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+++BERN
bernerzeitung.ch 29.01.2024
Umstrittene Ausschaffungen: Die Polizei kam im Morgengrauen
Aus dem Kanton Bern wurden letztes Jahr 235 Abgewiesene ausgeschafft. Die Geschichte von zwei Familien, die bleiben wollten, aber gehen mussten.
Sabin Gfeller
Die fünfjährige Meluny möchte, dass ihre Mutter Schweizerdeutsch mit ihr spricht. Sie, die hier geboren ist, vermisst die Sprache. Vor zwei Monaten mussten das Kind und seine Familie die Schweiz verlassen. Sie wurden in das Herkunftsland der Eltern ausgeflogen. Sri Lanka.
Die Familie gehört zu den 235 Abgewiesenen im Kanton Bern, die letztes Jahr nach Angaben des kantonalen Bevölkerungsdienstes gegen ihren Willen ausgeschafft wurden, nur sehr wenige von ihnen in Sonderflügen. Gemäss dem Staatssekretariat für Migration wurden bis Ende November 2023 rund 28’000 Asylgesuche in der Schweiz gestellt. Erfahrungsgemäss wird etwas mehr als die Hälfte der Gesuchstellenden in der Schweiz bleiben dürfen.
Die Ausschaffung von Melunys und einer zweiten Familie hat für Aufsehen gesorgt – medial und politisch. Diese Zeitung hat rekonstruiert, was genau am Tag der Ausschaffung geschehen ist, was dies ausgelöst hat und wie es den Familien heute geht.
Die erste Ausschaffung
21. November, 6.30 Uhr, Aarwangen im Oberaargau. Polizistinnen und Polizisten wecken Meluny, ihre damals dreimonatige Schwester und ihre Eltern im Rückkehrzentrum. Sie tauchen unangekündigt auf, konfiszieren die Handys. Dann sagt eine Polizistin: «Heute fliegen Sie zurück in Ihr Land.»
Mittlerweile ist die Familie in der Nähe von Colombo, der sri-lankischen Hauptstadt, untergekommen. Sie wohnt bei der besten Freundin von Chandrika, Melunys Mutter, zwei Autostunden von Colombo entfernt.
An einem Tag im Januar erzählt Chandrika während über einer Stunde ihre Geschichte bei einem Telefongespräch über Whatsapp. Sie sitzt auf dem Zimmerboden, ihre beiden Töchter liegen neben ihr und schlafen. Die 42-Jährige spricht Englisch, zwischendurch braucht sie ein deutsches Wort wie «Abfall» oder «Krankenkasse».
Nach der Rückkehr im November verbrachte Amal, Chandrikas Mann, mehrere Wochen in einer psychiatrischen Klinik in Colombo. Inzwischen ist er zurück bei seiner Familie in der Wohnung. Als er noch in der Schweiz war, wurde bei ihm eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert, die durch ein Arztzeugnis belegt ist. Ihn begleitet eine Angst, dass ihn jemand verfolge und töten wolle. Zeitweise hört er Stimmen, die ihm sagen, er solle sich umbringen, manchmal auch, er solle seine Frau umbringen.
Politische Probleme
Die Traumatisierung hat ihren Ursprung dort, wo die Flucht von Amal und seiner Frau begann. Nach Chandrikas Erzählung war es so: Bevor sie und ihr Mann in die Schweiz flohen, hatten sie in Colombo alles – Haus, Arbeit, Auto.
Doch dann bekam Amal Probleme mit der politischen Elite. Amal sagte bei der Polizei gegen den damaligen Präsidenten aus, dem Korruption vorgeworfen wurde. Daraufhin tauchten in seiner Druckerei Maskierte auf, schlugen ihn und drohten, ihn zu erschiessen. Auch Amals Verwandte erhielten Drohungen. Aus diesem Grund werden in diesem Beitrag nur Vornamen genannt.
Das Ehepaar flüchtete 2018 in die Schweiz. Vor zwei Jahren wurde ihr Asylgesuch abgelehnt. Der Entscheid wurde damit begründet, dass die Beweise zu wenig überzeugten und die Schilderungen unglaubhaft seien. Damit war klar: Chandrika und Amal müssen gehen.
Die Verzweiflung
Um zur freiwilligen Rückkehr zu animieren, führte der Migrationsdienst zwei Gespräche mit den Abgewiesenen, das letzte im November 2022. Die Familie versuchte es mit einem Wiedererwägungsgesuch. Erfolglos. Ein Härtefallgesuch reichte sie wegen geringen Chancen nicht ein.
Die Verzweiflung wächst. Im Juni 2023 versucht Amal, sich das Leben zu nehmen.
Chandrikas Erzählung handelt von Wegen, die sich über all die Jahre als unbegehbar erwiesen haben. Zuletzt blieb ein einziger übrig, den sie selbst niemals gewählt hätte: die Rückkehr. Beim Telefongespräch klingt sie wie eine Person, die keine Energie für Hoffnung mehr hat. Sie trägt die ganze Last. Als Mutter. Als Frau eines lebensmüden Mannes, der seinen Töchtern in dieser Zeit kein Vater sein kann. Sie, Chandrika, darf nicht zusammenbrechen.
Es schien nicht immer ausweglos. Am 18. August 2023 kommt Mikkela zur Welt. Das Staatssekretariat für Migration empfiehlt, Kinder bis zu acht Wochen nach der Geburt nicht auszufliegen. Man spricht Chandrika Mut zu: Mit einem Neugeborenen und einem psychisch kranken Mann werde sie nicht ausreisen müssen. Trotz rechtskräftigem Wegweisungsentscheid hält sie sich an dieser klitzekleinen Hoffnung fest.
Am 21. November 2023 zerschlägt sich diese Hoffnung. In Chandrikas Wahrnehmung völlig unvermittelt werden sie und ihre Familie ausgeschafft. Mikkela ist drei Monate und drei Tage alt.
«Die Polizei kümmerte es nicht, wie es den Kindern dabei geht.» Chandrika beschreibt den 21. November wie «einen schrecklichen Horrorfilm».
Bei Amal löst das unangemeldete Aufkreuzen der Polizisten im Rückkehrzentrum Dissoziationen aus. Im dissoziativen Zustand sind Wahrnehmung, Denken, Handeln und Fühlen getrennt. Amal weiss in dem Moment also nicht, wo er ist, wer er ist. Während er von der Aussenwelt abgeschnitten ist, hat Chandrika eine halbe Stunde Zeit, um für die ganze Familie zu packen. In der Hektik vergisst sie, wo sie die Medikamente ihres Mannes vor ihm – der auch einen zweiten Versuch unternommen hatte, seinem Leben ein Ende zu setzen – versteckt hat.
Am Flughafen in Kloten entgleist die Situation. Amal schlägt um sich. Die Polizei bringt ihn in einen separaten Raum. Nach zwei Stunden trägt sie ihn laut Chandrika «wie einen Abfallsack» hinaus. Mit welchen Medikamenten ihr Mann sediert wurde, erfährt sie nicht. Er schläft den ganzen Flug durch, isst und trinkt nichts. Zehn Stunden lang. «Das ist nicht normal.»
Der Sonderflug
Bevor die Maschine abhebt, geht Chandrika von einem Passagierflug aus. Doch in diesem Flugzeug nach Sri Lanka sitzen keine regulären Reisenden. Stattdessen 21 weitere Menschen, die ausgeschafft werden. Und laut der Kantonspolizei Bern 58 Polizistinnen und Polizisten.
Das ist kein Linienflug, es ist ein Sonderflug.
Dies ist die härteste Form, um Menschen aus der Schweiz auszuschaffen. Und sie ist teuer. Gemäss den Zahlen des Staatssekretariats für Migration kostet eine Ausschaffung mit dem regulären Linienflug im Schnitt zwischen 600 und 700 Franken pro Person. Per Sonderflug kostet sie 13’000 Franken.
Bei Sonderflügen teilt der Bevölkerungsdienst des Kantons Bern das genaue Datum der Rückführung aus polizeitaktischen Gründen im Voraus nicht mit, wie er auf Anfrage mitteilt. Der Kanton Solothurn etwa handhabt das anders. Dort erfahren abgewiesene Asylsuchende in manchen Fällen auch bei Zwangsausschaffungen per Sonderflug das Datum im Vorfeld.
Bis Personen mit negativem Asylentscheid tatsächlich die Schweiz verlassen, vergehen oft Jahre. Ein Grund dafür ist zum Beispiel, dass nicht alle Herkunftsländer sie zurücknehmen.
In dieser ungewissen Zeit bauen sich die Abgewiesenen hier ein Beziehungsnetz auf. Oft mit Freiwilligen, die eine Aufgabe übernehmen, die das Gesetz so nicht vorsieht. Indem sie die Abgewiesenen treffen, sie einladen und die Sprache lehren. Dadurch entsteht Integration mit Menschen, die rechtlich gesehen gehen müssten.
Die zweite Ausschaffung
Eine dieser Freiwilligen ist die pensionierte Pfarrerin Lisbeth Zogg aus Walkringen vom Verein Begegnung mit Menschen auf der Flucht. Am Morgen desselben 21. November erhält sie einen Anruf: Im Rückkehrzentrum in Enggistein bei Worb sei eine Ausschaffung im Gange. Zusammen mit ihrem Mann fährt sie los Richtung Gutshof, wo die abgewiesenen Asylsuchenden einquartiert sind. Nun erzählt sie die Geschichte einer Familie, die mit demselben Sonderflug ausgeschafft wurde.
Am frühen Morgen hat sich die siebenjährige Ashvika bereit gemacht für die Schule. Doch sie wird die Kinder aus ihrer Klasse nicht mehr wiedersehen.
Vor dem Rückkehrzentrum, wo Ashvika wohnt, stehen ein Streifen- und ein Kastenwagen. Neben dem Eingang hat sich ein Polizist postiert. 44 Kilometer von Aarwangen und 130 Kilometer vom Zürcher Flughafen entfernt, wird eine zweite Familie aus einem Umfeld gerissen, das nie ihr Zuhause werden sollte. Auch in dieser Familie sind beide Kinder in der Schweiz zur Welt gekommen.
Nesakumar, der Familienvater, hatte eine zentrale Rolle im Rückkehrzentrum. Er ermöglichte den Dialog zwischen der reformierten und der katholischen Kirchgemeinde in Worb, dem Zentrumsleiter und den Bewohnern der Unterkunft. Lisbeth Zogg beschreibt die Familie als «tragende Säule» unter den Bewohnerinnen.
Der Abschied am 21. November fällt niemandem leicht. So erzählt es Zogg. Bewohnerinnen, Angestellte der Unterkunft, sogar Polizisten haben laut Zogg Tränen in den Augen.
Sie, die seit über einem Jahr die Leute im Gutshof regelmässig besucht, hat nicht damit gerechnet, dass diese Familie in ihr Herkunftsland zurückgeschickt werde. Für ihr abgelehntes Wiedererwägungsgesuch ist die Beschwerdefrist am Tag der Ausschaffung noch offen.
Auch hier eskaliert die Situation am Flughafen. Der Familienvater schlägt den Kopf an eine Wand. Er versucht so, den Abflug zu verhindern. Doch die tamilische Familie, die acht Jahre in der Schweiz gelebt hat, wird ausgeflogen. Der Vater. Die Mutter, die im sechsten Monat schwanger ist. Die Tochter Ashvika. Der dreijährige Aarusan.
Sie kehren in das Land zurück, wo Nesakumar «von der Polizei und dem Militär entführt und gefoltert» worden sei, wie er selbst gegenüber dieser Zeitung sagte, als er noch in der Schweiz war.
Die Kritik
Ihre Ausschaffung ist auch ein Bruch im Netz der Menschen hier in der Schweiz, mit Lisbeth Zogg zum Beispiel. Zogg findet diese Ausschaffung, bei der sie dabei war, «unmenschlich».
Gemäss der Juristin Elena Liechti, die Nesakumar und seine Familie rechtlich vertreten hat, war es zwar grundsätzlich erlaubt, die Familie trotz des hängigen Verfahrens auszuschaffen. «Ich bezweifle jedoch, dass die Art der Ausschaffung verhältnismässig war.» Die Familie sei kooperativ gewesen mit den Behörden, bei keinem Familienmitglied habe Fluchtgefahr bestanden. «Die Behörden sollten nicht von Beginn an mit den schwersten Geschützen wie dem Sonderflug auffahren.» Das sei im Interesse der gesamten Schweizer Bevölkerung.
Genau wie Chandrikas hat auch Nesakumars Familie nie die Gelegenheit erhalten, mit einem regulären Flug – und somit freiwillig – auszureisen. Für das abgelehnte Wiedererwägungsgesuch von Nesakumars Familie war die Beschwerdefrist noch offen. Dass die Familie während dieser Frist ausgeschafft wurde, sei ein «hartes Vorgehen», sagt Liechti. Wäre die Beschwerde abgelehnt worden, hätte die Familie ein Härtefallgesuch eingereicht. Ein solches hat im Kanton Bern laut der Juristin erst nach rund sieben Jahren und zum Beispiel mit eingeschulten Kindern eine Chance, bewilligt zu werden.
Die Nichtregierungsorganisation Brava, ein zivilgesellschaftlicher Dreh- und Angelpunkt für viele Abgewiesene, kritisiert die Ausschaffung der zwei Familien aufs Schärfste. «Wir sind schockiert, erschüttert und unglaublich wütend», schreibt die Organisation in einem Post auf den sozialen Medien. Brava bezeichnet die Ausschaffungspraxis des Kantons als «skandalös». In der mutmasslichen Zwangsmedikamentation von Amal sieht sie einen Verstoss gegen das Folterverbot. Brava fordert von den kantonalen Behörden, die «menschenunwürdige und gewaltvolle Ausschaffungspraxis zu unterbinden».
Warum die beiden Familien nicht mit einem Linienflug rückgeführt wurden und ob die mutmassliche Zwangsmedikamentation notwendig war, bleibt unklar. Das kantonale Amt für Bevölkerungsdienste hält dazu lediglich fest: «Aus Datenschutz- und persönlichkeitsrechtlichen Gründen dürfen wir zu Einzelfällen keine Stellung nehmen. Wir können jedoch versichern, dass die gesetzlichen Vorschriften eingehalten wurden.»
Die konkreten Umstände und das Verhalten der betroffenen Personen seien für die Art der Rückführung entscheidend, hält das Amt fest. Eine zwangsweise Rückführung werde nur als letztes Mittel eingesetzt.
Ein Mensch wird auf einen Sonderflug geschickt, wenn die Behörden befürchten, dass die Ausschaffung verhindert werden könne. Etwa weil eine Person untertaucht oder ein Risiko besteht, dass sie sich oder andere verletzt.
Die ungelöste Frage
Zwei Einzelschicksale. Sie stehen für die grosse ungelöste Frage, wie die Schweiz mit abgewiesenen Asylsuchenden umgehen soll, die zum Teil jahrelang nicht in ihr Land rückgeführt werden wollen oder können.
Von den vielen Menschen mit einem negativen Asylentscheid wird lediglich ein Bruchteil ausgeschafft. Viele von ihnen leben jahrelang in Rückkehrzentren. Ein Ort, der Endstation sein sollte und trotz allem zu einer Art Zuhause wird.
In der SRF-Sendung «Arena» wurden vor Weihnachten von den Diskussionsteilnehmenden teilweise mehr Rückführungen gefordert. Angesprochen auf die Ausschaffung einer dieser beiden Familien, sagte Reto Nause, Nationalrat und Berner Gemeinderat (Mitte), in der «Arena»: «Wenn ich verantwortlich gewesen wäre, hätte ich das im Einzelfall geregelt. Es ist ein ausgesprochener Härtefall. Ich habe kein Verständnis, dass man das Mädchen entwurzelt und nach Hause geschickt hat.» Doch in diesem Fall war der Kanton Bern zuständig.
Wären das Mädchen und seine Familie in der Stadt Bern untergebracht gewesen, hätte die Stadt mithilfe der Fremdenpolizei eine Härtefallklausel geltend machen können, sagt Nause auf Anfrage am Telefon. «Die Stadt schöpft bei Härtefällen das Maximum aus.» Der Kanton nutze diesen Ermessensspielraum wohl weniger.
Der kantonale Sicherheitsdirektor und Regierungsrat Philippe Müller (FDP) hält dem entgegen: «Herr Nause ist in beiden Fällen weder als Gemeinderat noch als Nationalrat involviert. Er kennt die Fakten nicht und kann daher nicht beurteilen, ob es ein Härtefall sein könnte.» Zudem sei nicht die Stadt Bern zuständig für die Bewilligung von Härtefällen von abgewiesenen Asylsuchenden, sondern zunächst der Kanton, aber letztlich nur mit Bewilligung des SEM.
Ob es sich bei den beiden Familien um Härtefälle gehandelt habe, darauf erwidert Müller: «Aus datenschutz- und persönlichkeitsrechtlichen Gründen darf ich zu Einzelfällen keine Stellung nehmen.» Er betont aber, dass überhaupt erst ein Gesuch um Härtefallbewilligung vorliegen müsse.
Beide Familien hatten kein Härtefallgesuch eingereicht.
Die Bedingungen sind laut Gesetz erfüllt, wenn sich die Asyl suchende Person seit mindestens fünf Jahren in der Schweiz aufhält und wegen fortgeschrittener Integration ein schwerwiegender Härtefall vorliegt. Die Mindestdauer hätten beide Familien erfüllt: Die eine war seit etwas mehr als fünf Jahren, die andere seit acht Jahren in der Schweiz.
Die Rückführungen aus der Schweiz in den Inselstaat sind mittlerweile ein Politikum auf Bundesebene. SP-Politiker Fabian Molina hat im Dezember im Nationalrat eine Interpellation eingereicht, die darauf hinweist, dass es «wieder Berichte von Folter und Todesfällen von inhaftierten Personen in Sri Lanka» gebe. Deshalb stellt er die Frage: Wie garantiert die Schweiz die Sicherheit von ausgeschafften Asylsuchenden in Sri Lanka?
In Sri Lanka im Versteck
An einem Tag im Januar tippt Nesakumar 8000 Kilometer entfernt in Sri Lanka in sein Handy: «Ich bin hier in Gefahr und lebe im Versteck.» Nur für Dringendes gehe er zu seiner Familie. «Ich weiss nicht, wie lange ich so weitermachen kann.»
Die sri-lankische Kriminalpolizei sei zum Haus seines Onkels gekommen und habe ihn auf den Polizeiposten aufgeboten. Nesakumar folgte der Aufforderung jedoch nicht. «In Haft wurden viele Menschen umgebracht.»
In Sri Lanka versteckt sich auch Chandrika. Verlässt sie das Haus, verhüllt sie sich. Ihre Tochter schickt sie nicht zur Schule. Sie befürchtet, dass dadurch Leute ihren Wohnort herausfinden würden. Leute, die dazumal bei ihnen vorbeikamen und sie mit dem Tod bedroht hatten. Das ist über fünf Jahre her. Aber: «Sie vergessen nicht.»
In ihrem Herkunftsland, so scheint es, hat Chandrika noch viel mehr zu tragen. Ihr Mann versteckt sich unter dem Tisch oder unter dem Bett. Er ist zurück in dem Land, wo seine Traumatisierung ihren Ursprung hat.
Vor ein paar Wochen hatte Meluny Geburtstag. Sie musste an ihren Kindergarten in Aarwangen denken. Die Kindergärtnerin schickte ihr ein Video, alle Kinder haben ihr gratuliert.
Manchmal fragt Meluny ihre Mutter in Colombo: Warum sind wir hier? Wann gehen wir zurück in unser altes Zuhause?
(https://www.bernerzeitung.ch/umstrittene-ausschaffungen-im-kanton-bern-die-polizei-kam-im-morgengrauen-669371295750)
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ajour.ch 28.01.2024
Wohnungsmängel: In Lengnau lebt eine afghanische Familie monatelang mit defektem Kochherd
Zersprungene Fensterscheiben, kaputte Steckdosen, gerissene Storenbänder: Eine Sozialwohnung in Lengnau hat zahlreiche Mängel. Es ist kein Einzelfall im Block an der Beundenstrasse.
Mengia Spahr
Im Oktober stieg bei der Familie Naziri* in Lengnau der Kochherd aus. Normalerweise steht in einem solchen Fall am nächsten Tag ein Handwerker vor der Tür. Die sechsköpfige Familie verbrachte jedoch den gesamten Winter, ohne warmes Essen zubereiten zu können.
Ayla Naziri wohnt mit ihrem Mann und den vier Kindern in einer 3½-Zimmer-Wohnung in einem Block an der Beundenstrasse. Die Familie kommt aus Afghanistan, die Eltern haben einen F-Ausweis für vorläufig aufgenommene Flüchtlinge.
Kein Krümel liegt auf dem grossen Teppich im Wohnzimmer, die Kissen auf dem Sofa glänzen und sogar die Spielzeugautos sind in einem Kreis parkiert.
«Sie hat nicht extra für den Besuch aufgeräumt, das ist bei ihr immer so blitzblank», sagt Liselotte Köles einige Tage später bei einem Treffen. Köles kennt Ayla Naziri und ihre Familie seit rund sieben Jahren, seit sie in Lengnau sind. Damals hatte sie von der Kirchgemeinde aus Treffen für geflüchtete Frauen organisiert. Sie hilft den Frauen noch heute, Formulare zu übersetzen und auszufüllen.
Kühlschrank gefriert und Steckdose funkt
Als sie erfahren hat, dass Naziris Kochherd kaputt ist, hat sie das dem Schweizerischen Roten Kreuz (SRK) gemeldet. Die Organisation vermietet die Wohnung. Köles rief an, schrieb E-Mails, doch nichts passierte. Bis am 12. Januar endlich ein Mechaniker mit dem Ersatzteil kam.
Er brachte ein Ersatzteil von vielen, die die Wohnung eigentlich bräuchte. Diese passt nämlich nicht zu den aufgeräumten Zimmern und gepflegten Möbeln. Man sieht ihr an, dass in ihr bereits einige Menschen gelebt haben, ohne dass dazwischen renoviert wurde.
Fast alle Storenbänder sind gerissen. Den Kühlschrank schliessen Naziris mit einem Klebstreifen, damit die Türe einigermassen dicht ist. Das Gefrierfach hat keine Klappe mehr, sodass sich eine Eisschicht gebildet hat. Auch bei den Steckdosen im Kinderzimmer hat Ayla Naziri Klebstreifen zu Hilfe genommen, um sie abzukleben. Denn steckt sie einen Stecker ein, funkt es. Beim Lavabo funktionierte lange nur das Kaltwasser und die WC-Spülung tropft. Dann sind da noch die zerbrochene Aussenscheibe beim Badezimmerfenster und der Sprung im Salonfenster.
Die Ausstattung ist alt. Das sind auch die zwei zusammenhängenden Blöcke mit ihrer fleckigen Fassade. Die Klingelschilder im Eingangsbereich sind alle anders und auch mal mit einem Klebstreifen befestigt. Darauf stehen eritreische, somalische oder türkische Namen.
Namen von Menschen, die mit dem Mietrecht wahrscheinlich nicht sehr vertraut sind und Mühe haben, ihre Rechte einzufordern.
Auch in anderen Wohnungen gibt es Mängel
13 Wohnungen in den beiden Blöcken werden vom SRK gemietet, die es wiederum an Geflüchtete vermietet.
Da die Naziris bereits seit mehr als sieben Jahre hier leben, werden sie sozialhilferechtlich nicht mehr vom SRK unterstützt, sondern neu teilweise von der Einwohnergemeinde Lengnau. Die zuständige Sozialabteilung kommt für die Miete der Familie auf und überweist diese monatlich an das SRK. Wie die Sozialabteilung auf Anfrage schreibt, habe man das SRK mehrmals aufgefordert, die Mängel der Familienwohnung von der Verwaltung beheben zu lassen.
Das SRK ist seinerseits Mieterin: Es mietet die Wohnungen von einer Immobilienfirma mit Sitz in Biel. Diese hat gemäss dem SRK die Verwaltung wiederum an einen Dritten delegiert. Das SRK habe Kenntnis von den Mängeln in der Wohnung der Familie Naziri und habe sie jeweils direkt der Verwaltung weitergeleitet, mit der Bitte, sie zeitnah zu beheben, schreibt die Medienstelle des SRK Kanton Bern. Das hat aber offenbar wenig bewirkt.
Die Zustände in der Wohnung von Ayla Naziri scheinen auch kein Einzelfall zu sein: Weitere Bewohnerinnen und Bewohner der Blöcke am Beundenweg hätten Schäden gemeldet, so das SRK.
«Zusammenarbeit nicht immer optimal»
Gibt es in einer Wohnung einen Mangel, stellt sich die Frage, wer für die Reparatur zuständig ist. Wenn die Mieterinnen und Mieter einen Schaden selbst reparieren können, müssen sie sich darum kümmern. Auch liegt es an ihnen, kleinere Dinge wie einen Duschschlauch oder ein kaputtes Zahnputzglas zu ersetzen. Bis rund 150 Franken müssen Mieter gemäss dem Mieterverband selbst bezahlen. Dem SRK zufolge fällt aber abgesehen vom abgebrochenen Griff beim Gefrierfach keiner der Mängel in der Wohnung der Naziris in diese Kategorie des kleinen Unterhalts. «Bei den genannten Mängeln benötigt es unserer Meinung nach Fachpersonal», schreibt die Medienstelle. Folglich sei der Eigentümer zuständig.
Wieso dieser die Mängel nicht längst behoben hat, könne das SRK nicht beantworten. Was den defekten Kochherd angehe, so habe die Verwaltung mitgeteilt, dass sie über einen Monat auf das Ersatzteil warten musste. Komme hinzu, dass Handwerker im Dezember schwierig zu bekommen seien.
Das SRK schreibt, dass «die Zusammenarbeit mit der Verwaltung nicht immer optimal» laufe. Deshalb werde man künftig weniger Wohnungen in diesem Block mieten.
Die Immobilienfirma, der die Wohnungen gehören, hat wohl nur ihren juristischen Sitz in Biel. Der Geschäftsführer scheint in Zürich tätig zu sein und betreibt gemäss dem Schweizerischen Handelsamtsblatt in der Ost- und Zentralschweiz rund ein Dutzend Immobilienfirmen. Diese Redaktion versuchte ihn auf verschiedenen Wegen zu kontaktieren, um von ihm eine Stellungnahme einzuholen. Doch er war nicht erreichbar, versprochene Rückrufe blieben aus.
Immerhin scheint jetzt ein wenig Bewegung in die Sache zu kommen: Das SRK wurde darüber informiert, dass am Montag ein Mitarbeiter der Verwaltung bei der Familie vorbeigehe und danach die «Instandstellungsarbeiten koordinieren» werde.
Derweil sucht Ayla Naziri für ihre Familie eine neue und grössere Wohnung. Ihre älteste Tochter beginnt im Sommer eine Lehre, dann solle sie ein eigenes Zimmer haben. Doch mit einem F-Ausweis sei die Wohnungssuche schwierig, sagt Naziri.
*Name von der Redaktion geändert
(https://ajour.ch/de/story/306397/in-lengnau-lebt-eine-afghanische-familie-monatelang-mit-defektem-kochherd)
+++AARGAU
Bundesasylzentrum: Brugger SP-Fraktion will den Informationsfluss verbessern
In einem neuen Kapitel auf ihrer Website soll die Stadt Brugg transparent und laufend über die Entwicklungen rund um die Asylunterkunft an der Ländistrasse berichten. Kaum hatte das Stadtparlament am 26. Januar ein Postulat von rechts überwiesen, wurde ein Vorstoss mit anderer Stossrichtung von links eingereicht.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/brugg/einwohnerrat-bundesasylzentrum-brugger-sp-fraktion-will-den-informationsfluss-verbessern-ld.2572312
++++ST. GALLEN
SVP fordert Bezahlkarte für Asylsuchende
Asylsuchende im Kanton St.Gallen sollen ihre Unterstützungsgelder nicht mehr direkt erhalten – sondern via spezieller Bankkarte. Dies fordert die St.Galler SVP-Fraktion in einer Motion von der Regierung. So soll, nach deutschem Vorbild, eingeschränkt werden, wofür die Asylsuchenden ihr Geld ausgeben können.
https://www.tvo-online.ch/aktuell/svp-fordert-bezahlkarte-fuer-asylsuchende-156074402
+++THURGAU
tagblatt.ch 29.01.2024
Unerwünscht und trotzdem hier: So leben abgewiesene Asylsuchende in der Nothilfeunterkunft Hefenhofen
Rund 120 Personen leben derzeit in Thurgauer Nothilfeunterkünften. Auf engem Raum wohnen dort Menschen so verschieden, wie deren Fluchtgeschichten sind. Eigentlich hätten sie alle eine Ausreisepflicht, doch zurück in die Heimat will niemand.
Samuel Ryter
Der Anblick ist kein schöner. Die Fassade, einst orange angestrichen, steht bleich in der Sonne. Im ersten Stock ist das Küchenfenster zerbrochen. Nur einzelne Glassplitter halten sich dort noch an den Fugen fest.
Unter einem Badezimmerfenster sammelt sich der Schimmel. Wasser rinnt der Wand entlang, langsam, über den Verputz auf das kleine Vordach über der Eingangstüre. Darunter sitzt Ahmed im grauen Trainingsanzug auf einem Plastikstuhl und starrt auf sein Smartphone.
Ahmeds Füsse stecken nur mühsam in den Flip-Flops. Er trägt Socken. Dafür hebt er die Fersen leicht an, damit sie den Boden nicht berühren. Es ist kalt und die Überwachungskameras an der Wand glotzen ihn an.
Ahmed ist einer von maximal 29 Personen, die in Hefenhofen in der Nothilfeunterkunft leben. Früher war dieses Gebäude ein Puff. Heute ist es ein Ort für diejenigen, die in der Schweiz mit einem negativen Asylbescheid konfrontiert sind. Hier warten die «Illegalen» in einer Welt zwischen Abweisung und einer perspektivlosen Zukunft. Und eigentlich müssten sie alle das Land verlassen. Doch zurück in die Heimat will niemand.
Arbeiten dürfen die Flüchtlinge nur zur Beschäftigung
Der 12. Artikel der Bundesverfassung gewährt diesen Menschen Hilfe. In fünf Thurgauer Nothilfeunterkünften erhalten Menschen wie Ahmed einen Schlafplatz, etwas zu essen oder eine medizinische Versorgung. Gemütlich sind sie allerdings nicht, die Unterkünfte – und das sollen sie auch nicht sein.
Neben Ahmed öffnet sich die schwere Eingangstür. Handwerker betreten und verlassen das Gebäude. Kürzlich brach im Erdgeschoss ein Ölbrand in einer Gemeinschaftsküche aus. Im Flur sind deshalb Schutzabdeckungen auf den Fliessen ausgelegt. Es riecht nach Baustelle und nach Verbranntem.
Rechts nach dem Eingang führt eine Treppe steil nach oben, zur Etage, wo sich Männer die Zimmer teilen. Ein junger Mann sitzt dort in der Küche vor dem zerschlagenen Fenster und isst etwas aus einer Schüssel. Er schaut auf, nickt, sagt aber nichts. Auf dem Fenstersims neben ihm liegen Zigarettenstummel.
Sie kamen aus dem Nahen Osten, Nordafrika, Südamerika, sogar aus Europa. Sie bleiben für wenige Tage oder für mehrere Monate. Und ihre Fluchtgründe sind so verschieden wie die Menschen, die hier auf engem Raum miteinander leben. Arbeiten dürfen sie nur zur Beschäftigung. Und Perspektiven haben sie oft keine. Es ist, als wären diese Leute in das letzte, dünne Fangnetz des Systems gefallen, an einen Ort, wo ihnen niemand so wirklich helfen kann.
Er will Busfahrer oder Lokführer werden
Im Heim sei es normal, dass es manchmal knallt, sagt Vahid. Er ist 32-jährig, Afghane und lebt mit seiner Frau Kameleh und seinen drei Kindern in der obersten Etage des Hauses. Vahid streckt die Hand aus und grüsst in einer sanften Stimme. «Hier gibt es so viele verschiedene Menschen, Kulturen. Da ist es normal, dass man mal Geschrei hört. Da muss man stark sein. So ist das Leben im Heim», sagt er.
Ein hüfthohes Schutzgitter beim Austritt, eingeklemmt in der Laufbreite, verhindert, dass die Kinder selbstständig die Treppe hinunter in den ersten Stock steigen. Die Räume sind sauber und aufgeräumt. Vielleicht darum, weil zwei andere Familien kürzlich weiterzogen. Vielleicht aber auch, weil Kameleh und Vahid ihren Kindern hier oben einen Hauch von Normalität vermitteln möchten.
Kameleh kocht gerade Reis, denn es ist kurz vor Mittag. Die beiden älteren Kinder besuchen die Integrationsklasse der öffentlichen Schule in Hefenhofen. Sie seien jetzt auf dem Weg zur Unterkunft, sagt Kameleh.
Vahid rückt die Stühle in der Gemeinschaftsküche nach hinten und bittet darum, Platz zu nehmen. Dann sagt er: «Gott sei Dank, sind wir hier. Wirklich. Gott sei Dank, sind wir in der Schweiz.» Seine Familie hatte Glück. Nach einem erfolgreichen Rekurs gegen den negativen Asylentscheid darf die Familie nun in der Schweiz bleiben. Morgen ziehen sie um – von der Nothilfeunterkunft ins Durchgangsheim nach Kradolf.
«Ich möchte ein Leben mit meiner Familie ohne Angst führen», sagt Vahid. Sein Deutsch ist schüchtern, aber verständlich. Er arbeite daran, sagt er. Denn eines Tages will er in der Schweiz einen Job finden, endlich ein normaler Vater sein. Einer, der seinen Kindern auch einmal etwas kaufen kann. Und er möchte endlich wieder arbeiten, am liebsten als Busfahrer oder Lokführer.
25 Verwandte von ihr wurden bereits getötet
In einem kleinen Anbau neben der Nothilfeunterkunft füllt Sofia Boxen mit Lebensmitteln. Es gehe ihr gut hier, sagt sie. Sofia ist Mitte 50 und seit sieben Jahren auf der Flucht. Seit Juni lebt sie in der Unterkunft in Hefenhofen. Sie ist Europäerin und ihren richtigen Namen möchte sie nicht nennen – aus Angst, man könnte sie aufspüren.
Während sie Erbsenbüchsen in die Lebensmittelboxen stellt, erzählt Sofia von ihrer Familie. 25 Verwandte seien bereits getötet worden. Eine Rückreise in ihr Heimatland: für sie momentan undenkbar. Asyl erhielt sie in der Schweiz bisher trotzdem nicht.
Sofias Falten zeichnen immer wieder harte Linien in ihr Gesicht, dann wenn sie nachdenkt, wenn sie von der Flucht erzählt. In diesen Momenten wirkt sie alt, abgekämpft. Manchmal ist sie den Tränen nahe, behält aber immer die Fassung, als hätte sie diesen Kampf schon tausendmal gewonnen.
Hier in Hefenhofen habe sie weniger Angst und weniger Stress. Doch während Sofia erzählt, korrigiert sie sich immer wieder: «Bitte, bitte, schreiben Sie das nicht.» Ihr Fluchtweg soll nicht erwähnt werden und ihr Gesicht soll auf Bildern unkenntlich bleiben. Das ist ihr wichtig.
Auch wenn die Umstände bescheiden sind, Sofia scheint ihren Platz an diesem Ort gefunden zu haben. Sie gibt sich Strukturen. Sie steht jeweils frühmorgens auf, macht Kaffee, bereitet die Essensboxen für andere Bewohnende vor, dann kocht sie und geht nachmittags auf lange Spaziergänge.
Mehrmals wöchentlich fährt Sofia zum Seeufer – Wasser habe eine beruhigende Wirkung, sagt sie. Und natürlich könne das Leben besser sein. Wichtig sei aber, dass sie ohne Angst leben kann. Und die Hoffnung auf bessere Zeiten wohnt noch tief in ihr drin. «Wissen Sie, jede schlechte Sache hat einmal ein Ende.»
Während Sofia immer wieder erwähnt, dass sie vielleicht doch irgendwie, irgendwann eine Aufenthaltsbewilligung erhalten könnte, sitzt Ahmed weiterhin draussen vor der Haustür. Sein Blick auf sein Smartphone gerichtet und die Kameras auf ihn. Es scheint, als wäre die Zeit stehen geblieben.
Und im Gegensatz zu Sofia strahlt Ahmed nur wenig Hoffnung aus. Auf seinem Plastikstuhl in der Sonne, vor einer schweren Tür, die sich manchmal öffnet und wieder schliesst, sitzt er versteinert an einem Ort, wie zwischen zwei Welten. Im Limbo zwischen Asyl und Heimkehr.
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Die Peregrina-Stiftung
Die Peregrina-Stiftung setzt sich im Auftrag des Kantons für geflüchtete Menschen im Kanton Thurgau ein. Die aktuell 20 Unterkünfte an zehn Standorten leisten dabei die notwendige Unterstützung in der Alltagsbewältigung und bieten Deutschkurse, Integrationslektionen sowie Beschäftigungsangebote wie Wald- und Naturschutzeinsätze an.
Personen, welche noch im laufenden Verfahren sind oder bereits ein Bleiberecht erhalten haben, werden in einem Durchgangsheim untergebracht.
Personen, deren Asylgesuch negativ beschieden wurde, sind ausreisepflichtig und haben nur Anspruch auf Nothilfe, welche in einer Nothilfeunterkunft erbracht wird. Aktuell beherbergt die Peregrina-Stiftung in ihren Nothilfeunterkünften 122 ausreisepflichtige Personen. (sry)
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Die Schweizer Nothilfe
In der Schweiz entscheidet das Staatssekretariat für Migration (SEM) über die Asylgesuche. Bei einem positiven Entscheid wird die Person als Flüchtling anerkannt und erhält Asyl. Wurde das Gesuch nur aus wirtschaftlichen oder medizinischen Gründen gestellt oder ist ein anderer Staat für die Prüfung des Asylgesuchs zuständig, dann erlässt das SEM eine Wegweisung.
Nach einem rechtskräftigen Wegweisungsentscheid sind die Betroffenen selbst für ihre Ausreise verantwortlich. Bei Bedarf unterstützt sie das Migrationsamt, welches auch Zwangsmassnahmen anordnen kann.
Laut Artikel 12 der Bundesverfassung haben in der Schweiz jedoch alle Menschen, die in Not geraten sind, Anspruch auf existenzsichernde Hilfe, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus. (sry)
(https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/oberthurgau/reportage-abgewiesen-und-trotzdem-hier-so-leben-die-illegalen-in-der-nothilfeunterkunft-hefenhofen-ld.2566398)
+++ITALIEN
Afrika-Gipfel in Rom: Italien plant Projekte zur Begrenzung der Migration aus Afrika
Die rechtsnationalistische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni will mit Job-Projekten die Einwanderung aus Afrika reduzieren. Die afrikanische Union zeigt sich skeptisch.
https://www.zeit.de/politik/ausland/2024-01/afrika-gipfel-italien-entwicklungsplan-migration-begrenzen
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/-/video/-?urn=urn:srf:video:cccd2e78-9c49-4ff5-8e39-d871eb9669d6
Verfassungsgericht – Albanien: Gericht billigt italienische Flüchtlingslager
Es geht um Migranten, die auf dem Weg nach Italien von den zuständigen Behörden auf Hoher See an Bord genommen werden.
https://www.srf.ch/news/international/verfassungsgericht-albanien-gericht-billigt-italienische-fluechtlingslager
+++GASSE
«Das ist einfach nicht normal»: Basel stellt Security vor Schulen wegen Drogendealern
Bei der Dreirosenmatte in Basel werden Drogen konsumiert und vertickt. Mittlerweile sprechen Dealer sogar Schüler an. Politiker sehen Handlungsbedarf.
https://www.blick.ch/schweiz/basel/das-ist-einfach-nicht-normal-basel-stellt-security-vor-schulen-wegen-drogendealern-id19380622.html
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/sicherheitspersonal-vor-schulen-im-kleinbasel-kritik-am-vorgehen?id=12529391
+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Solibanner für die angeklagten Antifas im Budapest-Fall
Banner bei der ungarischen Botschaft in Bern
Kleines Zeichen der Solidarität aus Bern für die inhaftierten Antifaschist:innen, welche ab Montag in Budapest vor Gericht erscheinen müssen.
https://barrikade.info/article/6296
ZH: Brennende Pneus vor US-Konsulat
Internationalistische Nacht vor dem US-Konsulat: Dem Imperialismus kein ruhiges Hinterland
https://barrikade.info/article/6292
Gründung einer neuen Partei: So denkt die neue Kommunistische Zelle Luzern
Neu gibt es in Luzern eine Kommunistische Zelle. Zwei Mitglieder erzählen, warum sie davon ausgehen, dass die Revolution bevorsteht – und machen eine politische Ankündigung.
https://www.zentralplus.ch/gesellschaft/so-denkt-die-neue-kommunistische-zelle-luzern-2615713/
Keine Antifa-Demo ohne Antifa
Seit Sonntagmittag kursiert auf Social Media ein Aufruf zu einer Demonstration gegen Rechtsextremismus am 3. Februar in Zürich. Die Kundgebung soll unter dem Motto «Zusammen für unsere Demokratie» eine Allianz von Organisationen und Parteien zusammenbringen und an die Demonstrationen in Deutschland anknüpfen, wo in den letzten Wochen Hunderttausende auf die Strasse gegangen sind, um gegen die AfD zu demonstrieren.
https://www.woz.ch/taeglich/2024/01/29/keine-antifa-demo-ohne-antifa
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bzbasel.ch 29.01.2024
In Deutschland verboten, in Basel eingeladen: Palästinensisches Netzwerk Samidoun ist zu Gast
Eine linke Gruppierung lädt drei Wochen nach der grossen Palästina-Demo in Basel zu einem Vortrag: Die in Deutschland verbotene Organisation Samidoun referiert über den «palästinensischen Befreiungskampf».
Silvana Schreier
Um «Freiheit für Palästina» soll es am Freitag an einer Veranstaltung der Organisation Lotta Basel gehen. Die am linken Rand des politischen Spektrums einzuordnende Gruppierung will an diesem Anlass «revolutionäre Perspektiven» zum Gaza-Konflikt diskutieren. Eingeladen ist dafür Mohammed Khatib, Vertreter des deutschen Ablegers des Palästina-Netzwerks Samidoun.
Und hier wird es bereits umstritten: Samidoun, arabisch für standhaft, ist spätestens seit dem Hamas-Angriff auf Israel vom 7. Oktober 2023 keine unbekannte Gruppe mehr. Deutschland stuft Samidoun als extremistisch und antisemitisch ein. Seit dem 2. November ist die Gruppierung verboten. Israel bezeichnet die Organisation als terroristisch.
Nachrichtendienst sei zuständig
Seit der deutsche Verfassungsschutz das Verbot ausgesprochen hat, ist Samidoun vermehrt in der Schweiz aktiv. Mit der geplanten Veranstaltung am kommenden Freitag kommt die Gruppierung zum wiederholten Mal auch nach Basel: Samidoun war Teil der Gegendemonstration zum Zionistenkongress im August 2022; im Basler Gewerkschaftshaus wurden im Mai 2023 Spenden gesammelt.
Das rief die Basler Politik auf den Plan. SVP-Grossrat Joël Thüring fragte bereits im Oktober in einer Interpellation: «Erachtet der Regierungsrat es für angebracht, dass die Terrororganisation in Basel Veranstaltungen durchführen kann?» Die Regierung berief sich in ihrer mündlichen Antwort auf die Zuständigkeit des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB).
Dieser hält sich auf Anfrage der bz bedeckt. Man könne sich weder zu einzelnen Gruppierungen noch zu operativen Tätigkeiten äussern. «Die detaillierteren Einschätzungen des NDB zum Thema fliessen in klassifizierte Berichte ein, die regelmässig an den Bundesrat sowie an die von der Thematik betroffenen Behörden und Organisationen gehen», heisst es weiter.
Politiker fordert Verbot von Veranstaltung
Nun, drei Monate später, steht der nächste Anlass von Samidoun an. Thüring: «Ich erwarte, dass Basel-Stadt die Veranstaltung verbietet und wenn möglich die Vertreter der Organisation mit einer Einreisesperre belegt.» Denn obwohl der NDB vorrangig zuständig sei, könne auch der Kanton eingreifen. Thüring überlegt sich nun einen weiteren politischen Vorstoss.
Das Basler Justiz- und Sicherheitsdepartement verweist auf Anfrage erneut auf den NDB. Ob die Veranstaltung am Freitag von der Polizei begleitet wird, könne aus «polizeitaktischen Überlegungen» nicht beantwortet werden. Die Polizei nehme eine Lagebeurteilung mit Blick auf ihren gesetzlichen Sicherheitsauftrag vor, teilt ein Sprecher mit.
Die nach eigenen Angaben «revolutionäre Organisation» Lotta Basel ist für eine Stellungnahme nicht erreichbar. In den sozialen Medien antwortet sie auf Kritik einer Nutzerin: «Wir finden es wichtig, mit den linken Kräften palästinischen Widerstand zu diskutieren, auch wenn wir nicht mit allen Positionen und Aktionen einverstanden sind.» Lotta will sich also nicht mit Samidoun solidarisieren, eine Distanzierung findet jedoch auch nicht statt.
(https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/basel-in-deutschland-verboten-in-basel-eingeladen-palaestinensisches-netzwerk-samidoun-ist-zu-gast-ld.2572349)
+++SPORT
Krawalle nach Zürcher Derby: Die Fussballfans schlugen sich in Winterthur
Während am Sonntagabend im Anschluss an das Spiel zwischen dem FCZ und GC in der Stadt Zürich alles ruhig blieb, kam es später in Winterthur zu Krawallen. Neun Personen wurden festgenommen.
https://www.tagesanzeiger.ch/krawalle-nach-zuercher-derby-die-fussballfans-schlugen-sich-in-winterthur-746725235339
-> https://www.blick.ch/schweiz/zuerich/spiel-von-fcz-gegen-gz-neun-fussball-chaoten-festgenommen-id19380271.html
-> https://www.watson.ch/schweiz/fussball/765920971-fcz-und-gc-fans-geraten-in-winterthur-aneinander
-> https://www.toponline.ch/news/winterthur/detail/news/anhaenger-zweier-zuercher-clubs-geraten-in-winterthur-aneinander-00230777/
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/nach-zuercher-derby-wieder-krawalle-mit-fans-156074293
-> https://www.20min.ch/story/winterthur-fussball-chaoten-wueteten-auch-in-winterthur-103031491
-> https://www.zueritoday.ch/zuerich/winterthur/winterthurer-polizei-verhaftet-neun-chaoten-nach-zuercher-derby-156072469?autoplay=true&mainAssetId=Asset%3A156061365
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/zuerich/fangewalt-neun-festnahmen-fans-zweier-zuercher-clubs-geraten-in-winterthur-aneinander-ld.2572448
Fangewalt in Zürich: Hooligans greifen Tram an – «Ich habe Angst», sagt ein Trampilot
Die Gewalteskapaden vom Wochenende bleiben voraussichtlich ohne Konsequenzen für die Zürcher Fussballvereine GC und FCZ.
https://www.tagesanzeiger.ch/fangewalt-in-zuerich-hooligans-greifen-tram-an-ich-habe-angst-sagt-ein-trampilot-161955319083
Elisabeth Schneider-Schneiter: Kollektivstrafen bringen nichts
Die verhängten Kollektivstrafen sorgen im Schweizer Fussball für hitzige Diskussionen. Für Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter verständlich.
https://www.nau.ch/sport/fussball/elisabeth-schneider-schneiter-kollektivstrafen-bringen-nichts-66697143
+++BIG BROTHER
Regierungsrats-Antwort auf Interpellation I 168-2023 Sancar (Bern, GRÜNE) Videoüberwachung bedeutet eine Verletzung der Grundrechte einzelner Personen in ihrer persönlichen Freiheit und Privatsphäre
https://www.rr.be.ch/de/start/beschluesse/suche/geschaeftsdetail.html?guid=84a0fc805d96485caa5cdbb9451a1eb1
+++POLICE BE
Gebissene Sprayer: Einsatz von Polizeihunden in der Kritik
Wann legitimiert der angerichtete Schaden einen Biss durch den Polizeihund? Nie, finden eine Politikerin und ein Professor.
https://www.derbund.ch/gebissene-sprayer-einsatz-von-polizeihunden-durch-kantonspolizei-bern-in-der-kritik-540904786476
-> Interpellation: https://www.rrgr-service.apps.be.ch/api/rr/documents/document/cbdbbeeb6bad4b71b3688f2f89be1b82-332/2/RRB-17.01.2024-de.pdf
+++POLIZEI SG
Unzufriedenheit mit dem überarbeiteten St.Galler Polizeigesetz
Die vorberatende Kommission des St.Galler Kantonsrats ist noch nicht zufrieden mit dem überarbeiteten Polizeigesetz. Sie schlägt verschiedene Präzisierungen vor und will zwei neue Gesetzesartikel zur Überarbeitung zurückweisen. Damit müsste sich dann eine neue Polizei- und Departementsführung beschäftigen.
+++RASSISMUS
Tradition – Fasnacht in Basel soll nicht rassistisch sein
Das Organisationskomitee der Basler Fasnacht hat erstmals einen Leitfaden gegen Rassismus verfasst.
https://www.srf.ch/news/schweiz/tradition-fasnacht-in-basel-soll-nicht-rassistisch-sein
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/basler-fasnachts-comite-publiziert-regeln-gegen-diskriminierung?id=12529013
-> Schweiz Aktuell 26.01.2024: https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/basler-fasnacht-verschaerft-verhaltensregeln?urn=urn:srf:video:bfd80424-a192-48b7-9750-b86bc19b74c9
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/strengere-verhaltensregeln-fuer-basler-fasnacht?partId=12529427
-> https://www.baseljetzt.ch/comite-spricht-sich-gegen-sexismus-und-rassismus-an-der-fasnacht-aus/179031
Darf man das? Wirbel um «Eskimo» in Kreuzworträtsel
Auf einem Lotterielos von Swisslos entdeckt eine Nau.ch-Leserin den Begriff «Eskimo». Aber ist das nicht rassistisch?
https://www.nau.ch/news/schweiz/darf-man-das-wirbel-um-eskimo-in-kreuzwortratsel-66685684
+++HISTORY
„Die Ankündigung unserer Ausstellung im Bernischen Historischen Museum ist nun online:
Widerstände. Vom Umgang mit Rassismus in Bern.
Die Ausstellung des Vereins «Das Wandbild muss weg!»
25.4.2024–1.6.2025
https://www.bhm.ch/de/ausstellungen/kommende-ausstellungen„
(https://twitter.com/wandbildmussweg/status/1751936461669085559)
Sklaverei – Auf den Spuren Schweizer Kolonialherren in Brasilien
Schweizer Siedler waren Sklavenbesitzer in Bahia, Brasilien. Ein dunkler Teil der Geschichte unseres Landes, der bis ins 19. Jahrhundert zurückreicht und noch immer ein Tabu ist.
https://www.srf.ch/news/dialog/sklaverei-auf-den-spuren-schweizer-kolonialherren-in-brasilien