Themen
- Ruanda-Deal: Feiern für Ultrarechte, Ertrinken für Migrant*innen
- Parlamentarischer Rassismus: SPK-N will abgewiesene Eritreer*innen nach Ruanda ausschaffen
- Gesetzesänderungsvorschlag vom Bundesrat zu den massiven Eingriffen in die Grundrechte Asylsuchender
- 1500 Faschist*innen demonstrieren in Milano
- Die Nelken sind verblüht – Zum 50. Jahrestag der portugiesischen Revolution
- «Zämme goht’s besser» – 1. Mai Tipps für Beat Jans
Ruanda-Deal: Feiern für Ultrarechte, Ertrinken für Migrant*innen
Der britische Premierminister Rishi Sunak und seine Fraktion lassen die Korken knallen, die Ultrarechten Europas feiern mit. Bald werden Menschen auf der Suche nach einem Leben in Würde in ein Land abgeschoben, in welchem sie noch nie waren. Der Ruanda-Deal kam zu Stande. Jetzt braucht es Widerstand, damit kein Ausschaffungsflug nach Ruanda starten kann.
Am Dienstagmorgen flatterten die Schlagzeilen zum neuen Ruanda-Deal aus den Redaktionen. Fast schon euphorisch schrieb das SRF, «Endlich hat es die konservative Regierung unter Rishi Sunak geschafft. Das umstrittene Ruanda-Ausschaffungs-Gesetz hat im Parlament alle Hürden genommen. Gegen alle Widerstände der Opposition und NGOs können illegale Migranten künftig nach Afrika ausgeflogen werden. Erste Flüge sollen bereits in einigen Wochen Richtung Kigali abheben.» Die Berichte lesen sich allesamt wie eine lang erwartete Siegesgeschichte. Wessen Sieg man hier feiert und was für Konsequenzen dieser haben wird, bleibt in der Berichterstattung oft nebensächlich.
Der britische Premierminister Rishi Sunak und seine Fraktion verschreiben ihre Politik voll umfänglich dem Kampf gegen Migration. So möchten sie eine «systematische Abschreckung der illegalen Migrant*innen erzeugen», die mit Booten von der französischen Küste nach Grossbritannien übersetzen. Der Ruanda-Deal soll hierbei eine entscheidende Rolle einnehmen, nicht nur für Grossbritannien, sondern als Präzedenzfall für ganz Europa. Aussenweg bleibt der Fakt, dass es legale Fluchtwege nach Grossbritannien wie auch anderen europäischen Staaten praktisch nicht gibt. Den Menschen bleibt auf der Suche nach Schutz und einer lebenswerten Zukunft kaum eine Alternative, als die lebensgefährliche Route über den Ärmelkanal auf sich zu nehmen und dabei noch als «illegale Migrant*innen» abgestempelt zu werden.
Just als am Dienstagmorgen die Schlagzeilen zum Ruanda-Deal die Runden machten, ertranken fünf Migrant*innen vor der Küste Frankreichs, darunter ein siebenjähriges Mädchen. Premierminister Rishi Sunak lässt die Korken knallen, während andere ertrinken.
Es ist nicht einfach ein weiteres Bootunglück auf dem Ärmelkanal, dass sich am Dienstagmorgen ereignete. Es ist ein gewolltes Morden. Die britische Regierung entschied sich Ende letzten Jahres dazu in den nächsten drei Jahren 580 Millionen Euro an Frankreich zu zahlen, damit diese den Ärmelkanal weiter militarisieren und noch mehr Boote gewaltsam zurückdrängen. Wie das aussieht, hielt zuletzt Lighthouse Reports in einer neuen Recherche fest. Zu den Methoden der französischen Küstenwache gehört das Umkreisen der kleinen Boote, so dass sie von dadurch entstehenden Wellen überflutet werden, das Rammen der Boote und das Bedrohen der Passagiere mit Pfefferspray, wie auch das Zerstechen der Gummiboote, während diese bereits auf See sind, so dass die Menschen gezwungen sind, ans Ufer zurückzuschwimmen. All diese Methoden sind nichts Neues für das europäische Grenzregime. Das Vorgehen im Ärmelkanal spiegelt die tödlichen und rechtswidrigen Taktiken, die schon seit Jahren in der Ägäis und im zentralen Mittelmeer von der griechischen und libyschen Küstenwache eingesetzt werden.
Der von den Ultrarechten angeführte und bis zu den Sozialdemokrat*innen unterstützte Kampf gegen Migration war schon immer zum Scheitern verurteilt. Migration lässt sich nicht kontrollieren und schon gar nicht auflösen. Dem zu trotz stellt sich Rishi Sunak Schulter an Schulter mit den Ultrarechten Europas an die vorderste Front, gemeinsam für ein illusorisches Ziel. Die Folgen ihres Kampfes bleiben keine Illusion, sondern sind bereits harte Realität. Flüchtende und migrierende Personen werden gewaltsam zurückgedrängt, eingesperrt und abgeschoben, bald auch nach Ruanda, einem Land, in dem sie noch nie zuvor gelebt haben. Ihnen wird praktisch das Existenzrecht abgesprochen. Doch wenn sie nicht schon vom europäischen Grenzregime umgebracht wurden, existieren sie weiter, auch wenn die Ultrarechten das nicht wollen. So lässt die reine Existenz und der Überlebenswille all jener, die sich entscheiden zu migrieren oder zur Flucht gezwungen werden, die Illusion der Ultrarechten bröckeln.
Wir sollten uns nicht länger in unserer Ohnmacht und unserem Weltschmerz verlieren, während die Ultrarechten in ihrem scheiternden Kampf auf immer gewaltsamere Taktiken zurückgreifen. Noch ist kein Ausschaffungsflug nach Ruanda abgehoben. Die Flugzeuge stehen aber schon bereit um sabotiert und blockiert zu werden. Noch haben die eigens dafür angestellten Begleiter*innen der Ausschaffungsflüge ihren Dienst noch nicht angetreten. Organisieren wir Streiks, kleben uns auf die Startbahnen und zerstechen die Flugzeugreifen. Für Widerstand ist es nie zu spät und solange keine Bewegungsfreiheit für alle herrscht, ist auch die Freiheit all jener, die vom System privilegiert werden nur auf Zeit gebaut.
https://www.lighthousereports.com/investigation/sink-the-boats/
https://www.srf.ch/news/international/abschiebedeal-beschlossen-rwanda-bill-schafft-es-ueber-die-ziellinie
Was geht ab beim Staat?
Parlamentarischer Rassismus: SPK-N will abgewiesene Eritreer*innen nach Ruanda ausschaffen
Ja zu Abschiebungen von abgewiesenen Eritreer*innen nach Ruanda sagt nach dem Ständerat auch die sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates (SPK-N). Als nächstes berät der Nationalrat. Die Idee und die Diskussion darüber, ob es innerhalb der Gruppe abgewiesener Asylsuchender zu einer gezielten, einseitigen Ungleichbehandlung durch Verschleppung von Eritreer*innen kommen soll, ist rassistisch und diskriminierend.
Die Idee kommt nicht von der SVP, sondern von Petra Gössi von der FDP. Die Idee ist auch nicht neu, sondern stammt von der CVP-Mitte. 2003 versuchte deren damalige Bundesrätin Ruth Metzler mit Senegal ein Abkommen auszuhandeln, um abgewiesene Asylsuchenden verschiedenster Herkunft dorthin abzuschieben. Die senegalesischen Behörden liessen den Deal damals platzen. Nun soll es der Bundesrat in Ruanda erneut versuchen.
Die parlamentarische Linke ist zwar dagegen, doch kritisiert sie nicht vorwiegend die rassistische Ungleichbehandlung. Sie stört sich vor allem daran, dass solche Abschiebungen aus praktischen Gründen gar nicht durchführbar seien und daher unnötige Kosten generieren. Eindeutig äussert sich dagegen die SVP. Beim Angriff auf die abgewiesenen Eritreer*innen gehe es ihr um die Abschreckung aller Eritreer*innen, die flüchten mussten und in der Schweiz Schutz suchen wollen.
An sich müsste die Debatte im Parlament sich an der Verfassung orientieren. Diese sagt im Artikel 8, dass alle Menschen in ihrer unantastbaren Würde gleich geschützt sein und gleichbehandelt und respektiert werden sollen. Das Gleichbehandlungsgebot richtet sich explizit an Parlament, Regierung und Gerichte. Eine Ungleichbehandlung ist nur zulässig, wenn einerseits mit der Massnahme ein zulässiges Ziel verfolgt wird und andererseits die Benachteiligung für die Erreichung des Ziels geeignet, erforderlich und zumutbar ist (siehe z.B. BGE 135 I 49). Beides ist hier nicht der Fall. Für die diskriminierenden Ausschaffungen, die nur abgewiesene Eritreer*innen treffen, nennt Gössi in ihrer Motion nur unsachliche Gründe:
(1) Abgewiesene Eritreer*innen seien zu Unrecht in der Schweiz. Falls sie nicht freiwillig gehen, sei Verschleppung legitim. Dieses Argument führt ins Leere, denn es betrifft alle abgewiesenen Personen nicht nur eine Untergruppe.
(2) Abgewiesene Asylsuchende würden anderen Flüchtlingen den Platz wegnehmen. Dieses Argument führt ins Leere. Die 270 abgewiesene Eritreer*innen stellen nur einen kleinen Bruchteil aller Personen im Asylprozess dar. Zudem ist der Staat für genügend Unterbringungsplätze verantwortlich, nicht die abgewiesenen Eritreer*innen.
(3) Abgewiesene Eritreer*innen würden aufgrund der „Gewalttaten“ im Zusammenhang mit den Protesten gegen die scheusslichen Feierlichkeiten der regimetreuer Eritreer*innen, die „humanitäre Tradition der Schweiz missbrauchen“. Auch dieses Argument führt ins Leere. Zum einen sind die Proteste völlig legitim. Die Kritik an den Feierlichkeiten der Diktatur in der Schweiz wird von vielen regimekritischen Personen und nicht ausschliesslich von abgewiesenen Eritreer*innen getragen. Zum anderen reicht das Strafgesetzbuch aus, falls es zu Straftaten kommt. Falls sie verurteilt werde, brauchen abgewiesenen Eritreer*innen keine diskriminierende verdoppelnde Bestrafung. Ausserdem ist nicht erwiesen, dass die Proteste in einem speziellen Zusammenhang zu abgewiesenen Personen stehen.
https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20234440
https://www.srf.ch/news/schweiz/abschiebungen-nach-ruanda-nationalratskommission-will-asylsuchende-in-drittstaat-abschieben
https://www.humanrights.ch/de/ipf/menschenrechte/diskriminierung/diskriminierungsverbot-dossier/rechtslage-in-der-schweiz/bundesverfassung-art.-8/?search=1
Gesetzesänderungsvorschlag vom Bundesrat zu den massiven Eingriffen in die Grundrechte Asylsuchender
Der Bundesrat hat vorletzte Woche zu Handen des Parlaments ein Gesetzesänderungsvorschlag zu den massiven Eingriffen in die Grundrechte Asylsuchender, dernen persönlichen Freiheit und Schutz sowie derer Privatsphäre verabschiedet. Asylsuchende sollen künftig bei kleinsten Verstössen gesetzlich geregelt, massiver Gewalt ausgeliefert werden können.
Im Frühjahr 2021 warfen einige Medien und Nichtregierungsorganisationen dem Staatssekretariat für Migration (SEM) systematische Gewaltanwendung durch Mitarbeitende des Sicherheitsdienstes an Asylsuchenden in Zentren des Bundes vor. Nachdem das SEM die Vorwürfe lange bagatelliesierte, entschied es sich kurz der Veröffentlichung der Untersuchung dieser Gewaltanwendungen, fünfzehn Sicherheitskräfte zu suspendieren. Sie beauftragten zudem den Alt Bundesrichter Niklaus Oberholzer mit einer externen Untersuchung. Dies sollte helfen, die Sicherheit in den Bundesasylzentren (BAZ) zu gewährleisten. In seinem Bericht vom 30. September 2021 kommt er zum Schluss, dass in den BAZ keine systematische Gewalt angewandt werde und die Grund- und Menschenrechte eingehalten würden. Jedoch empfiehlt er Verbesserungen, um „die Sicherheit sowohl der Mitarbeitenden als auch der Asylsuchenden zu erhöhen.“ Das SEM hat den Bericht Oberholzers am 11. Oktober 2021 zustimmend zur Kenntnis genommen und das im Bericht skizzierte Vorgehen zur Prüfung und Umsetzung der entsprechenden Empfehlungen genehmigt.
Daraufhin setzte das SEM angeblich bereits einige dieser Empfehlungen auf betrieblicher Ebene um und regelte mit einer Verordnungsänderung die Durchsuchung und vorübergehende Festhaltung von Asylsuchenden zur „Abwendung einer unmittelbaren Gefahr“. Diese trat am 15. Januar 2023 in Kraft.
Weitere Empfehlungen Niklaus Oberholzers waren die Schaffung einer „klaren gesetzlichen Grundlage“ die eine Änderung des Asylgesetzes (AsylG) erfordert. Diese hat der Bundesrat an seiner Sitzung von vorletzter Woche am 24. April 2024 verabschiedet und dem Parlament übergeben. Diese Gesetzesänderung soll diverse Aufgaben und Befugnisse des Staatssekretariats für Migration (SEM) regeln. Einerseits definiert es Regeln) im Bereich der Unterbringung, Betreuung und der Sicherheit in den Zentren des Bundes und der Unterkünfte an den Flughäfen. Zudem öffnet es die Möglichkeit, entsprechende Aufgaben an Dritte zu übergeben.
In der 42ig-seitigen Botschaft ans Parlament zur Änderung des Asylgesetzes werden diverse Thematiken bezüglich der Bundesasylzentren behandelt. So zum Beispiel die Anwendung von Zwang zur Gewährleistung von „Sicherheit und Ordnung“, die Durchsuchung von Asylsuchenden, die vorübergehende Festhaltung Asylsuchender zur „Abwendung unmittelbarer Gefahr“ und die Anordnung von Disziplinarmassnahmen für Asylsuchende. Dabei sind die Massnahmen zur Gewährleistung von „Sicherheit und Ordnung“ für die Mitarbeitenden im ganzen Dokument zentral. Die Massnahmen zum „Schutz“ der Asylsuchenden belaufen einzig auf einem Pilotprojekt einer Meldestelle, von welcher Mitarbeitende des SEM und Asylsuchende gleichermassen profitieren sollen.
Diese Meldestelle dient als Anlaufstelle insbesondere bei Problemen im Bereich Unterbringung, Betreuung, Sicherheit oder Verhalten der Mitarbeitenden.
Seit November 2022 betreibt das Schweizerische Arbeiterhilfswerk in Basel und Zürich eine solche Stelle, mit einem Beratungsunternehmen, welches das Pilotprojekt begleitet. Dieses hat einen ersten Zwischenbericht verfasst, den das SEM Ende März 2024 veröffentlichte. Externe Fachpersonen, die im Bericht zu Wort kommen, sind der Meinung, dass die Meldestellen vor allem eine „symbolische Aussenwirkung“ hätten. „Die Transparenz und die Glaubwürdigkeit des SEM nach aussen“ seien dadurch erhöht worden. Dass sich damit am Alltag in den Zentren nichts ändern dürfte, klingt im Bericht bereits an: Die Meldungen hätten zu „quasi keinerlei Korrekturen oder Reorganisationen in den BAZ“ geführt, wie das SEM beschreibt. Massnahmen können die Meldestellen ohnehin keine veranlassen, sie können bloss Empfehlungen formulieren. Jedes Quartal schicken die Meldestellen einen Bericht ans SEM. Darin listen sie die Themen auf, zu denen Meldungen bei ihnen eingegangen sind. Zu jedem muss das SEM Stellung beziehen. Im März 2024 gab das SEM diese Dokumente frei. Darin zieht sich durch, dass auf die Reklamationen der Asylsuchenden mit schon vorhandenen Gewaltpräventionskonzepten, bereits besuchten Schulungen oder schlechthin ‘der Natur’ argumentiert wird. Neue Massnahmen wurden keine getroffen.
Es zeigt sich wieder einmal mehr, wie rassifizierte Personen in Abhängigkeitssysteme verwickelt werden; Wie sie in abgelegenen Camps mit Ausgangssperre ausgelagert und isoliert werden. Wie sie bei kleinstem Verstoss massiver Gewalt ausgeliefert werden, welche stets gesetzlich mehr und mehr unter einem liberalen Deckmantel verankert wird. Wie die Rechte nichtweisser Personen oder deren Einforderung untergraben werden. Wie rassifizierte Personen in ihren Einsprachen, Reklamationen und Schmerz nicht ernst genommen oder ignoriert werden. Wie für die allgemine Glaubhaftigkeit des SEM einigen Sündenböcken aus den eigenen Reihen gekündigt wird, an den Grundstrukturen jedoch nichts geändert wird.
Doch wir sehen auch dass die Glaubhaftigkeit des SEM auf wackeligen Beinen stand. Dass sich Menschen in und ausserhalb von Camps einzeln und verbündet auf verschiedenen Wegen gegen die untragbaren Zustände wehrten und immer wieder aufs Neue Vorfälle ans Licht bringen, biss sie unumgehbar gemeinsam das Bild eines Systems abzeichnen. Das System der Unterdrückung auf Kosten rassifizierter Personen. Und dass wir nicht so weiterleben können, mit diesem Wissen.
https://www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/87140.pdf
https://www.woz.ch/2416/gewalt-in-bundesasylzentren/quasi-keinerlei-korrekturen-oder-re-organisationen/!ZQZT3X68Z8W6
Was ist aufgefallen?
1500 Faschist*innen demonstrieren in Milano
Letzte Woche marschierten 1500 Faschist*innen mit Fackeln durch Milano. Immer wieder machten den faschistischen Gruss. Die Polizei schritt nicht ein, da die Demo zu Ehren des Faschisten Sergio Ramelli bewilligt war. Rückendeckung bot zudem Premierministerin Giorgia Meloni, die sich nicht distanzierte. Zwei Jahre nach ihrem Einzug in die italienische Regierung ist es Zeit zu bilanzieren.
Innerhalb der Fratelli d’Italia steht die Mehrheit hinter Melonis Marsch in die Institutionen und ihren Kampf gegen das, was sie die kulturelle Hegemonie der Linken nennt. Daneben besteht eine akzeptierte Minderheit offener Faschist*innen, die sich gerne und offen zu dem Mussolini-Nostalgiker*innen zählen. Diese sprechen jedoch weniger die in Milano demonstrierenden Faschos an, als die wachsenden Anteile der Bevölkerung, die den Faschismus zwar verurteilen, doch Mussolini auch Gutes abgewinnen können.
Den Faschos ist Melonis Regierungskurs bisher viel zu lau. Kein Wunder, denn seit Amtsantritt versucht Meloni vorwiegend die Anerkennung und Unterstützung der politisch und ökonomisch Herrschenden zu gewinnen. Sie folgt dabei dem Modell von Marine Le Pen des Rassemblement National in Frankreich. Für die Wirtschaft hat sie im Januar beispielsweise das Bürger*innen-Geld abgeschafft und Steuersenkungen vorgenommen. Angesichts der Kriege in Gaza und Ukraine positionierte sich die während der Wahlkampagne grosse EU-Skeptiker*in klar auf der Seite von EU und USA. Damit und in den meisten Belangen setzt sie die Politik ihres Vorgängers Draghi fort. Sogar migrationspolitisch bewegt sie sich auf EU-Ebene im Rahmen des Migrationspaktes, den die Fratellis im EU-Parlament bekämpften. Und obwohl sie nach wie vor am liebsten mit Victor Orban hängt und Trump unterstützt, zeigt sie sich gerne an den Seiten von Biden oder von der Leyen.
Die Herrschenden konnten also Vertrauen aufbauen und lernten, dass bei Meloni zwischen Wort und Tat zu unterscheiden sei. In ideologischen Worten präsentiert sie sich als die erfolgreiche Kämpferin für ein „Europa der Nationen“ und gegen das Bürokratie-Monster EU. In Taten ist sie pragmatisch und setzt bisher vorwiegend die Politik ihrer Vorgänger fort bzw. respektiert den vorhandenen Regeln und Rahmenbedingungen.
In gewissen Bereichen wird Melonis faschistische Herkunft jedoch gut sichtbar. So wird Italien das erste EU-Land sein, dass Asylsuchende nach Albanien abschiebt und mit ihnen das Asylverfahren in einen „Drittstaat“ auslagert. Weiter hat Meloni für Abtreibungsgegner*innen ein Recht geschaffen, sich an die schwangeren Frauen, die über einen Abbruch nachdenken, zu wenden. Um die kulturelle Hegemonie zu gewinnen, versucht sie auch auf den Sendern der staatlichen Rai übermässig oft präsent zu sein, um mit eigenen Ansprachen und der Quasi-Zensur von kritischen Beiträgen den Common Sense nach rechts zu verschieben.
Video: https://twitter.com/i/status/1785356228748570834
https://www.20minutes.fr/monde/italie/4089284-20240502-extreme-droite-pourquoi-1-500-neofascistes-manifeste-etre-inquietes-milan
https://alencontre.org/europe/italie/italie-la-derive-illiberale-imposee-par-le-gouvernement-dextreme-droite-meloni-est-deja-en-marche.html
Was schreiben andere?
Die Nelken sind verblüht – Zum 50. Jahrestag der portugiesischen Revolution
Heute jährt sich die Nelkenrevolution zum 50. Mal. Damals stürzte ein linksgerichteter Teil des Militärs, der Movimento das Forças Armadas (MFA), welcher den Kolonialkrieg in den Überseekolonien Angola, Mosambik und Guinea-Bissau ablehnte und einen Rückzug aus den Kolonien wollte, die faschistische portugiesische Diktatur. Die offizielle Erzählung aber lässt die Nelkenrevolution etwas wie eine gutartige Revolution von oben erscheinen, wo eine Bewegung der Streitkräfte Demokratisierung – Dekolonialisierung – Desenvolvimento (Entwicklung und Alphabetisierung) übers Land brachte. Tatsächlich schlossen sich Arbeiter:innen aktiv dem MFA an, um die Revolution mit demokratischen und sozialistischen Parolen mitzutragen. Strukturen der Arbeiter:innenselbstorganisation bildeten sich (commissões de trabalhadores), halfen unter anderem, den rechten Rückputsch vom 11. März 1975 abzuwenden, und drängten die Übergangsregierungen auf sozialen Kurs, etwa mit Verstaatlichung von Betrieben. Die Nelkenrevolution bedeutete 1975 vor allem auch das Unabhängig werden der letzten Überseekolonien einer europäischen Kolonialmacht. Seit Langem erlebt Portugal wieder einen Rechtsruck; die rechtsextreme und antidemokratische Partei CHEGA erreichte in den letzten portugiesischen Parlamentswahlen 18,1%. CHEGA tritt unter anderem für etwas ein, das man im deutschsprachigen Raum als Bruch mit dem angeblichen ‘Schuldkult’ kennt. Ein selbstkritischer Bezug zur eignen Kolonialvergangenheit wird als Angriff auf den nationalen Stolz ausgegeben. Deswegen ist es umso wichtiger, sich heute der Nelkenrevolution zu erinnern; auch um sich die Frage zu stellen, wo die sozialistischen Ambitionen vor 50 Jahren gescheitert sind.
https://sozialismus.ch/theorie/2024/die-nelken-sind-verblueht-zum-50-jahrestag-der-portugiesischen-revolution/
«Zämme goht’s besser» – 1. Mai Tipps für Beat Jans
Der Leitsatz des neuer SP-Bundesrat und Vorsteher des EJPD passt gut zum 1. Mai. Doch Beat Jans schliesst nicht alle mit ein – im Gegenteil. Unsere Tipps an den SP-Bundesrat:
Entrechtung von Menschen aus Maghrebstaaten stoppen
Rund um die Bundeasylcamps im neuenburgischen Boudry oder in Chiasso im Tessin wird heftig gegen Asylsuchende aus Maghrebstaaten polarisiert. Aus der vermeintlichen Kriminalität von Menschen aus Tunesien, Marrokko und Algerien haben die Medien ein Problem öffentlichen Interessens gemacht. Um zu reagieren, beschloss Beat Jans kurzerhand alle Menschen aus dem Maghreb asylrechtlich zu diskriminieren. Deren Asylverfahren sollen neu nur noch 24 Stunden dauern.
Asylpolitik nicht für Abschreckung missbrauchen
Das Ziel des 24h-Verfahrens sei Abschreckung erklärt Beat Jans der SRF-Tagesschau: «Wenn es sich herumspricht – das ist die Hoffnung – dass man in der Schweiz nicht überwintern kann in einem Asylzentrum, sondern dass der Entscheid sehr schnell getroffen wird und man dann wieder gehen muss, dann kommen vielleicht auch weniger Leute.» Das Asylsystem soll nicht abschrecken sondern Schutz anbieten.
Auf dämonisierende Vorurteile verzichten
Im Echo der Zeit macht Beat Jans pauschalisierende und stigmatisierende Aussagen. Sein Ziel sei es, «dass weniger Menschen kommen aus Ländern, bei denen wir wissen, dass die Kriminalität besonders hoch ist. Das gilt namentlich für Maghrebländer». Durch diese Aussage kommt es zu einer «Dämonisierung der Anderen»: Menschen aus dem Maghreb werden pauschalisiert und vom schweizer «Wir» abgegrenzt: «Sie sind alle ganz sicher nicht wie wir». Dann werden sie abgewertet und verteufelt: «Sie sind alle kriminell».
Schluss mit teilen, um zu herrschen
Wenn von «echten», «integrierten» und «unechten», «kriminellen“» Geflüchteten die Rede ist, geht es um das Prinzip teilen, um zu herrschen. Auch dieses Handwerk hat Jans im Griff. Er schlägt vor, Ukrainer*innen mit Schutzstatus S eine fixe Aufenthaltsbewilligung zu erteilen, falls diese eine Lohnarbeit finden, um eine Familie zu ernähren und eine Landessprache sprechen. Fixe Aufenthaltsbewilligungen sind eine gute Sache, doch Menschen erhalten diese immer nur dann, wenn sie der Wirtschaft nützen und damit die nationalen Privilegien unterstützen. Wer wird ausgeschlossen? Personen, die nie in den Genuss des Schutzstatus S kamen. Personen, die nicht als weiss gelesen werden. Personen, die aus Ländern kommen, die ausgebeutet, aber nie integriert werden sollen – ganz gemäss der kolonialen Logik.
Wo gab es Widerstand?
Rückblick 1. Mai
https://barrikade.info/article/6422
https://barrikade.info/article/6423
Pro-palästinensische Besetzung der Uni in Lausanne
https://renverse.co/infos-locales/article/occupation-de-l-universite-de-lausanne-en-cours-4486