Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel/
+++BERN
Tod auf dem Gurnigel: Kurde stirbt in Asylunterkunft an einem Herzinfarkt
Die medizinische Versorgung der Geflüchteten im abgelegenen ehemaligen Kurhotel steht in der Kritik. Der Kanton hat eine Untersuchung eingeleitet.
https://www.derbund.ch/tod-auf-dem-gurnigel-kurde-stirbt-in-asylunterkunft-an-einem-herzinfarkt-232445970255
– https://www.baerntoday.ch/bern/kanton-bern/mann-stirbt-in-asylunterkunft-gurnigelbad-an-herzinfarkt-153763209
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(FB 3 Rosen gegen Grenzen)
Im Lager Gurnigelbad (BE) ist ein 50-jähriger Geflüchteter gestorben.
Wegen eines Herzinfarkts wurde die Ambulanz angefordert, welche nach 40 Minuten (!) eingetroffen ist. #Rassismus #NoLager ROTA – Migrantische Selbstorganisation
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Bern.
Berner Asylpolitik tötet die Geflüchtete!
Heute erhielten wir wieder eine schlechte Nachricht von unseren Freund*innen in Bern: ein weiterer geflüchteter ist in Bern gestorben.
Wir haben keine Geduld mehr!
Seit ca. fünf Monaten versuchen wir, mit den Verantwortlichen des Lagers und des SRK Kanton Bern in Kontakt zu treten , um die klare Bedürfnisse von Geflüchteten zu äußern und um im Asyllager bessere Zustände zu schaffen.
Aber sie wollten uns und den Geflüchteten nicht zuhören !
Nun haben wir einen Freund verloren!
B.H, der 50 Jahre alt und aus Kurdistan kommt, ist wegen einem Herzinfarkt in Gurnigelbad gestorben, weil das Krankenwagen erst nach 40 Minuten gekommen ist und mangelhafte medizinische Versorgung hatte!
Wir sind sehr traurig, aber auch sehr wütend….
Wir rufen alle Organisationen, Aktivist*innen und Journalist*innen auf, sich mit den geflüchteten in Gurnigelbad zu solidarisieren.
Solidaritätsgruppe für Gurnigelbad
Um uns zu erreichen: campgurnigelbad@gmail.com
(https://www.facebook.com/watch/?ref=saved&v=317666024248815)
-> https://twitter.com/3rosen/status/1706775992499388802
-> https://twitter.com/zamur41/status/1706725811296805313
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Biel bietet Kanton Bern Kollektivunterkunft für Asylsuchende an
Die Stadt Biel bietet dem Kanton Bern das ehemalige Alters- und Pflegeheim „Oberes Ried“ als Kollektivunterkunft für Asylsuchende an. Die Unterkunft bietet Platz für rund 80 Personen.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/biel-bietet-kanton-bern-kollektivunterkunft-fuer-asylsuchende-an?id=12462447
+++SCHWEIZ
Ständerat lehnt Kurswechsel in der Asylpolitik deutlich ab
Der Ständerat will keinen Paradigmenwechsel in der Asylpolitik. Und er möchte auch nicht erneut über die eigenständige Steuerung der Zuwanderung diskutieren. Die kleine Kammer hat am Mittwoch zwei entsprechende Motionen aus der SVP-Fraktion abgelehnt.
https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2023/20230927100927202194158159038_bsd057.aspx
Ständerat verlangt Plan für mehr Unterbringungsplätze
Der Ständerat verlangt vom Bundesrat einen konkreten Plan zur Unterbringung von Asylsuchenden. Unter anderem will er geklärt haben, wie allenfalls bestehende und stillgelegte Unterkünfte der Armee und des Zivilschutzes genutzt werden können.
https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2023/20230927102530577194158159038_bsd064.aspx
Parlament lehnt SVP-Forderungen nach Kurswechsel bei Migration ab
Das Parlament hat Forderungen der SVP nach Anpassungen der Schweizer Migrationspolitik abgelehnt. Es will weder bei der Steuerung der Zuwanderung nachlegen noch Asylverfahren im Ausland durchführen.
https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2023/20230927173414359194158159038_bsd163.aspx
-> https://www.watson.ch/schweiz/gesellschaft%20&%20politik/731168843-parlament-lehnt-svp-forderungen-nach-kurswechsel-bei-migration-ab
«Apropos» – der tägliche Podcast: Lampedusa und die Asyldebatte in der Schweiz
Die schwierige Lage in Lampedusa hat auch Folgen für die Schweiz. Gegenwärtig beantragen auch hier mehr Menschen ein Asylgesuch. Das führt in der Politik zu Diskussionen. «Apropos» geht der Debatte auf den Grund.
https://www.derbund.ch/apropos-der-taegliche-podcast-lampedusa-und-die-asyldebatte-in-der-schweiz-712803770322
Heisse Debatte: Bundesbern streitet über Migration und Mietpreise
Hitzige Debatte im Nationalrat. Die Flüchtlingspolitik und die Wohnungsnot in der Schweiz lassen die Emotionen hoch kochen.
https://www.telebaern.tv/telebaern-news/heisse-debatte-bundesbern-streitet-ueber-migration-und-mietpreise-153763932
-> https://www.telem1.ch/aktuell/heisse-debatte-bundesbern-streitet-ueber-migration-und-mietpreise-153763645
-> https://www.20min.ch/story/nationalrat-gegen-wiederausfuhr-von-kriegswaffen-455406221767?version=1695827293731&utm_source=twitter&utm_medium=social
-> https://www.blick.ch/politik/svp-und-sp-geraten-waehrend-asyldebatte-aneinander-nur-baume-schneider-bleibt-cool-tumult-im-nationalrat-id18985300.html
+++DEUTSCHLAND
Hamburger Abschiebebeobachter hört auf: „Da wurde es mir zu viel“
Nahezu täglich gibt es Abschiebungen über den Hamburger Flughafen. Moritz Reinbach hat die Abzuschiebenden in den Stunden vor dem Abflug begleitet.
https://taz.de/Hamburger-Abschiebebeobachter-hoert-auf/!5962774/
Faeser ordnet Kontrollen an Grenzen zu Polen und Tschechien an
Die Bundespolizei kontrolliert ab sofort verstärkt die Grenzen zu Tschechien und Polen. Nancy Faeser will damit die bereits laufenden Schleierfahndungen ergänzen.
https://www.zeit.de/politik/deutschland/2023-09/polen-und-tschechien-faeser-ordnet-erweiterte-grenzkontrollen-an
-> https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/faeser-kontrollen-100.html
-> https://www.spiegel.de/politik/deutschland/illegale-migration-nancy-faeser-ordnet-erweiterte-grenzkontrollen-zu-polen-und-tschechien-an-a-9a43ab59-e0b3-4efa-b29f-d94d35e7ed04?utm_source=dlvr.it&utm_medium=twitter#ref=rss
Überbietungswettbewerb der schlechten Ideen
Kurz vor den Landtagswahlen in Bayern und Hessen überbieten sich die führenden Köpfe der großen Parteien mit schlechten Ideen: Vom Deutschlandpakt zu einem neuen Asylkompromiss, es scheint kaum ein Halten zu geben in der aktuellen Debatte. Zur Lösung der Herausforderungen tragen die Vorschläge nichts bei, sie sind aber Nährboden für rechte Hetze.
https://www.proasyl.de/news/ueberbietungswettbewerb-der-schlechten-ideen/
CDU-Chef in der Kritik: Empörung über Merz-Vorwürfe gegen abgelehnte Asylbewerber
»Die sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen«: Friedrich Merz wettert gegen abgelehnte Asylbewerber – und erntet scharfen Widerspruch. Mit Falschaussagen spiele der CDU-Chef Gruppen gegeneinander aus, sagt Ricarda Lang.
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/friedrich-merz-cdu-empoerung-ueber-vorwuerfe-gegen-abgelehnte-asylbewerber-a-37c3e3cb-7de1-4a0e-a76c-c0b226227428
+++POLEN
Die polnische Armee patrouilliert an der Grenze zu Belarus
Aus der ganzen Welt nach Białowieża
Seit einigen Monaten ist die polnische Armee an der Grenze zu Belarus wieder präsenter. Tausende Flüchtlinge versuchen dort jedes Jahr den Grenzzaun zu überqueren.
https://jungle.world/artikel/2023/38/fluechtlinge-belarus-polen-aus-der-ganzen-welt-nach-bialowieza
++++FRANKREICH
Geflüchtete zwischen Frankreich und Italien – Tagesschau
Der Bahnhof Menton Garavan ist das Nadelöhr für Flüchtlinge auf dem Weg nach Frankreich oder weiter in den Norden. Die Reportage von der Grenze im Südosten Frankreichs.
https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/gefluechtete-zwischen-frankreich-und-italien?urn=urn:srf:video:94c612f5-2308-49f9-a397-240a73fea007
+++MITTELMEER
Flucht nach Europa : Darum sterben so viele Menschen im Mittelmeer
In diesem Jahr ist die Zahl der Menschen, die bei dem Versuch sterben, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen, so hoch wie seit langem nicht mehr. Wie kann das sein?
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/tote-mittelmeer-flucht-migration-100.html#xtor=CS5-62
Seenotrettung wird zur Chefsache
Bundesregierung vergibt erstmals Gelder an Hilfsorganisationen, aus Italien hagelt es Kritik
Das Auswärtige Amt hat endlich Mittel für die zivile Seenotrettung bereitgestellt. Das sorgt für Attacken auf den Bundeskanzler. Am Donnerstag kommt Italiens Außenminister nach Berlin.
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1176595.italiens-aussenminister-in-berlin-seenotrettung-wird-zur-chefsache.html
+++EUROPA
nzz.ch 27.09.2023
EuGH-Urteil zu Binnengrenzkontrollen: «Migration lässt sich nicht auf Knopfdruck stoppen»
Wegen der Migrationskrise wird der Ruf nach Kontrollen an den Binnengrenzen lauter. Illegal Einwandernde sollen so direkt abgewiesen werden können. Doch der EuGH sieht darin einen Rechtsbruch.
Daniel Steinvorth, Brüssel
Binnengrenzkontrollen widersprechen eigentlich der europäischen Idee. Das Schengen-Abkommen erlaubt sie nur in besonderen Situationen, wenn die innere Sicherheit oder die öffentliche Ordnung in den Mitgliedstaaten bedroht ist. Ist dies auch in Zeiten stark steigender Migrantenzahlen der Fall? Mehrere Länder sehen das so und wollen wieder Kontrollen an den innereuropäischen Grenzen einführen, um Migranten direkt abweisen zu können.
Doch nun macht ihnen der Europäische Gerichtshof (EuGH) einen Strich durch die Rechnung. Zurückweisungen an den Binnengrenzen seien ein Verstoss gegen die sogenannte Rückführungsrichtlinie und damit rechtswidrig, entschieden die Richter vergangene Woche. Auf das oberste europäische Gericht können die EU-Staaten also nicht zählen, wenn sie in der Migrationspolitik souverän handeln wollen.
Der italienische Migrationsexperte Andrea De Petris vom Centrum für Europäische Politik in Rom hält dagegen: Der EuGH interpretiere nur geltende Gesetze, und Binnengrenzkontrollen seien ohnehin ungeeignet, um die irreguläre Migration zu bremsen.
Herr De Petris, der EuGH hält Zurückweisungen von Migranten an den Binnengrenzen der EU für rechtswidrig. Ist das ein Rückschlag für die Mitgliedstaaten?
Zunächst einmal muss man hier zwischen Asylsuchenden und illegal Einwandernden unterscheiden. Das EuGH-Urteil richtet sich an Migranten, die keinen Asylantrag gestellt haben und sich ohne gültigen Aufenthaltstitel in einem Mitgliedsland befinden. Der Gerichtshof hat festgestellt, dass die nationalen Behörden auch diesen Leuten das Recht auf eine Frist zur freiwilligen Ausreise gewähren müssen.
Das heisst?
Das heisst, dass eine Person an der Grenze nicht sofort wieder ins Nachbarland zurückgeschickt werden darf. Eine zwangsweise Ausschaffung darf nur als letztes Mittel eingesetzt werden.
Die Regierungen werden dies nicht gerne hören. Auch die deutsche Innenministerin Nancy Faeser will Kontrollen an den Grenzen zu Polen und Tschechien vorbereiten.
Die Forderung mag aus politischen Gründen nachvollziehbar sein. Sie verstösst aber gegen europäisches Recht, wenn damit Migranten unmittelbar zurückgewiesen werden.
Ist die Forderung aber nicht nachvollziehbar, wenn der Schutz der EU-Aussengrenze offenkundig nicht mehr funktioniert?
Es ist eine Tatsache, dass auch die Militarisierung der Aussengrenze keine Lösung für das Migrationsproblem darstellt. Migration ist ein globales Phänomen. Zu glauben, dass die Migranten aufhören, um die Welt zu ziehen, nur weil die Binnen- und Aussengrenzen der EU geschlossen werden, ist illusorisch. Die Politik sollte in der Lage sein zu sagen, dass die Migration ein strukturelles Phänomen sei, das nicht einfach auf Knopfdruck «gestoppt» werden könne.
Sie hören sich an, als sei Migration ein Naturphänomen, das Staaten zu ertragen haben.
Migration gibt es seit Jahrtausenden. In den letzten zwei Jahrzehnten hat sie Europa stärker betroffen als zuvor, aber die Menschen sind im Laufe der Jahrhunderte aus verschiedenen Gründen immer weiter gezogen. Ohne Migration gäbe es die Bevölkerung des amerikanischen Kontinents, wie wir sie heute kennen, nicht. Deshalb ist es nicht einfach, sich wirksame Massnahmen gegen ein Phänomen dieses Ausmasses vorzustellen.
Was schlagen Sie vor?
Um die illegale Migration einzudämmen, muss man erstens Möglichkeiten für die legale Einreise in die Zielländer der Migranten schaffen oder verbessern. Auf diese Weise hätten Schlepper eine wesentlich geringere Nachfrage. Allerdings müssen die legalen Einreisekanäle auf Wirtschaftsmigranten, nicht auf Asylbewerber ausgerichtet sein. Die Zahl der Asylbewerber lässt sich nicht von vornherein kontingentieren, da man nie im Voraus wissen kann, wie viele es sein werden. Aber Asyl ist ein individuelles, in internationalen Übereinkommen anerkanntes Grundrecht.
Asyl ist ein Grundrecht, aber nicht Migration.
Deswegen braucht es zweitens viel effektivere Integrationsprojekte, denn es ist nicht einfach, Menschen zu integrieren, die aus Kulturen kommen, die sich oft stark von den europäischen unterscheiden. Europa ist längst von Menschen mit Migrationshintergrund bevölkert, die in europäischen Ländern leben, studieren, arbeiten. Integration ist sicherlich kostspielig, aber ich glaube nicht, dass es billiger ist, Europas Aussengrenzen zu militarisieren und zu überwachen, illegal Migrierende zu inhaftieren und sie in ihre Herkunftsländer zurückzuschicken.
Was ist mit Dänemark? Dort werden die Grenzen seit Jahren streng kontrolliert, und das Land schränkt den Zuzug ein.
Grenzkontrollen allein sind nicht per se rechtswidrig und unter bestimmten Bedingungen sogar ausdrücklich erlaubt. Die EU-Kommission hat Dänemark aber aufgefordert, die Kontrollen an den Binnengrenzen abzuschaffen und die im Schengener Abkommen vorgesehene innere Freizügigkeit vollständig wiederherzustellen. Kopenhagen soll alternative Massnahmen zu den Grenzkontrollen ergreifen, die ebenso geeignet sind, die innere Sicherheit zu gewährleisten.
Wie wird in Ihrem Heimatland Italien das EuGH-Urteil aufgenommen?
Italien ist in einer anderen Situation. Die Migranten, die nach Italien kommen, tun dies normalerweise über die Aussengrenze. Das EuGH-Urteil könnte sich jedoch auch auf Italien auswirken, zum Beispiel in Bezug auf Migranten, die über die Balkanroute nach Slowenien und dann nach Italien kommen. In diesem Fall könnten die italienischen Behörden selbst Migranten, die keinen Anspruch auf Asyl oder internationalen Schutz haben, nicht sofort zurückweisen.
Italien wird vorgeworfen, Migranten einfach in andere Länder durchzuwinken – was auch einen Bruch der europäischen Regeln bedeutet.
Wenn die Migranten von Italien nach Österreich oder Frankreich gehen, ohne vorher in Italien einen Asylantrag gestellt zu haben, bedeutet das, dass das Dublin-System nicht mehr funktioniert, ja. Das ist auch der Grund, warum sich die Beziehungen zwischen Deutschland und Italien in der Migrationsfrage in letzter Zeit verschlechtert haben. Die Regierung in Rom sollte das Einvernehmen mit Staaten wie Deutschland suchen. Sich in Opposition zur deutschen Regierung zu stellen, hilft der italienischen Sache nicht.
(https://www.nzz.ch/international/migration-laesst-sich-nicht-auf-knopfdruck-stoppen-ld.1758051)
+++GASSE
Notschlafstelle «Pluto»: Über sechs junge Personen schlafen täglich in Berner Notunterkunft
2229 Übernachtungen wurden in der Berner Notschlafstelle «Pluto» verzeichnet. Selbst Fachpersonen sind von der hohen Nutzung überrascht.
https://www.derbund.ch/notschlafstelle-pluto-ueber-sechs-junge-personen-schlafen-taeglich-in-berner-notunterkunft-780937144723
-> https://www.baerntoday.ch/bern/stadt-bern/ueber-sechs-junge-personen-schlafen-taeglich-in-berner-notunterkunft-153761927
Horrorhaus in Basel: Mieter fürchten wegen dubioser Besucher um ihre Sicherheit
Schlägereien, Diebstähle und Drogenkonsum – ein einzelner Mieter sorgt dafür, dass sich seine Nachbarn nicht mehr allein aus dem Haus wagen. Auch Vermieter und Polizei sind hilflos.
https://www.bazonline.ch/horrorhaus-in-basel-mieter-fuerchten-wegen-dubioser-besucher-um-ihre-sicherheit-921180778031
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bzbasel.ch 27.09.2023
«Je näher an der Dreirosenbrücke, desto schlimmer»: Basler Buvetten blicken auf die Sommersaison zurück
Zufrieden – das sind die meisten Buvetten in Basel mit der Sommersaison 2023. Neben viel Sonnenschein und neuen Stammgästen, hatten Kleinbasler Buvetten aber auch mit zunehmender Kriminalität zu kämpfen.
Helena Quarck
Am Rheinufer sitzen, die Sonne auf sich scheinen lassen und dabei einen kalten Aperol Spritz geniessen – so stellen sich viele Leute einen perfekten Feierabend vor. Ganze zehn Buvetten im Stadtkanton könnten diesen Wunsch erfüllen – fünf im Kleinbasel und fünf im Grossbasel.
Die Eröffnung der Sommersaison 2024, welche für Buvetten meist im März stattfindet, war vor allem eins: regnerisch und kalt. Die Schöpfli Buvette im Solitudepark spricht von einem «verhaltenen» Start, bedingt durch das schlechte Wetter. Ähnliche Erfahrungen machten die Buvette Saint Louis und die Oetlinger Buvette, welche den Sommeranfang als «harzig» beschrieben.
Den Startschuss in die Saison der Buvette7 – Flora am Rhy war nicht weniger nass und kühl, jedoch etwas aufregender: Sie wurde am 23. März dieses Jahres zum ersten Mal in Betrieb genommen– eine Eröffnungsfeier sorgte für etwas Schwung im stillstehenden Frühling, erzählt Lee Ettlin stellvertretend für die Buvette.
Geschont vor der Kälte blieben allerdings auch sie nicht: «Wir mussten die Schichten vieler Mitarbeitenden am Anfang absagen, weil wir zu wenige Kundinnen und Kunden hatten. Das war sicher eine schwierige Situation für mein Personal», sagt Ettlin. Die Kehrseite davon? Das neue Lokal habe genügend Zeit gehabt, Abläufe in Ruhe zu üben und Mitarbeitende einzuarbeiten.
Die Sonne am Ende des Tunnels
Ende Mai kam endlich die Sonne raus – gefolgt von Gästen, die sich bei ihrem Morgenkaffee oder Abenddrink nach ihr sehnten. Die Tische der Buvetten waren gefüllt: Plötzlich waren die Leute da – und die Zufriedenheit der Buvetten-Betreiber auch.
Rückblickend konnte die Freude auch bis Ende Sommer bleiben: «Es war im Grossen und Ganzen eine positive Saison», sagt Geschäftsleiter Jérôme Beurret der Rhyschänzli-Gruppe zur Saison der Walther-Buvette. Auch die Oetlinger-Buvette machte gute Erfahrungen: «Wir hatten ab Ende Mai einen sehr schönen Sommer mit viel Betrieb», sagt Eva Wenger.
Francesco Di Grazio aus der Buvette Piccolo Cibo in der St. Alban Rheinpromenade hat im Vergleich zum Vorjahr eine Änderung gespürt: «Wir sind mit der Saison sehr zufrieden. Hin und wieder konnten wir im Vergleich zum Vorjahr während den Sommerferien jedoch weniger Betrieb feststellen.»
Die Kleinbasler haben mit Kriminalität zu kämpfen
Neben den hochbesetzten Tischen an der Walther-Buvette konnte Beurret etwas weniger erfreuliches feststellen: Immer mehr Gäste melden Diebstähle bei Servicemitarbeitende. «Handtaschen, die um den Stuhl gehängt werden, kommen immer mehr weg», so der Geschäftsleiter. Er vermutet, es habe etwas mit der Lage der Buvette zu tun: «Je näher an der Dreirosenbrücke, desto schlimmer ist es.»
Gemäss Aussagen verschiedener Buvetten-Betreibender scheint seine Behauptung zuzutreffen. Die Oetlinger-Buvette konnte nämlich ebenfalls einen Anstieg der Diebstahlmeldungen feststellen, während die Buvette7 – Flora am Rhy mit zwei Einbrüchen in der eigenen Buvette zu kämpfen hatte.
Im Juni sei nachts zwischen 1 und 6 Uhr morgens die Buvettentüre aufgeschnitten und das Safe, welche die Kasseneinnahmen beinhaltete, bearbeitet worden. Gestohlen wurde ausschliesslich Geld, so Ettlin. Aus den damaligen Fehlern habe die Buvette gelernt: Als im September erneut eingebrochen wurde, konnten die Täter vor Ort festgenommen werden.
Sicherheitskameras halfen nicht
Anfang August wurden im Dreirosenareal zwölf der sechzehn bewilligten Überwachungskameras angebracht, um Drogenhandel, Gewaltdelikten und Kleinkriminalität entgegenzuwirken. Vier Kameras wurden bisher noch nicht angebracht – unter anderem auch die Kamera, welche die Geschehnisse an der Dreirosen-Buvette aufnehmen könnte.
Das hat Konsequenzen für das Unternehmen, berichtete die bz: Dealer würden sich nun vermehrt hinter der Buvette aufhalten, weil sie dort nicht gefilmt werden. Mitarbeitende seien bereits angepöbelt und eine weibliche Mitarbeiterin sogar verbal belästigt worden.
Der Spätsommer scheint warm zu bleiben. Trotz Sonnenschein beobachte man weniger Menschen am Rheinufer, so Buvette7 Betreiber Ettlin. Das könne daran liegen, dass Baslerinnen und Basler eine gewisse Sonnen-Übersättigung verspürten. Einige Buvetten, wie die Schöpfli im Solitudepark und die Fähribödeli unter der Pfalz feierten bereits ihren Saisonabschluss. Die meisten jedoch bleiben die meisten bis Mitte Oktober offen.
Die Walther-Buvette kann als einzige den Betrieb in den Innenraum verlegen, sobald es für den Aussenbereich zu kühl wird. Die Buvette Saint-Louis hat auch Winterpläne: Ihre beliebten Fischknusperli wird man dieses Jahr auch an der Herbstmesse geniessen können.
(https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/bilanz-je-naeher-an-der-dreirosenbruecke-desto-schlimmer-basler-buvetten-blicken-auf-die-sommersaison-zurueck-ld.2519787)
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landbote.ch 27.09.2023
Drogenszene in Winterthur: «Manche rauchen hier Crack»
Am Merkurplatz werden teilweise öffentlich Drogen konsumiert. Was tun? Diese Frage beschäftigt momentan Winterthur. Ein Augenschein vor Ort.
Annette Saloma
Es ist ein sonniger Nachmittag Mitte September. Auf der Treppe vor dem Denner sitzen zwei Männer und eine Frau. Ein junger Mann läuft nervös vor ihnen hin und her. Einer der Sitzenden hält eine Flasche Wodka in den Händen, die Frau zieht sich ein weisses Pulver in die Nase.
«Pulverisiertes Valium», erklärt Nick (Name geändert), der nervöse junge Mann. Er hat kurze blonde Haare, ist bleich und schlank. Er selber konsumiere harte Drogen, erzählt der 36-Jährige. «Aber nicht öffentlich und schon gar nicht hier, wo Kinder durchlaufen.» Andere nehmen weniger Rücksicht. «Manche rauchen hier Crack», sagt Nick.
Unappetitliche Hinterlassenschaften
Auch Tim Nrecaj hat am Merkurplatz schon offenen Drogenkonsum beobachtet. Er ist der Wirt des Cross BBQ Steak House, der ehemaligen Taverne zum Kreuz. «Manche schnupfen Kokain. Und morgens liegen in der Tiefgarage und hier oben manchmal Spritzen herum.»
Es ist nicht die einzige Hinterlassenschaft, die er jeweils antrifft. Wie auch andere Gewerbler rund um den Merkurplatz bestätigen, wird der Platz von den Randständigen gern auch als öffentliches WC benutzt. Foodtruckbesitzer Yosry Badawy erzählt von «unhaltbaren Zuständen».
Ein Mann Anfang 20 kommt auf dem Velo angefahren, auf dem Rücken eine Gitarre, die schwarzen kurzen Haare unter einer Kapuze versteckt. «Hat jemand Koks?», fragt er in die Runde. «Oder Hasch?»
Der Dealer komme erst in zwei Stunden, gibt ihm Nick zur Antwort. Vielleicht werde er an der Anlaufstelle DAS an der Zeughausstrasse fündig – ein Treffpunkt und Aufenthaltsort für suchtmittelabhängige und psychisch erkrankte Menschen.
Umsatzrückgang wegen der Situation
Wenn diese um 18 Uhr schliesst, verschiebt sich die Szene offenbar auf den Merkurplatz. «Dann geht es hier richtig los», erzählt Nrecaj. Der Gastronom erzählt von Gruppen von bis zu 50 Personen, die vor dem Denner oder auf den Bänken am Merkurplatz herumlungern, Alkohol trinken, Drogen konsumieren und sich lautstark streiten. Er und seine Mitarbeiterinnen würden regelmässig um Essen angebettelt, angemacht und auch beleidigt. «Ausserdem vergeht kein Abend ohne eine Schlägerei.»
Das hat Auswirkungen auf sein Geschäft. Verglichen mit dem letzten Jahr verzeichne er in seinem Gartenrestaurant einen Umsatzeinbruch von 40 Prozent. Mit seinem zum Restaurant gehörigen Take-away mache er abends keinen Franken Umsatz. «Der Rest der Bevölkerung kommt am Abend nicht hierher.»
Auf ein Schreiben an verschiedenste Instanzen der Stadt Winterthur habe mit Ausnahme der Polizei niemand reagiert. Letztere komme oft zu spät oder manchmal auch gar nicht. «Sie sagen mir, sie seien unterbesetzt», sagt Nrecaj. «Ausserdem ist es meiner Meinung nach nicht die Aufgabe der Polizei, die Situation zu beschwichtigen, zumal sie wenig tun können.»
Wie aufs Stichwort fahren eine Polizistin und zwei Polizisten auf Velos auf den Platz, wechseln ein paar Worte mit Foodtruckbesitzer Badawy und fahren weiter.
Nick steht immer noch vor dem Denner. Er hüpft von einem Bein aufs andere. Schon seine Eltern waren drogensüchtig. Er erzählt von einer Kindheit im Heim, von Missbrauch und Gewalt. Er ist nicht der Einzige, der Schlimmes erlebt hat. Hinter jedem dieser Menschen steckt ein Schicksal, viele davon sind traurig.
Ein Treffpunkt für Randständige ist der Merkurplatz schon seit vielen Jahren. 2007 sagte der damalige Polizeivorsteher Michael Künzle und heutige Stadtpräsident (Die Mitte), die Drogendealerszene nehme ein beunruhigendes Mass an. Es war von rund 100 Dealern, Drogen- und Alkoholsüchtigen die Rede, die tagtäglich den Musikpavillon besetzten.
2008 wurde als Massnahme gegen diese Entwicklung vorübergehend ein Container mit zwei Polizisten stationiert. «Die Szene beim Pavillon ist Geschichte», sagte ein Jahr später die damalige Sozialvorsteherin Maja Ingold (EVP). Fünf Jahre danach gab es neuen Ärger. Wie diese Zeitung berichtete, wurde der Platz im Sommer 2014 zum Szenetreffpunkt, vor allem für Jugendliche. Geschäftsbetreiber beklagten sich über Lärm, Dreck und Vandalismus.
Später wurden die Bänke im Musikpavillon abmontiert, um ihn als Aufenthaltsort unattraktiver zu machen. Vor drei Jahren wurde der Merkurplatz saniert.
Ob dies Wirkung zeigte oder ob einfach wegen der Pandemie vorübergehend auf dem Platz Ruhe einkehrte, ist schwer zu sagen. Jedenfalls sind sich die Befragten einig: Es wurde für kurze Zeit besser. «Dieses Jahr ist es schlimmer als je zuvor», sagt Badawy, der seinen Foodtruck am Merkurplatz seit 15 Jahren betreibt.
Der Merkurplatz ist auch Thema in der Politik. Stadtparlamentarierin Gioia Porlezza (FDP) wollte Mitte September in der Fragestunde vom Stadtrat wissen, was sie gegen die Bildung einer offenen Drogenszene zu tun gedenke.
«Ich selbst meide den Merkurplatz nach Einbruch der Dunkelheit», sagt die 30-Jährige auf Anfrage. «Ich fühle mich nicht sicher.» Die Pflanzenkübel würden den Platz noch verwinkelter und dadurch auch unübersichtlicher machen.
Für sie sei klar, dass auch die Süchtigen im öffentlichen Raum ihren Platz haben müssten. «Aber wenn die Sicherheit der Bevölkerung gefährdet ist, ist eine Grenze überschritten.» Man könne nicht einfach warten, bis es Winter und kalt werde und sich das Problem vorübergehend von selber löse.
Tägliche Präsenz der Polizei
Die Stadtpolizei Winterthur bestätigt auf Anfrage, dass sich die Klagen über das Treiben auf dem Merkurplatz in letzter Zeit «etwas gehäuft» haben. «Der Merkurplatz ist ein Brennpunkt und hat bei uns hohe Priorität», sagt Medienchef Michael Wirz.
Die Polizei sei täglich vor Ort und führe Kontrollen durch. «Wenn wir Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz oder andere Gesetzesverstösse feststellen, greifen wir konsequent ein und weisen wenn nötig auch Personen weg.» Wirz sagt aber auch: «Diese Menschen müssen sich irgendwo aufhalten. Das ist ein Thema, das auch andere Grossstädte haben.» Das Ziel sei, das Ganze in einem gesellschaftsverträglichen Rahmen zu halten.
Werde die Polizei gerufen, komme sie. «Aber wir müssen unsere Einsätze manchmal priorisieren. Wenn sich jemand über eine betrunkene Person auf einem Bänkli ärgert, kann es je nach Auftragslage einen Moment dauern», sagt Wirz. «Bei Schlägereien hingegen rücken wir immer sofort aus.»
Fakt ist: Die Polizei hat ein Personalproblem. Momentan sind 21 Vollzeitstellen unbesetzt, das sind 9 Prozent. Der Stellenmarkt für Polizisten ist angespannt.
Eine Ausweitung der Öffnungszeiten der Anlaufstelle an der Zeughausstrasse sei in der Vergangenheit diskutiert worden. Wegen der deutlich höheren Personalkosten und der möglichen Belastung für die direkte Nachbarschaft sei diese Idee aber verworfen worden, teilt das Sozialdepartement mit.
Laut der Winterthurer Sicherheitsvorsteherin Katrin Cometta (GLP) gibt es keine Hinweise auf zunehmende Kriminalität oder Gewalt am Merkurplatz. «Die Bevölkerung ist stärker als früher für das Thema Sucht und deren Auswirkungen sensibilisiert, und das beeinflusst das subjektive Sicherheitsgefühl», schreibt sie auf Anfrage. «Darum haben wir die Polizeipräsenz verstärkt und ein enges Monitoring eingeführt.» Bauliche Massnahmen seien nicht geplant.
Die Stadt Winterthur gehe das Thema Sucht ganzheitlich an. «Sie orientiert sich dabei am schweizerischen 4-Säulen-Modell bestehend aus Prävention, Therapie, Schadensminderung und Repression.» Dieses Modell funktioniere dank guter Vernetzung und Zusammenarbeit aller relevanten städtischen Stellen sehr gut.
«Die Nase voll» vom Merkurplatz
Die Geschäftsbetreiber am Merkurplatz haben einen anderen Eindruck. Sie haben mittlerweile selbst gehandelt. Tim Nrecaj hat vor einem Monat um seine Terrasse einen Holzzaun gezogen, Yosry Badawy zur selben Zeit ein Metallgitter aufgestellt, damit sich ausserhalb der Öffnungszeiten neben seinem Foodtruck keine Menschen aufhalten. In seinen Augen würde auch ein Gitter vor dem Musikpavillon helfen.
Doch viel länger will Badawy sowieso nicht mehr an diesem Standort bleiben. «Ich suche mir irgendwo in Winterthur ein Ladenlokal. Vom Merkurplatz habe ich die Nase voll.»
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Nachgefragt bei Dominik Schwarzer, Leiter Anlaufstelle DAS an der Zeughausstrasse
Welche Drogen werden momentan in Winterthur konsumiert?
Dominik Schwarzer: Wie in anderen Städten auch werden diverse unterschiedliche Suchtmittel konsumiert. Welche das sind, hängt von der Verfügbarkeit ab. Momentan stehen Kokain, Benzodiazepine und Alkohol im Vordergrund.
Wie viele Personen nutzen die Anlaufstelle DAS?
Das sind im Schnitt täglich zwischen 85 und 90 Personen.
Süchtige berichten von Dealereien bei der Anlaufstelle, was sagen Sie dazu?
Der Konsum und Handel von illegalen Substanzen ist auf dem gesamten Areal der Anlaufstelle verboten und wird geahndet. In den Räumlichkeiten und im Garten setzt dies das Team der Anlaufstelle durch, auf dem Vorplatz ist die Polizei zuständig. Kernaufgaben der DAS-Mitarbeitenden sind aber Beziehungsarbeit, Gesprächsführung, Aufklärung und Sensibilisierung und nicht die Kontrolle der Personen, die in die Anlaufstelle kommen. Es lässt sich nicht ausschliessen, dass Menschen mit Suchterkrankungen Substanzen bei sich haben.
(https://www.landbote.ch/drogenszene-in-winterthur-manche-rauchen-hier-crack-501607804859)
+++DROGENPOLITIK
«Gute Suchthilfe geht würde-voll mit Betroffenen um»
Das Forum Suchtmedizin Ostschweiz (FOSUMOS) feiert sein 20-jähriges Bestehen
Was vor 20 Jahren in einer Runde von Fachleuten aus Medizin, Sozialarbeit, Psychologie und Pflege in der Ostschweiz seinen Anfang fand, hat sich als Vorbild für die gesamte Schweiz etabliert. Das Netzwerk geht eine Sucht mit verschiedenen Behandlungsansätzen und interdisziplinärer Zusammenarbeit an.
https://st-galler-nachrichten.ch/st-gallen/detail/gute-suchthilfe-geht-wuerde-voll-mit-betroffenen-um
+++DEMO/AKTION/REPRESSION
„Heute Morgen um 4.30 Uhr wurde das besetzte Haus an der Schanzenstrasse 8 in Basel mit einem Grossaufgebot von Robocops und Zivis geräumt! Die Besetzer:innen melden, dass sie wieder kommen! #vaudoise #alleswirdbesetzt #vaudoiseenteignen“
(https://twitter.com/BaselBlock/status/1706967817684173142)
Plakate im Stedtli verärgern SVP-Politiker
Im Liestaler Stedtli hängen momentan Plakate, welche rechte Politiker:innen bezichtigen, von Pharmakonzernen Geld im Gegenzug für ihre Stimmen anzunehmen. Betroffen ist auch der Baselbieter SVP-Nationalrat Thomas de Courten.
https://www.baseljetzt.ch/plakate-im-stedtli-veraergern-svp-politiker/124251
+++SPORT
limmattalerzeitung.ch 27.09.2023
Brisante Vorschläge im Kampf gegen Fangewalt: Diese drastischen Strafen drohen Schweizer Klubs
Mit einem Kaskadenmodell wollen Behörden und Klubs die Fangewalt eindämmen – der erste Entwurf birgt viel Sprengkraft und offene Fragen. Unter anderem sind Forfait-Niederlagen vorgesehen.
Dominic Wirth
Jetzt liegt er also auf dem Tisch, der erste Entwurf des Kaskadenmodells. Hinter dem etwas sperrigen Begriff verbirgt sich ein Dossier voller Sprengkraft. Das Kaskadenmodell soll nämlich regeln, wie in der Schweiz künftig mit Fangewalt umgegangen wird. Und es beinhaltet, so viel vorweg, einige brisante Vorschläge. Zum Beispiel den, dass ein Klub mit einer Forfait-Niederlage bestraft werden kann, wenn es wiederholt zu schweren Ausschreitungen seiner Fans kommt.
Was neben dem Platz passiert, könnte also bald direkte Folgen haben für das, was auf dem Platz passiert. Das wäre in der vorgesehenen Form ein Novum.
In der Schweiz wird seit Jahren über Fangewalt diskutiert und gestritten, vornehmlich dann, wenn in einem oder um ein Stadion wieder einmal etwas passiert ist – und das Thema auf den Radar der Politik gerät. So war das auch im Nachgang zum 23. Oktober 2021. Damals flogen beim Zürcher Derby Pyros aus dem FCZ-Sektor in den Sektor der GC-Fans. Von heute aus betrachtet war jener Tag die Geburtsstunde des Kaskadenmodells.
Zuerst Dialog, dann Repression
Es soll nun so etwas wie der grosse Wurf werden, von Klubs und Behörden gemeinsam verabschiedet, in der ganzen Schweiz gültig. Eine Lösung für die Zukunft, die dann zum Einsatz kommt, wenn es zu schwerwiegenden Ausschreitungen kommt. Und nur dann. Vorderhand haben sich die Swiss Football League SFL und die Sicherheitsbehörden nämlich darauf geeinigt, auf präventive Ansätze zu setzen, solche, die etwa den Dialog mit den Fans pflegen sollen.
Doch wenn der Dialog nicht greift, kommt die Repression ins Spiel. Wie das genau passieren soll, zeigt der Entwurf des Kaskadenmodells nun erstmals auf. Er wurde in einem Workshop erarbeitet, an dem etwa die Klubs, die SFL, Polizei- und andere Behördenvertreter zugegen waren – die organisierte Fanszene allerdings nicht.
Nun geht dieser Entwurf in eine Art Vernehmlassung. Und er wird, so viel vorweg, einiges zu reden geben, wobei gerade das derzeit niemand will: darüber reden, was nun auf dem Tisch liegt, und die eine oder andere Frage dazu beantworten. Das gilt für die SFL, die über ihre Internet-Kanäle derzeit Fans im ganzen Land offensiv zur Teilnahme an der Vernehmlassung auffordert. Und es gilt auch für die Behörden, etwa die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren KKJPD. Von allen Seiten heisst es, dass man zuerst einmal die Vernehmlassung abwarten wolle – und sich dann später äussern werde.
Und so liegt nun dieses Modell auf dem Tisch, das in seinen Grundzügen wie folgt funktioniert: Ausgelöst werden die Kaskaden, sobald es zu Ausschreitungen von Fangruppierungen kommt. Entsprechende Vorfälle sollen von den Klubs oder den lokalen Behörden an ein Fachgremium der Fussballliga gemeldet werden. Diese prüft den Fall. Danach entscheiden SFL und Behörden, ob Massnahmen nötig sind.
-> Szenarien: https://img.chmedia.ch/2023/09/27/1266740b-d0d0-4460-9c80-ab068ae45914.png
Das Kaskadenmodell umfasst fünf Stufen, wobei gewisse Vorfälle automatisch gewisse Massnahmen auslösen. So führt Stufe 1 («gravierende Sachbeschädigungen») zu einer obligatorischen Lagebesprechung von Polizei, Klub und Fans vor den nächsten drei Spielen. Wenn Personen verletzt werden (Stufe 3), wird die Fankurve des fehlbaren Klubs für mindestens ein Spiel geschlossen. Gleichzeitig muss der Ticketverkauf sofort gestoppt werden, damit die Fans nicht auf andere Sektoren ausweichen können.
Fans auf Bewährung
Wichtig sind dabei die sogenannten Bewährungsphasen. Wenn es zu Zwischenfällen gekommen ist, stehen die betroffenen Fans in den nächsten Spielen unter verstärkter Beobachtung. Wenn etwa Personen verletzt werden, gilt diese Phase fünf Spiele lang. Wenn es in dieser Zeit erneut zu Ausschreitungen mit Verletzten kommt, wird ein Geisterspiel verhängt, also das ganze Stadion gesperrt. Und wenn dies dann innerhalb der nächsten fünf Spiele erneut passiert, ist Stufe 5 erreicht, heisst: Die Bewilligungsbehörden erlauben die Durchführung des nächsten Spiels nicht. Dieses kann nicht stattfinden. Der betroffene Klub verliert Forfait.
Noch ist da alles nicht in Stein gemeisselt, darum die Vernehmlassung – und eben: Der Entwurf wird noch einiges zu reden geben. Kollektivstrafen sind etwa bei Fans, Klubs und Wissenschaft verpönt, im Entwurf aber gleich reihenweise vorgesehen, Stichworte gesperrte Kurven oder gar Stadien.
Die Gefahr, Forfait zu verlieren, wird den Klubs erst recht missfallen. Das gab es in der Vergangenheit vereinzelt – zuletzt in der Saison 2018/19, als GC-Fans in Luzern randalierten –, wenn Fans sich während eines Spiels etwas zuschulden kommen liessen und dieses abgebrochen werden musste. Doch dass ein Spiel erst gar nicht angepfiffen wird, wäre ein absolutes Novum.
Viele offene Fragen
Dazu kommen reihenweise offene Fragen, etwa, was es mit dem Verbot koordinierter Fanaktionen (Stufe 3) auf sich hat. Oder wie eine Gesichtserkennung aller eingelassenen Fans (Stufe 2) in der Praxis umgesetzt werden soll. Und generell: wann eine Sachbeschädigung «gravierend» ist und wann «besonders gravierend». Und so weiter.
Am Anfang von allem stand einst das Zürcher Derby am 23. Oktober 2021. Danach nahmen die Dinge ihren Lauf, wobei die kantonale Konferenz der Sicherheitsdirektoren KKJPD zuerst lautstark nach personalisierten Tickets rief. Deren Einführung ist vorläufig in den Hintergrund gerückt, weil etwa noch rechtliche Fragen geklärt werden müssen.
Das Kaskadenmodell seinerseits soll Anfang des nächsten Jahres definitiv vorliegen und dann auf die Saison 2024/25 eingeführt werden. Gut möglich, dass es dann ein wenig anders aussieht als heute.
(https://www.limmattalerzeitung.ch/sport/fussball-brisante-vorschlaege-im-kampf-gegen-fangewalt-diese-drastischen-strafen-drohen-schweizer-klubs-ld.2520384)
+++MENSCHENRECHTE
Menschenrechte und Klimaerhitzung – haarsträubende Ausflüchte von 32 beklagten Staaten
Ende März waren die Schweizer KlimaSeniorinnen zur Anhörung ihrer Klage in Strasbourg. Am 27. September setzen sich die siebzehn Richter:innen des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) mit der Klage von sechs portugiesischen Jugendlichen auseinander. Angeklagt sind 32 Staaten, sie unternähmen nicht genug gegen den fortschreitenden Klimawandel. Die Stellungnahmen der Staaten – oder müsste man sie Verteidigungsschriften nennen? – lassen tief blicken: Sie reichen von fein ziselierten juristischen Argumenten bis zur Leugnung der Risiken des Klimawandels für die Menschheit.
https://www.greenpeace.ch/de/story/102601/menschenrechte-und-klimaerhitzung-haarstraeubende-ausfluechte-von-32-beklagten-staaten/
+++BIG BROTHER
Grosse Mehrheit für ein Verbot der Gesichtserkennung
Rund 80 Prozent der Personen, die für die eidgenössischen Wahlen kandidieren, sind für ein Verbot der automatischen Gesichtserkennung im öffentlichen Raum. Die Mehrheit in allen Parteien ausser der SVP lehnt diese Form der Massenüberwachung ab. Das Bündnis «Grundrechte schützen – Gesichtserkennung stoppen» begrüsst das eindeutige Resultat der smartvote-Umfrage.
https://www.amnesty.ch/de/laender/europa-zentralasien/schweiz/dok/2023/grosse-mehrheit-fuer-ein-verbot-der-gesichtserkennung
+++POLIZEI BS
Basler Zeitung 27.09.2023
Nach Bezichtigung der Polizeigewalt: Öffentliche Hetzjagd gegen Basler Polizisten
Auf einer linksautonomen Plattform wird ein Mitarbeiter der Kantonspolizei mit Foto und Namen geoutet. Er soll Migranten misshandelt haben.
Tanja Opiasa
Damit dürfte eine Grenze überschritten worden sein: In einem Artikel eines linksautonomen Infoportals, der einen Basler Polizisten der massiven Polizeigewalt bezichtigt, wird dieser mit Namen, Foto sowie Alter und Grösse geoutet. Zudem wurden in der Stadt Flugblätter verteilt, die den Kantonspolizisten ebenfalls öffentlich outen.
Die auf dem Infoportal formulierten Vorwürfe gegen den Polizisten wiegen schwer: Er soll «Leute wiederholt rassistischen Polizeikontrollen unterzogen» sowie «gemeinsam mit anderen Polizisten brutal auf die Betroffenen eingeprügelt, sie geschlagen, getreten und gewürgt» haben. Der Polizist würde «migrantisch gelesene Personen ins Dienstfahrzeug ziehen, sie zum Bullenposten bringen und auf sie einprügeln». Das behauptet das Infoportal, das sich bereits in der Vergangenheit wiederholt staats- und polizeikritisch äusserte, am Sonntag.
Neu sind die Vorwürfe nicht, bereits im Juni wurde in Basel wegen der angeblichen Vorfälle an einer Demo gegen mutmassliche Polizeigewalt demonstriert. Ob der besagte Polizist mittlerweile in den Innendienst versetzt oder suspendiert worden sei, wisse man nicht, so das Infoportal weiter – die Kantonspolizei habe sich bisher nicht geäussert.
Polizei bestätigt Anzeige gegen Mitarbeiter
Gegenüber der BaZ bestätigt die Kantonspolizei am Dienstag, dass gegen einen ihrer Mitarbeitenden eine Anzeige eingegangen sei. Es handle sich somit um ein laufendes Verfahren, und die Vorwürfe würden nun unabhängig durch die Staatsanwaltschaft ermittelt, sagt Mediensprecher Adrian Plachesi auf Anfrage und fügt an: «Dieser Untersuchung kann die Kantonspolizei als Arbeitgeberin nicht vorgreifen. Bis zu einem rechtskräftigen Urteil gilt die Unschuldsvermutung.»
Die Kantonspolizei habe den betroffenen Mitarbeiter zu seinem eigenen Schutz in den Innendienst versetzt, so Plachesi. Wie der Polizist öffentlich denunziert wird, verurteilt die Kantonspolizei aufs Schärfste, wie Mediensprecher Plachesi weiter sagt: «Diese Form des öffentlichen Prangers verletzt die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen aufs Gröbste.» Es sei natürlich wichtig, dass den Vorwürfen nachgegangen und diese aufgeklärt würden, räumt Plachesi ein und fügt an: «Der Rechtsstaat gilt für alle gleich – auch für einen Polizisten.»
Dass also Aufklärungsarbeit geleistet werden müsse, sei unbestritten, so Plachesi. Die Art und Weise aber ziehe schwerwiegende Konsequenzen nach sich: «Auch die Kollegen und Kolleginnen des Angeprangerten haben Angst, dass sie ihrer Tätigkeit nicht mehr ohne Angst nachgehen können. Sie fürchten Gewalt gegen sie, gegen ihre Familien.»
Im Schreiben wird zudem gemutmasst, dass sich auch weitere Kollegen des Beschuldigten der Gewalt anschliessen, diese zudem auch auf dem Claraposten geduldet werde. Des Weiteren wird zu Widerstand gegen die Polizei aufgerufen. «Feuer den Bullenwachen wie den Knästen!», schreibt das Infoportal in seinem Schreiben.
Auch dazu hat Plachesi eine klare Meinung: Damit werde die Kantonspolizei als Ganzes mit verleumderischen Vorwürfen überzogen sowie öffentlich zu Gewalt gegen Polizeiwachen aufgerufen. «Die anspruchsvolle tägliche Arbeit der Polizei wird in einem schwierigen Umfeld pauschal in den Schmutz gezogen.»
Ungewöhnlich seien die Vorwürfe aber nicht, so der Mediensprecher weiter. Es würden immer wieder Anzeigen gegen Mitarbeitende der Kantonspolizei erstattet. «Dies ist nicht weiter verwunderlich, müssen Polizistinnen und Polizisten doch oft Massnahmen durchsetzen, die den Betroffenen überhaupt nicht gefallen», sagt Plachesi. Ein öffentliches Outing wie dieses habe die Basler Kantonspolizei aber noch nie erlebt.
(https://www.bazonline.ch/nach-bezichtigung-der-polizeigewalt-oeffentliche-hetzjagd-gegen-basler-polizisten-602620633202)
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-> https://www.blick.ch/schweiz/basel/wegen-rassismus-vorwurf-name-alter-und-groesse-veroeffentlicht-linke-starten-hetzjagd-auf-basler-polizisten-id18982732.html
-> https://twitter.com/3rosen/status/1707023308355482060
-> https://www.20min.ch/story/basel-schlaeger-cop-linke-zeigen-bild-und-namen-von-polizisten-668048607148
-> Outing auf barrikade.info: https://barrikade.info/article/6121
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Polizei-Personal in Deutschland abzuwerben sei unsolidarisch
Polizistinnen und Polizisten aus Deutschland sollen künftig in Basel arbeiten dürfen und so das Personalproblem bei der Kantonspolizei lösen. Diese Idee machte die Sicherheitsdirektorin Stephanie Eymann gestern publik. Dieses Vorhaben sorgt bei Basler Politikerinnen und Politikern für Kritik.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/polizei-personal-in-deutschland-abzuwerben-sei-unsolidarisch?id=12462486
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/personalmangel-basler-polizei-will-fehlendes-personal-in-deutschland-suchen
+++FRAUEN/QUEER
Bundesrat prüft Massnahmen für bessere Situation von Non-Binären
Der Bundesrat wird untersuchen, ob die Situation von nicht-binären Personen verbessert werden kann, ohne das binäre Modell (weibliches und männliches Geschlecht) rechtlich in Frage zu stellen. Die Regierung wurde am Mittwoch vom Nationalrat mit einem entsprechenden Auftrag versehen.
https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2023/20230927184408196194158159038_bsd169.aspx
+++RECHTSPOPULISMUS
«Das Vertrauen in demokratische Lösungen sinkt»
Die österreichische Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl forscht zur Neuen Rechten und ist eine Expertin für Rechtsextremismus.
Vor zwei Jahren ist ihr Buch «Radikalisierter Konservatismus. Eine Analyse» erschienen. Darin zeigt sie anhand von Sebastian Kurz und Donald Trump auf, wie sich grosse konservative Parteien schrittweise dem Rechtspopulismus zuwenden.
Gestern trat Natascha Strobl zusammen mit Daniel Binswanger von der Republik im Stellwerk in Bern auf. Wir haben sie vor der Veranstaltung getroffen und mit ihr über den Zustand der Demokratie gesprochen.
https://rabe.ch/2023/09/27/das-vertrauen-in-demokratische-loesungen-sinkt/
+++RECHTSEXTREMISMUS
Extremismus: Nancy Faeser verbietet rechtsextreme Gruppe Artgemeinschaft
Die Bundesregierung hat eine weitere rechtsextreme Gruppe verboten. Polizisten durchsuchten am Morgen in zwölf Bundesländern Räume der sektenartigen Artgemeinschaft.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2023-09/artgemeinschaft-nancy-faeser-rechtsextremismus
-> https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/razzia-artgemeinschaft-rechtsextremismus-100.html
-> https://www.blick.ch/ausland/naechste-vereinigung-verboten-razzia-gegen-rechtsextremisten-in-deutschland-id18982472.html
-> https://taz.de/Rechtsextreme-Artgemeinschaft-verboten/!5962927/
-> https://www.watson.ch/international/deutschland/873993996-razzien-gegen-rassistische-germanen-sekte
-> https://www.spiegel.de/politik/deutschland/rechtsextreme-artgemeinschaft-bundesinnenministerium-verbietet-rassistische-germanen-sekte-a-d0a360df-60ab-4b4f-a820-6adb6c7d71bf
-> https://www.juedische-allgemeine.de/politik/antisemitische-vereinigung-die-artgemeinschaft-verboten/
-> https://www.endstation-rechts.de/news/voelkisch-heidnische-artgemeinschaft-verboten
-> https://twitter.com/KatharinaKoenig/status/1706998992591032614
-> https://twitter.com/recherchenorth/status/1706984447134835024
-> https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/innenpolitik/id_100250256/rechtsextremismus-artgemeinschaft-diese-ziele-verfolgt-die-sekte.html
-> https://www.nd-aktuell.de/artikel/1176593.nancy-faser-verbot-der-artgemeinschaft-orientierungslos-gegen-den-rechtsruck.html
-> https://www.saechsische.de/sachsen/faeser-verbietet-rechtsextreme-sekte-razzia-auch-in-sachsen-5913014.html
-> https://www.belltower.news/arier-zuechtung-verbot-der-artgemeinschaft-152815/
-> https://www.nau.ch/news/europa/verbot-und-razzien-gegen-deutsche-neonazis-66617336
-> https://www.deutschlandfunk.de/bundesinnenministerium-verbietet-rassistisch-voelkischen-verein-artgemeinschaft-dlf-ea375ac2-100.html
Weiterbildung für Betreibungsbeamte
Für die Angestellten der Zürcher Betreibungsämter gibt es eine neue Weiterbildung. Sie sollen den Umgang mit sogenannten «Staatsverweigerern» lernen. Für diese Leute ist die Schweiz eine Firma und sie bezahlen deshalb keine Steuern. Oft bedrohen sie deshalb Angestellte der Betreibungsämter.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/weiterbildung-fuer-betreibungsbeamte?id=12461892
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/fifa-bestaetigt-angestellte-wechseln-von-zuerich-nach-miami?id=12462429 (ab 12:35)
Auf1 soll in Deutschland nicht Senden.
Der rechte Fernsehsender Auf1 aus Österreicht hat sich nun auch einen Sendeplatz in Deutschland erschlichen. Auf1 verbreitet alte Klischees und Desinformation, Fake News, rassistische Hetze und Hass auf Jüd*innen – und macht Rechtsextremismus salonfähig, deswegen wird der Entzug der Sendelizenz gefordert.
https://www.freie-radios.net/124382?
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nzz.ch 27.09.2023
SVP-Politikerin engagiert Rechtsextreme: «Man kann mir Naivität vorwerfen, aber für Dummheit kann ich ja nicht belangt werden»
Die Gruppierung Junge Tat sucht aktiv die Nähe zur SVP, der grössten Partei der Schweiz. Eine Nationalratskandidatin hat angebissen.
Tobias Marti, Fabian Baumgartner
Die Nachricht des «Sonntags-Blicks» sorgte für Entrüstung, politische Verbündete wandten sich ab, von links wurden Rücktrittsforderungen laut. Die Zeitung hatte am Wochenende publik gemacht, dass Maria Wegelin, Präsidentin der SVP Winterthur und Nationalratskandidatin, für ihren Social-Media-Auftritt zwei führende Köpfe der rechtsextremen Gruppe Junge Tat engagiert hat.
Die beiden Rechtsextremen wurden in der Vergangenheit wegen Rassendiskriminierung verurteilt, derzeit laufen weitere Strafverfahren gegen sie. Auch der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) erwähnt die Gruppierung in seinen jüngsten Berichten. Mehrfach kam es zu Hausdurchsuchungen und der Beschlagnahmung von Waffen.
Seit geraumer Zeit versucht die Junge Tat allerdings, sich als scheinbar harmlose, zeitgeistige Kraft im rechten Lager zu etablieren. Auffallend ist zudem der Versuch, bei der wählerstärksten Schweizer Partei anzudocken – mit Besuchen an Parteianlässen, und nun mit dem Engagement bei der Winterthurer SVP-Präsidentin.
Wegelin, die während der Pandemie als Massnahmenkritikerin schweizweit Bekanntheit erlangte, schwieg bisher zu ihrer Geschäftsbeziehung mit Exponenten der Jungen Tat. In den vergangenen Tagen stieg allerdings der Druck massiv. Auch Stimmen aus dem bürgerlichen Lager fanden, die Grenze des Akzeptablen sei überschritten. Der Hauseigentümerverband Winterthur hat inzwischen eine Wahlempfehlung für Wegelin zurückgezogen.
Nun nimmt die SVP-Politikerin erstmals Stellung zu den Vorwürfen – und wehrt sich.
Frau Wegelin, wie kommen Sie auf die Idee, zwei Mitglieder der rechtsextremen Gruppierung Junge Tat für ihren Social-Media-Auftritt anzuheuern?
Ich habe die beiden an einem öffentlichen Anlass im Sommer kennengelernt. Wir kamen ins Gespräch und merkten, dass wir gewisse Gemeinsamkeiten haben. Corona und die Massnahmen des Bundes waren ein grosses Thema.
Und dann fragten Sie die beiden Männer nach Unterstützung?
Ich war auf der Suche nach jemandem, der für mich Wahlkampf auf Social-Media-Kanälen macht. Ich selbst bin in solchen Dingen absolut ungeschickt. Aber das Geld für den Nationalratswahlkampf ist heutzutage am besten in den sozialen Netzwerken investiert, weil auch die Jungen dort sind. Die Jungs waren mir als Typen sympathisch. Sie erzählten, sie kennten sich mit solchen Dingen aus. Ich fragte sie dann, ob sie das als Dienstleistung anböten.
Dass sie von der Jungen Tat sind, erwähnten die Männer nicht?
Das haben sie erwähnt, aber ich hatte zuvor noch nie etwas von der Jungen Tat gehört. Bloss kauft mir das jetzt niemand mehr ab.
Meinen Sie das ernst? Die Gruppierung ist doch bekannt. Wer Zeitung liest, ist ihr schon begegnet.
In meinem Umfeld kannte sie jedenfalls niemand. Vielleicht liegt das daran, dass wir hauptsächlich die Winterthurer Lokalzeitung «Landbote» lesen. Einzig mein Neffe, der auf Social Media aktiv ist, hat von ihnen gehört.
Auch der «Landbote» hat oft über die Gruppe geschrieben.
Mich interessiert dieses ganze Framing sowieso nicht, diese Stigmatisierung. Der erste Artikel über mich und die Junge Tat war so aufgebauscht, da hat man mich in dieses gewünschte Wasser geworfen.
Sie sehen sich selbst als Opfer dieser Geschichte?
Es ist ein gefundenes Fressen für die Medien. Man kann darüber diskutieren, ob ich naiv war, als ich die beiden angestellt habe. Aber wenn ich zwei Jungs engagiere, die offiziell so eine Firma mit Handelsregistereintrag führen: Bin ich dann gleich eine Rechtsextremistin? Ich habe nichts verbrochen. Gegen mich läuft kein Strafverfahren, ich habe keine problematischen Aussagen gemacht.
Distanzieren Sie sich denn von Rechtsextremismus?
Auf jeden Fall. Vehement. Wie von Linksextremismus auch.
Sie kennen nun den rechtsextremen Hintergrund der beiden jungen Männer. Distanzieren Sie sich auch von ihnen?
Die beiden Jungs haben mir versichert, dass sie nicht gewalttätig seien und auch nicht rechtsextrem.
Wann haben sie Ihnen das erzählt?
Nachdem das ganze Theater letzte Woche losgegangen war, wollte ich eine ehrliche Auskunft. Fakt ist, dass sie zu ihren Jugendsünden in einem Video öffentlich Stellung bezogen und sich davon distanziert haben. Verurteilt als Aktivisten der Jungen Tat sind sie wegen des Paragrafen 261bis (Rassendiskriminierung, Anmerkung der Redaktion). Mit dieser Erklärung habe ich mich zufriedengegeben, jeder macht einmal einen Seich im Leben. Ich habe es spät erfahren, das ist aber okay. Ich habe zuvor auch nicht gefragt, und einen Strafregisterauszug verlange ich nicht, wenn ich jemanden anstelle.
Dann haben Sie kein Problem mit der Gesinnung der beiden?
Dass sie von der Jungen Tat waren, hat mich nicht interessiert, weil ich die Gruppierung ja nicht kannte. Da kann man mir Naivität vorwerfen, aber für Dummheit kann ich ja nicht belangt werden.
Sie bleiben also dabei: alles kein Problem?
Im Nachhinein weiss ich nicht, ob ich es anders machen würde. Auch jetzt finde ich, sie machen eine super Arbeit für mich. Sie sprechen alles mit mir ab, es geht nichts raus, ohne dass ich es abgesegnet hätte. Ich habe in den Auftritten nichts Problematisches gesagt, andernfalls würde ja schon lange ein Strafverfahren gegen mich laufen.
Dann stammen Slogans wie «Grenzschutz ist Heimatschutz» und «Überfremdung muss gestoppt werden» von Ihnen selbst?
Das kann ich voll unterschreiben, aber das sind ja keine problematischen Aussagen. Da steht auch die SVP dahinter.
Wir fragen, weil es Slogans sind, die fast im gleichen Wortlaut auch in den Videos der Jungen Tat auftauchen.
Sie haben schon Slogans vorformuliert, mir diese aber immer vorgelegt und gefragt, ob ich dahinterstehen könne. Da komme ich doch nicht auf die Idee, dass das problematisch sein könnte.
Hintergrund solcher Slogans ist die Theorie des «Bevölkerungsaustauschs», die vor allem unter der radikalen Rechten kursiert.
Ich verstehe jetzt, warum die Medien überhaupt so auf die Geschichte aufgesprungen sind.
Sie arbeiten trotzdem weiter mit der Jungen Tat zusammen?
Bis zu den Wahlen habe ich ihnen einen Auftrag gegeben. Das meiste davon ist bereits produziert. Ich sehe keinen Grund, weshalb ich diesen zurückziehen soll. Reicht eine Verurteilung, um als rechtsextrem zu gelten? Darum sehe ich nicht ein, daran bloss wegen medialen Drucks etwas zu ändern.
Es blieb aber nicht bei der Verurteilung. Derzeit laufen auch noch drei Strafverfahren im Zusammenhang mit der Jungen Tat, unter anderem wegen einer Aktion während eines Gottesdienstes an der Zurich Pride und vor einer Asylunterkunft in Bayern.
Aber sie wurden dafür noch nicht verurteilt.
Weit kritischer sehen diesen Kurs Ihre bisherigen politischen Partner. Der Hauseigentümerverband (HEV) Winterthur, der Sie bisher zur Wahl empfohlen hat, hat Ihnen ein Ultimatum gestellt. Sollten Sie sich nicht in aller Deutlichkeit von Rechtsextremismus distanzieren, werde man die Wahlempfehlung zurückziehen.
Der HEV hat nie mit mir das Gespräch gesucht, mir aber ein Ultimatum gestellt, ohne mich anzuhören. Ich finde, das geht gar nicht. Ich lasse mich auch nicht erpressen.
Sie reagieren nicht auf das Ultimatum?
Es ist eine Erpressung, und ich sehe nicht ein, weshalb ich mich erpressen lassen sollte. Das Geschirr ist sowieso schon zerschlagen. Zumindest anrufen und mit mir reden hätte man ja können. Aber das hat ja keiner der Herren für nötig gehalten.
Ein Rücktritt als Präsidentin der SVP Winterthur kommt für Sie nicht infrage?
Ich habe intensive Gespräche mit der Parteileitung geführt. Ich werde weitermachen. Es funktioniert in der SVP immer noch basisdemokratisch. Wenn die Basis mich nicht mehr will, dann werde ich Konsequenzen ziehen. Aber jetzt warten wir zuerst einmal die Wahlen ab. Auf das Resultat dort bin ich jedenfalls sehr gespannt.
Sie bleiben sicher bis zu den Wahlen im Amt?
Ja, ich sehe nicht ein, weshalb ich alles hinschmeissen soll. Ich bin nicht rechtsextrem. Ich mache den Job als Parteipräsidentin sehr gern und habe es auch nicht schlecht gemacht. Zudem habe ich nichts Unrechtes getan. Man müsste mir zuerst einmal beweisen, dass ich etwas strafrechtlich Relevantes getan oder problematische Inhalte geteilt habe. Dann würde ich gehen.
(https://www.nzz.ch/zuerich/rechtsextreme-machen-wahlkampf-fuer-svp-politikerin-maria-wegelin-ld.1758181)
-> https://www.blick.ch/schweiz/zuerich/rechtsextreme-junge-tat-erledigt-wegelins-medienarbeit-jetzt-wehrt-sich-die-winterthurer-svp-chefin-id18985593.html
-> https://www.tagesanzeiger.ch/svp-praesidentin-in-winterthur-ich-bin-nicht-rechtsextrem-950405786156
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nzz.ch 27.09.2023
Die Rechtsextremen am «Buurezmorge»: Eine radikale Gruppe sucht die Nähe zur SVP – für eine Nationalratskandidatin macht sie gar den Wahlkampf
Die Geschichte einer Annäherung.
Fabian Baumgartner, Giorgio Scherrer, Tobias Marti
Was macht eine rechtsextreme Gruppe an einem «Buurezmorge» der SVP in Bern?
Was sucht sie am SVP-Sonderparteitag in Küssnacht? Und was am SVP-Wahlauftakt bei der Zürcher Swiss-Life-Arena?
Und wie kommt es, dass Mitglieder derselben Gruppe für eine SVP-Nationalratskandidatin Wahlkampfvideos und Social-Media-Videos erstellen?
Diese Fragen stellen sich, seit der «Sonntags-Blick» öffentlich gemacht hat, was in Teilen der Zürcher SVP offenbar schon länger als offenes Geheimnis galt: Maria Wegelin, die Präsidentin der SVP Winterthur, hat die beiden zentralen Figuren der rechtsextremen «Jungen Tat» mit der Kampagnenarbeit auf Social Media betraut.
Gegenüber der NZZ bestätigt Wegelin den Sachverhalt erstmals öffentlich (siehe Interview). Von der Gruppierung, die vom Nachrichtendienst des Bundes und von Europol der rechtsextremen Szene zugeordnet wird, will sie sich nicht distanzieren. An der Zusammenarbeit hält sie fest.
Ihre Begründung: «Die beiden Jungs haben mir versichert, dass Sie nicht gewalttätig seien und auch nicht rechtsextrem».
Zwei Rechtsextreme sollen einer bekannten SVP-Politikerin beim Sprung in den Nationalrat helfen. Wie kam es dazu?
Die Antwort auf diese Frage führt in die Vergangenheit der Gruppierung, eine Vergangenheit geprägt von Waffen, Körperkult, Strafverfahren und Neonazi-Gedankengut. Und sie führt zu einer neuen Strategie, die sie – wie Teile der rechtsextremen Szene in ganz Europa – in jüngster Zeit verfolgt: die einer gezielten Annäherung an rechte Parteien und Politiker.
«Heil Hitler»-Rufe und Propagandavideos
Die Geschichte der Gruppe beginnt mit Störaktionen an Anlässen wie dem Frauentag in Zürich, mit rassistischen Aufklebern und Flyern unter dem Namen ihrer Vorläuferorganisation, der Eisenjugend.
Für Aufsehen sorgt vor allem ein digitales Störfeuer: Im Frühling 2020 loggen sich die beiden Rädelsführer zusammen mit weiteren Mitstreitern in Zoom-Vorlesungen der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) ein. Dort studiert einer der jungen Männer. Sie nennen sich «Alles Gute A.H.88» und «Geburtstagsgast A.H.».
Sie platzieren rassistische und antisemitische Sprüche, rufen «Heil Hitler» und «Sieg Heil». In einem antisemitischen Eisenjugend-Video verbrennt ein Mitstreiter eine Israel-Flagge, einer der Anführer tritt mit einer Kalaschnikow auf. Dafür und für die Störung der Vorlesungen verurteilt die Zürcher Staatsanwaltschaft mehrere Mitglieder der Gruppe wegen Rassendiskriminierung zu einer bedingten Geldstrafe.
Die Aktionen bleiben auch sonst nicht ohne Folge. Die ZHdK schliesst den rechtsextremen Studenten nach lauten Protesten und einer Petition aus.
Inzwischen bezeichnen die Führungsfiguren der Jungen Tat diese Vorgänge als Jugendsünden. Gegenüber «CH Media» erklärte einer der jungen Männer, er bereue diese Taten zutiefst. Mit Nationalsozialismus wolle er nichts mehr zu tun haben. «Wir sind gewaltfreie politische Aktivisten und wehren uns nur, wenn wir von Linksextremen angegriffen werden.»
Bloss: Wie glaubwürdig sind diese Beteuerungen? Sicher ist: Die Strategie der Jungen Tat hat sich seither geändert.
Radikale im Hipster-Look
Das wird erstmals während der Corona-Pandemie deutlich.
Die rund zwei Dutzend Mitglieder der Gruppe nehmen an Kundgebungen von Massnahmenskeptikern teil und versuchen dort, sich als «patriotische Gruppierung» zu inszenieren, als «Jugend gegen Impfzwang». Im Januar 2022 schaffen sie es schliesslich, sich in Bern an die Spitze eines Demonstrationszuges von 2000 Massnahmengegnern zu setzen. Ein Propaganderfolg.
Die Gruppe – von überschaubarer Grösse, in ihren bisherigen Aktionen gescheitert – will zu diesem Zeitpunkt vor allem eines: maximale Aufmerksamkeit mit minimalen Mitteln.
Am 1. Mai klettern die Rechtsextremen auf einen Bau und hissen ein Transparent gegen die Zuwanderung. In Juni versuchen sie einen Pride-Gottesdienst in der Kirche St. Peter und Paul zu stürmen, mit Lautsprechern und einem weiss bemalten Holzkreuz.
Dann, im Oktober, folgt die auffälligste Aktion: Die «Junge Tat» stört eine Dragqueen-Vorlesestunde für Kinder im Zürcher Tanzhaus. Erst versuchen die Rechtsextremen, vor den Kindern ein Transparenz zu entrollen. Als das scheitert, marschieren sie vermummt und mit roten Rauchfackeln vor die Türe.
Ihre Aktionen inszenieren sie in professionell geschnittenen Videos, mit Gesicht und Namen stehen die zwei Anführer zu ihrer Gesinnung. Sie wollen nun keine Rechtsextremen mehr sein, sondern bloss «rechte Aktivisten». Statt an Skinhead-Aufmärsche erinnern ihre Auftritte eher an Influencer-Videos aus der urbanen Hipster-Szene.
Gezielt sucht die «Junge Tat» nun den Anschluss an die etablierte rechte Politik – mit Slogans wie «Familie statt Gender-Ideologie», «Sichere Grenzen, sichere Zukunft» oder «Remigration statt Integration».
Der Historiker Damir Skenderovic sagt es gegenüber der NZZ so: «Sie hoffen, dass die Diskussion ins Extreme kippt und ihre diskriminierenden Ideen auf breiten Widerhall stossen.»
Dass die Taktik teilweise aufgeht, zeigt sich nach der Tanzhaus-Aktion: Im Zürcher Stadtparlament übernimmt die städtische SVP die zentrale Forderung der Rechtsextremen – ein Verbot der Vorlesestunde. Und als die Veranstaltung ein halbes Jahr später in einer Bibliothek erneut stattfindet, ist es nicht mehr die «Junge Tat», die zum Protest dagegen aufruft, sondern SVP-Nationalrat Andreas Glarner.
So läuft es allerdings nicht überall. Nach einer Aktion im Basler Hauptbahnhof distanziert sich die dortige SVP von der Neonazi-Gruppe. Dasselbe tut der Stadtberner SVP-Präsident. Dies, nachdem zehn Mitglieder der «Jungen Tat» einen «Buurezmorge» der Partei besuchen.
Als geschlossener Block sitzen sie dabei auf den Festbänken, vor sich Plastikteller und Tischtücher mit SVP-Sünneli. Und danach gibt es natürlich einen Social-Media-Post von ihrem Besuch.
Entzückter Rechtsextremer am Sonderparteitag
Im aktuellen Wahljahr treibt die «Junge Tat» ihre Annäherungsversuche weiter voran.
Ein Mitglied taucht Anfang Juli am Sonderparteitag der SVP in Küssnacht auf. Er hat sich für den Anlass als Medienschaffender akkreditieren lassen und läuft filmend durch die Stuhlreihen, wie Aufnahmen der «NZZ am Sonntag» vom Anlass zeigen. Als eine Journalistin der Zeitung den SVP-Nationalrat Marcel Dettling auf die Anwesenheit des Rechtsextremen anspricht, folgt auf ein kurzes Erschrecken lediglich ein Schulterzucken.
Das «Junge Tat»-Mitglied berichtet später in einem Blog-Post: «Auch die verzweifelten Denunziationsversuche linker Journalisten, ‹rechtsextreme Berichterstatter› wären vor Ort, prallten an den Verantwortlichen wirkungslos ab.»
Am Sonderparteitag, so der Rechtsextreme, sei man Zeuge davon geworden, dass in der SVP ein «Lernprozess» stattgefunden habe. Der «Bevölkerungsaustausch» sei ins Bewusstsein vieler Funktionäre gerückt. Die «Ersetzungsmigration» werde nun schonungslos thematisiert.
Diese Begriffe nehmen eine der zentralen Erzählungen auf, die die «Junge Tat» – inspiriert von Rechtsextremen weltweit – in der Schweiz verbreiten will: die Theorie des «Great Replacement» oder «grossen Austauschs». Damit gemeint ist der Mythos, wonach eine Elite in einer gross angelegten Verschwörung die weisse Bevölkerung in Europa und den USA durch andere Bevölkerungsgruppen – etwa Migranten – ersetzen will.
Solche Ideen werden auch in einer Online-Kampagne für «sichere Grenzen» bemüht, für die die Rechtsextremen mit Nicolas Rimoldi zusammengespannt haben, dem Anführer der massnahmenkritischen Vereinigung «Mass-Voll». Letztere tritt bei den Nationalratswahlen mit einer eigenen Liste an.
Mitte August kündigt die rechtskonservative EDU an, mit «Mass-Voll» eine Listenverbindung einzugehen. An der Bekanntgabe im Hintergrund mit dabei und auf Videoaufnahmen zu sehen: einer der beiden Anführer der «Jungen Tat».
Vor gut einem Monat zelebriert schliesslich die SVP in der Swiss-Life-Arena in Zürich ihren Wahlkampfauftakt – und wieder ist die «Junge Tat» vor Ort, wie das Online-Portal «Tsüri» berichtet.
Besorgt über die Gruppe ist der Nachrichtendienst des Bundes: In seinem jüngsten Lagebericht zählt er sie explizit zur rechtsextremen Szene und beschreibt deren Strategie: Sie interessiere sich für «aktuelle, öffentlichkeitswirksame Themen», die sie dann «für ihren öffentlichen Auftritt instrumentalisiert».
Auch die europäische Polizeibehörde Europol schreibt in einem Bericht, die Strategie der Gruppierung sei einmalig in der hiesigen rechtsextremen Szene.
«Kein Schritt nach links, zwei Schritte nach rechts»
In letzter Zeit sucht die «Junge Tat» also vermehrt die Nähe zur etablierten rechten Politik. Die Wahlkampf-Arbeit für SVP-Nationalratskandidatin Maria Wegelin ist gewissermassen die Kulmination dieser Annäherungsversuche.
Auf den Social-Media-Kanälen der Politikerin sind nun fast die gleichen Slogans zu finden wie auf den Kanälen der Jungen Tat. Slogans zu «Überfremdung» und «Grenzschutz» – und Werbung für «Nemesis», eine rechtsextreme Frauen-Gruppe mit guten Beziehungen zur «Jungen Tat».
Die Reaktionen auf Wegelins Geschäftsbeziehung fallen teilweise harsch aus. Linke in Winterthur fordern ihren Rücktritt aus allen politischen Ämtern. Der Hauseigentümerverband (HEV) Winterthur hat ihr zunächst ein Ultimatum gesetzt und empfiehlt sie nun nicht mehr zur Wahl.
Weil sich Wegelin bisher nicht öffentlich von der «Jungen Tat» distanziert hat, habe man die Wahlempfehlung entsprechend angepasst, sagt Martin Farner, Präsident des HEV Winterthur.
Und die SVP? Der kantonale Parteipräsident Domenik Ledergerber sagt, man lehne Extremismus in jeder Form ab. Er sieht aber keinen Anlass, im Fall Wegelin aktiv zu werden. «Es handelt sich um eine Geschäftsbeziehung der Kandidatin und damit um eine Privatsache.»
Diese Zurückhaltung versucht die «Junge Tat» bei ihren Annäherungsversuchen offensichtlich auszunutzen – und hat sich dafür ein Facelifting gegeben.
Bloss: An der Ideologie der Gruppe hat sich wenig geändert. Erst kürzlich posierten Mitglieder spät Abends auf der Winterthurer Schützenwiese. Ein Foto zeigt neun Männer mit nacktem Oberkörper. Alle haben die Hand gehoben, Daumen und Zeigefinger berühren sich, die restlichen Finger sind gespreizt.
Das Zeichen stammt aus der rechtsextremen Szene in den USA und bedeutet: «White Power».
(https://www.nzz.ch/zuerich/rechtsextreme-am-buurezmorge-junge-tat-sucht-naehe-zur-svp-ld.1758194)
+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Reportage vom Impf-Protest in Sissach: «Die gehen dann schon, wenn es kalt wird»
Die Impfgegner vor der Kesb wollen ihr Camp nicht räumen. Die Behörden halten sich punkto Räumung zurück, Passanten reagieren eher gelassen.
https://www.bazonline.ch/mahnwache-in-sissach-protestaktion-der-impfgegner-dauert-an-727500800885
Basel Nazifrei startet Aufruf zu Gegendemo
Mass-voll-Präsident Nicolas Rimoldi soll an einer umstrittenen Demo in Basel sprechen. Die Bewegung Basel Nazifrei zeigt sich alarmiert und organisiert eine Gegendemonstration.
https://www.baseljetzt.ch/basel-nazifrei-startet-aufruf-zu-gegendemo/124086
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ajour.ch 27.09.2023
Sie wollen mehr sein als nur Corona-Kritiker – Jetzt will Aufrecht Bern in den Nationalrat
Aus einem Sammelbecken für Massnahmengegner ist eine Kleinpartei mit breitem Programm geworden. Jonathan Zbinden und Karin Baettig aus dem Seeland wollen sie nach Bundesbern führen.
Matthias Gräub
Auf die Frage, wieso er sich gerade Aarberg als Treffpunkt überlegt habe, kommen Jonathan Zbinden gleich mehrere symbolträchtige Gründe in den Sinn: Das Stedtli sei ein wenig wie die Schweiz, sagt der Logistik-Spezialist aus Ortschwaben. Gut geschützt hinter hohen Mauern, aber doch vernetzt mit der Welt.
Oder die Aare, die hier ungefähr die Hälfte ihrer Strecke zwischen Quelle und Mündung zurückgelegt hat. Aarberg als symbolischer Mittelpunkt des Aarelaufs, der Lebensader des Kantons Bern.
Schliesslich haben sich Zbinden und seine Parteikollegin Karin Baettig für die kleine Holzbrücke über die renaturierte Alte Aare als Fotosujet entschieden. Sie seien schliesslich Brückenbauer bei Aufrecht Bern. Würden Sinnesverwandte zwischen rechts und links verbinden.
Noch ohne Sitz im Kantonsparlament
Aufrecht Bern will am 22. Oktober den Einzug in den Nationalrat schaffen. Und das so ziemlich aus dem Nichts. Entstanden sind Aufrecht Schweiz und ihre Berner Untergruppe 2021 als Zusammenschluss diverser Gruppierungen, die sich gegen die Covid-Massnahmen des Bundes aufgelehnt hatten.
Im März 2022 ist Aufrecht Bern als erste Kantonalsektion an kantonalen Parlamentswahlen angetreten. Karin Baettig, strategische Einkäuferin aus Bellmund, erinnert sich: «Wir haben die Kandidatur in drei Monaten von null auf hundert zum Boden herausgestampft.» Der Erfolg blieb aus. Zwar holten sich die Aufrechten knapp zwei Prozent der Stimmen bei den Grossratswahlen, für einen Sitz reichte das jedoch nicht. «Die Enttäuschung war gross», räumt sie ein.
Das soll nun, ausgerechnet auf nationaler Ebene, korrigiert werden. «Wir haben daraus gelernt», sagt Jonathan Zbinden, der in seiner Partei als Kommunikationsverantwortlicher fungiert und dem Vereinsvorstand angehört.
Nicht mehr nur Corona-Kritiker
War Aufrecht Bern vor anderthalb Jahren eine reine Corona-Kritiker-Partei, hat sie sich jetzt ein breiteres Profil verliehen. Das Parteiprogramm fordert zwar «eine Aufarbeitung der Corona-Zeit durch eine unabhängige Kommission». Doch inzwischen hat die Partei auch zu vielen weiteren Themen Stellung bezogen.
So lautet der Slogan auf der Wahlbroschüre: «Frei und ohne Filz». Zbinden und Baettig ist die Lobbyarbeit in Bundesbern ein Dorn im Auge. Zu viele Politikerinnen und Politiker hätten zu viele Verwaltungsratsmandate und seien deshalb nicht mehr in der Lage, frei zu entscheiden. «Ist das noch vereinbar mit der Loyalität gegenüber den Bürgern, die sie gewählt haben?», fragt Karin Baettig rhetorisch.
Aufrecht Bern verspricht deshalb, selbst unverfilzt zu bleiben. «Wenn jemand ein Mandat angeboten bekommt, muss das zuerst im Verein bewilligt werden», sagt Jonathan Zbinden.
Weiter kämpft die Partei gegen 5G-Mobilfunkantennen. Sie will sich gegen steigende Krankenkassenprämien einsetzen, Steuersenkungen vorantreiben und dafür sorgen, dass die Schweiz aus der Weltgesundheitsorganisation austritt.
Aussenpolitisch vertritt die Partei eine brisante Position. Sie hat im Juni dieses Jahres eine «Petition für den Frieden in Europa» an den Bundesrat überreicht. Die knapp 3000 Unterschreibenden fordern damit nicht nur, dass sich Bundesrat und Parlament «aktiv für eine auf diplomatischem Wege erzielte Lösung des Ukraine-Konflikts» einsetzen. Sie fordern auch, dass die Schweiz sofort ihre Sanktionen gegen Russland zurückzieht und sich öffentlich entschuldigt.
Schliesslich sei nicht geklärt, wer an dem Konflikt die Schuld trage, sagt Karin Baettig: «Wenn zwei miteinander Krieg führen und keinen Konsens finden, ist dahinter ein Dritter, der feuert.» Und sie ergänzt: «Das ist sogar in der Ehe so.» Auf die Frage, wer denn feuere, fährt Jonathan Zbinden wie aus der Pistole geschossen dazwischen: «Die Amerikaner.»
Die Partei der Abtrünnigen
Am 22. Oktober möchte Aufrecht Bern mindestens einen Sitz im Nationalrat holen. Im besten Fall mehrere. Dazu ist die Partei eine grosse Listenverbindung der Kleinparteien eingegangen. Mitentscheidend dürfte dabei sein, ob man mehr Stimmen holt als die EDU, die mit Andreas Gafner einen bisherigen Berner Nationalrat stellt.
Sollte es Aufrecht Bern für einen Sitz reichen, tippt Zbinden auf seine Vereinspräsidentin Petra Burri aus Rümligen. Er selbst steht auf dem zweiten Listenplatz. Punkten könnten jedoch auch Richard Koller, Initiator der Bargeld- und Stopp-Impfpflicht-Initiativen, oder Simone Machado, die für die grün-alternative Partei im Berner Stadtrat sitzt, dort jedoch aus der Fraktion geworfen wurde und nun bei Aufrecht Bern Anschluss gefunden hat.
Machado ist nicht die Einzige auf der Aufrecht-Liste, die sich während der Corona-Zeit mit ihrer alten Partei überworfen hat und ins Lager der Massnahmenkritiker wechselte. Zbinden selber ist auch einer von ihnen. «Die SVP hat den Pfad der Freiheit verlassen», sagt der 38-Jährige, der vor genau 20 Jahren für die Junge SVP auf der Nationalratsliste stand. Aufrecht Bern führe ihn weiter auf diesem Pfad.
Die Kandidierenden aus der Region:
– Jean-Michel Corthésy, Lengnau
– Karin Baettig, Bellmund
– Andy Clausen, Gals
– Jonathan Zbinden, Ortschwaben
(https://ajour.ch/de/story/162764/sie-wollen-mehr-sein-als-nur-coronakritiker-jetzt-will-aufrecht-bern-in-den-nationalrat)
+++FUNDIS
Nach SRF-Dok über Misshandlungen: Läderach baut Sicherheit in Filialen aus
Seit bekannt wurde, dass der frühere Schoggi-Patron Jürg Läderach Kinder an einer christlichen Privatschule geschlagen haben soll, stehen private Sicherheitsleute in Verkaufsfilialen.
https://www.tagesanzeiger.ch/nach-srf-dok-laederach-baut-sicherheit-in-filialen-aus-848127212523
-> https://www.nau.ch/people/aus-der-schweiz/srf-schmutzkampagne-beschwerden-gegen-laderach-doku-eingegangen-66617231
Esoterische Medizin: «Habe ich meinen Tumor also auch ‹gemacht›?»
Eine von der christlichen St. Michaelsvereinigung gegründete Stiftung lockt Krebserkrankte mit pseudowissenschaftlichen Behauptungen in ihr Kurhaus am Bodensee. Ehemalige Patientinnen berichten.
https://www.woz.ch/2339/esoterische-medizin/habe-ich-meinen-tumor-also-auch-gemacht/!C0T7A0Y0CH2Q
+++HISTORY
Abolitionismus heute. Ein Gespräch über die Kämpfe gegen rassistische Gewalt und die Suche nach neuen Formen der Vergesellschaftung
Im 18. und 19. Jahrhundert bezeichnete „Abolitionismus“ die Bewegung zur Abschaffung der Sklaverei in den Zuckerplantagen der Karibik, einem Motor des frühen Kapitalismus. Geblieben ist bis heute der Kampf gegen rassistische Gewalt – doch der Begriff umfasst in Theorie und Praxis jetzt noch viel mehr.
https://geschichtedergegenwart.ch/abolitionismus-heute/