Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel/
+++LUZERN
Asylzahlen Luzern: «Herausfordernd» – So viele Flüchtlinge, wie noch nie
Im Kanton Luzern haben die Asylzahlen eine neue Spitze erreicht. Und der Trend scheint weiter zu gehen. Dies stellt die Behörden vor Herausforderungen.
https://www.zentralplus.ch/gesellschaft/herausfordernd-so-viele-fluechtlinge-wie-noch-nie-2623206/
+++ZÜRICH
SVP ergreift Referendum gegen Asyl-Bildungsvorlage
Vorläufig Aufgenommene sollen weiterhin fünf Jahre warten, bis sie im Kanton Zürich ein Stipendium für eine Ausbildung beantragen können. Dies fordert die SVP. Sie hat am Montag bekannt gegeben, das Referendum gegen die Streichung der Wartefrist einzureichen.
https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/zuerich/politik-svp-ergreift-referendum-gegen-asyl-bildungsvorlage-ld.2584507
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/stipendien-fuer-asylsuchende-zoff-im-zuercher-kantonsrat-156405065
Mehr Chancen für vorläufig Aufgenommene
Der Kantonsrat hat sich für einen erleichterten Stipendienzugang für Personen mit Status F ausgesprochen. Damit müssten sie nicht mehr fünf Jahre warten, bis sie einen Antrag stellen können.
https://www.zsonline.ch/2024/02/25/mehr-chancen-fuer-vorlaeufig-aufgenommene
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nzz.ch 26.02.2024
Die SVP im «Asyl-Schlaraffenland»: In Zürich sollen Asylbewerber kein Bargeld mehr erhalten, sondern eine Debitkarte
Die grösste Partei des Kantons präsentiert einen Asyl-Aktionsplan. Darunter ist ein Mittel, das zurzeit in Ostdeutschland ausprobiert wird. Was taugt es?
Daniel Fritzsche
Angesichts der weiterhin hohen Asylzahlen greift die SVP im Kanton Zürich zum verbalen Zweihänder. Seit längerem schon schimpft sie über das «grassierende Asylchaos», nun zieht die Volkspartei gegen das «Asylschlaraffenland Zürich» ins Feld. Mit einer Reihe von politischen Vorstössen plant sie, die «Sogwirkung», die laut SVP im hiesigen System bestehe, zu mindern. Am Montag hat sie einen Aktionsplan vorgestellt.
«Wir müssen jetzt sofort an allen Ecken und Enden Gegensteuer geben», sagt Parteipräsident und Kantonsrat Domenik Ledergerber. Zürich erreiche seine Belastungsgrenze; Gemeinden und Schulen seien heute schon am Anschlag. In den letzten beiden Jahren lag der Asylbestand im Kanton bei über 30 000 Personen (siehe Grafik). Die Asylbewerber stammen grösstenteils aus der Ukraine, aber auch aus Afghanistan, Syrien und Eritrea.
Ende Januar hatte der Kanton angekündigt, die Asylquote noch einmal erhöhen zu müssen. Ab dem 1. Juli muss jede Zürcher Gemeinde 16 Flüchtlinge pro 1000 Einwohner auf ihrem Gebiet unterbringen können.
Was sind die Rezepte der SVP? Unter anderem will sie, dass sich die Zürcher Kantonsregierung beim Bund stärker gegen die Aufrechterhaltung des Schutzstatus S ausspricht – etwas, das der zuständige Asyldirektor Mario Fehr (parteilos) bereits mehrfach getan hat.
Ein originelleres Mittel, das die SVP nach Zürich bringen will, stammt ausgerechnet aus Deutschland – dem Land der einstigen Willkommenskultur. In zwei Landkreisen des Bundeslands Thüringen erhalten Asylbewerber seit einigen Wochen praktisch kein Bargeld mehr ausgezahlt. Stattdessen wird ihnen ein Betrag auf eine Debitkarte gutgeschrieben.
Was soll das nützen? «Die Vorteile liegen auf der Hand», sagt SVP-Kantonsrätin Christina Zurfluh. Sie wird das Anliegen mit einer Motion und einer parlamentarischen Initiative in den Kantonsrat bringen. Unterstützung erhält sie von der FDP-Kollegin Linda Camenisch. «Eine solche Karte ist ein erster Schritt hin zu einer funktionierenden Asylpolitik», sagt Zurfluh.
Heute werde die staatliche, finanzielle Unterstützung zu oft missbraucht, um Geld in die Heimatländer von Migranten zu schicken, kritisiert die SVP-Politikerin. Solche Zahlungen würden in einigen Herkunftsstaaten bis zu 10 Prozent des Bruttoinlandproduktes ausmachen. «Das gilt es zu unterbinden. Es werden falsche Anreize geschaffen.»
Die Bezahlkarte für Asylbewerber soll in der Regel überall dort benutzt werden können, wo auch Kredit- oder EC-Kartenzahlungen möglich sind. Einen grossen Vorteil sieht die SVP aber darin, Einschränkungen machen zu können, wo und wofür die Karte eingesetzt werden kann. Das geht soweit, dass die Asylbewerber «ermutigt» werden sollen, lokal einzukaufen, «was ihre Integration in die Gemeinschaft fördert.» Auch wären die Geldflüsse nachverfolgbar, womit man laut SVP Missbrauch bekämpfen kann.
Führt das nicht zu enorm viel Bürokratie und staatlicher Überwachung? Die SVP wiegelt ab. Bürokratischer als heute werde es nicht unbedingt. Die Idee sei nicht, dass permanente Kontrollen für alle stattfänden. Ziel sei, dass man ein neues Steuerungsmittel erhalte, das man je nach Bedarf ausrichten könne.
Erste Effekte in Ostdeutschland
Eine solche Asyl-Debitkarte wird zurzeit nicht nur in Zürich, sondern auch in anderen Kantonen und auf Bundesebene diskutiert. Die SVP macht mehrgleisig Druck. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) prüft, ob ein Bedarf für solche Karten besteht. Allerdings wird die Sozialhilfe in den Empfangs- und Verfahrenszentren des Bundes heute vorwiegend in Form von Sachleistungen ausgerichtet. In bar erhalten die Asylbewerber nur ihr Taschengeld à 3 Franken pro Tag. Sobald sie den Kantonen zugewiesen werden, ist das SEM nicht mehr zuständig.
In den ostdeutschen Landkreisen, die der SVP zum Vorbild dienen, hatte die Umstellung erste Effekte. So seien in einem Kreis von den dort rund 135 geduldeten Asylbewerbern 35 ausgereist, weil sie explizit auf Bargeldzahlungen beharrt hätten. So teilte es kürzlich der zuständige Landrat gegenüber der NZZ mit. Nun soll die Karte gar in ganz Deutschland eingeführt werden. Doch noch ist es nicht so weit; die Ampelregierung ist sich uneins. Während die SPD des Kanzlers Olaf Scholz und die FDP eine bundesgesetzliche Regelung unterstützen, sperren sich die Grünen dagegen.
Auch im Kanton Zürich gibt es noch einigen Diskussionsbedarf. Die linken Parteien werden die SVP-Vorstösse kaum unterstützen. Aus den Zentrumsparteien gibt es bis jetzt ebenfalls kritische Rückmeldungen.
Linke sprechen von Populismus
Dass die SVP mit ihrer resoluten Asyl-Linie nicht viele Freunde im kantonalen Parlament hat, ist augenfällig. Das zeigte sich am Montag auch in der Diskussion um Stipendien für vorläufig aufgenommene Ausländerinnen und Ausländer. Nur die FDP stand der SVP bei. Konkret ging es darum, ob Personen mit Ausweis F neu sofort Anspruch auf Stipendien geltend machen dürfen – und nicht erst nach fünf Jahren Aufenthalt in der Schweiz wie heute.
Obwohl das Geschäft schon vor ein paar Wochen eifrig diskutiert wurde, entbrannte erneut eine hitzige Debatte im Rahmen der normalerweise ruhigen Schlussabstimmung über den genauen Gesetzestext. Der Grund: die SVP kündigte an, das Referendum gegen die Vorlage ergreifen zu wollen. Auch dies ist ein Teil ihres Aktionsplans.
Es gehe nicht an, dass Leute ohne Aufenthaltsgenehmigung umgehend mit solchen Geldern ausgestattet würden, sagte SVP-Kantonsrat Tobias Infortuna. «Wir dürfen den Kanton nicht noch attraktiver machen für abgewiesene Asylbewerber.»
Die zahlreichen Reaktionen von linken Parteivertretern und solchen aus der Ratsmitte liessen nicht lange auf sich warten. «Die SVP will alles tun, damit Integration nicht gelingt», empörte sich etwa die Grüne Jasmin Pokerschnig, welche die Gesetzesänderung ins Rollen gebracht hatte. «Ihr werft jungen Menschen, die lange in unserem Land bleiben werden, absichtlich Knüppel zwischen die Beine. Ich bin entsetzt.»
So ging es weiter: Die SVP agiere «populistisch» und «nationalistisch», wurde kritisiert. Sie politisiere auf Kosten der Schwachen, schüre Ressentiments gegen Ausländer, betreibe ein «abstossendes Framing» und sei mit ihrer Kampagne schlicht an einem neuen Tiefpunkt angelangt.
Obschon sie in diesem Fall die Kritik inhaltlich teilen, geht selbst den Freisinnigen die SVP in vielem zu weit. Dass sie ihr bei der Unterschriftensammlung für das Referendum helfen, ist darum eher unwahrscheinlich. Eine fraktionsinterne Abstimmung dazu soll denkbar knapp ausgefallen sein. Der SVP dürfte das in diesem Fall vielleicht gerade recht sein. So kann sie sich vor den Wählerinnen und Wählern weiterhin als einzig wahre Kämpferin gegen «Chaos» und «Schlaraffenland» präsentieren.
(https://www.nzz.ch/zuerich/asyl-in-zuerich-die-svp-zieht-die-schraube-im-kanton-an-ld.1819497)
+++SCHWEIZ
Die Geflüchteten sollen mehr arbeiten: Finanzbeamte machen Ukrainerinnen Dampf
40 Prozent der erwerbsfähigen Ukrainer sollen bis Ende Jahr arbeiten. Den Anstoss für dieses Ziel gab die Finanzverwaltung, die sogar 50 Prozent anvisierte. Justizminister Beat Jans ist nun gefordert.
https://www.blick.ch/politik/die-gefluechteten-sollen-mehr-arbeiten-finanzbeamte-machen-ukrainerinnen-dampf-id19470877.html
Berichte über Unmut in Boudry: Neuenburg droht mit Schliessung des Asyl¬zentrums
Die Spannungen zwischen Einheimischen von Boudry und Asylsuchenden nehmen zu. Der Kanton erwägt nun, den Vertrag für das Zentrum vorzeitig zu beenden.
https://www.derbund.ch/berichte-ueber-unmut-in-boudry-neuenburg-droht-mit-schliessung-des-asylzentrums-869532753782
-> Schweiz Aktuell: https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/bundesasylzentrum-boudry-bund-unter-druck?urn=urn:srf:video:1672f48c-a729-41d0-9ada-b8d2741fc003
+++ITALIEN
Rückkehr an den Strand von Cutro
Mehr als 100 Migranten kamen vor einem Jahr bei einem Schiffsuntergang vor Kalabrien ums Leben. Die italienischen Behörden konnten bis heute nicht klären, warum nicht versucht wurde, die Katastrophe zu verhindern.
https://www.sueddeutsche.de/politik/italien-cutro-fluechtlinge-schiffsunglueck-jahrestag-frontex-1.6394631
-> https://www.proasyl.de/news/trauer-schmerz-und-die-forderung-nach-aufklaerung-ein-jahr-nach-dem-schiffsunglueck-von-crotone/
+++GASSE
Bern: Aktion gegen Betäubungsmittelhandel – 24 Personen angehalten
Die Kantonspolizei Bern hat von Mittwoch bis Freitag eine gezielte Aktion gegen den Drogenhandel in der Stadt Bern durchgeführt. Dabei wurden im Bereich der Kleinen Schanze 24 Personen angehalten. Zudem wurden rund 700 Gramm Haschisch sichergestellt. Weitere Ermittlungen sind im Gang.
https://www.police.be.ch/de/start/themen/news/medienmitteilungen.html?newsID=0dc05510-8c4e-4e5a-9408-a1cf01a8f0b9
-> https://www.derbund.ch/drogenhandel-in-bern-polizei-haelt-24-mutmassliche-dealer-an-221690397572
-> https://www.nau.ch/ort/bern/aktion-gegen-betaubungsmittelhandel-in-bern-24-personen-angehalten-66715576
-> https://www.baerntoday.ch/bern/stadt-bern/bei-der-kleinen-schanze-berner-polizei-haelt-24-personen-an-156404078
Gefahr am Bahnhof Bern? Trainerhosen-Rüpel attackiert Pendlerin
Im und rund um den Bahnhof Bern wird man oft angesprochen. Will man nicht reden, kann das hässige Reaktionen auslösen. Das musste eine Pendlerin erfahren.
https://www.nau.ch/news/schweiz/gefahr-am-bahnhof-bern-trainerhosen-rupel-attackiert-pendlerin-66711591
++++DROGENPOLITIK
Einen Fuffi mit der Karte zahlen
Hier wird gekifft und Milkshakes geschlürft: Im Zürcher Many’s ist der Cannabiskonsum legal. Das Café ist Teil einer Pilotstudie der Stadt und der Uni Zürich.
https://www.zsonline.ch/2024/02/26/einen-fuffi-mit-der-karte-zahlen
+++DEMO/AKTION/REPRESSION
«Der Funke» in Bern: Kommunisten werben an Gymnasien um Jugendliche
Am Gymnasium Lerbermatt in Köniz nutzen junge Kommunistinnen und Kommunisten den Gazakrieg, um ihre Politik zu verbreiten.
https://www.derbund.ch/der-funke-in-bern-kommunisten-werben-am-gymer-um-junge-653078139195
-> https://www.nau.ch/politik/regional/kommunisten-rekrutieren-jugendliche-an-berner-gymnasien-66715148
Ein Recht und keine Gefälligkeit
Am 3. März geht es um Grundrechte: Sowohl die Anti-Chaot*innen-Initiative der Jungen SVP als auch der Gegenvorschlag des Zürcher Kantonsrats greifen die Versammlungs- und Meinungsäusserungsfreiheit an.
https://www.zsonline.ch/2024/02/26/ein-recht-und-keine-gefaelligkeit
+++SPORT
SP-Frau unterstützt Kollektivstrafen gegen FCL-Fans: «Niemand wird gezwungen, an Ausschreitungen teilzunehmen»
Erstmals seit ihrem Amtsantritt äussert sich Ylfete Fanaj, SP-Regierungsrätin und Vorsteherin des Justiz- und Sicherheitsdepartements des Kantons Luzern, zur Fangewalt rund um die Heimspiele des FC Luzern. Der Kanton will mit einer neuen Vereinbarung den FCL noch stärker in die Pflicht nehmen.
https://www.zentralplus.ch/sport/fc-luzern/ylfete-fanaj-fangewalt-wird-es-immer-geben-2623239/
-> https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/kanton-luzern/fussballchaoten-ld.2584422
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zentralschweiz/schwyzer-regierung-will-weiter-geld-fuer-schiessanlagen-sprechen?id=12544823
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zentralschweiz/der-kanton-luzern-will-gegen-fangewalt-bei-fcl-spielen-vorgehen?id=12544940 (ab 06:17)
-> https://news.lu.ch/html_mail.jsp?id=0&email=news.lu.ch&mailref=000jhqy0000ti00000000000002crgqt
-> https://www.pilatustoday.ch/zentralschweiz/luzern/luzerner-weg-soll-geisterspiele-des-fcl-verhindern-156402009?autoplay=true&mainAssetId=Asset%3A156403878
-> Schweiz Aktuell: https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/kanton-luzern-will-klare-regeln-zu-fangewalt-im-fussball?urn=urn:srf:video:94b08dfe-3960-476e-936e-1420e70114c0
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/runder-tisch-im-fussball-fangewalt-kanton-will-den-fc-luzern-in-die-pflicht-nehmen
-> https://www.tele1.ch/nachrichten/luzern-verhandelt-mit-fcl-sicherheitskosten-neu-156405240
-> https://www.neo1.ch/artikel/luzern-klare-spielregeln-fuer-sichere-und-friedliche-fussballspiele
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luzernerzeitung.ch 26.02.2024
Justizdirektorin Ylfete Fanaj will Täter härter anpacken: «Das Ziel sind mehr Verhaftungen»
Der Kanton Luzern setzt bei der Bekämpfung der Fangewalt um Fussballspiele stark auf den Dialog. Gleichzeitig wird aber auch die Schraube bei Fehlverhalten angezogen.
Cyril Aregger
Es ist eine unschöne Tradition, viel zu häufig rund um Fussballspiele: Ein Mob sorgt für Unruhe, attackiert gegnerische Fans oder die Polizei, demoliert öffentliche Verkehrsmittel oder Eigentum. Die Aufregung und der Ärger sind jeweils gross, mittlerweile werden als Reaktion darauf auch Zuschauersektoren in kommenden Spielen gesperrt, aber den Tätern selber passiert meistens – nichts. Sie nutzen den Schutz der übrigen Fans aus, die Polizei erachtet ein Eingreifen angesichts der möglichen weiteren Eskalation als unverhältnismässig.
Doch damit soll nun Schluss sein. Das zumindest kündete Justizdirektorin Ylfete Fanaj (SP) am Montag an einer Medienkonferenz zum Thema Fangewalt an: «Mehr Verhaftungen sind das Ziel.» Weitere Details könne sie aus «polizeitaktischen Gründen» nicht nennen. Nur so viel: «Die Spezialkräfte erhalten neue Ausrüstungen, mit denen sie agiler handeln und einschreiten können.»
Ansonsten setzen Fanaj und ihre Kollegen im Regierungsrat auf den «Luzerner Weg» in Sachen Fangewalt. Er besteht aus viel Dialog. Drei runde Tische gab es seit Herbst, beteiligt waren Vertreterinnen und Vertreter von Stadt und Kanton Luzern, der Luzerner Polizei, der VBL, der Transsicura (SBB-Sicherheitsdienst), des FC Luzern, der Fanarbeit und von zwei Fanorganisationen.
Keine Ausschreitungen seit dem Herbst: «Das war sicher auch Glück»
Die Justizdirektorin wertet die Gespräche positiv, auch wenn nicht alle Beteiligten immer der gleichen Meinung seien. Wichtig für sie ist «grundsätzliches Vertrauen, Verantwortung, Verlässlichkeit und Verbindlichkeit». Nur so liessen sich Veränderungen bewirken. Positiv wertet sie die Tatsache, dass sich alle Beteiligten für friedliche und sichere Fussballspiele auf dem Platz Luzern einsetzten. Der runde Tisch soll künftig fix zwei Mal im Jahr stattfinden. Die nächste Runde ist für Herbst vorgesehen.
Seit der Dialog unter Fanajs Führung läuft, blieb Luzern vor grösseren Ausschreitungen verschont. So auch am 4. Februar, als der FCL den FC St.Gallen empfing und gleichzeitig Basler Fans zum Finalspiel im Eishockey-Cup in der Stadt erwartet wurden. «Das war sicher auch Glück», sagt die Regierungsrätin realistisch. «Aber der verstärkte Dialog und die damit gezeigte Bereitschaft aller Beteiligten, Verantwortung zu übernehmen, haben in jedem Fall zur Beruhigung beigetragen.»
Regierungsrätliches Lob für den FC Luzern
Als Beispiel nennt Fanaj das Projekt «Cluballianz» das der FCL seit Herbst umsetzt. Es beinhaltet eine systematische Vor- und Nachbesprechung der Heimspiele mit allen involvierten Akteuren – also dem FCL, den Gastclubs mit der jeweiligen Fanarbeit und den lokalen Behörden und Transportunternehmen. Die «Cluballianz» will die Swiss Football League (SFL) möglichst überall einführen. Der Spielort Luzern sei hier bezüglich Vorabsprachen gemäss Aussagen der SFL «seit Jahren vorbildlich unterwegs», schreibt das Justiz- und Sicherheitsdepartement auf eine Anfrage von Kantonsrätin Rahel Estermann (Grüne). «Der FCL macht hier vorwärts», lobt Fanaj den Klub.
Mit dem «Luzerner Weg» will die Regierung das Geschehen auf dem Platz Luzern selber beeinflussen und weitergehende Massnahmen, wie sie das Kaskadenmodell der nationalen Arbeitsgruppe Bewilligungsbehörden vorsieht, vermeiden. Das Kaskadenmodell, das diesen Frühling in seiner definitiven Form vorgestellt werden soll, sieht im Falle von Fangewalt verschiedene Massnahmen vor, gestaffelt nach Schwere und Häufigkeit von Ausschreitungen. Im Stadion können Sektoren gesperrt werden, im äussersten Fall kommt es zu Geisterspielen.
Bereits jetzt werden Teile des Kaskadenmodells angewendet. So war beispielsweise der Gästesektor im FCL-Heimspiel gegen St.Gallen am 4. Februar wegen der Ausschreitungen im Mai 2023 gesperrt.
Ziel: Das Kaskadenmodell vermeiden
Laut Fanaj sollen auch rechtliche Fragen rund um die personalisierten Tickets bis im Frühling beantwortet sein, unter anderem gehe es um Fragen des Datenschutzes. Rechtliche Fragen stellen sich auch rund um die Sektorensperrungen in den Stadien. Der FC Zürich hat die Gerichte angerufen, weil er mit der Sektorensperrung nicht einverstanden ist. Die Luzerner Justizdirektorin rechnet nicht damit, dass diese Frage die Umsetzung des Kaskadenmodells aufhalten wird. «Bis zu einer endgültigen Klärung können Jahre vergehen. Der Gang vor Gericht ist natürlich legitim, wird aber meiner Meinung nach keinen Einfluss auf die aktuelle Umsetzung haben.»
Der Regierungsrat will zwar möglichst nicht in die Lage kommen, das Kaskadenmodell anzuwenden, steht aber im Falle von Ausschreitungen hinter den schweizweit koordinierten Massnahmen. «Wichtig ist, dass die Spielregeln klar sind», bekräftigt Fanaj. «Es gibt kein ‹ausprobieren› von Seiten der Fans mehr. Allen ist klar, welche Konsequenzen ein Fehlverhalten hat.»
(https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/kanton-luzern/fangewalt-rr-fanaj-will-einzeltaeter-haerter-anpacken-mehr-verhaftungen-sind-das-ziel-ld.2584556)
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luzernerzeitung.ch 26.02.2024
FC Luzern begrüsst neue Verhandlungen mit dem Kanton
Wie viel Geld muss der FCL für die Sicherheitskosten rund um seine Heimspiele bezahlen? Das regelt eine Vereinbarung zwischen dem Klub und dem Kanton. Dieser will die Bedingungen nun neu definieren.
Cyril Aregger
Über die Deckung der Sicherheitskosten besteht seit 2015 eine Vereinbarung zwischen dem Luzerner Justiz- und Sicherheitsdepartement (JSD) und dem FCL. Doch diese Vereinbarung ist bald Geschichte, das JSD hat sie gekündigt. Nun soll eine neue Version ausgehandelt und per 1. Januar 2025 in Kraft treten, wie Justizdirektorin Ylfete Fanaj (SP) am Montag an einer Medienkonferenz zum Thema Fangewalt bekannt gab.
Der neue Spielmodus der Super League mit mehr Spielen und kürzeren Vorbereitungszeiten bedinge eine Neubeurteilung der Kostenbeteiligung, begründet Fanaj. Weiter will sie den FCL stärker zu deeskalierenden Massnahmen verpflichten. Auch die Organisation und Infrastruktur, namentlich im Gästebereich, sollen zur Stärkung der Sicherheit im Stadion überprüft werden. Die Justizdirektorin nennt hier beispielsweise «das Eingangsprozedere der Gästefans oder die Grösse des Gästesektors».
FCL bezahlt 514’000 Franken an die Polizeikosten
Der FCL begrüsst die Neubeurteilung, wie Medienchef Markus Krienbühl auf Anfrage mitteilt. Im Bereich der Deeskalation habe der Klub in den letzten Monaten im Rahmen der «Cluballianz» bereits zusätzliche Verantwortung übernommen und werde dies auch selbstverständlich auch in Zukunft tun. Ebenfalls unter Deeskalation läuft der Sichtschutz, der seit dem Herbst bei FCL-Heimspielen zwischen dem Fanlokal Zone 5 am Bundesplatz und der Langensandbrücke/Centralstrasse aufgebaut wird. Die Kosten dafür, laut Krienbühl «ein mittlerer vierstelliger Betrag pro Spiel», werden vom FCL übernommen.
Auch bei der sonstigen Kostenbeteiligung – der FCL zahlte in der Saison 2022/23 514’000 Franken an die Polizeikosten – ist man Gesprächsbereit, auch wenn bereits heute rund 80 Prozent der Kosten durch den FCL getragen würden. In diesem Zusammenhang müsse laut Krienbühl auch diskutiert werden, wie die behördliche Risikobeurteilung und Einsatzplanung für die einzelnen Spiele heute erfolgt, wie der neue Modus mit der Aufteilung in zwei Gruppen (und entsprechend unterschiedlichen Gegnern) in der allfälligen neuen Vereinbarung abgebildet werde.
Bei der Infrastruktur betont Krienbühl, dass auch nachhaltige Lösungen für die An- und Abreise der Gästefans gefunden werden müsse. «Hier sind verschiedene Organisationen gefordert, Lösungen aufzuzeigen und wenn möglich umzusetzen.» Ylfete Fanaj kündigte am Montag an, dass sie zu diesem Thema eine Arbeitsgruppe Mobilität einberufen werde.
(https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/kanton-luzern/fangewalt-fcl-steht-neuverhandlungen-mit-kanton-wegen-vereinbarung-positiv-gegenueber-ld.2584613)
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Stadt Schaffhausen: Videoüberwachung von Fussballspiel
Die Schaffhauser Polizei wird im Zusammenhang mit dem Challenge League-Fussballspiel des FC Schaffhausen gegen den FC Aarau in der berformance-Arena im Herblingertal in der Stadt Schaffhausen am Freitagabend (08.03.2024) – zwecks Gewährleistung der Sicherheit – eine Videoüberwachung des Aussenbereichs des Stadions vornehmen.
https://www.shpol.ch/CMS/Webseite/Schaffhauser-Polizei-14392644-DE.html
+++KNAST
Schaffhausen: Insasse legt in Gefängnis Brand – schwer verletzt
In einem Gefängnis in Schaffhausen hat ein Insasse mutmasslich einen Brand gelegt. Dabei wurde der 28-Jährige schwer verletzt.
https://www.nau.ch/news/schweiz/schaffhausen-insasse-legt-in-gefangnis-brand-schwer-verletzt-66715625
-> https://www.shpol.ch/CMS/Webseite/Schaffhauser-Polizei-14398304-DE.html
-> https://www.toponline.ch/news/schaffhausen/detail/news/brand-in-schaffhausen-feuerwehreinsatz-beim-gefaengnis-00232990/
73-jähriger Gefängnisinsasse stirbt in Orbe VD in Zelle
Ein 73-jähriger Insasse wurde leblos in seiner Gefängniszelle entdeckt.
https://www.nau.ch/news/schweiz/73-jahriger-gefangnisinsasse-stirbt-in-orbe-vd-in-zelle-66715535
-> https://www.vd.ch/toutes-les-actualites/actualite/news/i-deces-dune-personne-detenue-aux-etablissements-de-la-plaine-de-lorbe-epo-1
+++BIG BROTHER
Albedo Space: Jetzt kommen die Überwachungssatelliten, die einzelne Personen beobachten können
Schon bald könnte es keinen Ort auf der Erdoberfläche mehr geben, an dem einzelne Menschen unbeobachtet sind. Eine neue Generation von Satelliten soll schon im kommenden Jahr im Orbit kreisen.
https://netzpolitik.org/2024/albedo-space-jetzt-kommen-die-ueberwachungssatelliten-die-einzelne-personen-beobachten-koennen/
+++TRANSPORTPOLIZEI
Nationalrat will aufrüsten: Transportpolizei soll Elektroschockpistolen erhalten
Mitarbeitende der Transportpolizei sollen nach dem Willen des Nationalrats künftig Elektroschockpistolen tragen dürfen. Der Nationalrat hat am Montag eine entsprechende Motion von Michaël Buffat (SVP/VD) angenommen.
https://www.blick.ch/politik/nationalrat-will-aufruesten-transportpolizei-soll-elektroschockpistolen-erhalten-id19475246.html
+++RASSISMUS
ANTIRA-WOCHENSCHAU: Racial Profiling in der Schweiz, Externalisierungspolitik in Albanien, Hanau ist überall
https://antira.org/2024/02/26/racial-profiling-in-der-schweiz-externalisierungspolitik-in-albanien-hanau-ist-ueberall/
Blackfacing: Verantwortliche knicken ein: Mohren werden wieder schwarz
Nach Protesten machen die Veranstalter der historischen Osterprozessionen von Mendrisio einen Rückzieher. Schwarz geschminkte Gesichter bleiben – zumindest vorerst.
https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/blackfacing-verantwortliche-knicken-ein-mohren-werden-wieder-schwarz-ld.2584647
+++RECHTSPOPULISMUS
SVP will keine Stipendien für vorläufig Aufgenommene
Eine Mehrheit des Zürcher Kantonsrats will, dass vorläufig Aufgenomme schneller eine Ausbildung machen können und ein allfälliges Stipendium schneller als heute bekommen. Die SVP hat an der Abstimmungssitzung nun das Referendum dagegen ergriffen.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/svp-will-keine-stipendien-fuer-vorlaeufig-aufgenommene?id=12544826
++++RECHTSEXTREMISMUS
Naziouting: Helvetia Invicta
Andri Alder, Micha D’alessandro, Fabio Zeindler, Dario Allenspach
In den letzten 2 Jahren haben sich ein paar jung Faschos sowohl ideologisch sowie geografisch an den falschen Ort verirrt…
https://barrikade.info/article/6330
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nzz.ch 26.02.2024
«Die Schweiz tut sich schwer damit, die eigene Geschichte des Rechtsextremismus zur Kenntnis zu nehmen»
In Deutschland gilt die SVP als Vorbild für die AfD. Doch kann man die beiden Parteien vergleichen? Bis zu einem gewissen Grad, sagt Damir Skenderovic, ein Experte für Rechtsparteien. Und: «Die SVP ist seit Jahren eine Exporteurin für rechtspopulistische Ikonografie.»
Christina Neuhaus
Die SVP wird in Deutschland immer wieder als Vorbild für die AfD herangezogen. Dasselbe gilt für die FPÖ in Österreich. Lassen sich die drei Parteien überhaupt vergleichen, ohne dass man auch ihre Geschichte und die unterschiedlichen politischen Systeme der Länder berücksichtigt?
Bis zu einem gewissen Grad, ja. Bei allen drei Parteien handelt es sich um rechtspopulistische Parteien. In der Geschichtsforschung spricht man von den klassischen Parteifamilien, von konservativen, liberalen, kommunistischen und sozialdemokratischen Gruppen. In den 1990er Jahren wurden diese Familien um die Rechtspopulisten erweitert. Natürlich haben sie je nach Land alle ihre Besonderheiten. Die FPÖ beispielsweise war lange Mitglied der Liberalen Internationalen. Ab 1986 unter dem Vorsitz von Jörg Haider wurde sie zu einer rechtspopulistischen Partei.
Die AfD ist eine junge Partei mit Kontakten zu Rechtsextremen, die FPÖ wurde nach dem Krieg von Alt-Nazis gegründet, die SVP wiederum hat politisch ziemlich diverse Wurzeln und steht seit Jahrzehnten in der Regierungsverantwortung.
Das politische Konkordanzsystem der Schweiz zielt seit 1945 darauf ab, möglichst viele Wählerinnen und Wähler zu integrieren. Deshalb ist die SVP seit längerem Teil unseres Regierungssystems. Allerdings hat sich die SVP von einer bäuerlich-konservativen Partei zu einer rechtspopulistischen Partei entwickelt. Man kann das zeitlich ziemlich gut verorten. Das war zur Zeit der EWR-Abstimmung, 1991/92. Damals lancierte die SVP auch ihre erste eidgenössische Volksinitiative «gegen die illegale Einwanderung».
Wie definieren Sie Rechtspopulismus?
Definitionskriterien für Rechtspopulismus sind primär die Anti-Eliten-Haltung, eine nationalistische und fremdenfeindliche Politik und die Ausgrenzung von Minderheiten.
Laut der Politikwissenschafterin Pippa Norris, die 2017 in einer vielbeachteten Studie 268 Parteien aus 31 europäischen Ländern untersucht hat, ist die SVP allerdings keine rechtspopulistische Partei, sondern eine rechtskonservative Partei mit rechtspopulistischem Vokabular.
Wenn es um konservative Werte, Nationalismus, Nativismus und Immigration geht, spricht Pippa Norris aber von Populismus und stellt die SVP in die Nähe von Parteien wie der spanischen VOX, der polnischen PiS und der deutschen AfD.
Norris sagt, was die SVP von jüngeren Rechtsparteien unterscheide, sei die Tatsache, dass sie Volksentscheide und die Institutionen respektiere.
Diese beiden Kriterien sprechen nicht gegen Populismus. Nehmen Sie die FPÖ oder die Fratelli d’Italia von Giorgia Meloni. Rechtspopulistische Parteien sind durchaus in den Institutionen integriert. Meistens handelt es sich nicht um Parteien, die sich gegen demokratische etablierte Instanzen zur Wehr setzen. Sie nutzen sie.
Rechtspopulistische Parteien sind also nicht tendenziell antidemokratisch?
Demokratie ist immer mehr als nur ihre Institutionen. Es geht um Werte wie Pluralismus, Gleichbehandlung, Inklusion. Aber wenn es um die rein institutionelle Perspektive geht, sind rechtspopulistische Parteien nicht unbedingt antidemokratisch. Sie nutzen die vorhandenen demokratischen Mittel und Institutionen für ihre Politik. Dasselbe gilt für die Akzeptanz von Volksentscheiden. Der Ruf nach einem Volksentscheid ist die klassische Forderung jeder populistischen Partei.
Das gilt in der Schweiz auch für alle anderen Parteien.
In der Schweiz ist die direkte Demokratie seit Ende des 19. Jahrhunderts Teil des politischen Systems und prägt die politische Kultur entscheidend. In den meisten anderen europäischen Ländern ist das nicht der Fall. Doch seit den 1990er Jahren gibt es eine Hauptforderung rechtspopulistischer Parteien nach mehr demokratischer Demokratie. Wieso? Weil hier der Volkswille ungefiltert, direkt und nicht parlamentarisch repräsentiert zum Ausdruck kommt. Weil damit plebiszitäre Legitimität eingefordert werden kann.
In der öffentlichen Debatte wird Rechtspopulismus allerdings zunehmend mit Rechtsextremismus gleichgesetzt. Zu Recht?
Betrachten wir die Gemeinsamkeiten. Hier kann man feststellen, dass es sowohl beim Rechtspopulismus als auch beim Rechtsextremismus um eine Weltanschauung der Ungleichheit geht. Das gesellschaftliche Weltbild basiert auf der Überzeugung, dass nicht alle Menschen gleich sind. Die Vorstellung naturbedingter Ungleichwertigkeit dient als Legitimierung von Ausgrenzung und Diskriminierung.
Konkret: Wann wird Rechtspopulismus rechtsextrem?
Nehmen wir den Begriff Remigration: Mit dem Wort hat der österreichische Rechtsextreme Martin Sellner eine Begriffskreation der Neuen Rechten aufgenommen. Es handelt sich dabei um eine strategische Finte, einen Begriff, der harmlos und unverdächtig daherkommt, aber einen verachtungswürdigen, historisch unerhörten Bedeutungsinhalt hat: Es geht um willkürliche Deportation, Ausschaffung und Wegweisung von Menschen. Ein Beispiel, wie die extreme Rechte ihre Ideen und Deutungen über bestimmte Begriffe und Semantik in die Mitte der Gesellschaft zu bringen versucht.
In der SVP spricht man zwar von «Asylschmarotzern», aber höchstens Randfiguren reden von «Remigration». Die Partei hat sich immer von Rechtsextremismus distanziert.
Wenn in der SVP jemand nationalsozialistisches Gedankengut äussert oder die Shoah relativiert, distanziert sich die Partei immer sehr schnell. Gleichzeitig pflegen einzelne SVP-Exponenten seit Jahren regelmässig Kontakte zu rechtsextremen Kreisen.
Die SVP pflegt weder Kontakte zu ausländischen Parteien noch zu rechtsextremen Parteien oder identitären Gruppierungen.
Das nicht, aber es kommt immer wieder zu punktuellen Verbindungen. Andreas Glarner war Mitglied der rechtsextremen Bürgerbewegung Pro Köln, und in Winterthur hat die SVP-Nationalratskandidatin Maria Wegelin die Medienarbeit an Mitglieder der Jungen Tat delegiert. Es gibt eine Geschichte solcher Beziehungen. Was es aber nicht gibt, ist eine Aufarbeitung.
Wie sollte denn eine solche Aufarbeitung aussehen?
Die Schweiz tut sich generell schwer damit, die eigene Geschichte des Rechtsextremismus zur Kenntnis zu nehmen. Viele denken, Rechtsextremismus sei nur an den äussersten Rändern vorhanden und jemanden als «rechtsextrem» zu bezeichnen, sei schlicht diffamierend. Aber die Geschichte zeigt, dass die rechtsextreme Ideologie der Ungleichheit auch in der Schweiz verbreitet ist. Wir sollten uns dieser Tatsache stellen.
Anfang der 1990er Jahre gab es in der Schweiz eine hohe Anzahl rechtsextremer Gewalttaten. Da entstanden Gruppierungen, die Brandanschläge auf Asylunterkünfte verübten. In Chur starben vier Tamilen bei einem Brandanschlag, unter ihnen zwei Kinder. Im Verhältnis zur Bevölkerungszahl gab es in der Schweiz mehr Morde von Rechtsextremen als in Deutschland. Doch während in Deutschland letztes Jahr auch Ministerpräsidenten an den 30. Jahrestag des Brandanschlags in Solingen erinnerten, verdrängt man diese Geschehnisse in der Schweiz.
Sie werfen der Schweiz gerade kollektive Verdrängung vor.
In der Schweiz ist die Idee eines Sonderfalls stark verankert. Man tut so, als habe das Land kein Problem mit Rechtsextremismus. Dies sei in anderen Ländern der Fall. Man spricht von einer Exterritorialisierung des Rechtsextremismus. Deshalb setzen sich die Öffentlichkeit und die Politik immer nur punktuell damit auseinander. Kommt ein Fall in die Medien, ist die Aufregung jeweils gross. Kurz danach wird dann von einem Einzelfall gesprochen, und der Vorfall wird wieder vergessen. Dabei hat auch die Schweiz eine Geschichte des Rechtsextremismus.
Mittlerweile wird fast jeden Samstag irgendwo «gegen rechts» demonstriert, und laut dem Bezirksgerichts Bremgarten ist Nationalrat Andreas Glarner ein «Gaga-Rechtsextremist». Werden da nicht alle Rechten gleich zu Nazis?
Das scheint mir nicht der Fall zu sein. Aber es braucht vielleicht mehr begriffliche und definitorische Klarheit. Dies kann auch mit einem Blick in die Geschichte wie auch über die Landesgrenzen hinweg erreicht werden. Im Fall Glarner zeigt sich, dass die Diskussion dazu lange ausgeblieben ist und man wenig aus der Forschung oder aus Beispielen von ausserhalb der Schweiz gelernt hat. Auch gibt es in der Schweiz kaum eine grundsätzliche Debatte, wie man mit der grössten Partei umgeht, die Teil der rechtspopulistischen Parteienfamilie in Europa ist.
Was schlagen Sie vor?
Dass man mit dieser Verdrängung aufhört, dass man sich mit der Geschichte dieser Parteien befasst. Die SVP ist seit Jahren eine Exporteurin für rechtspopulistische Ikonografie. Ihre Plakatkampagnen und -sujets haben rechte Parteien in ganz Europa beeinflusst. Wieso steht die Partei nicht dazu, dass sie ein Teil dieser rechtspopulistischen Parteienlandschaft ist? Denn wenn sie sich das einmal eingestanden hat, kann sie auch damit anfangen, sich zu fragen, was das denn konkret bedeutet. Man sollte nicht vergessen, dass eine lange Tradition des Rechtspopulismus in der Schweiz besteht.
Sie denken an die Schwarzenbach-Initiative?
Die Nationale Aktion gehörte zu den ersten rechtspopulistischen Parteien in Europa, und James Schwarzenbach war eine der ersten rechtspopulistischen Figuren im Nachkriegseuropa.
Die Erkenntnis, dass die Schweiz die Wiege des Rechtspopulismus ist, passt schlecht zum immer noch verbreiteten Geschichtsbild der Igel-Schweiz.
Das ist in der Tat das Problem. Der Igel-Schweiz-Mythos zieht sich einfach immer weiter. Es gibt einen interessanten Artikel aus dem Jahr 1966: «Nationale Erneuerungsbewegungen in der Schweiz» der bekannten Schweizer Historiker und Politologen Peter Gilg und Erich Gruner. Der Text beginnt so: «Der Schweizer neigt von Natur nicht zum politischen Extremismus. Links- und rechtsextreme Bewegungen sind in der Schweiz stets nur vorübergehend und nicht in breiten Schichten wirksam geworden. So hat auch in der Zeit des Faschismus und Nationalsozialismus der Rechtsextremismus in der schweizerischen Politik keine bestimmende Bedeutung gewinnen können.» Daran glauben wir heute noch.
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Kenner der politischen Rechten
Damir Skenderovic, Historiker
Damir Skenderovic ist ordentlicher Professor für Zeitgeschichte an der Universität Freiburg. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Geschichte der radikalen Rechten, historische Migrationsforschung, 68er Bewegung, Gegenkulturen, Inklusion und Exklusion.
(https://www.nzz.ch/schweiz/damir-skenderovic-svp-ist-seit-jahren-eine-exporteurin-fuer-rechtspopulistische-ikonografie-ld.1819225)
+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Polizist nach Engagement gegen Covid-Massnahmen fristlos entlassen
Das Bundesgericht hat die Beschwerde eines Zürcher Polizisten gegen seine fristlose Entlassung abgewiesen. Der Betroffene engagierte sich aktiv auf einer Internet-Plattform von Gegnern der Covid-Massnahmen. Darauf wurden Beamte aufgerufen, ihre Dienstpflichten zu verletzen und Bürger angehalten, Strafanzeigen gegen Polizisten zu erstatten.
https://www.watson.ch/schweiz/z%c3%bcrich/348234761-polizist-nach-engagement-gegen-covid-massnahmen-fristlos-entlassen
-> https://www.blick.ch/schweiz/zuerich/beschwerde-abgewiesen-zuercher-polizist-gefeuert-weil-er-sich-gegen-corona-massnahmen-wehrte-id19473544.html
+++HISTORY
bzbasel.ch 26.02.2024
Drogenszene im Kleinbasel: Wie die Behörden vor 26 Jahren einen ganzen Stadtteil sicherer machten
Es war ein kleiner Coup: Als sich Ende der Neunzigerjahre das Drogen- und Gewaltproblem im Kleinbasel drastisch verschärfte, reagierten die Behörden rasch und mit viel Pragmatismus.
Patrick Marcolli
Geschichte wiederholt sich nie. Und dennoch sind die Parallelen zu heute offensichtlich. Vor gut einem Vierteljahrhundert kämpfte die Stadt Basel, wie heute, mit einem Drogen- und Gewaltproblem in einer spezifischen Gegend der Stadt. Das «belastete» Quartier war – wie in diesen Tagen auch – das Untere Kleinbasel, hauptsächlich im Geviert zwischen Kaserne, Messe, Matthäuskirche und Claramatte.
Am 6. September 1998 veröffentlichte die «Sonntagszeitung» einen Artikel zum Thema und garnierte diesen mit einer Karte des betreffenden Stadtgebiets. Drogenhandel und Drogenkonsum waren ausgewiesen bei der Claramatte, auf dem Kasernenareal, an der Sperr- und der Feldbergstrasse. Separat verzeichnet wurden auch eine Vergewaltigung an der Maulbeerstrasse und eine Schiesserei vor dem damaligen Restaurant Sultan an der Feldbergstrasse.
«Rasche Normalisierung»
Die bürgerlich dominierte Regierung geriet nicht zuletzt wegen der Berichterstattung in den nationalen Medien unter starken öffentlichen Druck. Und sie reagierte: Der freisinnige Polizeidirektor Jörg Schild ergriff die Initiative und liess im Oktober 1998 vom Regierungsrat interdepartementale Sofortmassnahmen während dreier Monate genehmigen.
Diese lauteten, in Schilds eigenen Worten: «Rasche Normalisierung an neuralgischen Stellen, Sicherstellung von Ruhe und Ordnung, intensive Bekämpfung des Drogenhandels und struktureller Kriminalität, hoher Sauberkeitsgrad im Unteren Kleinbasel, Eliminierung von optischen Verslumungszeichen (Schmierereien, illegale Müllentsorgung), Vermeidung offener Drogenszenen, funktionierendes Spritzenmanagement.» Dies alles wurde niederschwellig an die Hand genommen. Es wurde mehr geputzt, mehr kontrolliert, mehr Präventionsarbeit geleistet.
«Lage deutlich verbessert»
Auf die Schnelle wurde eine departementsübergreifende Task Force unter der Koordination von Thomas Kessler installiert, dem damaligen Delegierten für Migrations- und Integrationsfragen. In einer Bilanz, die der Vorsteher des Polizei- und Militärdepartements im Frühjahr 1999 zog, ging er im Detail auf die Massnahmen zur Bekämpfung des Drogenhandels ein. In der Zeit der «Aktion 98» wurden von den Sicherheitsbehörden über 6000 Arbeitsstunden geleistet.
«Die Sicherheitslage», so Schild, «hat sich deutlich verbessert.» Aber – das machte er darüber hinaus deutlich: «Die besonderen Sicherheitsmassnahmen zur Sicherung dieser Lage müssen zumindest teilweise weitergeführt werden – bis die geplanten sozialen, schulischen und baulichen Massnahmen greifen und die Situation im Unteren Kleinbasel nachhaltig verbessert wird.»
Die Kosten für die Aktion 98 beliefen sich schliesslich auf etwas mehr als 600’000 Franken, davon fielen gut zwei Drittel auf die Sicherheitsmassnahmen des Justizdepartements bei den Gassenzimmern (Securitas) sowie die verstärkten Polizeieinsätze im Unteren Kleinbasel.
Resultat der «Werkstadt»
Die von Jörg Schild erwähnten Massnahmen zur nachhaltigen Verbesserung der Situation im Quartier lassen sich unter dem von den Behörden geprägten Titel «Integrale Aufwertung des Unteren Kleinbasel» zusammenfassen. Am 5. Januar 1999 sagte die Basler Regierung Ja zu einem Bündel von geplanten Massnahmen, welche aus der städtischen Problemzone ein «attraktives urbanes Quartier für den Mittelstand» machen sollten. Eine dreiköpfige Arbeitsgruppe mit Thomas Kessler, dem Kantonsbaumeister Fritz Schumacher sowie Peter Schwendener vom Wirtschaftsdepartement erarbeitete dazu die ersten Schritte.
Die Basis des Aufwertungsprogramms war bereits in der mittlerweile legendären «Werkstadt Basel» gelegt worden, ein damals neuartiges Forum für Stadtentwicklung aus den Neunzigerjahren. Es beinhaltete Aufwertungsprojekte in den Bereichen Verkehr, Grünraum, Immobilien, Schulen und Quartiervernetzung. Ziel der Aufwertung des Unteren Kleinbasel war unter anderem die Schaffung von familienfreundlichem Wohnraum, einem verbesserten Zugang zum Rhein und die Vergrösserung von Grünflächen. Ungezählte kleinere und grössere Projekte sind inzwischen realisiert worden. Einige der Probleme von damals aber sind zurück.
(https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/stadtentwicklung-aktion-98-wie-die-behoerden-das-untere-kleinbasel-sicherer-machten-ld.2583837)