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+++LUZERN
«Das ist meine zweite Familie» – Luzerner Curlingverein integriert Flüchtlinge
Der Verein Integration in der Freizeit bringt Vereine und geflüchtete Menschen zusammen. Um die Interessierten optimal zu unterstützen, läuft zurzeit ein Crowdfunding.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/stadt-region-luzern/integration-das-ist-meine-zweite-familie-luzerner-curlingverein-integriert-fluechtlinge-ld.2544716
+++SCHWEIZ
nzz.ch 13.12.2023
So viele Flüchtlinge wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr: In der Asylpolitik dreht der Wind
Die Rekordzahlen bescheren der Schweiz eine lange Liste von Problemen. In einer ausserordentlichen Asylsession diskutiert das Parlament über Verschärfungen.
Irène Troxler
Europaweit wird über Verschärfungen im Asylbereich diskutiert. Plötzlich scheint es denkbar, Asylverfahren in Drittstaaten ausserhalb der EU durchzuführen. In Deutschland hat die CDU dies soeben in den Entwurf für ein neues Grundsatzprogramm aufgenommen. Auch in der Schweiz sind die Asylzahlen so hoch wie nie mehr seit dem Zweiten Weltkrieg. An Schlagzeilen wie «Asylchaos» hat man sich gewöhnt, auch wenn sich die Schweiz noch einigermassen durchwursteln kann. Bis jetzt musste kein Asylsuchender im Zelt oder im Freien übernachten. Aber die Probleme sind zahlreich.
Höhere Zahlen, längere Verfahrensdauer
133 000 Personen befanden sich Ende Oktober im Schweizer Asylprozess. Zwar war die Zahl der Asylgesuche im Oktober etwas rückläufig, es gingen aber immer noch gut 3500 Gesuche ein.
Längst nicht alle Personen kommen aus Kriegsgebieten. Im Oktober war die häufigste Nationalität die türkische, was auf den ersten Blick erstaunen mag. Allerdings erhält die Hälfte der betreffenden Türkinnen und Türken in der Schweiz Asyl, da sie eine politische Verfolgung glaubhaft machen können. In vielen Fällen handelt es sich gemäss dem Staatssekretariat für Migration (SEM) um Anhänger des Regimekritikers Fethullah Gülen oder um politisch verfolgte Kurden.
Die Ursachen für die heutigen Fluchtbewegungen sind vielfältiger als beim Syrien-Krieg 2015/16. Entsprechend gehen Migrationsexperten nicht davon aus, dass diese Welle einfach wieder verebben wird. Das SEM rechnet für das laufende Jahr mit etwa 30 000 Asylgesuchen, etwas mehr als zu Beginn des Jahres prognostiziert. Im Vorjahr waren es 24 500 Gesuche, wobei Personen mit Schutzstatus S nicht eingerechnet sind.
Wegen der hohen Zahlen hat sich auch die durchschnittliche Verfahrensdauer erhöht: von 108 Tagen im Jahr 2021 auf 127 im Jahr 2023. Und die Pendenzenliste ist von knapp 9500 Gesuchen im Jahr 2022 auf derzeit 15 700 angewachsen.
Kaum noch passable Unterkünfte
Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise von 2015/16 wurde noch darüber debattiert, ob die Unterbringung von Menschen in unterirdischen Zivilschutzanlagen überhaupt zumutbar sei. Ein SRF-Journalist verbrachte 24 Stunden mit 99 Asylsuchenden in einem Bunker und schrieb über die schlechte Luft und seine Platzangst.
Heute ist der Druck so gross, dass sogar Familien unterirdisch untergebracht werden. Protest ist kaum zu hören. Es geht gar nicht anders.
Momentan verfügt das SEM noch über eine Reserve von rund 3000 Plätzen, aber 800 müssten demnächst an die Armee zurückgegeben werden, wie Reto Kormann vom SEM sagt. Die Kantone eröffnen eine unterirdische Notunterkunft nach der anderen. Die Lage sei «angespannt und anspruchsvoll», heisst es bei der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK). Vier Kantone seien «im roten Bereich».
Der Kanton Aargau verspricht, bei Bedarf weitere Notunterkünfte zu eröffnen, weist aber gleichzeitig warnend darauf hin, dass die Zivilschutzanlagen, die jetzt noch als Asylunterkünfte genutzt werden könnten, immer weniger dafür geeignet seien.
Vonseiten der Kantone kommt auch Kritik an die Adresse des SEM: Es kündige den Kantonen jeweils am Vortag an, wie viele Personen ihnen am nächsten Tag zugewiesen würden. Die Kantone hätten gerne mehr Vorlaufzeit. Die Sozialdirektorenkonferenz fordert eine verlässliche Notfallplanung und zusätzliche Reserven beim SEM für den nächsten Sommer. Dann werden wieder mehr Flüchtlinge erwartet.
Italien mauert
Obwohl Italien aufgrund des Dublin-Abkommens verpflichtet wäre, Flüchtlinge, die von Süden in die Schweiz einreisen, zurückzunehmen, tut es das seit rund einem Jahr nicht mehr. Das Tessin bekommt den Migrationsdruck aus Italien am stärksten zu spüren. Die «Asylchaos»-Schlagzeilen bezogen sich meist auf die Grenzstadt Chiasso, wo besonders viele Migranten stranden. Die Bewohner der Kleinstadt berichten von Diebstählen, Pöbeleien oder Trunkenheit im öffentlichen Raum.
Die Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider hatte mit ihren Interventionen bei den italienischen Behörden keinen Erfolg. Die Schweiz hat nun zwar ihre Grenzkontrollen verstärkt. Sie nehme aber direkt an der Grenze keine Einreiseverweigerungen vor, das hält das SEM mit Verweis auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs fest. Viele Migranten reisen daher einfach weiter, nachdem sie vom Schweizer Grenzschutz eine Wegweisungsverfügung erhalten haben.
Rückführungen sind schwierig
Wer kein Asyl erhält in der Schweiz, sollte eigentlich wieder heimkehren. Aber nicht alle gehen freiwillig, und die Rückführungen gestalten sich oft schwierig. Eritrea beispielsweise nimmt seine Staatsangehörigen nicht zurück. Diese Personen werden «vorläufig aufgenommen» und bleiben normalerweise definitiv in der Schweiz. Etliche reisen aber auch wieder aus. Im laufenden Jahr sind bis Ende Oktober knapp 10 000 Personen freiwillig in ihre Heimat (inklusive Ukraine) zurückgekehrt. Gut 1000 reisten in einen Drittstaat weiter. 1200 Ausreisen erfolgten zwangsweise.
Das SEM hat 2023 auch erstmals zwei Sonderflüge nach Algerien organisiert. Von dort kommen viele junge Männer, die kaum Chancen auf Asyl haben. Obwohl die Schweiz eigentlich ein Rücknahmeabkommen mit Algerien hat, weigerte sich das Land lange, Hand zu bieten für Zwangsrückführungen.
Viele unbegleitete Jugendliche
Seit dem Jahr 2020 reisen zunehmend männliche Teenager allein in die Schweiz. Bis Ende Oktober gingen 2745 Asylgesuche von unter 18-Jährigen ein. Die meisten Minderjährigen kommen derzeit aus Afghanistan. Für sie gelten gemäss Kinderrechtskonvention höhere Standards bei der Unterbringung. Sie brauchen auch Betreuung, einen Beistand und eine aufwendigere Rechtsvertretung. Die Kantone sind damit sehr gefordert, und es wird immer wieder Kritik laut an den Zuständen in einzelnen UMA-Heimen.
Spezialregel für Afghaninnen provoziert eine Sondersession
Im Juli beschloss das Staatssekretariat für Migration, dass Frauen und Mädchen aus Afghanistan neu in aller Regel als Flüchtlinge anerkannt werden. Das löste einen Sturm der Entrüstung bei den bürgerlichen Parteien aus. Sie nehmen Anstoss daran, dass diese Frauen nun im Rahmen des Familiennachzugs auch Ehepartner und minderjährige Kinder zu sich in die Schweiz holen dürfen. Im September gingen denn auch rund 700 Asylanträge von bereits in der Schweiz lebenden Frauen ein.
Bis jetzt blieb die SVP meist allein mit ihren Forderungen nach einer schärferen Asylpolitik. Jetzt könnte der Wind drehen. Die neue Praxis bei den Afghaninnen ist nun das Thema einer ausserordentlichen Asylsession des Parlaments am 19. und 20. Dezember. Der SVP-Nationalrat Gregor Rutz will diese Änderung mit einer Motion wieder rückgängig machen. Er betont, heute lebten bereits 5,2 Millionen afghanische Staatsbürger in den Nachbarländern Afghanistans. All diese Menschen hätten nun einen Anreiz, in die Schweiz zu kommen. Das SEM untergrabe so die Bemühungen Europas, die Asylkrise in den Griff zu bekommen. Im Ständerat wird tags darauf eine fast gleichlautende Motion der FDP beraten.
FDP will Eritreer in Drittstaaten schicken
Generell kommen mittlerweile auch von den Freisinnigen härtere Töne. Der Ständerat Damian Müller verlangt in einer Motion, Eritreer mit abgewiesenen Asylgesuchen in ein sicheres Drittland zu schicken. Dieser Vorstoss wird am 19. Dezember ebenfalls im Nationalrat behandelt. Der Ständerat hat bereits zugestimmt. Die Eritreer benötigten den Schutz der Schweiz nicht, so argumentiert Müller. Sie belasteten aber die Sozialhilfe und belegten Unterkunftsplätze, die für echte Flüchtlinge gedacht seien. Er möchte ein Pilotprojekt anstossen und nennt als Beispiel für ein Drittland Rwanda.
Mit einer weiteren Motion möchte Müller erreichen, dass der Bundesrat in Brüssel interveniert, damit Italien sich wieder ans Dublin-Abkommen halten muss. Und schliesslich, fordert der FDP-Ständerat, solle der Bundesrat mehr tun, um Algerien zu Rückübernahmen zu bewegen. Die Schweizer Regierung müsse die Aktivierung von Sanktionen bei der Europäischen Kommission beantragen.
Zum Thema Rückführungen abgewiesener Asylsuchender wird der Nationalrat auch eine Motion von Werner Salzmann (SVP) debattieren. Dieser fordert ein Konzept zur Erhöhung der Zahl von Rückführungen und Ausweisungen. Dabei sollen auch Sanktionen für nicht kooperative Herkunftsländer zum Einsatz kommen.
(https://www.nzz.ch/schweiz/so-viele-fluechtlinge-wie-seit-dem-zweiten-weltkrieg-nicht-mehr-in-der-asylpolitik-dreht-der-wind-ld.1768365)
Afghaninnen Asyl zu gewähren ist richtig
Staatssekretariat für Migration hat die Praxis den internationalen Empfehlungen angepasst
Die Situation für Frauen in Afghanistan wird immer prekärer und UN-Organisationen betonen ihren besonderen Schutzbedarf. Die Schweiz hat diesen Sommer ihre Praxis an jene ihrer Nachbarländer angepasst. Diese Neubeurteilung ist eine wichtige Errungenschaft für die Betroffenen.
https://www.caritas.ch/de/afghaninnen-asyl-zu-gewaehren-ist-richtig/
+++GROSSBRITANNIEN
Aufatmen für Sunak: Britisches Parlament stimmt für umstrittenen Asylpakt mit Ruanda
Im Streit um seine Asylpolitik ist der britische Premierminister Rishi Sunak einer historischen Niederlage im Parlament entgangen. Die Abgeordneten im Unterhaus stimmten am Dienstagabend in zweiter Lesung mehrheitlich für einen Gesetzentwurf, mit dem die konservative Regierung ihren vom obersten Gericht für rechtswidrig erklärten Asylpakt mit Ruanda retten will.
https://www.watson.ch/international/grossbritannien/414997569-ruanda-deal-britisches-parlament-stimmt-fuer-umstrittenen-asylpakt
-> https://www.jungewelt.de/artikel/465197.repression-gegen-schutzsuchende-last-exit-ruanda.html
+++ITALIEN
Flüchtlingsdeal mit Albanien: Italien setzt auf Abschreckung
Die Flüchtlingszahlen in Italien steigen. Die Regierung will nun eine restriktivere Unterbringung und vorgelagerte Asylzentren in Albanien.
https://taz.de/Fluechtlingsdeal-mit-Albanien/!5976094/
+++FREIRÄUME
Kostspielige Überwachung nach Besetzungen
Wird ein Gebäude von Aktivist*innen besetzt, dann meist weil es leer steht. Doch was passiert mit den Gebäuden nach der Räumung? Manchmal kommt es zu einer Zwischennutzung, doch oft bleiben die Liegenschaften für einige Zeit leer.
https://rabe.ch/2023/12/13/kostspielige-ueberwachung-nach-besetzungen/
-> Interpellation: https://www.rr.be.ch/de/start/beschluesse/suche/geschaeftsdetail.html?guid=8a30b6d88b854d63832bd46745b8d07d
Party ohne Gewalt: «Wir machen den Leuten nicht ihr Leben kaputt, sondern höchstens eine Nacht»
Wie gehen Clubs und Festivals gegen sexualisierte Gewalt an ihren Veranstaltungen vor? Der Verein Helvetiarockt hat einen Bericht dazu veröffentlicht: Noch gibt es viel zu tun – doch in einigen Clubs hat schon ein Umdenken stattgefunden.
https://www.woz.ch/2350/party-ohne-gewalt/wir-machen-den-leuten-nicht-ihr-leben-kaputt-sondern-hoechstens-eine-nacht
+++GASSE
Weil seit ein paar Monaten immer mehr Menschen im Aargau im öffentlichen Raum Drogen konsumieren will der Aargauer Regierungsrat handeln. Gesundheitsdirektor Jean-Pierre Gallati hat entschieden, sofort eine kantonale Suchtstrategie zu lancieren – und nicht abzuwarten, bis die Suchtstrategie in der Gesundheitspolitischen Gesamtplanung 2030 umgesetzt wird. (ab 05:14)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-aargau-solothurn/solothurner-kantonspolizei-wird-aufgestockt?id=12504642
-> https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/suchtstrategie-aargau-ld.2555571
-> https://www.ag.ch/de/aktuell/medien/medienmitteilungen?mm=projektstart-suchtstrategie-kanton-aargau-af53722f-65be-4af8-8484-ae75703bb451_de
Basler Suchthilfe gestärkt: Millionenspritze gegen Kleinbasler Drogenhotspot
Der Grosse Rat bewilligte eine Reihe von Massnahmen, welche die Situation rund um die Dreirosenanlage verbessern soll.
https://www.bazonline.ch/basler-suchthilfe-gestaerkt-millionenspritze-gegen-kleinbasler-drogenhotspot-249104598701
-> https://www.baseljetzt.ch/suchthilfe-angebote-erhalten-beitraege-in-millionenhoehe/161730
Drogenszene in Zürich: Stadt zieht positive Bilanz zu Konsum-Containern
Seit einem Monat ist im Zürcher Kasernenareal die provisorische Kontakt- und Anlaufstelle für Drogenabhängige geöffnet. Sie wird rege genutzt.
https://www.tagesanzeiger.ch/drogenszene-in-zuerich-stadt-zieht-positive-bilanz-zu-konsum-containern-994099918825
+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Joyeux 13.12 !
Pour fêter dignement ce 13 décembre (13.12) 2023, nous vous partageons un petit trombinoscope de flics en civil genevois.
https://renverse.co/infos-locales/article/joyeux-13-12-4269
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Demonstration vor Untersuchungsgefängnis Waaghof
Vor dem Untersuchungsgefängnis Waaghof kommt es am Dienstagabend zu einer Demonstration. Dazu aufgerufen hatte die Gruppierung «3 Rosen gegen Grenzen». Sie wirft der Polizei vor, bei einer Polizeikontrolle Menschen aufgrund ihres Erscheinungsbildes festgenommen zu haben.
https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/blaulicht-region-basel-drei-verletzte-bei-kollision-auf-der-a18-in-muenchenstein-suv-fahrer-testet-in-oltingen-offroad-faehigkeiten-und-bleibt-stecken-ld.2524190
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derbund.ch 13.12.2023
«Effy 29»-Prozess in Bern: Verteidiger zerpflücken die Anklage
«Dünne Beweislage» und «Gesinnungsjustiz»: Die Verteidiger der Hausbesetzer kritisieren die Staatsanwaltschaft harsch. Auch die Polizei wird nicht verschont.
Michael Bucher
Am dritten Tag des Prozesses gegen 16 Hausbesetzer kamen deren Verteidiger zu Wort. In ihren Plädoyers liessen sie kein gutes Haar an der Anklage. Diese stehe wegen der dünnen Beweislage auf äusserst wackligen Beinen.
Es sind Voten, die es bereits im Sommer 2021 in einem anderen Gerichtssaal zu hören gab. Damals sprach das Regionalgericht die vier Frauen und zwölf Männer frei vom Hauptanklagepunkt, der Gewalt gegen Beamte. Übrig blieb bloss Hausfriedensbruch. Weil die Staatsanwaltschaft in Berufung ging, kommt es aktuell vor Obergericht zur Neuauflage. Das Urteil erfolgt am 10. Januar.
Immer wieder verwiesen die Verteidiger auf das in ihren Augen fundierte Urteil der Erstinstanz. Sie sind überzeugt, dass das Obergericht zur selben Erkenntnis kommen muss: Weil keiner beschuldigten Person eine konkrete Gewalttat nachgewiesen werden kann, muss es Freisprüche geben.
Die Frage der Distanzierung
Zur Erinnerung: Am Morgen des 22. Februar 2017 herrschten an der Effingerstrasse 29 kriegsähnliche Zustände. Vermummte Personen wehrten sich mit massiver Gewalt gegen die polizeiliche Räumung. Die Hausbesetzer warfen Feuerwerk und allerhand Mobiliar auf die Polizisten. Mehrere Einsatzkräfte wurden dabei verletzt.
In der Tat kann die Staatsanwaltschaft keinem der Beschuldigten eine konkrete Tat nachweisen. Das sei auch gar nicht nötig, findet sie. Denn es gelte das Prinzip: mitgegangen, mitgefangen. Wer sich von der Gewalt hätte distanzieren wollen, hätte dies problemlos tun können, meinte die Staatsanwältin.
Als «lebensfremd» bezeichneten diese Argumentation mehrere Verteidiger. Es könne nicht erwartet werden, dass Unbeteiligte das Gebäude verlassen, wenn im Treppenhaus ein Gefecht ausgetragen werde, das selbst erfahrene Polizisten als beispiellos taxierten.
Doch warum zogen sich am Ende der Räumung die 16 Frauen und Männer in dasselbe Zimmer im vierten Stock zurück, wo sie im Kreis sitzend auf die Polizei warteten? Für die Anklage ist es ein Indiz, dass es sich um eine verschworene Gruppe handelt. Die Verteidiger sehen es anders: Auch für Unbeteiligte sei es am sichersten gewesen, sich dorthin zurückzuziehen.
Das fehlende Ultimatum
Ganz allgemein wurde die Staatsanwaltschaft auch dafür kritisiert, dass sie trotz dünner Beweislage zwei «Monsterprozesse» erzwinge, die am Ende wohl vor allem viel Steuergelder vernichten würden. Tatsächlich kostete allein das erstinstanzliche Verfahren inklusive Entschädigung der amtlichen Vertreter rund 400’000 Franken. Bestätigt das Obergericht das damalige Urteil, müsste der Kanton Bern den Grossteil davon bezahlen.
«Wir würden nicht hier sitzen, hätte die Staatsanwaltschaft das Ganze einfach mit Strafbefehlen erledigt», sagte ein Verteidiger. Eine Kollegin pflichtete ihm bei und meinte: «Die Staatsanwaltschaft betreibt Gesinnungsjustiz. Ihr geht es bloss darum, einem angeblichen Besetzermilieu einen Schlag zu verpassen.»
An der Polizei wurde ebenso Kritik geübt. «Hätte sie an jenem Morgen eine deeskalierende Strategie gefahren, gäbe es diesen Monsterprozess nicht», meinte ein Verteidiger. Er stützte sich dabei auf eine Aussage der Vorinstanz, die da lautete: Die Polizei hätte den Besetzern am Morgen der Räumung via Megafon eine kurze Frist einräumen sollen, damit sie die Liegenschaft noch hätten verlassen können. Damit hätte sich die Spreu vom Weizen getrennt und die Beweislage wäre eindeutiger gewesen.
«Bei einem Ultimatum hätten sich die meisten vom Acker gemacht», ist der Verteidiger überzeugt. Daran hat die Anklage jedoch Zweifel. Die errichteten Barrikaden im Treppenhaus sowie die bereitgestellten Sturmhauben und Feuerwerksbatterien würden viel eher darauf hindeuten, dass man sich auf eine Konfrontation mit der Polizei vorbereitet habe. Auch allfälligen Unbeteiligten hätte dies auffallen müssen.
(https://www.derbund.ch/effy-29-prozess-in-bern-verteidiger-zerpfluecken-die-anklage-508019774355)
+++POLIZEI BS
Ersatz des Mehrzweckwerfers 73a
Die Kantonspolizei ersetzt den Mehrzweckwerfer 73a durch den Werfer LL 06. Das neue Einsatzmittel wird im unfriedlichen Ordnungsdienst eingesetzt und bringt Verbesserungen im Bereich der Zielgenauigkeit.
https://www.polizei.bs.ch/nm/2023-ersatz-des-mehrzweckwerfers-73a-jsd.html
-> https://www.20min.ch/story/basel-der-mzw-73a-hat-im-unfriedlichen-ordnungsdienst-ausgedient-939665301864
+++POLIZEI SO
Solothurner Kantonspolizei wird aufgestockt
Bei der Solothurner Kantonspolizei werden in den nächsten Jahren 10 neue Stellen geschaffen. Der Kantonsrat hat das Polizei-Budget mit 283 Mio. Franken bewilligt. Im Rat war man sich allerdings nicht einig, ob es noch mehr Polizisten braucht oder ob man sich das im Moment nicht leisten kann. (ab 01:06)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-aargau-solothurn/solothurner-kantonspolizei-wird-aufgestockt?id=12504642
+++POLICE VD
Classement du dossier par une procureure du Ministère Public
Lamin Fatty, un Gambien de 23 ans, est décédé en 2017 dans la zone carcérale de la Police cantonale vaudoise, aujourd’hui le Ministère Public classe l’affaire – Communiqué de Presse signé par différents collectifs
https://renverse.co/infos-locales/article/lamin-fatty-classement-du-dossier-par-une-procureure-du-ministere-public-4283
++++RECHTSPOPULISMUS
Besetzer der Hardturmbrache haben eine offizielle Postadresse
Die Besetzerinnen und Besetzer der Hardturmbrache haben sich einen eigenen Briefkasten aufgebaut und somit eine eigene Postadresse.
https://www.20min.ch/story/zuerich-besetzende-der-hardturmbrache-haben-eine-offizielle-postadresse-197516584450?version=1702445369604
-> https://tv.telezueri.ch/zuerinews/umstrittener-briefkasten-fuer-besetzer-der-hardturmbrache-155743968
+++RECHTSEXTREMISMUS
WoZ 14.12.2023
Rechtsextremismus: Amtlich bestätigte Neonazis
In der Schweiz pflegt die rechtsextreme Gruppierung Junge Tat gute Kontakte zur SVP, und in Deutschland sucht sie gezielt die Nähe zur organisierten Naziszene. Die dortigen Sicherheitsbehörden sind alarmiert.
Von Jan Jirát
Anfang Monat schaltete der Pressedienst des Deutschen Bundestags eine Kurznachricht zu einer «Schweizer Neonazigruppe» auf. Konkret geht es um die Gruppierung Junge Tat (JT), die von sich selbst gerne behauptet, sie seien «keine Rechtsextremisten», und zuletzt demonstrativ die Nähe zur SVP suchte (siehe WOZ Nr. 41/23). Wie sich nun aber zeigt, ist die in der Meldung gewählte Bezeichnung «Neonazigruppe» durchaus zutreffend.
Hintergrund der Meldung ist eine Anfrage der Partei Die Linke an die Bundesregierung zu den Verbindungen der Jungen Tat nach Deutschland. Eine gute Frage: Im Februar 2023 nahmen JT-Mitglieder an einer Propagandaaktion mit volksverhetzenden Straftaten vor einer Unterkunft für Geflüchtete in Bayern teil. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Ingolstadt fanden diesen August mehrere Razzien statt, darunter auch in Hagenbuch bei Winterthur, wo der Anführer der rechtsextremen Gruppierung seinen Wohnsitz hat.
Die nun publizierte Antwort des Bundes auf die Anfrage der Linken ist in zweifacher Hinsicht aufschlussreich. Erstens haben die deutschen Sicherheitsbehörden die Junge Tat im Blick. So veranlasste die Bundespolizei anlässlich «einer Gefahrenprognose im Kontext des Rechtsextremismus» die Erfassung zweier mutmasslicher JT-Mitglieder im polizeilichen Informationssystem. Und auch das «Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum», ein vierzig Polizei- und Nachrichtendienstbehörden umfassender Arbeitskreis, hat sich mit der Gruppierung aus der Schweiz befasst. «Die offenbar engmaschige Beobachtung der Jungen Tat zeigt, wie gefährlich selbst deutsche Sicherheitsbehörden die Gruppierung und ihre Aktivitäten einschätzen», sagt die Linken-Abgeordnete Martina Renner, die die Anfrage miteingereicht hat, gegenüber der WOZ.
Geläutert?
Zweitens zeigt sich, dass die Junge Tat in den letzten zwei Jahren Verbindungen zu den folgenden drei Gruppen der neuen Rechten pflegte: zur Jungen Alternative, der Jugendorganisation der AfD; zum Institut für Staatspolitik des neurechten Verlegers Götz Kubitschek mit Sitz in Schnellroda, Sachsen-Anhalt; sowie zum rassistischen Kampagnenprojekt «Ein Prozent». Alle drei Organisationen sind in Deutschland seit diesem Frühjahr als «gesichert rechtsextrem» eingestuft, weil sie «verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgen».
Während die Junge Tat in Deutschland also offiziell als «Neonazigruppe» gilt und ihr Gefahrenpotenzial angesichts der engen Verbindungen in organisierte rechtsextreme Strukturen auch erkannt wurde, werden ihre Mitglieder in den Schweizer Medien gerne mal als geläuterte patriotische Aktivist:innen inszeniert. Vor allem aber sucht die Junge Tat offensiv die Nähe zur SVP. Sie sieht sich als deren ausserparlamentarischer Flügel – und rennt bei der wähler:innenstärksten Partei des Landes offene Türen ein.
Wahlkampf für SVP-Kandidatin
Maria Wegelin, die mittlerweile zurückgetretene Präsidentin der Winterthurer SVP, spannte diesen Herbst für ihren Nationalratswahlkampf mit Manuel Corchia und Tobias Lingg zusammen, den zwei führenden Köpfen der JT. Auf die Slogans der Gruppierung angesprochen, sagte Wegelin gegenüber der NZZ: «Das kann ich voll unterschreiben, aber das sind ja keine problematischen Aussagen. Da steht auch die SVP dahinter.» Nachdem die Polizei wegen der rassistischen Propagandaaktion in Bayern diesen Sommer eine Razzia bei JT-Mitgliedern durchführte, sammelte die Gruppe Spenden – und gibt an, Geld von Exponent:innen der SVP bekommen zu haben.
Besonders wirkungsvoll lief die «Zusammenarbeit» zwischen der Jungen Tat und der SVP im Oktober 2022. Damals störten JT-Mitglieder im Zürcher Tanzhaus eine Veranstaltung, bei der Dragqueens Kindern Geschichten vorlasen, und forderten, dass eine solche Vorlesestunde nicht mehr stattfinden dürfe. Während alle lokalen Parteien die Aktion verurteilten, tat die SVP das Gegenteil: Sie trug die Forderung der Jungen Tat ins Stadtparlament.
(https://www.woz.ch/2350/rechtsextremismus/amtlich-bestaetigte-neonazis/!H9PMQBY6XE3H)
+++HISTORY
Basler Avantgarde gegen Nazis: Galerie Mueller feiert 90 Jahre Gruppe 33
Die Galerie Mueller würdigt zum 90-Jahr-Jubiläum die antifaschistische Basler Künstlervereinigung Gruppe 33. Die reichhaltige Ausstellung hätte auch einer der grossen Kunstinstitutionen der Stadt gut angestanden.
https://www.bzbasel.ch/kultur/basel/kunst-basler-avantgarde-gegen-nazis-galerie-mueller-feiert-90-jahre-gruppe-33-ld.2548582