Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel/
+++BERN
Stadt Bern wird «Sicherer Hafen» für Geflüchtete
Die Stadt Bern erklärt sich zum «Sicheren Hafen» gemäss den Kriterien der Organisation Seebrücke. Damit bekräftigt sie unter anderem ihre Bereitschaft, aus Seenot gerettete Menschen direkt aufzunehmen und unterzubringen. Die Erklärung, die der Gemeinderat am 31. Januar 2024 verabschiedet hat, ist ein weiterer Schritt im städtischen Engagement zugunsten einer menschlichen und aktiven Asyl- und Flüchtlingspolitik.
https://www.bern.ch/mediencenter/medienmitteilungen/aktuell_ptk/stadt-bern-wird-sicherer-hafen-fuer-gefluechtete
-> https://www.derbund.ch/asylpolitik-stadt-bern-so-will-man-mehr-gefluechtete-aufnehmen-762417017501
-> https://www.20min.ch/story/erste-schweizer-stadt-bern-erklaert-sich-zum-sicheren-hafen-fuer-fluechtlinge-103041303
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/rettungsdienste-der-spitaeler-burgdorf-und-langenthal-fusionieren?id=12538145 (ab 01:53)
-> https://www.baerntoday.ch/bern/stadt-bern/stadt-bern-will-mehr-gefluechtete-als-bisher-aufnehmen-156221503
-> https://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/217950/
-> https://www.nau.ch/ort/bern/stadt-bern-wird-sicherer-hafen-fur-gefluchtete-66706332
-> https://www.blick.ch/politik/sicherer-hafen-bern-will-mehr-seenot-fluechtlinge-als-bisher-aufnehmen-id19425472.html
+++APPPENZELLL
Schwere Vorwürfe der illegalen Datenerhebung
Obergericht beurteilt Argumentation der Gemeinde Herisau als «nicht glaubhaft»
Hat die Beratungsstelle für Flüchtlinge der Gemeinde Herisau Flüchtlinge angewiesen, Informationen über die Familienbegleitung zu sammeln? Diesen Vorwurf erhebt die Organisation «Beratung und Betreuung für Migranten» und erhält vom Ausserrhoder Obergericht Recht. Die Gemeinde zieht das Urteil ans Bundesgericht weiter.
https://st-galler-nachrichten.ch/herisau/detail/schwere-vorwuerfe-der-illegalen-datenerhebung
Asylzentrum Rehetobel – Positive Bilanz nach zwei Monaten
Seit Mitte Dezember wird das ehemalige Altersheim in Rehetobel als temporäres Bundesasylzentrum genutzt. Im Vorfeld war die Unsicherheit gross und es wurden Bedenken geäussert. Nach zwei Monaten ziehen die Gemeinde und die zuständigen Bundesbehörden eine positive erste Bilanz.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-ostschweiz/asylzentrum-rehetobel-positive-bilanz-nach-zwei-monaten?id=12538703
++++LUZERN
Asylzentrum aufgestockt: Pfaffnau will nur Ukrainer – und Kameras
Das Asylzentrum St. Urban in Pfaffnau wird von 100 auf 160 Personen aufgestockt. Nun wendet sich der Gemeinderat mit einem Katalog an Forderungen an den Kanton.
https://www.zentralplus.ch/regionales-leben/pfaffnau-will-nur-ukrainer-und-kameras-2619590/
+++SCHWEIZ
nzz.ch 12.02.2024
Weil Roma das Schweizer System ausnutzen: Der Schutzstatus S soll überprüft werden
Immer mehr Nichtukrainer reisen mit gekauften Papieren in die Schweiz ein. Nun handelt die Politik. Der Mitte-Ständerat Beni Würth verlangt Anpassungen.
Christina Neuhaus
Mindestens die Hälfte der 470 Personen mit Schutzstatus S, die dem Kanton Graubünden seit Juli zugewiesen wurden, spricht weder Russisch noch Ukrainisch. Es handelt sich um Roma, die mit echten ukrainischen Pässen eingereist sind. Papiere, die offenbar auffällig oft von derselben Behörde, im selben Zeitraum und in derselben Gegend der Ukraine ausgestellt wurden.
Graubünden ist kein Einzelfall. Auch in anderen Kantonen kennt man das Problem. Denn die Roma haben mittlerweile einen sehr schlechten Ruf. Manche reisen ein, beziehen eine Wohnung, verlassen die Schweiz wieder, nur um ein halbes Jahr später zurückzukehren. Einige betteln, andere fallen wegen Lärmbelästigung auf, und viele hinterlassen nach der Abreise verschmutzte und verwüstete Wohnungen. Deshalb weigern sich immer mehr Vermieter, Wohnraum für Roma zur Verfügung zu stellen.
Politischer Druck bei Kanton und Bund
Roma werden in vielen osteuropäischen Ländern systematisch diskriminiert. Sie gelten als schlecht integrierbar, besuchten oft keine Schulen und können deshalb nicht oder nur schlecht schreiben und lesen. Einige Grossfamilien sind seit vielen Jahren auf organisierte Kriminalität spezialisiert.
In den Migrationsämtern der betroffenen Kantone kennt man die Probleme. Doch man ist weitgehend machtlos. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) sagt, die Echtheit aller ukrainischen Reisepässe werde überprüft. Ethnien würden aber keine erfasst. Wer also glaubhaft machen kann, dass er bei Kriegsausbruch einen Wohnsitz in der Ukraine hatte, wird vom Bund einem Kanton zugewiesen. Und dort müssen die Behörden dann nach einer Bleibe suchen.
Lange nahmen die betroffenen Kantone den Missstand hin. Doch nun regt sich politischer Widerstand. Den Anfang macht St. Gallen, wo das Problem mit den Roma ausgeprägt ist. Im Kantonsrat reichte der Mitte-Fraktionschef Boris Tschirky eine Einfache Anfrage ein, und auf nationaler Ebene macht nun Ständerat Beni Würth (ebenfalls Mitte) Druck. Wie er der NZZ bestätigte, will er mittels einer Motion erreichen, dass der Bundesrat Anpassungen beim Schutzstatus S vornimmt.
«Die Akzeptanz des Schutzstatus S nimmt ab», schreibt Würth. Heute sei es möglich, dass Personen auf den Schutzstatus S verzichteten, Rückkehrhilfe bezögen und nach einigen Wochen wieder einreisten, um den Schutzstatus erneut zu erlangen. «Dieser Tourismus kann nicht akzeptiert werden», sagt Würth: Solche Wiedereinreisen sollten unterbunden werden. Die Sekundärmigration innerhalb Europas müsse mit einer Anwendung des Dublin-Prinzips begrenzt werden.
Damit tönt der St. Galler Ständerat an, in welche Richtung sich die öffentliche Debatte entwickeln könnte. Denn der Schutzstatus S wird zunehmend hinterfragt. Als er im März 2022 als Reaktion auf den Krieg in der Ukraine erstmals aktiviert wurde, war die Solidaritätswelle riesig. Viele Schweizerinnen und Schweizer stellten Wohnraum für die geflüchteten Familien aus der Ukraine zur Verfügung oder nahmen sie bei sich zu Hause auf.
Wie lange braucht es den Schutzstatus S noch?
Im Verlauf des Krieges wurde zunehmend Kritik laut. Die Integration der geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainer in den Arbeitsmarkt stellte sich als viel schwieriger heraus als angenommen. Im Rahmen des steigenden Spardrucks will der Bundesrat deshalb prüfen, wie die Kosten beim Schutzstatus S und generell im Asylbereich reduziert werden können.
Hier setzt auch Würth ein: Wenn der Bundesrat den Kostendruck im Flüchtlingsbereich senken wolle, müssten mehr Ukrainerinnen und Ukrainer arbeiten. Zudem brauche es Anpassungen beim Schutzstatus S. Denn laut Experten sei zwar davon auszugehen, dass der Krieg in der Ukraine noch über Monate oder Jahre anhalte, dass sich aber die Frontlinien nicht mehr signifikant oder allenfalls nur sehr langsam veränderten. Mit anderen Worten: Langsam stellt sich die Frage, ob der Schutzstatus S nochmals erneuert werden soll.
(https://www.nzz.ch/schweiz/weil-roma-das-system-ausnutzen-schutzstatus-s-soll-ueberprueft-werden-ld.1804731)
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nzz.ch 10.02.2024
Immer mehr Roma profitieren vom Schutzstatus S
Die Schweiz gewährt Roma zunehmend den S-Status, auch wenn sie weder Ukrainisch noch Russisch sprechen. Verlassen sie die Schweiz, bleiben ihre Wohnungen oft in schlechtem Zustand zurück. Das lässt die Akzeptanz der Schutzsuchenden bröckeln.
Jenny Bargetzi
Der Krieg in der Ukraine zwingt noch immer Hunderttausende zur Flucht, unter ihnen auch Roma-Gruppen. Sie können in der Schweiz den Schutzstatus S beantragen. Wie das «St. Galler Tagblatt» kürzlich berichtete, erhalten in den Kantonen St. Gallen und Thurgau jedoch immer mehr Roma den Ausweis S, obwohl sie dazu nicht berechtigt sind. Sie stehen im Verdacht, das System auszunutzen. Auch andere Kantone beobachten inzwischen Ähnliches.
Keine anerkannte Minderheit
Im vergangenen Oktober lebten 66 143 Personen mit dem Schutzstatus S in der Schweiz. Damit erhalten Geflüchtete aus der Ukraine sofort Schutz, ohne ein reguläres Asylverfahren durchlaufen zu müssen. Sie werden den Kantonen zugeteilt und in den Gemeinden untergebracht, finanziell unterstützt und medizinisch versorgt. Demgegenüber stehen schätzungsweise 50 000 bis 80 000 Roma und Romni, also Männer und Frauen, die der ethnischen Gemeinschaft der Roma angehören und Romanes sprechen.
Die Roma werden in der Schweiz zwar toleriert und sind laut Bundesrat Teil der Gesellschaft, sind aber im Gegensatz zu Jenischen oder Sinti nicht als nationale Minderheit anerkannt. Ein entsprechendes Gesuch von zwei Schweizer Roma-Organisationen lehnte der Bundesrat 2018 ab, entgegen dem Europarat-Abkommen zum Schutz nationaler Minderheiten.
Nun scheinen einige Roma das 2022 aktivierte System des Schutzstatus S auszunutzen. Und dies nahezu in der ganzen Schweiz. Gaby Szöllösy, Generalsekretärin der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK), sagt auf Anfrage: «Die Roma mit Schutzstatus S sind fast schweizweit ein Thema.» Seit letztem Sommer würden zunehmend mehr Roma-Gruppen in der Schweiz den Status S erhalten, ohne ein ordentliches Asylverfahren durchlaufen zu müssen. Dies, obwohl sie eigentlich in eine andere Asylkategorie fallen.
Ähnlich verhalte es sich im Kanton Graubünden, sagt Georg Carl, Leiter Asyl und Rückkehr beim Amt für Migration und Zivilrecht des Kantons Graubünden. Carl spricht von einem klaren Trend. Genaue Zahlen fehlen jedoch, da die ethnische Zugehörigkeit der Schutzsuchenden nicht einzeln erfasst wird. Er vermute jedoch, dass mindestens die Hälfte der rund 470 Personen mit Schutzstatus S, die dem Kanton Graubünden seit Juli zugewiesen worden seien, Roma seien. Denn obwohl sie bei der Einreise in die Schweiz ukrainische Pässe vorweisen oder die Ukraine als früheren Wohnort angeben würden, verständen viele von ihnen weder Ukrainisch noch Russisch. Dies werfe Fragen auf.
Im Kanton St. Gallen habe die Zahl der Roma-Familien bereits im April ihren Höhepunkt erreicht, sagt Claudia Nef, Geschäftsführerin des Vereins St. Galler Integrationsprojekte, der im Auftrag der 77 Gemeinden im Kanton St. Gallen die Integration und Unterbringung von Geflüchteten koordiniert. Davon seien 175 Roma, von denen etwa die Hälfte weder Ukrainisch noch Russisch spreche und nach eigenen Angaben zuvor in anderen Ländern gelebt habe, obwohl sie einen ukrainischen Pass besässen. «Die Frage ist, ob die Papiere in der Ukraine gekauft werden können», sagt Nef. Gerüchten zufolge seien auffällig viele Pässe von der gleichen Behörde ausgestellt worden. Systematisch überprüft worden ist dies jedoch nicht.
Die Akzeptanz des Schutzstatus S bröckelt
Das gleiche Muster zeige sich im Kanton Thurgau, sagt Jürg Bruggmann, Präsident der Thurgauer Konferenz für öffentliche Sozialhilfe. Die Unterbringung der Roma-Familien gestalte sich im Kanton schwierig, sagt Bruggmann. Manche verschwänden plötzlich. Ein halbes Jahr später kämen sie zurück und würden wieder von der Gemeinde aufgenommen. So will es der Schutzstatus S. Nef bestätigt die Vorwürfe für den Kanton St. Gallen: «Vermieter lehnen es oft schon im Vorfeld ab, Roma-Familien unterzubringen, da sie die Wohnungen in schlechtem Zustand hinterlassen.»
Die Integration der Roma ist mancherorts eine Herausforderung. Viele Roma haben keine Schule besucht, verfügen über keine formale Ausbildung oder gehen keiner regelmässigen Beschäftigung nach. Da die meisten Familien zuvor in Gruppen gelebt hätten, sei es für sie oft schwierig, als Kernfamilie untergebracht zu werden, sagt Nef. Es fehle an Unterstützungsstrukturen. «Der hohe Anteil von Roma-Familien lässt die Akzeptanz des Schutzstatus S bröckeln.» Oft höre man, dass es sich nicht um Personen handle, die vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet seien.
Entspanntere Lage im Aargau und im Wallis
Im Kanton Luzern sind derzeit gemäss der Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen 47 Personen offiziell als Roma mit Schutzstatus S registriert. Man gehe aber davon aus, dass insgesamt 200 Personen ethnische Roma mit einem Schutzstatus S seien.
Deutlich entspannter ist die Lage in den Kantonen Aargau, Solothurn, Schwyz, sowie im Wallis und im Tessin. Nach Angaben der Kantone sind bisher keine Fälle von Roma mit ungerechtfertigtem Schutzstatus S bekannt, der Bund und andere Kantone hätten jedoch darüber informiert. Die Verantwortlichen schreiben zudem, dass die soziale Zugehörigkeit zu einer Gruppe innerhalb einer Staatsbürgerschaft nicht systematisch erfasst werde. Der Kanton Zürich und alle kontaktierten Stellen verweisen dazu auf das Staatssekretariat für Migration (SEM).
Schwierig zu überprüfen
Das SEM ist für die Identitätskontrolle der einreisenden Schutzsuchenden zuständig. Sie findet in den Asylzentren des Bundes statt. Laut Szöllösy hat die SODK das SEM bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass die Dokumente zur Einreise sorgfältig geprüft werden müssen. Doch noch immer bestehen laut Georg Carl, Leiter Asyl und Rückkehr Graubünden, «Zweifel, ob die Voraussetzungen für den Schutzstatus S seriös genug geprüft werden oder ob einige Dokumente oder Angaben den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen».
Samuel Wyss vom SEM schreibt auf Anfrage: «Jedes Gesuch um S-Status wird im Einzelfall geprüft, auch die Echtheit der Reisepässe.» Bestünden in einem konkreten Einzelfall Hinweise, dass die Voraussetzungen für die Schutzgewährung in der Schweiz nicht erfüllt seien, zum Beispiel, weil es Zweifel an der Identität oder am Wohnsitz in der Ukraine bei Kriegsausbruch gebe, nehme das SEM zusätzliche Abklärungen vor. Gegebenenfalls werde der Schutzstatus S verweigert. Wie viele Roma tatsächlich unter den Schutzstatus S fallen, dazu kann Wyss keine Auskunft geben. Denn wie die einzelnen Kantone nehme auch das SEM «keine statistische Erfassung der Ethnie von schutzsuchenden Personen vor». Für Roma gälten dieselben Prüfkriterien wie für alle anderen schutzsuchenden Personen.
Jürg Bruggmann, der Präsident der Thurgauer Konferenz für öffentliche Sozialhilfe, resümiert: «Es ist ein schwieriges Thema, über das niemand gerne spricht.» Dabei gibt es offensichtlich Diskussionsbedarf. Denn: «Die Solidarität mit den Schutzbedürftigen in der Ukraine wird dadurch infrage gestellt.»
(https://www.nzz.ch/schweiz/immer-mehr-roma-profitieren-vom-schutzstatus-s-ld.1777781)
+++DEUTSCHLAND
2023 mehr Sammelabschiebungen
Polizei mietet immer öfter ganze Flugzeuge für Abschiebungen an
Eine antirassistische Gruppe dokumentiert Abschiebungen. 2023 gab es 220 Charterflüge. Eine Zunahme von 30 Prozent. In diesem Jahr wird eine weitere Verschärfung befürchtet.
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1179946.rassismus-mehr-sammelabschiebungen.html
-> https://www.nd-aktuell.de/artikel/1179950.no-border-statistik-der-abschiebeeuropameister.html
+++ITALIEN
Seenotretter demontieren Ex-Polizisten
Gericht auf Sizilien hört erstmals Belastungszeugen im Iuventa-Verfahren
Im Kreuzverhör kommt heraus, dass die Hauptzeugen gegen die deutsche Crew der »Iuventa« aus egoistischen Motiven handelten und Lügen erzählen. Insgesamt stehen in dem Verfahren 21 Menschen auf Sizilien vor Gericht.
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1179941.iuventa-prozess-seenotretter-demontieren-ex-polizisten.html
+++GASSE
Aufgewachsen in Armut: «Ich machte fünf Jobs, um meine Familie zu unterstützen»
Die heute 21-jährige Vian Tobal flüchtete als 6-Jährige mit ihrer Familie aus Syrien in die Schweiz. Weil ihre Eltern nicht arbeiten durften, wuchs sie in grosser Armut auf. Ferien, Shopping oder mal ein Glacé gab es für sie nicht. Weil das Geld immer knapper wurde, brach sie sogar das Gymnasium ab, um Vollzeit arbeiten zu können.
https://www.bzbasel.ch/schweiz/wegen-arbeitsverbot-aufgewachsen-in-armut-ich-machte-fuenf-jobs-um-meine-familie-zu-unterstuetzen-ld.2579198
-> SRF Kontext: https://www.srf.ch/audio/kontext/armut-und-jugend-zum-beispiel-vian-tobal?id=12535604
++++SPORT
Polizei zieht Bilanz zum Fussballjahr 2023
https://telebasel.ch/sendungen/punkt6/214518
-> https://www.polizei.bs.ch/nm/2024-bilanz-fussballjahr-2023-jsd.html
-> https://primenews.ch/news/2024/02/fussballjahr-2023-fuenf-rayonverbote-und-vier-strafverfahren-basel
Nach Ausschreitungen am Zürcher Fussballderby: Die Staatsanwaltschaft eröffnet ein Strafverfahren gegen neun Personen. (ab 04:53)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/neue-plaene-fuer-den-neubau-des-schaffhauser-kantonsspitals?id=12538700
+++KNAST
-> https://www.blick.ch/schweiz/westschweiz/waadt/bundesgericht-legt-fest-intimbesuche-fuer-haeftlinge-duerfen-abgelehnt-werden-unter-bestimmten-bedingungen-id19425908.html
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/kein-anrecht-auf-sex-gericht-gefaengnisinsassen-duerfen-intimbesuche-verwehrt-werden
-> Bundesgerichts-Urteil: https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/aza/http/index.php?highlight_docid=aza://03-01-2024-7B_471-2023&lang=de&zoom=&type=show_document
+++BIG BROTHER
derbund.ch 12.02.2024
Private Videokameras in Bern: Linke wollen Überwachung in der Stadt einschränken
Die private Videoüberwachung boomt wie nie zuvor. Führt in der Stadt Bern nun ein entgleistes Tram zu einer Bewilligungspflicht?
Andres Marti
Wer an der Haltestelle beim Zytglogge in Bern ein Billett löste, wurde dabei bis vor kurzem von einer privaten Überwachungskamera gefilmt. Bekannt wurde dies nur deshalb, weil dort vor einigen Tagen ein Tram entgleiste und vor der Cuba Bar zu stehen kam.
Das Lokal veröffentlichte daraufhin ein spektakuläres Video des Unfalls auf seiner Facebook-Seite. Weil auf den Aufnahmen der Überwachungskamera auch ein Teil des Kornhausplatzes zu sehen war, sorgte das kurze Filmchen aber sogleich für Empörung (und verschwand kurz darauf wieder von Facebook).
Die SP sprach von einem «schweren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte» und forderte Sicherheitsdirektor Reto Nause (Mitte) zum Eingreifen auf. Dieser taxierte das Filmen gegenüber TeleBärn als «klar illegal». Kurz darauf liess das Bauinspektorat die Kamera vor der Cuba Bar abmontieren.
Private Überwachung boomt
Die Episode der Cuba Bar zeigt, wie umstritten die private Videoüberwachung im öffentlichen Raum ist. Auf der anderen Seite stehen Privatpersonen und Unternehmen, die mit Kameras ihr Eigentum schützen wollen. Ihre Anzahl nimmt in der Schweiz seit Jahren zu.
Entsprechend boomt das Geschäft mit den Überwachungskameras. Das Online-Warenhaus Galaxus nennt zwar keine absoluten Zahlen, spricht aber von einem anhaltenden Trend: «Im Dezember 2023 hat unsere Kundschaft wiederum 20 Prozent mehr Überwachungskameras gekauft als im Dezember 2022.»
Auch bei der Konkurrenz sorgen die Kameras für steigende Umsätze: Das Versandhaus Brack hat laut eigenen Angaben dieses Jahr bereits mehr als doppelt so viele Überwachungskameras verkauft wie im gleichen Zeitraum im Vorjahr.
Die meisten Kameras werden laut den Warenhäusern jeweils in den dunklen Wintermonaten verkauft, wo besonders oft eingebrochen wird. Die Angst vor Einbrechern scheint deshalb der naheliegende Grund für den Kameraboom zu sein. Allerdings ist im Kanton Bern die Anzahl Einbrüche seit Jahren rückläufig, ebenso die Anzeigen wegen Sachbeschädigungen.
Kameras werden immer günstiger
Haupttreiber des Kamerabooms dürfte vielmehr der technische Fortschritt sein. Inzwischen verfügen selbst die günstigsten Modelle über Mikrofon und Lautsprecher, Nachtsichtmodus und abschreckende Licht- und Soundeffekte.
Bei Galaxus kostet das meistverkaufte Modell 34.30 Franken. Erkennt die Kamera eine Bewegung («das Eintreffen des Pakets oder ein verdächtiges Eindringen»), erhält der Besitzer eine Nachricht aufs Handy. Laut dem Hersteller eignet sich die Kamera auch für die Überwachung der eigenen Kinder (oder des Babysitters).
Überwachte müssen informiert werden
Problematisch ist die Kameraüberwachung in halböffentlichen Räumen: etwa in Restaurants, Kaufhäusern, Tiefgaragen und Mehrfamilienhäusern. Aus Datenschutzsicht ist aber letztlich nicht entscheidend, wo gefilmt wird, sondern wer die Daten bearbeitet.
Werden die Daten von privaten Personen und Unternehmen bearbeitet, gelten die Vorgaben des eidgenössischen Datenschutzgesetzes. Die Videoüberwachung muss etwa verhältnismässig sein, und die Überwachten müssen Bescheid wissen, dass sie gefilmt werden. Die Aufnahmen dürfen zudem nur während einer kurzen Zeitspanne gespeichert werden. Webcams, beispielsweise in Skigebieten, müssen so installiert werden, dass keine Personen erkennbar sind.
Es ist unklar, was gefilmt wird
Werden hingegen öffentliche Plätze, Strassen und Trottoirs durch private Überwachungskameras erfasst, ist die rechtliche Lage klar: «Weder das Nachbargrundstück noch der öffentliche Raum (zum Beispiel Trottoir) dürfen miterfasst werden», so der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte.
Kontrolliert wird dies jedoch kaum. Was die an den Hauswänden installierten Kameras filmen, bleibt für Aussenstehende oft undurchschaubar. Bei den runden Dome-Kameras mit ihrer getönten Plastikkuppel ist die undurchsichtige Aufnahmeperspektive wesentlicher Bestandteil ihrer abschreckenden Wirkung. So etwa beim Restaurant Oliv am Waisenhausplatz. Die Betreiber versichern, die Kamera sei nur auf den Eingang gerichtet.
Linke fordern Bewilligungspflicht und Register
Seit Jahren fordern Linke in der Stadt Bern deshalb eine Bewilligungspflicht und ein Register für private Überwachungskameras im öffentlichen Raum. «Die aktuelle Situation ist unbefriedigend», sagt SP-Stadträtin Bernadette Häfliger. Der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte habe nicht die Ressourcen, um in den Städten zu kontrollieren. Und wer illegal gefilmt werde, könne sich heute nur auf zivilrechtlichem Weg wehren.
Für die Gegnerinnen und Gegner der privaten Kameras hätte das Tram am Kornhausplatz kaum zu einem besseren Zeitpunkt aus den Schienen springen können. Denn just am kommenden Donnerstag debattiert der Stadtrat nun erneut darüber, die private Videoüberwachung im öffentlichen Raum einzuschränken.
Die aktuelle Kameradebatte ist gewissermassen ein Remake von 2018. Damals wurde durch einen Gerichtsprozess bekannt, dass das Hotel Schweizerhof jahrelang ohne Bewilligung einen grossen Teil des Berner Bahnhofplatzes gefilmt hatte.
Der Gemeinderat stellte sich bislang gegen ein öffentliches Register. «Ein solches Register wäre mit einem grossen bürokratischen Aufwand verbunden und würde zusätzliche personelle Ressourcen für Erhebung und Aktualisierung der Videokamerastandorte notwendig machen», so der zuständige Sicherheitsdirektor Reto Nause (Mitte). Die Videoüberwachung des öffentlichen Raums durch Private sei zudem bereits «genügend und abschliessend» durch das eidgenössische Datenschutzgesetz geregelt.
Der Gemeinderat wollte ausserdem das Vorgehen in Zürich abwarten, wo ebenfalls Links-Grün eine Bewilligungspflicht forderte. Doch nun hat die Stadt Zürich Ende November die Bewilligungspflicht eingeführt – gegen den Widerstand der Bürgerlichen, die vor einem «Bürokratiemonster» gewarnt hatten.
Datenschützer für Bewilligungspflicht
Rückenwind erhalten die Kameragegner in der Stadt Bern zudem von den kantonalen und städtischen Datenschutzbeauftragten. Beide Stellen sprechen sich auf Anfrage für eine Bewilligungspflicht und ein Register aus.
«Das eidgenössische Datenschutzgesetz gibt keine genügende Antwort auf die Frage, ob Private den öffentlichen Raum überwachen dürfen», so Ueli Buri, Chef der kantonalen Datenschutzaufsichtsstelle.
Wenn Private öffentlichen Raum überwachen, sei dies nicht nur ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der gefilmten Personen, sondern auch in polizeiliche Befugnisse und deshalb unzulässig: «Die Sicherheit im öffentlichen Raum ist ein Monopolauftrag des Staates», so Buri. Hilfssheriffs seien da grundsätzlich unerwünscht.
Herumlungern löst Alarm aus
Klar ist: Die rasante Entwicklung auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz wird die Debatte um Überwachung künftig noch stärker befeuern. Bekannt ist, dass die Migros in einzelnen Filialen schon heute bestimmte Merkmale wie Kleidung, Haarfarbe, Körpergrösse oder Geschlecht herausfiltert, um Diebe nachträglich zu identifizieren.
Noch in Abklärung ist in der Stadt Bern der Einsatz von bereits installierten Kameras in der Schwimmhalle, die auf künstlicher Intelligenz basieren. Sie können laut dem Sportamt erkennen, «wenn sich jemand im Wasser nicht oder seltsam bewegt». Bei einer Auffälligkeit erhält der Bademeister oder die Bademeisterin eine Nachricht auf die Armbanduhr.
Mit den entsprechenden Daten trainiert, kann die Software im Prinzip jegliche Verhaltensweisen oder Merkmale erkennen und herausfiltern. Das Sicherheitsunternehmen Aptex nennt als mögliche Anwendungsgebiete etwa das Entreissen einer Handtasche, Panik in einer Menschenmenge oder «Herumlungern».
Lauschangriff im Garten
Dagegen beschränken sich die Kameras für den Heimgebrauch derweil noch auf recht grobe Bewegungsmuster, etwa um Katzen von Personen zu unterscheiden.
Für das «top Preis-Leistungs-Verhältnis» des Modells TP-Link C320WS gab es von einem Käufer auf Galaxus dennoch fünf Sterne. Natürlich dürfe man bei dem Preis «keine Kinoleinwand-Aufnahmen» erwarten, aber um zu erkennen, «wer sich auf dem Grundstück herumschleicht», reiche es allemal.
Besonders beeindruckt hat den Käufer ohnehin eine andere Funktion: «Ich konnte auch schon Gespräche in normaler Lautstärke auf 6 bis 7 Meter Entfernung mithören. Das war echt beeindruckend. Darum habe ich gleich eine zweite bestellt.»
(https://www.derbund.ch/private-kameras-linke-wollen-ueberwachung-in-bern-einschraenken-334041008650)
++++POLICE NE
Drame d‘Essert-sous-Champvent Réaction des collectifs Kiboko et Outrage
Quelques jours après la prise d’otages qui s’est déroulée jeudi jusque tard dans la nuit à bord d’une rame de l’Yverdon-Sainte-Croix, le retour des collectifs antiracistes Kiboko et Outrage sur l’issue de l’opération de police. Malgré la lbération des otages et leur prise en charge, l’intervenion a coûté la vie d’une personne requérante d’asile et atteinte psychiquement
https://renverse.co/infos-locales/article/drame-d-essert-sous-champvent-reaction-des-collectifs-kiboko-et-outrage-4355
Vier Stunden Ausnahmezustand auf der Spitze des Eisbergs
Am 8. Februar hat eine geflüchtete Person (wir kennen den Namen nicht, deshalb im Folgenden «die Person») in einem Zug von Sainte-Croix nach Yverdon-les-Bains 12 Passagiere und den Zugführer als Geiseln genommen. Vier Stunden danach wurde er von der Polizei bei der Erstürmung des Zuges erschossen. Die Geiseln blieben unverletzt.
https://migrant-solidarity-network.ch/2024/02/12/vier-stunden-ausnahmezustand-auf-der-spitze-des-eisbergs/
+++RASSISMUS
Bergrestaurant in Davos: Sie vermieten nicht an Juden – jetzt ermittelt die Polizei
Das Bergrestaurant Pischa leiht keine Schlitten und Skis mehr an jüdische Gäste. Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund ist schockiert und reicht Strafanzeige ein. Die Kantonspolizei Graubünden hat bereits Ermittlungen aufgenommen.
https://www.derbund.ch/davos-sie-vermieten-nicht-an-juden-712523122083
-> https://www.20min.ch/story/pischa-diskriminierend-keine-schlitten-fuer-juden-auf-davoser-berg-103040741?version=1707716892649
-> https://www.blick.ch/schweiz/graubuenden/wir-wollen-den-taeglichen-aerger-nicht-mehr-davoser-bergstation-vermietet-keine-schlitten-an-juden-id19424825.html
-> https://www.watson.ch/schweiz/graubuenden/922332088-juden-duerfen-in-davos-keine-schlitten-mehr-mieten
-> https://www.blick.ch/schweiz/graubuenden/wir-wollen-den-taeglichen-aerger-nicht-mehr-davoser-bergstation-vermietet-keine-schlitten-an-juden-id19424825.html
-> https://www.blick.ch/schweiz/graubuenden/duschzwang-fuer-orthodoxe-keine-schlitten-fuer-juden-und-keine-loesung-in-sicht-immer-wieder-buendnerland-id19425958.html
-> https://www.blick.ch/video/aktuell/sig-praesident-jonathan-kreutner-veraergert-bekom https://www.tachles.ch/artikel/news/keine-skiausruestung-judenme-ich-jetzt-auch-keinen-schlitten-mehr-id19426223.html
-> Echo der Zeit: https://www.srf.ch/audio/echo-der-zeit/polizei-ermittelt-wegen-antisemitismus-in-davos?partId=12538724
-> https://www.suedostschweiz.ch/sendungen/rondo-news/diskriminierender-zettel-bergstation-pischa-12-02-24 (ab 12.44)
-> Schweiz Aktuell: https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/davos-keine-schlitten-fuer-juden?urn=urn:srf:video:8c0142dd-f56a-4695-bb4a-be0061ff05c8
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/juden-boykott-in-davoser-vermietstation—polizei-ermittelt?urn=urn:srf:video:70734c24-d46c-4d35-8f86-fea197b22083
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/rassismus-vorwuerfe-keine-schlitten-fuer-juden-in-davos-156227852
-> https://www.baerntoday.ch/schweiz/dieser-brief-ist-schlicht-und-einfach-antisemitisch-156228572?autoplay=true&mainAssetId=Asset:156228568
-> https://www.20min.ch/story/gra-praesident-empoert-verbot-mahnt-an-das-deutschland-der-30er-jahre-103041408
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/schlittenmiete-verboten-polizei-ermittelt-wegen-antisemitismus-in-davos
-> https://www.tagesschau.de/ausland/europa/davos-antisemitischer-aushang-100.html
-> https://www.blick.ch/schweiz/graubuenden/direktor-der-schatzalp-stellt-klar-probleme-mit-den-schlitten-gibt-es-bei-allen-gaesten-id19427726.html
-> https://www.blick.ch/schweiz/graubuenden/keine-schlittenvermietung-an-juden-in-davos-rassismusstrafnorm-wurde-verletzt-id19427951.html
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-graubuenden/keine-schlitten-fuer-juden-auf-aufschrei-folgt-entschuldigung?id=12538757
+++HISTORY
ajour.ch 11.02.2024
Neue Partei: «Genossen, wir malen die ganze Schweiz rot an», verkünden die Kommunisten im Bieler Kongresshaus
Im Mai soll die Revolutionäre Kommunistische Partei (RKP) gegründet werden. Am Samstag pilgerten zum Auftakt 300 Sympathisanten ins Bieler Volkshaus.
Céline Latscha|Pierre Leduc
Die Veranstaltung mutete anachronistisch an: Auf Einladung der kommunistischen Organisation «Der Funke» reisten am Samstag gut 300 Anhängerinnen und Anhänger der Bewegung ins Bieler Volkshaus. Es ging um nichts Geringeres als um die Gründung einer Revolutionären Kommunistischen Partei (RKP). Um der Initiative Schwung zu verleihen, werden neue Genossinnen und Genossen für den Kampf gegen die kapitalismusbedingten Ungleichheiten angeworben.
Kurz vor 13 Uhr trafen die Vertretungen der Sektionen mit auffallend jungen Menschen aus der ganzen Schweiz ein. Die Basler sangen im Chor Partisanenlieder und hielten stolz ein Transparent der zukünftigen Partei in die Höhe. Dafür wurden sie mit herzlichem Applaus bedacht. An der Tür überprüften zwei Personen die Identität der Gäste. Erst dann gewährte ein rotes Bändchen am Handgelenk Einlass.
Im Innern war die Programmatik des Anlasses nicht zu übersehen: Hinter der Bühne hing eine riesige Plane mit dem Konterfei von Wladimir Iljitsch Lenin. Der Revolutionär weist mit ausgestrecktem Arm die Richtung zum Klassenkampf. Die Besucherin fühlt sich um mehr als hundert Jahre zurückversetzt in die Zeit, wo das Volkshaus als Ikone des «Roten Biel» erbaut wurde.
Günstiger Zeitpunkt für Parteigründung
Als Erster trat Dersu Heri ans Mikrofon. Er ist Redaktionsleiter der neuen Zeitschrift «Der Kommunist», die bisher – in Anlehnung an Lenins Publikationsorgan – «Der Funke» hiess. Als Einleitung vermittelte Heri einen Abriss über die Ideengeschichte der kommunistischen Bewegung. Dann gab er sich militant: «Wir begnügen uns nicht damit, von einer besseren Welt zu träumen; wir kämpfen für deren Verwirklichung.» Es gehe dabei nicht um die alleinige Kritik an gut bezahlten Posten oder Privilegien der Wohlhabenden.
Vielmehr verlangt Heri «eine radikale Umgestaltung der Gesellschaft, in der das Gemeinwohl Vorrang vor individuellem Profit» habe. Der Kapitalismus offenbare nun seine Grenzen. Deshalb seien alle Versuche, das Antlitz dieses Systems freundlich zu gestalten, zum Scheitern verurteilt, ist der Aktivist überzeugt.
Ähnlich äusserte sich Caspar Oertli, Koordinator der Kampagne und leitendes Mitglied der Organisation «Funke». Er pocht auf die baldige Gründung der RKP: «Die Zeit für eine kommunistische Wende war noch nie so günstig.» Angesichts der Systemkrise des Kapitalismus stosse der Ruf nach einer Partei, die gegen «eine von Ungerechtigkeit zerfressene Gesellschaft» ins Feld ziehe, auf positives Echo, glaubt Oertli. Seine Mission ist klar: «Wir wollen all jene anspornen und vereinen, die ihre Fäuste in der Tasche ballen, weil sie sich allein gelassen zur Tatenlosigkeit verdammt fühlen.»
Die Menge spendete Applaus und skandierte ein rhythmisch anschwellendes «RKP-PCR». Da erhob sich der 20-jährige Louis Würgler und bekundete seine Zustimmung für die Ziele der kommunistischen Bewegung. Der junge Nidauer gilt als Verkörperung der neuen Generation von Aktivisten: Er zeigt sich ernüchtert von den «leeren Versprechungen» der traditionellen Parteien und hat ihnen den Rücken gekehrt. Einzig im kommunistischen Ideal erkennt er einen Hoffnungsschimmer: Mit seinem Eintritt in diese Bewegung werde er nicht länger Zuschauer der Krise sein. «Ich engagiere mich aktiv für eine Gesellschaft, die jeden Einzelnen wertschätzt und nicht nur eine Elite von Wohlhabenden», so sein Credo.
«Wir sind echte Bolschewiki»
Wer die Werbetrommel mit Rückbesinnung auf die kommunistische Weltanschauung rührt, bemächtigt sich – gelinde ausgedrückt – eines komplexen geistigen Erbes. Indem die Neokommunisten Ikonen wie Marx und Lenin auf den Schild heben, bemühen sie eine angeblich «solide» ideengeschichtliche Grundlage für ihr Gesellschaftsprojekt. So bahnbrechend, wie das «Kapital» von Marx und Engels in die Epoche der Industriellen Revolution prallte, so sehr ist dessen gesellschaftspraktische Ausfaltung an Grenzen gestossen.
Aktivist Dersu Heri wischt derartige Vorbehalte mit markigen Worten beiseite: «Der Stalinismus war eine diktatorische und blutige Karikatur des Sozialismus. Wir dagegen sind echte Bolschewiki.» Heri ist überzeugt, dass die Menschheit am Scheideweg stehe. Sein Geschichtsbewusstsein gebiete ihm, den Ball – diesmal mit den «authentischen Thesen» von Karl Marx – aufzunehmen. «Wir werden die Schweiz rot anstreichen!», verspricht Dersu Heri.
Das triumphale Ziel der leitenden Kommunisten ist wohl dem Blickwinkel einer bereits überzeugten Elite geschuldet. Immerhin sollen in drei Monaten 250 weitere Mitglieder geworben werden. Bis zum Gründungskongress im Mai strebt die neue Partei eine Basis von 500 Genossinnen und Genossen an.
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Sie sind nicht überall willkommen
Die Gründerschaft der zukünftigen «Revolutionären Kommunistischen Partei» (RKP) gewährte den geladenen Medien nur Zugang zur Hauptveranstaltung. «Wir haben uns für eine teilweise Beschränkung entschieden, weil wir von der bürgerlichen Presse wiederholt schlecht behandelt wurden», erklärte Kevin Wolf, der Kommunikationsverantwortliche der Veranstaltung. Dennoch tolerieren die Mitglieder des Parteivorstandes die Berichterstattung über ihr Projekt. Schliesslich verleiht jeder veröffentlichte Beitrag, auch wenn er kritisch ist, der Partei mediale Strahlkraft.
Weil sich die RKP mit ihrer kontroversen Haltung zum aktuellen Krieg im Gazastreifen hervorgetan hat, ist sie nicht mehr allseits willkommen. Wie Caspar Oertli in einem Interview bestätigt, beurteilen Stadt und Kanton Bern öffentliche Treffen der Neokommunisten als problematisch und weigern sich konsequent, dafür Räume zur Verfügung zu stellen.
Und was ist mit Biel? «Die Stadt Biel ist als Arbeiterstadt in die Geschichte eingegangen. Deshalb passt der Ort gut zu unserer Vision zugunsten der Werktätigen», betont Caspar Oertli. Er sei «sehr froh», dass seine Organisation im Volkshaus tagen dürfe. Die Verantwortlichen hätten die Räumlichkeiten trotz unterschiedlicher Überzeugungen zur Verfügung gestellt, ergänzt der Aktivist.
(https://ajour.ch/de/story/310951/genossen-wir-malen-die-ganze-schweiz-rot-an-verk%C3%BCnden-die-kommunisten-im-bieler-kongresshaus)
-> https://web.telebielingue.ch/de/sendungen/info/2024-02-12 (ab 04:00)
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Kommunisten organisieren sich in Biel – Telebielingue 11.02.2024
https://www.youtube.com/watch?v=nE8VZObj7fk