Lager in Europa

03.08.20
Weitere Campräumung in Paris
Im nördlich von Paris gelegenen Aubervilliers haben Polizeibeamt*innen erneut ein Camp geräumt: Laut Präfektur waren es 2.114 Menschen, die am Ufer des Kanals Saint-Denis lebten. Die Polizeikräfte holten die Menschen aus ihren Zelten und brachten sie in Turnhallen der Gegend, die als provisorische Unterkünfte benutzt werden.


Vor Ort aktive Vereine erklärten der Lokalzeitung Le Parisien, dass das grösste Problem darin liegt, dass die Menschen nicht wüssten, wohin und in welche Art von Unterkunft sie gebracht würden. Nach dieser kurzen und provisorischen Unterbringung würden die meisten wieder auf der Strasse enden. Bestürzend ist aber auch das Bild jener Vereine, die nach der Räumung so viele wie möglich der 600 verbliebenen Zelte abmontieren und sie in dafür organisierte Kleintransporter laden, um sie für das nächste Camp, das sicherlich in den nächsten Wochen errichtet wird, bereit zu halten.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-07/frankreich-paris-migrantencamp-raeumung-polizei-fluechtlinge-unterbringung-turnhallen
https://www.leparisien.fr/seine-saint-denis-93/l-evacuation-du-camp-de-migrants-d-aubervilliers-est-en-cours-29-07-2020-8360226.php

21.07.20
Moria-Lockdown zum sechsten Mal verlängert
Seit fünf Monaten werden die Menschen im Camp Moria eingesperrt. Angeblich wegen Corona dürfen die Menschen das Asyllager, in welchem die Zustände seit Jahren katastrophal sind, seit März nicht mehr verlassen. Diese Woche wurde der Moria-Lockdown zum sechsten Mal auf unbestimmte Zeit verlängert. Dies obwohl es im Camp keine bekannten Fälle von Covid-19 gibt und die Restriktionen für die Menschen in Griechenland ausserhalb der Camps sowie für Tourist*innen bereits vor Wochen wieder aufgehoben wurden. Es scheint daher relativ klar, dass das Corona-Virus als Vorwand benutzt wird, um geflüchtete Menschen internieren zu können. Die gesundheitlichen Folgen dieser anhaltenden Internierung sind katatrophal. 15.000 Menschen leben in selbstgebauten Hütten und Zelten auf engstem Raum, können sich nicht frei bewegen, haben praktisch keinen Zugang zu Unterstützungsstrukturen. Es gibt soziale Spannungen im Camp und weder genügend Essen, noch genügend Wasser. Zusätzlich werden die Menschen im Camp immer wieder durch massive staatliche und rechte Gewalt bedroht.
Zu diesen Grausamkeiten kommt die Brutalität des Asylregimes hinzu. Die Menschen sind jederzeit der Bedrohung eines negativen Asylentscheids ausgesetzt. Wird dieser gefällt, erhalten die Menschen gar nichts mehr. Auch kein Essen. Das bedeutet, sie sind ohne Nahrung in einem Freiluftgefängnis eingesperrt, und müssen jeden Tag damit rechnen, ausgeschafft zu werden.

Letzte Woche demonstrierten mehrere Familien in Mytilini gegen diese krasse Gewalt, die sie täglich erfahren. Die Antwort des griechischen Staates war ein brutaler Einsatz von Riot-Polizist*innen, die den Protest stoppten und die Menschen mit Gewalt zurück ins Lager Moria brachten.
https://twitter.com/hashtag/Moria?src=hashtag_click

29.06.20
Gericht gegen Haftanstalten für Geflüchtete und unmenschlichen Lagerbedingungen
Zwei gewichtige Dinge stellte der Europäische Gerichtshof (EuGH) klar: 1. Geflüchtete dürfen nicht in Haftanstalten untergebracht werden. 2. Asylanträge dürfen auch bei Gerichten und Behörden gestellt werden, die dafür nicht primär zuständig sind.
Konkret geht es um einen Fall im Dezember 2019 auf Gran Canaria. Von dort wollten die spanischen Behörden 45 Geflüchtete direkt wieder abschieben. Bis zur Abschiebung sollten die Menschen in einer Hafteinrichtung untergebracht werden, weil die anderen Unterkünfte voll gewesen seien. Ein Geflüchteter legte Widerspruch gegen die Haft und die geplante Abschiebung ein. Vielmehr wolle er ein Asylgesuch stellen.
Die EU Richter*innen befanden nun, dass Platzmangel kein Haftgrund sei. Selbst im Falle fehlender Kapazitäten in Aufnahmezentren sei eine Haft nicht gerechtfertigt. Zudem müsse der Zugang zu einem Asylantrag so einfach wie möglich sein. Der Beamte, der den Haftantrag des Geflüchteten geprüft hat, hätte so auch den Asylantrag entgegen nehmen können, selbst wenn er eigentlich nicht dafür zuständig ist. Es zeigt sich hier einmal mehr, dass selbst die Einhaltung des europäischen Rechts nicht selbstverständlich ist. Solange es keine Klagen gibt, nehmen sich die Behörden einen weiten Handlungsspielraum heraus.
Das zeigt sich auch in Bezug auf die griechischen Lager. Auf Samos etwa haben bislang 43 Geflüchtete  mit Unterstützung der NGO Refugee Law Clinic gegen die Zustände, unter denen sie leben müssen, geklagt. In 37 der Fälle entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) bisher, dass die Kläger*innen an einem anderen Ort untergebracht werden müssen. Ihre Begründung: Die Bedingungen in den Lagern würden das Risiko einer „unmenschlichen oder erniedrigen Behandlung“ bergen. Auch auf den Inseln Lesbos und Chios klagten mehrere Geflüchtete, unterstützt durch die NGOs Refugee Support Aegean und Equal Rights Beyond Borders, erfolgreich. Da Menschenrechte Individualrechte sind, kann und muss sie jede Person einzeln einklagen. Sammelklagen sind nicht möglich. Liegt die Lösung zur Evakuierung der griechischen Insellager in 40.000 Einzelklagen vor dem EGMR? Der Jurist Robert Nestler von Equal Rights Beyond Borders sagt, dass die vielen Einzelverfahren nicht das Ziel sein können: „Dass wir am laufenden Band Verfahren gewinnen, zeigt ja, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt, sondern um ein strukturelles Problem. Das muss politisch angegangen werden.“  Bisher bleiben Reaktionen der Behörden  zur Lösung dieses strukturellen Problems allerdings aus.
https://www.derstandard.at/story/2000118312774/schutzsuchende-migranten-duerfen-laut-eugh-nicht-aus-platzmangel-in-haft?ref=rsshttps://mediendienst-integration.de/artikel/europas-asylpolitik-vor-gericht.html?fbclid=IwAR1BkuawBw5RuNe2T3FSOXXslKw8NvbvU53dG-nnoJyT3mqgVUI5O1tOZTY> https://rabe.ch/wp-content/uploads/2020/06/25.-refugees-EGMR.mp3

25.05.20
Hunderte Menschen in Melilla im Hungerstreik
Derzeit sind im Lager von Melilla knapp 1.700 Menschen untergebracht. Von den knapp 700 Tunesier*innen, darunter etwa 50 Frauen und 20 Kinder, befindet sich ein Grossteil seit Ende April im Hungerstreik, um gegen die geplante Abschiebung zu protestieren. Mindestens sieben von ihnen nähten sich die Lippen zu. Die Tunesier*innen sitzen mehrheitlich seit August 2019 in Melilla fest. Sie fordern, auf das europäische Festland Spaniens überstellt zu werden. Über 50 NGOs haben sich in einem Kommuniqué an das Innenministerium gegen die geplante Abschiebung ausgesprochen. Neben der ständigen Angst vor der Abschiebung ist die Bedrohung durch Corona sehr real. In Ceuta und Melilla wurden bislang insgesamt rund 350 Infektionen gemeldet. Sechs Personen starben an Covid-19. Die Lebensbedingungen in den Lagern sind menschenunwürdig. Der Weg nach Europa ist versperrt.
https://jungle.world/artikel/2020/20/lost-melilla


25.05.20
Militarisierung der Grenzen konstruiert Bild einer Gefährdung durch Menschen auf der Flucht
Die Militarisierung und Abschottung der europäischen Grenzen nimmt weiter zu. An drei Orten ist das diese Woche besonders aufgefallen:
– Rund um drei Asylcamps in Serbien wird nun das Militär stationiert. Dies soll die lokale Bevölkerung vor den Migrant*innen schützen, da diese seit Corona anscheinend Delikte wie Ladendiebstähle verübt hätten.
– Die europäische Grenzschutzagentur ist eigentlich seit längerem keine ausschliesslich europäisch agierende Institution mehr. Gerade mit Staaten, die sich in Beitrittsverhandlungen mit der EU befinden, hat Frontex Abkommen geschlossen, die es Frontex erlauben, auf ihrem Staatsgebiet aktiv zu werden. Solche Abkommen gibt es mit Albanien (Oktober 2018), Mazedonien (Juli 2018), Serbien (September 2018), Bosnien und Herzegowina (Januar 2019) und Montenegro (Februar 2019). Nun hat auch das europäische Parlament über einzelne dieser Einsatzgebiete diskutiert und erlaubt Frontex auf dem Gebiet zwischen Serbien und der EU sowie zwischen Montenegro und der EU aktiv zu werden.
– Griechenland rüstet seine Grenze zur Türkei entlang des Grenzflusses Evros auf, für den Fall, dass die Türkei ihre Grenzen wieder öffnen wird. Die Aufrüstung beinhaltet einen kilometerlangen NATO-Zaun mit 50m Masthöhe, die Rodung der Vegetation im Grenzgebiet, Bereitstellung von gepanzerten Militärfahrzeugen, sowie 400 zusätzliche Grenzsoldat*innen. Das entspricht fast einer Verdoppelung der momentan eingesetzten Soldat*innen. Die Grenzmasten werden ausserdem mit Kameras, Tag- und Nachtüberwachungssystemen und Kommunikationsmöglichkeit ausgestattet sein.
Was bezweckt diese Militarisierung? Offensichtlich ist es komplett unsinnig, mit dem Militär gegen Ladendiebstahl vorzugehen. Oder einen Zaun 50 Meter hoch zu bauen. Vielmehr erfüllt das Militär die Funktion, das Feindbild der Person auf der Flucht aufrechtzuerhalten und zu stärken. Wenn vor einem Asylcamp plötzlich schwer bewaffnete Soldat*innen patrouillieren oder am Grenzfluss Militärpanzer rumstehen, entsteht in vielen Köpfen die Vorstellung, dass es sich hierbei um die Abwehr und Bekämpfung von etwas Gefährlichem handeln muss. Und damit lassen sich dann wiederum weitreichendere repressive Massnahmen gegenüber geflüchteten Menschen durchsetzen.
https://www.rferl.org/a/serbia-deploys-army-migrant-camps/30615755.html
http://statewatch.org/news/2020/may/ep-frontex-agreements-vote.htm
https://www.keeptalkinggreece.com/2020/05/17/greece-shields-evros-border-blades-wire-400-border-guards/

25.05.20
Haftlager Röszke in Ungarn wird geschlossen

FILE – In this Tuesday, May 7, 2019 file photo the transit zone for asylum seekers is pictured in Roszke, Hungary. Hungary’s government says it is shutting down the transit zones on its southern border with Serbia where asylum-seekers are being kept while their asylum requests are decided. (AP Photo/Pablo Gorondi, file)

Seit 2015 inhaftiert die ungarische Regierung Geflüchtete im Lager Röszke im ungarisch-serbischen Grenzgebiet. Menschen, die von Serbien kommend ein Asylgesuch in Ungarn stellen wollen, werden in dieses Lager gebracht. Sie können das Lager weder in Richtung Ungarn verlassen, weil Stacheldrahtzaun sie daran hindert, noch zurück nach Serbien, weil Serbien nicht bereit ist, die Menschen wieder aufzunehmen. Nach vier Jahren hat nun auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gecheckt, dass es sich beim Lager Röszke um eine Haftanstalt handelt und diese als rechtswidrig eingestuft. EU-Länder dürfen zwar gemäss ihrer Gesetze Geflüchtete in Grenzregionen inhaftieren, dies jedoch nur während der Bearbeitung der Asylanträge und für maximal vier Wochen. Ungarn hat angekündigt, das Urteil zu akzeptieren, weil es sich wohl nicht allzu gut macht, offensichtlich gegen europäisches Recht zu verstossen. Die ungarische Regierung beharrt aber auf den Standpunkt, dass nicht ihre Praxis, sondern diejenige der geflüchteten Menschen illegal sei. Denn diese würden schliesslich über einen sicheren Drittstaat einreisen (Serbien), weshalb es illegal sei, nach Ungarn weiterzureisen.
Mit dem Urteil wurden zwar in der Nacht auf Donnerstag endlich die ca. 300 inhaftierten Geflüchteten ins Landesinnere in «normale» Asyllager transferiert. Doch die Situation für Geflüchtete, die durch Ungarn reisen wollen, wird sich dadurch kaum verbessern. Denn die einzige Möglichkeit über die Balkanroute nach Ungarn zu flüchten/migrieren oder ein Asylgesuch in Ungarn zu stellen, befindet sich in der Transitzone, in der das Haftlager Röszke ist. Die ungarische Regierung hat angekündigt, dass es seine Grenzen nun komplett schliessen wird und es nicht mehr möglich sein wird, Asylanträge auf ungarischem Territorium zu stellen, sondern allenfalls in ungarischen Vertretungen im Ausland. Die Regierung betonte zudem, dass das Zugeständnis keine Liberalisierung ihrer harten Asylpolitik bedeute. «Der Schutz der Aussengrenze ist ein Anliegen, bei dem Ungarn keine Kompromisse eingeht», meinte ein Regierungssprecher am Donnerstag. Faktisch war es auch schon vor der Schliessung der Transitzone fast unmöglich, als geflüchtete Person durch Ungarn zu reisen oder ein Asylgesuch zu stellen. Seit Januar 2018 waren jeweils gerade einmal zwei Personen pro Tag in die Zonen vorgelassen worden, ab März dieses Jahres wegen der Corona-Pandemie gar keine mehr.
https://www.pbs.org/newshour/world/hungary-closes-border-transit-zones-for-asylum-seekers

https://taz.de/Gefluechtete-in-Ungarn/!5687377/

https://taz.de/Ungarn-schliesst-Transitlager/!5687360/

https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-05/europaeischer-gerichtshof-ungarn-fluechtlingsunterkuenfte-containerlager-eu-rech

11.05.20
Raus aus dem Camp dank Widerstand
In den Asyllagern ist es auch Wochen nach den ersten Corona-Fällen immer noch nicht möglich, Hygienemassnahmen oder den Mindestabstand einzuhalten. Deshalb haben sich z. B. in Deutschland bereits sehr viele Geflüchtete mit dem Virus angesteckt. In der Schweiz dürfte die Situation nicht anders aussehen. Vielerorts gab es Widerstand in Form von Demonstrationen oder Hungerstreiks. Infolge ihres Widerstands gegen die gesundheitsgefährdende Art der Unterbringung konnten vier Geflüchtete in Sachsen ein Asyllager verlassen – auf gerichtliche Anordnung. Die Verwaltungsgerichte in Leipzig, Dresden und Chemnitz entschieden Ende April, dass Menschen nicht verpflichtet werden dürfen, in Gemeinschaftsunterkünften zu wohnen, wenn der behördlich verlangte Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen den Bewohnenden nicht eingehalten werden kann. Das mag ein kleiner Erfolg sein, könnte es aber in den nächsten Tagen sehr vielen Menschen ermöglichen, die Asyllager verlassen zu dürfen.
https://www.jungewelt.de/artikel/377818.leave-no-one-behind-dem-virus-ausgeliefert.html

11.05.20
Rechtsextreme Angriffe auf die Transfers von Geflüchteten aufs griechische Festland
In verschiedenen Orten im Norden Griechenlands protestierten mehrere hundert Menschen gegen die Verlegung von Migrant*innen von den Insellagern auf das Festland. Reisebusse, in denen die Geflüchteten in leerstehende Restaurants und Hotels gefahren werden sollten, wurden mit Strassenblockaden an der Weiterfahrt gehindert und mit Steinen beworfen. Ein Hotel wurde in Brand gesteckt, um die Unterbringung der Menschen dort zu verhindern. Der Besitzer eines anderen Hotels wurde mit Steinen angegriffen. Die Proteste wurden von bekannten Rechtsextremist*innen initiiert und wurden durch Gleichgesinnte aus anderen Dörfern und Städten unterstützt. Die Polizeikräfte vor Ort griffen nicht ein.Die Situation in den Lagern auf dem Festland ist angespannt. Im Lager Ritsona kommt es seit Wochen zu COVID-19-Neuinfizierungen. Die Durchführung von Tests durch die Behörden belegen dies. Doch anstatt die Menschen aus der beengten Situation des Lagerlebens zu entlasten, setzt die IOM (Internationale Organisation für Migration), welche für das Lager Ritsona zuständig ist, auf Quarantäne für alle der 3.000 dort lebenden Menschen. Diese tödliche und unwürdige Quarantäne soll so lange bestehen bleiben, bis Tests kein Neuansteckungen belegen. Die Menschen dort fühlen sich alleine gelassen.
Der Transfer von etwa 400 Bewohner*innen des Camps Moria sorgt wohl kaum für eine Entspannung im noch immer stark überfüllten Lager. Durch die Ausgangssperre im Camp Moria sind Frauen und Kinder noch stärker gefährdet als eh schon. Sie sind sexuellen Übergriffen und Diebstahl erhöht ausgesetzt. Auch die Evakuierung in andere europäische Länder geht nur symbolisch voran. Mittlerweile wurden Kinder unter anderem nach Deutschland evakuiert. Allerdings in viel geringerer Zahl als beschlossen. Zudem wurden keine Kinder aus der COVID-19-Risikogruppe ausgewählt, obwohl Listen zu besonders gefährdeten, schwer kranken Kindern existieren. Noch absurder erscheint die Tatsache, dass die evakuierten Kinder im Rahmen der Familienzusammenführung so oder so das Recht gehabt hätten, die Lager zu verlassen. So schmückt sich die deutsche Regierung mit humanitärer Hilfe, indem sie geltendes Recht durchsetzt. Ebenso niedrig ist die Aufnahmebereitschaft in Großbritannien und Portugal, die nun jeweils rund 50 Menschen aus den griechischen Lagern evakuieren wollen. Derweil scheint es in der Schweiz überhaupt nicht vorwärts zu gehen. Die Corona-Krise behindert die Aufnahme der 22 unbegleiteten Minderjährigen, so Lukas Rieder, Pressesprecher SEM, Mitte April. Diese Aussage scheint nicht an Aktualität verloren zu haben.
https://www.keeptalkinggreece.com/2020/05/06/pella-greece-refugees-hotel-fire/#.XrLByYlP2ok.facebook

https://www.swr.de/report/warum-fast-nur-gesunde-kinder-in-deutschland-ankamen-rettungsaktion-von-gefluechteten-kindern-aus-griechenland/-/id=233454/did=25262364/nid=233454/l7zp8a/index.html

https://www.bluewin.ch/de/news/schweiz/gefluechtete-in-die-schweiz-holen-jetzt-macht-der-nationalrat-druck-384840.html

https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-05/ueberfuellte-fluechtlingslager-griechenland-grossbritannien-migration-minderjaehrige-gefluechtete

https://www.dw.com/de/fl%C3%BCchtlinge-von-lesbos-aufs-festland-gebracht/a-53326440

04.05.20
Geflüchtete in Österreich wehren sich juristisch gegen vierwöchigen Freiheitsentzug
Einen Monat lang duften Asylsuchende das Erstaufnahmezentrum Traiskirchen in Österreich nicht verlassen. Sie durften weder zum Supermarkt gehen, noch Spaziergänge machen. Dieser Freiheitsentzug wurde von der Bezirksverwaltung verhängt, deren Kompetenz eigentlich beim Sperren von Spielplätzen endet. Die Massnahme galt weder für das Personal, noch für andere Unterkünfte wie Studierendenwohnheime. Allein die Asylsuchenden wurden eingesperrt. Zwei Bewohner wehren sich nun juristisch mit Massnahmenbeschwerden gegen die Polizei.
„Hier wird eine Gruppe von Personen pauschal und ohne gesetzliche Grundlage eingesperrt“, sagt ihr Anwalt. Es gebe zudem keine Kontrollinstanz, wie das bei jeder anderen Form des Freiheitsentzugs notwendig sei. Traiskirchen ist das grösste Asyllager Österreichs. Statt auf Hygiene und Abstand im Lager zu setzen, kamen nach Beginn der Corona-Pandemie im März weitere 120 Personen zu den schon etwa 500 Geflüchteten in das Asyllager hinzu. Neun Corona-positive Fälle gab es seither im Erstaufnahmezentrum. Zwei Personen mussten im Spital behandelt werden, eine durch Vorerkrankungen Belastete verstarb. Das Asyllager wird übrigens von der schweizerischen ORS AG betrieben.
https://www.derstandard.at/story/2000117219054/gefluechtete-wehren-sich-gegen-ausgangsverbot-in-traiskirchenhttps://www.derstandard.at/story/2000115942546/fluechtlingsquartier-wird-zur-quarantaenestation

04.05.20

An zwei Tagen in Folge kam es zu Bränden im sogenannten Empfangs- und Identifizierungszentrum Vathy auf der griechischen Insel Samos. Ob Streitigkeiten zwischen den dort lebenden Menschen die Ursache waren oder ob eine Evakuierung des Lagers durch Aufstände erzwungen werden sollte, bleibt unklar. Möglicherweise ist beides der Fall. Menschen vor Ort berichten vom gewaltsamen Vorgehen der Polizei, um das Verlassen des brennenden Camps zu verhindern, sowie von Angriffen aus der lokalen Bevölkerung auf Helfende. Es gab Verletzte und mehrere hundert Menschen haben ihr ohnehin spärliches Dach über dem Kopf und ihre gesamten persönlichen Gegenstände verloren. Das Lager bietet Platz für 650 Menschen. Nach offiziellen Angaben leben dort aktuell 6.500 Geflüchtete. Die prekäre Lage ist ein Dauerzustand, der Menschen davor abschrecken soll, nach Europa zu kommen. Die Krise war schon vor Corona. Jetzt müssen die Menschen endlich evakuiert werden.
https://www.derstandard.at/story/2000117144195/erneut-feuer-in-camp-auf-samos?ref=rss
https://www.jungewelt.de/artikel/377302.griechenland-und-die-eu-feuer-in-fl%C3%BCchlingslager.html
https://www.nzz.ch/international/fluechtlingslager-auf-samos-feuer-waehrend-des-lockdowns-ld.1554032
https://www.ekathimerini.com/252069/article/ekathimerini/news/fires-at-samos-migrant-camp-force-partial-evacuation
https://www.facebook.com/AegeanBoatReport/videos/285953155730805/
https://www.facebook.com/100010821884630/videos/1117584728612246/
www.evakuieren-jetzt.ch

27.04.20
Files from moria
Files from moria works as an archive for videos, sound files and other documents by people living in the refugee camp of Moria on the island of Lesbos. Files from moria shall serve as a concrete place in the world wide web, saying: MORIA EXISTS; letting the files speak for theirselves.
https://filesfrommoria.de/

27.04.20
Widerstand auf Chios nach Tod einer Geflüchteten
Im Lager Vial auf Chios ist eine Frau verstorben, vermutlich an einer Infektion. Bewohner*innen des Lagers werfen den Verantwortlichen vor, sich nicht ausreichend um die medizinische Versorgung der Frau gekümmert zu haben. Es kam zu Widerstand: Eine Kantine und ein Wohncontainer wurden in Brand gesteckt, die Polizei mit Steinen beworfen. Diese reagierte mit massivem Einsatz von Tränengas. Das Camp Vial ist wie andere griechische Lager masslos überfüllt. Es ist für die Unterbringung von 1.000 Menschen ausgelegt. Aktuell leben 2.000 Geflüchtete im Camp sowie 6.000 darum herum –  ohne Wasser, Toiletten und medizinische Hilfe. Viele haben Angst vor dem Corona-Virus. Bisher gibt es keinen bekannten Fall auf der Insel. Die dürftigen Desinfektionsmöglichkeiten der Campleitung werden eine Ausbreitung aber nicht verhindern. Auf einem Adbust der SPD in Deutschland heisst es zynisch: „Wir warten solange auf eine europäische Lösung, bis Corona das Flüchtlingsproblem für uns gelöst hat.“
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-04/griechenland-migration-chios-fluechtlingslager-ausschreitungen
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1134782.fluechtlinge-auf-chios-es-fehlt-an-allem-wasser-toiletten-und-medizinische-hilfe.html

27.04.20
Proteste vor dem Camp Moria

Hunderte Geflüchtete haben den Eingang des Camps Moria auf Lesbos blockiert. Mit Transparenten und starken Reden machten sie auf den Rassismus, den sie erleben, aufmerksam:  „Wir haben unser Leben riskiert, um die Ägäis zu überqueren, und wir sind nicht hier angekommen, um im Stich gelassen zu werden. Wir kamen hierher auf der Suche nach Frieden, Gerechtigkeit, einem würdigen Leben, guten Regierungen.[…] Ist das Europa? Sie haben Afrika Lasten auferlegt, Sie schufen Kriege in Afrika. Das ist der Grund, warum wir geflohen sind. Wenn wir hier sind, dann ist es wegen Ihnen!“ Die Protestierenden forderten unter anderem den Stopp von Abschiebungen und die Evakuierung des Lagers. Die griechische Regierung hat zur Entlastung der griechischen Inseln angekündigt, hunderte vor allem alte und kranke Menschen aufs Festland zu bringen. Das ist nicht ausreichend. Auch jüngere Geflüchtete wollen vor Corona geschützt werden und endlich die Insel verlassen.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1135799.fluechtlinge-und-corona-angst-vor-corona-hunderte-migranten-demonstrieren-vor-camp-von-moria.html
https://www.facebook.com/MareLiberumOfficial/videos/704405876985542/

 

27.04.20
Richtungsweisendes Gerichtsurteil in Leipzig
Ein 47-jähriger Asylsuchender aus Kamerun hat vor dem Verwaltungsgericht Leipzig erstritten, dass er nicht länger im Lager in Schkeuditz, Sachsen bleiben muss. Die Abstandsregelungen von 1,5 Metern seien in dem Doppelzimmer à zwei mal zwei Quadratmeter, in dem er untergebracht ist, nicht einzuhalten. Das Offensichtliche ist gerichtlich bestätigt worden. Der Freistaat Sachsen muss nun die Massenunterkünfte auflösen. Mal schauen, was passiert. Wie mit den Menschen verfahren wird. Und ob es auch über die Bundeslandgrenze einen Effekt haben wird.                                                              
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1135835.corona-und-fluechtlinge-gericht-pocht-auf-einhaltung-von-abstandsregeln-in-asylunterkunft.html

27.04.20
Ausbreitung von Covid-19 in Lagern in Deutschland – Folge von rassistischer Politik     
Auch nach mehreren Wochen Corona gibt es für Geflüchtete in Asyllagern weiterhin kaum Schutzmöglichkeiten vor dem Virus. Die momentane Strategie vieler Asyllager-Betreiber*innen besteht momentan darin, das komplette Lager unter Quarantäne zu setzen, sobald Menschen positiv auf Corona getestet werden. Gegen die Verbreitung innerhalb der Lager werden jedoch kaum Schutzmassnahmen getroffen. Dass sie den Quarantäne-Bereich nicht verlassen dürfen, erschwert schliesslich das Abstandhalten untereinander. In einem Lager in Ellwangen, Baden-Württemberg z.B. sind derzeit 313 der 560 Bewohner*innen mit dem Virus infiziert. Die provisorische Quarantäne innerhalb der Einrichtung ist mittlerweile aufgehoben und die Menschen begegnen sich beim Essen, bei der Arbeit (z.B. in der Küche) und in den Waschräumen. Ein Bewohner berichtet, er habe sich weit nach Beginn der Pandemie ein kleines Zimmer mit vier weiteren Personen geteilt, die Sanitäranlagen seien ungenügend gereinigt und sie hätten pro Person eine Seife und eine Rolle Klopapier ausgehändigt bekommen, mit der Aussage, es müsse für zwei Wochen reichen. Zusätzlich erschwere der geringe Zugang zum W-LAN die unabhängige Informationsbeschaffung der Bewohner*innen. So würden teilweise Verschwörungstheorien die Runde machen. Auch sarkastische Witze würden gerissen: „Wäre es nicht lustig, wenn wir ausgerechnet in Deutschland sterben würden!?“ Auch in einem Lager in Bremen wurden diese Woche 120 Menschen positiv auf das Virus getestet. Nun steht das ganze Lager unter Quarantäne. Ein Gebäude, in dem nicht einmal die Fenster geöffnet werden können. Sarah Ebrahimi vom BIPoC-Bündnis Bremen (Black, Indigenous and People of Color) schreibt: „Seit gestern werden 347 Schutzsuchende gegen ihren Willen in der Lindenstrasse eingesperrt“. Einem Bewohner, der fragte, wieviele Menschen eigentlich in ihrem Flügel wohnten, erteilte die AWO, Betreiberin der Lager, willkürlich Hausverbot. Er wurde in eine Obdachlosenunterkunft gebracht.
Im Lager in Halberstadt, Sachsen-Anhalt sind momentan 108 von 620 Menschen positiv auf Corona getestet worden. Die Bewohner*innen des Lagers befinden sich seit Ende März in Quarantäne. Nach einer Woche protestierten sie gegen die Bedingungen. Einige verweigerten das Essen und kündigten einen Hungerstreik an. Andere stiessen die Bauzäune um, die um das Lager aufgestellt worden waren. Die Lagerleitung begegnet der angespannten Stimmung im Lager vor allem mit Polizeieinsätzen. Ein Pozileibeamter machte während eines Einsatzes Fotos in der Unterkunft und veröffentlichte diese später auf einer rechtsradikalen Facebook-Seite.
Dass in einer kapitalistischen (und rassistischen) Gesellschaft (bestimmte) Menschenleben weniger wert sind, als der Profit, der erwirtschaftet werden kann, zeigt eine Aussage des Halberstadter Lagerleiters René Seidel. Er meint, die dezentrale Unterbringung sei zu teuer. Gerade jetzt, wo Deutschland aufgrund der Folgen der Pandemie vor wirtschaftlichen Problemen stünde. Und das sollen jetzt Menschen ausbaden, die sich eh schon in einer prekären Situation befinden, Herr Seidel? Zudem müsse er der ‚einheimischen’ Bevölkerung die Mehrkosten erklären. Weil deren Meinung wichtiger ist, mehr zählt, als die der Bewohner*innen des Lagers? Die momentane Ausbreitung des Covid-19-Virus in Asyllagern in Deutschland ist das Ergebnis einer rassistischen Politik. Die sich immer weiter normalisiert und mit der Normalisierung unsichtbar gemacht wird. Es wird mit zweierlei Mass gemessen. Denn kaum Personen werden auf so engem Raum eingesperrt wie die Asylsuchenden. Und durch die fehlende Bereitschaft, daran etwas zu ändern, wird ihr Tod in Kauf genommen.
https://taz.de/Gefluechtete-in-Ellwangen/!5677121/

https://twitter.com/WeAreBremen/status/1253173825312894977
     
https://twitter.com/coronasoli/status/1253311742332952578
https://m.facebook.com/zusammenlebenwillkommen/photos/a.822850014422816/3807977142576740/?type=3&source=48                               
https://taz.de/In-Unterkunft-jeder-Dritte-infiziert/!5678268/
          
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-04/zast-coronavirus-erstaufnahme-asylsuchende-sachsen-anhalt/komplettansicht
https://www.tagesspiegel.de/politik/corona-in-fluechtlingsunterkuenften-der-fehlende-abstand-wird-zum-toedlichen-risiko/25766136.html

 

Keine*r darf mehr raus: die Zast in Halberstadt unter Corona-Quarantäne.

27.04.20
Neue institutionelle Einschätzungen zur Diskriminierung in Camps bleiben folgenlos
Insgesamt acht Geflüchtete können das Lager Moria verlassen und müssen „menschenwürdig“ untergebracht werden. Das haben die Organisationen Pro Asyl und Refugee Support Aegan (RSA) vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erstritten. Ein enormer Aufwand steht hinter der Hilfe für Einzelpersonen: Ausführliche medizinische Gutachten müssen verfasst werden, während der Zugang ins Camp und die medizinische Versorgung vor Ort nahezu unmöglich sind. Umfassende Dokumentationen müssen juristisch nachweisen, dass die Personen besonders vulnerabel sind. Karl Kopp von Pro Asyl nennt es einen „Ausdruck einer niederträchtigen Asylpolitik“, dass es nur auf juristischem Wege möglich ist, Grundrechte für Menschen zu erstreiten.  Diese „Erfolge“ für Einzelpersonen werden keine Auswirkungen auf die verbleibenden Tausenden Menschen in den Camps haben. Ähnlich ist die Lage in den ungarischen Lagern, in denen ebenfalls immer wieder die Versorgung mit Lebensmitteln für Geflüchtete juristisch erstritten werden muss. Der Generalanwalt des europäischen Gerichtshofs meint zum ungarischen Lager Röszke nun zudem, dass „die Bewegungsfreiheit der Menschen in so hohem Mass eingeschränkt [sei], dass es sich um Haft handele“. Die Argumentation der ungarischen Regierung, sie sei nicht für die Versorgung der dort lebenden Menschen verantwortlich, ist damit erneut hinfällig. Ungarn gibt an, die Menschen könnten das Lager jederzeit nach Serbien verlassen – allerdings verlieren sie dann ihr Recht auf ein Asylgesuch. Der Generalanwalt machte im Gutachten auch deutlich, dass Ungarn die Bearbeitung der Asylanträge nicht mit dem Hinweis ablehnen dürfe, die Betroffenen seien durch ein sicheres Transitland (Serbien) gekommen. Ob der Europäische Gerichtshof dem nicht bindenden Gutachten folgt, wird sich in den nächsten Monaten zeigen. Vor kurzem waren Polen, Ungarn und Tschechien vom Europäischen Gerichtshof verurteilt worden, da sie sich 2015 nicht an der anteiligen Aufnahme von 160.000 Geflüchteten beteiligt hatten. Auch das blieb ohne Folge.
https://www.proasyl.de/pressemitteilung/menschenrechtsgerichtshof-zwingt-griechenland-fluechtlinge-aus-dem-hotspot-moria-menschenwuerdig-unterzubringen-und-medizinische-behandlung-sicherzustellen/
https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-04/fluechtlingsunterkunft-transitlager-ungarn-rechtswidrige-lebensbedingungen
https://www.spiegel.de/politik/ausland/ungarn-eugh-gutachter-nennt-transitlager-fuer-asylbewerber-rechtswidrig-a-21582bd5-9032-4e0f-a35c-b4a1de3c157a

20.04.20
59 Kinder aus Griechenland evakuiert
Die ersten Kinder sind aus den griechischen Lagern evakuiert worden. 12 Kinder nahm Luxemburg auf, 47 Kinder kamen am Samstag in Deutschland an. 58 Kinder, das ist bisher das gesamte Ausmass an sogenannter Solidarität, die europäische Staaten gegenüber den 39.000 Menschen in griechischen Lagern aufbringen. Die NGO Pro Asyl befürchtet: „Die Aktion droht zu einem Feigenblatt zu verkommen für die Nicht-Aufnahme Tausender Geflüchteter, die in den Insellagern in Griechenland sich selbst überlassen sind.“  In den Auswahlkriterien Deutschlands ist von Kindern die Rede, die unbegleitet und jünger als 14 Jahre oder schwer krank sind, hauptsächlich Mädchen. Mädchen gelten in bürgerlichen Kreisen als besonders schutzbedürftig und stehen dem rassistischen Narrativ der „Messermänner“ (AfD-Politikerin Alice Weidel) entgegen. Die Realität in den Camps deckt diese Auswahl überhaupt nicht ab. 90 Prozent der unbegleiteten Minderjährigen sind männlich. Auch wird untergraben, dass sich alle Menschen in den Camps und nicht nur die armen minderjährigen Mädchen in einer katastrophalen Situation befinden.
In der Schweiz haben in einem Osterappell 110 humanitäre Organisationen, Vereine, Gruppierungen und NGOs von Bundesrat und Parlament gefordert, die Camps in Griechenland zu evakuieren. Die Schweiz solle möglichst viele dieser Menschen aufnehmen. Die Zahl der Asylgesuche in der Schweiz befinde sich auf einem historischen Tief, und die Schweiz habe die Geldmittel, Räume und Personal, um viele Geflüchtete aufzunehmen. Seit Januar beschäftigt sich die Schweiz mit der Bearbeitung einer Handvoll Dossiers unbegleiteter Minderjähriger. Für 21  «versuche» man nun einen «Transfer zu organisieren», «was in Zeiten von Corona – wie Sie sich vielleicht vorstellen können – nicht ganz einfach ist.», heisst es beim SEM. Während Abschiebeflüge kein Problem sind und Sonderflüge Schweizer*innen aus der ganzen Welt zurückgeholt haben, findet das SEM hier keine glaubwürdige Begründung für die wochenlangen Verzögerungen.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1135630.fluechtlingslager-moria-ene-mene-muh.html
https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/fluechtlingskinder-aus-griechenland-in-hannover-angekommen-16730638.html
https://www.infosperber.ch/Artikel/Gesellschaft/Schweiz-Migrationsamt-Ruckfuhrungen-Ausschreibung
https://evakuieren-jetzt.ch
https://www.deutschlandfunk.de/fluechtlinge-in-griechenland-asselborn-kinder-nicht-auf-den.694.de.html?dram:article_id=474640

20.04.20
Corona im Jungle of Calais
Nach Angaben der Präfektur des Departements Pas-de-Calais haben sich bis zum 16. April fünf Migrant*innen in Calais sicher mit dem Coronavirus infiziert. Insgesamt 290 Personen seien seit den Ausgangsbeschränkungen von den Behörden in Aufnahmezentren, Sportstätten und Hotels des Departements untergebracht worden. Die freiwillige Evakuierung der Bewohner*innen des Jungles war zuerst auf den 31. März angesetzt, wurde aber nach dem Bekanntwerden einer ersten Infektion zunächst ausgesetzt, um dann am 3. April zu beginnen. Die Gruppe Care4Calais hat in Calais und Dünkirchen 150 Migrant*innen zu Corona befragt. 48% der Personen sind erst seit drei Monaten oder weniger in Calais. Nur 14 Personen sagten, dass das Coronavirus für sie eine Hauptsorge sei. Fast dreimal so viele sagten, sie hätten Angst um ihre grundlegendsten Bedürfnisse: Nahrung, sanitäre Einrichtungen, Unterkunft oder Kleidung. Kein Wunder: Seit der Ausgangssperre in Frankreich haben sich die meisten NGOs zurückgezogen und der französische Staat hat Kürzungen vorgenommen. Viele Menschen (86%) hatten ernsthafte Vorbehalte, in die von der französischen Regierung betriebenen Notunterkünfte zu gehen; sie befürchten, dass sie dann nie wie beabsichtigt nach England gelangen können. 53% sagen, dass sie dort dem Virus stärker ausgesetzt wären und 13% denken, dass sie den französischen Behörden nicht vertrauen (9%) oder dass sie ihre Freiheit verlieren werden (8%). Seit März 2020 gibt es übrigens einen neuen Blog, der über die Situation im Grenzgebiet in Nordfrankreich, England und Benelux informiert.JungleOfCalais ist somit ein weiteres tolles Projekt, dass in Zusammenarbeit mit bordermonitoring.eu entsteht. https://calais.bordermonitoring.eu/
https://ffm-online.org/weblog-jungleofcalais/
https://care4calais.org/

13.04.20
Halberstadt und Wardia: Mit Hungerstreik gegen Isolation und Coronarisiken
Im Camp Halberstadt in Sachsen-Anhalt traten rund hundert Geflüchtete in einen Hungerstreik. Der Hungerstreik dauert seit dem 4. April an und ist eine Antwort auf die Behörden, die dort 850 Personen regelrecht einsperren. Ohne Schutz gegen das Coronavirus, obwohl am 28. März erste Bewohner*innen positiv auf Covid-19 getestet wurden. Mittlerweile sind es bereits mehr als 30 Personen. Der Hungerstreik begann damit, dass Absperrgitter und Zäune niedergerissen wurden. Securities haben dann mit Schlagringen auf die Geflüchteten eingeschlagen. Die Polizei setzte Hubschrauber ein. Die Geflüchteten fordern Hygieneartikel, Nahrungsmittel und eine dezentrale Unterbringung für Schwangere, Alleinerziehende, Ältere und Familien. Ausserdem fordern sie die Auflösung des Camps, das sie als Knast bezeichnen. Die Meldung eines weiteren Hungerstreiks erreichte uns aus Tunesien. Im geschlossenen Camp Wardia befinden sich aktuell rund 24 Personen in einem Hungerstreik. Sie fordern ihre umgehende Freilassung, denn sie befürchten, dass das Virus früher oder später auch sie treffen wird. 
https://perspektive-online.net/2020/04/refugees-im-hungerstreik-schliesst-das-halberstadt-gefaengnis-security-reagiert-brutal/?fbclid=IwAR0zAkqXwB_X8I_5UlDVdq-f4CJrSI8jGrEjXqlbGWn1JameYuvvwQ4sqJ0
https://www.wsws.org/de/articles/2020/04/09/hung-a09.html
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1135244.asylsuchende-in-deutschland-fluechtlinge-im-hungerstreik.html

https://www.jungewelt.de/artikel/376145.tunesien-migranten-im-hungerstreik.html

13.04.20
EU-Kommission lehnt Kreuzfahrtschiffe als Notunterkunft ab, während die Aufnahme von Menschen aus Griechenland nicht voran geht
Aus der kreativen Idee, Kreuzfahrtschiffe, die momentan nicht fahren dürfen, schnell verfügbare Notunterkünfte für Geflüchtete zu machen, ist ein konkretes Angebot entstanden. Der Bonner Reiseveranstalter Phoenix bot ein Kreuzfahrtschiff zum Selbstkostenpreis an, um einen Beitrag zur Evakuierung der überfüllten griechischen Lager zu leisten.  Das heisst konkret: Bei voller Belegung mit 900 Personen etwa 40.000 bis 60.000 Euro pro Tag inklusive Verpflegung. Auch andere Anbieter erkannten bereits die Chance, in dieses Geschäft einzusteigen und verkündeten Bereitschaft. Die EU-Kommission lehnt das Angebot mit der Begründung ab, für das gleiche Geld könnten mehr Plätze in leer stehenden Hotels finanziert werden. Könnten. Bisher wurde nicht aus den Lagern evakuiert. Anfang März hatten die acht EU-Länder Luxemburg, Deutschland, Frankreich, Irland, Portugal, Finnland, Kroatien, Belgien, Bulgarien und Litauen zugesagt, in einer koordinierten Aktion insgesamt 1.600 unbegleitete oder kranke Kinder und Jugendliche von den griechischen Inseln aufzunehmen. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie haben die meisten Länder ihre „Bemühungen“ wieder aufgegeben. Allein Luxemburg hat konkret zugesagt, 12 Kinder aufzunehmen. Deutschland diskutiert über die Aufnahme von 300 bis 450 Kindern, 50 davon möglichst schnell. Beide Länder betonen, nicht auf die anderen Staaten warten zu wollen und mit gutem Beispiel voran zu gehen. Die Schweiz ist dazu nicht bereit. Laut Karin Keller-Sutter brauche es bessere Hilfe vor Ort. Während noch kein Kind Griechenland tatsächlich verlassen hat und 42.000 Geflüchtete unter menschenunwürdigen Bedingungen in den griechischen Camps leben, breitet sich das Corona-Virus auch in Griechenland weiter aus. In mittlerweile zwei Lagern auf dem Festland, in Ritsona und Malakasa, wurden Geflüchtete positiv auf Corona getestet. Das griechische Migrationsministerium hat die Camps abgeriegelt. Die Angst besteht weiterhin, dass das Virus bald auch die griechischen Inseln erreicht.
https://www.tagesschau.de/ausland/corona-fluechtlingslager-101.html

https://www.tagesschau.de/ausland/fluechtlinge-eu-139.html

https://www.zeit.de/politik/deutschland/2020-04/migration-fluechtlingskinder-aufnahme-heiko-maas-coronavirus-humanitaere-lage-fluechtlingslager

https://www.nzz.ch/international/deutschland-wartet-weiter-auf-die-fluechtlingskinder-von-den-griechischen-inseln-ld.1551189

https://www.spiegel.de/panorama/corona-gefahr-in-griechischen-camps-eu-kommission-lehnt-kreuzfahrtschiff-als-notunterkunft-ab-a-00000000-0002-0001-0000-000170435609

06.04.20
Erste Coronaerkrankung in einem Camp bei Athen
Im Camp Ritsona, 75 km nordöstlich von Athen, gibt es den ersten Corona-Fall. Eine junge Frau war zur Entbindung ihres Kindes im Krankenhaus und wurde positiv getestet. Im Camp leben momentan 2.500 Menschen. Von ihnen wurden daraufhin 63 getestet. Bei 20 fiel der Test positiv aus. Keine Person weise jedoch typische Krankheitssymptome auf. Die Tests sollen fortgeführt werden. Jetzt wurde das Camp für zwei Wochen abgeriegelt. Die Polizei werde kontrollieren, dass die Bewegung in und aus dem Lager so gering wie möglich bleibe. Polizeiüberwachung können die Menschen in dem Camp jetzt sicher gut gebrauchen. Stattdessen könnten sie die Menschen, die negativ getestet wurden, aus dem Camp lassen, damit sich dieses nicht zu einer Todesfalle für hunderte von Menschen entwickelt.
https://de.euronews.com/2020/03/31/griechenland-erster-corona-fall-in-fluchtlingslager

https://www.dw.com/de/corona-griechenland-stellt-fl%C3%BCchtlingslager-unter-quarant%C3%A4ne/a-52992666

30.03.20
Moria, Idlib, Pazarkule – Dem Corona-Virus und der Gewalt der Regierungen schutzlos ausgeliefert
Das Camp Moria ist in der vergangenen Woche abgeriegelt worden, um ein Einschleppen des Virus ins Camp zu verhindern. Denn auf Lesbos gibt es erste Corona-Fälle. Zudem ist innerhalb des Camps die Krätze ausgebrochen und hat sich schnell verbreitet. Neben einer weiter reichenden medizinischen Versorgung, wäre die Reinigung des gesamten Camps und ein ausreichender Abstand der Menschen nötig. Doch weder Abstands- noch Hygienemassnahmen, wie sie derzeit aufgrund des Coronavirus empfohlen werden, können eingehalten werden. Dies war schon vor mehreren Jahren nicht möglich. Bereits dann hätte eine Lösung gefunden und das Camp evakuiert werden müssen. Heute fordert dies neben unzähligen NGOs auch der Innenausschuss des EU-Parlaments. Es ist zu erwarten, dass diese Forderung auch weiterhin kein Gehör findet. Gleichzeitig nutzte der griechische Regierungssprecher Stelios Petsas die Situation aus, um die seit letztem Jahr geplanten geschlossenen Camps zu bewerben. In diesen müssten die Geflüchteten und Migrant*innen zwei Mal täglich ihre Anwesenheit bestätigen und würden weiter isoliert. Des weiteren hatte die EU die Evakuierung von 1.600 minderjährigen Geflüchteten aus den griechischen Lagern gewährleisten wollen, hat diese Pläne jedoch bis jetzt nicht umgesetzt. Doch warum liegt der Fokus vor allem auf Moria? Auch an vielen anderen Orten sind Geflüchtete stark bedroht. Rund eine Million Vertriebene harren in der syrischen Provinz Idlib unter elenden Bedingungen aus. Sie sind dem Coronavirus, aber auch dem Krieg nahezu schutzlos ausgeliefert. Die Menschen leben in verlassenen Gebäuden, zu Sammelunterkünften umfunktionierten Schulen und Moscheen oder in Zelten. Fliessendes Wasser gibt es nur in bestimmten Dörfern und Städten. Auf 10.000 Menschen kommen im Schnitt sechs bis acht medizinische Fachpersonen. Ausserdem gibt es extrem wenige Krankenhäuser. Auch deshalb, weil diese vom syrischen Regime mithilfe der russischen Luftwaffe gezielt beschossen werden. Seit Dezember wurden mehr als 84 medizinische Einrichtungen zerstört. Und auch an der griechisch-türkischen Grenze am Grenzübergang Kastanies / Pazarkule harren Schätzungen zufolge noch 2000 bis 5000 Menschen aus. Nachdem der türkische Präsident Erdogan am 29. Februar die Grenzen geöffnet hatte, wurden diese am Donnerstag wieder geschlossen. Grund dafür dürfte eine Video-Konferenz zwischen Erdogan, der deutschen Bundeskanzlerin Merkel, dem britischen Premierminister Johnson und dem französischen Präsidenten Macron gewesen sein. In dieser wurden der türkischen Regierung EU-Mittel zugesichert, wenn diese die Grenzen wieder schliessen würde. Infolgedessen berichten Bewohner*innen des Camps an der Grenze nun von gezielten Aushungerungstaktiken türkischer Behörden: Essensverteilungen sollen eingestellt worden sein und Geflüchtete würden daran gehindert, sich in umliegenden Dörfern Lebensmittel zu beschaffen. Unterdessen werden dieselben von griechischen Grenzsoldat*innen mit Tränengas und Gummischrot beschossen. Um lokale Strukturen und Kämpfe gegen die vorherrschenden Verhältnisse in Griechenland und der Türkei zu unterstützen, gibt es einen Spendenaufruf von #riseagainstborders:
https://riseagainstborders.org/2020/03/19/support-local-structures-and-struggles-in-greek-and-turkey/https://www.nzz.ch/international/wie-schuetzt-man-fluechtlingslager-vor-corona-ld.1547867
https://www.spiegel.de/politik/ausland/corona-in-idlib-syrien-wir-schlittern-in-eine-katastrophe-a-e1689813-7e80-4843-8302-2f20759f43f2
https://www.srf.ch/news/international/fluechtlingslager-auf-lesbos-die-kraetze-frisst-die-menschen-in-moria-lebendig-aufuf-lesbos-die-kraetze-frisst-die-menschen-in-moria-lebendig-auf
https://www.op-marburg.de/Mehr/Welt/Politik/EU-Parlament-fordert-Raeumung-von-Fluechtlingslagern-auf-griechischen-Inseln
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1134679.tuerkisch-griechische-grenze-gegen-traenengas-hoffnungslosigkeit-und-corona.html
https://www.spiegel.de/politik/ausland/corona-angst-auf-lesbos-die-kinder-fragen-ob-sie-an-dem-virus-sterben-werden-a-104f11f4-6be8-4632-a504-c081a0de6f86
https://taz.de/Warnung-vor-Epidemie-in-Syrien/!5674188/
https://daslamm.ch/schliesst-endlich-diese-lager/

Dezember 2019
Griechische Regierung plant Internierungslager für Geflüchtete
Die Situation für geflüchtete Menschen auf den griechischen Inseln ist eigentlich in ihrer Brutalität kaum mehr zu übertreffen. Kinder verletzen sich in ihrer Verzweiflung selbst mit Messer am Kopf, hören auf zu reden und zu Essen oder haben Suizidgedanken. Überlebende von Folter müssen ihren Schlafplatz im Zelt mit völlig fremden Menschen teilen. Betroffene von sexualisierter Gewalt können aus Angst vor Angriffen nachts die Toiletten nicht benutzen. Allein in den letzten drei Monaten sind ein neun Monate altes Baby, eine Frau und ein Kind im Lager in Moria wegen fehlender grundlegender Unterstützung gestorben. Sie suchten Sicherheit und fanden den Tod in einem europäischen Lager. Die Organisatione „Ärzte ohne Grenzen“ vergleicht die Situation auf den griechischen Inseln mit jener, die sie nach einer Naturkatastrophe oder in einem Kriegsgebiet antreffen. Auf den griechischen Inseln handelt es sich aber nicht um irgendeine unvorhersehbare Naturkatastrophe, sondern um das Resultat von bewussten politischen Entscheidungen. Nun will die griechische Regierung noch einen draufsetzten. Sie plant eine noch nachdrücklichere Durchsetzung des EU-Türkei-Deals und will die Hotspot-camps in geschlossene Internierungslager umwandeln und Abschiebungen beschleunigen. Allein die griechische Regierung für dieses Elend verantwortlich zu machen, wäre aber verkürzt. Die EU und die europäischen Regierungen sind für diese Misere mitverantwortlich. Durch ihre Abschottungspolitik, durch den EU-Türkei-Deal und durch die finanzielle Unterstützung von Grenzschutzmassnahmen wie bspw. Frontex. Den europäischen Regierungen muss nach all den Jahren der Abschottungspolitik klar sein, dass Strategien, die darauf abzielen, Menschen von Europa fernzuhalten, nur zu noch mehr Todesfällen und Leid führen. Trotzdem hat die deutsche Regierung diese Woche ein neues Verteil -und Umsiedlungssystem für Migrant*innen in der EU vorgeschlagen. Der Vorschlag sieht vor, Asylanträge in einem Schnellverfahren an den EU-Aussengrenzen zu prüfen. Wo werden die Menschen leben, während diese Anträge geprüft werden? Mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit in riesigen, isolierten und gefängnisähnlichen Lagern, den Hotspots der EU-Aussengrenzen.
https://www.msf.ch/de/neueste-beitraege/pressemitteilung/beenden-sie-die-qual-der-asylsuchenden-auf-den-griechischen
https://www.politico.eu/article/germany-sets-out-plan-for-automatic-relocation-of-asylum-seekers/

28. Juni 2019
Räumungen aller migrantischer Camps in der Region Calais
In Nordfrankreich fährt die Regierung seit dem letzten Jahr eine Strategie der Null-Toleranz für migrantische Siedlungen. Allein im Mai wurden 79 Räumungen durchgeführt im Vergleich zu den 12 im Juni des letzten Jahres. Der psychische Stress des Polizeiterrors verstärkt die schon prekäre Situation der Geflüchteten noch mehr, wie sich in der folgenden Äusserung eines Betroffenen zeigt:
“Today police came. They take my tent. In two days, I sleep maximum two hours. It’s too much difficult. The mind is not working, the brain stops working. All the refugees are so afraid now.”
Die unaushaltbaren Bedingungen in Nordfrankreich zwingen die Migrant*innen verstärkt zu gefährlichen Kanalüberquerungen, die vermehrt auch tödlich enden.
https://www.theguardian.com/world/2019/jun/22/refugee-eviction-peak-in-france-bid-halt-channel-crossings
Dokumentation über die Räumungen in Calais zwischen August 2018 und Juni 2019: https://helprefugees.org/wp-content/uploads/2019/06/Forced-Evictions-in-Calais-and-Grande-Synthe-ENG-1.pdf

8. Juni 2019
Dänemark baut Abschiebelager auf verseuchter Insel
Betreten darf man die Insel Lindholm nicht. Der Boden ist verseucht wegen Experimenten mit Viren und der Verbrennung von Tierkadavern. Immer noch könnte man sich mit Viren infizieren oder die Schweinepest an Land tragen. Ab 2021, wenn die Insel dekontaminiert ist, sollen hier abgelehnte Asylsuchende, die nicht ausgeschafft werden können und „kriminelle Flüchtlinge“ die ihre Strafe abgesessen haben, in Lager gesteckt werden. So hat es die dänische Regierung beschlossen. Vorangetrieben werden solche drastischen Projekte zwar von den (rechts)bürgerlichen, aber auch die dänischen Sozialdemokrat*innen mischen mit und haben eine Obergrenze für „nicht-westliche Ausländer“ gefordert. Zur Lindholm-Frage haben sich die Sozialdemokrat*innen im Parlament unlängst sogar enthalten, statt dagegen zu stimmen. Auch auf Nachfrage sprach sich die Parteichefin nicht klar gegen das Insel-Lager Lindholm aus.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/daenemark-im-wahlkampf-die-gefangenen-von-lindholm-a-1270619.html

2. Februar 2019
Räumung und Zerstörung eines Camps in Paris als „Evakuierung“ dargestellt

Im Stadtteil Porte-de-la-Chapelle in Paris haben in der Nacht auf Mittwoch Polizst*innen wieder ein Geflüchtetencamp geräumt. Die Situation für flüchtende Menschen in Paris ist schon lange katastrophal: Auch nach gestelltem Asylantrag bekommen tausende von Geflüchteten weder Unterstützung noch eine Unterbringung. Sie sind von NGO’s abhängig und müssen unter Brücken und auf den kleinen Grünflächen zwischen Autostrassen schlafen – oft ohne Zelte, da die Polizei diese sehr oft zerstört. Dienstagnachts wurde nun wieder eines der grösseren Camps (ca. 500 Bewohner*innen), innerhalb derer sich Geflüchtete und Solidarisierende zu organisieren versuchten, geräumt. Für die Medien wurde es als eine «Evakuierung» in ein Gymnasium wegen der Kälte dargestellt. Aktivist*innen und Geflüchtete berichten aber, dass nicht nur Hunderte, die mitgehen wollten, zurückgelassen wurden, sondern die Polizei nach Abzug der Medien systematisch begann, Papiere zu kontrollieren, Leute abzuführen und Zelte und andere Habseligkeiten zu zerstören und zu beschlagnahmen.
https://enoughisenough14.org/2019/01/31/paris-refugees-evicted-in-porte-de-la-chapelle/
https://openborderscaravan.org/project/paris/
https://www.youtube.com/watch?v=NiDhXSkF2s0

27. Januar 2019
Rom schliesst erstes Lager für Geflüchtete
Trotz heftigen Protesten seitens der Anwohner*innen hat Italiens Regierung diese Woche mit der Deportation von (geflüchteten) Migrant*innen aus dem Lager bei Castelnuovo di Porto begonnen. Als Gründe werden Probleme mit Drogenkriminalität und Sexarbeit in den Vororten vorgeschoben. Probleme, die auf die günstigen strukturellen Bedingungen auf Autobahnraststätten zurückzuführen sind und seit jeher existieren. Doch sagt der in Uniform erscheinende Salvini im gleichen Interview, dass sich durch die Schliessung aller grossen Lager und einer Deportation in kleinere bis zu acht Millionen Euro sparen liessen.
Die Zukunft der 500 Betroffenen ist ungewiss, da nur die Minderheit über einen sogenannten „offiziell anerkannten Status“ verfügt und ohne Rücksicht auf laufende Ausbildungen und soziale Beziehungen in den Gemeinden auf andere Lager umverteilt wird. Noch schlimmer trifft es die Mehrheit der Geflüchteten, welche nur über eine „humanitäre Aufenthaltsbewilligung“ verfügt und die, gelinde gesagt, sich selbst und der Obdachlosigkeit überlassen werden. Massnahmen, welche die Lebensbedingungen der Betroffenen erschweren und sie gezielt in die Kriminalität abdrängen sollenn. Ganz nach dem Willen Salvinis.
https://www.nzz.ch/international/italien-salvini-produziert-obdachlose-ld.1454268
https://www.srf.ch/play/radio/popupaudioplayer?id=f58e6cd4-902f-4ece-b18c-7586a7b3fdfe

30. Dezember 2018
Italien entzieht zehntausenden Menschen die Aufenthaltsbewilligung und setzt sie auf die Strasse
Im November stimmte Italiens Regierung dem neuen „Sicherheitsgesetz“ von Innenminister Salvini zu, wodurch das Asylrecht deutlich verschärft wurde. Der Schutz aus humanitären Gründen wurde beispielsweise gänzlich abgeschafft. Dies ist jene Kategorie, in der die meisten Geflüchteten eine Aufenthaltsbewilligung erhielten – im ersten Halbjahr 2018 waren es 28% aller Personen, welche in Italien einen Asylantrag stellten. Durch den Wegfall des humanitären Schutzes werden in Zukunft statt 40 nur noch ca. 10 Prozent der Asylsuchenden einen positiven Entscheid erhalten. Das neue Gesetz gilt nicht nur für zukünftige Asylanträge, sondern betrifft auch Menschen, welche momentan unter dem humanitären Schutz in Italien leben, da diese Aufenthaltsbewilligung alle zwei Jahre erneuert werden muss. Faktisch wird nun also innerhalb der nächsten zwei Jahren ein Grossteil der Geflüchteten in Italien ihr Aufenthaltsrecht verlieren.
Letzte Woche zeigten sich nun die ersten Auswirkungen des neuen „Sicherheitsgesetzes“: Etwa 39.000 Menschen wurden aus den »Aufnahmezentren« vertrieben und auf die Strasse gesetzt. Darunter befinden sich Familien mit Kleinkindern, kranke, z.B. traumatisierte, Menschen. Die Gemeinden wurden angewiesen, Geflüchtete unverzüglich aus den Unterkünften auszuweisen und für sie auch keine Kosten mehr zu übernehmen. Wer nicht bei Bekannten Unterschlupf findet oder genügend Geld hat, sich eine Wohnung zu mieten, wird nun den Winter in Italiens Strassen überleben müssen.
https://www.nzz.ch/international/italien-verschaerft-sein-asylrecht-ld.1422862
https://www.jungewelt.de/artikel/346094.repression-gegen-fl%C3%BCchtlinge-heuchelei-der-regierung.html

15. Dezember 2018
Abschiebungen: Sicherheitsdekret treibt abgewiesene Personen in Italien in die Obdachlosigkeit
Das kürzlich vom italienischen Parlament verabschiedete und von Präsident Matarella formell bestätigte ‚Decreto sicurezza‘ hebt den humanitären Schutz für Geflüchtete auf, die keinen Flüchtlingsstatus haben. Dies hat zur Folge, dass Dutzende von Migrant*innen die sog. ‚Willkommenszentren‘ verlassen müssen und seitdem auf der Straße leben. In Crotone, einer Provinz in der Region Südkalabrien wurden am vergangenen Freitag 24 Menschen gezwungen, ein Zentrum in der Stadt Isola Capo Rizzuto zu verlassen; unter ihnen eine Familie mit einem fünf Monate alten Baby. Bewohner*innen des Ortes unterstützen die Geflüchteten mit einem Fackelzug unter dem Motto ‚Crotone bleibt menschlich‘. Unter diesen Umständen sind Dublin-Rückschaffungen nach Italien sofort zu stoppen. Dies fordern sogar die schweizerische Flüchtlingshilfe und das danish Refugee Council in ihrem gemeinsamen Monitoring-Bericht.
https://ffm-online.org/italien-sicherheitsdekret-treibt-gefluechtete-ohne-status-in-die-obdachlosigkeit/
https://www.fluechtlingshilfe.ch/medien/medienmitteilungen/2018/die-schweiz-muss-ihre-dublin-praxis-aendern.html

7. Dezember 2018
Lagerregime: Dänische Regierung will abgewiesene Geflüchtete auf unbewohnter Insel internieren
Die Verhandlungen zum Staatshaushalt 2019 in Dänemark waren ein voller Erfolg für die Rechten. Geflüchtete Menschen erhalten künftig keine längerfristigen Aufenthaltsbewilligungen mehr, sondern nur noch vorläufige Aufenthaltsgenehmigungen. Zudem werden Geflüchtete, welche abgeschoben werden sollen, ab 2021 auf der Insel Lindholm eingeknastet. Als Abschiebelager dient die Tierseuchenforschungsanstalt auf der Insel, welche diesen Sommer geschlossen wurde. Die Insel ist sieben Hektar gross und unbewohnt.
Welche Folgen diese krasse Isolation und Einschränkung der Bewegungsfreiheit haben kann, zeigte sich unter anderem im Lager in Nauru, einer Insel vor Australien. Kinder entwickeln dort oft das sogenannte Resignationssyndrom: Sie kapseln sich von ihrer Umwelt ab, bis sie in einen koma-ähnlichen Zustand geraten und nicht mehr essen. Eines von vier Kindern in den Lagern Naurus ist suizidgefährdet.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1107194.asylpolitik-daenemark-integriert-nicht-mehr.html

2. Dezember 2018
Balkanroute: Hilfe ist nötig!
Die Balkanroute hat sich während des letzten Jahres nach Westen verschoben und immer mehr Flüchtende versuchen den Weg über Bosnien. Innerhalb dieses Jahres ist die Zahl der Personen, die durch Bosnien flüchteten, von unter tausend auf über 20’000 gestiegen. Gegenwärtig sind etwa 4’000 Flüchtende im Land, die meisten im Nordwesten bei Bihać. Etwa tausend Geflüchtete leben in einer Ruine, genannt Borići. Etwa 400 leben in einem Camp, welches von der Regierung zur Verfügung gestellt wurde. Mittlerweile sind die Geflüchteten in diesem Camp sich selbst überlassen, die Bedinungen sind desolat und die Stimmung ist schlecht.
Mit dem kommenden Winter fürchten sich viele vor einer Katastrophe. Viele der Geflüchteten wollen deshalb noch vor dem Einbruch des Winters über die Grenze und so häufen sich die Berichte von gewalttätigen Übergriffen der Grenzpolizei.
Auf Hilfe von der bosnischen Regierung oder von grossen Hilfsorganisationen können die Geflüchteten nicht zählen. Neben den Einheimischen sind es vorrangig kleine Gruppen internationaler Freiwilliger, welche die Geflüchteten mit dem Nötigsten versorgen.
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/flucht-kennen-sie-hier