Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel/
+++BERN
Regierungsratsantwort auf Motion M 129-2023 Schüpbach (Huttwil, SVP) Kostendeckende Abgeltung der Sachkosten von Schulkindern aus dem Asyl- und Flüchtlingsbereich. Antwort des Regierungsrates
https://www.rr.be.ch/de/start/beschluesse/suche/geschaeftsdetail.html?guid=6adf6d45ead34fb287144ecc3088cece
+++ZÜRICH
Unterkünfte
Regierungsrat sieht kein Problem bei minderjährigen Asylsuchenden
Der Regierungsrat hat Vorwürfe von Missständen in Asylunterkünften zurückgewiesen. Linke Kantonsrätinnen sahen vor allem Probleme auf dem Kasernenareal in der Stadt Zürich.
https://www.zueritoday.ch/zuerich/kanton-zuerich/regierungsrat-sieht-kein-problem-bei-minderjaehrigen-asylsuchenden-155276123?autoplay=true&mainAssetId=Asset:149698404
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limmattalerzeitung.ch 27.11.2023
SVP möchte Zwangsarbeit für Flüchtlinge ermöglichen – der Kantonsrat tobt
Geflüchtete sollen zum Gemeinwohl beitragen müssen, findet die SVP. Je nachdem sogar unentgeltlich. Das sei reine Polemik, kritisiert Regierungsratspräsident Mario Fehr (parteilos).
Sven Hoti
Sklaverei, Zwangsarbeit, Verdingung: Linke Parteien griffen am Montag im Kantonsrat tief in die Schublade für antiquierte Arbeitsformen, um die Motion von Patrick Walder (SVP, Dübendorf) zu kritisieren. «Wir sind irritiert, um nicht zu sagen, fassungslos», fasste Kantonsrätin Mandy Abou Shoak (SP, Zürich) das Empfinden von links zusammen.
Walders Vorstoss forderte, dass Flüchtlinge – «sofern sie erwachsen, arbeitsfähig, ohne Betreuungspflichten und ohne Arbeit sind» – zu Arbeit am Gemeinwohl verpflichtet sein sollten. Die Arbeit sollte «unentgeltlich respektive bei Entgelt unter Anrechnung bei den staatlichen geldwerten Leistungen» zu leisten sein.
Der Asylbereich verschlinge jährlich wiederkehrend Milliarden an Staatsgeldern, heisst es in der Begründung zur Motion. Immer mehr Asylsuchende seien Wirtschaftsflüchtlinge. Es sei daher «zulässig und zumutbar, Asylbewerber zur Minderung der durch sie verursachten Kosten für die Gemeinschaft Arbeiten verrichten zu lassen, ohne dies zusätzlich zu entgelten». Als mögliche Arbeitsfelder definierte Walder beispielsweise die Mithilfe bei der Beseitigung von Abfällen, beim Unterhalt und in der Pflege von staatlichen Grünanlagen oder in Spitälern sowie Alters- und Pflegeheimen.
SP: «Sie sollten sich schämen!»
«Wir sprechen über unbezahlte Zwangsarbeit», sagte SP-Kantonsrätin Abou Shoak hörbar schockiert. Das sei bundesverfassungswidrig. Auch Schwerstverbrecher dürften nicht zu unbezahlter Arbeit gezwungen werden. «Sklaverei ist in allen Formen verboten.» Ihre Dübendorfer Parteikollegin, Leandra Columberg, doppelte nach: «Mit diesem Vorstoss haben Sie eine Linie überschritten, dafür sollten Sie sich schämen!» Die SVP reduziere geflüchtete Menschen auf reine Kostenfaktoren. Dabei sei es vielen von ihnen nicht einmal erlaubt, einer geregelten Arbeit nachzugehen.
Mit dem Vorstoss würden Menschen als billige Arbeitskräfte missbraucht, sagte Florian Heer (Grüne, Winterthur). Ausserdem stelle die Motion den von der SVP bei Asylthemen sonst immer vorgebrachten Inländervorrang infrage. Flüchtlinge würden in den Gemeinden bereits heute Arbeiten für das Gemeinwohl verrichten, so Heer, allerdings mit dem Unterschied, dass die Arbeit nicht Pflicht sei und entschädigt werde.
Sie sei nicht grundsätzlich dagegen, dass sich Geflüchtete fürs Gemeinwohl einsetzen könnten, sagte Lisa Letnansky (AL, Zürich). Aber: «Auch geflüchtete Menschen haben Menschenrechte.» Lediglich im Militärdienst und im Strafvollzug sei Zwangsarbeit erlaubt, «mit dem Unterschied, dass die Betroffenen ein Entgelt erhalten».
FDP: «Flüchtlinge können eine Chance sein»
Wenig Verständnis für das SVP-Vorhaben gab es auch von den anderen Parteien im bürgerlichen Lager. Die grundsätzliche Idee sei zwar durchaus überlegenswert, sagte Linda Camenisch (FDP, Wallisellen). Letztlich sei sie aber rechtlich weder umsetzbar noch angezeigt. Der Aufwand in den Gemeinden betreffend Personal und Bürokratie stehe in keinem Verhältnis zum Ertrag. Für zielführender erachtet es Camenisch, ein Taschengeld als Anreiz für solche Arbeiten entrichten zu lassen.
Der Unterengstringer FDP-Kantonsrat Yiea Wey Te, selbst Kind einer kambodschanischen Einwandererfamilie, drückte sich in seinem Votum weitaus nüchterner aus als so manche seiner übrigen Ratskolleginnen und -kollegen. Man müsse eingestehen, dass sich viele geflüchtete Menschen in die Gesellschaft miteinbringen würden. Davon sei in dieser Diskussion aber nichts erwähnt worden. Statt mit dem Finger auf sie zu zeigen, müsse man den Asylsuchenden auch eine Chance geben. «Am Schluss können sie eine Chance für die Schweiz sein und ein Vielfaches davon zurückgeben, was wir investiert haben.»
Mario Fehr: «Kandidieren Sie doch für den Nationalrat»
Wenig Verständnis für den Vorstoss zeigte auch Regierungsratspräsident und Sicherheitsdirektor Mario Fehr (parteilos). Der Regierungsrat mache sich regelmässig Gedanken über das Asylwesen, das laut Fehr vor allem auf Bundesebene «etwas aus den Fugen geraten» sei. Er erwähnte die aktuell rund 15’000 offenen Asylanträge.
Jeder Beitrag zum Problem könne helfen, betonte Fehr. Dieser Vorstoss jedoch betreffe Bundespolitik, sei aber «offensichtlich bundesrechtswidrig». «Mit diesem Vorstoss lösen wir die Asylprobleme dieses Landes nicht.» Fehr bezichtigte Walder und die SVP der Polemik und fügte an: «Kandidieren Sie doch nächstes Mal für den Nationalrat und reichen Sie den gleichen Vorstoss nochmals ein.»
Wenig überraschend stimmten am Schluss 125 Kantonsratsmitglieder und damit alle Parteien ausser der SVP-Fraktion (48 Stimmen) gegen Walders Vorstoss.
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Regierungsrat sieht kein Problem bei minderjährigen Asylsuchenden
Der Zürcher Regierungsrat hat Vorwürfe von Missständen in Asylunterkünften zurückgewiesen. Linke Kantonsrätinnen sahen vor allem Probleme auf dem Kasernenareal in der Stadt Zürich.
Seit Anfang Jahr wird die ehemalige Polizeikaserne in der Stadt Zürich als Asylunterkunft genutzt. Neben Erwachsenen und Familien leben dort auch bis zu 90 unbegleitete Jugendliche, sogenannte MNA, was für «Mineurs non accompagnés» steht. Sie sind auf einer eigenen Etage untergebracht.
Nachdem diverse Medien über zu enge Platzverhältnisse und zu wenig Betreuung berichtet hatten, verlangten SP, Grüne und AL mit einer Interpellation Informationen zu den mutmasslichen Missständen.
Der Regierungsrat sieht keinerlei Missstände, wie er festhält. In der Polizeikaserne gebe es für die unbegleiteten Jugendlichen zwölf unterschiedlich grosse Schlafräume sowie fünf Aufenthalts- und Lernräume. Bei einer Vollbelegung stünde jedem Jugendlichen so im Schnitt 9,1 Quadratmeter zur Verfügung.
«Unangebrachte» Antwort
An der Sitzung vom Montag kritisierte Erstunterzeichnerin Leandra Columberg (SP, Dübendorf) die Antwort als «unverständlich» und «unangebracht». Immerhin sei seither einiges geschehen. Teilweise zeige der Regierungsrat Einsicht, etwa mit der Neuausschreibung des Betreuungsauftrags.
Jasmin Pokerschnig (Grüne, Zürich) sagte, Betroffene und Betreuer würden die Sachlage anders darstellen als der Regierungsrat. Sie störte sich auch daran, dass dieser stark betone, die meisten MNA seien älter als 16 Jahre. Diese hätten ebenfalls Rechte.
Lorenz Habicher (SVP, Zürich) stützte den Regierungsrat. Die Betroffenen seien häufig «zufällig» 17 Jahre alt, meinte er. Den Interpellantinnen von SP, AL und Grünen warf er Politik für die Galerie vor.
Die Regierung betonte in ihrer Antwort, dass die Betreuung rund um die Uhr gewährleistet sei. Es gebe Beschäftigungsmöglichkeiten innerhalb der Unterkunft und Aktivitäten ausserhalb. Zwei Mal pro Woche sei zudem eine psychologische Fachperson anwesend, um die Jugendlichen zu betreuen. (sda)
(https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/zuerich/kantonsrat-ld.2547481)
+++SCHWEIZ
Das «Asylchaos» blieb bisher aus – Rendez-vous
Schon vor Monaten war die Befürchtung gross, im Herbst könnten in der Schweiz die Asylbetten ausgehen. Nun ist Herbst, das grosse Asylchaos aber ist nicht ausgebrochen. Warum?
https://www.srf.ch/audio/rendez-vous/das-asylchaos-blieb-bisher-aus?partId=12495480
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/fehlende-unterkuenfte-asylchaos-bleibt-aus
Mamablog: Interview zu Sans-Papiers-Familien – «Viele Kinder dürfen kaum raus und müssen sich ruhig und unauffällig verhalten»
Am Rande unserer Gesellschaft leben rund 90’000 Sans-Papiers, etwa ein Zehntel davon sind Kinder. Wie gestaltet sich das Leben für Familien, die ihre Existenz geheim halten müssen? Wir haben Bea Schwager von der Sans-Papiers-Anlaufstelle SPAZ getroffen.
https://www.tagesanzeiger.ch/mamablog-interview-zu-sans-papiers-familien-viele-kinder-duerfen-kaum-raus-und-muessen-sich-ruhig-und-unauffaellig-verhalten-392241566204
+++SERBIEN
Jagd auf Geflüchtete in Serbien
Seit Wochen läuft eine »Spezialoperation« unter EU-Beteiligung. Angeblich richtet sie sich gegen Schleuser und »Terroristen«
Rund um Subotica im Norden Serbiens halten sich viele Geflüchtete in der Hoffnung auf, irgendwie in die EU zu gelangen. Doch seit Wochen werden sie von dort vertrieben und zwangsweise in den Süden des Landes gebracht.
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1178095.migration-jagd-auf-gefluechtete-in-serbien.html
+++UNGARN
Faeser auf der Balkanroute
Zur weiteren Begrenzung irregulärer Migration besucht die Bundesinnenministerin Ungarn und Serbien
Nach einem Termin am 170 Kilometer langen Grenzzaun im Süden Ungarns reist Faeser für Gespräche über die gemeinsame Migrationsabwehr nach Serbien. Dabei geht es um den Ausbau der Festung Europa.
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1178087.ungarn-faeser-auf-der-balkanroute.html
-> https://www.nd-aktuell.de/artikel/1178082.ungarn-faeser-beim-vater-der-pushbacks.html
+++NIGER
Ein halbes Jahr nach dem Putsch in Niger: Niger öffnet Migrationsroute
Nigers Militärregierung setzt das Verbot des Transports von Migranten Richtung Libyen wieder aus. Darauf basierte die Partnerschaft Nigers mit der EU.
https://taz.de/Ein-halbes-Jahr-nach-dem-Putsch-in-Niger/!5976440/
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nzz.ch 27.11.2023
Niger lässt die Migranten wieder passieren und stösst damit die EU vor den Kopf
Die EU bezahlte seit 2015 Milliarden Euro an den Wüstenstaat Niger, damit er die Reise von Migranten und Flüchtlingen durch die Sahara ans Mittelmeer verhinderte. Vier Monate nach dem Putsch in Niamey hat die Militärjunta das entsprechende Abkommen aufgehoben – und handelt damit durchaus im Sinn der Bevölkerung.
Christian Putsch, Kapstadt
Der Chef der Putschregierung in Niger, General Abdourahamane Tchiani, reiste im Oktober in die Wüstenstadt Agadez. Es war eine heikle Mission. Denn der von den Militärs gestürzte Präsident Mohamed Bazoum entstammt der winzigen arabischen Ethnie der Ouled Slimane, die in Agadez gute Beziehungen zur dort mächtigen Ethnie der Tuareg pflegt. Entsprechend kritisch wird der Militärputsch von Ende Juli in Agadez gesehen.
Doch Tchiani hatte ein wichtiges Zugeständnis im Gepäck. Er stellte den Tuareg in Aussicht, ein Gesetz auszuhebeln, das in Agadez für enormen Unmut sorgt. Seit 2015 gilt in Niger die «Loi 36» zur Strafbarkeit von Schleppertätigkeit und Menschenhandel. Schleppern drohen demnach bis zu 30 Jahre Haft. Dank von der EU finanzierten Patrouillen wurde das Gesetz seither rigoros angewendet.
Agadez gilt als das «Tor zur Sahara», von wo aus die Flüchtlinge die riesige, gefährliche Wüste durchquerten, um über Libyen oder Algerien das Mittelmeer zu erreichen.
Schlepper und andere verloren ihre lukrative Arbeit
Der Wüstenstaat Niger war zu einem der wichtigsten Partnerländer der EU bei der Eindämmung der Migration geworden. Die Zahl der durchreisenden Migranten und Flüchtlinge in Richtung Libyen und dann Europa sank zunächst massiv, von 300 000 im Jahr 2016 auf zuletzt unter 50 000 jährlich. Es war eine zumindest für Europa und die nigrische Regierung erfolgreiche Geschäftsbeziehung.
Doch wegen der von der EU finanzierten Patrouillen verloren in Niger nach Angaben regionaler Medien 5000 Menschen ihre oft einträgliche Arbeit. Neben den Drahtziehern der illegalen Migration traf es auch die Schlepper, Lastwagenfahrer, Gastwirte und Ladenbesitzer. EU-Programme zur Schaffung alternativer Arbeitsplätze blieben hinter den hohen Erwartungen der lokalen Bevölkerung zurück. Ausserdem kamen die Milliardenzahlungen der EU an Niger kaum in der Peripherie, zum Beispiel in Agadez, an.
Entsprechend hatten die Tuareg, die als Wüstenvolk traditionell einer der Hauptakteure im Migrationsgewerbe sind, bei Tchianis Besuch die Herausgabe inhaftierter Schlepper und beschlagnahmter Fahrzeuge gefordert.
Genugtuung bei den Tuareg in Agadez
Am vergangenen Donnerstag erfüllte der Putschführer den Wunsch der Tuareg und unterschrieb ein Dekret, mit dem das Anti-Schlepper-Gesetz ausser Kraft gesetzt wird. In Agadez zeigte man sich zufrieden: «Wir begrüssen das im Namen unserer Bevölkerung», sagte Mohamed Anacko, Präsident des Regionalrats von Agadez, am Sonntag. Die «Loi 36» habe negative Auswirkungen auf das Leben der Menschen gehabt. Er beglückwünsche die Regierung zu ihrer Entscheidung, so Anacko.
Auch Ibrahima Hamidou, der Sprecher des von den Militärs eingesetzten Ministerpräsidenten Ali Lamine Zeine, frohlockte auf Facebook: «Gute Nachrichten für alle, die nach dem 2015 verabschiedeten Gesetz ins Gefängnis mussten, weil der Transport von Migranten kriminalisiert wurde. Dieses Gesetz wurde aufgehoben. Die EU soll ruhig weiter rumgestikulieren!»
Rechtlich war das Gesetz seit seinem Beschluss fragwürdig. Die Migranten wurden damit schon Hunderte Kilometer vor der libyschen Grenze abgefangen, obwohl für sie innerhalb der Staaten der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) Bewegungsfreiheit gilt. Entsprechende Einwände spielten aber bei den zahlreichen Treffen hoher europäischer und nigrischer Politiker in den vergangenen Jahre keine Rolle.
Nigers Wirtschaft kurz vor dem Kollaps
Die EU hat ihre Zahlungen nach dem Putsch eingestellt und befürwortet die harten Sanktionen, mit denen die in der Ecowas vereinten Nachbarstaaten Niger bestrafen. Das mächtige Nigeria, das zuerst auf einen Einmarsch von Ecowas-Truppen drängte, stellte seine Stromlieferungen ein. Wegen der teilweise weiterhin geschlossenen Grenzen kommen Waren nicht wie bislang über Benin ins Land, sondern über Togo und Burkina Faso. Der Umweg und die Kosten für Sicherheitseskorten auf von Terroristen bedrohten Strassen treiben die Preise für die Waren in die Höhe. Das Grundnahrungsmittel Reis etwa ist seit dem Putsch um rund ein Drittel teurer geworden. Einzig die Tatsache, dass Niger über Erdöl und Raffinerien für die eigene Benzinproduktion verfügt, rettet das bettelarme Land vor dem Kollaps.
Widerstand der nigrischen Bevölkerung gegen die Aussetzung des Schleppergesetzes sind nicht zu erwarten. «Die Militärjunta profitiert vom allgemeinen Hass auf die ehemalige Kolonialmacht Frankreich, da er von innenpolitischen Problemen und Streitigkeiten zwischen den Stämmen, Völkern und Regionen ablenkt», sagt der Westafrika-Repräsentant der deutschen Hanns-Seidel-Stiftung, Götz Heinicke. Das gemeinsame Feindbild Europa stärke das Nationalbewusstsein und den Zusammenhalt der Nigrer.
(https://www.nzz.ch/international/niger-putschregierung-setzt-migrationsabkommen-mit-der-eu-aus-ld.1767789)
++++GASSE
Angebote des Sozialwerks Pfarrer Sieber schon fast ausgelastet
Für obdachlose Menschen sind vor allem die aktuell kalten Nächte eine grosse Belastung. Das merkt auch das Sozialwerk Pfarrer Sieber: Seit fast zwei Wochen sind der Pfuusbus und die zweite Schlafstelle wieder offen und schon jetzt sind fast alle Plätze besetzt.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/angebote-des-sozialwerks-pfarrer-sieber-schon-fast-ausgelastet?id=12495492
-> https://www.watson.ch/schweiz/z%c3%bcrich/420880985-notschlafstellen-pfuusbus-und-iglu-sind-praktisch-voll-belegt
-> https://www.tagesanzeiger.ch/obdachlose-in-zuerich-pfarrer-siebers-notschlafstellen-sind-fast-voll-282115053673
-> https://www.zueritoday.ch/zuerich/stadt-zuerich/zuercher-notschlafstellen-pfuusbus-und-iglu-sind-fast-voll-belegt-155271249?autoplay=true&mainAssetId=Asset:148763852
-> https://tv.telezueri.ch/zuerinews/pfuusbus-ist-voll-die-temperaturen-sind-nicht-schuld-155279707
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/wegen-des-kaelteeinbruchs-grosser-andrang-auf-pfarrer-siebers-pfuusbus-in-zuerich
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/sozialwerk-pfarrer-sieber-spuert-grossen-andrang?id=12495564
Das Bettelverbot wankt: Auch der Stadtrat hat Bedenken und will handeln, bevor das Bundesgericht interveniert
Das allgemeine Bettelverbot, das Wil im Polizeireglement verankert hat, «erscheint zu restriktiv», urteilt der Stadtrat. Ändern müsste dies das Stadtparlament. Doch könnte es am Ende wie in Basel gar zu einer Verschärfung führen?
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/wil/stadt-wil-das-bettelverbot-wankt-auch-der-stadtrat-hat-bedenken-und-will-handeln-bevor-das-bundesgericht-interveniert-ld.2547263
Besuch in der Drogen-Anlaufstelle in Solothurn
Mit der Crack-Schwemme spült es die Drogenszene wieder vermehrt ins Licht der Öffentlichkeit. Im Kanton Solothurn gibt es bereits seit längerem Orte, an denen sich Drogenkonsumierende legal aufhalten und dort auch ihre Drogen konsumieren können. Wir sind zu Besuch in der Anlaufstelle Solothurn. (ab 11:12)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-aargau-solothurn/besuch-in-der-drogen-anlaufstelle-in-solothurn?id=12495552
+++DROGENPOLITIK
Cannabis-Studie in den Startlöchern
Legal und unter Aufsicht der Wissenschaft Cannabis konsumieren – für auserwählte Studienteilnehmende u.a. auch aus Biel bald möglich. (ab 05:40)
https://web.telebielingue.ch/de/sendungen/info/2023-11-27
+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Gewerkschaftsklage gegen Covid-Demoverbot in Strassburg vom Tisch
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) tritt nicht auf eine Klage von Genfer Gewerkschaften gegen das während der Corona-Pandemie in der Schweiz eingeführte Demonstrationsverbot ein. Das hat die Grosse Kammer dieses Hofes am Montag entschieden.
https://www.swissinfo.ch/ger/gewerkschaftsklage-gegen-covid-demoverbot-in-strassburg-vom-tisch/49011556
-> https://www.watson.ch/schweiz/justiz/309628214-gewerkschaftsklage-gegen-covid-demoverbot-in-strassburg-vom-tisch
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/gewerkschaftsklage-gegen-covid-demoverbot-in-strassburg-vom-tisch-66658876
-> https://www.blick.ch/politik/europaeischer-gerichtshof-entscheidet-am-montag-verletzten-schweizer-covid-massnahmen-die-menschenrechte-id19182350.html
-> https://www.blick.ch/schweiz/zuerich/obdachlosigkeit-nimmt-zu-notschlafstellen-pfuusbus-und-iglu-sind-praktisch-voll-belegt-id19184810.html
-> https://www.derbund.ch/corona-pandemie-in-der-schweiz-klage-gegen-demoverbot-abgewiesen-959706017130
-> https://www.20min.ch/story/schweiz-verstiess-mit-covid-massnahmen-nicht-gegen-menschenrechte-457145494042
Free Gabri! Kundgebung vor Italienischen Konsulat in Bern
Gestern haben wir dem Italienischen Konsulat in Bern mit Bannern, Flyern und Redebeiträgen einen Besuch abstestattet, um lautstark die Freilassung von Gabriele zu fordern, den die Bullen in Mailand verschleppt haben und der nun auf seinen Auslieferungsprozess nach Ungarn wartet.
Wir fordern die Freilassung unseres Genossen Gabriele!
https://barrikade.info/article/6220
Aktionstage gegen Militarismus – Aktion in Bern
Im Rahmen der Globalen Aktionstage gegen Militarismus hat eine Gruppe in Bern Strassenschilder überklebt. Statt der „Militär- und Kasernenstrasse“ trugen sie nun den Namen „De-militarisierte Str.“ und einen Hinweis auf die Aktionstage, sowie Plakate, welche – unter anderem – eine Entmilitarisierung des Planeten fordern.
https://barrikade.info/article/6217
Communiqué zum 25. November in Zürich
Heute am 25. November 2023 nahmen wir – Frauen, Lesben, inter, trans, nonbinäre, agender und genderqueere Personen (FLINTAQ) uns trotz Kälte und Wasserwerfer selbstbestimmt die Strassen Zürichs, um gegen Patriarchat und Kapital zu demonstrieren.
https://barrikade.info/article/6219
Aufruf zur Gewalt; Jüdischer Dachverband reicht Anzeige gegen «Der Funke» ein
Der Schweizerisch-Israelitische Gemeindeverband hat gegen die marxistische «Funke»-Bewegung in Bern Strafanzeige eingereicht.
https://www.derbund.ch/aufruf-zur-gewalt-juedischer-dachverband-reicht-anzeige-gegen-der-funke-ein-349960240577
Krawallstadt der Schweiz? SVP vom Kanton Zürich will keine unbewilligte Demos mehr
Insgesamt 325 Demonstrationen und Kundgebungen hat es im letzten Jahr in der Stadt Zürich gegeben. Viele davon waren unbewilligt. Die SVP des Kanton Zürichs will dies nicht mehr dulden und hat dazu einen Vorstoss eingereicht. Zum Abschluss dieser Debatte ging es im Parlament noch einmal hitzig zu und her. Auch weil zwei Parlamentarier selbst in der Vergangenheit an unbewilligten Demos teilgenommen haben.
https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/krawallstadt-der-schweiz-zuercher-kantonsrat-00226312/
Klimastreik: Zürcher Polizei fordert «fünfstelligen Betrag»
Nach der Räumung eines Protests im Wald von Rümlang erhalten Klimaaktivisten eine Rechnung von der Polizei. Diese verteidigen sich im Gastbeitrag.
https://www.nau.ch/news/stimmen-der-schweiz/klimastreik-zurcher-polizei-fordert-funfstelligen-betrag-66656826
Grossanlass in Basel: Tausende Tamilen gedenken der gefallenen Rebellen
Am Montag trafen sich rund 5000 Tamilen aus der ganzen Schweiz, um ihre verstorbenen Angehörigen und Freunde zu ehren, die für die Tamil Tigers kämpften.
https://www.bazonline.ch/grossanlass-in-basel-tausende-tamilen-gedenken-der-gefallenen-rebellen-249647861318
+++SPORT
derbund.ch 27.11.2023
Aufmarsch rechter Hooligans: Muss Café Kairo die Regenbogenfahne abhängen?
Die Kantonspolizei gibt Tipps, wie Reibungen mit den Fussballfans von Roter Stern Belgrad vermieden werden können. Doch dieses Vorgehen stösst auf Kritik.
Lisa Kwasny
Trine Pauli vom Café Kairo im Berner Lorrainequartier ist wütend. Am Dienstag findet in Bern das Champions League Spiel der Berner Young Boys gegen Roter Stern Belgrad statt. Wegen der rechtsnationalistischen, gewaltbereiten Hooligans des serbischen Fussballclubs hat die Kantonspolizei Bern dem Café nahegelegt, seine Regenbogenfahne von der Fassade zu entfernen. Dadurch sollen Ausschreitungen verhindert werden. Aber ist das wirklich das richtige Vorgehen?
Bereits vor vier Jahren gab es Ausschreitungen
Bei den Fans des serbischen Fussballclubs Roter Stern Belgrad ist auf jeden Fall Vorsicht geboten. Am 21. August 2019 sorgten sie für einen massiven Gewaltausbruch in der Stadt.
Auch das Café Kairo wurde damals attackiert. Die Hooligans warfen bei ihrem Marsch durch das Lorraine- und das Breitenrainquartier Dosen und Flaschen gegen die Besucherinnen und Besucher des Lokals. Grund dafür war offenbar die Regenbogenfahne an der Fassade. Diese ist das Symbol der LGBTIQ+ Bewegung. Der Angriff gegen das Lokal hatte demnach wahrscheinlich homophobe Gründe.
Kann die Bevölkerung geschützt werden?
Der Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause (Mitte) kennzeichnet die Anwesenheit der Fans am Dienstag als höchste Gefahrenstufe. Alle Kräfte werden auf dieses Ereignis konzentriert. Die Wachen im gesamten Kanton werden geschlossen, Bern erwartet ein Grossaufgebot der Polizei, der Fantross wird eng begleitet.
Doch die Kommunikation mit den Fangruppen sei schwierig, sagt Nause. Trotzdem will er nicht von einem Hooliganmarsch sprechen: «Es werden 2000 Fans erwartet, aber nicht alle davon sind Hooligans.»
«Wenn die Situation es erfordert, schützen wir das Café Kairo», erklärt Isabelle Wüthrich, Mediensprecherin der Kapo Bern. Als die Polizei das Lokal über das kommende Spiel informierte, habe dieses gefragt, inwiefern es unterstützen könne. Darauf habe die Polizei erwähnt, dass das Risiko für Ausschreitungen erhöht sei, wenn die Fahne hänge, da diese bei einem früheren Mal ausschlaggebend für die Ausschreitungen gewesen sei. «Wir haben aber in keiner Art und Weise verlangt, dass sie abgehängt wird», sagt Wüthrich.
Hooligans verbieten statt Queerfahnen verstecken?
Das Vorgehen ist deshalb aus Sicht der Demokratischen Juristen Bern (DJB), welche die Einhaltung der Grundrechte beobachten, zwar problematisch, wohl aber nicht rechtswidrig: «Weil es eine Empfehlung ist und das Café Kairo selbst entscheiden kann, ob sie dem Folge leistet, ist es nur eine leichte oder gar keine Verletzung der Meinungsäusserungsfreiheit», sagt Selma Kuratle, Geschäftsleiterin der DJB, «trotzdem ist es bedenklich, dass in einer demokratischen Gesellschaft eine Regenbogenfahne aus Sicherheitsgründen abgehängt werden muss.»
Für Pauli verfolgt die Sicherheitsdirektion daher einen falschen Ansatz: «Wir sollten nicht aus Angst Queerfahnen verstecken.» Die Hooligans seien gewaltbereit, rechtsradikal und betrunken: «Meine Nachbarin sagt ihren Kindern, sie sollten früh zu Hause sein, damit sie nicht in Gefahr geraten.» Pauli appelliert daher an die Politik, solche Spiele in Zukunft abzusagen. Und falls dies nicht möglich sei, sollte wenigstens der Besuch der Hooligans verboten werden.
Ein solches Verbot ist aber laut Nause kaum realistisch. «Wenn der Umzug verboten würde, bräuchten wir 1000 Polizistinnen und Polizisten mehr, um das durchzusetzen.» Denn die Fans würden trotz Verbot ihren Weg ins Stadion suchen. «Das würde auf eine Konfrontation hinauslaufen», sagt Nause. Ein grundsätzliches Verbot des Spiels findet Nause auch nicht verhältnismässig.
Diese Argumentation wirft jedoch Fragen auf. Ein Blick ins Ausland zeigt, dass ein selektives Verbot gewisser gewaltbereiter Fussballfans auch schon durchgesetzt wurde. So hat Nizza im April beschlossen, Fans des FCB von einem Spiel auszuschliessen. Grund dafür war laut Aussagen des FCB die nationale Sicherheitslage in Frankreich, welche aufgrund von Streiks nicht gewährleistet sei.
Der Zug für ein Verbot ist im aktuellen Fall aber abgefahren. Die Fans werden so oder so kommen. Um auf die aktuelle Gefahrenlage zu reagieren, überlegt sich das Kairo trotz Unmut, der Empfehlung der Polizei zu folgen und die Fahne am Dienstag abzuhängen. Für Pauli gibt es dafür aber eine Bedingung: «Wir wollen die Fahne erst entfernen, wenn die Öffentlichkeit über den Grund Bescheid weiss. Dass wir uns dem Druck homophober Fussballfans fügen müssen, ist ein Unrecht.»
(https://www.derbund.ch/wegen-hooligans-in-bern-muss-cafe-kairo-die-regenbogenfahne-abhaengen-104498194836)
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-> https://www.baerntoday.ch/bern/stadt-bern/sicherheitsdirektor-nause-vor-risiko-match-belgrad-fans-werden-marschieren-155185001?autoplay=true&mainAssetId=Asset:153286276
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aargauerzeitung.ch 27.11.2023
«Das hätte hässlich werden können»: FCB-Hooligans wollten Fanzug stürmen – Dutzende Maskierte flüchteten vor Polizei
Auf dem Weg zum Auswärtsmatch in Basel hielt der Extrazug mit St. Galler Fussballfans nach Betätigung der Notbremse in Kaiseraugst. Dort, wo sich bereits die vermummten FCB-Hooligans positioniert hatten. Die Polizei spricht von einer erheblichen Gewaltbereitschaft. Die Ermittlungen laufen.
Dennis Kalt
Ein stehender Zug, Dutzende Männer mit Sturmhauben über dem Gesicht und zwei verfeindete Lager, die sich gegenseitig anbrüllen – so beschreibt eine Passantin die Szene, die sich am Sonntagnachmittag in der Nähe des Kaiseraugster Bahnhofs abspielte.
Gemäss Bernhard Graser, Sprecher der Kantonspolizei, ging um 14.50 Uhr in der Notrufzentrale die Meldung über eine «Riesen-Schlägerei» ein. In der Folge rückten Einsatzkräfte von Kapo, den beiden Fricktaler Regionalpolizeien und der Grenzwacht aus.
Eingeleitet hatte den Einsatz eine gezogene Notbremse im Extrazug der St. Galler Fussballfans. Diese waren auf dem Weg zum Auswärtsmatch gegen Basel. Zu stehen kam der St. Galler Fanzug unmittelbar dort, wo sich bereits die vermummten FCB-Hooligans positioniert hatten. «Offensichtlich wurde die Notbremse gezogen, weil sich die beiden Gruppen dort verabredet hatten», sagt Graser. «Es gab dabei eine erhebliche Gewaltbereitschaft.»
Hooligans flüchteten vor der Polizei
Beim Anrücken der ersten Einsatzkräfte flüchteten die gewaltbereiten Fussballfans vom Ort des Geschehens. Zuvor hätten rund 100 FCB-Hooligans versucht, den stehenden Zug zu stürmen. Dies gelang jedoch nicht. Die Türen blieben verschlossen. «Das hätte sonst hässlich werden können», sagt Graser. So gab es denn auch aus den umliegenden Spitälern keine Meldungen von verletzten Personen.
Aus der flüchtenden Meute konnte die Regionalpolizei unteres Fricktal einen 21- und 25-Jährigen vorläufig festnehmen. «Einer der beiden führte eine Sturmmaske, einen Zahnschutz und Handschuhe gefüllt mit Quarzsand mit sich», sagt Graser. Solche Handschuhe, mit denen die Wucht eines Faustschlages erhöht wird, sind etwa bei Türstehern, Hooligans oder auch in der links- und rechtsradikalen Szene beliebt.
Immer wieder kommt es im Aargau zum Aufeinandertreffen gewaltbereiter Fussballfans. So kam es etwa im Mai vor der Bistro Bar in Baden zu einer Massenschlägerei von Anhängern des FC Baden und FC Aarau. Eine Person wurde dabei schwer verletzt. «Oftmals finden solche Aufeinandertreffen unter dem Radar fernab der Öffentlichkeit statt», sagt Graser. So hat für gewöhnlich keine der Gruppierungen Interesse daran, dass die verabredeten Kämpfe publik werden.
Festgenommene hüllten sich in Schweigen
So hüllten sich denn auch die beiden in Kaiseraugst festgenommenen FCB-Anhänger zu Fragen der Polizei in Schweigen. Diese musste die jungen Männer nach kurzer Zeit wieder laufen lassen. Derzeit laufen im Nachgang zum Vorfall die polizeilichen Ermittlungen. Welche rechtlichen Konsequenzen dieser nach sich zieht, liesse sich noch nicht konkret beantworten, so Grasser.
So steht etwa die Frage im Raum, ob etwa eine Strafbarkeit hinsichtlich der Störung des öffentlichen Verkehrs vorliegt. Zudem können Personen, die sich bei Menschenansammlungen auf öffentlichem Grund durch Vermummung unkenntlich machen, mit einer Busse von bis zu 5000 Franken bestraft werden. Zur Ermittlung des Vorfalls und der beteiligten Personen sucht die Polizei Zeugen, die Angaben zum Geschehen machen können.
(https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/fricktal/kaiseraugst-das-haette-haesslich-werden-koennen-fcb-hooligans-wollten-fanzug-stuermen-dutzende-maskierte-fluechteten-vor-polizei-ld.2547134)
+++KNAST
Podcast «Artikel Sieben» – #3: Für immer weggesperrt
Jeder Freiheitsentzug greift tief in zahlreiche Individualrechte der Betroffenen ein. Keine andere staatliche Massnahme beschneidet in unserer Rechtsordnung den Gestaltungsspielraum der Einzelnen so stark. Während Freiheitsstrafen zeitlich limitiert sind, sind sogenannte Verwahrungen zeitlich unlimitiert. Sie dauern so lange bis rechtskräftig entschieden wird, dass sie nicht mehr notwendig sind. In der Schweiz sind derzeit rund 150 Menschen verwahrt. Begründet wird ihr Freiheitsentzug mit einer grossen Gefahr für Rechtsgüter der Allgemeinheit, die sich nicht in absehbarer Zeit therapeutisch bannen lässt. Der Freiheitsentzug in einer Verwahrung dauert meist weit länger als die schuldangemessene Strafe. Denn in der heutigen Sicherheits- und Kontrolllogik wird kaum mehr jemand aus der Verwahrung entlassen, auch wenn dies an sich rechtlich möglich wäre.
https://www.humanrights.ch/de/news/podcast-artikel-3
Jugendliche unverschuldet in Gefängnissen: Baselbieter Mitte will Antworten von der Regierung
Im Baselbieter Landrat wird eine Interpellation eingereicht, in welcher die Mitte wissen will, wie viele psychisch labile Jugendliche kurzzeitig in einem Gefängnis untergebracht werden.
https://www.bzbasel.ch/basel/baselland/landrat-jugendliche-unverschuldet-in-gefaengnissen-baselbieter-mitte-will-antworten-von-der-regierung-ld.2547398
++++BIG BROTHER
Datenschutz im Tessin – Videoüberwachung: Tessiner Datenschützer schlägt Alarm
In der Südschweiz gibt es zu viele Überwachungskameras, die falsch genutzt werden. Der Datenschützer Giordano Costa schlägt Alarm und will das Gesetz verschärfen.
https://www.srf.ch/news/schweiz/datenschutz-im-tessin-videoueberwachung-tessiner-datenschuetzer-schlaegt-alarm
+++POLIZEI DE
Berliner Polizist ermittelte zwei Jahre lang nicht gegen rechts
Ein Berliner Staatsschutzbeamter hat 300 mutmaßlich rechte Straftaten nicht bearbeitet. Linke-Abgeordnete Schrader und Koçak erkennen Behördenversagen und werfen der Innenverwaltung Intransparenz vor.
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1178006.rechtsextremismus-berliner-polizist-ermittelte-zwei-jahre-lang-nicht-gegen-rechts.html
Verletzte bei Einsätzen: Robuste Bundespolizei
In 21 Monaten wurden laut Bundesregierung 577 Personen bei Einsätzen von Beamten der Behörde verletzt
Die gute Nachricht: Seit Anfang 2022 sind zumindest keine Menschen durch Maßnahmen der Bundespolizei gestorben. Das ergab eine Anfrage der Linksfraktion. Doch in 21 Monaten wurden 577 Menschen von den Beamten verletzt.
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1178098.anfrage-der-linken-verletzte-bei-einsaetzen-robuste-bundespolizei.html
+++FRAUEN/QUEER
Gegen häusliche Gewalt: In einem Berner Kollektiv helfen sich Betroffene gegenseitig. (ab 14:58)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/weniger-zwiebeln-verdient-der-zibelemaerit-seinen-namen-noch?id=12495546
+++RECHTSPOPULISMUS
Lobt sich JSVP-Chefstratege Nils Fiechter unter falschem Namen?
Nils Fiechter wird verdächtigt, einen Zeitungskommentar unter falschem Namen geschrieben zu haben. Dieser sollte den Strategen der Jungen SVP gut darstellen.
https://www.nau.ch/politik/regional/lobt-sich-jsvp-chefstratege-nils-fiechter-unter-falschem-namen-66658474
-> https://www.blick.ch/politik/politiker-gibt-sich-als-frau-aus-um-sich-selbst-zu-loben-svp-fiechter-stolpert-ueber-sarah-loechlinger-id19183919.html
Nach Aussage zu 12-Millionen-Schweiz: Die SVP erwartet, dass Baume-Schneider ihrer Initiative gegen Zuwanderung zustimmt
Nach ihrer Aussage, sie habe «keine Angst» vor einer 12-Millionen-Schweiz, wird die Justiz- und Asylministerin von SVP und FDP als zu lasch kritisiert.
https://www.derbund.ch/svp-erwartet-dass-baume-schneider-ihrer-initiative-gegen-zuwanderung-zustimmt-539962471704
Uni Basel unter Verdacht: Politischer Aktivismus bei Urban Studies verbreitet
Nicht nur in der Nahostfrage werden im Fachbereich der Universität Basel einseitige Ansichten gelehrt. Das zeigen Nachforschungen der «SonntagsZeitung».
https://www.bazonline.ch/uni-basel-unter-verdacht-politischer-aktivismus-bei-urban-studies-verbreitet-671192583295
+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
tagesanzeiger.ch 27.11.2023
Aus dem Bezirksgericht Zürich: Rimoldi darf als Querulant bezeichnet werden
Der Mass-voll-Präsident hat sich gegen die Bezeichnung des «SonntagsBlicks» vor Gericht gewehrt. Doch eine Ehrverletzung liege in diesem Fall nicht vor, sagt dieses.
Thomas Hasler
Im Februar letzten Jahres hatte der «SonntagsBlick» unter dem Titel «Die Pandemie-Prominenz» Personen porträtiert, die von «Covid-19 ins Rampenlicht katapultiert» worden waren. Neben Exponenten wie dem «Virenversteher» Marcel Salathé oder «Mr. Corona» Daniel Koch waren fünfzehn Zeilen auch Nicolas Rimoldi gewidmet. Titel: «Der Querulant».
Möglicherweise störte sich der Mass-voll-Gründer und -Präsident nicht an der Beschreibung, er habe sich im Verlaufe der Pandemie radikalisiert, träume von einem Volksaufstand und wolle die Regierung hinter Gittern sehen. Der Begriff «Querulant» hingegen störte ihn ganz offensichtlich.
Ehrverletzung für möglich gehalten
Wörtlich genommen, verhielt sich Rimoldi nach Kenntnisnahme des Artikels tatsächlich querulatorisch. Denn der Begriff stammt vom lateinischen queri, was «Klage führen» bedeutet. Rimoldi führte Klage in Form einer Strafanzeige.
Die Staatsanwaltschaft klagte die Journalistin an. Sie habe «Rimoldi in seiner Ehre verletzt». Dafür sei sie zu einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 100 Franken sowie einer Busse von 600 Franken zu verurteilen, heisst es in der Anklageschrift.
Freispruch verlangt
Der Vorwurf treffe nicht zu, meinte ihr Verteidiger vor dem Zürcher Bezirksgericht. Den Titel «Querulant» habe die Journalistin nämlich gar nicht gesetzt, sondern dieser wurde von der Redaktion bestimmt. Allein schon aus diesem Grund müsse seine Mandantin freigesprochen werden. Der zuständige Richter, mit den Abläufen auf einer Redaktion nicht vertraut, wertete den Einwand als «Schutzbehauptung».
Der Verteidiger bestritt auch den ehrverletzenden Charakter des Begriffs. Er sei nicht als Ausdruck der Missachtung der Person, als Verunglimpfung, kurz: als Beschimpfung, verwendet worden. «Querulant» fasse präzis und kurz das öffentliche politische Wirken Rimoldis zusammen. «Wer so auftritt, redet, provoziert und sich vehement gegen staatliche Massnahme wendet, muss sich eine solche Zuschreibung gefallen lassen.»
«Querulant ist ehrverletzend, wenn …»
Am Ende sprach der Einzelrichter die Journalistin frei. Der Begriff «Querulant» sei ganz klar ehrverletzend – wenn er in diffamierender Absicht verwendet werde. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn damit der Ruf und die Wertschätzung einer Person als ehrbarer Mensch angegriffen wird. Im strittigen Artikel werde der Begriff aber auf das Verhalten Rimoldis in seiner Rolle als Politiker bezogen.
Als scharfer Kritiker habe er «durchaus eine querulatorische Haltung» an den Tag gelegt. Schon vor über dreissig Jahren hat das Bundesgericht entschieden, in politischen Auseinandersetzungen dürfe eine strafrechtlich relevante Ehrverletzung nur mit grosser Zurückhaltung angenommen werden.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
(https://www.tagesanzeiger.ch/aus-dem-bezirksgericht-zuerich-rimoldi-darf-als-querulant-bezeichnet-werden-657060455304)
+++HISTORY
Regierunngsratsantwort auf Motion M 143-2023 Marti (Bern, SP) Die Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen zeigt: Betroffene benötigen weitergehende Unterstützung. Antwort des Regierungsrates
https://www.rr.be.ch/de/start/beschluesse/suche/geschaeftsdetail.html?guid=3aca59d232524ac582eb032f1dad3207
Sie kämpfte gegen das Vergessen: Sie erzählte Tausenden Schülern von Auschwitz – jetzt ist sie für immer verstummt
Mit Nina Weil stirbt eine der letzten Schweizer KZ-Überlebenden, die in der Öffentlichkeit immer wieder über ihr Schicksal sprachen. Droht der Holocaust in der Schweiz nun in Vergessenheit zu geraten?
https://www.blick.ch/gesellschaft/sie-kaempfte-gegen-das-vergessen-sie-erzaehlte-tausenden-schuelern-von-auschwitz-jetzt-ist-sie-fuer-immer-verstummt-id19177437.html
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derbund.ch 27.11.2023
Report zu Nazi-Ärzten: «Sie wurden von Engeln der Hoffnung zu Todesboten»
Ärzte waren stark in die Verbrechen des NS-Regimes involviert. Forscher belegen, dass es sich dabei nicht um einige wenige besonders brutale Mediziner handelte.
Werner Bartens
Nach fünf Minuten in der Unterdruckkammer begannen die Krämpfe, die Atmung beschleunigte sich. Nach zehn Minuten war das Opfer bewusstlos, atmete nur dreimal pro Minute. «Zwischendurch stärkste Cyanose, ausserdem Schaum vor dem Mund», notierte Sigmund Rascher. Der Arzt führte das grausame Experiment im KZ Dachau an einem «37-jährigen Juden in gutem Allgemeinzustand» durch und protokollierte das Sterben «bis zum völligen Aussetzen der Herzaktion». Eine Stunde später: «Beginn der Sektion.»
Rascher und seine Helfer quälten 200 Häftlinge im KZ Dachau in Unterdruckversuchen, in denen simuliert werden sollte, wie es Piloten ergeht, die in grosser Höhe abgeschossen werden. 70 bis 80 Häftlinge starben sofort, andere erlitten schwere Schäden. In Unterkühlungsexperimenten – die Opfer wurden über Stunden in Eiswasser getaucht oder mussten nackt bei Minusgraden ausharren – kamen ebenfalls etliche Häftlinge um. Zu jenen, die nicht an der Tortur starben, mussten sich nackte KZ-Insassinnen legen, weil Nazi-Ärzte wissen wollten, wie schnell unterkühlte Körper durch «animalische Wärme», so die verächtliche Bezeichnung, wieder Normaltemperatur erreichten.
Das Bild von der Medizin im Dritten Reich ist durch Exzesse brutaler Ärzte wie Sigmund Rascher in Dachau oder Josef Mengele in Auschwitz-Birkenau geprägt. Der Harvard-Psychiater Robert Jay Lifton, der 1986 mit dem Buch «The Nazi Doctors» eine erste Studie über die Verwicklung der Ärzte in die NS-Mordmaschinerie vorgelegt hat, sprach von der «Perversion des Heilens zum Töten». Nun zeigt die Lancet-Kommission zu «Medicine, Nazism, and the Holocaust» nach fast dreijähriger Arbeit, wie eng Ärzte in die Verbrechen eingebunden waren. Sie waren ein wichtiger Teil des Systems. Es waren eben nicht nur Einzeltäter, einige brutale Schlächter mit Doktortitel, die quälten und mordeten. Ein ganzer Stand, noch dazu jener, der von Berufs wegen helfen sollte, war in Theorie wie Praxis Unterstützer und Profiteur der Vernichtungsideologie.
Nun wurden die Ergebnisse der Lancet-Kommission in Wien und Berlin vorgestellt. «Die grosse Unterstützung der Ärzteschaft für das NS-Regime zeigt sich in der hohen Zahl an Mitgliedschaften in NSDAP, SA und SS — mit 55 bis 60 Prozent der höchste Anteil aller Berufsgruppen», sagt Herwig Czech, Medizinhistoriker an der Uni Wien und Erstautor des 73-seitigen Lancet-Artikels. Ärzte waren nicht gezwungen, in die Partei einzutreten – ihr Anteil lag dennoch weit höher als etwa der von Juristen oder Lehrern, der 25 bis 35 Prozent betrug.
«Ärzte waren auf vielen Ebenen involviert, etwa bei der Umsetzung der ‹Rassenhygiene› in Form von Zwangssterilisationen an mehr als 300’000 Menschen, der Ermordung von 230’000 Patienten mit psychischen Krankheiten oder Behinderungen, erzwungenen Menschenversuchen und auch in den Konzentrations- und Vernichtungslagern», so Czech. Der Eroberungs- und Vernichtungskrieg der Wehrmacht sei ohne Beteiligung von Ärzten ebenfalls nicht möglich gewesen.
Josef Mengele war nur einer von vielen Ärzten, die in Konzentrationslagern die Gelegenheit zu Menschenversuchen nutzten. Der Medizinhistoriker Paul Weindling hat mehr als 300 derartige Experimente mit mindestens 27’000 Opfern dokumentiert, «und die Arbeit ist noch nicht abgeschlossen», so Czech. Auch die Forschung an Gehirnen von Opfern des NS-Regimes, etwa an Instituten der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, Vorläuferin der Max-Planck-Gesellschaft, gehört in diesen Zusammenhang. Im Dritten Reich gab es reguläre medizinische Forschung, NS-Mediziner betrieben keineswegs nur Pseudowissenschaft. Ergebnisse wurden in internationalen Fachzeitschriften publiziert, Erkenntnisse wurden in den medizinischen Lehrkanon aufgenommen, «doch nach dem Krieg wurde die Relevanz kleingeredet, teilweise davon motiviert, sich als Ärzteschaft von den Verbrechen der Täter und ihrer Forschung zu distanzieren», schreibt die Kommission.
«In vielen Bereichen der Forschung ist eine zunehmende Entkoppelung von ethischen Normen und Beschränkungen festzustellen», so Czech. Forschungsinstitute und Universitäten waren in KZ-Versuche involviert. In Dachau fanden Meerwassertrinkversuche auf Initiative des Internisten Hans Eppinger statt, Professor an der Uni Wien, durchgeführt von seinem Assistenten Wilhelm Beiglböck. Zwangssterilisationen und Zwangsabtreibungen wurden an Unikliniken und Krankenhäusern vorgenommen. Die Kindermordaktion, euphemistisch als «Kindereuthanasie» bezeichnet, stützte sich auf Kinderfachabteilungen in Krankenhäusern. «Der Mordapparat der ‹Euthanasie›-Morde war im Wesentlichen von Ärzten getragen und unabhängig vom KZ-System», sagt Czech.
Im KZ Ravensbrück experimentierte Karl Gebhardt, Unfallchirurg an der Uni Berlin, mit Sulfonamiden bei Gasbrand. Gebhardt hatte dazu 70 inhaftierten polnischen Widerstandskämpferinnen Infektionen zugefügt. «Bei zuvor Gesunden wurden gefährliche Krankheitszustände künstlich herbeigeführt», sagt der Medizinhistoriker Volker Roelcke von der Uni Giessen, der massgeblich an der Lancet-Studie beteiligt war. «Dieses Vorgehen war aus Forschungssicht rational, aber gleichzeitig extrem rücksichtslos und brutal, eine ganze Reihe der Probandinnen starb infolge der Versuche.»
Absichtliche Infektionen mit Typhus und Malaria
Ebenfalls im KZ Ravensbrück gab es Versuche zur Transplantation von Knochen. Die Frage war im Kriegskontext nachvollziehbar, weil Soldaten häufig Trümmerfrakturen erlitten. «Das Vorgehen war aber völlig improvisiert und entsprach auch seinerzeit keinem akzeptierten Forschungsstand», so Roelcke. «Und es war extrem grausam.»
Die Menschenversuche in den Konzentrationslagern sind eine Litanei der Grausamkeiten. Im Nürnberger Ärzteprozess 1946/47 erfuhr die Öffentlichkeit von tödlichen Erfrierungs- und Höhenversuchen, von absichtlichen Infektionen mit Typhus, Malaria und anderen Erregern, von Verletzungen und Verstümmelungen zur Erprobung von Sulfonamiden, von Knochentransplantationen. In Auschwitz gab es Versuche, um Methoden zur massenhaften Sterilisation zu entwickeln. «Viele Versuche dienten militärischen Zwecken – die Medizin diente nicht der Heilung, sondern dem Tod», sagt Czech.
Erzwungene Experimente gab es jedoch auch ausserhalb der KZ an Orten, an denen Ärzte die durchaus existierenden juristisch-ethischen Regeln zur Forschung ignorieren konnten. In psychiatrischen Anstalten und Krankenhäusern der besetzten Gebiete etwa machten sie Versuche mit Impfstoffen oder zur Übertragbarkeit der multiplen Sklerose. Ausserdem wurden in grossem Umfang Menschen getötet oder sterilisiert, die von Ärzten als «lebensunwertes Leben» klassifiziert worden waren. Unter diesen Ärzten waren etliche Professoren, einige wurden später Präsidenten ihrer Fachgesellschaften, etwa Werner Villinger, der von 1951 bis 1953 die Gesellschaft Deutscher Neurologen und Psychiater leitete.
Die ideologischen Grundlagen, um Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle, politische Gegner und angebliche «Ballastexistenzen» zu vernichten, waren früh gelegt. Eugenik und Rassenhygiene entstanden im späten 19. Jahrhundert und wurden zu internationalen Bewegungen. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts bestanden eugenische oder rassenhygienische Fachgesellschaften in den USA, Deutschland, England und Skandinavien.
Ärzteorganisationen hatten schon in den 1920er-Jahren eugenisch geprägte Sterilisationsgesetze gefordert. Ähnliches gilt für die Euthanasie, die «Beendigung» von «lebensunwertem Leben» – hier gab es früh im 20. Jahrhundert entsprechende Forderungen. Im Nationalsozialismus wurden die politischen und gesetzlichen Grundlagen geschaffen, um die in der Ärzteschaft zirkulierenden Ideen radikal umzusetzen.
Möglichkeiten zum beruflichen Aufstieg für Ärzte
Das Verhältnis zwischen Politik und Medizin beruhte auf Gegenseitigkeit – Ärzte entwickelten Ideen und Programme, die Machtübernahme der Nazis ermöglichte die Umsetzung. Dadurch eröffneten sich Ärzten Möglichkeiten zum beruflichen Aufstieg, etwa in Gesundheitsämtern zur «Erb- und Rassenpflege». In Fachzeitschriften begrüssten nach der Machtergreifung 1933 Präsidenten der Fachgesellschaften die «neue Zeit». «Sie erwarteten, dass die Gesundheits- und Sozialpolitik nach den Gesetzen der Biologie und Medizin reorganisiert werden würde», sagt Roelcke. Dies geschah so umfassend, dass Hunderttausende dafür mit dem Leben bezahlten.
«Ärzte wurden von Engeln der Hoffnung zu Todesboten», sagte Zion Hagay, Präsident der israelischen Ärzteorganisation, in einer Onlinebotschaft in Berlin. Ein Teil der Arbeit der Lancet-Kommission bestand auch darin, aufzuzeigen, wie aus der historischen Evidenz «Implikationen für heute und Lehren für morgen» gezogen werden können. Der Kampf gegen Antisemitismus – aktueller denn je – gehöre ebenso dazu wie die Aufklärung, wie Ärzte in Grausamkeiten der NS-Diktatur verstrickt gewesen seien, heisst es in dem Bericht. In der Ausbildung zu Gesundheitsberufen müssten entsprechende Inhalte verankert sein, so die Forderung der Autoren.
Mit Entschuldigungen und «Nie wieder»-Formeln sei es nicht getan. Jona Laks, 1930 geboren und eine der wenigen Überlebenden der Zwillingsversuche Josef Mengeles, machte dies in ihrer Onlinebotschaft deutlich. «Was aufgearbeitet wird, wird dann vielleicht vergessen», sagte die 93-Jährige. «Wir werden uns in jedem Fall erinnern.»
(https://www.derbund.ch/nazi-aerzte-sie-wurden-von-engeln-der-hoffnung-zu-todesboten-149397528941)