Medienspiegel 11. September 2023

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel/

+++AARGAU
In Windisch ziehen die ersten jungen Asylsuchenden ein – Schweiz Aktuell
Die Aargauer Gemeinde Windisch hat bereits bewohnte Wohnung für Asylsuchende angemietet. 49 Personen mussten ihre Wohnung verlassen. Inzwischen haben sich die Wogen in Windisch etwas geglättet und die ersten unbegleiteten Minderjährigen Asylsuchende ziehen ein.
https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/in-windisch-ziehen-die-ersten-jungen-asylsuchenden-ein?urn=urn:srf:video:630df41a-fe96-4647-887f-6b2da7d0d597


+++SCHWEIZ
Die Schweiz will Rashid Amini loswerden – doch der Iraner geht nicht: Gefangen in der Nothilfe
Über 2500 abgewiesene Asylsuchende leben in der Schweiz, obwohl sie hier eigentlich längst nicht mehr sein dürften. Einer davon ist der Iraner Rashid Amini.
https://www.blick.ch/politik/die-schweiz-will-rashid-amini-loswerden-doch-der-iraner-geht-nicht-gefangen-in-der-nothilfe-id18928679.html


Legal hier leben, statt mit 8 Franken Nothilfe?
Abgewiesene Asylsuchende, die nicht in ihr Heimatland zurück wollen oder können, landen in der Langzeit-Nothilfe. Der Ständerat könnte einem Teil von ihnen nun zur Aufenthaltsbewilligung verhelfen.
https://www.watson.ch/schweiz/gesellschaft%20&%20politik/101753974-manche-abgewiesene-asylsuchende-koennen-nicht-in-ihr-heimatland-zurueck
-> https://www.blick.ch/politik/parlament-diskutiert-ueber-legalisierung-von-sans-papiers-die-abschreckende-wirkung-funktioniert-nicht-id18928640.html


Blick-Redaktor über Empfänger der Langzeit-Nothilfe: «Sie sind gefangen in den Ausreisezentren»
Sie haben keine Papiere und keine Perspektive. Über 2500 abgewiesene Asylsuchende in der Schweiz leben länger als ein Jahr von Nothilfe. Sie sollten das Land längst verlassen haben – doch sie gehen nicht freiwillig und können zwangsweise nicht ausgeschafft werden.
https://www.blick.ch/video/aktuell/blick-redaktor-ueber-empfaenger-der-langzeit-nothilfe-sie-sind-gefangen-in-den-auffangzentren-id18932363.html


Humanitäres Visum: wichtiges Urteil des BVGer
Das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) hat den Mitgliedern einer afghanischen Familie mit ausgeprägtem Risikoprofil ein Visum aus humanitären Gründen erteilt. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) begrüsst das Urteil, erkennt in diesem aber erst den Anfang einer notwendigen grosszügigeren Praxis des SEM und des BVGer bezüglich humanitärer Visa.
https://www.fluechtlingshilfe.ch/publikationen/news-und-stories/humanitaeres-visum-wichtiges-urteil-des-bvger


Geflohene sind manchmal so seltsam
Wer flüchtet, verliert einen Teil seiner Persönlichkeit: War man zu Hause noch ein geachteter Nachbar, übte einen wichtigen Beruf aus, war unter Freunden und Bekannten beliebt, ist das mit der Flucht alles weg, schreibt Kolumnistin Anni Lanz. Sich in einem solchen Zustand rasch zu integrieren sei fast unmöglich.
https://bajour.ch/a/clmabim3813797582sgajia2g8m8/geflohene-sind-manchmal-so-seltsam


+++GASSE
aargauerzeitung.ch 11.09.2023

Wird Baden ein Drogen-Hotspot? Politiker fordern Antworten vom Stadtrat

Badener Politiker von Mitte und FDP «beobachten in der Stadt ein rapid steigendes Drogenproblem». Baden habe sich bereits überregional einen Namen gemacht. In einer Anfrage fordern sie Antworten vom Stadtrat und ein rasches Vorgehen gegen Billigdrogen wie Crack und Crystal Meth.

Andreas Fretz

Badener Politiker fürchten eine wachsende Drogenszene in der Stadt. Die Einwohnerräte Alexandra Sterk (Mitte) und Stefan Jaecklin (FDP) sowie Badens Mitte-Vorstand Andreas Hübscher haben deshalb beim Stadtrat eine Anfrage eingereicht. Sie drücken darin ihre Besorgnis aus und bitten den Stadtrat um die Beantwortung von einem Dutzend Fragen.

Unter anderem wollen sie wissen: Wie beurteilt der Stadtrat das Drogenproblem in der Stadt Baden? Kennt der Stadtrat die Hotspots? Welche Ziele verfolgt die Stadt in der Drogenthematik?

Plätze mit «recht offenem Drogenhandel»

In ihrer Anfrage schreiben die drei Politiker: «Wir beobachten in der Stadt ein rapid steigendes Drogenproblem.» Baden sei dafür bereits überregional bekannt. Und weiter: In letzter Zeit hätten sich diverse Plätze mit einem «recht offenem Drogenhandel» entwickelt.

Genannt werden explizit die Cordulapassage beim Schulhausplatz, der Theaterplatz, der Kurpark, das Nordhaus bei den Bahngleisen und die Limmatpromenade. Die Politiker wollen auch wissen: Hat das Drogenproblem bereits auf die Schulen übergegriffen? Welche präventiven Massnahmen bestehen bereits und was kann noch getan werden?

In ihrer Anfrage verweisen sie zudem auf Zeitungsartikel in der «NZZ» und der «Aargauer Zeitung». In einem geht es um eine «Explosion der Billigdrogen» in der Stadt Genf, im anderen um den Drogenhandel im Tessin. In Genf würden Dealer fixfertiges Crack, sogenannte Crack-Steine, verbreiten und damit die Drogenszene erschüttern. Innerhalb eines Jahres habe sich die Zahl der Konsumierenden verdoppelt. Ein Crack-Stein, die Substanz basiert auf Kokain, ist für eine Inhalation proportioniert. Im Unterschied zu sonstigem Kokain wird Crack geraucht.

Wie jüngste Zeitungsartikel zeigen, so die Badener Politiker, werden die aktuell vermehrt in Umlauf gebrachten Drogen (Crack, Crystal Meth) nicht nur günstiger, sondern auch problematischer betreffend Abhängigkeit und Schädlichkeit. «Es scheint uns deshalb sehr wichtig, dass das Drogenproblem in Baden gut verstanden sowie rasch und pragmatisch angegangen wird.» Sie fragen: Was tut der Stadtrat gegen das Drogenproblem? Ist sich der Stadtrat der mit dem Drogenkonsum zusammenhängenden Beschaffungsproblematik bewusst?

Stellungnahmen werden vorbereitet

Martin Brönnimann, Leiter öffentliche Sicherheit der Stadt Baden, sagt auf Anfrage der AZ, er wolle der politischen Antwort nicht vorgreifen. Der Stadtrat habe den Auftrag, eine Antwort zu erarbeiten. Der Stadtrat erwartet nun von verschiedenen Abteilungen der Verwaltung eine Stellungnahme zum Thema bis zum 16. Oktober. Bis zum 20. Oktober soll dann die Antwort des Stadtrats auf die Anfrage vorliegen.

Auch in Zürich forderten jüngst zwei SVP-Parlamentarier den Zürcher Stadtrat mit Verweis auf die Situation in Genf dazu auf, eine Ausbreitung von Crack in der Stadt «mit allen Mitteln» zu verhindern. Auch dort will sich der Stadtrat erst im Rahmen der Beantwortung des Postulats vertieft zum Thema äussern.

Weitere Fragen von Sterk, Jaecklin und Hübscher lauten: Ist der Stadtrat im Austausch mit Städten, die dieses Thema bereits länger kennen (beispielsweise Zürich, Genf, Luzern)? Welche Polizeiorganisation ist für die Bekämpfung des Problems zuständig?

Bereits 2019 hatte Badens FDP-Einwohnerrat Mark Füllemann eine Anfrage zur Ordnung im Kurpark eingereicht. Er wollte unter anderem wissen, wie der Stadtrat die Drogenszene im Park einschätze. Dieser antwortete, der Kurpark sei weder der Kantonspolizei noch der Stadtpolizei als Hotspot für Drogenhandel aufgefallen, auch wenn es einen gewissen Kleinhandel mit Cannabis gebe. Ausserdem hiess es in der Antwort: «Die Drogenszene ist sehr mobil und verlagert sich je nach Kontrolldruck der Polizei.»
(https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/baden/baden-wird-baden-ein-drogen-hotspot-politiker-fordern-antworten-vom-stadtrat-ld.2511030)


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Polizeieinsätze könnten Protestierende teuer zu stehen kommen
Ob Klimaprotest oder Hausbesetzung: Ausserordentliche Polizeieinsätze bei solchen Kundgebungen sollen bald den Verursachern in Rechnung gestellt werden. Das Zürcher Kantonsparlament hat die sogenannte «Anti-Chaoten-Initiative» der SVP zwar abgelehnt, aber den Gegenvorschlag der Regierung angenommen.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/polizeieinsaetze-koennten-protestierende-teuer-zu-stehen-kommen?id=12451359
-> https://www.20min.ch/story/anti-chaoten-initiative-es-soll-weh-tun-klimakleber-sollen-fuer-polizeieinsatz-zahlen-372670471631
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/knabenschiessen-der-neue-schuetzenkoenig-heisst-miro-scheiwiller?id=12451500 (ab
-> https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/zuercher-kantonsrat-unterstuetzt-gegenvorschlag-zur-anti-chaoten-initiative-00220777/
-> https://tv.telezueri.ch/zuerinews/randalierer-und-klimakleber-sollen-zur-kasse-gebeten-werden-153485031



tagesanzeiger.ch 11.09.2023

Zürcher Kantonsrat: Parlament will Chaoten und Klimakleberinnen zur Kasse bitten

Wer an Demonstrationen vorsätzlich Polizeikosten verursacht, soll für diese aufkommen müssen. Das Zürcher Parlament unterstützt einen Gegenvorschlag zur Anti-Chaoten-Initiative.

Jigme Garne

Klimakleber blockieren Strassen, an der Nachdemo zum 1. Mai fliegen Steine: Unbewilligte Demonstrationen und Veranstaltungen führen immer wieder zu Grosseinsätzen der Polizei. Das Zürcher Kantonsparlament will nun, dass die Verursacherinnen und Verursacher künftig häufiger für die entstandenen Polizeikosten aufkommen.

Das Parlament diskutierte am Montag die Anti-Chaoten-Initiative der Jungen SVP. Diese fordert, dass Veranstalter und Teilnehmende von unbewilligten Demonstrationen konsequent für die Kosten von Polizeieinsätzen und Sachbeschädigungen aufkommen müssen.

Demonstrationen brauchen Bewilligung

Kundgebungen sollen neu einer Bewilligungspflicht unterstehen. Zudem müssten auch Hausbesetzerinnen und -besetzer die Kosten von Hausräumungen bezahlen.

Im Kantonsrat unterstützte nur eine Minderheit aus SVP und FDP die Initiative. Mehr Zustimmung löste der Gegenvorschlag aus, welcher die Kernforderung mit einer Einschränkung aufnimmt: Die Kosten für ausserordentliche Polizeieinsätze sollen dann zwingend auf die verursachende Person abgewälzt werden, wenn diese vorsätzlich gehandelt hat. Auch der Gegenvorschlag hätte eine Bewilligungspflicht für Demonstrationen zur Folge.

Eine deutliche Mehrheit aus 155 Ja-Stimmen (zu 55 Nein) sprach sich für den Gegenvorschlag aus. Neben SVP und FDP stimmten auch die Reihen von GLP, Mitte und EVP zu.

Linke Stadt Zürich stellt keine Rechnungen aus

Die Gesetzeslage sieht heute bereits die Möglichkeit einer Kostenverrechnung nach Verursacherprinzip vor. Dies genügt nach Ansicht der linken Kantonsratsmitglieder.

Die bürgerlichen Kräfte im Rat sind aber der Ansicht, dass die Kosten bisher noch zu selten auch tatsächlich überwälzt werden – insbesondere in der links regierten Stadt Zürich, wo es am häufigsten zu Ausschreitungen kommt, sei dies nie der Fall. Dort will das Stadtparlament den entgegengesetzten Weg gehen und die Regeln für Demonstrationen mit einer Melde- anstelle einer Bewilligungspflicht lockern.

Mit einer vorgeschriebenen Bewilligungspflicht und einer zwingenden Kostenüberwälzung würde der Kanton die Stadt Zürich (und alle anderen Gemeinden) übersteuern. Heute hänge es vom Zufall ab, ob ein gewalttätiger Demonstrant eine Rechnung erhalte, sagte der Initiant Sandro Strässle von der Jungen SVP. «Kommt die Stadtpolizei Zürich, wird keine Rechnung ausgestellt. Kommt die Kantonspolizei, hingegen schon.»

Und Angie Romero (FDP, Zürich) sagte: «Bei allem Respekt für die Gemeindeautonomie: Wenn eine Demonstration aus dem Ruder läuft und die Kantonspolizei eingreifen muss, dann kostet uns das alle etwas.»

Mario Fehr begrüsst Gegenvorschlag

Auch der Sicherheitsdirektor Mario Fehr sprach am Montag im Parlament von einer Rechtsungleichheit im Kanton Zürich. «Die Gesetze werden unterschiedlich interpretiert, darum habe ich Verständnis für das Anliegen, dies straffer regeln zu wollen.»

Die Regierung hat den Gegenvorschlag ursprünglich formuliert; dieser wurde dann von der Kommission leicht verschärft. Die Regierung unterstützt den Gegenvorschlag und lehnt die Initiative ab. Letztere verlange einen nicht umsetzbaren Automatismus, so Fehr.

Unmut in der Bevölkerung

Gleich argumentieren die Parteien aus der Mitte, die sich nur für den Gegenvorschlag aussprachen. Die Initiative sei nicht umsetzbar und würde grossen bürokratischen Aufwand verursachen, sagte Andrea Gisler (GLP, Gossau). Mit dem Gegenvorschlag werde das Demonstrationsrecht gewahrt, er gebe der Polizei aber bessere Mittel zur Hand, um die Kosten abzuwälzen.

Die Mitte-Partei verortete einen Unmut in der Bevölkerung. Für den gemeinen Bürger sei nicht verständlich, wenn Randalierer nicht für die Kosten aufkommen müssten, sagte Janine Vannaz (Die Mitte, Aesch).

«Anti-Demokratie-Initiative»

Dezidiert gegen die Initiative und den Gegenvorschlag stellten sich die linken Parteien SP, Grüne und AL. Das brachte ihnen den Vorwurf der SVP ein, sie schützten ihre eigene Klientel.

«Wie so oft bei SVP-Initiativen geht es hier nicht um konstruktive Lösungen. Sondern darum, komplexe Realitäten und Probleme zu simplifizieren und politische Gegnerinnen als Sündenböcke zu definieren», sagte Leandra Columberg (SP, Dübendorf), welche die Minderheit der zuständigen Kommission für Justiz und öffentliche Sicherheit (KJS) vertrat.

Friedlicher Aktivismus werde kriminalisiert, so Columberg. Dies habe einen «Chilling Effect» zur Folge: Die drohende Repression halte die Bevölkerung davon ab, von ihrer Meinungsfreiheit Gebrauch zu machen. Silvia Rigoni (Grüne, Zürich) sprach deshalb nicht von einer «Anti-Chaoten-», sondern einer «Anti-Demokratie-Initiative».

Polizeieinsätze würden zum Grundauftrag des Staates gehören, sagte Lisa Letnansky (AL, Zürich). Nach der Logik der Initianten müssten auch die Aufwände für Verkehrskontrollen den Autofahrern, die zu schnell fahren, verrechnet werden. Auch ökonomisch sei das Vorhaben zweifelhaft: «Die Kosten für das Geldeintreiben werden x-fach höher ausfallen als die eingetriebenen Summen», sagte Letnansky.

Das letzte Wort hat die Stimmbevölkerung, die an der Urne über die Initiative und den Gegenvorschlag befinden wird. In einer Ende 2022 durchgeführten Sotomo-Umfrage im Auftrag von Tamedia sprach sich eine überwältigende Mehrheit für das Anliegen der Initiative aus. Auf die Frage, ob Personen, die unbewilligte Demonstrationen veranstalten, die Rechnung für Polizeieinsätze und angerichtete Schäden übernehmen sollten, antworteten 80 Prozent mit Ja oder zumindest «eher Ja». Nur 18 Prozent sprachen sich gegen eine Weiterverrechnung der Kosten aus.
(https://www.tagesanzeiger.ch/polizeieinsaetze-im-kanton-zuerich-das-parlament-will-dass-chaoten-und-klimakleberinnen-zahlen-484941792777)



limmattalerzeitung.ch 11.09.2023

Mehrheit will Demo-Teilnehmer für Polizeikosten zur Kasse bitten können

Der Zürcher Kantonsrat unterstützt den Gegenvorschlag zur Anti-Chaoten-Initiative der Jungen SVP. Nun hat das Stimmvolk die Wahl, wie künftig mit Demonstrationen umzugehen ist.

Matthias Scharrer

Hatten die mythischen Gründer der Eidgenossenschaft wohl eine Bewilligung eingeholt, als sie sich 1291 auf dem Rütli versammelten? Und droht angesichts der heutigen Verhältnisse in Zürich gar die Anarchie, wofür der englische Philosoph Thomas Hobbes vor dem Hintergrund des englischen Bürgerkriegs im 17. Jahrhundert als Gegenmittel den starken Staat beschwor?

Anlass zu solchen Fragen bot am Montag die sogenannte Anti-Chaoten-Initiative der Jungen SVP, über die der Kantonsrat zu befinden hatte. Die Rütli-Frage warf Thomas Forrer (Grüne, Erlenbach) auf, die Hobbes-Frage stellte Bernhard im Oberdorf (SVP, Zürich). Dies, nachdem Sandro Strässle, Präsident der Jungen SVP Kanton Zürich, das Anliegen der Initianten so beworben hatte: «Ob Klima-, Corona-, 1.-Mai-Demo oder Marsch für s’Läbe – wir müssen alle gleich behandeln, die vom Demonstrationsrecht Gebrauch machen.»

Das verlangt die Initiative

Worum geht es? Amnesty International hatte die Volksinitiative zur Durchsetzung von Recht und Ordnung, so ihr offizieller Titel, schon im Vorfeld der Ratsdebatte als verfassungs- und völkerrechtswidrig kritisiert.
-> https://www.amnesty.ch/de/laender/europa-zentralasien/schweiz/dok/2023/die-zuercher-initiative-zur-durchsetzung-von-recht-und-ordnung-ist-voelkerrechtswidrig
Auch der vom Kantonsrat nun beschlossene Gegenvorschlag gefährde das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit, heisst es in einer Mitteilung der Juso Kanton Zürich. Die Organisationen Juso, Klimastreik und feministischer Streik würden daher sowohl die Initiative als auch den Gegenvorschlag bekämpfen.

Die Initiative verlangt, dass Demonstrierende und Demo-Veranstalter für Sachschäden und Polizeikosten aufkommen müssen, die bei «illegalen Demonstrationen, Kundgebungen oder anderweitigen Veranstaltungen» entstehen können. Auch wer eine bewilligte Demonstration derart stört, dass es zu Ausschreitungen kommt, würde laut der Initiative zur Kasse gebeten.

Ebenso müssten die Kosten, die bei Räumungen besetzter Liegenschaften entstehen, zulasten von Besetzerinnen und Besetzern gehen. Ausserdem gälte für Kundgebungen auf öffentlichem Grund neu im ganzen Kanton eine Bewilligungspflicht.

Das verlangt der Gegenvorschlag

Der Regierung und dem Kantonsrat gingen diese Forderungen zu weit. Sie entschieden sich für einen Gegenvorschlag, über den das Stimmvolk nun zusammen mit der Initiative zu befinden hat. Der vom Regierungsrat lancierte Gegenvorschlag erwies sich im Parlament als mehrheitsfähig. Nur die SVP und die FDP hielten an der Initiative fest.

Worin unterscheiden sich die Initiative und der beschlossene Gegenvorschlag? Letzterer fordert ausdrücklich die Berücksichtigung übergeordneten Rechts, insbesondere der Grundrechte. Weiter verlangt er eine «zwingende Verrechnung von Kosten für ausserordentliche Polizeieinsätze an vorsätzlich handelnde Verursacherinnen und Verursacher».

Hauptunterschied zwischen Initiative und Gegenvorschlag ist demnach, dass mit der Initiative auch Veranstalter von Kundgebungen für die Kosten von Polizeieinsätzen zur Kasse gebeten werden könnten – und nicht nur «vorsätzlich handelnde Verursacherinnen und Verursacher».

Die in der Initiative verlangte Bewilligungspflicht ist auch im Gegenvorschlag vorgesehen. Dafür zuständig wären die Gemeinden. Heute gibt es im Kanton Zürich Gemeinden mit und solche ohne Bewilligungspflicht für Kundgebungen auf öffentlichem Grund. In der Stadt Zürich, an deren Umgang mit Demonstrationen sich die Initianten vor allem stören, gilt noch die Bewilligungspflicht. Doch das Stadtparlament will diese durch eine blosse Meldepflicht ersetzen.

«Schade, dass wir sieben Jahre verloren haben»

Die Entwicklung in Zürich sei mit ein Grund, weshalb nun der Regierungsrat Anliegen der Initiative mit dem Gegenvorschlag teilweise aufgriff, wie Sicherheitsdirektor Mario Fehr (parteilos) erklärte. Er betonte: «Wir wollen Demonstrationsfreiheit. Wir wollen schärfere Regeln. Und ja, wir haben dazugelernt.» Die Initiative gehe aber zu weit und wäre laut Fehr nicht umsetzbar.

Die nun im Gegenvorschlag enthaltenen Ziele hatten Marc Bourgeois (FDP, Zürich), Roger Liebi (SVP, Zürich) und Josef Wiederkehr (CVP, Dietikon) bereits 2016 mit einer nahezu gleichlautenden parlamentarischen Initiative lanciert. Kantons- und Regierungsrat lehnten diese 2021 ab. Damals fand Fehr die geltenden Rechtsgrundlagen ausreichend.

Nun hat er seine Meinung geändert. Auch die Machtverhältnisse im Kantonsrat sind seit den Wahlen vom vergangenen Frühling anders. «Schade, dass wir sieben Jahre verloren haben», meinte Bourgeois.

Linke unterlagen mit ihrem Gegenvorschlag

Anders sah es die Ratslinke. SP, Grüne und AL hatten auch einen Gegenvorschlag zur Anti-Chaoten-Initiative eingebracht. Dieser hätte lediglich «in der Regel» vorgesehen, die Kosten ausserordentlicher Polizeieinsätze bei Kundgebungen den Verursachern aufzubürden.

Ein solcher gesetzlicher Spielraum sei wichtig, um Grundrechte wie Demonstrations- und Meinungsfreiheit nicht zu sehr in Bedrängnis zu bringen, sagte Silvia Rigoni (Grüne, Zürich). Die Kantonsratsmehrheit lehnte dies jedoch ab. Sie sah es wie Janine Vannaz (Mitte, Aesch): «Die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit ist für Leute gedacht, die ihre Meinung friedlich kundtun.» Die Volksabstimmung findet voraussichtlich im Frühling 2024 statt.
(https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/zuerich/kantonsrat-mehrheit-will-demo-teilnehmer-fuer-polizeikosten-zur-kasse-bitten-koennen-ld.2512507)



nzz.ch 11.09.2023

Zürich: Für Organisatoren von illegalen Demos könnte es künftig teuer werden

Der Kantonsrat unterstützt einen Gegenvorschlag zur «Anti-Chaoten-Initiative» der SVP. Das letzte Wort haben die Stimmbürger.

Zeno Geisseler

Zürich hat ein Problem: Immer wieder ziehen unbewilligte Demonstrationen durch die Stadt, nicht selten kommt es dabei zu Gewalt und massiven Sachbeschädigungen. In unguter Erinnerung bleiben etwa die Krawalle der linksextremen Besetzerszene im letzten Februar und März.

Das Phänomen existiert seit Jahrzehnten und in leichterer Form auch in anderen Gemeinden. Bereits mehrfach gab es politische Anläufe, wie mit den Ausschreitungen umzugehen sei.

Der jüngste Vorschlag stammt von der Jungen SVP. Die Partei hat eine kantonale «Anti-Chaoten-Initiative» eingereicht, und diese ist am Montag im Zürcher Kantonsparlament behandelt worden.

Im Grundsatz beschäftigt sich die Initiative mit der Frage, wer für die Kosten von unbewilligten Kundgebungen aufkommen soll. Dabei geht es einerseits um Vandalismus, andererseits um den Polizeieinsatz.

Es ist nicht so, dass es dazu bis jetzt keine Regelungen gäbe. Bereits heute können die Verursacher von Polizeieinsätzen zur Kasse gebeten werden. Wer Scheiben einschlägt oder Wände versprayt, kann zivilrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.

Die JSVP will diese Bestimmungen aber verschärfen. Die Rechnung für Polizeieinsätze und für Sachbeschädigungen soll bei unbewilligten Kundgebungen auf die Veranstalter und sogar auf blosse Teilnehmer aufgeteilt werden.

Auch jene, welche bewilligte Kundgebungen stören oder Häuser besetzen, sollen finanziell belangt werden können. Ausserdem fordert die JSVP, dass Demonstrationen und Kundgebungen ausnahmslos eine Bewilligung brauchen.

Die Hausbesetzer sind kein Thema mehr

Für die Mehrheit des Kantonsrats war es grundsätzlich unbestritten, dass es strengere Regeln braucht. Die Frage war, wie weit diese gehen sollen. Zur Diskussion standen neben der Initiative nämlich auch zwei moderatere Gegenvorschläge.

Chancenlos blieb eine Variante von SP, Grünen und AL. Diese sah vor, die Kosten für ausserordentliche Polizeieinsätze nicht in jedem Fall, sondern nur «in der Regel» an vorsätzlich handelnde Verursacher zu übertragen – also im Wesentlichen bei der heutigen Regelung zu bleiben.

Mehrheitsfähig war ein Gegenvorschlag der vorberatenden Kommission. Er nimmt zwei Kernforderungen der Initiative auf, nämlich, dass es für Demonstrationen eine Bewilligung brauche und dass ausserordentliche Polizeieinsätze zwingend an die Verursacher weiterverrechnet würden.

Vom Tisch sind bei diesem Gegenvorschlag die Kosten für Sachbeschädigungen. Auch die Hausbesetzer sind nicht mehr explizit genannt.

«Repressionsphantasien der Rechten»

Ein zentraler Diskussionspunkt war, ob eine schärfere Gesetzgebung demokratische Grundrechte wie die Versammlungs- und Meinungsäusserungsfreiheit verletze. Dies etwa durch den «chilling effect»: Interessierte könnten nur schon deswegen von einer Teilnahme an einer Demonstration absehen, weil sie damit rechnen müssen, für Schäden von anderen geradestehen zu müssen.

Gerade bei der Ratslinken war diese Befürchtung ausgeprägt. Leandra Columberg (SP, Dübendorf) etwa sprach von massiver staatlicher Repression, von einer horrenden Kostenüberwälzung und von Einschüchterung. Die Initiative sei nichts anderes als ein «Ventil für die Repressionsphantasien der Rechten», sagte sie. Sie sei eine Scheinlösung und politisch gar nicht umsetzbar.

Das sah Angie Romero (FDP, Zürich) anders. Die Initiative sei als allgemeine Anregung formuliert, und es liege nach einer Annahme an der Regierung und am Parlament, eine gesetzeskonforme Umsetzung zu schaffen.

SVP und FDP störten sich auch am Vorwurf der Repression. Jeder wisse, in welchen Ländern es tatsächlich Einschüchterung und «chilling effects» gebe, sagte Bernhard im Oberdorf (SVP, Zürich). Yiea Wei Te (FDP, Unterengstringen) pflichtete ihm bei. «In Zürich von Repression zu sprechen, ist ein Affront. Wir leben in einer einzigartigen direkten Demokratie.»

SVP wie FDP sagten, dass sie die Initiative und den Gegenvorschlag unterstützten.

Darf der Kanton den Städten Vorschriften machen?

In der Diskussion ging es auch darum, wie weit der Kanton überhaupt in die Gemeindeautonomie eingreifen darf und soll. Heute sind Kundgebungen kommunal geregelt. Die Gemeinden bestimmen also selbst, ob es für die Manifestationen eine Bewilligung braucht, eine Meldepflicht oder gar nichts.

Die Gemeinden entscheiden auch autonom, ob ein Polizeieinsatz in Rechnung gestellt werden soll. Die Stadt Zürich zum Beispiel verzichtet auch bei unbewilligten Kundgebungen konsequent darauf. Dies, obwohl nur schon der Einsatz der Stadtpolizei während einer «Klimawoche» von Extinction Rebellion vor zwei Jahren fast 700 000 Franken kostete.

Bei einer Annahme der Initiative hätten die Gemeinden diesen Spielraum nicht mehr. Es sei schon speziell, dass ausgerechnet die SVP, welche doch sonst die Gemeindeautonomie so hochhalte, jetzt einen Eingriff von oben verlange, tönte es aus der linken Ratshälfte.

Thomas Forrer (Grüne, Erlenbach) sagte an die Adresse der SVP, «eigentlich geht es Ihnen nur darum, etwas gegen die Stadtzürcher zu unternehmen. Sie mögen es einfach nicht, dass die Stadt nicht in Ihren Händen ist.»

Mario Senn (FDP, Adliswil) hingegen wies darauf hin, dass bei grösseren Demonstrationen sehr oft auch die Kantonspolizei im Einsatz stehe, somit sei es durchaus korrekt, dass über eine Regelung auf kantonaler Ebene diskutiert werde.

Zwischen der totalen Ablehnung der Linken und den bürgerlichen Unterstützern von Initiative und Gegenvorschlag bewegte sich die GLP. Sie sprach sich für den Gegenvorschlag aus, aber gegen die Initiative. Aus der Sicht der Grünliberalen ist diese nicht grundrechtskonform und würde zudem einen grossen bürokratischen Aufwand verursachen.

Dies ist eine Haltung, die auch der Sicherheitsdirektor Mario Fehr (parteilos) teilt: Er wünsche dem Gegenvorschlag ein gutes Gelingen. «Die Initiative hingegen wird von mir bekämpft werden, weil sie zu weit geht, weil sie unklar ist und weil ich sie nicht umsetzen kann.»

In der Schlussabstimmung empfahl der Kantonsrat schliesslich die Initiative zur Ablehnung und den Gegenvorschlag zur Annahme. Final entscheiden wird die Stimmbevölkerung an der Urne. Bis zu einer allfälligen Umsetzung dürften noch mehrere Jahre vergehen.



So teuer sind Polizeieinsätze an Demonstrationen

zge. Der Zürcher Stadtrat hat vor drei Jahren eine Aufstellung zu den Kosten von Polizeieinsätzen bei Kundgebungen vorgelegt. Im Jahr 2019 gab es demnach knapp 300 bewilligte und unbewilligte Veranstaltungen, die Polizeikosten betrugen rund 3,26 Millionen Franken.
Die Stadt rechnet pro Polizist und Stunde mit Aufwendungen von 114 Franken. 30 Polizisten, die wegen einer Demonstration 3 Stunden im Einsatz stehen, kosten also rund 10 000 Franken.
Deutlich höher können die Sachschäden ausfallen. Ein einziger Saubannerzug im Nachgang zur Räumung des Koch-Areals verursachte im März 2023 Schäden von rund einer halben Million Franken.
Kaum zu bemessen sind indirekte volkswirtschaftliche Kosten von Demonstrationen, etwa Umsatzeinbussen von Läden an der Marschroute oder Zeitverzögerungen wegen Staus und Umleitungen.
(https://www.nzz.ch/zuerich/zuerich-illegale-demonstrationen-koennen-teuer-werden-ld.1755363)


+++POLIZEI BS
Tg 1 in der Basler Polizeischule
https://telebasel.ch/sendungen/punkt6/210759
-> https://www.baseljetzt.ch/zu-wenig-polizisten-das-aendert-sich-auch-mit-dem-heutigen-start-der-polizeischule-nicht/115584


+++POLIZEI SO
Dieb (27) droht, sich selbst zu verletzen – Polizei setzt Taser ein
In Wöschnau konnte die Polizei einen mutmasslichen Dieb anhalten. Der 27-Jährige drohte, sich selbst zu verletzen – und wurde schliesslich mittels Taser ausser Gefecht gesetzt.
https://www.20min.ch/story/woeschnau-so-dieb-27-droht-sich-selbst-zu-verletzen-polizei-setzt-taser-ein-776932054073


+++SPORT
Vorstoss im Kantonsrat: So soll Luzern Fangewalt und Polizeiressourcen reduzieren
Vorstoss zum Thema Fangewalt einreichen. (Bild: fcl.fan-fotos.ch/zvg )
Grüne-Kantonsrätin Rahel Estermann möchte die Fangewalt in Luzern minimieren und gleichzeitig die Polizeiressourcen reduzieren. Mit einem Vorstoss sollen andernorts bewährte Lösungsansätze ins Spiel gebracht werden.


+++RASSISMUS
ANTIRA-WOCHENSCHAU: Hetze auf Zypern, Ultrarechte in Europa, Ausschaffungsdialog mit Marokko
https://antira.org/2023/09/11/hetze-auf-zypern-ultrachrechte-in-europa-ausschaffungsdialog-mit-marokko/