Medienspiegel 21. Juni 2024

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++SCHWEIZ
Behörden wollen enger zusammenarbeiten bei der Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten
Bern-Wabern, 21.06.2024 – Die Mitarbeitenden der Integrationsförderung, der Sozialhilfestellen und der öffentlichen Arbeitsvermittlung in den Kantonen wollen noch enger zusammenarbeiten, um die erwerbsfähigen Personen aus der Ukraine, aber auch Flüchtlinge und Vorläufig Aufgenommene, noch besser in den Arbeitsmarkt integrieren zu können. Dies hielten 150 Fachleute am 20. Juni 2024 an der ersten nationalen Impulstagung zur Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten fest. Der Bund wird diese mit einem Beauftragten für Arbeitsintegration, mit einer verstärkten Information an Arbeitgebende und Stellensuchende, aber auch mit Pilotprojekten zur Anerkennung von Diplomen und zur Beurteilung von Kompetenzen unterstützen. Bundesrat Beat Jans betonte, dass eine bessere Integration in den Arbeitsmarkt allen zugutekomme. «Wir brauchen jetzt einen Ruck in der Schweiz bei der Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt», sagte Jans.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-101535.html



nzz.ch 20.06.2024

Asyl für Afghaninnen: Das Geschlecht allein genügt nicht

Das Staatssekretariat für Migration ist daran, seine umstrittene Asylpraxis anzupassen: Afghaninnen erhalten nun doch nicht allein wegen ihres Geschlechts Asyl in der Schweiz, sondern sie müssen zusätzlich individuell verfolgt sein.

Katharina Fontana

Die zwischen Verwaltung, Parlament und Justiz ausgetragene Kontroverse über das Asylrecht für Afghaninnen nimmt eine neue Wendung. Die Staatspolitische Kommission des Ständerates hat diese Woche entschieden, dass das Staatssekretariat für Migration (SEM) seine umstrittene Praxisänderung anpassen muss. Dass eine Parlamentskommission der Verwaltung einen solchen Auftrag gibt, ist ungewöhnlich. Doch ungewöhnlich ist an dieser Angelegenheit so einiges.

Im letzten Sommer hatte das SEM beschlossen, dass afghanische Frauen fortan in der Schweiz Asyl erhalten sollen und als Flüchtlinge anzuerkennen sind. Dies auch dann, wenn sie keine individuellen Fluchtgründe glaubhaft machen können – so zumindest wurde diese Praxisänderung allgemein verstanden. Schon vorher wurden die Frauen nicht weggeschickt, sondern konnten in der Regel im Rahmen der vorläufigen Aufnahme in der Schweiz bleiben. Der Flüchtlingsstatus gibt ihnen aber das Recht, auch ihre Männer und Kinder in die Schweiz zu holen, die dann ebenfalls Asyl erhalten.

Das Geschlecht allein genügt – oder doch nicht?

Im September 2023 veröffentlichte das SEM – damals noch unter der Führung von Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider und der nun abtretenden Amtschefin Christine Schraner Burgener – ein Faktenblatt zur Praxisänderung: «Neu können weibliche Asylsuchende aus Afghanistan sowohl als Opfer diskriminierender Gesetzgebung als auch einer religiös motivierten Verfolgung betrachtet werden», hiess es dort. Das SEM verwies darauf, dass die Schweiz sich damit der Haltung mehrerer europäischer Länder anschliesse, wonach Frauen und Mädchen unter den Taliban «begründete Furcht vor einer flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung» hätten.

In den bürgerlichen Kreisen sorgte die Praxisänderung für einigen Unmut. Es gehe zu weit, alle Afghaninnen inklusive ihrer Männer und Kinder in die Schweiz einzuladen, wurde kritisiert. Schliesslich gebe es auch andere Länder, in denen Frauen massiv diskriminiert würden. Man müsse das Ganze rückgängig machen, wurde aus SVP- und FDP-Kreisen gefordert.

Im November 2023 erhielt das SEM dann aber Unterstützung vom Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen: Die Taliban-Gesetze seien für sich allein Grund genug, dass Afghaninnen als verfolgt gälten und von der Schweiz als Flüchtlinge anzuerkennen seien, hiess es in dem Urteil. Oder anders gesagt: Afghaninnen haben allein aufgrund ihres Geschlechts in der Schweiz Anspruch auf Asyl, ungeachtet ihrer persönlichen Situation.

Das brisante und sehr weitgehende Urteil geriet allerdings rasch in die Kritik, weil es innerhalb der Asylabteilungen in St. Gallen nicht koordiniert worden war, wie es für grundlegende Entscheide vorgesehen ist. Innerhalb des Gerichts formierte sich denn auch Widerstand, und im April 2024 kam es zu einer Kehrtwende: Drei bürgerliche Richter fällten ein Urteil, das jenes der drei anderen Richter korrigierte. Grundsätzliche Schwierigkeiten oder Diskriminierungen, denen Frauen in patriarchalischen Gesellschaften ausgesetzt seien, stellten für sich allein keine Verfolgung im Sinne des Asylgesetzes dar, hiess es im neuen Entscheid. Es brauche einen individuellen Fluchtgrund wie etwa das Risiko einer Zwangsheirat.

Missverständlich oder unzulässig

Das Gericht äusserte sich auch zum Faktenblatt des SEM: Dieses könne so verstanden werden, dass es von einer Kollektivverfolgung von Frauen und Mädchen in Afghanistan basierend allein auf der Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht ausgehe, ohne jeweils ein zusätzliches individuelles Verfolgungsmotiv zu verlangen. Eine solche Praxis wäre aber «weder im Einklang mit dem Gesetz noch mit der Praxis des Bundesverwaltungsgerichts», hielten die Richter fest. Oder anders ausgedrückt: Die vom SEM formulierte Praxisänderung ist entweder missverständlich, oder sie ist rechtlich unzulässig.

Die zwei sich widersprechenden Urteile aus St. Gallen sorgten in der Sommersession im Nationalrat für einige Verwirrung. Als der Rat über das Asylrecht für Afghaninnen diskutierte, war unklar, ob man es nun effektiv mit einer Praxisänderung zu tun hatte, wie das SEM sagte, oder ob es eine solche gerade nicht gegeben hatte, wie das Bundesverwaltungsgericht im zweiten Urteil festgehalten hatte. Auch Justizminister Beat Jans gelang es nicht, Licht ins Dunkel der Rechtslage zu bringen.

Genau das hat sich nun aber die Staatspolitische Kommission des Ständerats zum Ziel gesetzt. Sie hat eine Aussprache mit dem SEM geführt und dabei das Migrationsamt mit der Feststellung konfrontiert, dass seine Haltung nicht mit jener des Bundesverwaltungsgerichts im Einklang stehe. Das hat beim SEM offenbar zu einem gewissen Umdenken geführt. Das Migrationsamt habe bestätigt, dass «es auch nach der Praxisänderung keine Kollektivaufnahme gibt und jeder Fall individuell geprüft wird», hält die Kommission in einer Medienmitteilung fest. Zudem habe es darauf hingewiesen, «dass Asylgesuche unter Einhaltung der Rechtsprechung nur dann gutgeheissen werden, wenn nebst den frauenspezifischen Fluchtgründen ein weiteres Verfolgungsmotiv glaubhaft gemacht wird».

Das Migrationsamt lenkt ein

Man habe zustimmend davon Kenntnis genommen, dass das SEM bereit sei, sein Faktenblatt zur Praxisänderung angesichts des neuen Urteils aus St. Gallen entsprechend anzupassen, schreibt die Kommission weiter. Aus diesem Grund sieht sie auch keine Notwendigkeit, Vorstösse für eine Rückgängigmachung der umstrittenen Praxis anzunehmen. Denn die umstrittene Praxis hat es offenbar gar nicht gegeben.

Die Ständeratskommission erwartet nun vom SEM, dass es das Faktenblatt über seine «Praxisänderung» rasch korrigiert und es ihr anschliessend wieder vorlegt. Das SEM bestätigt auf Anfrage, dass die Überarbeitung des Faktenblatts im Gang sei. Dabei soll klargestellt werden, dass für die Gewährung von Asyl das Kriterium des weiblichen Geschlechts allein nicht ausreiche. Es brauche auch bei Afghaninnen in jedem einzelnen Fall zusätzlich einen individuellen Verfolgungsgrund nach Asylgesetz.

Auch wenn die Sache damit nach einjährigem Hin und Her rechtlich einigermassen geklärt scheint, stellt sich die Frage, welche konkreten Folgen die Praxisänderung gezeitigt hat. In der Debatte im Nationalrat wurde kritisiert, dass seither 97 Prozent der Asylgesuche von Afghaninnen gutgeheissen worden seien. Das deute darauf hin, dass man die Frauen kollektiv aufnehme und nicht mehr seriös jedes Gesuch einzeln abkläre. Justizminister Beat Jans liess das nicht gelten: «Ich meine, dass diese hohe Schutzquote aufgrund der dramatischen Situation für die Frauen in Afghanistan nachvollziehbar ist, auch wenn ich nicht jeden einzelnen Entscheid kenne.»
(https://www.nzz.ch/schweiz/asyl-fuer-afghaninnen-das-geschlecht-allein-genuegt-nicht-ld.1835954)


+++MITTELMEER
Seenotretter aus dem Wendland nehmen 52 Geflüchtete an Bord
Crew der »Trotamar II« verhindert mit Aktion illegalen »Pull Back« durch libysche Küstenwache
Die Besatzung des aus Niedersachsen entsandten Segelbootes »Trotamar III« hat am Freitag 52 Menschen aus Seenot gerettet. Die Koordinierungsstelle für Seenotrettung hatte zuvor nicht auf Notrufe reagiert.
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1183154.zivile-seenotrettung-seenotretter-aus-dem-wendland-nehmen-gefluechtete-an-bord.html


Rettung auf dem Mittelmeer: Umkämpftes Gewässer
Die italienische NGO Emergency rettet Geflüchtete auf dem Mittelmeer. Ihre Arbeit wird zunehmend eingeschränkt. Unterwegs auf einem Rettungsboot.
https://taz.de/Rettung-auf-dem-Mittelmeer/!6018470/


+++EUROPA
Die brutalen Folgen der EU-Flüchtlingspolitik
EU-Flüchtlingspolitik – Gespräch mit Hans Vorländer
https://www.3sat.de/kultur/kulturzeit/die-brutalen-folgen-der-eu-fluechtlingspolitik-sendung-vom-20-06-2024-100.html


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Klimaschützen ist ein Verbrechen
Im September 2020 besetzten mehrere hundert Klimaaktivistinnen und -aktivisten den Bundesplatz in Bern: Während das Parlament über das CO₂-Gesetz debattierte, bauten Aktivist:innen ihre Zelte auf, hielten Sitzungen und skandierten Slogans wie «Klimaschützen ist kein Verbrechen.» Ob dieser Slogans der Wahrheit entspricht, ob Klimaschützen tatsächlich kein Verbrechen ist, das wurde diese Woche in Bern verhandelt. Vor dem Regionalgericht musste sich ein 28-jähriger verteidigen. Ihm wurde Hinderung einer Amtshandlung und Ungehorsams gegen amtliche Verfügung vorgeworfen. Er habe sich während der Räumung des Bundesplatzes festgeklebt und angekettet, und so die Räumung behindert.
https://rabe.ch/2024/06/21/klimaschuetzen-ist-ein-verbrechen/


+++POLIZEI BS
Brisanter Bericht veröffentlicht: «Angstkultur» bei der Basler Polizei und kein Vertrauen in die Leitung
Der heute veröffentliche Untersuchungsbericht von Staatsrechtler Markus Schefer zeigt, wie schlecht die Stimmung bei der Basler Polizei ist.
https://www.bazonline.ch/brisanter-bericht-veroeffentlicht-bei-der-basler-polizei-brodelt-es-190297840846
-> https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/externe-polizeistudie-es-brodelt-bei-der-basler-polizei-die-stimmung-ist-noch-schlechter-als-erwartet-ld.2633181
-> https://www.watson.ch/schweiz/basel/281703458-darum-kuendigen-in-basel-so-viele-polizisten-bericht-liegt-vor
-> https://www.blick.ch/schweiz/es-herrscht-eine-angstkultur-schlechte-stimmung-bei-basler-kantonspolizei-id19868396.html
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/probleme-bei-der-basler-polizei-stephanie-eymann-nimmt-stellung?id=12612137
-> Schweiz Aktuell: https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/viel-kritik-in-externer-untersuchung-zu-basler-polizei?urn=urn:srf:video:8b0c37dc-9a63-4367-aabf-3564bf0ea84c
-> https://telebasel.ch/sendungen/punkt6/217316
-> https://www.derbund.ch/brisanter-bericht-veroeffentlicht-bei-der-basler-polizei-brodelt-es-190297840846


+++POLIZEI CH
VSPB 97. Delegiertenversammlung 2024 in Crans Montana
Thema am Fachtag: Führt der Personalmangel zur Verzichtsplanung?
https://www.vspb.org/content/docs/004%20F%C3%BCr%20Medien/1%20Medienmitteilungen/2024/DE%20Medienmitteilung_VSPB_DV_2024.pdf