Medienspiegel 19. Mai 2023

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel/

+++SCHWEIZ
Asylstatistik April 2023
Im April 2023 wurden in der Schweiz 1651 Asylgesuche registriert, 242 weniger als im Vormonat (-12.8 %). Gegenüber April 2022 ist die Zahl der Asylgesuche um 383 gestiegen. Wichtigste Herkunftsländer waren die Türkei und Afghanistan. Im April wurde zudem 1209 aus der Ukraine geflüchteten Personen der Schutzstatus S erteilt.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-95232.html


Ukrainische Geflüchtete: Staatssekretariat für Migration meldet tiefste Zahl bei Schutzstatus S seit Kriegsausbruch
Im April hat die Schweiz den Schutzstatus S 1209 Mal für schutzbedürftige Personen aus der Ukraine gewährt. Das ist die tiefste Zahl seit Kriegsausbruch, wie das Staatssekretariat für Migration (SEM) am Freitag mitteilte.
https://www.baerntoday.ch/schweiz/staatssekretariat-fuer-migration-meldet-tiefste-zahl-bei-schutzstatus-s-seit-kriegsausbruch-151602918


Illegal über die Schweizer Grenze: Unterwegs mit Grenzwächtern – 10vor10
Nach wie vor versuchen viele Menschen illegal in die Schweiz zu gelangen, vor allem über die Grenze in der Ostschweiz und im Tessin. Meist sind dabei Schlepper am Werk. Wie die Grenzwächterinnen und Grenzwächter im Tessin vorgehen – die Reportage.
https://www.srf.ch/play/tv/10-vor-10/video/illegal-ueber-die-schweizer-grenze-unterwegs-mit-grenzwaechtern?urn=urn:srf:video:535367d9-52a1-4ad2-b23e-21220f5fe49d



limmatttalerzeitung.ch 19.05.2023

Massiv mehr Asylgesuche aus der Türkei – Flüchtlingszahlen aus der Ukraine gehen deutlich zurück

Die neusten Asylzahlen bringen überraschende Befunde. Der Druck auf die Schweiz steigt – nicht zuletzt wegen des Aufnahmestopps in Italien. Da das Nachbarland keine Dublin-Fälle mehr zurücknimmt, muss die Schweiz bereits 73 Asylverfahren übernehmen.

Samuel Thomi

Im April sind in der Schweiz 1651 Asylgesuche eingereicht worden. Das sind zwar 242 oder knapp 13 Prozent weniger als im Vormonat, wie das Staatssekretariat für Migration (SEM) am Freitag mitteilt. Gegenüber dem Vorjahresmonats ist die Zahl der Asylgesuche jedoch um 383 gestiegen.

Wichtigste Herkunftsländer der Migrantinnen und Migranten im vergangenen Monat waren einmal mehr die Türkei (412 Gesuche, 41 mehr als im März), Afghanistan (279 Gesuche; –89) und Eritrea (132 Gesuche; –66). Laut SEM ist die Zahl der hängigen Asylfälle im vergangenen Monat ebenfalls leicht gesunken, nämlich um 192 auf noch 11’780 offene Gesuche.

Baume-Schneider senkt Prognose

Zusätzlich zu den eigentlichen Asylfällen ist im April 1209 aus der Ukraine geflüchteten Personen der Schutzstatus S erteilt worden, wie das SEM weiter schreibt. Das ist die tiefste Zahl seit dem Angriff Russlands auf sein Nachbarland. In 11’204 Fällen wurde der Schutzstatus S seit Ausbruch des Ukraine-Krieges bereits beendet. Per Ende April hatten diesen damit laut SEM insgesamt 65’644 Ukrainerinnen und Ukrainer in der Schweiz.

Trotzdem spitzt sich die Lage im Asylbereich für Bund, Kantone und Gemeinden damit unter dem Strich weiter zu. Noch Anfang Jahr rechnete der Bund mit 24’000 bis 40’000 neuen Asylgesuchen. Zum Vergleich: Vergangenes Jahr zählte die Schweiz knapp 25’000 Asylgesuche. Inzwischen hat Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider die Zahlen für 2023 allerdings etwas eingegrenzt und geht noch «von 27’000 bis 30’000 Personen» aus. Aber Prognosen blieben in diesem Bereich extrem schwierig.

So haben bereits im März knapp 1900 Personen und damit deutlich mehr Migrantinnen und Migranten in der Schweiz ein Asylgesuch eingereicht. Dazu kommt der Aufnahmestopp in Italien: Der südliche Nachbar weigert sich seit Dezember, Geflüchtete zurückzunehmen, die bereits bei ihrer Reise durchs Belpaese ein Asylgesuch gestellt haben.

Betroffen von diesem Aufnahmestopp der neuen italienischen Regierung sind die Schweiz und alle anderen Dublin-Staaten. Der Bundesrat setze sich bilateral und auf internationaler Ebene für ein Ende des Aufnahmestopps ein, wie es in am Freitag publizierten Antworten auf Vorstösse aus dem Parlament heisst.

Bundesrätliche Lobbying-Offensive

So habe Aussenminister Cassis das Anliegen kürzlich bei einem Treffen in Rom angesprochen und Justizministerin Baume-Schneider bei einem Treffen von EU-Spitzenpolitikern in Brüssel. Und die SP-Politikerin plant laut der Antwort auf SVP-Vorstösse aus dem Parlament, den Aufnahmestopp Italiens «vor der Sommerpause» erneut bei einem bilateralen Treffen in Rom auf die politische Agenda zu hieven.

Können aufgrund eines Dublin-Verfahrens abgewiesene Migranten nämlich nicht innert sechs Monaten überstellt werden, muss für sie in der Schweiz ein nationales Asylverfahren durchgeführt werden. Aufgrund des anhaltenden italienischen Aufnahmestopps dürfte dies also noch eine Weile so bleiben, wie die zuständige Bundesrätin Anfang Monat erklärte: «Ich sehe jedenfalls keine Anzeichen dafür, dass sich etwas bewegt», sagte Elisabeth Baume-Schneider zur NZZ.

Schweiz muss bereits 73 «italienische» Fälle übernehmen

Der Druck an Italiens Südgrenze sei enorm, so Baume-Schneider weiter, weshalb die Haltung teilweise verständlich sei. Sie plädiert darum für stärkere Grenzkontrollen. Denn viele Migrantinnen und Migranten kämen aus ökonomischen Gründen nach Europa und hätten folglich kein Recht auf Asyl.

Die Schweiz hat laut der Justizministerin Italien bereits in rund 300 Fällen um eine Rücknahme ersucht. Allerdings vergeblich. Wie ein SEM-Sprecher am Freitag auf Anfrage von CH Media sagt, ist die Zuständigkeit des Asylverfahrens inzwischen in 73 Fällen auf die Schweiz übergegangen. Zum Vergleich: Noch Anfang Monat hatte diese Zahl laut Baume-Schneider bei «rund 30 Fällen» gelegen.

SVP will Druck auf Italien verstärken

Nichts wissen will der Bundesrat folglich von der Forderung von Lega-Politiker Lorenzo Quadri, das Dublin-Abkommen «zumindest so lange» zu sistieren, bis Italien seinen Rücknahme-Verpflichtungen wieder nachkommt. Der Nationalrat politisiert in Bundesbern in der SVP-Fraktion.

Wie es in der am Freitag veröffentlichten Antwort auf die Interpellation des Tessiners heisst, erachtet der Bundesrat die für diesen Schritt nötige «schwerwiegende Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit» nicht als gegeben. Allerdings verdeutliche die einseitig erklärte Sistierung durch Italien, dass das Schengen-Dublin-System reformiert werden müsse.

Laut den am Freitag veröffentlichten Zahlen haben im April 1317 Personen die Schweiz kontrolliert verlassen, wurden in ihr Herkunftsland oder einen Drittstaat rückgeführt. Laut SEM hat die Schweiz bei 753 Personen einen anderen Dublin-Staat um Übernahme angefragt und 127 Personen konnten in den zuständigen Dublin-Staat überführt werden. Gleichzeitig wurde die Schweiz von anderen Dublin-Staaten um Übernahme von 264 Personen ersucht und 26 Personen wurden in die Schweiz überstellt.
(https://www.limmattalerzeitung.ch/news-service/inland-schweiz/fluechtlinge-massiv-mehr-asylgesuche-aus-der-tuerkei-fluechtlingszahlen-aus-der-ukraine-gehen-deutlich-zurueck-ld.2460347)


+++DEUTSCHLAND
Effizient und dezent: Das ICMPD
Das „Internationale Zentrum für Migrationspolitikentwicklung“ – kurz das ICMPD, hat sich ein Motto auf die Fahne geschrieben: Gute Ausländer rein, schlechte Ausländer Zaun!
https://www.zdf.de/comedy/zdf-magazin-royale/zdf-magazin-royale-vom-19-mai-2023-102.html


+++ÖSTERREICH
EU-Außengrenze: Österreich hofft auf deutsche Unterstützung bei Verschärfung der Asylpolitik
Ein schärferer Grenzschutz und Asylzentren bereits in Drittstaaten werden in der EU seit Jahren diskutiert, vor allem Wien drängt darauf. Innenminister Karner fordert nun mehr Unterstützung aus Berlin.
https://www.spiegel.de/ausland/oesterreich-gerhard-karner-hofft-auf-deutschland-bei-verschaerfung-der-asylpolitik-a-43834467-d45b-42f5-aa98-cff94553bb27


+++IRLAND
Hunderte Migranten leben in Irland auf der Strasse
Weil staatliche Unterkünfte knapp sind, leben im EU-Land Irland mehrere Hundert Asylbewerber auf der Strasse. Mehr als 500 Menschen – doppelt so viele wie noch im März – könnten derzeit nicht untergebracht werden.
https://www.watson.ch/international/migration/595293471-hunderte-migranten-leben-in-irland-auf-der-strasse
-> https://www.nau.ch/politik/international/hunderte-migranten-leben-in-irland-auf-der-strasse-66498538


+++GRIECHENLAND
Wie Flüchtlinge auf Lesbos entführt und im Meer ausgesetzt werden
Laut „New York Times“-Recherchen, die auf einem Video eines österreichischen Flüchtlingshelfers basieren, werden Asylsuchende von griechischen Inseln auf Life-Boats in die Türkei zurückgetrieben
https://www.derstandard.at/story/2000146496372/wie-fluechtlinge-auf-lesbos-entfuehrt-und-im-meer-ausgesetzt-werden
-> https://www.spiegel.de/ausland/griechenland-video-dokumentiert-illegalen-pushback-lueckenlos-a-eab88940-0411-4ca0-890e-e18c38442f9f
-> https://www.derbund.ch/griechische-kuestenwache-setzt-familien-auf-offener-see-aus-988844023485


+++EUROPA
»EU und Bundesregierung wollen Migration verhindern«
Brüssel und Berlin planen Verlagerung von Asylverfahren vor EU-Außengrenzen. Ein Gespräch mit Joachim Kerth-Zelter
https://www.jungewelt.de/artikel/451129.einwanderungspolitik-eu-und-bundesregierung-wollen-migration-verhindern.html


International Centre for Migration Policy Development (ICMPD) Die Migrations-Manager
Wie eine kaum bekannte Organisation fernab von öffentlicher Kontrolle Europas Migrationspolitik mitgestaltet.
https://fragdenstaat.de/blog/2023/05/19/icmpd-die-migrations-manager/


Effizient und dezent: Das ICMPD
Das „Internationale Zentrum für Migrationspolitikentwicklung“ – kurz das ICMPD, hat sich ein Motto auf die Fahne geschrieben: Gute Ausländer rein, schlechte Ausländer Zaun!
https://www.zdf.de/comedy/zdf-magazin-royale/zdf-magazin-royale-vom-19-mai-2023-102.html


+++KENIA
LGBTI* im Flüchtlingslager Kakuma nicht sicher
LGBTI*-Personen, die als Asylsuchende und Flüchtlinge in einem der grössten Flüchtlingslager Kenias leben, sind dort nicht sicher. Sie sind immer wieder Hassverbrechen, Gewalt – auch Vergewaltigungen – und anderen schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt, erklären die NGO National Gay and Lesbian Human Rights Commission (NGLHRC) und Amnesty International in einem gemeinsamen Bericht.
https://www.amnesty.ch/de/laender/afrika/kenia/dok/2023/lgbti-im-fluechtlingslager-kakuma-nicht-sicher


++++GASSE
Hier erhältst du für 50 Rappen einen Witz oder ein Rezept
Durch Berns Westen tourt derzeit ein sogenannter Autormat. Dieser bietet vergessenen Schriftstellerinnen und Schriftstellern eine Plattform – aber auch unentdeckten Talenten.
https://www.20min.ch/story/dieser-automat-sagt-dir-wie-du-gluecklich-wirst-638939128133


Bern ist am geizigsten
Sozialhilfe – Wie viel Geld braucht ein Mensch zum Leben? Diese Frage müssen die Kantone bei der Festsetzung der Sozialhilfeleistungen beantworten. Der Kanton Bern hat schweizweit die niedrigsten Beiträge.
https://journal-b.ch/artikel/bern-ist-am-geizigsten/


Firma in Gebenstorf darf wieder Methadon produzieren
Die Amino AG in Gebenstorf ist die einzige Firma in der Schweiz, die Methadon-Tabletten herstellt. Anfang Jahr entzog die Arzneimittelbehörde Swissmedic der Firma jedoch die Bewilligung und es drohte ein Methadon-Engpass in der Schweiz. Nun darf die Amino AG die Produktion wieder aufnehmen.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-aargau-solothurn/firma-in-gebenstorf-darf-wieder-methadon-produzieren?id=12390283
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/aufatmen-fuer-suchtkranke-der-methadon-engpass-in-der-schweiz-ist-definitiv-vorbei
-> https://www.blick.ch/politik/swissmedic-gibt-gruenes-licht-suchtkranke-koennen-aufatmen-methadon-hersteller-darf-wieder-produzieren-id18589699.html


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
hauptstadt.be 19.05.2023

Streiken ohne Burnout

Pia Portmann will Aktivist*innen davor bewahren, auszubrennen. Das Projekt ist auch eine Art Therapie für sie selbst.

Von Flavia von Gunten (Text) und Manuel Lopez (Bilder)

Am 14. Juni 2019 war es drei Wochen her, seit Pia Portmann die Kriseninterventionsstation des Psychiatriezentrums Münsingen verlassen hatte. Während ihre Kolleg*innen als Vorbereitung auf den feministischen Streik Reden schrieben und Plakate malten, sprach die damals 29-jährige Bernerin mit ihrer Therapeutin darüber, wie sie den Tag am besten überstehen könnte. «Menschenmassen vertrug ich damals gar nicht.»

Sie gründete das Streikkollektiv der Student*innen der Universität mit. Gleichzeitig engagierte sie sich in drei weiteren politischen Projekten, stemmte ein Praktikum, einen Nebenjob und schrieb ihre Masterarbeit über Hatespeech in der Schweizer Politik. Kurz vor dem Streiktag brach ihr Lebensmodell auseinander: «Ich war völlig überlastet und ausgebrannt. Ich konnte nicht mehr schlafen und denken.»

Dabei hätte Pia Portmann eine aktive Rolle spielen wollen am 14. Juni 2019.

Am Streiktag selbst war sie – wie sie sagt «nur» – als Teilnehmerin an der Demo dabei. Sie besuchte mehrere Veranstaltungen in Bern und in Schwarzenburg, dazwischen ruhte sie sich immer wieder aus in ihrer Wohnung. Am Abend legte sie an der Party im Dachstock auf.

Bereits mehrere Male ist Pia Portmann in ihren mittlerweile zehn Jahren als Aktivistin ausgebrannt. Jedes Mal pausierte sie, jedes Mal kehrte sie zurück. Und jedes Mal brannte sie erneut aus. Nach dem Frauenstreik 2019 stellte sie sich die Frage: «Kann ich Aktivistin sein, ohne auszubrennen?»

«Sie sollen nicht das gleiche durchmachen müssen wie ich»

Ein Jahr später besuchte Pia Portmann eine Weiterbildung, um Jugendliche bei der Berufswahl begleiten zu können. Die Übungen, die sie einst als Trainerin weitergeben würde, testete sie an sich selbst aus. «Ich erkundete meine Stärken und Visionen. Und erkannte, dass ich mich am lebendigsten fühle, wenn ich andere Menschen unterstützen kann.»

Diese Erkenntnis führte sie zu ihrer nächsten Tat: Sie brachte sechs Aktivist*innen aus der ganzen Deutschschweiz zusammen und traf sich mit ihnen alle paar Monate, um über ihr Wohlbefinden und ihre Belastungen zu sprechen. Das Angebot stiess auf Anklang. Dann erfuhr sie, dass am 14. Juni 2023 erneut ein grosser feministischer Streik stattfinden soll. Das perfekte Projekt für ihre neue Idee.

Pia Portmann will die Aktivist*innen des Feministischen Streiks 2023 darin unterstützen, nicht auszubrennen. «Sie sollen nicht das gleiche durchmachen müssen wie ich.»

Erneut aktivierte sie ihr Netzwerk. Sie suchte gesellschaftskritische Workshopleiter*innen, die Burnout-Präventionsangebote für Aktivist*innen anbieten wollten. Zum Beispiel Charlotte Naab, 34-jährig, Anthropologin. Nachdem sie selbst, wie viele ihrer aktiven Freund*innen, von Burnout betroffen war, liess sie sich 2018 in den Pyrenäen zur Trainerin für Nachhaltigen Aktivismus ausbilden. «Die Methoden und Perspektiven, die ich dort lernte, haben meine Vorstellung von Aktivismus und meine Praxis als Aktivistin grundlegend verändert.»

Prägend war für Naab insbesondere die Auseinandersetzung mit Emotionen. «Wut, Angst und Traurigkeit zum Beispiel sind völlig angemessene Reaktionen auf den Zustand der Welt.» Sie müssten gefühlt werden, auch das gehöre zu einer Burnout-Prävention. «Die Emotionen zeigen uns, was uns wichtig ist, aber auch, wo unsere Grenzen liegen.» Zu oft bliebe dafür aber wenig Raum im Aktivismus, so Naab.

Pia Portmann kannte Charlotte Naab von früher, weil sie einmal einen Workshop bei ihr besucht hatte. Nun holte Portmann sie und sieben weitere Menschen ins Kollektiv für das  Projekt «aktiv sein und bleiben». Die Gruppe traf sich zum Brainstorming. Die Ideen sprudelten. «Wir mussten unsere Ambitionen dann runterschrauben, um uns nicht zu überfordern», erzählt Pia Portmann. Denn was sie ihren Kursbesucher*innen mitgeben, wollen sie selbst vorleben: Die Praxis des Nachhaltigen Aktivismus.

Spaziergänge, Yoga, Kommunikation

«Nachhaltig» bezieht sich dabei nicht auf das Klima. Gemeint ist, dass sich Menschen langfristig politisch engagieren können, ohne dabei selbst kaputt zu gehen. Das Konzept haben sich nicht die Berner*innen ausgedacht. «Es geht zurück auf die Kämpfe Schwarzer Feminist*innen, wie Audre Lorde, Marsha P. Johnson oder Adrienne M. Brown», betont Charlotte Naab.

Teil davon ist die Auseinandersetzung mit Machtstrukturen und wie diese den Aktivismus prägen. «Der herrschende Individualismus, so wie Rassismen, Sexismen und andere Diskriminierungsformen entfremden uns von uns selbst, voneinander und auch von der Natur. Sie fördern toxische Narrative darüber, wie ein*e ‹echte*r Aktivist*in› zu sein hat.»

Prägend für den deutschsprachigen Raum ist das Buch «Politisch aktiv sein und bleiben» von Timo Luthmann, das Pia Portmanns Projektidee ihren Namen gab. Er beschreibt darin die drei Pfeiler des Nachhaltigen Aktivismus: Gesellschaft, Gruppe, Individuum. Das Projekt von Pia Portmann fokussiert sich aktuell auf die Gruppen und Individuen.

Zwölf verschiedene Angebote sind seit März auf der Website ausgeschrieben. Gruppen können in Workshops lernen, gewaltfrei zu kommunizieren, Rollen besser zu verteilen und lustvoll Sitzungen zu halten; für Einzelpersonen gibt es unter anderem beruhigende Spaziergänge und traumasensibles Yoga. Das Programm ist zunächst auf den feministischen Streik zugeschnitten, soll aber anschliessend für alle linken aktivistischen Bewegungen offen sein.

«Wir können den Stress nicht wegkonsumieren»

Pia Portmann leitet unter anderen das Angebot «Check-in mit mir selbst», gemeinsam mit einer Shiatsu- und Yogatherapeutin. An einem Sonntagnachmittag im April sitzen zwölf Aktivist*innen auf abgewetzten Sofas und Polstersesseln im queerfeministischen Raum der Berner Reitschule. Pia Portmann hält eine Tee-Schachtel mit der Aufschrift «Power Tea» in den Händen. «Solche Produkte gaukeln uns vor, selbst schuld zu sein, wenn es uns nicht gut geht. Aber wir können Stress nicht mit einer Tasse Tee wegtrinken und schon gar nicht wegkonsumieren. Oft sind es die äusseren Strukturen, die zum Burnout führen.»

In den folgenden zwei Stunden horchen die Teilnehmer*innen in sich hinein; spüren, wie sie sich fühlen; lenken ihre Aufmerksamkeit auf bestimmte Körperteile. Sie teilen ihre aktuellen Sorgen und entwickeln gemeinsam Lösungen: Lies doch dieses Buch – überlege, welches Bedürfnis hinter deiner Frage steckt – plane Pausen ein. Am Schluss sagt Pia Portmann: «Obwohl ich gerade gearbeitet habe, fühle ich mich entspannt und aufgeräumt. Das ist eine neue Erfahrung.»

Das Gelddilemma

Obwohl das Projekt hauptsächlich Aktivist*innen des feministischen Streiks anspricht, dürfen auch andere Menschen die Veranstaltungen besuchen. «Freund*innen und WG-Mitbewohner*innen leisten genauso wichtige Arbeit wie Aktivist*innen an der Front», sagt Pia Portmann. «Oft sind sie es, die sich um erschöpfte Aktivist*innen kümmern. Dabei müssen sie schauen, dass sie sich selbst nicht aufopfern mit dieser Care-Arbeit.»

Seit März finden die Veranstaltungen von «aktiv sein und bleiben» statt. Fünf Kollektive haben seither Workshops gebucht und auch bei Einzelpersonen stosse das Angebot auf grosses Interesse, erzählt Pia Portmann.

Geld verdient niemand mit dem Projekt – alle arbeiten ehrenamtlich. «Langfristig wollen wir aber Löhne zahlen. Es darf nicht sein, dass sich nur jene beteiligen, die sich Gratisarbeit leisten können», sagt Pia Portmann. Gleichzeitig dürfe der Preis keine Teilnehmer*innen ausschliessen. Aktuell werden diese eingeladen, in eine Kollekte einzuzahlen. Auch Spenden sind willkommen.

Pia Portmann arbeitet neben dem Aktivismus in der Musikförderung. Um über die Runden zu kommen, legt sie zudem als DJ Affect Alien auf. Ein zusätzliches Einkommen wäre willkommen – doch ihr geht es um eine andere Sache: «Ich bin Aktivistin, weil ich Widerstand gegen Ungerechtigkeiten leisten und Utopien leben will.» Mit «aktiv sein und bleiben» hat sie einen Weg gefunden, genau das zu tun. Ohne auszubrennen.
(https://www.hauptstadt.be/a/streiken-ohne-burnout)


+++BIG BROTHER
Bekämpfung von Cyberspionage – Geheimdienst lieferte illegal beschaffte Daten an Private
Die Affäre weitet sich aus: Der NDB hat illegal erworbene Informationen an private Sicherheitsfirmen weitergegeben.
https://www.srf.ch/news/schweiz/bekaempfung-von-cyberspionage-geheimdienst-lieferte-illegal-beschaffte-daten-an-private
-> Rendez-vous: https://www.srf.ch/audio/rendez-vous/neue-wendung-in-schweizer-geheimdienstaffaere?partId=12390445


+++FRAUEN-QUEER
Auffahrts-Serie: Ein Transmann im Kirchenchor
Ein Transmann, der im Kirchenchor singt, ja, das gibt es. Pius Janda aus dem Eigenthal macht genau das. In unserem zweiten Beitrag zur Auffahrts-Serie «zwischen den Geschlechtern» begleiten wir ihn in einer Kirchenchorprobe in Kriens. Heute singt er als Pius, angefangen hat er als Caro.
https://www.tele1.ch/nachrichten/auffahrts-serie-ein-transmann-im-kirchenchor-151609092


+++RASSISMUS
Der Mythos der Chancengleichheit
Das Wort „Rassismus“ kommt im Lehrplan 21 kein einziges Mal vor. Kein Wunder, dass Lehrpersonen nicht wissen, wie sie Jugendliche mit Migrationsgeschichte fördern können. Das muss sich ändern, findet Kolumnistin Helena Quarck.
https://daslamm.ch/der-mythos-der-chancengleichheit/


Nach Eklat am Sechseläuten – Zürcher Zünfter lassen sich zum Thema Rassismus beraten
Ein Blackfacing-Sketch am diesjährigen Sechseläuten sorgte für viel Kritik. Nun ziehen die Zürcher Zünfte Konsequenzen.
https://www.srf.ch/news/schweiz/nach-eklat-am-sechselaeuten-zuercher-zuenfter-lassen-sich-zum-thema-rassismus-beraten
-> https://www.watson.ch/schweiz/z%C3%BCrich/177173822-zuercher-zuenfte-lassen-sich-von-stiftung-gegen-rassismus-beraten
-> https://www.blick.ch/schweiz/zuerich/nach-blackfacing-skandal-beim-sechselaeuten-zuercher-zuenfter-muessen-in-rassismus-nachhilfekurs-id18591287.html
-> https://www.tagesanzeiger.ch/anti-rassismus-nachhilfe-fuer-zuercher-zuenfter-893910655001
-> https://www.zueritoday.ch/zuerich/zuercher-zuenfter-muessen-nach-blackfacing-skandal-zum-nachsitzen-151608484?autoplay=true&mainAssetId=Asset:151105718


+++RECHTSPOPULISMUS
Podcast «Politbüro» – Wer zuerst Gender sagt, hat verloren
Warum trifft das von den Rechten bewirtschaftete Gender-Thema einen so heiklen Nerv? Der Podcast «Politbüro» sucht Antworten.
https://www.derbund.ch/wer-zuerst-gender-sagt-hat-verloren-527971231556


DRAG-LESUNG ZH:
Nach Drohungen gegen Dragqueen-Vorlesestunde
Die Veranstaltung in der Pestalozzi-Bibliothek in Oerlikon kann nur mit Polizeischutz stattfinden. Verschwörungstheoretiker wollen eine «Mahnwache» dagegen abhalten. Und auch eine linke Solidaritätsaktion ist geplant.
https://tv.telezueri.ch/zuerinews/nach-drohungen-gegen-dragqueen-vorlesestunde-151608836
-> https://www.blick.ch/schweiz/zuerich/kinderlesung-mit-dragqueens-in-zuerich-oerlikon-stadtpolizei-wappnet-sich-fuer-unbewilligte-protestaktion-id18590924.html
-> https://www.watson.ch/schweiz/z%C3%BCrich/481171163-demo-gegen-drag-story-time-in-zuerich-ist-nicht-bewilligt
-> https://www.tagesanzeiger.ch/schwerer-unfall-am-love-ride-in-bruettisellen-polizei-nimmt-67-jaehrige-mutmassliche-drogendealerin-fest-schwerer-verkehrsunfall-in-weisslingen-251047807335
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/news-service/inland-schweiz/in-letzter-minute-kinderlesung-von-drag-queens-zuerich-will-spontankundgebung-nun-doch-pruefen-ld.2460632
-> https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/kundgebung-gegen-drag-story-time-vorerst-nicht-bewilligt-00212617/


STÄFA:
Die SVP sorgt für politische Unruhe in Stäfa
Nach einem Tweet von SVP Nationalrat Andreas Glarner kommt es in der Sekundarschule in Stäfa zu Unruhen. Der Grund: der geplante Gendertag. Der Stäfa Gemeinderat unterstellt der SVP eine Hetzjagd, darum lädt der SVP Kanton Zürich Präsident den Gemeindepräsidenten zu einem Streitgespräch mit Roger Köppel ein.
https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/die-svp-sorgt-fuer-politische-unruhe-in-staefa-00212629/
-> https://www.pszeitung.ch/keiner-zu-klein-ein-trump-zu-sein/

— derbund.ch 19.05.2023

Verbreitung von Kontaktdaten: Andreas Glarner betreibt «Doxing» – was hinter dem Phänomen steckt

Eine Schulsozialarbeiterin erhielt Drohungen, nachdem der SVP-Politiker ihre Telefonnummer im Netz verbreitet hatte. Wie häufig kommt das vor – und ist das legal?

Nina Fargahi

«Wer greift durch und entlässt die Schulleitung?», twitterte SVP-Politiker Andreas Glarner am 9. Mai. An den Tweet angehängt war eine Einladung für einen «Gender-Tag» an der Sekundarschule von Stäfa ZH, auf der auch die Telefonnummer einer Schulsozialarbeiterin ersichtlich war. Die Frau hatte den Anlass mitorganisiert. Der Tag findet seit 2011 in Zusammenarbeit mit der Kinder- und Jugendsozialarbeit statt und behandelt Themen wie Geschlechterrollen, Sexualität und Beziehungen.

Der Tweet und weitere ähnliche Äusserungen im Netz hatten einen Shitstorm zur Folge: Aufgewiegelte Telefonanrufer bedrohten und beleidigten die Sozialarbeiterin und die Schulverwaltung. Auf Anraten der Polizei wurde der Anlass aus Sicherheitsgründen abgesagt, wie die Schulleitung mitteilt.

Das Vorgehen von SVP-Politiker Andreas Glarner ist im Internetkontext als «Doxing» bekannt geworden. Der Begriff leitet sich ab von «Dropping Docs», also «Dokumente abwerfen/publizieren». Hierbei werden vertrauliche Daten einer Person im Netz veröffentlicht – zum Beispiel Wohnadresse, Telefonnummer oder auch das Geburtsdatum.

Doxer durchsuchen öffentlich zugängliche Dokumente, Datenbanken oder Mitgliederverzeichnisse, um an Informationen zu kommen. Manche Angaben lassen sich auch in den sozialen Medien finden, weil Nutzerinnen und Nutzer dort oft freizügig mit ihren persönlichen Daten und Bildern umgehen. Doxer nehmen in Kauf, der betroffenen Person zu schaden, weil diese aufgrund der veröffentlichten Daten oft Angriffen ausgesetzt ist.

Das Phänomen erlebte seinen Aufstieg parallel zur Ausbreitung der sozialen Medien. 2018 ereignete sich der bisher bekannteste Fall in Europa: Ein damals 20-jähriger Schüler hatte über Twitter massenhaft private Daten von deutschen Politikerinnen und Politikern veröffentlicht , darunter die E-Mail-Adresse der früheren Kanzlerin Angela Merkel. Auch der damalige Grünen-Vorsitzende und heutige Vizekanzler Robert Habeck fand seine Bankdaten und Mailadressen im Netz wieder, auch Chats mit seiner Frau und seinen Söhnen sowie private Fotos befanden sich darunter.

Eine «Allzweckwaffe im Kulturkampf»

Der Fall löste viel Wirbel aus und zeigte, wie Doxing als Mittel zur Einschüchterung eingesetzt werden kann. Als Folge davon nahm Deutschland «gefährdendes Verbreiten personenbezogener Daten» ins Strafgesetzbuch auf. Das Gesetz ist am 22. September 2021 in Kraft getreten und sieht eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren vor. Auch Holland diskutiert über ein entsprechendes Gesetz. Das Phänomen ist damit in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die «New York Times» beschreibt Doxing als «Allzweckwaffe im Kulturkampf», die sowohl vom linken als auch vom rechten Lager eingesetzt werde.

Auch in der Schweiz ist Doxing inzwischen ein bekanntes Phänomen. Im Parlament sind Vorstösse im Bereich Cybermobbing hängig, um es im Strafgesetzbuch zu verankern. Dies, um strafrechtlich besser gegen Beleidigungen, Bedrohungen, Belästigungen und Blossstellung im digitalen Raum vorgehen zu können.

Digital-Anwalt Martin Steiger sagt: «Früher oder später wird Doxing bei uns ein Straftatbestand sein.» Im Moment sei allerdings nur der zivilrechtliche Weg mit einer Klage möglich, in diesem Fall zum Beispiel wegen der widerrechtlichen Verletzung der Persönlichkeit. Dazu zählen auch Datenschutzverletzungen. «Für die Betroffenen ist das meistens anstrengend und unbefriedigend, am Schluss muss das Gericht eine Güterabwägung vornehmen.»

Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte sagt auf Anfrage zum Fall Stäfa: «Insbesondere die Grundsätze der Erkennbarkeit und der Zweckbindung wurden missachtet.» Das Datenschutzgesetz schreibe vor, dass jede Personendatenbearbeitung für die betroffene Person erkennbar sein müsse. «Was bedeutet, dass diese vorgängig darüber informiert werden muss.»

Sophie Achermann ist Geschäftsführerin der Public Discourse Foundation, einer Schweizer Stiftung, die sich gegen Hass im Netz einsetzt. Sie sagt: «Auch wenn Doxing bei uns noch nicht strafbar ist, so verstösst es klar gegen die Hausregeln der digitalen Plattformen.» Sie kritisiert die Tendenz, Probleme zu personifizieren. «Wir setzen uns dafür ein, die Qualität von Onlinediskursen zu verbessern – Menschen aus der Anonymität zu ziehen und sie blosszustellen, dient der Sache nicht.»

Andreas Glarner selbst lässt die Vorwürfe nicht gelten. Er habe nur öffentlich gemacht, was bereits öffentlich gewesen sei, schrieb er in einem Tweet. Und die SVP des Kanton Zürich stellt sich hinter ihn: «Wir brauchen auch bei diesen Themen eine politische Diskussion, damit sich solche Eruptionen nicht wiederholen», heisst es in einer Medienmitteilung vom 15. Mai.

«Keine Glanzleistung von Andreas Glarner»

Das Vorgehen von Glarner stösst aber in den eigenen Reihen auch auf Kritik. Der ehemalige Aargauer SVP-Kantonalpräsident Hans Ulrich Mathys sagt: «Das war keine Glanzleistung von Andreas Glarner.» Er findet zudem, dass ein Aargauer Nationalrat nicht in die Belange einer Zürcher Gemeinde grätschen sollte. Der Zürcher Oberländer Werber und Unternehmer Patrick Jauch ist deswegen gar aus der SVP ausgetreten, wie er auf Twitter schreibt. Für eine Stellungnahme war er nicht erreichbar.

Die Gemeinde Stäfa wirft in einer Medienmitteilung dem SVP-Nationalrat «masslose Gier nach politischer Aufmerksamkeit» vor. Die Angriffe seien «eine herabwürdigende Polemik gegen die Gemeinde und die Schule, die unter Ausschluss von Anstand und Respekt vorgetragen wird».

Wie geht es nun in Stäfa weiter? Schulpräsidentin Daniela Bahnmüller sagt, die Schule sei dabei, die weiteren Schritte zu prüfen. Was schon klar sei: «Wir werden die am Gender-Tag geplanten Inhalte weiterhin gemäss den Vorgaben des Lehrplans 21 anbieten.»
(https://www.derbund.ch/andreas-glarner-betreibt-doxing-was-hinter-dem-phaenomen-steckt-805595205979)


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Blick undercover bei Seminaren für Staatsverweigerer: Querulanten üben den Aufstand gegen die Schweiz
Staatsverweigerer zahlen keine Steuern. Manche denken, die Schweiz ist eine Firma. Und: Sie sind in der ganzen Schweiz auf Werbetour, geben Kurse. Blick hat undercover zwei solcher Veranstaltungen besucht.
https://www.blick.ch/schweiz/blick-undercover-bei-seminaren-fuer-staatsverweigerer-querulanten-ueben-den-aufstand-gegen-die-schweiz-id18587880.html?


Extremismus-Forscher Dirk Baier warnt: «Die Staatsverweigerer befürworten Gewalteinsatz»
Staatsverweigerer breiten sich in der Schweiz aus. Extremismus-Forscher Dirk Baier (46) hat eine Arbeit über das Phänomen geschrieben. Im Blick schätzt er die Situation ein.
https://www.blick.ch/schweiz/extremismus-forscher-dirk-baier-warnt-die-staatsverweigerer-befuerworten-gewalteinsatz-id18588228.html


Russische Agenten, Coronaleugner*innen und Krypto-Betrüger planen den Umsturz: Ein Schwurbelfestival in Münsingen BE.
Unter dem Namen «Freedom Festival» wird in Schwurbelkanälen eine Veranstaltung vom 18. bis 20. August 2023 im Schwand 18, Münsingen BE beworben. Das öffentliche Programm zählt, stand Mai, lediglich 6 Bands aus der verschwörungsideologischen Subkultur. Organisiert wird das Fest aber von einem undurchsichtigen Netzwerk aus neurechten Thinktanks mit auffälligen Verbindungen ins Ausland: Vorläufer-Events in Österreich und der Schweiz deuten auf einen gezielten, politischen Indoktrinationsversuch hin.
https://antifabuero30.noblogs.org/post/2023/05/17/russische-agenten-coronaleugnerinnen-und-krypto-betruger-planen-den-umsturz-ein-schwurbelfestival-in-munsingen-be/


Informationskompetenz: Darum glaubt man an Verschwörungstheorien
Informationskompetenz: Hinter allem scheint mehr zu stecken, als es scheint. Das ist die Überzeugung von Menschen, die an Verschwörungstheorien glauben.
https://www.nau.ch/lifestyle/gesellschaft/informationskompetenz-darum-glaubt-man-an-verschworungstheorien-66495302


+++HISTORY
Als die Schweiz die Kultur der Jenischen auslöschen wollte
Viele Jahrzehnte riss die Pro Juventute mit ihrem „Hilfswerk für die Kinder der Landstrasse“ systematisch jenische Familien entzwei. Wie ergeht es den Betroffenen heute? Ein Blick zurück auf ein dunkles Kapitel Schweizer Geschichte.
https://www.swissinfo.ch/ger/als-die-schweiz-die-kultur-der-jenischen-ausloeschen-wollte/48450844


Die Schweiz errichtete ein Bollwerk gegen Roma
Die Geschichte der Sinti und Roma in der Schweiz ist eine der Abriegelung und Einsperrung – seit ihren Anfängen im Mittelalter.
https://www.swissinfo.ch/ger/die-schweiz-errichtete-ein-bollwerk-gegen-roma/48418610



derbund.ch 19.05.2023

Verdingt, versorgt, weggesperrt: «So vieles ging damals kaputt»

Mehrere Tausend Opfer von Zwangsmassnahmen leben im Kanton Bern. Wie geht es ihnen? Und was denken sie über die vom Staat geplanten Gedenkanlässe?

Simon Wälti

Es waren wohl mehrere Hunderttausend Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die in der Schweiz seit dem 19. Jahrhundert verdingt, in Heimen versorgt und in Anstalten weggesperrt wurden. In Kliniken dienten sie in manchen Fällen als Studienobjekte und Versuchspersonen. Es war nicht das Schicksal, das ihnen übel mitgespielt hatte, es waren die Menschen, die eigentlich für ihr Wohlergehen hätten sorgen sollen: Vormunde, Fürsorgebeamte, Gemeinderäte, Ärzte, Heimleiter. Von ihnen ging das Unrecht aus, das die Schweiz noch immer aufarbeitet – und an das sich der Kanton Bern ab dem 25. Mai mit zahlreichen Anlässen erinnert.

Wie traumatisch sich das Einschreiten der Behörden auswirkte, wird fassbar, wenn man dem 83-jährigen Alfred Ryter zuhört. Der bärtige Oberländer sitzt am Stubentisch in Uetendorf, vor sich eine Tasse Kaffee, deren Inhalt schon lange kalt geworden ist, und erzählt. «Als ich siebeneinhalb Jahre alt war, sagte mein Vater, ich müsse mitkommen.» Die wenigen Habseligkeiten des Sohnes lagen in einer Kartonschachtel auf dem Gepäckträger des Fahrrades, das sein Vater neben sich herschob. «Dann hat mein Vater mich zwei schwarzen Gestalten übergeben. Es war ein Trennungsschock, an die Tage danach kann ich mich nicht mehr erinnern.»

In den Nächten schrie und heulte er unaufhörlich nach Vater und Mutter. Danach kam eine Zeit der Rebellion und Auflehnung. Doch er habe null Chancen gehabt, sagt Ryter. Und nach der Auflehnung folgte die Resignation. Es wurde ihm alles gleichgültig. «Alles, was passierte, ging mich nichts mehr an, spielte keine Rolle mehr.»

Was war geschehen? Wegen der Krankheit der Mutter wurde die Familie auseinandergerissen. Der Vater arbeitete auf dem Bau und konnte nicht allein zu den fünf Kindern schauen. Alfred Ryter kam als Verdingkind auf einen Hof bei Frutigen, wo er die schlimmste Zeit seines Lebens erlebte. Schläge, Hunger, Kälte und «Längizyti» nach seiner richtigen Familie gehörten zu seinem Alltag – so erzählt er es aus der Erinnerung. Geschlafen habe er allein im ungeheizten Tenn. Dort fielen die Temperaturen im Winter weit unter den Gefrierpunkt.

Er ass Tierfutter, um nicht zu verhungern

Das fromme Ehepaar habe ihn beinahe verhungern lassen. «Zum Frühstück gab es für mich nur ein Stück Brot. Butter oder Käse habe ich nie erhalten», sagt Ryter. Brei, Griess und Kartoffeln waren seine tägliche Kost damals am Ende der 1940er-Jahre. Im Tenn ass er Schweine- und Hühnerfutter aus Säcken, während im Keller des Wohnhauses Speckseiten und Hammen aufgehängt waren. Noch heute leidet Ryter unter den Folgen der Mangelernährung.

Er wurde halb zu Tode geprügelt. Der Rücken blutete, ein Wirbel des Genicks war schwer geprellt oder sogar angebrochen. Alfred Ryter zeigt die Narben und den verknorpelten Wirbel, der ihn in seiner Beweglichkeit einschränkt. Und das alles wegen einer Orange, die er gestohlen habe. Er erzählt, dass er sich nackt ausziehen musste. Das Ehepaar schleifte ihn durch den Schnee zum Brunnen, wo ihn die Frau im eiskalten Wasser mit einer Reisbürste traktierte. Noch immer hört er ihre Worte: «Ds Stähle cha me nid useschla, me muess es abbürste», habe sie gesagt.

Ryters Geschichte wird im Dokumentarfilm «Verdinger» erzählt. Auch zwei seiner Brüder wurden verdingt, beide haben sich als junge Erwachsene das Leben genommen. Bei Alfred Ryter waren Albträume, Depressionen und körperliche Leiden die Langzeitfolgen. 25 Jahre seines Lebens brauchte er, um die Geschichte zu verarbeiten und darüber sprechen zu können: Sein Hausarzt, Psychiater und weitere Fachpersonen halfen ihm dabei. Und ohne seine Frau Ruth, die ihm immer beistand, hätte er es nicht geschafft.

Zuvor hatte er während Jahrzehnten versucht, das Geschehene zu verdrängen, doch das ging nicht. Noch heute benötigt Alfred Ryter täglich zahlreiche Pillen und Antidepressiva, um die Vergangenheit in Schach zu halten. «Mein Gehirn steht immer unter Stress, in der Nacht habe ich keine Tiefschlafphasen. So vieles ging damals kaputt.»

Wie viele Personen leben noch, die Ähnliches durchgemacht haben wie Alfred Ryter? Aufschluss geben die Zahlen des Bundesamtes für Justiz: Bis Ende Jahr erhielt das Bundesamt 10’863 Gesuche für einen Solidaritätsbeitrag von 25’000 Franken. 2168 stammen aus dem Kanton Bern, das sind 20 Prozent. Insgesamt wurden 9936 Gesuche gutgeheissen. Noch immer treffen beim Bundesamt mehrere Dutzend Gesuche pro Monat ein.

Überdurchschnittlich viele Verdingkinder

Der Kanton Bern sei überproportional stark von der Thematik betroffen, sagt Historikerin Tanja Rietmann. Sie forscht am interdisziplinären Zentrum für Geschlechterforschung der Universität Bern unter anderem zu fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen. «Es gab im Kanton Bern überdurchschnittlich viele Verdingkinder.» Rietmann arbeitet zusammen mit anderen Wissenschaftlerinnen und Forschern zurzeit an einem Sammelband über Pflegefamilien. «Private Organisationen übten in der Vergangenheit immer wieder Kritik an der schlechten Unterbringung von Pflegekindern.» Auf der anderen Seite gibt es laut Rietmann Probleme bis heute. Es gebe zu wenig Pflegeplätze, und Pflegeeltern, vor allem die Pflegemütter, würden für ihre anspruchsvolle Arbeit zu wenig wertgeschätzt.

Die Zwangsmassnahmen standen im ausgehenden 19. Jahrhundert im Kontext der Armutsbekämpfung. Die Armut galt als Vorstufe der Kriminalität. Der Konformitätsdruck war hoch. «Als Höhepunkt der Zwangsmassnahmen sind wohl die Jahre zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg anzusehen», sagt Rietmann. Doch gerade im Bereich der Heime und Erziehungsanstalten für Kinder und Jugendliche gebe es für den Kanton Bern noch grosse «Forschungslücken», die geschlossen werden sollten.

Seit 2013 sind im Kanton Bern 2200 Gesuche und Anfragen für Akteneinsicht eingegangen, etwa ein Fünftel der gesamtschweizerischen Zahl. «Wir erhalten noch immer jede Woche mehrere Anfragen», sagt Staatsarchivarin Barbara Studer Immenhauser. In manchen Fällen kann es Jahre dauern, bis jemand sich dazu überwinden kann – nicht selten auch, weil sie sich bisher nicht einmal dem Partner oder der Partnerin anvertraut haben. «Die verletzenden Äusserungen in den Schriftstücken können eine Retraumatisierung auslösen.» Andere denken vielleicht auch, der Beitrag von 25’000 Franken stehe ihnen gar nicht zu, weil es ihnen heute finanziell gut gehe.

Das Staatsarchiv übernahm die Koordination der Anfragen, denn die meisten Akten lagern bei den Gemeinden. Die Kantonsarchive sind nach Gesetz zu dieser «Detektivarbeit» verpflichtet. Zeitweise beschäftigte das Staatsarchiv fünf zusätzliche Mitarbeitende. «In nur ganz wenigen Fällen fanden wir keine Informationen in den Akten», sagt Studer Immenhauser. «Es ist wichtig, dass die Betroffenen damit nicht alleingelassen werden.»

Immer wieder Steine in den Weg gelegt

Kurt Gäggeler wurde als Kind auf einen Bauernhof in der Gemeinde Schwarzenberg verdingt; zu einem kinderlosen und gläubigen Ehepaar, das als Selbstversorger einen kleinen Hof bewirtschaftete. Gäggeler war ein Scheidungskind, der Vater hatte ein Alkoholproblem, zur Mutter hatte er keine Beziehung. Auf dem Bauernhof musste er «chrüpple», wie er sagt, aber das Ehepaar habe es gut mit ihm gemeint. Die Bösartigkeit ging von den Behörden aus, die zuerst verhindern wollten, dass er in die Sekundarschule gehen konnte. Als er sich dort vor allem in der Mathematik als sehr gelehrig zeigte, hätte er prüfungsfrei ins Progymnasium übertreten können. Doch der Vormund vereitelte das – wegen der Kosten. Gäggeler machte eine Banklehre.

Die Behörden verhinderten auch den Kontakt mit der Halbschwester. «Sie sagten mir, sie wolle keinen Kontakt, und ihr teilten sie mit, ich wolle sie nicht sehen.» Nach Ende der Vormundschaft wurden ihm 8.70 Franken ausgezahlt. Im Militär wurde er Küchenchef, doch weil er ein Verdingkind gewesen sei, habe ihm die Armee eine Offizierslaufbahn verweigert.

Über seine Mutter teilten ihm die Behörden nichts mit. Doch in den 1980er-Jahren schrieb man ihm, die Mutter sei gestorben, er solle die Wohnung räumen. Das zeigt für Gäggeler, dass die Behörden sehr wohl über die nötigen Informationen verfügten, wo die Betroffenen lebten.

Billige Arbeitskräfte gesucht

Tatsächlich verfügen die meisten Gemeinden noch über Akten aus dieser Zeit, das trifft auch auf die Stadt Bern zu. Im Stadtarchiv befinden sich ungefähr 25’000 Dossiers aus dem ehemaligen Fürsorgeamt. Sie umfassen den Zeitraum von circa 1920 bis nach 1980. Die Praxis der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen wurde in der Schweiz 1981 offiziell beendet.

In den meisten Fällen war und ist es möglich, die Massnahmen gegen die betroffenen Personen nachzuverfolgen und zu dokumentieren, wie Stadtarchivar Roland Gerber sagt. «Wir sind die Hüter erfreulicher, aber auch zahlreicher tragischer Geschichten.» Denn auch aus der Stadt Bern wurden viele Kinder und Jugendliche auf Bauernhöfe verdingt. «Dahinter steckte eine bedauerliche Logik: Auf dem Land fehlten billige Arbeitskräfte, der Staat konnte so Kosten sparen.» In der Korrespondenz der Behörden schimmert laut Gerber immer die Frage des Geldes als Leitmotiv durch. Es sollte so wenig wie möglich kosten.

Eine längere Krankheit der Mutter oder des Vaters löste oft eine existenzielle Krise aus und veranlasste die Behörde zum Einschreiten. Die Familie wurde auseinandergerissen, Kinder fremdplatziert. Wer sich zu wehren wagte, wurde drangsaliert und geriet in eine Spirale. «Da hiess es schnell einmal, der oder die ist schwer erziehbar und muss in ein Heim», sagt Stadtarchivar Roland Gerber. Traumatisch war oft der Moment der Trennung, tränenerfüllte Abschiedsszenen vermied man nach Möglichkeit. «In manchen Fällen hielt ein schwarzes Auto vor der Schule, Männer stiegen aus und nahmen das Kind ohne Kommentar aus der Klasse mit.»

Es gibt nur Schwarz und Weiss

Über die Jahrzehnte hinweg änderte sich zumindest der Tonfall in den Akten: Die Wortwahl wird weniger herablassend und moralisierend. Noch in den 1940er- und 1950er-Jahren gilt das Los primär als selbst verschuldet. Ab den 1970er-Jahren wird eher das soziale Umfeld zur Erklärung herangezogen. Man versucht, den Betroffenen vermehrt auf Augenhöhe zu begegnen.

Die Erfahrungen der Kindheit haben die Betroffenen stark geprägt, auch den heute 71-jährigen Kurt Gäggeler: «Ich kenne nur Schwarz und Weiss, keine Grauzonen. Erst in den letzten Jahren haben sich diese Gegensätze etwas aufgeweicht.» Und er erzählt, wie schwierig es für ihn war, körperliche Nähe zuzulassen. Vielen Opfern von Zwangsmassnahmen ging und geht es so.

Wichtig sei, dass die Erinnerung an diese Zeit wach bleibe. «In der Schule sollte das als Pflichtstoff behandelt werden.» Gäggeler ist im Vorstand von Netzwerk Verdingt aktiv. Und etwas ärgert ihn über alle Massen. Wenn Leute die Geschehnisse verharmlosen und sagen: Es sei doch nicht so schlimm gewesen. Damals hätten alle früh aufstehen und hart arbeiten müssen. «Wie beim Rassismus sollte das ein Offizialdelikt werden, sodass die Leugner angezeigt und bestraft werden.»

Gäggeler kann auch harsch urteilen. Den Solidaritätsbeitrag von 25’000 Franken empfand er als wenig grosszügiges «Schweigegeld». Das Geld bleibe darum ein Thema. «Der Bund und auch der Bauernverband sind noch nicht aus dem Schneider.» Einfach so zu vergeben, liege ihm nicht. Er wolle aber auch nicht der jungen Generation, die damit nichts zu tun habe, «die Geschichte ins Genick schlagen».

Alles vergeben und vergessen?

Der 65-jährige Robert Blaser ist Präsident des 2012 gegründeten Vereins Fremdplatziert und wohnt heute im Kanton Thurgau. «Es war lange still, auch wegen Corona, aber es ist wichtig, dass die Geschichte nicht vergessen wird», sagt er. Die Familie Blaser lebte 1965 in Zollikofen, als sie von den Behörden auseinandergerissen wurde.

Robert Blaser verbrachte zwölf Jahre seines Lebens in Heimen und Anstalten – acht Jahre davon im Heim Landorf in Köniz, das auch einen Landwirtschaftsbetrieb umfasste. Blaser erinnert sich an schwere Arbeit, Körperstrafen und seelische Grausamkeit. Den Kindern wurde damals vor allem eine Botschaft eingetrichtert: «Aus dir wird nie etwas, du bist nichts wert.»

Auch für Blaser bleibt das Thema finanzielle Unterstützung aktuell. «Viele Opfer leben vielleicht trotz des Solidaritätsbeitrags in prekären Verhältnissen.» Diese auf die Sozialämter zu schicken, sei nicht der richtige Weg. So hat etwa die Stadt Zürich im Frühling zusätzlich zu jenem des Bundes einen Solidaritätsbeitrag von 25’000 Franken beschlossen und dafür acht Millionen Franken budgetiert. «Ich bin gespannt, ob noch einmal eine Diskussion in Gang kommt», sagt Blaser. «Vielleicht in Form einer Zusatzrente.» Denn: Viele Betroffene mussten in Ausbildung und Beruf untendurch, was ihre finanzielle Situation noch heute beeinträchtigt. Und: Angerichtet hat dieses Unheil der Staat.



«Zeichen der Erinnerung» im ganzen Kanton

166 Gemeinden im Kanton Bern führen ab dem 25. Mai Gedenkanlässe für die Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen durch. Vielerorts gibt es Konzerte, Gottesdienste, Podiumsdiskussionen oder Ausstellungen mit Einbezug von Betroffenen. Zahlreiche Gemeinden werden auch eine Erinnerungstafel anbringen. Lanciert wird dieses «Zeichen der Erinnerung» (Zeder) am 25. Mai im Schlosshof in Köniz.

Dialog und Reflexion sollen im Zentrum stehen, sagt die Könizer Gemeindepräsidentin Tanja Bauer (SP). «Es ist wichtig, die kollektive Erinnerung in Zusammenarbeit mit Betroffenen und Opfern wach zu halten.» Das Thema Fremdplatzierungen betrifft Köniz stark, denn in der Gemeinde waren zeitweise acht Heime angesiedelt. «Es ist erschreckend und unverständlich, wie diese Kinder damals behandelt wurden und wie wenig wir immer noch darüber wissen», sagt Bauer. In der Heitere Fahne in Wabern findet am 1. Juni eine Gesprächsrunde mit Guido Fluri, dem Initianten der Wiedergutmachungsinitiative, der Staatsarchivarin Barbara Studer Immenhauser und Tanja Bauer statt.

Für Schulen ist Unterrichtsmaterial verfügbar: In enger Zusammenarbeit mit der Pädagogischen Hochschule Bern, dem Staatsarchiv und dem Austausch- und Informationsprojekt «Erzählbistro» sollen junge Menschen für Recht und Unrecht sensibilisiert werden. (wal)
(https://www.derbund.ch/so-vieles-ging-damals-kaputt-840538983645)