die eingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten und die strikte Besuchsregelung. Alarmierend ist auch die Situation im Ausschaffungszentrum Granges. Nebst einem sehr strengen Haftregime ist dort insbesondere die Situation von Frauen* sehr problematisch. Die Einrichtung verfügt über keine eigene Abteilung für Frauen und das Aufsichtspersonal ist hauptsächlich männlich.
Mensch muss bedenken: Die Kommission ist zurückhaltend in ihren Anschuldigungen. Wenn sie dann mal was sagt, muss davon ausgegangen werden, dass die Zustände menschenverachtend sind.
Link zum Bericht