Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel/
+++APPENZELL
Asylzentrum Rehetobel: Positive Bilanz nach zwei Monaten
Über 70 Asylsuchende wohnen seit Dezember im Haus «Ob dem Holz» in Rehetobel. Die Unsicherheit betreffend des temporären Bundesasylzentrums war gross. Nun ziehen die zuständigen Behörden aber eine positive Bilanz.
https://www.tvo-online.ch/aktuell/asylzentrum-rehetobel-positive-bilanz-nach-zwei-monaten-156260630
+++THURGAU
Gemeindeversammlung von Steckborn TG erteilt Asylzentrums-Gegnern eine Abfuhr
Die Stimmberechtigten von Steckborn im Thurgau haben sich am Donnerstagabend deutlich gegen einen Antrag einer Bürgerbewegung ausgesprochen. Mit diesem hätte eine Asylunterkunft des Bundes geschlossen werden sollen.
https://www.watson.ch/schweiz/thurgau/891290584-buerger-von-steckborn-tg-erteilt-asylzentrums-gegnern-eine-abfuhr
-> Schweiz Aktuell: https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/steckborn-tg-stimmt-ueber-zukunft-der-asylunterkunft-ab?urn=urn:srf:video:2ece5d46-f5ca-4a2a-95a6-afe6bf545cd3
-> https://www.blick.ch/news/brisante-gemeindeversammlung-in-steckborn-wegen-asylheim-heute-wollen-buerger-erstmals-den-bund-aus-der-stadt-jagen-id19437959.html
-> https://www.20min.ch/story/steckborn-tg-showdown-an-gemeindeversammlung-dorf-stimmt-ueber-asylzentrum-ab-103043344
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/buergerbewegung-gescheitert-einwohner-von-steckborn-erteilen-asylzentrums-gegnern-eine-abfuhr
+++++SCHWEIZ
Asylstatistik 2023
Im Jahr 2023 wurden in der Schweiz 30 223 Asylgesuche gestellt, 5712 mehr als im Vorjahr (+23,3 %). Für 2024 rechnet das Staatssekretariat für Migration (SEM) in seinem wahrscheinlichsten Szenario wiederum mit rund 30 000 (+/- 3000) neuen Asylgesuchen.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-100040.html
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/asylstatistik-2023-des-sem-fast-ein-viertel-mehr-asylgesuche-in-der-schweiz-als-im-vorjahr
-> https://www.derbund.ch/23-prozent-mehr-asylgesuche-in-der-schweiz-im-jahr-2023-573563075205
-> https://www.blick.ch/politik/asylstatistik-23-prozent-mehr-asylgesuche-im-jahr-2023-id19435814.html
-> https://www.baerntoday.ch/schweiz/ueber-30000-asylgesuche-in-2023-eingereicht-156255785
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/asylstatistik-2023-des-sem?urn=urn:srf:video:3f98a880-a6a4-48f2-a70f-390651bce612
.-> 10vor10: https://www.srf.ch/play/tv/10-vor-10/video/fokus-20-prozent-mehr-asylgesuche-2023?urn=urn:srf:video:6d0500a6-86aa-4de2-a4bf-89e0bad5675d
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/asylstatistik-2023-des-sem-rueckfuehrungen-von-abgewiesenen-asylsuchenden-haben-zugenommen
Hat die Romandie ein Problem bei der Betreuung von Asylsuchenden? – Rendez-vous
Letzte Woche kam es in einem Regionalzug in der Westschweiz zu einer Geiselnahme durch einen Asylbewerber. Ende 2022 nahmen sich zwei junge Asylsuchende in Genf das Leben und letzten Dezember wurde in Cortaillod eine Schule evakuiert, weil ein junger Algerier auf dem Schulhof «Allahou Akbar» rief. Was ist los in der Romandie?
https://www.srf.ch/audio/rendez-vous/hat-die-romandie-ein-problem-bei-der-betreuung-von-asylsuchenden?partId=12540065
Drittland wird gesucht: Bundesrat will Auslagerung von Asylverfahren prüfen
Der Bundesrat will einen Bericht zum Thema Asylverfahren und Wegweisungen in Drittstaaten verfassen. Es sei eine Auslegeordnung der Diskussion auf europäischer Ebene nötig. Dabei sei die Vereinbarkeit mit Schweizer Recht und internationalen Verpflichtungen zu prüfen.
https://www.blick.ch/politik/drittland-wird-gesucht-bundesrat-will-auslagerung-von-asylverfahren-pruefen-id19436458.html
-> https://www.watson.ch/schweiz/migration/841797313-bundesrat-will-bericht-zu-asylverfahren-in-drittstaaten-erstellen
-> https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/bundesrat-will-bericht-zu-asylverfahren-in-drittstaaten-erstellen-66708344
Bundesrat macht Fehler bei Grenzkontrollen-Vorstoss: Da hat sich die SVP zu früh gefreut
Der Bundesrat empfiehlt einen Grenzkontrollen-Vorstoss der SVP zur Annahme? Ein Lapsus in der Bundesverwaltung sorgte für Verwirrung.
https://www.blick.ch/politik/bundesrat-macht-fehler-bei-grenzkontrollen-vorstoss-da-hat-sich-die-svp-zu-frueh-gefreut-id19437244.html
Vermehrt erhalten Roma den Schutzstatus S – das wirft Fragen auf
In den vergangenen Monaten beantragten viele Roma in der Schweiz den Schutzstatus S. Doch einige von ihnen sprechen weder Ukrainisch noch Russisch.
https://www.watson.ch/schweiz/migration/445961273-vermehrt-erhalten-roma-den-schutzstatus-s-das-wirft-fragen-auf
Vorwürfe gegen geflüchtete Roma: «Macht einer eine Dummheit, werden alle angeschwärzt»
Demolierte Wohnungen und falsche Pässe: Vielerorts steigt der Unmut gegenüber geflüchteten Roma. Der Direktor der Roma Foundation erklärt, was hinter den Problemen steht.
https://www.tagesanzeiger.ch/roma-debatte-macht-einer-eine-dummheit-werden-alle-angeschwaerzt-803224334990
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/vorwuerfe-an-roma-bis-jetzt-haben-wir-keine-beweise-von-gekauften-papieren
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tagblatt.ch 15.02.2024
«Solidarität wird strapaziert» – St.Galler Regierung bezieht nach nationalem Wirbel Stellung zu Roma-Familien mit Schutzstatus S
Mitte-Kantonsrat Boris Tschirky befürchtet, dass Roma den Schutzstatus S missbrauchen. Jetzt hat die St.Galler Regierung einen Vorstoss des Gaiserwalder Gemeindepräsidenten beantwortet. Sie bestätigt, dass es Probleme gibt.
Rossella Blattmann
«Schutzstatus S – quo vadis?» Diese Frage stellte Mitte-Kantonsrat Boris Tschirky zu Beginn des laufenden Jahres in einer Einfachen Anfrage an die St.Galler Regierung. Tschirky witterte einen systematischen Missbrauch des Asylwesens in Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg.
Doch die Debatte hat längst auch die nationale Ebene erreicht. Wie die «Neue Zürcher Zeitung» berichtet, fordert Tschirkys Parteikollege und St.Galler Ständerat Beni Würth, der Bund solle den Schutzstatus S anpassen.
Brief an Beat Jans
Inzwischen hat die St.Galler Regierung das Geschäft, nur einen Monat nachdem Tschirky den Vorstoss eingereicht hat, bearbeitet. In ihrer Antwort anerkennt sie die Problematik. Selbst mit erhöhten Ressourcen stiessen die Behörden mit Fortdauer des Krieges sowohl aus Sicht der Infrastruktur als auch aus personellen und finanziellen Gründen an ihre Grenzen. «Eine grosse Belastung stellen dabei in zunehmendem Masse insbesondere Grossfamilien dar, die der Bund in den letzten Monaten dem Kanton St.Gallen zugewiesen hat und die gemäss Meldungen der Gemeinden offenbar der ethnischen Minderheit der Roma in Europa zugehören», schreibt die Regierung.
Aufgrund der Grösse der Familienverbände sowie der besonderen Bedürfnisse der Kinder stellten sie für die Mitarbeitenden und für die Strukturen auf kantonaler wie auf kommunaler Ebene bei der Suche nach Unterkünften sowie bei der Organisation der Beschulung, der Sozialhilfe, der gesundheitlichen Betreuung eine «besondere Herausforderung» dar. Weiter heisst es: «Die Solidarität und Kooperationsbereitschaft wird gerade von dieser Gruppe über Gebühr strapaziert, indem ihrerseits die Zusammenarbeit mit den Behörden erschwert oder gar verweigert wird.»
Und sie bezeichnet den Schutzbedarf mancher Roma-Grossfamilien, die dem Kanton St.Gallen mit Status S aus der Ukraine zugewiesen werden, als «fraglich». Das Migrationsamt stelle auch immer wieder fest, dass Roma-Familien das Land kurz nach Gewährung des Schutzstatus und Belegung einer kommunalen Unterkunft wieder verliessen und dafür bei der Ausreise auch von Rückkehrhilfe profitierten.
Die Erteilung des Schutzstatus S ist Sache des Bundes, sprich, des Staatssekretariates für Migration (SEM). Die Kantone haben kein Mitbestimmungsrecht. Der stellvertretende Vorsteher der Sicherheits- und Justizdepartements, Marc Mächler (FDP), hat gemäss Regierung darum Ende Januar einen Brief an Bundesrat Beat Jans (SP), Vorsteher des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD), geschrieben. Jans wird gebeten, «umgehend Varianten und Lösungswege zu erarbeiten, um zu verhindern, dass diese Personengruppe die schweizerische Rechtsordnung und die Hilfsstrukturen für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine missbraucht.» Eine Antwort auf das Schreiben ist laut Regierung noch ausstehend.
Migrationsamt will Pässe besser prüfen
Dass die Hälfte der im November und Dezember 2023 dem Kanton St.Gallen zugewiesenen Personen mit Schutzstatus S Roma gewesen sein sollen, kann die Regierung derweil weder bestätigen noch dementieren. Weder SEM noch Kanton würden die Ethnie systematisch erfassen. Aus diesem Grund sei es auch nicht möglich zu sagen, ob St.Gallen mehr Roma-Geflüchtete zugewiesen bekommt als andere Kantone. Die Regierung weist ausserdem darauf hin, dass das Migrationsamt derzeit evaluiere, inwiefern bei der biometrischen Erfassung für den Ausländerausweis die Echtheit der vorgewiesenen Pässe besser geprüft werden könne.
Derweil haben zwei Ostschweizer SVPler – der Kirchberger Kantonsratskandidat Marc Keller und der Salensteiner Daniel Oriesek – vor wenigen Tagen eine Petition zum Thema eingereicht.
(https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/ressort-ostschweiz/ukraine-krieg-solidaritaet-wird-strapaziert-stgaller-regierung-bezieht-nach-nationalem-wirbel-stellung-zu-roma-familien-mit-schutzstatus-s-ld.2580520)
+++GASSE
«BaZ direkt» – der tägliche PodcastMehr Bettler in Basel: Warum wir gelassen bleiben sollten
Nach einem kurzzeitigen Rückgang steigt die Zahl der Bettler – meist Menschen aus Osteuropa – erneut an.
https://www.bazonline.ch/baz-direkt-der-taegliche-podcast-wieder-mehr-bettler-in-basel-warum-wir-dennoch-gelassen-bleiben-sollten-770221062545
+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Bundeshaus-Attacke – Aktivist Eric: Schon abends war ich wieder frei
Klimaaktivist Eric verschandelte letzte Woche das Bundeshaus. Er wurde angezeigt. Eric weiss aber: «Es kann Jahre dauern, bis der Fall bearbeitet wird.»
https://www.nau.ch/news/schweiz/bundeshaus-attacke-aktivist-eric-schon-abends-war-ich-wieder-frei-66706254
«Die ‹Anti-Chaoten-Initiative› zwingt die Polizei zu teuren Einsätzen»
Am 3. März kommt die «Anti-Chaoten-Initiative» der Jungen SVP an die Urne. Wird die Initiative angenommen, wird das kantonale Polizeigesetz massiv verschärft. Während Leandra Columberg (SP) in der Initiative eine Gefahr für die Grundrechte sieht, beteuert Nina Fehr Düsel (SVP), dass wer friedlich demonstriert, nichts zu befürchten habe.
https://tsri.ch/a/clskdb4d7023a7x2tom2bps3k/anti-chaoten-initiative-svp-gegen-sp-nina-fehr-duesel-leandra-columberg
Traktoren auf Brücken: Bauernproteste erreichen den Kanton Bern
Die Gruppe «Bauern für euch» will am Freitagabend auf Brücken protestieren. Auch im Kanton Bern ist eine Aktion geplant.
https://www.derbund.ch/bauernproteste-erreichen-den-kanton-bern-476461953251
+++KNAST
tagblatt.ch 15.02.2024
Rundgang hinter Gittern: Das «Bitzi» war einen Abend für Nichtinsassen geöffnet
Wie sieht der Alltag im «Bitzi» aus? Am Mittwoch gewährte das Massnahmenzentrum in Mosnang Einblicke in seine Institution. Auch Regierungsrat Marc Mächler nahm an der Führung teil.
Christof Lampart
«Kuschelig» war an diesem Abend wenig. Zwar gibt’s im «Bitzi» tatsächlich ein Zimmer für Verliebte, doch wird dieses sehr wenig genutzt. «Wir bieten das nur Insassen an, die in einer langen und festen Beziehung sind. Sich einfach eine Frau hierher zu bestellen, geht nicht», erklärt Marcel Egger, Leiter Berufliche Integration auf dem Rundgang. Aktuell kommen nur zwei Männer in den Genuss. Und das auch nur bei Wohlverhalten. «Wir sind da sehr restriktiv», so Egger. Organisiert wurde der Rundgang von der FDP Mosnang.
Auch ein Blick in ein Zimmer, das aktuell leer steht, kann geworfen werden. Es ist sauber und zweckdienlich, hat aber weit mehr den «Charme» einer Jugendherberge von vor 40 Jahren als den eines «normalen» Zimmers. Geschweige denn eines Hotelbetriebs. Luxuriös ist hier nichts.
Insassen erhalten eine Perspektive
Doch das braucht es auch nicht zu sein. Denn wer ins «Bitzi» verlegt wird, hat zumindest wieder eine Perspektive. Eine, die zwar in vielen Fällen noch ziemlich vage ist. Aber eben: doch vorhanden. Der Leiter Soziale Reintegration, Patrick Dort, der an diesem Abend den erkrankten «Bitzi»-Direktor Claudio Vannini vertritt, verdeutlicht, was «Perspektive» bedeuten kann. «Von drei Tagen bis 3470 Tagen Aufenthaltsdauer hatten wir schon alles hier. Im Schnitt ist jemand 496 Tage hier», so Dort.
Dass die rund 60 Personen, die an diesem Abend gekommen waren, sich so im Bitzi informieren und umsehen konnten, begrüsste Regierungsrat Marc Mächler, der aktuell auch Justizminister des Kantons St.Gallen ist. «So eine Führung ist nicht selbstverständlich, aber doch auch wichtig – denn schliesslich haben Institutionen wie das Bitzi auch einen Öffentlichkeitsauftrag», erklärte Mächler.
Weshalb die FDP Mosnang diesen Abend organisierte, begründete FDP-Kantonsrat Ruben Schuler so: «Wir haben uns überlegt, wo man in Mosnang den Kanton am meisten spürt – und da sind wir darauf gekommen, dass dies das ‹Bitzi› sein müsste.»
Deliktbearbeitung bei individueller Therapie
Einfach ist eine Öffnung des «Bitzi» für Nichtinsassen jedoch nicht. Schliesslich gilt es dabei problemlos an Straftätern mit einer psychischen Störung und/oder einer Suchterkrankung vorbeizukommen. So etwas will organisiert sein. Weshalb der Beginn des über drei Stunden dauernden Anlasses – bestehend aus Infoblock, Rundgang, Podium und Apéro – in die späten Abendstunden verlegt wird – wenn die Insassen wieder auf ihren Zimmern sind.
Im «Bitzi» werden individuell geplante milieutherapeutische und forensische Behandlungen durchgeführt. Die Hauptziele für die Insassen sind dabei die Deliktbearbeitung, die Risikominderung und die Reintegration in die Gesellschaft. Oder wie die Leiterin des kantonalen Amts für Justizvollzug, Barbara Reifler, erklärte: «Die Rückführung ist ein Kerngebiet des Strafvollzuges. Die Insassen sollten am Ende unsere Nachbarn werden können.»
Durch Behandlung Rückfallgefahr verringern
An diesem hochgesteckten Ziel halten die Betreuenden eisern fest. Denn Patrick Dort weiss: «Es braucht die Strafe, den Freiheitsentzug. Aber innerhalb dessen sollte man alles tun, damit die Insassen später wieder den Anschluss an die Gesellschaft finden.» Das populistisch oft verlangte «endgültige Wegsperren» von Straftätern sei hingegen weder zielführend noch billig.
Thierry Urwyler, Senior Researcher im Amt für Justizvollzug und Wiedereingliederung des Kantons Zürich, erklärte die Wirkungen der unterschiedlichen Massnahmen: «Werden Straffällige wie im «Bitzi» behandelt, so kann man nach der Entlassung von einer Rückfallgefahr von 11 bis 15 Prozent ausgehen. Bei lange Weggesperrten beträgt die Rückfallquote hingegen 50 Prozent.»
Eine Garantie, dass ein Entlassener nicht rückfällig wird, gibt es jedoch nicht. «Es gibt immer ein Risiko. Von den Wetterprognosen wissen wir ja auch: sie sind wahrscheinlich, aber wir wissen es nicht hundertprozentig. Und genauso ist es auch hier», so Barbara Reifler.
(https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/toggenburg/rundgang-hinter-gittern-das-bitzi-war-einen-abend-fuer-nichtinsassen-geoeffnet-ld.2580712)
++++BIG BROTHER
Nach Streit in Berner Bar: Polizei fahndet mit Internetpranger nach mutmasslichen Tätern
Die Kantonspolizei Bern veröffentlicht verpixelte Fotos von zwei Verdächtigen. Sollte sich niemand melden, werden die Bilder in einer Woche unverpixelt veröffentlicht.
https://www.derbund.ch/nach-streit-in-berner-bar-polizei-fahndet-mit-internetpranger-nach-mutmasslichen-taetern-847306875483
+++POLIZEI ZH
Fall Wilson A. am Zürcher Obergericht: Freispruch für Polizist, der herzkranken Mann gewürgt haben soll
Das Obergericht hat dem Beamten zudem 48’000 Franken Prozessentschädigung zugesprochen. Das Publikum reagierte entsetzt.
https://www.tagesanzeiger.ch/fall-wilson-a-am-zuercher-obergericht-als-der-polizist-sagt-das-verfahren-belaste-ihn-raunt-der-ganze-saal-953269403452
-> https://www.facebook.com/allianzgegenracialprofiling
-> Regi ZH Morgen: https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/polizisten-stehen-wegen-eskalierter-kontrolle-vor-obergericht?id=12539918
-> Regi ZH: Mittag: https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/prozess-gegen-polizist-zuercher-obergericht-muss-entscheiden?id=12540032
– Regi ZH Abend: https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/katholiken-spueren-die-konsequenzen-der-missbrauchsvorwuerfe?id=12540311 (ab 04:58)
-> https://www.blick.ch/schweiz/antraege-abgewiesen-zuercher-obergericht-setzt-prozess-gegen-polizisten-fort-id19436217.html
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/vorwurf-des-racial-profilings-polizeigewalt-zuercher-obergericht-behandelt-eskalierte-kontrolle
-> https://www.20min.ch/story/racial-profiling-stadtpolizisten-verpruegelten-wilson-a-nun-stehen-sie-vor-gericht-103042702?version=1707988214533
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/schweiz/zuerich-protest-gegen-rassismus-jetzt-spricht-erstmals-wilson-a-ld.2580572
-> https://www.zueritoday.ch/zuerich/der-fall-wilson-a-eskalierte-polizeikontrolle-beschaeftigt-zuercher-justiz-156236148
-> https://www.zueritoday.ch/zuerich/fall-wilson-a-anwalt-fordert-verurteilung-eines-zuercher-stadtpolizisten-156255515?autoplay=true&mainAssetId=Asset%3A156255867
-> https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/wurde-an-wilson-a-polizeigewalt-ausgeuebt-00232145/
-> Schweiz Aktuell: https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/polizeigewalt-vor-zuercher-obergericht?urn=urn:srf:video:152d6572-31a1-48fa-bfd2-baae82ea9443
-> https://www.watson.ch/schweiz/justiz/415900301-zuercher-obergericht-spricht-polizisten-frei
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/zurcher-obergericht-spricht-polizisten-frei-66708592
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/zuerich/zuerich-obergericht-spricht-polizeibeamten-in-racial-profiling-fall-frei-ld.2580602
-> https://www.zueritoday.ch/zuerich/stadt-zuerich/zuercher-obergericht-spricht-polizist-im-fall-wilson-a-frei-156261457?autoplay=true&mainAssetId=Asset%3A156261153
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nzz.ch 15.02.2024
Zürcher Obergericht spricht Polizisten frei: «Es war kein Racial Profiling»
Eine Polizeikontrolle, die im Jahr 2009 in Zürich aus dem Ruder lief, beschäftigt nach 14 Jahren immer noch die Justiz. Auch das Obergericht hat einen 48-jährigen Polizisten nun freigesprochen.
Tom Felber
Vor dem Gebäude des Obergerichts demonstrieren Aktivisten der Allianz gegen Racial Profiling, zuvor hielten sie in der Helferei eine Medienkonferenz ab, bei der auch das angebliche Polizeigewaltopfer als «Wilson A.» auftrat. Im Gerichtssaal betont der vorsitzende Richter dann allerdings ziemlich früh: «Ein Racial Profiling ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.» In der Anklage werde dem beschuldigten Polizisten gar kein Racial Profiling vorgeworfen.
Es sei den ursprünglich drei angeklagten Polizisten von der Staatsanwaltschaft nie zum Vorwurf gemacht worden, dass ihre Kontrolle unrechtmässig gewesen sei. Das Gericht sei an die Anklage gebunden und habe nur einen Anklagesachverhalt juristisch zu beurteilen.
Auslöser seiner Erklärungen sind zahlreiche Beweis- und Sistierungsänträge des Anwalts des Privatklägers Wilson A., die vom Gericht nach halbstündiger Beratung allesamt abgelehnt werden. Sämtliche dieser Anträge seien bereits früher gestellt und abgelehnt worden.
Der Gerichtssaal ist mit Zuschauern prall gefüllt. Als diese während der Befragung des beschuldigten Polizisten mehrmals akustische Reaktionen von sich geben, droht der Gerichtsvorsitzende den Saal im Wiederholungsfall räumen zu lassen und den Prozess ohne Publikum weiterzuführen. Dazu kommt es dann aber nicht.
Freisprüche von zwei Polizisten bereits früher akzeptiert
Vor den drei Oberrichtern sitzt ein 48-jähriger Stadtpolizist. Zusammen mit einer Arbeitskollegin und einem Arbeitskollegen wurde er im April 2018 vom Bezirksgericht Zürich vom Vorwurf des Amtsmissbrauchs und der Gefährdung des Lebens freigesprochen. Zwei der Freisprüche sind rechtskräftig. Der heute 50-jährige Wilson A. hat nur den Freispruch des 48-Jährigen angefochten, welcher Vorgesetzter der beiden anderen war. Sein Anwalt fokussiert sich auf die Behauptung, dass Wilson A. von diesem Polizisten gewürgt worden sein soll.
Die Staatsanwältin, die das Verfahren ursprünglich mehrfach hatte einstellen wollen und erstinstanzlich selber auf Freisprüche plädiert hatte, hat sich für den Berufungsprozess dispensieren lassen. Sie beantragt Bestätigung des Freispruchs.
Im Oktober 2009 wollten drei Angehörige der Zürcher Stadtpolizei nachts gegen 0 Uhr 45 in einem Tram der Linie 9 zwei dunkelhäutige Männer kontrollieren. Wilson A., ein damals 36-jähriger gebürtiger Nigerianer, weigerte sich, seinen Ausweis zu zeigen. Er soll den Polizisten sofort vorgeworfen haben, ihr Verhalten sei rassistisch. Und er wurde wütend.
Der Privatkläger beschuldigt die Polizisten, ihn bei der Kontrolle zusammengeschlagen, gewürgt und mit Pfefferspray besprüht zu haben. Dies, obwohl er sie auf eine Herzoperation und seinen Herzschrittmacher aufmerksam gemacht habe. Die Polizisten sprachen vor Vorinstanz von einer Notwehrsituation. Der Mann habe sie angegriffen, und von einer Herz-OP sei nie die Rede gewesen.
Vor Bezirksgericht hatte der inzwischen verstorbene Rechtsanwalt des Privatklägers acht Stunden lang plädiert, letztlich vergebens.
Rechtsanwalt spricht von «Blutwürger»
Im Berufungsprozess betont der neue Anwalt von Wilson A., es sei eben gerade der springende Punkt des Falls, dass das Racial Profiling nicht angeklagt sei. Es stimme nicht, dass die Kontrolle rechtmässig gewesen sei. Seit Jahren würden alle Anträge des Privatklägers abgelehnt, mit denen er das beweisen könnte. In seinem Vortrag hält sich der Anwalt an eine Redezeitbeschränkung von zwei Stunden, die ihm vom Obergericht aufgrund der Erfahrungen vor Vorinstanz auferlegt worden ist.
Der Anwalt verlangt in seinem Hauptantrag, eine Verurteilung des Polizisten wegen eventualvorsätzlicher versuchter Tötung und Amtsmissbrauchs. Der Polizist habe seinen Mandanten von hinten zehn Minuten lang in einen Würgegriff genommen, den sogenannten «Blutwürger». Dass es keine Notwehrsituation für die Polizisten gewesen sei, belege das deutliche Verletzungsbild seines Mandanten, während die Polizisten keinen Kratzer erlitten hätten.
Die Beschränkung der Berufung auf den 48-Jährigen sei erfolgt, weil dieser als Vorgesetzter die Befehlsgewalt über die beiden anderen Polizisten ausgeübt habe.
Der Verteidiger hält gemäss eigenen Angaben «das kürzeste Plädoyer, das er je gehalten» habe. Beim Vorfall handle es sich nicht um Racial Profiling. Das Reizwort sei von der Verteidigung nur eingebracht worden, um mediale Aufmerksamkeit zu erregen. Die Kontrolle sei erfolgt, weil Wilson A. einem Mann auf einem Fahndungsfoto ähnlich gesehen habe. Der Privatkläger habe dann verhaftet werden müssen, weil er sich fürchterlich aufgeregt habe. Die Polizisten hätten vorschrifts- und verhältnismässig reagiert.
5000 Franken Genugtuung für den Angeklagten
Das Obergericht spricht den beschuldigten Polizisten am Abend frei. Er erhält eine Genugtuung von 5000 Franken. Der Gerichtsvorsitzende zitiert ausführlich aus der vorinstanzlichen Begründung der Freisprüche der beiden anderen Polizisten und erklärt, es sei absurd, wenn der Privatkläger die Begründungen dieser Freisprüche akzeptiert habe und trotzdem eine Verurteilung des 48-Jährigen fordere.
Der Anwalt des Privatklägers habe «trotzig» komplett an der Aktenlage vorbeiargumentiert, erklärt der Richter. Ein Racial Profiling habe nicht stattgefunden. Die Polizei habe an jenem Abend einen dunkelhäutigen Mann gesucht, und sie habe einen dunkelhäutigen Mann kontrolliert. Wenn sie einen weissen Mann gesucht hätte, hätte sie weisse Männer kontrolliert. Was der Privatkläger letztlich verlange, sei, dass dunkelhäutige Männer gar nicht mehr polizeilich kontrolliert werden dürften. Das sei «wirklich weltfremd».
Der Privatkläger habe die Situation durch sein eigenes Verhalten eskalieren lassen. Die Aktenlage ergebe ein «völlig klares und zwingendes Bild»: Der Privatkläger habe völlig widersprüchlich ausgesagt. Es gebe keinerlei Indizien für ein 10-minütiges «Blutwürgen». Es gebe weder medizinische Indizien dafür, noch habe Wilson A. dies selber geschildert. Sein Kollege habe Aussagen von ihm nicht bestätigt und auch kein Würgen erwähnt. Die Aussagen der Polizisten seien hingegen glaubhaft.
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Urteil SB180444 vom 15. 2. 2024, noch nicht rechtskräftig.
(https://www.nzz.ch/zuerich/freispruch-fuer-polizisten-der-herzkranken-mann-gewuergt-haben-soll-ld.1814167)
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tagesanzeiger.ch 15.02.2024
Kommentar zu angeblicher Polizeigewalt: Der Fall Wilson A. hinterlässt einen schalen Nachgeschmack
Der Leiter einer Zürcher Polizeipatrouille, die den dunkelhäutigen Wilson A. schwer verletzte, wurde freigesprochen. Das Urteil ist vertretbar – der Fall wirft aber Fragen auf.
Liliane Minor
Das Obergericht hat den Leiter einer dreiköpfigen Polizeipatrouille freigesprochen, die den dunkelhäutigen, herzkranken Wilson A. bei einer Personenkontrolle schwer verletzt und möglicherweise in Lebensgefahr gebracht hat.
Mag sein, dass die drei Beamten von der Herzkrankheit nichts wussten. Dass Wilson A. unwirsch, ja aggressiv reagierte. Dass sie ihn mit einem gesuchten afrikanischen Verbrecher verwechselten. Der Freispruch ist vor diesem Hintergrund vertretbar.
Dennoch hinterlässt der Fall einen schalen Nachgeschmack. Weil er exemplarisch steht für den Umgang der Justiz mit überschiessender Gewalt durch Ordnungshüter wie Polizeikräfte und Gefängnisaufseher.
Da ist etwa der offensichtliche und gut dokumentierte Unwille der Staatsanwaltschaft, überhaupt eine Strafuntersuchung einzuleiten und das schwerstmögliche Delikt einzuklagen. Ähnlich unwillig zeigt sich die Staatsanwaltschaft bei der Untersuchung der Übergriffe von Gefängnisaufsehern gegen Brian Keller. Oder beim Tod von Mike Ben Peter, der an schweren Verletzungen starb, nachdem er im Waadtland verhaftet worden war.
Dabei gilt in der Strafuntersuchung – anders als vor Gericht – eigentlich der Grundsatz «In dubio pro duriore», auf Deutsch «Im Zweifel für die (härtere) Anklage». Mit gutem Grund: Über Schuld oder Unschuld zu entscheiden, obliegt dem Gericht.
Zeugen oder Beschuldigte?
Da ist aber auch der Unwille des Gerichts, weitere Beweise zu erheben, selbst wenn die Sachlage hoch strittig ist. Im Fall Wilson A. hätten zum Beispiel die zwei freigesprochenen Beamten als Zeugen einvernommen werden können. Als Zeugen hätten sie der Wahrheitspflicht unterstanden, als Beschuldigte nicht. Das Obergericht verzichtete. Auch ein gerichtsmedizinisches Gutachten liegt keines vor.
Da ist aber auch der Umgang mit dem, was Kritiker «Korpsgeist» nennen. Will heissen: Ordnungshüter halten oft zusammen und stimmen ihre Aussagen ab. Bei anderen Beschuldigten gälte das als verdächtig – bei Ordnungshütern aber sind Absprachen plötzlich kein Problem mehr. Im Fall Brian Keller ist solcherlei mehrfach dokumentiert.
Sicher, die meisten Ordnungshüter machen einen guten Job. Klar ist auch, dass sie mitunter nicht darum herumkommen, gewaltsam gegen Menschen vorzugehen, die sie und andere gefährden.
Und ja, der Staat muss funktionieren können, ohne dass sich seine Organe – gerade auch jene, die in seinem Namen Gewalt ausüben dürfen und müssen – ständig vor juristischen Konsequenzen fürchten müssen.
Aber gerade weil Ordnungshüter die Lizenz zur Gewalt haben, braucht es spätestens dann eine saubere Aufklärung, wenn sie Menschen schwer verletzen oder töten. Dann darf kein Schritt zu viel sein, keine Abklärung zu mühsam. Das liegt auch im Interesse der Ordnungshüter selbst. Nichts schadet dem Vertrauen mehr als der Anschein von Befangenheit.
Das Bundesgericht sagte es kürzlich im Urteil gegen einen Aufseher von Brian so: Es gehe eben auch um den Schutz der Bürger vor Willkür und unkontrollierter staatlicher Macht und um das Interesse des Staates an pflichtbewussten, zuverlässigen Beamten. Dem ist nichts beizufügen.
(https://www.tagesanzeiger.ch/obergericht-zuerich-fall-wilson-a-hinterlaesst-einen-schalen-nachgeschmack-196566017671)
+++POLIZEI CH
Tötungsdelikte in Laupen und Zürich: Wenn die DNA-Probe plötzlich ungeklärte Mordfälle löst
Ein DNA-Test bringt einen Mann mit Verbrechen in Verbindung, die Jahre zurückliegen. Wie häufig kommt das vor? Und wie genau funktioniert DNA-Profiling?
https://www.derbund.ch/toetungsdelikte-in-laupen-und-zuerich-wenn-kommissar-dna-hilft-554078082253
+++RASSISMUS
Antisemitismus in der Romandie steigt explosionshaft an – 68 Prozent mehr Vorfälle registriert
Ein neuer Bericht zeigt, dass die jüngste Eskalation im Nahostkonflikt zu einer deutlichen Zunahme der antisemitischen Vorfälle in der Westschweiz geführt hat.
https://www.tagblatt.ch/schweiz/nach-hamas-terrorangriff-antisemitismus-in-der-romandie-steigt-explosionshaft-an-68-prozent-mehr-vorfaelle-registriert-ld.2580692
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/vorfaelle-2023-antisemitismus-siebenmal-mehr-schwere-taten-in-der-westschweiz
-> https://www.baerntoday.ch/schweiz/antisemitische-vorfaelle-sind-in-der-westschweiz-um-68-prozent-gestiegen-156252448
-> https://cicad.ch/communiques/antisemitisme-en-suisse-romande-hausse-alarmante-des-cas-en-2023/
-> https://www.watson.ch/schweiz/rassismus/135632349-antisemitische-vorfaelle-steigen-in-der-westschweiz-um-68-prozent-an
-> https://twitter.com/bwg_bern/status/1758103217617969406
-> https://www.tachles.ch/artikel/news/starker-anstieg-von-antisemitischen-vorfaellen
-> Schweiz Aktuell: https://www.telezueri.ch/zuerinews/fall-von-racial-profiling-vor-zuercher-obergericht-156260671
-> https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/nach-hamas-terrorangriff-antisemitismus-in-der-romandie-steigt-explosionshaft-an-68-prozent-mehr-vorfaelle-registriert-ld.2580692
+++RECHTSEXTREMISMUS
Forgotten Tomb: Italienische Skandal-Band soll in Aarburg auftreten
An einem Black-Metal-Festival in Aarburg AG steht die kontroverse Band Forgotten Tomb im Line-up. Diese wurde vor rund einem Jahr in Köniz BE ausgeladen.
https://www.20min.ch/story/forgotten-tomb-italienische-skandal-band-soll-in-aarburg-auftreten-103042447
-> https://www.argoviatoday.ch/aargau-solothurn/juso-aargau-fordert-ausladung-zweier-metal-bands-156258353
-> https://twitter.com/antifa_bern/status/1758185799940477013
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aargauerzeitung.ch 15.02.2024
Juso verlangen Absage von Black-Metal-Festival – Stadtrat verbot schon mal ein Konzert
Am Samstag soll in der Aarburger Musigburg Black-Metal-Festivals «Noche Oscura» stattfinden – in linken Kreisen sorgt das für Empörung. Der Stadtrat hat ein Auge darauf.
Silja Jäger und Janine Müller, ZT
«Der Kanton Aargau und die Stadt Aarburg müssen Nazi-frei bleiben!», das fordern die Aargauer Jungsozialisten in einer Medienmitteilung. Darin weisen die Juso daraufhin, dass am Samstag im Aarburger Kulturlokal Musiburg ein Black-Metal-Festival mit dem Namen «Noche Oscura» stattfinden soll.
Black Metal sei mehrheitlich von satanistischen Texten dominiert, die meist eher unpolitisch anmuten, halten die Juso fest. Ganz anders sei das aber beim sogenannten «National Socialist Black Metal», «eine Strömung, bei welcher die Bands durch neonazistische Texte und/oder Symbolik auffallen». Die Juso behaupten: «Vier der sieben auftretenden Bands an der ‹Noche Oscura› grenzen sich nicht von solchen Ideologien ab oder vertreten diese sogar aktiv.» So sei der Leadsänger der norwegischen Band «Carpathian Forest» offen frauenfeindlich und rassistisch.
Leadsänger sei queerfeindlich und antisemitisch
Auch die italienische Band «Forgotten Tomb» stehe in Verbindung mit der genannten Szene und stand beim Label «Treblinka Productions» unter Vertrag (Anm. d. Red.: Gemäss Website sind «Forgotten Tomb» aktuell beim Label «Argonia Records» unter Vertrag). «Wichtig zu erwähnen ist, dass Treblinka ein bekanntes nationalsozialistisches Vernichtungslager in Polen war, wo bis zu einer Million Menschen systematisch getötet wurden», halten die Juso fest. Der Leadsänger «Herr Morbid» sei zudem häufig für queerfeindliche und antisemitische Äusserungen kritisiert worden.
Melanie Del Fabro, Vorstandsmitglied der Juso Aargau lässt sich wie folgt zitieren: «Bands, die nationalistische und frauenverachtende Ansichten vertreten, verdienen keine Bühne!» Die neonazistische Band «Forgotten Tomb» versuche nicht zum ersten Mal in der Schweiz aufzutreten. «Bereits im Jahr 2022 hätte die Gruppe an einem Festival in Köniz BE spielen sollen», schreiben die Juso. Dieses Festival sei nach einem Aufruf durch die örtliche Antifa kurzfristig abgesagt worden. Die betroffene Band «Forgotten Tomb» hat bereits 2015 die Vorwürfe abgestritten. Der Leadsänger meinte, dass man naiv gewesen sei und die Songtexte provokativ gemeint waren.
Die Juso fordern: «So müssen auch die Musigburg und die Gemeinde Aarburg Haltung zeigen und Menschenfeindlichkeit keine Bühne geben. Wir fordern die sofortige Absage der ‹Noche Oscura›.»
Stadtpräsident: «Rechtsradikales wollen wir nicht»
Der Aarburger Stadtpräsident Hans-Ulrich Schär stand am Donnerstag in Kontakt mit den Betreibern der Musigburg. Auf Anfrage des ZT sagt er: «Vor ein paar Jahren haben wir schon mal ein Konzert abgesagt, weil uns der Staatsschutz darauf hingewiesen hatte, dass der Sänger problematisch ist.» Es habe sich damals um ein Konzert in der Mehrzweckhalle, die im Besitz der Stadt ist, gehandelt. «Bis jetzt haben wir von übergeordneten Behörden noch keine Warnung zum angekündigten Festival erhalten.» Man warte jetzt ab, wie die Veranstalter reagieren.
Es ist nicht das erste Mal, dass die Musigburg mit rechtsradikalen Bands in Verbindung gebracht wird. Ist der Stadtrat Aarburg auch darum nicht gewillt, das Lokal finanziell zu unterstützen? «Nein, da gibt es keinen kausalen Zusammenhang», antwortet Schär. Er hält aber fest: «Rechtsradikales wollen wir nicht.»
«Noche Oscura» findet mit grosser Wahrscheinlichkeit statt
Auf Anfrage des ZT schildert Geschäftsleiter Ronald Url die Situation für die Musigburg. «Für uns ist es eine verzwickte Situation», erklärt er. Es sei das erste Mal, dass solche Probleme entstanden seien. Vorwürfe zu rechtsextremen Haltungen auftretender Bands gab es allerdings in den vergangen Jahren bereits. Trotzdem sagt Url: «Uns ist wichtig, dass keine Politik auf der Bühne steht.» In der Hausordnung sei aufgeführt, dass radikale Bands nicht auftreten dürfen. Diesen Vertrag hat der Veranstalter der «Noche Oscura» unterschrieben. Es sei die Pflicht des Veranstalters, diese Regeln einzuhalten.
«Ich verstehe nicht, wieso gerade jetzt eine Diskussion stattfindet», sagt Url. Denn die Band «Forgotten Tomb» trat 2020 bereits zwei Mal in der Musigburg auf. Zusätzlich betreffen die Anschuldigungen Aussagen, welche mehr als zehn, teilweise sogar mehr als 20 Jahre zurückliegen würden. Der Zeitpunkt sei «komisch», so Url.
Der Musigburg-Betreiber hat zudem auf Anfrage Antwort vom Staatsschutz erhalten: Die Bands würden kein Problem darstellen. Da also keine handfesten Beweise im Raum stehen, findet die «Noche Oscura» voraussichtlich statt. «Würden Vorwürfe bestätigt werden, oder ein aktuelles, untolerierbares Ereignis vorfallen, würden wir das Konzert absagen», sagt Url. Die Musigburg habe sich auch mit Konzertveranstaltern, die sich mit Black Metal auskennen, in Verbindung gesetzt. Zusätzlich wird das Musigburg-Team am Samstag, sofern das Festival stattfindet, vergrössert. Die Musigburg will damit erreichen, dass besser kontrolliert werden kann, ob die Vorschriften der Hausordnung eingehalten werden. Der Veranstalter der «Noche Oscura» war aus zeitlichen Gründen am Donnerstag für ein Interview nicht erreichbar.
(https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/rechtsrock-konzert-in-der-musigburg-aarburg-juso-aargau-fordert-absage-ld.2580731)
+++HISTORY
Interview zu neuem Musik-Buch: «Als Louis Armstrong in Bern spielte, schrieb man vom ‹grunzenden Wilden›»
Der Berner Autor Samuel Mumenthaler hat ein Buch über Jazz geschrieben – und dafür im Spannungsfeld zwischen rassistischen Ressentiments und offener Begeisterung recherchiert.
https://www.derbund.ch/hot-jazz-als-fruehe-popkultur-buchautor-sam-mumenthaler-im-interview-792892003432
«Ich liebe dieses Leben»
Vor 25 Jahren hat sich Zülküf Yilmaz angezündet, um gegen die Verhaftung von Kurdenführer Öcalan zu demonstrieren. Er überlebte, doch der Weg aus den Flammen ¬dauert an. Wie schafft er es, nicht bitter zu werden?
https://www.shaz.ch/2024/02/15/ich-liebe-dieses-leben/