Medienspiegel 5. September 2023

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel/

+++BERN
Schutz vor Verfolgung: Die zweite ICORN-Stipendiatin in Bern
Die Stadt Bern ist seit 2019 Mitglied der Non-Profit-Organisation «International Cities of Refuge Network (ICORN)». Im Rahmen des Programms «Writers in Exile» ermöglicht sie in Zusammenarbeit mit dem DeutschSchweizer Pen Zentrum den vorübergehenden Aufenthalt von jeweils einem im Ausland verfolgten Autor oder einer Autorin in der Hauptstadt. Nun ist die zweite ICORN-Stipendiatin in Bern angekommen.
https://www.bern.ch/mediencenter/medienmitteilungen/aktuell_ptk/schutz-vor-verfolgung-die-zweite-icorn-stipendiatin-in-bern


Motion Grüne: Keine unterirdischen Kollektivunterkünfte!
https://www.gr.be.ch/de/start/geschaefte/geschaeftssuche/geschaeftsdetail.html?guid=a4093324671f4d9fa36c85220f2b6f0d



hauptstadt.be 05.09.2023

Krieg im Kopf

Fast die Hälfte der in die Schweiz geflüchteten Menschen ist traumatisiert. Das Ambulatorium für Folter- und Kriegsopfer in Wabern behandelt besonders schwere Fälle.

Von Jana Schmid (Text) und Jana Leu (Bild)

In der Schweiz leben etwa 200’000 Personen, die hier irgendwann ein Asylgesuch gestellt haben. Studien zufolge kämpfen 40 bis 50 Prozent von ihnen mit psychischen Problemen, die auf Traumata zurückgehen (oder haben damit gekämpft).

1995 startete das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) in Bern als Pilotprojekt ein Therapiezentrum für Folteropfer. Eine Studie hatte zuvor ergeben, dass jede vierte Person, die damals in der Schweiz als Flüchtling anerkannt war, Folter erlebt hatte.

Heute heisst die Institution Ambulatorium für Folter- und Kriegsopfer SRK und liegt in Wabern.

Pro Jahr behandeln Psychiater*innen, Sozialarbeiter*innen und Psycholog*innen hier etwa 215 Menschen – Erwachsene und Kinder. Sie leiden unter schweren Folgen von Traumata, die sie aufgrund von Folter, Krieg und Flucht erlitten haben.

Neben dem Ambulatorium in Wabern gibt es in der Schweiz vier weitere Zentren mit vergleichbaren Angeboten. Zusammen bilden sie den Verbund «support for torture victims» und behandeln etwa 1’100 Personen jährlich.
-> https://www.torturevictims.ch/

Christine Heller leitet das Ambulatorium in Wabern seit zweieinhalb Jahren. «Nicht alle traumatisierten Menschen brauchen eine Therapie, wie wir sie anbieten», sagt sie. «Aber die Zahlen zeigen trotzdem: Der Bedarf ist viel grösser als unser Angebot.»

Das Ambulatorium muss immer wieder Aufnahmestopps verhängen. Auch aktuell nimmt es keine neuen Patient*innen auf. «Es fehlt an beidem: Fachkräften und Ressourcen», sagt Christine Heller. Einige der 16 Vollzeitstellen, die die Institution finanzieren könnte, sind vakant. Das ist angesichts des Fachkräftemangels in der Psychiatrie nicht erstaunlich. Doch selbst wenn die Stellen besetzt wären, könnten sie den Bedarf nach Therapien nicht abdecken, sagt Heller.

Kontrollverlust und Lebensstress

In Wabern landen nur komplexe Fälle. Menschen, die in ihrem Alltag stark eingeschränkt sind durch die Folgen von traumatischen Erlebnissen in ihrem Heimatland, im Krieg oder auf der Flucht, werden von Ärzt*innen an das Ambulatorium überwiesen. Dort führen Fachpersonen zusammen mit interkulturellen Dolmetschenden ein Erstgespräch.

Das Ambulatorium ist auf Menschen ausgerichtet, die keine Schweizer Landessprache beherrschen. «Die Arbeit mit Dolmetschenden ist bei uns zentral», sagt Heller. Denn sprachliche und kulturelle Hürden seien bei der sonstigen Gesundheitsversorgung – besonders im psychotherapeutischen Bereich – eine grosse Herausforderung. Die Leistungen von Dolmetschenden werden nicht von der Krankenkasse übernommen, und private Praxen könnten sich kaum leisten, sie beizuziehen, sagt Heller.

Wer nach dem Erstgespräch in ein Therapieprogramm aufgenommen wird, erhält eine spezifische Behandlung, die nicht nur psychotherapeutisch und psychiatrisch, sondern auch sozialarbeiterisch ausgerichtet ist.

Mirjam Ringenbach leitet das Sozialberatungsteam. «Ein Trauma bedeutet kompletten Kontrollverlust», sagt sie. «Es ist erwiesen, dass Stress und Unsicherheit im Leben danach ein grosser Risikofaktor für Folgeerkrankungen ist.»

Bei Geflüchteten sind solche Risikofaktoren fast schon vorprogrammiert. Einerseits durch die Flucht selbst, die Monate bis Jahre dauern und an sich traumatisch sein kann. Aber auch durch die Lebensumstände in der Schweiz: Kein soziales Umfeld, Unsicherheit über den Ausgang des Asylverfahrens, Kollektivunterkünfte ohne Rückzugsmöglichkeiten, keine Tagesstruktur.

Die Sozialberatung soll helfen, diese Stressfaktoren zu reduzieren. «Wir können zum Beispiel für eine Frau, die sexuelle Gewalt erlebt hat, eine Unterkunft suchen, die sie nicht primär mit Männern teilen muss», erklärt Ringenbach. «Solche Faktoren können stark beeinflussen, wie Menschen Erlebnisse verarbeiten können.»

Der interdisziplinäre Ansatz helfe auch den Mitarbeitenden: Dadurch, dass sie im Team an Fällen arbeiten, sei ein Austausch möglich. «Das hilft sehr, denn die Schicksale der Patient*innen sind oft unglaublich schwer», sagt Ringenbach. Die Arbeitsbelastung sei hoch. «Ich empfehle niemandem, diesen Job in einem Hundert-Prozent-Pensum zu machen.»

Psychische Gesundheit und Integration

Die psychische Gesundheit von Geflüchteten spiele bei der Integration eine grosse Rolle, sagt Christine Heller. «Idealerweise würde man zu Beginn des Asylverfahrens abklären, ob Betroffene Unterstützung benötigen», sagt sie. Das könnte verhindern, dass psychische Probleme chronisch werden.

Integration setze eine gewisse gesundheitliche Stabilität voraus. Wer etwa unter einer schweren posttraumatischen Belastungsstörung leide – der häufigsten Erkrankung unter den Patient*innen des Ambulatoriums –, könne sich teilweise unmöglich integrieren. Manchen falle es schwer, überhaupt aufzustehen, geschweige denn eine Sprache zu lernen, und viele seien stark misstrauisch gegenüber Behörden.

Mirjam Ringenbach sagt: «Doch auch wenn man den Bedarf nach Therapie im Asylverfahren besser abklärte – es würden aktuell die Ressourcen fehlen, sie auch anzubieten.» Sie findet, dass auch in der Regelversorgung, der Unterbringung und Betreuung von Geflüchteten stärker auf ihre psychische Gesundheit geachtet werden sollte. So würden weniger Personen eine Therapie benötigen.

Einander helfen

Corona und der Angriffskrieg auf die Ukraine hätten die Schweiz jedoch stärker auf das Thema sensibilisiert, sagt Christine Heller. Es seien neue Angebote entstanden.

Sie nennt etwa das Projekt «Spirit». Es vermittelt Geflüchteten mit eher leichten psychischen Problemen Ansprechpersonen in ihrer Muttersprache. Diese «Helpers» werden zu Laientherapeut*innen ausgebildet. Im Kanton Bern baut das Rote Kreuz Bern das Projekt gerade auf. Es wird vom Staatssekretariat für Migration mitfinanziert, wie auch der Verbund «support for torture victims».
-> https://www.srk-bern.ch/de/spirit-psychosoziale-unterstuetzung-in-verschiedenen-sprachen

Solche niederschwelligen Angebote seien in Zeiten der psychiatrischen Unterversorgung wichtig, sagt Christine Heller. «Bei unserer Arbeit sehen wir immer wieder, dass es Menschen trotz schwersten Schicksalen gelingt, hier ein Teil der Gesellschaft zu werden. Doch damit das möglich ist, müssen wir auch die richtigen Bedingungen schaffen.»
(https://www.hauptstadt.be/a/srk-ambulatorium-folteropfer-wabern)


+++SCHWEIZ
Die Schweiz und Marokko verstärken die Migrationszusammenarbeit
Die Schweiz und Marokko haben am Dienstag, 5. September, in Rabat einen Migrationsdialog eingeleitet. Damit bekräftigen beide Länder ihren Willen, die gute bilaterale Zusammenarbeit im Migrationsbereich weiter auszubauen und zu vertiefen. Diese neue Struktur ermöglicht es der Schweiz und Marokko, ausführliche technische Gespräche zu führen und ihre Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen der Migration zu verstärken.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-97621.html


Opfikon ZH: Vorwürfe nach Schlägerei in Richtung Polizei
Am Samstagabend kam es im Glattpark in Opfikon ZH zu einer Massenschlägerei. Mehrere Menschen wurden verletzt – sieben sogar schwer. Jetzt wird Kritik laut.
https://www.nau.ch/ort/kloten/opfikon-zh-vorwurfe-nach-schlagerei-in-richtung-polizei-66592290


St.Galler Politik will Eritreischen Extremismus stoppen
Am Wochenende fand in Oberuzwil eine Veranstaltung zum Gedenken des Unabhängigkeitskriegs in Eritrea statt. Diese musste aufgrund einer Eskalationsgefahr abgebrochen werden. Die Junge SVP SG fordert in einem Vorstoss den eritreischen Extremismus zu stoppen. Auch die SP fordert, dass genau hingeschaut wird.
https://www.tvo-online.ch/aktuell/st-galler-politik-will-eritreischen-extremismus-stoppen-153375766


Massenschlägerei in Opfikon: Warum die Schweiz regimetreue Eritreer kaum ausschaffen kann
Nach den Krawallen innerhalb der eritreischen Diaspora werden politische Forderungen laut. Auch die Behörden sind aufgerüttelt – aber ihnen sind die Hände gebunden. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
https://www.derbund.ch/massenschlaegerei-in-opfikon-warum-die-schweiz-regimetreue-eritreer-kaum-ausschaffen-kann-167710072979



aargauerzeitung.ch 05.09.2023

Eritreer-Konflikt: Martina Bircher (SVP) kritisiert Asyl für Regime-Unterstützer, Rolf Schmid (SP) spricht von einem unsicheren Land

In Zürich prügelten sich Unterstützer und Gegner des eritreischen Regimes. Das ist für die Aargauer SVP-Nationalrätin Martina Bircher der Beweis, dass die hohe Anerkennungsquote bei Asylsuchenden aus Eritrea nicht gerechtfertigt ist. Genau umgekehrt sieht es Rolf Schmid vom Verein Netzwerk Asyl Aargau.

Dominic Kobelt

In Oberuzwil sollte am Samstag trotz Warnungen der Behörden ein Eritrea-Festival zum Gedenken an den Beginn des Unabhängigkeitskriegs stattfinden. Teilnehmer aus der ganzen Schweiz waren angereist. Mehrere Dutzend Menschen aus Eritrea wollten das Fest, an dem sich Anhänger des Langzeit-Diktators Isaias Afewerki zusammenfinden, unterbrechen und verhindern. Dafür reisten auch sie aus der ganzen Schweiz an.

Danach verlagerte sich das Ganze nach Zürich: Hunderte Demonstranten lieferten sich Scharmützel mit den Afewerki-Anhängern. Menschen gingen mit Stöcken, Steinen und Fäusten aufeinander los, sodass die Polizei eingreifen musste. Sie trennte die beiden Gruppierungen schliesslich unter Einsatz von Tränengas und Gummischrot. Zwölf Personen wurden verletzt, drei festgenommen.

Martina Bircher plant Interpellation im Nationalrat

Die Asylstatistik des Bundes weist für Ende Juli schweizweit 8667 Personen aus Eritrea aus, die sich im Asylprozess befinden. Davon leben 482 im Aargau, 25 sind im Verfahrensprozess, 456 wurden vorläufig aufgenommen. Rund 200 Personen aus Eritrea sind in Aarburg untergebracht, wo SVP-Nationalrätin Martina Bircher Sozialvorsteherin ist. «Es leben mittlerweile fast 50’000 Eritreer in der Schweiz, die meisten haben eine Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung», betont sie.

Bircher wird aufgrund der Vorkommnisse vom Wochenende eine Interpellation einreichen. «Es wird immer argumentiert, Personen aus Eritrea bräuchten Schutz, weil sie vom Regime Repressionen zu befürchten hätten – jetzt zeigt sich, dass offenbar auch Regime-Befürwortern Asyl gewährt wurde.» Sie habe die hohe Anerkennungsquote bei Geflüchteten aus Eritrea schon lange kritisiert, so die SVP-Politikerin.

Genau umgekehrt klingt es auf der politischen Gegenseite, bei SP-Grossrat Rolf Schmid, dem Präsidenten des Netzwerks Asyl Aargau. «Die Auseinandersetzungen zeigen, dass Eritrea nicht das sichere Land ist, wie es uns gewisse politische Kreise weismachen wollen, die in diesem Zusammenhang immer von Wirtschaftsflüchtlingen reden.» Das Regime setze Repression, Folter und Gewalt ein, um Leute gefügig zu machen, und dies nicht nur bei Militärdienstverweigerern, erklärt Schmid.

Im Aargau endete eritreische Hochzeit in Massenschlägerei

Auch im Aargau kam es schon zu Auseinandersetzungen zwischen Eritreern. 2017 endete eine eritreische Party in einer Schlägerei und Messerstecherei, vier Personen wurden verletzt. Zur Auseinandersetzung kam es im Gemeinschaftszentrum Telli. Eine Kapo-Patrouille fand in der Nacht «diverse verletzte Personen sowie mehrere, teilweise betrunkene Eritreer vor», hiess es in der damaligen Medienmitteilung.

2016 endete eine eritreische Hochzeit mit einer Massenschlägerei: Das Brautpaar hatte an die 300 Hochzeitsgäste geladen. Am späteren Abend ging bei der Kantonspolizei Aargau eine anonyme Meldung ein, dass ein Streit anlässlich der Hochzeit zu einer Schlägerei geführt hatte. Die erste Polizeipatrouille vor Ort meldete, dass hinter dem Gemeindehaus von Rohr schätzungsweise 50 Personen in eine Schlägerei verwickelt seien und forderte Verstärkung an.

Polizei: Gründe für Eritreer-Schlägereien nicht immer klar

Der Honorarkonsul von Eritrea in der Schweiz, der Wettinger Arzt Toni Locher, sah damals Alkohol als Ursache. Doch sind im Aargau auch schon Regime-Befürworter und -Gegner aneinandergeraten? «Uns ist bisher nicht bekannt, dass es deswegen zu Auseinandersetzungen kam – ausschliessen können wir es aber nicht, weil die Gründe nicht immer völlig klar sind», sagt Corina Winkler, Sprecherin der Kantonspolizei. Man werde die Lage weiter im Auge behalten und die Mitarbeitenden entsprechend sensibilisieren, kündigt sie an.

Muss bei der Belegung von Asylunterkünften für Eritreer im Aargau die politische Einstellung berücksichtigt werden? «Der Kantonale Sozialdienst achtet bei der Belegung von Unterkünften so weit möglich auf eine gut funktionierende Zusammensetzung», erklärt Michael Hassler, Leiter Kommunikation beim Gesundheits- und Sozialdepartement. «Er erwartet aber zugleich von allen Personen im Asylbereich, dass sie die hiesigen Gesetze achten und Konflikte aus ihren Herkunftsländern nicht hier austragen.»
(https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/konflikt-eritreer-konflikt-martina-bircher-svp-kritisiert-asyl-fuer-regime-unterstuetzer-rolf-schmid-sp-spricht-von-einem-unsicheren-land-ld.2508430)



Peter Arbenz (1937–2023): Ein streitbarer Geist mit weitem Blick
Peter Arbenz ist am Sonntag 86-jährig gestorben. Er war ein vielseitig engagierter Mensch: Stadtrat in Winterthur, Flüchtlings¬delegierter des Bundes, Generalinspektor der UNO-Schutztruppen und Präsident von Helvetas.
https://www.derbund.ch/nachruf-auf-peter-arbenz-19372023-ein-streitbarer-geist-mit-weitem-blick-918774484586


+++EUROPA
Seit Januar 2023: Mehr als 500.000 Menschen beantragen Asyl in Europa – fast ein Drittel in Deutschland
Die Asylagentur der Europäischen Union verzeichnet weiter steigende Zahlen bei den Asylanträgen. Bis Ende des Jahres könnte die Millionenmarke geknackt werden. Dies war zuletzt 2015 und 2016 der Fall.
https://www.spiegel.de/politik/migration-eu-verzeichnet-halbe-million-asylantraege-in-europa-seit-januar-knapp-ein-drittel-in-deutschland-a-29128499-bb54-4ce6-9a5a-7c0b952ec407
-> https://www.zeit.de/politik/ausland/2023-09/asyl-eu-halbjahr?utm_campaign=ref&wt_zmc=sm.int.zonaudev.twitter.ref.zeitde.redpost.link.sf&utm_content=zeitde_redpost+_link_sf&utm_source=twitter_zonaudev_int&utm_medium=sm&utm_referrer=twitter


+++FREIRÄUME
Pilotprojekt Stadt Bern: Gegen sexualisierte Gewalt im Nachtleben
Im Nachtleben kommt es immer wieder zu sexualisierter Gewalt. Die Stadt Bern lanciert dehalb ein Pilotprojekt, zusammen mit fünf grossen Berner Clubs. Die Mitarbeitenden wurden geschult und haben überlegt, was in ihrem Clubs geändert werden kann, damit es weniger solche Vorfälle gibt.  (ab 01:41)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/pilotprojekt-stadt-bern-gegen-sexualisierte-gewalt-im-nachtleben?id=12448386
-> https://rabe.ch/2023/09/04/awareness-braucht-alle/


+++GASSE
Basler Zeitung 05.09.2023

Nach Installation der Videoüberwachung – Dreirosen-Insider: «Es kam erneut zu Vorfällen»

Die Verantwortlichen von Freizeithalle und Jugendtreff Dreirosen ziehen eine vorsichtige erste Bilanz, und diese sieht anders aus als noch vor zwei Wochen.

Tanja Opiasa

Als wir den Leiter der Basler Freizeithalle Dreirosen, Marc Moresi, das erste Mal kontaktieren, ist es Mitte August. Die Videoüberwachung, die die Basler Polizei aufgrund der Zunahme von Gewalt- und Drogendelikten auf dem Dreirosenareal installiert hat, ist zu diesem Zeitpunkt etwa eineinhalb Wochen alt. Für eine Bilanz ist es zwar noch früh, Moresi klingt dennoch zuversichtlich: Die Hemmschwelle scheine grösser, es zeichne sich eine gewisse Beruhigung ab.

Bereits bei unserer ersten Anfrage räumt Moresi jedoch ein, dass man dies nicht zwingend an der Neuinstallation festmachen könne, sondern dass dies verschiedene Ursachen haben könne. Unter anderem klettert das Thermometer auf über 30 Grad, und die Anlage sei nur wenig belebt. Ebenso wie die Basler Polizei, die auf Anfrage darauf verzichtet, erste Eindrücke im Umgang mit dem neuen Überwachungstool zu schildern, will auch Moresi für eine erste Bilanz noch zuwarten.

Zwei Wochen später scheinen sich Moresis Vorbehalte zu bestätigen. «In den letzten beiden Wochen hat sich das Bild etwas gewandelt. Es kam erneut zu Vorfällen, die wir auch bei der Polizei gemeldet haben», sagt er am Dienstag auf Anfrage der BaZ. Um was für Vorfälle es sich handle, darauf möchte Moresi nicht eingehen. Aber: «Es handelte sich dabei um Konfliktsituationen.» Inwiefern diese von der Polizei registriert wurden und ob sie Konsequenzen haben werden, sei ihm noch nicht klar.

Die Basler Polizei bestätigt auf Anfrage, dass es am «polizeilichen Hotspot» Dreirosen ständig zu «Vorfällen» komme, darum stehe ja die Videoüberwachung da. Eine erste Bilanz werde man rund einen Monat nach Inbetriebnahme ziehen, sagt Polizeisprecher Adrian Plachesi.

Auch Moresi weist darauf hin, das das Meeting mit diversen Involvierten rund um die Dreirosenanlage noch bevorstehe – die erneuten Vorfälle scheinen ihn dennoch nachdenklich zu stimmen: «Die erneuten Vorfälle sind ein Indiz für meine Befürchtungen, nämlich dass die Videoüberwachung nicht automatisch, sofort und in umfassendem Mass zur Besserung der Situation führt.»

Auch der Co-Leiter des Jugendtreffs Dreirosen, Manuel Raemy, ist im Austausch mit den Jugendlichen und am «Abtasten, wie diese die Situation einschätzen». Für Raemy zeichnet sich noch kein klares Bild ab, vielmehr erlebe er, wie unterschiedlich sich die Wahrnehmungen der Jugendlichen zeigten: «Die einen empfinden es als einschränkend, die anderen sind froh darum.»
(https://www.bazonline.ch/nach-installation-der-videoueberwachung-dreirosen-insider-es-kam-erneut-zu-vorfaellen-972745627120)


+++BIG BROTHER
Mehr Befugnisse für die Polizei: Bürgerliche stärken Sicherheitsdirektor Müller den Rücken
Das Berner Parlament heisst das teilrevidierte Polizeigesetz in sämtlichen Punkten gut. Die Ratslinke stiess mit ihren Bedenken auf wenig Gehör.
https://www.derbund.ch/revidiertes-polizeigesetz-grosser-rat-baut-videokompetenz-der-berner-kantonspolizei-aus-673816081545
-> https://www.baerntoday.ch/bern/stadt-bern/kanton-bern-kann-gemeinden-videoueberwachung-aufzwingen-153369799
-> https://www.neo1.ch/artikel/grosser-rat-baut-videokompetenz-der-berner-kantonspolizei-aus
-> https://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/213370/
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/pilotprojekt-stadt-bern-gegen-sexualisierte-gewalt-im-nachtleben?id=12448386
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/bkw-steigert-gewinn-und-verlangt-mehr-fuer-den-strom?id=12448563 (ab 02:59)
-> https://twitter.com/SicherheitBern/status/1699010466003984692
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/marschhalt-in-freiburg-bei-der-windenergie?id=12449238 (ab 07:49)


Revision des Polizeigesetzes: Videoüberwachung der Reitschule? Sicherheitsdirektor Nause zeigt sich skeptisch
Die Kantonsregierung soll in Zukunft Videoüberwachungen anordnen können – auch gegen den Willen der zuständigen Gemeinden. Gegner sehen einen gezielten Angriff auf die Reitschule in Bern. Das sagt der Stadt Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause dazu.
https://www.baerntoday.ch/bern/kanton-bern/videoueberwachung-der-reitschule-sicherheitsdirektor-nause-zeigt-sich-skeptisch-153373944


+++POLICE BE
derbund.ch 05.09.2023

Umstrittene Festnahme in Bern: Polizistenprozess endet in Frei- und Schuldspruch

Der eine handelte rechtmässig, der andere verwerflich: So beurteilt das Gericht das Verhalten zweier Polizisten bei einem aufsehenerregenden Einsatz.

Michael Bucher

Es kommt selten vor, dass sich Polizisten vor Gericht verantworten müssen. Noch viel seltener ist, dass sie für ihr Handeln verurteilt werden. Insofern geschieht am Dienstagnachmittag im stickigen Gerichtszimmer am Berner Regionalgericht höchst Ungewöhnliches. Einzelrichterin Andrea Gysi spricht einen Berner Polizisten wegen Amtsmissbrauchs und Tätlichkeit schuldig.

Sie verliest das Urteil in einer für Gerichtspersonen so typischen Nüchternheit – die im Gegensatz zur emotional aufgeladenen Debatte steht, die den Fall in den letzten zwei Jahren begleitet hatte. «Lasst doch die Polizisten ihre Arbeit machen!», empörte sich so manch einer in den Kommentarspalten dieser Zeitung.

Doch was, wenn es bei dieser Arbeit zu Machtmissbrauch kommt? Laut der Richterin passierte genau das. Bei aller Nüchternheit wählt sie deutliche Worte, wenn sie sagt: «Das Handeln war verwerflich und inakzeptabel.»

Absprache zwischen Polizisten?

Was war geschehen? Am frühen Morgen des 21. Juni 2021 greift eine Zweierpatrouille der Kantonspolizei auf dem Bahnhofplatz in Bern einen torkelnden Mann auf. Der 28-jährige Marokkaner hat keine Ausweise bei sich, jedoch mehrere Rauschmittel intus. Die Polizisten wollen ihn für eine Kontrolle auf den Polizeiposten mitnehmen. Hierfür legen sie ihm Handschellen an, woraufhin es zu einem Gerangel kommt. Bei der Festnahme kniet einer der Polizeibeamten auf den Hals- und Nackenbereich des Mannes.

Am Ende wird der Mann zu einem Kastenwagen der Polizei geführt. Hier kommt der nun verurteilte Polizist ins Spiel. Laut vier Zeuginnen und Zeugen wirft dieser den in Handschellen gelegten Mann «wie einen Kartoffelsack» in den Wagen, wo er mit dem Kopf aufschlägt. Bei den Zeugen handelte es sich um vier Mitarbeitende dieser Zeitung (der Verfasser dieses Artikels ist keiner von ihnen). Diese berichteten damals über die Festnahme, was schliesslich zum Strafverfahren führte.

Der beschuldigte Polizist bestritt stets, den – mittlerweile ausgeschafften – Marokkaner in den Wagen geworfen zu haben. Dieser sei beim Einsteigen gestolpert. Ein weiterer Polizist, der als Zeuge auftrat, behauptete dasselbe. Staatsanwalt Lukas Büttiker hielt dies in seinem Plädoyer jedoch für eine Schutzbehauptung. Sein Verdacht: Die beiden Polizisten haben sich abgesprochen.

So sieht es offenbar auch Richterin Gysi. Denn sie schenkt den «detaillierten und überzeugenden Aussagen» der vier unbeteiligten Zeuginnen und Zeugen mehr Glauben als den zwei Polizisten. «Es ist kein Grund ersichtlich, warum die Journalisten hier lügen sollten», sagt sie.

Der Festgenommene sei in schlechtem Zustand gewesen – und da in Handschellen, auch wehrlos. Dass so jemand «achtlos wie eine Ware» in einen Wagen geworfen werde, sei nicht hinnehmbar, so die Richterin. Sie verurteilt den 42-jährigen Polizisten schliesslich zu einer bedingten Geldstrafe von 110 Tagessätzen à 90 Franken – bei einer Probezeit von zwei Jahren. Hinzu kommen eine Busse von 600 Franken sowie ein Teil der Verfahrenskosten von über 10’000 Franken, die er bezahlen muss.

«Es zeigt, dass zu Recht ein Strafverfahren geführt wurde», sagt Rechtsanwalt Dominic Nellen, der Vertreter des Opfers, «mein Mandant ist zufrieden, dass es mit der Verurteilung ein starkes Zeichen gab.» Ganz anders sieht es Sarah Schläppi, die Anwältin des verurteilten Polizisten: «Ich bin enttäuscht, wie wenig Wert das Wort von zwei Polizisten hat.» Ob sie und ihr Mandant das Urteil weiterziehen, kann sie noch nicht sagen.

Philippe Müller zeigt sich erleichtert

Doch die Festnahme endet nicht nur mit einer Verurteilung, sondern auch mit einem Freispruch. Dieser betrifft einen anderen Polizisten, der ebenfalls angeklagt war. Er war es, der die Festnahme durchführte und dabei kurzzeitig mit dem Knie im Halsbereich des Mannes verharrt hatte. Der 37-jährige Polizeibeamte wehrte sich vehement gegen die Anschuldigung, überhart vorgegangen zu sein. Es sei ein dynamisches Geschehen gewesen, er sei sicher nicht absichtlich auf den Nacken des Mannes gekniet.

Die Festnahme an sich beurteilt die Richterin denn auch als rechtmässig. Der Mann habe sich schliesslich gegen die Fesselung gesperrt. Die Fixierung mit dem Knie – die etwas über eine Minute gedauert haben soll – stuft die Richterin jedoch als zu hart ein. Zum Freispruch kommt es deshalb, weil laut ihr nicht erwiesen ist, ob der Polizist dabei Druck ausübte und ob er vorsätzlich handelte.

Nach dem rund einstündigen Verlesen des Urteils atmet der Freigesprochene erstmals auf. In den Gerichtssaal begleitet haben ihn rund ein Dutzend Dienstkollegen. Der Urteilsverkündung beigewohnt hat auch Manuel Willi, der Chef der Regionalpolizei Bern.

Gegen Abend gibt dann Sicherheitsdirektor Philippe Müller (FDP) via Medienmitteilung ein kurzes Statement ab. Er zeigt sich primär erleichtert über den Freispruch des Polizisten, der die Festnahme durchführte. Denn dieser sei stets im Vordergrund der Kritik gestanden. Doch was passiert mit dem erstinstanzlich schuldig gesprochenen Polizisten? «Die Kantonspolizei und die Sicherheitsdirektion werden das Urteil analysieren und die nötigen Schlüsse daraus ziehen», meint Müller dazu.
(https://www.derbund.ch/umstrittene-festnahme-in-bern-gericht-verurteilt-nur-einen-polizisten-627339069427)

-> https://www.baerntoday.ch/bern/stadt-bern/polizist-wegen-zu-grobem-einsatz-in-bern-verurteilt-153369775
-> https://www.be.ch/de/start/dienstleistungen/medien/medienmitteilungen.html?newsID=caa84a7d-bf76-42af-89a5-d46a7b328feb
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/urteil-im-polizeigewalt-fall-153375146


+++POLIZEI BL
Vertrauliche Infos ausgeplaudert: Strafbefehl gegen Polizisten
Ein Baselbieter Polizist gab Freunden und Bekannten immer wieder vertrauliche Infos aus Polizeidatenbanken weiter. Wegen mehrfacher Amtsgeheimnisverletzung erhielt er nun eine bedingte Geldstrafe.
https://www.bzbasel.ch/basel/baselland/vertrauliche-infos-ausgeplaudert-strafbefehl-gegen-polizisten-ld.2509197
-> https://www.bazonline.ch/amtsgeheimnis-verletzt-baselbieter-polizist-gab-heikle-informationen-an-bekannte-weiter-283891010495


+++POLICE GE
Mutmassliches Delikt – Genfer Polizist und Kontrollbehörde unter Verdacht
Ein Genfer Polizist soll eine Prostituierte vergewaltigt und bedroht und das Kontrollorgan seine Pflicht verletzt haben.
https://www.srf.ch/news/schweiz/mutmassliches-delikt-genfer-polizist-und-kontrollbehoerde-unter-verdacht
-> https://www.watson.ch/schweiz/justiz/168875851-genfer-justiz-leitet-ermittlungen-gegen-polizisten-ein
-> https://www.blick.ch/schweiz/westschweiz/genf/verfahren-in-genf-eroeffnet-prostituierte-wirft-polizist-sexuellen-uebergriff-vor-id18910948.html
-> Schweiz Aktuell:
https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/genf-prostituierte-wirft-polizist-sexuellen-uebergriff-vor?urn=urn:srf:video:e140dd35-36da-4f59-ad09-c3993eece3d6
-> https://www.watson.ch/schweiz/verbrechen/100851007-prostituierte-ueber-genfer-polizist-er-haette-mich-getoetet


+++FRAUEN/QUEER
Feldweibel wegen Schwulenfeindlichkeit verurteilt – Bundesrat will homophobe Vergangenheit des Militärs aufarbeiten
Homophobe Sprüche werden in der Armee auch im Jahr 2023 geklopft. In einem krassen Fall wurde jetzt ein Feldweibel verurteilt. Und schon bald könnte sich die Frage stellen: Muss die Schweiz schwule Armeeangehörige, die diskriminiert wurden, finanziell entschädigen?
https://www.luzernerzeitung.ch/schweiz/armee-feldweibel-wegen-schwulenfeindlichkeit-verurteilt-bundesrat-will-homophobe-vergangenheit-des-militaers-aufarbeiten-ld.2421454


+++JENISCHE/SINTI/ROMA
bzbasel.ch 05.09.2023

Dauernder Aufenthalt für Fahrende: Baselland ist Basel-Stadt voraus

Bald wird es im Baselbiet für Fahrende möglich sein, dauernd auf einem Standplatz zu leben. In Basel-Stadt ist die Dauer jedoch auf höchstens sechs Monate beschränkt.

Dimitri Hofer

Rund 2000 bis 3000 Jenische, Sinti und Roma pflegen in der Schweiz eine nomadische Lebensweise. Die beiden Basel bieten den Fahrenden mehrere Plätze, an denen sie vor allem den Winter verbringen können. Dennoch besteht noch immer Nachholbedarf: Über einen langfristigen, definitiven Standplatz für den dauernden Aufenthalt verfügen weder Baselland noch Basel-Stadt.

Das Baselbiet befindet sich jedoch auf dem Weg dorthin: In Füllinsdorf geht ab Oktober ein vorübergehender Standplatz mit zehn Stellflächen à 200 Quadratmeter in Betrieb. Dies teilte der Kanton am vergangenen Freitag mit.

Der Platz soll Fahrenden während drei bis fünf Jahren zur Verfügung stehen, bis der Kanton Baselland einen definitiven Standort für einen Standplatz gefunden hat. Die Übergangslösung ergänzt die beiden bestehenden Durchgangsplätze in Liestal und in Wittinsburg. Bei diesen Plätzen ist die Aufenthaltsdauer auf 30 Tage beschränkt.

Wunsch nach weiteren Standplätzen

Doch weshalb muss der Kanton Baselland auf ein Provisorium setzen? «Der Kanton hat bereits mehrere mögliche Standorte geprüft, diese erfüllten jedoch die Anforderungen nicht», sagt Andrea Bürki, Sprecherin der Baselbieter Bau- und Umweltschutzdirektion. «Ein Standplatz muss ungefähr 3500 Quadratmeter gross sein, dabei muss es sich um kantonseigenes Land handeln und muss gut erschlossen sein. Das Land sollte sich in einer mittelgrossen Gemeinde befinden.» Im unteren Kantonsteil verfüge der Kanton nicht über Land, das diese Kriterien erfüllt.

Die Chancen stehen deshalb gut, dass der endgültige Standplatz dereinst nicht im Unterbaselbiet zu stehen kommt. Auch wenn der definitive Standort noch nicht gefunden wurde, sagt Simon Röthlisberger: «Der Umgang mit Fahrenden ist im Baselbiet vorbildlich. Es gibt konkrete Verbesserungen.» Der Geschäftsführer der Stiftung Zukunft für Schweizer Fahrende lobt vor allem den Durchgangplatz in Wittinsburg, der im Jahr 2021 saniert wurde.

Abgesehen von den Anforderungskriterien und der langen Realisierungszeit von Bauprojekten sieht Röthlisberger einen weiteren Grund, weshalb Standplätze für Fahrende manchmal schwer zu finden sind: «Aus der Bevölkerung sind nicht selten Ressentiments und Vorurteile zu spüren.»

Konstant hohe Nachfrage in Basel-Stadt

In der gesamten Schweiz existieren derzeit 16 Standplätze für Fahrende. «Um den Bedürfnissen gerecht zu werden, bräuchte es rund 20 Standplätze mehr», sagt Röthlisberger. Für die Nordwestschweiz, wo sich derzeit nur in Spreitenbach ein Standplatz befindet, wünscht er sich ebenfalls weitere Standplätze. Mit demjenigen in Füllinsdorf, auch wenn dieser auf fünf Jahre beschränkt ist, kommt in wenigen Monaten einer hinzu.

Während das Baselbiet bald über drei grössere Plätze für Fahrende verfügt, ist im Nachbarkanton noch immer bloss einer vorhanden. Aus Platzgründen habe man in Basel-Stadt «nur» einen Platz, schreibt Sarah Schmid, Kommunikationsverantwortliche beim Basler Bau- und Verkehrsdepartement. Der Fahrendenplatz an der Friedrich-Miescher-Strasse bietet Fahrenden im Winter die Möglichkeit eines Aufenthalts von bis zu sechs Monaten. Schmid sagt: «Die Nachfrage nach Plätzen ist konstant hoch.»
(https://www.bzbasel.ch/basel/baselland/neuer-standplatz-dauernder-aufenthalt-fuer-fahrende-baselland-ist-basel-stadt-voraus-ld.2508417)


+++RASSISMUS
Nach den Vorwürfen gegen jüdisch orthodoxe Gäste in Davos kam es gestern zu einer Aussprache zwischen dem Direktor von Davos Klosters Tourismus und dem Generalsekretär des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-ostschweiz/kommission-lehnt-strategie-fuer-die-st-galler-berufsschulen-ab?id=12448392
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-graubuenden/strom-in-graubuenden-ist-trotz-aufschlag-vergleichsweise-guenstig?id=12449160 (ab 04:48)
-> https://www.derbund.ch/aussprache-in-davos-an-der-stark-belasteten-situation-in-davos-wird-sich-so-schnell-nichts-aendern-355451149260



solothurnerzeitung.ch 05.09.2023

Vortragsreihe zu Rassismus und Diskriminierung an der Kanti Solothurn ruft SVP-Kantonsrat auf den Plan

Die Kantonsschule Solothurn hat ein Jahr der Antidiskriminierung ausgerufen. Die Schülerinnen und Schüler müssen auch obligatorisch an zwei Veranstaltungen zum Thema teilnehmen. Verletzt das das Gebot des politisch neutralen Unterrichts?

Urs Moser

Auf Initiative der von aktiven Schülerinnen und Schülern und Ehemaligen gegründeten Gruppe «wirundjetzt» hat die Kantonsschule Solothurn ein Jahr der Antidiskriminierung ausgerufen. Das Projekt setzt den Fokus auf Rassismus, Sexismus und Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung.

Das Thema wird auch Regierung und Parlament beschäftigen, vielleicht bereits in der am Dienstag beginnenden Septembersession. Dass die Schülerinnen und Schüler obligatorisch zwei von «wirundjetzt» organisierte Vorträge besuchen müssen und dafür vom regulären Unterricht dispensiert werden, stösst SVP-Kantonsrat Matthias Borner sauer auf. Er reicht dazu eine Interpellation mit dem Titel «Woke Agenda an der Kantonsschule Solothurn?» ein, für die er dringliche Behandlung verlangt.

Borner sieht die Grundsätze der Glaubens- und Gewissensfreiheit und der politischen Neutralität der Schule potenziell gefährdet, beim ordentlichen Behandlungsweg für seinen Vorstoss könne nicht mehr reagiert werden, begründet er die Dringlichkeit. Damit ist implizit wohl die Forderung verbunden, die Veranstaltungsreihe abzublasen oder der Kantonsschule zumindest zu untersagen, den Besuch als obligatorisch zu erklären.

Jein, sagt Matthias Borner allerdings selbst. Ob entsprechender Handlungsbedarf besteht, sei erst aufgrund der Beantwortung seiner Fragen durch den Regierungsrat zu beurteilen. Aber ja: So wie die Sache daherkomme, erwecke sie schon den Anschein einer politischen Schlagseite und müsste in diesem Fall unterbunden werden.

Anstoss soll aus der Schülerschaft kommen

Was Borner unter anderem stört, ist die Verbindung der verschiedenen Themenbereiche. Wer zum Beispiel mit der Genderdebatte nicht viel anfangen kann, werde so gleich auch als schwulenfeindlich und rassistisch hingestellt. Er sei übrigens aus Kreisen der Schülerschaft auf das Obligatorium zum Besuch der Veranstaltungen angesprochen worden, die genau aus diesem Grund Hemmungen hätten, sich offen dagegen zu äussern.

Borner richtet nun einen Katalog von nicht weniger als 16 Fragen an die Regierung. Wie die politische Neutralität sichergestellt werde, ob die Eltern minderjähriger Schülerinnen und Schüler über das Projekt informiert wurden, wie viele Lektionen zur Vermittlung des obligatorischen Schulstoffs ausfallen und ob der Inhalt der Vorträge einer qualitativen Überprüfung unterzogen worden sei, will er unter anderem wissen.

Die Gruppe «wirundjetzt» arbeitet bei der von ihr initiierten Veranstaltungsreihe mit der feministischen Organisation «Brava» (setzt sich gegen Gewalt gegen Frauen ein), dem Verein «Milchjugend» (Jugendorganisation für Lesbische, Schwule, Bi-, Trans-, Inter- und Asexuelle und «alle dazwischen und ausserhalb») und der Beratungsstelle «Frabrina» für das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Nationalität und Kultur zusammen.

Manchmal herrscht «eine gewisse Unbedarftheit»

Das Konzept für die Vorträge habe der Schulleitung vorgelegt werden müssen, sagt Stefan Zumbrunn, Rektor der Kantonsschule Solothurn. Man habe Wert darauf gelegt, dass es um eine grundsätzliche Behandlung der Themenbereiche Rassismus und Diskriminierung geht und nicht um Debatten zum Beispiel zur Verwendung des Gendersterns.

Die Themen hätten durchaus eine Relevanz, auch wenn Zumbrunn nicht glaubt, dass man an der Kanti Solothurn grundsätzlich ein Problem mit geschlechterspezifischer Diskriminierung oder rassistischer Gesinnung hat, wie es auf der Homepage der Gruppe «wirundjetzt» den Anschein macht, wo von «täglich verschiedenen Vorfällen» die Rede ist. Er denkt eher, dass im Umgang damit manchmal eine gewisse Unbedarftheit herrsche, weshalb man zur Sensibilisierung beitragen möchte.
(https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/kanton-solothurn/woke-agenda-vortragsreihe-zu-rassismus-und-diskriminierung-an-der-kanti-solothurn-ruft-svp-kantonsrat-auf-den-plan-ld.2508437)


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
bzbasel.ch 05.09.2023

Rimoldi kommt nach Basel – trinationale Demo am Wahlwochenende geplant

Mehrere massnahmen- und staatskritische Bewegungen wollen in Basel, Weil am Rhein und Huningue demonstrieren. Die Kundgebung soll am Vortag der nationalen Wahlen stattfinden – sofern die nötigen Bewilligungen erteilt werden.

Helena Quarck

Am Samstag vor den Gesamterneuerungswahlen werden in den Basler Strassen wahrscheinlich wieder die Schellen läuten. Zu Gast werden am 21. Oktober zwar keine Kühe sein, aber dafür eine Gruppe Freiheitstrychler. Die Demonstrierenden wollen über die Landesgrenzen hinaus und zum ersten Mal eine Dreiland-Demo auf die Beine stellen.

Begleitet werden sie von Mitgliedern der massnahmenkritischen Bewegung «Mass-Voll», welche in zehn Kantonen nun den Sprung ins Bundeshaus versucht, und von kleineren, weniger bekannten Gruppierungen. Darunter «Die Friedenskette», die Bewegung «Lauter Protest» aus St. Gallen, das Netzwerk «Aletheia» und die «Freunde der Verfassung». Dieses Mal soll zudem eine deutsche Organisation aus Freiburg dabei sein.

Kernanliegen der Demo sind: «Frieden, Freiheit und Souveränität». Konkret fordern sie Aufmerksamkeit für «ignorierte Impfkranke», keine Waffenlieferungen in die Ukraine und die «Entmächtigung von internationalen Organisationen».

Ihre Anliegen würden über Grenzen gehen

«Unsere Anliegen sind global», meint Mario Della Giacoma. Er ist Basler Nationalratskandidat für «Mass-Voll» und organisiert die bevorstehende Demonstration. Eine grenzüberschreitende Kundgebung sei schon seit langer Zeit in Planung: Man habe den Versuch schon im Juni dieses Jahres gestartet und habe die Demo jedoch wegen organisatorischer Gründe verschieben müssen, so Della Giacoma.

Nun könnte es bald zur trinationalen Demo kommen, sofern die Bewilligungen ausgestellt werden. «Wir haben von Polizisten aus Basel und Weil am Rhein bereits eine mündliche Zusage erhalten», erklärt Della Giacoma. Gleichzeitig habe die Polizei bereits grünes Licht für das Werben der Demonstration gegeben, da der Bewilligung «nichts mehr im Weg stehe».

Bewilligung in Basel fehlt

Die Kantonspolizei Basel-Stadt kann diese Aussage auf Anfrage nicht bestätigen. «Es muss ein Missverständnis gewesen sein», so die Polizei. Man habe zwar einen Antrag erhalten und sei mit den Antragstellenden in Kontakt, jedoch sei bisher noch keine definitive Bewilligung erteilt worden.

Die Stadtverwaltung Weil am Rhein bestätigt hingegen die Anmeldung der Dreiland-Demo. Anfang Oktober werde jedoch entschieden, welche Auflagen dazu erlassen werden. Aus Huningue erhielt die bz bisher keine Antwort.

Das Wahlwochenende war ein Zufall

Der Zeitpunkt der Demonstration kurz vor den nationalen Wahlen sei reiner Zufall gewesen, so Della Giacoma. Das sei für ihn jedoch ein glückliches Versehen: «Mass-Voll»-Chef und Nationalratskandidat Nicolas A. Rimoldi werde an der Demonstration eine Ansprache halten. «So können wir ihm eine Werbeplattform bieten», meint Della Giacoma.

Bezüglich des politisch aufgeladenen Zeitpunkts der Demo sieht die Basler Kantonspolizei kein zusätzliches Risiko für Ausschreitungen und Unruhe.
(https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/demonstration-rimoldi-kommt-nach-basel-trinationale-demo-am-wahlwochenende-geplant-ld.2508389)


+++HISTORY
Alles ein bisschen geheim
Was bedeutet Wohlstand, wer ist der Mulo und warum weinen keine Schande ist: Im Dokfilm Ruäch – Eine Reise ins jenische Europa gibt es viel zu lernen. Auch über den skandalösen Umgang der Schweiz mit den Jenischen.
https://www.saiten.ch/alles-ein-bisschen-geheim/


Wie ein Obskurant aus Wien Runen zu Symbolen der Nazis machte
„Himmlers Rasputin“: Ein SS-Mann aus Wien erfand die Schwarze Sonne, nachdem er Jahre in einer Nervenheilanstalt verbracht hatte
https://www.derstandard.at/story/3000000185001/wie-ein-obskurant-aus-wien-runen-zu-symbolen-der-nazis-machte