21.07.20
Kopf der Woche Yvan Perrin
Der ehemalige neuenburger SVP-Nationalrat Yvan Perrin wurde vom Polizeigericht vom Vorwurf der Rassendiskriminierung freigeprochen. Ihm wurde vorgeworfen, muslim*innenfeindliche Kommentare verbreitet zu haben. Er hatte auf seinem Facebookaccount eine Polemik über das Museum für Islamische Zivilisationen in La-Chaux-de-Fonds gestartet. Die darunterstehenden Kommentare, die zu Hass und Gewalt gegen Personen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit aufrufen, hat er stehengelassen. Doch der Richter Bastien Sandoz befand, dass das Stehenlassen der Kommentare nicht heisst, dass der Politiker diejenigen auch aktiv verbreitete. Yvan Perrin behauptete, dass sein eigener Kommentar „L’infection s’étend“ – „Die Infektion breitet sich aus“, nicht gegen alle Muslim*innen, sondern gegen die Muslimbrüderschaft gerichtet war.
https://www.gossau24.ch/articles/17005-freispruch-fuer-ex-nationalrat-yvan-perrin
13.07.20
Kopf der Woche Marc Oser
Der baselstädtische SVP-Strafgerichtspräsident Marc Oser hat am letzten Dienstag einen 25-Jährigen Aktivisten zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sieben Monaten und einer Busse von 200 Franken verurteilt. Der Grund dafür? Der Mann hatte am 24. November 2018 an der unbewilligten antifaschistischen Basel Nazifrei Demonstration gegen eine Kundgebung der rechtsextremen Partei National Orientierter Schweizer (PNOS) teilgenommen und dabei ein Transparent gehalten. An dieser Demonstration waren Polizist*innen so gewalttätig gegen Demonstrant*innen vorgegangen, dass eine Person schwere bleibende Schäden am Auge erlitten hat und ins Spital gebracht werden musste, woraufhin Steine in Richtung der Polizist*innen flogen. Der junge Mann wurde in Basel aber nicht wegen seiner aktiven Teilnahme an diesen Handlungen, sondern wegen seiner blossen passiven Präsenz an der Demonstration für Landfriedensbruch und Gewalt und Drohung gegen Beamte schuldig gesprochen. Das Bündnis „Basel Nazifrei“ reagierte auf das Urteil und spricht von einem „gezielten Angriff auf politisch aktive Menschen“. Das Urteil berücksichtige weder die von der Polizei ausgegange Gewalt, noch die Tatsache, dass an diesem Tag Neonazis, „deren Politik auf die Unterwerfung und Vernichtung von nicht-weissen Menschen, Jüd*Innen und Linken hinausläuft“ Basel als Bühne zu nutzen versuchten. Für das Bündnis ist klar, dass diese „Strafverfolgung einen politischen Charakter hat und damit zu der weltweiten Tendenz einer zunehmend autoritären Staatsgewalt passt“. Weitere mindestens 20 Personen sind für die gleiche Demonstration angeklagt, deren Verturteilungen werden laut Daniel Wagner, dem Anwalt des Angeklagten, wohl in die gleiche Richtung gehen. Dieser hat bereits Berufung gegen das Urteil angemeldet.
https://www.20min.ch/story/svp-richter-setzt-zeichen-gegen-antifa-demonstranten-605788574023
https://barrikade.info/article/3668
07.07.20
Kopf der Woche Hans Kissling
Hans Kissling fordert Strafen statt Perspektiven. Offizielle Schätzungen sagen, dass in der Schweiz rund 100.000 Sans-Papiers, also Menschen ohne geregelten Aufenthalt, leben und arbeiten. Während der Corona-Krise haben viele ihren Job im Gastgewerbe oder als Reinigungskräfte verloren. Mangels finanzieller Reserven und ohne Rückgriff auf Sozialversicherungen konnten viele auch die Miete nicht mehr bezahlen und so stand bei ihnen die gesamte Existenz in der Schweiz auf dem Spiel, denn wer sich zeigt, wird ausgeschafft. Vor diesem Hintergrund kommentierte Hans Kissling vom statistischen Amt in Zürich in der Zeitung Bund die Regularisierungspraxis in der Schweiz. Während in Genf die „Operation Papyrus“ nach den extrem restriktiven Kriterien der Härtefallregelung (Familien mit Kindern müssen seit mindestens fünf, Alleinstehende seit mindestens zehn Jahren im Kanton wohnhaft und finanziell unabhängig sein sowie keine Verurteilung und keine Schulden haben) legalisiert, versuchen verschiedene Städte in der Deutschschweiz die Situation für Sans-Papiers über eine „City Card“ zu verbessern. Zum Beispiel in Zürich und Bern werden derzeit Modelle ausgearbeitet, um Sans-Papiers schon vor der Härtefallregularisierung im städtischen Hoheitsgebiet einen verbesserten Zugang zu städtischen Ressourcen zu ermöglichen. Wie stark die City Card die Polizei dazu bringen wird, auf Racial Profiling-Personenkontrollen zu verzichten bzw. Menschen mit City Card nicht zu verhaften, um sie auszuschaffen, bleibt noch offen. Obwohl sich nun Kissling für die miserable Situation der Sans-Papiers schämt („Für eine moderne Gesellschaft ist das ein unhaltbarer Zustand“), schlägt der Sozialdemokrat nicht etwa eine schnellere und menschenfreundlichere Regularisierungspraxis vor. Zum Beispiel alle nicht-europäischen Menschen den europäischen Menschen gleichzustellen und allen, die einen Job haben, eine Aufenthaltsbewilligung zu garantieren oder Ähnliches. Stattdessen will der weisse Mann die Arbeitgebenden von Sans-Papiers stärker bestrafen. Die Folgen für die Sans-Papiers: Weniger Jobs und mehr Druck für jene, die einen Job haben. Was Kissling höher gewichtet als ein stressfreieres Leben der Sans-Papiers ist nämlich die abschreckende Wirkung auf potenziell neue Sans-Papiers. Jeden Monat wägen Menschen, die in den Nothilfecamps leben ab, ob sie nicht besser beraten wären, unterzutauchen und die Strapazen des Überlebens im Untergrund auf sich zunehmen, statt von der Nothilfe abhängig zu sein. Auch für diese Personen hat Kissling keine Perspektive übrig, denn aktuell gibt es in der Schweiz für untergetauchte abgewiesene Asylsuchende keine Möglichkeit der Härtefalllregularisierung. Ihnen bleibt nur die Heirat oder der Wegzug als Ausweg aus der Illegalisierung.
https://www.derbund.ch/legalisierung-der-sans-papiers-411424450618
07.07.20
Fragwürdige Medienberichterstattung
Dass die Black Lives Matter-Bewegung auf einmal eine breitere gesellschaftliche Aufmerksamkeit bekommt und auch von Institutionen akzeptiert wird, die Macht innehaben, zeigt sich u.a. in der neuartigen Reaktion vom SC St. Gallen, der sich beim FC Zürich-Stürmer Tosin entschuldigte, nachdem dieser während des letzten Spiels von Fans rassistisch beleidigt worden war. Und daran, dass mehrere Zeitungen darüber berichteten. Wie die Medienberichterstattung über die Auseinandersetzungen zwischen zivilen Anwohner*innen und Polizist*innen in Stuttgart vom 20./21. Juni verlief, zeugt jedoch davon, dass ihnen eine rassismuskritische Perspektive häufig noch neu ist. Die Entpolitisierung der Proteste spricht der Wut von Menschen die Legitimation ab. Von einem respektlosen Party-Mob ist die Rede, über Ursachen wird nicht gesprochen, vielmehr das Feindbild eines gewalttätigen migrantischen Jugendlichen geschürt. Verallgemeinerung statt Differenzierung. Und nachdem ein Audiomitschnitt von Funksprüchen des besagten Abends auftauchte, in dem die Randalierenden als Kan**** bezeichnet werden, fragt sich der Pressesprecher des Polizeipräsidiums tatsächlich noch, ob ein Fehlverhalten der Polizei vorliege. Dass auch Googles Such-Algorithmen seinen Teil zum rassistischen Klima beitragen, zeigt sich, sobald man wahlweise ‚Randale Stuttgart‘ oder ‚Stuttgart Randale‘ eingibt und sich die vorgeschlagenen Schlagwörter für die Suche anschaut.
https://www.derbund.ch/schwarzer-fcz-stuermer-als-scheiss-mohrechopf-beschimpft-806510448306
https://www.derstandard.at/story/2000118361410/rassistischer-vorfall-bei-geisterspiel-in-der-schweiz?ref=rss
https://www.20min.ch/story/der-wird-dafuer-buessen-816960053403
https://www.srf.ch/sport/fussball/super-league/fcz-tosin-verbal-attackiert-der-fcsg-verurteilt-rassistischen-vorfall-scharf
https://www.fr.de/panorama/randale-stuttgart-jugendliche-partyszene-seehofer-audio-polizei-rassismus-zr-13805497.html
https://www.nzz.ch/meinung/krawalle-in-stuttgart-ein-angriff-auf-die-zivilisation-ld.1563228
https://www.woz.ch/2027/krawalle-in-stuttgart/schwaebische-voelkerschau
29.06.20
Kopf der Woche Claudio Schmid
Der KMU-Unternehmer aus Bülach ist der frischgewählte Strategiechef der SVP-Zürich. Heute wo der SVP-Rassismus längst von den anderen bürgerlichen Parteien übernommen wurde, will er die Partei wieder stärker in eine rechte Oppositionsrolle steuern. Die derzeit viel kritisierte Polizei will er nicht kaputtsparen, sondern reformieren, damit diese endlich härter gegen Aktivist*innen vorgehe. Die laufende Diskussion über den Rassismus in der Schweiz bezeichnet der Hardliner «als total abgefahrene Scheindebatte» und wie Glarner sieht auch Schmid «die Antifa» als Terrororganisation. Diese müsse zerstört werden, «wie es Helmut Schmid vor 40 Jahren mit der RAF machte». Auf Twitter lässt er seine politischen Anhänger*innen darüber abstimmen, ob der IS, Al-Qaida oder die Antifa schlimmer seien. Rechter Terror kommt in seiner Aufzählung selbstverständlich nicht vor. Was hat es zu bedeuten, wenn ein Mann, dem etwas von Trump und rechten Verschwörungsideolog*innen anmutet, Strategiechef der grössten Partei im Parlament wird? Klar ist, dass es unter seiner Leitung leichter wird, noch rechteres und faschistoides Gedankengut in der Partei zu stärken.
https://sozialismus.ch/arv/2020/am-rande-vermerkt-svp-zuerich-rechts-sind-scheinbar-keine-grenzen-gesetzt/
22.06.20
Parlament gegen Burka-Initiative
Das Parlament empfiehlt, die Initiative zum Verhüllungsverbot abzulehnen. Nach dem Ständerat hat am Mittwoch auch der Nationalrat Nein zur Volskinitiative gesagt. Die sog. Burkaverbots-Initiative wurde 2017 vom Egerkinger Komitee (welche auch die Minarett-Initiatvie ins Leben gerufen hatte) eingereicht und will die Gesichtsverhüllung aus religiösen Gründen an öffentlich zugänglichen Orten verbieten sowie ein Vermummungsverbot an Demostrationen einführen.
Der vorgesehene Artikel 10a in der Bundesverfassung sieht drei Absätze vor. Der erste legt fest, dass niemand an öffentlichen oder «allgemein zugänglichen» Orten sein Gesicht verbergen darf. Der zweite Absatz lautet: «Niemand darf eine Person zwingen, ihr Gesicht aufgrund ihres Geschlechts zu verhüllen». Und schliesslich gestattet der dritte Absatz Ausnahmen aus «gesundheitlichen, sicherheitsrelevanten, klimatischen sowie aus Gründen des einheimischen Brauchtums.» Somit sind Ausnahmen aus religiösen Gründen – ausser in «Sakralstätten» – ausgeschlossen, denn die Initiative will bewusst auch die Gesichtsverhüllung aus religiösen Gründen erfassen.
Der Bundesrat hat die Burkaverbotsinitiative bereits 2017 ablehnt und legte daraufhin einen indirekten Gegenvorschlag vor. Dieser sieht vor, dass im Kontakt mit den Behörden unter bestimmten Voraussetzungen das Gesicht enthüllt werden muss und stellt zum andern die Nötigung zur Gesichtsverhüllung unter Strafe. Nun können Menschen mit schweizer Pass über die Initiatve des Egerkinger Komitees entscheiden. Wird die Initiative abgelehnt, tritt automatisch der Alternativvorschlag des Bundesrates in Kraft.
Bisher besteht in der Schweiz bereits im Kanton Tessin ein Verhüllungsverbot. Einer entsprechenden Initiative wurde dort 2013 von 65.4 Prozent der Stimmbürger*innen angenommen.
Der*die erstaunte Leser*in dürfte sich fragen, warum es denn für geschätzt hundert Menschen mit Burka eine eigene Initiative und ein eigenes Verbot braucht. Aber Überraschung! – es geht gar nicht um die Burka. Wer hätte das gedacht. Ebenso wenig, wie es bei der Minarett-Initiative ums Minarett gegangen ist oder es bei einer zukünftigen Halal-Initiative ums Schächten gehen wird. Der simple Plan liegt darin, den antimuslimischen Rassismus zu schüren und das Bild vom Islam als rückständig, frauenverachtend und potentiell terrorismusfördernd zu zementieren. Ohne Skrupel stellen rechte Kräfte das Burka-Verbot als Kampf für die Gleichstellung dar. Dieselben Männer, die häusliche Gewalt als «Kavaliersdelikt» abtun und Lohnkontrollen als «Regulierungswahn». So die feministische Forderung nach Gleichstellung für rassistische Hetze instrumentalisiert. Es sollen vermeintlich unterdrückte Frauen* «gerettet» werden. Offensichtlich soll aber antimuslimische Hetze betrieben werden, im Zuge welcher mulimische Frauen* stets als unterdrückte Menschen ohne Autonomie und Selbstbestimmung dargestellt werden. Wie absurd es ist, mithilfe eines Verbots für die «Freiheit der Frau*» kämpfen zu wollen, wird unter anderem in der Aussage von Maillard deutlich, der die Initiative befürwortet, weil die «bei uns errungenen Freiheiten der Frauen nicht verhandelbar seien». Gleichzeitig will er aber Frauen* vorschreiben, was sie anziehen dürfen, bzw was nicht. Gewisse haben wohl ein eigenes Verständnis von Freiheit….
Wem es tatsächlich darum geht, für die Selbstbestimmung von (muslimischen) Frauen* einzustehen, soll vielleicht besser was gegen den antimuslimischen Rassismus in der Schweiz unternehmen. Oder gegen patriarchale Strukturen und sexistische Unterdrückung, die in fast allen Gesellschaften an der Tagesordnung liegen. Denn unterdrückend wirken Handlungen und Einstellungen, wie zum Beispiel rassistische Diskriminierung, nicht ein Stück Stoff. Wir fänden es deshalb angebracht, darauf zu verzichten, Frauen* vorschreiben zu wollen, was sie anzuziehen haben.
https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2020/20200617050039225194158159041_bsd021.aspx
https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2020/20200617184538128194158159041_bsd211.aspx
15.06.20
SRF-Arena: Drei weisse Menschen sprechen für Schwarze Menschen
Wie verbreitet ist Rassismus in der Schweiz, und was dagegen tun? Mit diesen Fragen startete am Freitag die SRF-«Arena». Was folgte war absurd. In der SRF-Arena mit dem Titel „Jetzt reden wir Schwarzen“ liessen sich nämlich drei weisse und eine Schwarze Person darüber aus, ob es so etwas wie Rassismus in der Schweiz überhaupt gibt. In der ersten Reihe: Eine weisse SVP-Politikerin, eine weisse SP-Politikerin, ein weisser US-Repubikaner und ein Schwarzer Comedian. Man hätte tatsächlich über strukturelle Komponenten des Rassismus in diesem Land sprechen können, darüber, wie und warum in der Schule so gut wie nichts über die Kolonialgeschichte der Schweiz gelehrt wird, darüber, wieso weisse Menschen sich oft angegriffen fühlen, wenn sie auf das Problem aufmerksam gemacht werden. BIPoC-Menschen (Black, Indigenous and People of Color) aus verschiedenen Disziplinen hätten diskutieren können, aus der Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und der Zivilgesellschaft. Stattdessen wurde darüber gesprochen, ob es strukturellen Rassismus in der Schweiz überhaupt gibt, weil die geladenen weissen Gäste schlicht zu ignorant sind, dies einzusehen. Anstatt also darüber zu sprechen, wie mit Racial Profiling umgegangen werden muss, musste zuerst klargestellt werden, dass es dieses Problem überhaupt gibt, obwohl auch das eine unbestrittene Tatsache ist, wie Fakten belegen und wie auch die Polizei andernorts eingesteht. Dann fielen Aussagen wie, dass die Verwendung von rassistischen Wörtern Ausdruck von Zugehörigkeit Schwarzer Menschen in der Schweiz sei und im Anschluss sprachen sie tatsächlich über Drogendealer. Damit wurde einmal mehr ein rassistischer Stereotyp reproduziert, in einer Sendung, in der es eigentlich um Rassismus gehen sollte. Schliesslich meinte der weisse US-Republikaner noch, er habe in der Schweiz nie Rassismus erlebt. Überraschung. Für weisse Menschen ist es auch eher schwierig, Rassismus zu erleben. Er richtet sich gegen alle nicht-weissen Menschen und ist ein historisch gewachsenes strukturelles Gesellschaftssystem. Wenn eine weisse Person aufrgund ihrer Hautfarbe beleidigt wird, ist das nicht Rassismus, sondern eine persönliche Beleidigung, hinter der kein mächtiges System steht. Rassismus ist nicht einfach die Meinung einer einzelnen Person ist, sondern hat Struktur und Geschichte.
Wenn Menschen zu einer Sendung eingeladen werden, die offensichtlich keine Ahnung vom Thema haben und grösstenteils nicht direkt davon betroffen sind, ist es wenig erstaunlich, dass sich die ganze Sendung um subjektive, anekdotische Meinungen weisser Menschen zu Rassismus dreht, statt dass über ein fundamentales, strukturelles Gesellschaftsproblem gesprochen wird, das Rassismus heisst. So haben es die geladenen Gäste geschafft, 55 Minuten lang nicht über strukturellen und institutionalisierten Rassismus zu sprechen. Das einzige was die Sendung geschafft hat, ist einem vor Augen zu führen, wie gross der Rassismus in der Schweiz wirklich ist.
https://srf.ch/play/tv/redirect/detail/da61da48-58e7-4bb7-8cd6-488f3074ef95
15.06.20
Kopf der Woche Robert Dubler
Der weisse Mann lässt Schokoküsse mit rassistischer Aufschrift herstellen und ist stolz darauf: «Solange ich lebe, bleibt der Name», so trompetete Dubler als er diese Woche zum x-ten mal für die M-Wort-Aufschrift Kritik erntete. Dies sei Tradition und nicht rassistisch, erklärte er in einem Interview, nachdem die Migros im Zuge der Black Lives Matter- Bewegung endlich entschieden hatte, die Süssigkeit zumindest in zwei Zürcher Filialen aus dem Sortiment zu nehmen. Es ist rassistisch, das M-Wort, das die Süssigkeit betitelt, von dem nun überall die Rede ist. Bernhard Schär erklärt, woher es kommt: Schaue man in das Lexikon der Mundartforschung, dann sei «M***» ein Synonym für das N-Wort. Es wurde und wird verwendet für Menschen aus „Afrika“ und mit Rückständigkeit und Schmutz in Zusammenhang gebracht. Die Figur des Kopfes sei im Spätmittelalter entstanden, als Christ*innen die spanische Halbinsel von nordafrikanischen Mauren zurückerobert haben. Als Siegeszeichen erfanden die christlichen Adligen ein neues Wappen: den abgeschlagenen Kopf ihrer Feinde! Eine kriegerische Siegestrophäe, ein Wappenzeichen, das übrigens bis heute verwendet wird, z.B. bei einer Berner Zunft, die sich tatsächlich auch so nennt. Dann folgte die Kolonialzeit mit dem Sklav*innenhandel und das Symbol wurde weiterhin verwendet, um die Vorstellung zu transportieren, dass Menschen vom afrikanischen Kontinent nicht auf derselben Stufe stehen würden, wie Menschen aus Europa und deshalb ausbeutbar seien. Mit dem Aufkommen der Konsumgesellschaft wurde das gewaltvolle Symbol dann gar als Süssigkeit verarbeitet, um für ‚exotische‘ Produkte zu werben. Es war, so Schär, Teil einer kolonialen Kultur und brachte zum Ausdruck, dass Afrika ein Kontinent sei, der ausbeutbar und beherrschbar sei und «symbolisch verspeist» werden könne. Dubler, du Rassist, beweg dich!
https://www.srf.ch/news/schweiz/kontroverse-um-schokokuesse-mit-dem-mohrenkopf-verspeist-man-afrika-symbolisch
https://www.watson.ch/schweiz/wirtschaft/445261346-mohrenkopf-produzent-dubler-ueber-den-migros-bann
https://www.telebaern.tv/talktaeglich/mohrenkopf-affaere-138061741
https://www.tagblatt.ch/schweiz/nach-anti-rassismus-protesten-migros-nimmt-dubler-mohrenkoepfe-aus-dem-regal-ld.1227847
15.06.20
Neonazis sprengen die Wohnung einer Aktivistin
Rechtsextreme haben im niedersächsischen Einbeck einen Sprengstoffanschlag auf die Wohnung einer linken Aktivistin verübt. Die Aktivistin ist schon vor mehreren Monaten von Neonazis bedroht worden, wie auch mindestens zehn andere Aktivist*innen der Kleinstadt, welche die Beratungsstelle für Rechtsextremismus in jüngster Zeit aufgesucht haben. Die Einbecker Neonaziszene ist seit langem bekannt und Aktivist*innen haben wiederholt vor der eskalierenden Gewalt gewarnt. Wie das Offene Antifaschistische Treffen Einbeck erklärt, nahmen jedoch weder die Stadt, die Polizei, die Stadtverwaltung noch die Bürger*innen jene Mahnungen ernst und stellten rechtsextreme Gewalt lediglich als das Resultat eines Aufschaukelns von rechts und links dar. An der Wohnung verrichteten die Neonazis einen erheblichen Sachschaden. Bei dem Anschlag verletzte sich einer der Täter und blutete an der Hand, was die Polizei ein paar Stunden später zu ihm führte.
https://taz.de/Rechter-Terror-in-Niedersachsen/!5692270/
Diese Woche wurden ausserdem zwei Recherchen zu Nazinetzwerken veröffentlicht. Eine zur Prepperszene in Sachsen-Anhalt: https://lsa-rechtsaussen.net/sieg-heil-herr-hauptmann-rechte-prepper-in-der-bundeswehr/ und eine zur rechtsradikalen »Russische imperiale Bewegung«, die deutsche Neonazis trainiert: https://www.neues-deutschland.de/artikel/1137629.russische-imperiale-bewegung-nationalistische-internationale.html
08.06.20
Kopf der Woche Andreas Glarner
Um von den rassistischen Polizeimorden in den USA abzulenken und den entschiedenen Widerstand zu schwächen, versucht sich Trump mit einem neuen Feindbild. Der weisse US-Präsident behauptet jetzt, die Antifa sei an allem Schuld. Deshalb twitterte Trump: «Die Vereinigten Staaten von Amerika werden die Antifa zur terroristischen Organisation erklären». Kaum getwittert, übernahm in der Schweiz SVP-Nationalrat Andreas Glarner die Strategie. Vom Bundesrat fordert er, die «Antifa» in der Schweiz zu verbieten und nach der al-Quaida und Daesch auch die Antifa als Terrororganisation einzustufen. Auch antifaschistische Symbole will Glarner verbieten lassen, während in der Schweiz nicht einmal Hakenkreuz und andere Faschosymbole verboten sind. Das sagt doch einiges über den Präsidenten der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats und Kandidaten für das Präsidium der SVP Schweiz aus. Glarner hätte sich den Kopf der Woche häufiger verdient. Vor kurzem hat antira.org zusammengetragen, was Glarner letztes Jahr so von sich gab: Im Januar warf er einer geflüchteten Familie vor, zu viele Kinder zu haben. Im Februar forderte er, dass für Muslim*innen das Beten in der Öffentlichkeit unter Strafe gestellt wird. Im März schlug er ebenfalls im Nationalrat vor, dass der Bund die Stadt Bern als Landeshauptstadt wegen der Reithalle nicht mehr finanziell subventionieren soll. Im Juni mobilisierte er zum Shitstorm gegen eine Lehrerin, die einem muslimischen Kind für das Fastenbrechen frei gegeben hatte. Im August gründete er Glarner.tv. Im September startete er die antimuslimische Plakatkampagne “Religionsfreiheit statt Islamisierung“. Im November löste er als deren Präsident die aargauische „Vaterländische Vereinigung“ auf. Diese wurde 1918 als Bollwerk gegen Bolschewik*innen gegründet. antira.org wünscht Glarner viele gute Begegnungen mit der Antifa.
https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/andreas-glarner-svp-will-antifa-als-terrororganisation-einstufen-65716915
https://taz.de/Antifa-Solidarisierung-nach-Trump-Tweet/!5686326/
https://www.nau.ch/news/schweiz/wie-gefahrlich-sind-die-schweizer-linksradikalen-65716819
https://antira.org/2020/01/20/antira-wochenschau-toedliche-schuesse-auf-gefluechtete-feuriger-aufstand-nach-todesfall-600-urteile-gegen-rassistinnen/
25.05.20
Mitgehangen, Mitgefangen – Bern im kolonialen Netz
Die Schweiz besass keine eigenen Kolonien und hat somit keine unmittelbare koloniale Vergangenheit. Nichtsdestotrotz war sie in das koloniale System verwickelt. Die studizytig hat nachgeforscht, wo die Spuren des Kolonialismus in Bern zu finden sind.
https://www.studizytig.ch/ausgaben/ausgabe-20/mitgehangen-mitgefangen-bern-im-kolonialen-netz/
18.05.20
Kopf der Woche Henning Conle
Die Schweizer Behörden kommen einem Rechtshilfegesuch aus Deutschland, gebremst von Anwalt Valentin Landmann, im Zusammenhang mit der AfD-Spendenaffäre im Wahlkampf 2017 nach. Kontounterlagen erhärten nun den Verdacht, dass hinter den 150.000 Franken, die Alice Weidel über eine Mittelsfirma aus der Schweiz zukamen, der Duisburger Immobilienmilliardär Henning Conle steckt. Soweit nichts Neues, aber einen Blick auf die Person Conle wert.
Conle hat seinen Wohnsitz in sorgfältig gewählter Abschottung am Zürichsee. Reich wurde er mit Erbe und Immobilienspekulation. Leerstand in Berlin, Luxusimmobilien in London. In der Schweiz gehört ihm unter anderem die Zürcher Immobilienverwaltung «Miwo» mit über 2.500 Mietwohnungen. Die AfD fordert, was der Immobilien-Branche entgegen kommt. Zum Beispiel die Abschaffung der Regulierung des Immobilienmarktes oder üppige Bauförderungen. Aber auch andere Aspekte des Parteiprogramms dürften auf Anklang stossen, gehört er doch neben Grössen wie Roger Köppel und Christoph Blocher zu den «grosszügigen Sponsoren» der Schweizerischen Volkspartei.
Brisant an der Unterstützung der AfD: Spenden von Nicht-EU-Bürger*innen an deutsche Parteien sind illegal. Somit könnte Conle den Rechten nun mehr schaden als nützen: Neben der Rückzahlung des Gesamtbetrages drohen Strafzahlungen in dreifacher Höhe der Spenden, also rund 396.000 Euro.
https://www.watson.ch/schweiz/international/979807796-afd-spendenaffaere-das-geld-kam-von-einem-svp-goenner
https://www.swr.de/report/presse/afd-spendenaffaere-um-alice-weidel-kontounterlagen-aus-der-schweiz-neue-spur-zu-milliardaer-conle/-/id=1197424/did=25280598/nid=1197424/vjydu8/index.html
https://www.zeit.de/politik/deutschland/2020-05/alice-weidel-afd-spendenaffaere-dokumente-bankauskuenfte-schweiz
https://www.blick.ch/news/schweiz/afd-spendenskandal-dieser-deutsche-milliardaer-zahlte-die-150000-franken-id15256861.html
11.05.20 Kopf der Woche
Ulrich Schlüer
Der weisse Rentner Ulrich Schlüer gehört dem rechtesten Flügel der SVP an. Auf sein Postfach 54 in Flaach im Kanton Zürich erhalten ultrarechte Clubs wie die Sifa oder das Egerkinger Komitee ihre Post und bei allen ist Schlüer mit dabei. Sifa „Sicherheit für alle“ steht ein für eine stärkere Militarisierung der Grenzen. Das „Egerkinger Komitee“ hat die Minarett-Initiative und aktuell die Burka-Verbot-Initiative zu verantworten. Die SVP benutzt die Adresse als Unterschriften-Zentrale für ihre rassistisch-nationalistischen Initiativen oder reaktionären Referenden. Die rechtskonservative Zeitschrift „Schweizerzeit“ ist ebenfalls in Flaach zuhause und wird von Schlüer mitherausgegeben. Neu gibt die Schweizerzeit auch ein TV-Format heraus. Schlüer moderiert mit. Zum Beispiel die Sendung zur Frage „Die Schweiz – bald eine Provinz Afrikas?“ Darin fallen Aussagen wie „Afrika ist eine Kolonialmacht. Die schicken ihren Geburtsüberschuss überall hin.“ Es ist zu hoffen, dass Schlüer, der als SVP-Nationalrat bereits zweimal abgewählt wurde, bald in Rente geschickt wird und keine Nachfolge findet.
https://schweizerzeit.ch/tv-sendungen/
https://schweizerzeit.ch/
https://walter-wobmann.ch/project/egerkinger-komitee/
https://sifa-schweiz.ch/
04.05.20
Corona in Kamerun: Warum es falsch ist, von „neuem Rassismus“ gegen Weisse zu sprechen
Die Deutsche Botschaft in Kamerun ist nicht nur der festen Überzeugung, dass reverse racism existiert, sondern, dass er strukturiert und organisiert wäre.
https://www.supernovamag.de/corona-in-kamerun/
04.05.20
An den Grenzen der Menschlichkeit
Das harte Durchgreifen gegen Geflüchtete an Europas Aussengrenzen und eine „Unsere Leute zuerst“-Rhetorik schützen nicht vor dem Virus
https://www.freitag.de/autoren/the-guardian/an-den-grenzen-der-menschlichkeit
04.05.20
Neuer Telegram-Kanal „Eiserne Jugend Schweiz“ erstellt
Das publizierte Manifest der „Eisernen Jugend Schweiz“ ist völkisch, nationalistisch. Dort heisst es unter anderem:
– „Jedem das Seine: Jedes Volk soll seinen Platz und sein Land haben. Die Schweiz gehört den Schweizern.
– Wir sind für die Abschaffung des Asylrechts.
– Arbeit macht frei: Wer arbeitet, soll die Früchte des Tuns geniessen können. Nur wer arbeitet, soll im Staat mitbestimmen dürfen. Kapitalisten, die nur Geld scheffeln, gehören in ihre Schranken gewiesen. Parteien stützen sich auf Blutsauger, die nicht arbeiten, und sind deshalb zu verbieten.
– Wer seine Heimat liebt, ist kein Rassist.
– Die Familie ist die kleinste Zelle unseres Volkskörpers und muss deshalb um jeden Preis geschützt werden.
– Sozial- und Arbeitslosenhilfe sowie Kindergeld wird nur Schweizer Bürgern ausgerichtet.
– Der Staat schützt die Schwachen. Wer Frauen und Kinder vergewaltigt, erhält zwingend eine lebenslange Freiheitsstrafe.“
https://twitter.com/__investigate__/status/1255153044217618432
04.05.20
Schweizer Banken sperren die Nothilfe für Kuba
In der COVID-19-Krise wird Solidarität gross geschrieben. Sie endet jedoch oftmals an den nationalstaatlichen Grenzen, wie die prekäre Situation in den Lagern für geflüchtete Menschen an den Aussengrenzen Europas aufzeigt. Oder sie wird gewissen Ländern sogar komplett entzogen: So kritisieren die Organisationen MediCuba Suiza und Suiza-Cuba, dass die „Wirtschaftsblockade der USA schwer auf dem Gesundheitssystem von Kuba wiegt und das Leben vieler Kubaner*innen gefährdet“. Die Schweizer Banken spielen reflexartig nach den Regeln der USA und verweigern jegliche Geldtransfers nach Kuba, sei es auch für humanitäre Zwecke. Des Weiteren stellen die Firmen IMT Medical AG und Acutronic Medical Systems AG, welche ihren Sitz in der Schweiz haben, den Verkauf von Beatmungsgeräten nach Kuba ein – Geräte, die für die Behandlung von COVID-19-betroffenen Patient*innen unerlässlich sind. Die beiden Firmen wurde zwischenzeitlich von einer amerikanischen Firma aufgekauft. Die Entsolidarisierung erscheint zusätzlich grotesk, da sich Kubaner*innen selber solidarisch zeigen. Sie teilten ihre Erfahrungen im Bereich Epidemiologie mit verschiedenen Ländern der Welt, wie es beispielsweise beim Ebola-Ausbruch in afrikanischen Staaten der Fall war oder auch bei der COVID-19 Pandemie in Europa, insbesondere im krisengeschüttelten Italien und in Lateinamerika. Die Kritik erreicht indessen auch Alliance Sud, die politische Plattform der grossen Schweizer Entwicklungsorganisationen. Sie wird kritisiert, sich nicht gegen die aufgeführten Massnahmen zur Wehr zu setzen.
https://www.swissinfo.ch/spa/covid-19_bloquean-ayuda-suiza-de-urgencia-para-cuba/45705228
https://medicuba.ch/files/medienmitteilungen/Pressemitteilung_-_Blockade_wahrend_der_Coronavirus-Zeit.pdf
https://www.cuba-si.ch/de/blog/die-schweiz-und-kuba-scheinheiligkeit-in-zeiten-einer-pandemie/
https://www.alliancesud.ch/de/politik/entwicklungspolitik/alliance-sud-kuba-und-der-privatsektor
27.04.20
Corona-Rassismus nimmt weiter zu
Ein Medienkritik-Projekt sammelt und dokumentiert nun Beispiele problematischer Berichterstattung.
Seit der Ausbreitung des Coronavirus ist anti-asiatischer Rassismus aufgeflammt. Daran tragen auch die Medien eine Mitschuld, sagen nun verschiedene Organisationen und Vereine. Sie sammeln und dokumentieren Beispiele problematischer Berichterstattung.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1135802.ichbinkeinvirus-corona-rassismus-nimmt-weiter-zu.html
https://www.korientation.de/corona-rassismus-medien/
06.04.20
Rechte Gewalt und Verschwörungstheorien in Ostdeutschland
Die Beratungsstellen für Betroffene rechter Gewalt in den sechs ostdeutschen Bundesländern berichteten von 1.088 rechten Gewalttaten, die sie im vergangenen Jahr dokumentiert hätten. Dieser leichte Rückgang der Zahlen sei „mit Vorsicht zu bewerten“. Da rassistische Gewalt so normalisiert sei, gebe es eine hohe Dunkelziffer. Franz Zobel vom Thüringer Verband ezra vermerkte dazu: „Rechte und rassistische Gewalt eskaliert seit Jahren und entsprechende Konsequenzen wurden nicht gezogen.“ Sabine Seyb vom Berliner Projekt ReachOut sprach davon, dass vermehrt direkt Wohnräume angegriffen würden. Rassismus sei kein gesellschaftliches Tabu mehr und die Täter*innen fühlten sich durch die laufenden rassistischen Debatten motiviert und vom Rassismus der Behörden bestärkt. Nun warnen die Verbände vor Rassismus in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Es entstünden neue Verschwörungstheorien und es kursierten rassistisch aufgeladene Schuldzuweisungen. Rechte Positionen zur Corona-Pandemie bewegen sich momentan zwischen Jubel, dass die Grenzen dicht sind, antisemitischen Verschwörungstheorien und Nachbarschaftshilfe für ausschliesslich deutsche Rentner*innen. Zugleich war es einigen Neonazis peinlich, dass im lange herbeigesehnten Untergangsszenario nur Klopapier gehamstert wurde. Das lässt sich wohl nicht mit dem Selbstbild vereinen.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1135008.corona-krise-verschwoerungstheorien-und-verzweiflung.html
https://www.tagesschau.de/inland/verfassungsschutz-rechtsextreme-corona-101.html
https://taz.de/Rechte-Gewalt-in-Ostdeutschland/!5676492/
16.03.20
Naidoo fliegt wegen rassistischer Texte aus DSDS-Jury
Der Sänger Xavier Naidoo steht seit Jahren wegen antisemitischer Aussagen, Homophobie, Geschichtsrevision und esoterischer Verschwörungstheorien in der Kritik. 2014 trat er auf einer Veranstaltung der Reichsbürgerbewegung vor dem Bundestag auf. 2015 wurde seine Nominierung für den Eurovision Song Contest wegen der Kritik an seiner Person zurückgezogen. Nun tauchte ein Internetvideo auf, in dem er sich erneut klar rassistisch äussert. Unter anderem heisst es in dem Song: „Ich hab‘ fast alle Menschen lieb, aber was, wenn fast jeden Tag ein Mord geschieht, bei dem der Gast dem Gastgeber ein Leben stiehlt, dann muss ich harte Worte wählen. Denn keiner darf meine Leute quälen.“ Auch der Attentäter von Hanau verwendete diese Hetze in seiner Verschwörungstheorie: «Angenommen pro Tag im Schnitt ist ein Deutscher getötet worden von einem Ausländer (…)». Naidoo äussert sich weder zur Entstehung noch zu den Hintergründen des Videos, dementiert aber natürlich, es rassistisch zu meinen. Seit Jahren wird er als „renommierter Künstler“ trotz aller bereits seit langem bekannten Fakten hofiert. Auffällig ist daher, dass ihn der Shitstorm in den sozialen Medien nun seinen Job in der Jury von „Deutschland-sucht-den-Superstar“ kostet. Es zeigt, wie hoch die Toleranzgrenze gegenüber Rassist*innen in der Dominanzgesellschaft und den Medien ist.
https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/nach-rassismus-vorwuerfen-naidoo-muss-dsds-jury-verlassen/25632266.html
https://www.stern.de/lifestyle/leute/xavier-naidoo
https://www.tagesschau.de/inland/naidoo-115.html
https://www.watson.ch/leben/rassismus/227160593-nach-bizarrem-video-rtl-wirft-xavier-naidoo-aus-der-dsds-jury
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1134153.xavier-naidoo-jahrelang-hofiert.html
19. Mai 2019
10 Gebote für Asylsuchende in Niederösterreich
«Du sollst Österreich gegenüber Dankbarkeit leben» lautet eines der 10 Gebote, welche Asylsuchende in Niederösterreich künftig unterschreiben sollen. Die Idee der 10 Gebote in Anlehnung an die Bibel stammt aus der Feder des notorischen Asyl-Hardliners Gottfried Waldhäusel, zuständig für Asylfragen im Bundesland Niederösterreich und Parteimitglied der rechtsextremen FPÖ. Er geriet bereits Ende letztes Jahr in die Schlagzeilen, als er umzäunte, bewachte Lager für minderjährige Asylsuchende einrichten liess, die nach heftiger Kritik unter anderem seitens der Kinder- und Jugendanwaltschaft Niederösterreich wieder geschlossen wurden.
Im Interview mit RaBe interpretiert Anny Knapp von der Asylkoordination Österreich Waldhäusels Vorstoss als weiterer Schritt im Rahmen des langjährigen Überfremdungsdiskurses, in dem ein Asylnotstand heraufbeschworen und alles Fremde als Bedrohung und Sicherheitsrisiko dargestellt werde.
Die vorgeschlagenen zehn Gebote lauten:
1. Die deutsche Sprache lernen
2. Die deutschen Gesetze befolgen
3. Die hier gelebte Gleichberechtigung von Frau und Mann anerkennen
4. Dich und die Erziehung deiner Kinder an österreichischen Werten orientieren
5. Konflikte gewaltfrei lösen
6. Die hier geltende Religionsfreiheit achten
7. Für die Dauer deines Aufenthaltes Eigenverantwortung tragen
8. Neben deinen Rechten auch die Pflichten wahrnehmen
9. Tiere vor unnötigem Leid schützen
10. Du sollst Österreich gegenüber dankbar sein
https://rabe.ch/2019/05/16/wochenendarbeit-auf-berner-baustellen/
https://www.derbund.ch/ausland/europa/asylsuchende-in-niederoesterreich-sollen-dankbar-sein/story/13405062
Eine rassistische und sexistische Teenagerin wird in den USA zum Youtube-Star
Fast eine Million Personen haben den Youtube-Kanal von Soph abonniert. Die 14-jährige hält rassistische, sexistische und islamfeindliche Hassmonologe, in denen sie Muslim*innen verspottet, Frauen mit Manipulatorinnen gleichsetzt oder darauf hofft, „einen Hitler für Muslime“ zu sehen.
https://www.youtube.com/channel/UCT7BLBDnD-wEXeqZSg24aJw
https://derstandard.at/2000103161690/Der-neue-Kinderstar-der-Rechtsextremen-Eine-14-jaehrige-Youtuberin
9. Februar 2019
Über 250 Geflüchtete wegen Heimatreisen verpfiffen
Seit Herbst 2015 gibt es beim SEM eine Meldestelle für Heimatreisen. Per Mail können Geflüchtete dort verpfiffen werden. Eine Möglichkeit, von der offenbar fleissig Gebrauch gemacht wird. Von 2015 bis 2017 gingen bei ihr über 150 Meldungen ein, betroffen waren 175 Personen. Für 93 von ihnen hatte die Anschwärzung Konsequenzen: Ihnen hat der Bund das Asyl entzogen. Die schweiz ist eben ein einig Volk von Denunziant*innen. Leute beobachten und dann an die Behörden verpetzen ist sozusagen ein Volkssport.
https://www.blick.ch/news/politik/jetzt-droht-asylentzug-ueber-250-fluechtlinge-wegen-heimatreisen-verpfiffen-id15155441.html
2. Februar 2019
Geflüchtete werden Opfer von Betrug
Laut Bundespolizei haben fiese Betrüger*innen eine Masche gefunden, um die Not-Situation von Geflüchteten auszunutzen und sie auszutricksen. Die Täter*innen kontaktieren Geflüchtete und geben sich als Mitarbeitende des SEM aus. Sie drohen den Geflüchteten mit Verhaftung und Ausschaffung, mit der Begründung, sie hätten Formulare nicht rechtzeitig eingereicht oder gegen Bestimmungen verstossen. Die Betrüger*innen geben schliesslich an, die Massnahmen würden fallen gelassen, wenn sofort mehrere Tausend Franken überwiesen würden. Die Polizei rät in jedem Fall, Anzeige zu erstatten. Kein Wunder fallen einige Geflüchteten auf diese Masche rein, ist doch das SEM berüchtigt dafür, Leute zu verarschen.
https://www.20min.ch/schweiz/news/story/Telefonbetrueger-drohen-mit-Ausschaffung-22074752
20. Januar 2019
Kosmetikindustrie profitiert mit Hautaufhellern
Damit mensch dem typischen Schönheitsideal entspricht, braucht er oder sie nicht nur dünn zu sein und symmetrische Gesichtszüge zu haben, nein, mensch sollte auch weiss sein. Das Schönheitsideal des weissen Menschen besteht nicht nur in Ländern auf der nördlichen Erdhalbkugel, sondern auch in Gebieten, wo der überwiegende Teil der Bevölkerung nicht weiss ist. Denn aufgrund der krass ungleichen Machtverhältnisse zwischen Personen mit unterschiedlicher Hautfarbe, wird Weiss-Sein mit einem höheren sozialen Status verbunden und gilt daher oftmals als erstrebenswert.
Die Kosmetikindustrie wäre nicht die Kosmetikindustrie, würde sie daraus nicht Profit schlagen. Sie verdient jährlich Milliarden von Dollars mit Hautaufhellungsmitteln. Ihre grössten Märkte findet sie unter anderem in Afrika, Asien und der Karibik. Eine Studie der Weltgesundheitsorganisation hielt 2011 fest, dass 77 Prozent der Nigerianerinnen und 40 Prozent der Chinesinnen Produkte verwendeten, die ihre Haut weisser machen sollten.
Abgesehen davon, dass die Vermarktung solcher Produkte unglaublich rassistisch ist, sind die Produkte oft stark gesundheitsschädigend, weil sie beispielsweise Quecksilber enthalten. Deren Anwendung kann in schlimmen Fällen zu einer chronischen Quecksilbervergiftung führen, deren Symptome von Kopf- und Gliederschmerzen über Lockerung der Zähne, Verfärbungen an Zahnfleisch und Fingernägeln bis hin zum Gedächtnisverlust reichen. Mehrere afrikanische Länder, aber auch die EU haben bereits Verbote für gewisse Produkte erlassen. Trotzdem sind viele der verbotenen Hautaufhellungsprodukte weiterhin frei verkäuflich. Gerade diese Woche wurden in Rwanda 5606 verbotene Aufhellungsprodukte beschlagnahmt.
https://www.nzz.ch/international/rw…
15. Dezember 2018
In der Schweiz
Daniel Wicki, der Gemeindeschreiber von Boswil machte auf Facebook wiederholt rassistische Posts und rief dazu auf, Asylsuchende zu erschiessen. Rückendeckung erhielt er dabei von Gemeindeammann Michael Weber (SVP). Inzwischen ist Wicki beurlaubt, ob er seinen Job behalten kann, ist noch unklar. Vom Erschiessungs-Post hat er sich distanziert – zu seinen anderen rassistischen Posts steht er aber weiterhin und schwafelt – wie so oft wenn Rechte auf ihre Kackscheisse angesprochen werden – von Meinungsfreiheit. Die SP Boswil will nun juristisch klären lassen, ob die Facebook-Posts einen Straftatbestand erfüllen. SP Nationalrat Cédric Wermuth, der selber in Boswil aufgewachsen ist, lancierte eine Online-Petition, in der die Entlassung des Gemeindeschreibers gefordert wird.
Boswil war nicht der einzige Schauplatz für offensichtlichen Rassismus: Diese Woche bewarf ein Zuschauer den franzöischen Fussballspieler Aldo Kalulu bei einem Spiel in Zürich mit einer Banane – eine rassistische Geste mit langer Geschichte im Fussball.
Petition: https://actionsprout.io/62BBE0?fbclid=IwAR20uknW6esETomVcVfpb_Fr9lc4hJH1MsHapr79Qvr4ZcLhd2kztjl-K4c
https://www.derbund.ch/schweiz/standard/strafanzeige-gegen-umstrittenen-gemeindeschreiber/story/30418367
https://www.nau.ch/news/schweiz/boswil-ag-beurlaubt-gemeindeschreiber-wegen-hetze-auf-facebook-65463508
https://www.watson.ch/sport/fussball/591256648-bananen-wurf-gegen-kalulu-liga-ermittelt-nach-rassismus-eklat-in-basel
https://www.tagesanzeiger.ch/sport/fussball/die-rueckkehr-der-banane-muss-uns-alle-aufruetteln/story/15374273
7. Dezember 2018
Gelockerte Brandschutzvorschriften für Asyllager
Dass beim Brand in Solothurn von letzter Woche 7 Asylsuchende ums Leben kamen, ist kein Zufall. Denn Menschen in Not können leichter in marode und brandgefährdete Unterkünfte verfrachtet werden als privilegierte Personen mit grösseren Wahlmöglichkeiten.
Die gleich Problematik zeigt sich im Kanton Aargau: Dort hat der Regierungsrat 2015 die Brandschutzvorgaben für Asyllager gelockert. Namentlich gibt es nun also im Kanton Aargau zwei Brandschutzregimes: Ein strenges für die wertvollen, schützenswerten Menschen und ein gelockertes für geflüchtete Menschen. Begründet wird dies damit, dass es aufwendig und teuer sei, ein Gebäude brandschutztechnisch aufzurüsten, was sich aus Sicht des aargauer Regierungsrates wohl nicht für alle Personengruppen in gleichem Masse lohnt. Der Regierungsrat macht sich nicht einmal die Mühe, uns vorzugaukeln, dass der Schutz der Geflüchteten immer noch gewährleistet ist. Denn im Bericht zur Lockerung der Brandschutzvorschriften in Asyllagern heisst es, dass sie sich bewusst seien, «dass mit diesen Abweichungen das anvisierte Schutzziel im Personenschutz nicht mehr im gleichen Umfang gewährleistet ist“. Ein weiteres trauriges Beispiel von institutionellem Rassismus in der Schweiz.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/in-asylunterkuenften-gelten-weniger-strenge-brandschutzregeln-133802078