Medienspiegel 3. Februar 2024

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++++AARGAU
Am Montag wird aus der GOPS Laufenburg ein Asylzentrum – ein Augenschein vor Ort
Zwischen 20 und 30 Personen vom Erstaufnahmezentrum in Buchs werden als Erste in Laufenburg erwartet. Es sollen ausschliesslich Familien untergebracht werden. Am Samstag waren die Türen der Unterkunft für die Bevölkerung geöffnet.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/fricktal/notunterkunft-am-montag-wird-aus-der-gops-laufenburg-ein-asylzentrum-ein-augenschein-vor-ort-ld.2572203


+++APPENZELL
Familienanschluss für UMAs in Innerrhoden: Ernüchternde Bilanz nach Aufruf.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-ostschweiz/kanton-st-gallen-10-millionen-fuer-gruenderszene?id=12532124


+++ZÜRICH
Regierungsrat Mario Fehr fordert Zuweisungsstopp des Bundes von Asylbewerberinnen und -bewerbern (ab 02:22)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/fcz-wehrt-sich-juristisch-gegen-sektorsperren?id=12532178


Zürcher Gemeinden warnen
Der oberste Zürcher Gemeindevertreter sagt, die Gemeinden seien im Asylbereich an der Belastungsgrenze. Die Gemeinden müssen mehr Asylsuchende unterbringen.
https://www.telezueri.ch/zuerinews/zuercher-gemeinden-warnen-156112361



tagesanzeiger.ch 03.02.2024

Streit zwischen Zürich und Bern: Bund schickt Geflüchtete in die Kantone, hat aber selbst 4300 leere Betten

Die Zürcher Gemeinden müssen ab Juli mehr Asylsuchende aufnehmen. Gleichzeitig verfügt der Bund über Tausende freie Plätze. Das Staatssekretariat für Migration verteidigt sich, Regierungsrat Mario Fehr doppelt nach.

Pascal Unternährer

Weil viele Menschen aus Krisenregionen in die Schweiz geflüchtet sind, steigt der Druck auf hiesige Behörden. Der Bund leitet die Geflüchteten weiter an die Kantone, die sie schliesslich den Gemeinden zuteilen.

Der starke Zustrom hat Folgen. Am Mittwoch hat der Zürcher Sicherheitsdirektor Mario Fehr bekannt gegeben, dass der Kanton im ehemaligen Spital Kilchberg eine neue Asylunterkunft für 250 Personen eröffnet. Doch das genügt nicht. Per 1. Juli wird die Aufnahmequote für die Gemeinden erhöht.

«Unzumutbar»

Diese werden verpflichtet, pro 1000 Einwohnerinnen und Einwohner 16 Geflüchtete aufzunehmen, was einer Quote von 1,6 Prozent entspricht. Derzeit beträgt die Aufnahmequote 1,3 Prozent, bis Mai 2023 lag sie noch bei 0,9 Prozent. Die Gemeinden müssen ihre Aufnahmekapazität innert etwas mehr als einem Jahr fast verdoppeln.

Das bringt die Kommunen an den Anschlag, wie Jörg Kündig, Präsident der Zürcher Gemeindepräsidien, dieser Redaktion gesagt hat. Derart akut sei die Situation noch nie gewesen, zumal der Wohnungsmarkt ausgetrocknet ist.

Am Freitag haben die Zürcher FDP, SVP und Mitte nachgedoppelt. «Jetzt wird es zu viel», schreiben die Parteien in einer Mitteilung. Die neue Aufnahmequote sei «unzumutbar». Vor allem fehle es an Wohnraum und an Ressourcen für die Integration der Kinder unter 17 Jahren in der Schule.

Künstlicher Druck?

Neue Zahlen, die dieser Redaktion vorliegen, legen nahe, dass der Bund den Druck auf die Kantone und Gemeinden künstlich erhöht. Denn von den 10’500 Plätzen, die das Staatssekretariat für Migration (SEM) und das Verteidigungsdepartement (VBS) haben, sind über 4000 unbesetzt.

Reto Kormann bestätigt die Zahlen. Der stellvertretende Leiter Kommunikation des SEM schreibt auf Anfrage von derzeit 4290 freien Betten.

Weniger Asylgesuche im Winter

Die hohe Zahl freier Betten begründet er mit dem saisonalen Rückgang der Anzahl Asylgesuche während der Wintermonate. «Seit Mitte Dezember kommen deutlich weniger Asylsuchende in die Schweiz.» Gleichzeitig erledige das SEM zurzeit viele pendente Asylverfahren, weshalb diese Personen nach deren Abschluss in die Kantone geleitet würden.

Die freien Betten nutze das SEM auch, um Kantonen mit knappen Kapazitäten punktuell auszuhelfen, fügt Kormann hinzu – «auch dem Kanton Zürich».

Armee braucht Anlagen wieder

Das SEM rechne im Übrigen damit, dass die derzeitige Bundeskapazität von 10’500 Betten in den nächsten Wochen deutlich sinkt. Zum einen müsse es Anlagen mit 700 Betten zurückgeben, die der Bund von Kantonen geliehen hatte.

Zum anderen benötige die Armee dem SEM abgetretene Unterkünfte zu Ausbildungszwecken wieder. Die Rekrutenschulen beginnen. In den nächsten zwei Monaten seien es 1000 Plätze. Dazu müssten «je nach Entwicklung» weitere Armeeunterkünfte mit bis zu 2000 Betten zurückgegeben werden, schreibt SEM-Sprecher Kormann.

Personal aufgestockt

Er kontert eine weitere Kritik aus dem Kanton Zürich. Mario Fehr hatte den Bund aufgefordert, die 15’000 hängigen Asylanträge schneller abzuarbeiten. Das SEM habe zu diesem Zweck vor einem Jahr neue Mitarbeitende rekrutiert und eingearbeitet, die 180 Vollzeitstellen besetzten, schreibt nun Kormann.

«Dank dieser personellen Aufstockung können wir die Zahl der erledigten Gesuche pro Monat stark auf knapp 2700 pro Monat erhöhen.» Das SEM gehe davon aus, pro Jahr bis zu 32’000 Gesuche erledigen zu können.

Fehr fordert Zuweisungsstopp

«Aktuell können wir bei den Erledigungen mit der Entwicklung der Asylgesuchseingänge mithalten», schreibt Kormann. Das SEM geht davon aus, dass im laufenden Jahr wie 2023 rund 30’000 Asylgesuche eingehen werden.

Die Massnahmen und Erklärungen des Bundes genügen dem Zürcher Sicherheitsdirektor nicht. «Der Bund hat über 4000 leere Betten. Ich fordere von ihm einen generellen Zuweisungsstopp», sagt Mario Fehr auf Anfrage.

Dass das SEM den Kanton Zürich unterstütze, stimme nicht: «Der Bund hilft uns überhaupt nicht», sagt er. Der Bund solle die 15’000 offenen Asylverfahren erledigen. «Das würde helfen.»
(https://www.tagesanzeiger.ch/streit-um-asylsuchende-kantone-am-anschlag-bund-hat-4300-freie-plaetze-715697258321)



Buchs ZH: Brand in Containerdorf für Asylbewerber – Bewohner evakuiert
Im zürcherischen Buchs ist am Samstagabend ein Brand in einem Containerdorf ausgebrochen. In den Unterkünften sind Asylbewerber untergebracht. Verletzt wurde niemand.
https://www.20min.ch/story/buchs-zh-brand-in-containerdorf-fuer-asylbewerber-bewohner-evakuiert-103035580
-> https://www.blick.ch/schweiz/zuerich/hohe-flammen-asylcontainer-stehen-in-buchs-zh-in-flammen-id19399371.html
-> https://www.zueritoday.ch/zuerich/kanton-zuerich/brand-in-containerunterkunft-fuer-asylsuchende-in-buchs-zh-156114557


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Protest in Zürich: Hunderte demonstrieren gegen Rechtsextremismus
Nach grossen Kundgebungen gegen die AfD und Rechtsextremismus in Deutschland riefen linke Organisationen am Samstag zur Demonstration in Zürich auf. Sie fiel deutlich kleiner aus.
https://www.tagesanzeiger.ch/protest-in-zuerich-hunderte-demonstrieren-gegen-rechtsextremismus-632435082653
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/schweiz/zuerich-rund-200-personen-an-demo-gegen-rechts-ld.2575209
-> https://www.zueritoday.ch/zuerich/stadt-zuerich/demonstrierende-bekennen-bei-anti-rechts-demo-in-zuerich-farbe-156085168?autoplay=true&mainAssetId=Asset:156109497
-> https://www.toponline.ch/news/schweiz/detail/news/einige-hundert-personen-an-demokratie-demo-in-der-stadt-zuerich-00231251/
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/einige-hundert-personen-an-demokratie-demo-in-der-stadt-zurich-66700940
-> https://www.blick.ch/schweiz/zuerich/hunderte-ziehen-bei-demo-gegen-rechts-durch-zuerich-menschenrechte-statt-rechte-menschen-id19398558.html
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/fcz-wehrt-sich-juristisch-gegen-sektorsperren?id=12532178 (ab 01:26)
-> https://www.toponline.ch/tele-top/detail/news/einige-hundert-personen-an-demokratie-demo-in-der-stadt-zuerich-1-00231263/
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/anti-rechts-demo-in-zuerich-156112395


«Sternfahrt»: Jetzt wollen auch Schweizer Bauern mit Traktoren protestieren
Erst war alles in Ordnung, dann wollten sie mehr Geld – und jetzt wollen auch Schweizer Bauern mit ihren Traktoren auf die Strasse. Am Samstag findet im Baselbiet eine sogenannte «Sternfahrt» statt. Ein Treffpunkt: Eine McDonald’s-Filiale.
https://www.20min.ch/story/protestfahrt-jetzt-wollen-auch-schweizer-bauern-mit-traktoren-protestieren-103034766?version=1706941854376
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/demos-in-genf-und-baselbiet-die-bauernproteste-haben-die-schweiz-erreicht
-> https://www.tagesanzeiger.ch/gegen-gewinnmargen-der-supermaerkte-bauernproteste-erreichen-die-schweiz-traktoren-fahren-in-genf-und-im-baselbiet-vor-538099845529
-> https://www.blick.ch/schweiz/traktoren-auf-den-strassen-bauern-protestieren-im-baselbiet-und-genf-fuer-mehr-lohn-id19398280.html
-> https://www.watson.ch/schweiz/landwirtschaft/843426472-bauernproteste-am-samstag-auch-in-der-schweiz
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-aargau-solothurn/bauern-protestieren-im-fricktal?id=12532175
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/50-traktoren-an-bauernprotest-in-der-region-basel?id=12532133
-> https://telebasel.ch/sendungen/punkt6/214335
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/bauernproteste-erreichen-die-schweiz-156112391
-> https://www.telem1.ch/aktuell/traktorenkonvoi-die-bauern-protestieren-jetzt-auch-im-aargau-156112705
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/bauernproteste-in-genf-und-baselbiet?urn=urn:srf:video:110c5a71-cb2c-4181-b3bd-8d6c8e6a23b7


+++SPORT
FCZ wehrt sich juristisch gegen Sektorsperren
Der FC Zürich will sich die Sperrung der Südkurve Ende Januar nicht gefallen lassen. Der Club hat die Verfügung der Stadt Zürich angefochten mit der Begründung, die Massnahme sei rechtswidrig. Die Stadt hatte den Fansektor geschlossen, nachdem zuvor Fans des FCZ Polizisten angegriffen hatten.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/fcz-wehrt-sich-juristisch-gegen-sektorsperren?id=12532178


+++JUSTIZ
Pendenzenberge in der Justiz – Staatsanwaltschaft am Anschlag: «Seit Jahren unter Dauerstress»
Bei den Justizbehörden stapeln sich die Akten der offenen Verfahren. Die Kantone reagieren nun mit einer Taskforce.
https://www.srf.ch/news/schweiz/pendenzenberge-in-der-justiz-staatsanwaltschaft-am-anschlag-seit-jahren-unter-dauerstress


+++HISTORY
Henry Hotze, ein Schweizer Propagandist der Südstaaten
Das Leben von Henry Hotze ist in der Schweiz weitgehend unbekannt. Der in Zürich geborene Hotze wanderte in die Vereinigten Staaten aus. Während des Amerikanischen Bürgerkriegs wurde er in Europa zum wichtigsten Propagandisten der Konföderation.
https://www.watson.ch/wissen/schweiz/145997181-henry-hotze-ein-schweizer-propagan-dist-der-suedstaaten



tagblatt.ch 02.02.2024

Psychiatrie: 25’000 Franken für Opfer von Medikamententests – Novartis beteiligt sich mit 4 Millionen Franken

In der Psychiatrischen Klinik Münsterlingen und mutmasslich weiteren psychiatrischen Kliniken im Thurgau wurden über Jahrzehnte an Patienten Medikamententests durchgeführt. Nach langen Jahren des Wartens sollen sie nun als gewisse Wiedergutmachung einen Solidaritätsbeitrag von 25’000 Franken erhalten.

Hans Suter

Noch lebende Personen, an denen zwischen 1940 und 1980 in psychiatrischen Kliniken im Thurgau Medikamententests durchgeführt worden sind, sollen 25’000 Franken als Solidaritätsbeitrag erhalten. Und zwar unabhängig davon, ob die Tests an ihnen freiwillig oder unfreiwillig durchgeführt worden sind. Das schlägt der Thurgauer Regierungsrat dem Kantonsparlament vor.

Er geht von rund 500 Gesuchen aus, was Kosten von 12,5 Mio. Franken zur Folge hätte. Seitens der Pharmaindustrie beteiligt sich das Basler Unternehmen Novartis freiwillig mit 4 Mio. Franken daran. «Wir haben hart verhandelt und für den Thurgau eine gute Lösung erhalten», sagt Regierungspräsident Urs Martin.

Das Gesetz soll bereits per 1. Januar 2025 in Kraft gesetzt werden. «Durch eine zeitnahe Inkraftsetzung erfahren möglichst viele Menschen eine offizielle Anerkennung des erlittenen Leids und die Ausrichtung eines Solidaritätsbeitrags», heisst es in einer Mitteilung der Thurgauer Staatskanzlei. Gesuche sollen bis am 31. Dezember 2028 eingereicht werden können, weshalb das Gesetz befristet bis Ende 2031 gültig sein soll.

Regierungsrat will Zeichen der Solidarität setzen

Mit dem Gesetzesentwurf will der Regierungsrat in Erfüllung einer Motion geeignete Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass betroffene Personen einen Solidaritätsbeitrag erhalten. «Zentral ist die Anerkennung und, soweit möglich, die Wiedergutmachung des Leids, das die Betroffenen von Medikamententests erfahren haben», schreibt er in der Botschaft an den Grossen Rat. Sachlich erfasst das Gesetz Medikamententests mit Psychopharmaka und gilt «unter dem Aspekt der Gleichbehandlung» für den ganzen Kanton Thurgau. Neben der Psychiatrischen Klinik Münsterlingen somit auch für die Klinik in Littenheid und die damaligen psychiatrischen Kliniken in Zihlschlacht.

Zeitlich umfasst es die Jahre von 1940 bis 1980. Dies entspricht sowohl dem Motionsauftrag als auch dem Bundesgesetz über die Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981.

Anspruchsberechtigt sind alle Direktbetroffenen, nicht aber Erben. Der Solidaritätsbeitrag beläuft sich für alle einheitlich auf 25’000 Franken. Voraussetzung für den Erhalt ist, dass in der Krankenakte, in den Dokumenten im Nachlass des Münsterlinger Psychiaters Roland Kuhn oder in den von der Person selbst eingereichten Akten explizit Medikamententests mit Prüfsubstanzen erwähnt werden. Anderweitige Ansprüche soll es nicht geben.

Politischer Prozess muss sehr rasch erfolgen

Viele der betroffenen Personen sind in einem hohen Alter und finanziell nicht auf Rosen gebettet. Deshalb will der Regierungsrat das Gesetz bereits per 1. Januar 2025 in Kraft setzen. «Im Idealfall wird das Gesetz noch vor den Sommerferien verabschiedet», sagt Regierungspräsident und Gesundheitsdirektor Urs Martin. «Das ist sehr sportlich für politische Abläufe», sagt SP-Kantonsrätin Marina Bruggmann. Sie ist Erstunterzeichnende der Motion und «sehr dankbar, dass die Regierung vorwärtsmacht». Es würden sich immer wieder Betroffene bei ihr melden und nachfragen, wann endlich mit einem Beitrag zu rechnen sei. Dass Novartis freiwillig 4 Millionen Franken beisteuert, wertet sie als «grossen Erfolg, nachdem sie sich anfänglich quer gestellt hat». Ursprünglich hatte der Regierungsrat auf eine Beteiligung der Pharmaindustrie von 50 Prozent der Gesamtkosten gehofft. Marina Bruggmann ist dennoch zufrieden mit dem Resultat und lobt den Gesundheitsdirektor: «Ich gehe davon aus, dass die Unterstützung durch Regierungsrat Urs Martins viel geholfen hat, dass es überhaupt so weit gekommen ist.»

Sobald das Gesetz in Kraft ist, können Anspruchsberechtigte ein Gesuch um Erhalt des Solidaritätsbeitrags von 25’000 Franken stellen. Geprüft werden die Gesuche durch das Staatsarchiv, wo auch entschieden wird.

7,35 Mio. Franken müssen noch finanziert werden

Der Regierungsrat geht von direkten Kosten von maximal 12,5 Mio. Franken aus. Nach Abzug der 4 Mio. Franken von Novartis verbleiben für den Kanton 8,5 Mio. Franken. Weitere rund 1,15 Mio. Franken wurden aus den ehemaligen Fonds «Billwillersches Legat» und «Bruggersches Legat» reserviert, womit eine Lücke von 7,35 Mio. Franken bleibt. Diese will der Regierungsrat über die ordentlichen Budgets ab 2025 finanzieren. Sollten die Kosten tiefer ausfallen als erwartet, wird laut Botschaft sichergestellt, dass der Beitrag von Novartis tiefer als 50 Prozent sein wird.

Hinzu kommen die personellen Ressourcen, die dem Staatsarchiv zur Prüfung und Entscheidung der Gesuche befristet zur Verfügung gestellt werden müssen. Der Zusatzaufwand für die Finanzverwaltung lässt sich gemäss Botschaft mit den vorhandenen Ressourcen bewältigen, ebenso die Behandlung allfälliger Rekurse.

Motion im Grossen Rat mit 66:47 erheblich erklärt

Die Botschaft des Regierungsrats an den Grossen Rat basiert auf der Motion «Es bleibt keine Zeit – finanzielle Wiedergutmachung für betroffene Menschen von Medikamententests in der psychiatrischen Klinik». Eingereicht haben sie die drei Kantonsratsmitglieder Marina Bruggmann (SP, Salmsach), Edith Wohlfender (SP, Kreuzlingen) und Peter Dransfeld (Grüne, Ermatingen) am 23. November 2022. 34 Ratsmitglieder hatten sie damals mitunterzeichnet.

Der Regierungsrat sprach sich für die Erheblicherklärung der Motion aus. In den Fraktionen waren die Meinungen jedoch geteilt – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Einige wollten eine nationale Lösung abwarten, andere monierten, dafür reiche die Zeit nicht. SP, Grüne, FDP und GLP sprachen sich dafür aus, die Mehrheit von SVP und Mitte/EVP-Fraktion dagegen. Die EDU war einstimmig dagegen. Letztlich wurde die Motion am 19. April 2023 vom Grossen Rat mit 66 zu 42 Stimmen bei 9 Enthaltungen erheblich erklärt.

Regierungsrat entschuldigt sich bei den Betroffenen

In der Psychiatrischen Klinik Münsterlingen und mutmasslich auch in anderen psychiatrischen Kliniken im Thurgau wurde während Jahrzehnten Medikamententests durchgeführt. In den meisten Fällen ohne explizite Einwilligung der Patientinnen und Patienten. «Viele betroffene Personen haben durch die Medikamententests psychisches und körperliches Leid mit negativen sozialen Folgen erlitten», schreibt der Regierungsrat. 2015 beauftragte er ein Forschungsgremium mit der historischen Aufarbeitung der Geschehnisse. Die Ergebnisse sind in der Publikation «Testfall Münsterlingen. Klinische Versuche in der Psychiatrie, 1940–1980» dargestellt.

Anlässlich der Präsentation der Ergebnisse im Jahr 2019 hat sich der Regierungsrat bei den Betroffenen entschuldigt. Ebenfalls 2019 hat er den Auftrag für die Schaffung eines «Zeichens der Erinnerung» in Münsterlingen erteilt, das am 28. Oktober 2023 eingeweiht wurde. «Es ist wichtig, dass die nötigen Lehren aus der Vergangenheit gezogen werden, damit sich ähnliche Geschehnisse nicht wiederholen und das erlittene Leid nicht in Vergessenheit gerät.»
(https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/kanton-thurgau/thurgau-psychiatrie-25000-franken-fuer-opfer-von-medikamententests-novartis-beteiligt-sich-mit-4-millionen-franken-ld.2574453)
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/klinik-muensterlingen-novartis-zahlt-millionen-an-opfer-von-medikamententests
-> Schweiz Aktuell: https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/novartis-zahlt-vier-millionen-fuer-opfer-von-medikamententests?urn=urn:srf:video:8f919f90-4a79-45ed-8fa1-e673934842d3