Medienspiegel 4. Mai 2023

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel/

+++BASEL
Sans Papiers in Basel (ab 10:45)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/zukunftssorgen-am-basler-unispital-rechnung-gehe-nicht-mehr-auf?id=12382642


+++LUZERN
Auf Wunsch der Gemeinden: Luzern verheimlicht Zahlen zu Asyl-Unterkünften
Wie viele Asyl-Unterkünfte stellen die Luzerner Gemeinden für Flüchtlinge bereit? Diese Zahlen hält die Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen (DAF) seit neuestem unter Verschluss. Dies auf Wunsch der Gemeinden.
https://www.zentralplus.ch/gesellschaft/kanton-luzern-haelt-zahl-der-unterbringungsplaetze-geheim-2542697/


+++SCHWEIZ
Neue Kategorie für Flüchtlinge – Kinder werden weniger geschützt
Vergangenes Jahr kamen so viele Geflüchtete in die Schweiz wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Das führt zu Engpässen in der Betreuung und Unterbringung. Das Nachsehen haben geflüchtete Kinder – viele von ihnen verlieren ihr Recht auf Schutz und Sicherheit. Das SEM bestreitet dies.
https://www.watson.ch/schweiz/migration/605450161-sem-schafft-neue-kategorie-fuer-fluechtlinge-kinder-weniger-geschuetzt


Wegen Rücknahme-Blockade: Baume-Schneider will mit Italien verhandeln
Italiens Blockade bei der Flüchtlingsrücknahme wird laut Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider wohl noch Monate andauern. «Ich sehe jedenfalls keine Anzeichen dafür, dass sich etwas bewegt», sagte sie. Nun will sie verhandeln.
https://www.blick.ch/politik/wegen-ruecknahme-blockade-baume-schneider-will-mit-italien-verhandeln-id18544129.html
-> https://www.derbund.ch/baume-schneider-zur-fluechtlingsruecknahme-italiens-blockade-wird-monate-anhalten-745771683413
-> https://www.luzernerzeitung.ch/news-service/inland-schweiz/asylwesen-baume-schneider-will-schaerfe-kontrollen-und-trifft-sich-mit-italienischem-innenminister-ld.2451794


+++EUROPA
Entrechtung an der Grenze
Wie die geplante Vereinheitlichung des europäischen Asylrechts den individuellen Anspruch auf Schutz vor Verfolgung aushöhlt.
https://www.medico.de/blog/entrechtung-an-der-grenze-19066


+++FLUCHT
Asyl: Ab mit euch ins Anderswo
Großbritannien, USA und die EU verschärfen ihre Asylpolitik weiter. Das Ziel dieser Flüchtlingspolitik: Die Hilfesuchenden sollen zum Verschwinden gebracht werden.
https://www.zeit.de/kultur/2023-03/asyl-grenzen-grossbritannien-kontrolle


+++FREIRÄUME
Leerstände in der Innenstadt: Diese Häuser in der Stadt Luzern stehen leer
In der Stadt Luzern gibt es zahlreiche Häuser, die seit längerer Zeit leer stehen. zentralplus hat nachgefragt, warum diese Häuser in Zeiten der Wohnungsnot nicht bewohnt werden.
https://www.zentralplus.ch/wohnen-bauen/diese-haeuser-in-der-stadt-luzern-stehen-leer-2542189/


+++GASSE
Bettelverbot: Einschränkungen verletzen weiterhin die Menschenrechte
Zwei Jahre nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der die Schweizer Behörden wegen der strafrechtlichen Sanktionierung einer bettelnden Person verurteilt hatte, ist das Bettelverbot in den Kantonen Genf, Waadt und Basel-Stadt immer noch in Kraft. Zwar hat das Bundesgericht das Bettelverbot in einem Urteil vom 13. März 2023 teilweise aufgehoben, doch die derzeitigen kantonalen Einschränkungen sind immer noch nicht mit den Menschenrechten vereinbar.
https://www.humanrights.ch/de/news/news-bettelverbot-einschraenkungen-verletzen-menschenrechte


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
BS:
Kritik an SP nach 1. Mai-Demo
https://telebasel.ch/telebasel-news/?channel=15881
-> https://www.baseljetzt.ch/nach-dem-1-mai-rumort-es-in-der-sp-gewaltig-die-parteispitze-haelt-sich-bedeckt/53565


Wie findet die Basler SP aus dem Formtief?
Die Basler SP muss in zwei Wochen ein neues Präsidium wählen. Diese Wahl ist eine Chance für die Partei, sich neu aufzustellen. Das bisherige Co-Präsidium hat sich nicht bewährt, sondern fiel zuletzt vor allem durch Kommunikationspannen auf.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/wie-findet-die-basler-sp-aus-dem-formtief?partId=12382660



Basler Zeitung 04.05.2023

Basler Behörden beklagen «Fake News»Was im Polizeikessel passierte – und was nicht

Uniformierte haben am 1. Mai hart durchgegriffen, Leute wurden eingekesselt. Wir haben Betroffene und die Polizei zu Pfefferspray, Wasserflaschen und einem «Messer» befragt.

Simon Bordier

Parlamentarische Vorstösse, ein Brief der Demokratischen Juristinnen und Juristen Basel (DJS) und Anschuldigungen in den sozialen Medien: Die Intervention der Polizei am 1.-Mai-Umzug in Basel wirft hohe Wellen.

Die präventive Einkesselung eines Teils der Demonstrierenden stehe «in klarem Widerspruch zu den Grundsätzen rechtsstaatlichen Handelns», schreibt der DJS-Verein in einem Communiqué. Dieses Vorgehen liesse sich nicht mit einem Verweis auf das Vermummungsverbot rechtfertigen. Er fordert daher, dass der Einsatz mit allen zur Verfügung stehenden aufsichtsrechtlichen, parlamentarischen und juristischen Möglichkeiten untersucht werde. (Lesen Sie hier die Reportage am Tag der Arbeit in Basel.)

Konkrete Schritte sind noch nicht angedacht, wie Ada Mohler, DJS-Geschäftsleiterin Basel, zur Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte. Die Basler Justiz- und Sicherheitsdirektorin Stephanie Eymann hat das Vorgehen tags zuvor in der BaZ verteidigt. Neben Grundsatzfragen steht aber auch das Verhalten der Polizei in der Kritik. Hier drei Streitpunkte.

Ausharren im Kessel

Der vordere Teil des Demozugs wurde am Montag, kurz nach 10.30 Uhr, auf der Höhe Elisabethenkirche vom Rest abgetrennt und von der Polizei umringt. Die Ordnungshüter hatten sich für diesen Kessel entschieden, weil sie in der Gruppe gewaltbereite Demonstranten – den Schwarzen Block – vermuteten. Darunter befanden sich auch Minderjährige und ältere Leute.

«Sie hatten wohl keine Ahnung, warum sie plötzlich von der Polizei umringt waren», erinnert sich die ehemalige Basler SP-Grossrätin und DJS-Vorstandsmitglied Danielle Kaufmann. Sie selbst sei auch im Kessel gewesen und habe als Teil des DJS-Beobachtungsteams die Demonstration begleitet. «Manche Leute hatten Angst, jemand erlitt eine Panikattacke.»

Die Polizei habe zunächst niemanden aus dem Kessel gelassen und auf später vertröstet. Eine Stunde später, gegen 12 Uhr, hätten dann erste Personen den Ort verlassen können. «Zuvor mussten sie sich aber einer Personenkontrolle unterziehen lassen.» In der Folge habe sich eine Schlange gebildet.

Eine anwesende BaZ-Journalistin berichtet von Wartezeiten zwischen 30 Minuten und einer Stunde. «Personen, die unter psychischem Stress standen oder gesundheitliche Probleme hatten, haben wir versucht schneller zur Schleuse zu begleiten», erklärt Kaufmann. Bis 15 Uhr konnten alle, die den Kessel freiwillig verlassen wollten, dies auch tun. Zurück blieb der harte Kern. Für Kaufmann fühlte sich die Wartezeit «wie eine Ewigkeit» an. Zumal die Eingekesselten nicht auf die Toilette gehen konnten.

Aufbau der Kontrollstrasse

«Es hat eine gewisse Zeit gedauert, bis die Situation auch ausserhalb des Kessels so weit beruhigt und die Kontrollstrasse aufgebaut wurde, dass die Kontrollen starten konnten», bestätigt Adrian Plachesi, Sprecher der Kantonspolizei Basel-Stadt. Man habe das Vorgehen aber transparent kommuniziert und Kinder und ihre Begleitpersonen «nach rund 20 Minuten» rausgelassen.

Man könnte sich fragen, warum Eltern mit Kindern überhaupt mit dem Schwarzen Block an der Spitze mitlaufen. Dort droht die Lage eher zu eskalieren als weiter hinten im Zug. Laut Kaufmann war die Lage manchen wohl nicht bewusst (siehe oben); es habe sich schlicht um den 1.-Mai-Umzug gehandelt.

Pfefferspray

Die Polizei hielt die Demonstrierenden unter anderem mit Reizstoff in Schach. Drei Personen mussten deswegen vor Ort von der Sanität behandelt werden, andere wurden von Umstehenden mit reinigendem Wasser versorgt.

Der BaZ-Journalistin vor Ort ist der «starke Einsatz von Pfefferspray» aufgefallen. Sie selbst habe im Kessel auch etwas abbekommen. Ihre Augen hätten gebrannt, das Atmen sei ihr plötzlich schwergefallen. «Meine grösste Angst war, dass wegen des Reizstoffs im Kessel plötzlich Panik ausbricht.»

Polizeisprecher Plachesi sagt dazu: «In geschlossenen Räumen kann es beim Einsatz von Tränengas zu Panik kommen. Doch Pfefferspray ist nicht Tränengas.» Während das Gas eingesetzt werden könne, um beispielsweise eine Menschenmenge aufzulösen, werde der Spray bei einer direkten körperlichen Auseinandersetzung genutzt. «Die Flüssigkeit verursacht beim direkten Kontakt ein Verschliessen der Augen und ein Brennen auf der Haut. Doch sie verengt die Atemwege nicht.» Ob und wie man diesen Reizstoff einsetze, hänge nicht zuletzt vom Verhalten im Kessel ab. Am Montag hätten manche Demonstrierende die Polizeisperre nicht respektiert.

Die BaZ-Journalistin sagt, der Pfefferspray sei vor allem am Rand des Kessels eingesetzt worden. «Dort wo sich die Leute für die Personenkontrolle angestellt haben, waren sie meines Wissens nach sicher vor Reizgas und Gummischrot.» Auch habe die Polizei zugelassen, dass die Demonstranten Wasser erhalten, um sich die Augen auszuwaschen. Eine Wasserflasche sei von aussen in den Polizeikessel hineingeworfen worden und an der Innenseite des Schutzschildes eines Polizisten abgeprallt. «Er hat sie mit dem Fuss in Richtung Demonstranten geschoben.»

Das «Messer»

Die Basler Gruppierung «Drei Rosen gegen Grenzen» erhebt einen schweren Vorwurf: «Es wurde von den Beamt*innen im Gerangel ein Banner mit einem Messer zerschnitten. Dabei ist einer Person Kleider zerschnitten und eine Fleischwunde verursacht worden», steht in einem Tweet vom 1. Mai. Dazu wurden Fotos von Uniformierten publiziert, von denen einer angeblich mit dem «Messer» hantiert.

Die Kantonspolizei stellt klar: Man setze «grundsätzlich keine Messer gegen Personen ein». Und: «Auf den auf Social Media kursierenden Bildern dieses angeblichen Messers ist ein Rettungsgurtschneider zu sehen.» Das sei ein Gerät, um beispielsweise verletzte Personen aus Autogurten zu befreien oder um ihre Kleider zu zerschneiden, «ohne sie dabei zusätzlich zu verletzen».

Für Polizeisprecher Plachesi ist es «nicht vorstellbar», dass jemand eine Fleischwunde erleide, wenn ein Plakat mit einem solchen Gerät zerschnitten wird. Für ihn zeige die Anschuldigung vielmehr, «dass gewisse Kräfte systematisch Fake News verbreiten, um die Polizei in ein schlechtes Licht zu stellen». «Drei Rosen gegen Grenzen» hat auf eine Anfrage dieser Zeitung nicht reagiert.
(https://www.bazonline.ch/was-im-polizeikessel-passierte-und-was-nicht-249296873828)



Basler Zeitung 04.05.2023

Klimaaktivisten planen Aktion: Uni Basel will Besetzung dulden – solange sie nicht stört

Die Gruppierung «End Fossil Basel» wird am 8. Mai eine Aktion an der Hochschule durchführen. Die Uni zeigt sich dialogbereit.

Oliver Sterchi

Am kommenden Montag will eine Gruppe von Klimaaktivisten die Universität Basel besetzen. In den sozialen Medien kursiert seit Wochen ein entsprechender Aufruf. «Die Klimakrise eskaliert immer weiter», heisst es in einem Beitrag von «End Fossil Basel» im Messenger-Dienst Telegram.

Die Aktivisten klagen an: «Doch während die Erde brennt, pennt die Uni nach wie vor.» Die Hochschule würde «uns» – die Rede ist von den Studierenden – weiterhin zu «Ausbeutenden und Zerstörenden» ausbilden, statt «ihre eigenen wissenschaftlichen Erkenntnisse ernst zu nehmen» und über «Alternativen zu unserem Wirtschaftssystem» zu sprechen. «So geht das nicht weiter», schreibt «End Fossil Basel».

Wie die Besetzung genau ablaufen soll, wurde bislang nicht öffentlich kommuniziert. Im Aufruf heisst es lediglich, dass man am Montagmorgen um 9 Uhr auf den Münsterplatz kommen solle. Von dort aus werden sich die Aktivisten dann mutmasslich zum Uni-Hauptgebäude am Petersplatz begeben.

Uni-Sprecher: «Klimabewegung rennt offene Türen ein»

Bei der Uni zeigt man indes Verständnis für gewisse Anliegen der Aktivisten und will eine allfällige Besetzung dulden. Sprecher Matthias Geering sagt auf Anfrage gegenüber der BaZ: «Wenn die Vertreterinnen und Vertreter der Klimabewegung die Räumlichkeiten der Uni nutzen wollen, um ihre Botschaften friedlich zu vermitteln, werden wir sie nicht aktiv daran hindern.»

Nachhaltigkeit sei ein Thema, das die Universität Basel stark beschäftige, so Geering. «Insofern rennt die Klimabewegung mit vielen ihrer Anliegen bei uns offene Türen ein. Wir müssen uns diesbezüglich nicht verstecken.» Die Fachstelle Nachhaltigkeit der Hochschule werde deshalb «gern» in einen Dialog treten mit den Aktivisten.

Auf die Frage, ob die Uni «rote Linien» definiert habe, sagt Geering: «Der reguläre Uni-Betrieb muss gewährleistet bleiben. Solange der Unterricht oder die Forschung nicht gestört werden, haben wir kein Problem damit.» Andernfalls werde man reagieren müssen. Genaueres dazu möchte Geering nicht sagen.

Was die Aktivisten konkret im Schilde führen, ist unklar. Eine Sprecherin von «End Fossil Basel» wollte auf Anfrage der BaZ keine Details zum Ablauf der Besetzung bekannt geben. Man werde am Montag informieren. Im Aufruf heisst es indes, dass man «gemeinsam den Alltag ins Stocken» bringen wolle.

Polizei beobachtet die Entwicklung

Die Besetzung findet im Rahmen einer weltweiten Aktion statt, bei der unter anderem auch Schulen und Universitäten in Spanien, Uganda, Portugal oder Österreich besetzt würden, schreibt «End Fossil» in einer Medienmitteilung von Ende April.

Bereits im Februar besetzten Klimaaktivisten das Gymnasium Münsterplatz. Rund 50 Schülerinnen und Schüler nahmen damals daran teil. Die Schulleitung liess sie gewähren, allerdings ebenfalls mit der Auflage, dass der Unterricht nicht gestört werden dürfe. Die Besetzung verlief friedlich und wurde noch am gleichen Abend wieder beendet.

Die Polizei will am Montag offenbar dennoch nichts anbrennen lassen. Man habe Kenntnis vom Aufruf und stehe in Kontakt mit den zuständigen Stellen der Uni, schreibt der Sprecher der Kantonspolizei Basel-Stadt, Stefan Schmitt, auf Anfrage. «Wir sind dabei, die Entwicklung zu beobachten, und werden entsprechend reagieren.» Schmitt betont jedoch, dass es bei bisherigen Veranstaltungen der Bewegung nie Anzeichen für Gewalt gegeben habe.
(https://www.bazonline.ch/uni-basel-will-besetzungsaktion-dulden-861266195853)



ZH:
Communiqué 1. Mai 2023 ZH
Wut zu Widerstand – Tausende Revolutionär*innen trugen heute gemeinsam ihre Kämpfe auf die Strassen Zürichs und stellten sich vereint gegen das ausbeuterische, kapitalistische System, welches Krise um Krise hervorbringt.
https://barrikade.info/article/5933


+++ANTITERRORSTAAT
Armeeübung «LUX 23» – In der Westschweiz trainieren 4000 Militärs den Terror-Ernstfall
Panzer auf Strassen, Militär am Flughafen und sogar französische Soldaten – das Wichtigste zum aktuellen Grosseinsatz.
https://www.srf.ch/news/schweiz/armeeuebung-lux-23-in-der-westschweiz-trainieren-4000-militaers-den-terror-ernstfall
-> 10vor10: https://www.srf.ch/play/tv/10-vor-10/video/schweizer-armee-probt-terror-ernstfall?urn=urn:srf:video:b0ea2e02-a603-4b48-8010-28631c77642c
-> https://www.vtg.admin.ch/de/aktuell/mitteilungen/volltruppenuebungen/lux23.html


Als Franzosen und Flüchtlinge der Feind waren – Militärübungen seit dem Kalten Krieg
Aufruhr in der Romandie: Aktuell findet dort mit «LUX 23» die grösste Militärübung der Westschweiz seit dem Ende des Kalten Krieges statt. Doch so bizarr wie einige der anderen Übungen, die seit dem Fall der Berliner Mauer in der Schweiz stattgefunden haben, wird sie wohl nicht werden.
https://www.watson.ch/schweiz/armee/156547156-als-fluechtlinge-der-feind-waren-militaeruebungen-seit-dem-kalten-krieg


+++KNAST
SiK informiert sich über die Entwicklungen im Justizvollzug
Im Rahmen einer eintägigen Retraite liessen sich die Mitglieder der Sicherheitskommission (SiK) auf dem Thorberg über aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen im Strafvollzug informieren. Im Fokus standen Themen wie Altern im Justizvollzug oder der Umgang mit psychisch kranken Menschen. Wegen der zunehmenden Zahl von Verwahrten hat unter anderem das Thema Alter eine neue Relevanz erhalten, auf welche der Justizvollzug Antworten geben muss.
Auch die Betreuung von Straftäterinnen und Straftätern mit unterschiedlichen psychischen Erkrankungen – bei denen teilweise ein Bezug zum begangenen Delikt besteht – verlangt vom Justizvollzug angepasste Massnahmen.
Mehr: https://www.be.ch/de/start/dienstleistungen/medien/medienmitteilungen.html?newsID=4e63b570-799d-4be5-b0ba-2e793ee40334


+++POLIZEI DE
Umgang mit psychischen Krisen: Tödliche Polizeieinsätze
Jedes Jahr erschießen Polizist*innen Menschen, die in einer psychischen Ausnahmesituation sind. Wir zeigen, wie wenig die Polizei auf solche Situationen vorbereitet ist – und veröffentlichen ein seit Jahren umstrittenes Geheimdokument der Polizei NRW.
https://fragdenstaat.de/blog/2023/05/03/polizei-krisen/


Europäischer Polizeikongress: Von der Manndeckung bis zur Raumdeckung
Beim Europäischen Polizeikongress wurde mit „Twenty“ ein neuer Messenger zur Vernetzung von Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) gezeigt.
https://www.heise.de/news/Europaeischer-Polizeikongress-Von-der-Manndeckung-bis-zur-Raumdeckung-8987716.html


Polizeikongress: Treffen der Krawallmacher
Matthias Monroy zum sogenannten Polizeikongress in Berlin
Die Kongressmesse des Behörden Spiegel ist zutiefst antidemokratisch. Deshalb gilt: Den »Polizeikongress« abschaffen!
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1172958.standpunkt-polizeikongress-treffen-der-krawallmacher.html


+++JENISCHE/SINTI/ROMA
Biel ermöglicht Transitplatz für ausländische Fahrende
Die Stadt Biel will zusammen mit umliegenden Gemeinden die Probleme mit Fahrenden im Seeland lösen. Deshalb baut die Stadt noch in diesem Monat 40 neue Transitplätze im Bözingenfeld – beim ehemaligen Standort des Durchgangszentrums für Asylsuchende.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/biel-ermoeglicht-transitplatz-fuer-auslaendische-fahrende?id=12382249



ajour.ch 04.05.2023

Fahrende im Bözingenfeld: Deshalb bezahlen Gemeinden einen Beitrag an den Bieler Transitplatz für ausländische Fahrende

Die Präsidentin von Seeland-Biel/Bienne erklärt, weshalb der Verein hinter dem Transitplatz in Biel steht und wieso manche Gemeinden die Stadt finanziell unterstützen.

Mengia Spahr

Nachdem der Gemeinderat bekannt gegeben hat, dass Biel einen Transitplatz bekommt, stellt sich die Frage, wie viel das kostet. Es sind keine Zahlen bekannt, aber es gibt einen Vergleich.

Am 9. Februar 2020 hat eine Mehrheit der Stimmbevölkerung des Kantons Bern einen Kredit von 3,3 Millionen Franken für einen Transitplatz in Wileroltigen gutgeheissen. Die junge SVP sprach von einem «Luxuskredit». Dabei ist im Abstimmungstext von damals von einem «einfachen Ausbaustandard» die Rede: 36 Stellplätze und Container mit WC und Duschen auf einem Kiesplatz. Regierungsrätin Evi Allemann sagte im Interview mit den Tamedia-Zeitungen, dass ein solcher Platz nicht für weniger Geld zu realisieren sei. Es gehe «um eine einmalige Investition für die Planung und den Bau eines Platzes, der zweckmässig und einfach eingerichtet sein wird».

Geöffnet für die Fahrenden wird er frühstens 2025.

Grundstück bereits gut erschlossen

Einfach und zweckmässig soll auch der Transitplatz für ausländische Fahrende im Bieler Bözingenfeld sein, der noch in diesem Monat eröffnet und voraussichtlich während zwei Jahren betrieben wird. Das Grundstück gehört dem Kanton, und dieser wird die Kosten für den Auf- und Abbau sowie die Infrastruktur übernehmen. Zahlen nennt die Bieler Regierungsstatthalterin Romi Stebler (FDP) keine. Aber gemäss ihr werden die Ausgaben nur einen Bruchteil der Kosten des dauerhaften Transitplatzes in Wileroltigen betragen.

Darüber, wieso der Transitplatz in Wileroltigen so viel kostet, könne sie keine Auskunft geben. Sie weist jedoch darauf hin, dass das Grundstück im Bözingenfeld bereits mit Wasser-, Abwasser- und Stromanschlüssen erschlossen ist.

Schliesslich waren auf dem Areal bis vor einem Jahr abgewiesene Asylsuchende in Containern untergebracht. Da ein Grossteil der Einrichtung bereits besteht, würden nur tiefe Kosten für den Aufbau anfallen, so Stebler. Weiter schreibt sie, dass die Infrastruktur in Biel weit weniger umfassend sein wird als beim festen Transitplatz in Wileroltigen. «Und nicht dauerhaft.»

Während der Kanton für die Ausstattung des Platzes aufkommt, sollen die Betriebskosten mit Gebühren gedeckt werden. Die Fahrenden, die sich auf dem Areal niederlassen, werden pro Tag und Wohnwagen 20 Franken bezahlen. Ausserdem bezahlt eine Mehrheit der umliegenden Gemeinden einen sogenannten Solidaritätsbeitrag von zwei Franken pro Einwohnerin und Einwohner.

Dafür hat sich auch der Vorstand des Vereins Seeland-Biel/Bienne eingesetzt. Zusammen mit der Stadt Biel hat er die 61 Gemeinden, die zum Verein gehören, angeschrieben.

Für die Präsidentin von Seeland-Biel/Bienne, Madeleine Deckert, ist klar, dass es eine Lösung braucht für diese wiederkehrende Thematik. Zum einen gibt es die Gemeinden, die direkt betroffen sind: Jahr für Jahr halten Fahrende auf ihrem Gelände. «Bei illegalen Landeinnahmen gibt es immer unschöne Situationen und man muss Notfallübungen machen», so Deckert. Der Transitplatz in Biel soll die Gemeinden zumindest die nächsten zwei Jahre davon befreien.

Geht alle Gemeinden etwas an

Deckert findet, das Thema gehe aber auch die Gemeinden etwas an, in denen sich noch nie eine Gruppe Fahrender niedergelassen hat. «Die Fahrenden kommen, weil sie hier Arbeit finden, und die finden sie in allen Seeländer Gemeinden.»

Man müsse Biel für die vorübergehende Lösung «Merci» sagen.

Doch wie geht es weiter, wenn die zwei Jahre vorbei sind? Ab 2025 können die Fahrenden voraussichtlich auf dem Transitplatz in Wileroltigen halten. Wie Deckert sagt, ist der Vorstand von Seeland-Biel/Bienne aber der Ansicht, dass dies nicht ausreicht.

Denn die Fahrenden, die meist aus Frankreich in die Region Biel kommen, werden wohl nicht bis nach Wileroltigen fahren, um sich dort niederzulassen. Es ist Aufgabe des Kantons, Transitplätze zur Verfügung zu stellen. Seeland-Biel/Bienne erwarte von ihm, dass er eine nachhaltige Lösung für das Seeland findet, sagt Deckert. «Zusätzlich wünschen wir uns eine Sensibilisierung der Bevölkerung durch die kantonale Koordinationsstelle für Fahrende.»

Deckert kann verstehen, dass nicht alle von einem Transitplatz in der Region Biel begeistert sind. Aber wenn es einen offiziellen Platz gebe, könne man dort Regeln aufstellen und durchsetzen und etwa dafür sorgen, dass die Vorgaben zum Umweltschutz eingehalten werden.
(https://ajour.ch/de/story/76582/deshalb-bezahlen-gemeinden-einen-beitrag-an-den-bieler-transitplatz-f%25C3%25BCr-ausl%25C3%25A4ndische-fahrende)



Seit 20 Jahren: So St.Gallen mit Fahrenden
Es gibt keinen einzigen Durchgangsplatz für Fahrende im Kanton St.Gallen. Gemäss Bund sollten eigentlich schon sechs Stellplätze zur Verfügung stehen. Doch sämtliche Pläne sind bis jetzt gescheitert. Nun könnte Thal die letzte Hoffnung sein.
https://www.tvo-online.ch/aktuell/seit-20-jahren-so-st-gallen-mit-fahrenden-151351456



tagblatt.ch 04.05.2023

«Der Kanton hat seine Hausaufgaben nicht gemacht»: Jenische und Sinti warten noch immer auf einen Durchgangsplatz in St.Gallen

Seit 2003 sind Schweizer Kantone verpflichtet, die Bedürfnisse der Jenischen und Sinti als Teil der Bevölkerung zu berücksichtigen. Dazu gehört auch das Bereitstellen von Durchgangsplätzen. Im Kanton St.Gallen gibt es aber auch nach zwanzig Jahren noch keinen. Grund dafür sei die mangelnde Akzeptanz in der Bevölkerung.

Ambra Elia

Er ist schon seit vielen Jahren ein Thema in der Ostschweiz: der Mangel an Durchgangsplätzen für Jenische und Sinti. Dabei handelt es sich um Standorte für den kurzfristigen Aufenthalt während der Reisezeit zwischen Frühling und Herbst. Schweizer Kantone sind seit 2003 verpflichtet, in ihren Richtplänen die Bedürfnisse der Jenischen und Sinti als Teil der Bevölkerung zu berücksichtigen. Dazu gehören auch Durchgangsplätze. Im Kanton St.Gallen gibt es noch immer keinen einzigen.

Im aktuellen Bericht zum Regierungscontrolling des Kantons, das die Erreichung der in der Schwerpunktplanung festgelegten Ziele prüft, steht: «Die Suche nach neuen Durchgangsplätzen, wobei vor allem die Realisierung von provisorischen Plätzen im Fokus ist, wurde im Sommer 2020 eingestellt.»

Marco Paganoni, Kommunikationsmitarbeiter des Kantons, sagt: «Nachdem die Suche nach Durchgangsplätzen mehrfach gescheitert ist, setzt sich die Erkenntnis durch, dass die Bevölkerung einen Durchgangsplatz zuerst akzeptieren muss.»

Konzept scheiterte mehrfach

Der Kanton St.Gallen sucht seit zwanzig Jahren nach geeigneten Durchgangsplätzen für Jenische und Sinti. Auch in Gossau gab es einen Versuch. Die Zonenplanänderung für einen Standort im Industriegebiet lehnte zuerst das Stadtparlament ab. Als Reaktion darauf wurde eine Initiative eingereicht, die 2016 an der Urne scheiterte. Dies löste bei den Fahrenden Enttäuschung und Unmut aus.

Um die Situation zu entspannen, setzte der Kanton anschliessend auf provisorische Halteplätze. Diese hätten bis zu drei Monate genutzt werden können und hätten keine Baubewilligung benötigt. Durch die provisorischen Plätze hätte die Bevökerung erfahren, wie Jenische und Sinti leben und arbeiten.

Doch auch nach verschiedenen Abklärungen wurde das Konzept bis heute nie umgesetzt. Für einen möglichen Standort im Rheintal hat die Gemeinde Sennwald ihre ursprüngliche Zusage zurückgezogen, heisst es im Bericht zum Regierungscontrolling.

Zusammenarbeit mit der Armee

Gespräche zwischen dem Kanton und der Armee, um potenzielle Standorte vertiefter zu betrachten, verliefen ebenfalls im Sand. Der Kanton könnte geeignete Flächen der Armee kaufen, um Durchgangsplätze zu errichten. Abklärungen zu einer kantonseigenen Parzelle in Vilters-Wangen scheiterten 2019, weil der Gemeinderat grosse Vorbehalte äusserte.

Der zwischenzeitlich als Provisorium vorgesehene Durchgangsplatz in Thal wurde laut Bericht sistiert, weil sich der Gemeinderat uneins war. Die Gemeinde Thal revidiere aktuell ihre Nutzungsplanung und werde dabei die Richtplanaufgabe berücksichtigen. Paganoni sagt: «Wir sind weiterhin zuversichtlich.»

Enttäuschung bei den Betroffenen

Laut Daniel Huber, Präsident der Radgenossenschaft der Landstrasse, der Dachorganisation der Jenischen und Sinti, kann die Suche nach Durchgangsplätzen nicht eingestellt werden. Er bezieht sich dabei auf die Pflicht der Kantone, die Bedürfnisse der Jenischen und Sinti als Teil der Bevölkerung zu berücksichtigen. Er sagt: «Dass wir immer noch über dieses Thema sprechen müssen, zeigt: Der Kanton hat seine Hausaufgaben nicht gemacht.»

Das Bereitstellen von Durchgangsplätzen sollte zudem im eigenen Interesse des Kantons sein, sagt Huber. Denn sonst werde aus Legalität ungewollt Illegalität.

Mangelnde Akzeptanz in der Gesellschaft

Einen geeigneten Platz zu finden und zu realisieren, sei aus raumplanerischer Sicht keine schwierige Aufgabe, sagt Paganoni. Die St.Galler Regierung setze sich in ihrer Schwerpunktplanung 2021 bis 2031 unter anderem das Ziel, die Chancengerechtigkeit sicherzustellen und dabei den interkulturellen Dialog zu fördern.

Aktuell wird laut Paganoni die Bildung einer departementsübergreifenden Fachgruppe geprüft. Sie will über die Situation dieser nationalen Minderheiten informieren und sensibilisieren. Der Kanton erhoffe sich dadurch, eine bessere Akzeptanz für die Durchgangsplätze bei der Bevölkerung zu erreichen, und werde die Suche nach Standorten zu gegebener Zeit wieder aufnehmen.

Die Bereitstellung von Durchgangsplätzen für die anerkannten kulturellen Minderheiten der Jenischen und Sinti sei eine Aufgabe, die alle drei Staatsebenen betreffe. Paganoni sagt: «Wir alle sind in der Pflicht, den Jenischen und Sinti die nomadische Lebensweise zu gewährleisten.»
(https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/ressort-ostschweiz/minderheiten-der-kanton-hat-seine-hausaufgaben-nicht-gemacht-jenische-und-sinti-kritisieren-dass-es-in-stgallen-noch-immer-keinen-durchgangsplatz-fuer-sie-gibt-ld.2452082)


++++RECHTSPOPULISMUS
Ueli Maurer ist nicht der Einzige: Die SVP und ihre Nähe zu Autokraten
Alt Bundesrat Ueli Maurer trifft den chinesischen Botschafter in der Schweiz und lässt sich für Propaganda-Zwecke einspannen. Nur: Politikerinnen und Politiker der SVP zeigen häufig Sympathien für autokratische Regimes. Ein Überblick.
https://www.blick.ch/politik/ueli-maurer-ist-nicht-der-einzige-die-svp-und-ihre-naehe-zu-autokraten-id18545585.html


4,5 Millionen Exemplare: «Stopp Werbung»-Kleber hilft nicht – SVP flutet Schweizer Briefkästen
Alle Haushalte erhalten in diesen Tagen Post von der SVP – trotz «Stopp Reklame»-Kleber. Die Partei will über das Klimagesetz «aufklären». Ihre Gegner sprechen von einer «Desinformationskampagne».
https://www.20min.ch/story/stopp-werbung-kleber-hilft-nicht-svp-flutet-briefkaesten-347961927092?version=1683208322045


+++RECHTSEXTREMISMUS
Nationalrat verbietet Hakenkreuz und Hitlergruss: Warum das ein Erfolg für Marianne Binder ist
Der Nationalrat hat sich mit 141 zu 42 Stimmen für ein Verbot von Nazisymbolen im öffentlichen Raum ausgesprochen. Die Forderung stammte von der Aargauer Mitte-Nationalrätin Marianne Binder, der Bundesrat hatte sie abgelehnt.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/nationalrat-hakenkreuz-und-hitlergruss-verbieten-nationalrat-stimmt-forderung-von-marianne-binder-deutlich-zu-ld.2451984
-> https://www.blick.ch/politik/eine-grosse-herausforderung-nationalrat-will-nazi-symbole-verbieten-id18546890.html
-> https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/nationalrat-will-nazi-symbole-verbieten-66487751


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
tagesanzeiger.ch 04.05.2023

Kundgebung in Winterthur: Ken Jebsen und die Freiheitstrychler kommen – Linksaussen ruft zur Gegendemo auf

Freiheitstrychler, Massnahmenkritiker, Ken Jebsen und eine linke Gegendemonstration: Winterthur steht ein unruhiger Sonntag bevor.

Gregory von Ballmoos

Am Sonntag wird in Winterthur wieder demonstriert. Für Frieden, Neutralität, Souveränität und Freiheit. Beim «Freiluft-Kongress» wird ein ähnliches Publikum angesprochen wie bei den Corona-Massnahmen-Demos. Sie haben auch denselben Organisator: Urs Hans, Landwirt aus Turbenthal und ehemaliger Kantonsrat (parteilos). Corona werde zwar auch ein Thema sein, so Hans. Doch der Hauptgrund für die Kundgebung ist diesmal der Krieg in der Ukraine.

«Der Mainstream, also auch der ‹Landbote›, berichten einseitig darüber», sagt Hans. Zum Krieg hat Hans eine Meinung, die sich nicht mit der westlichen Ansicht deckt. «Der Westen hat das Minsk-2-Abkommen gebrochen», behauptet Hans. Dieses wurde im Nachgang der Unruhen in den Donbass-Regionen unterzeichnet. Das Hauptziel war ein unverzüglicher, allseitiger Waffenstillstand, zudem wurde den Regionen gewisse Autonomie versprochen. Das Bild von Hans deckt sich weitgehend mit der Darstellung, die der Kreml verbreitet. Hans sagt, er habe die Vorgänge in der Ukraine seit langem beobachtet und sich eine eigene Meinung gebildet. Das sagte er auch bei den Corona-Massnahmen. Damals wie heute betont Hans, es gehe ihm um den «offenen Dialog».

Wie viele Leute nach Winterthur kommen, ist unklar. Weder die Polizei noch Hans wollen sich festlegen. Bei der ersten grossen Demonstration im September 2021 kamen gemäss Polizei 7000 bis 9000 Personen, Hans spricht von 25’000. Bei den nachfolgenden Demos waren es jeweils noch einige Hundert. Fast immer mit dabei war aber die Junge Tat.

Die rechtsextreme Gruppierung um den Winterthurer Manuel C. lief an der grossen Demo in Winterthur vom September 2021 mit. Sie trugen ein Transparent mit der Aufschrift «Jugend gegen Impfzwang» bei sich und wurden offensichtlich geduldet. Auch im letzten Oktober bei einer ähnlichen Demo von Hans war die Gruppierung mit einem Transparent dabei – angeblich ohne Einverständnis des Organisators.

Urs Hans sagt heute: «Es kann jeder mitlaufen, aber sicher nicht mit einem Banner.» Wer ihn kenne, wisse, dass er mit Rechtsextremismus nichts am Hut habe, so der ehemalige Politiker der Grünen. Auch am Sonntag wird marschiert. Vom Neumarkt soll es über die Technikumstrasse, den Graben und die Stadthausstrasse gehen. «Es ist möglich, dass die Route noch geändert wird», meint Hans.

Angeführt wird der Demonstrationszug wohl erneut von den Freiheitstrychlern. Mit ihren Kuhglocken und Sennenhemden sind für die Corona-Szene zum Symbol- und Vorbild und für die Gegnerschaft zum Feindbild geworden. Bei einer Kundgebung in Bern fielen sie mit «Harus!»-Rufen auf. Mit «Harus!» grüssten sich im Zweiten Weltkrieg Schweizer Frontisten. Die Trychler verwiesen nach Kritik auf die Etymologie des Wortes.

Begleitet werden die Trychler durch ein eigenes, offizielles Sicherheitsteam. Gemäss dem Linksaussen-Informationskanal «Barrikade-Info» soll zudem ein zweites, inoffizielles Team die Freiheitstrychler begleiten. Auf Bildern dieses Teams ist Stefan N. zu sehen. Dieser ist ein ehemaliger Fussball-Hooligan. Bekannt wurde er 2019, als er als GC-Fan in Luzern einen Spielabbruch provozierte. Damals wohnte Stefan N. in Winterthur. Organisator Hans wusste bis zum Telefongespräch mit dieser Zeitung nichts davon. Er wolle dem aber nachgehen.

Szenestar Jebsen als Redner

Dass die anstehende Demonstration von Hans am rechten Flügel der Gesellschaft Anklang finden wird, ist allerdings offenkundig. Unter den Rednern – vom ehemaligen Grünen Hans eingeladen – befindet sich beispielsweise Rainer Rothfuss. Der deutsche AfD-Bundestagsabgeordnete liess sich bereits mit dem Anführer der Nachtwölfe fotografieren. Die Nachtwölfe sind ein russischer, nationalistischer Motorradclub.

Auch Kayvan Soufi-Siavash wird in Winterthur auftreten. Soufi-Siavash ist besser bekannt unter dem Namen Ken Jebsen. Der ehemalige Radiomoderator erreichte auf Youtube zeitweilig ein Millionenpublikum. Sein Markenzeichen ist sein schnelles Sprechen. Jebsen gilt als Verschwörungstheoretiker – nicht erst seit der Corona-Pandemie. 9/11 nannte er einst eine «Terrorlüge». Der preisgekrönte Podcast «Cui Bono: WTF happened to Ken Jebsen?» zeichnete seinen Werdegang detailliert nach. Jebsen erreichte mit seinen Videos zu Covid-Zeiten ein Millionenpublikum. Er sprach auf grossen Querdenker-Demos in Deutschland und nannte die Massnahmen zur Bekämpfung der Pandemie ein «Gehorsamkeitsexperiment».

Linke Gegendemonstration

Die Auftritte der Trychler, von Rothfuss und Jebsen rufen auch die linke Szene auf den Plan. Online mobilisieren sie zu einer Gegendemonstration unter dem Motto «Gemeinsam gegen Rechts». Ihre Kundgebung, die zeitgleich im Stadtpark – also direkt an der Marschroute – stattfinden soll, ist nicht bewilligt. «Es ging kein Gesuch ein», sagt Michael Wirz, Sprecher der Stadtpolizei Winterthur.

Die Vorbereitungen auf den Einsatz der Polizei laufe schon länger, so Wirz. Verschiedene Faktoren würden dabei eine Rolle spielen. Etwa die Situation am 1. Mai. Dieser war in Winterthur sehr friedlich, nicht so in Zürich und Basel.

Angesichts der bekannten Redner und der erwarteten Gäste der Demo besteht ein Risiko, dass die Linksaussen-Szene aus Zürich nach Winterthur reist. Auch die unbewilligte Demonstration vom 1. April in Zürich fliesse in die Planung ein, so Wirz. Damals zogen rund 500 vermummte Gestalten durch die Langstrasse, schlugen Scheiben ein und sprayten Parolen an die Wände. Dass es zu Angriffen auf die Demonstrationsteilnehmenden kommt, glaubt Hans nicht. «Ich habe keine Angst», so der Bauer. Man habe zusammen mit der Polizei ein Sicherheitskonzept ausgearbeitet. «Nur weil die Linksextremen drohen, lassen wir uns nicht einschüchtern.» Seine Kundgebung ist bewilligt.

Wofür demonstrieren sie?

Der Freiluftkongress findet unter dem Motto «Frieden, Neutralität, Souveränität und Freiheit» statt. Aber wie soll denn dieser Frieden aussehen? Am Telefon gibt Hans bereitwillig Auskunft.

«Es muss eine faire Lösung für alle geben.»

Was ist eine faire Lösung?

«Wenn alle zu ihrem Recht kommen. Ich vergleiche den Krieg ab und an mit dem Jurakonflikt. Wenn Bern dort sofort mit den Kanonen nach Delsberg geschossen hätte, als sie sich separieren wollten, wäre eventuell Frankreich gekommen und hätte gesagt: ‹Was macht ihr mit unseren Confrères? Das könnt ihr doch nicht tun.›  Aber die Berner waren so schlau und haben akzeptiert, dass die Jurassier wegwollten. Dieser Krieg ist überhaupt nicht notwendig. Im Donbass ist eine Schweizer Lösung nicht mehr möglich.»

Dann schweift der Landwirt ab und landet irgendwann bei der Futtermischung für seine Kühe, die er an diesem Nachmittag noch machen muss. In seinen Antworten zieht der ehemalige Kantonsrat gern Vergleiche und nennt Namen von angeblichen Experten auf dem Gebiet, die aber von den Mainstream-Medien ignoriert würden. In diesem Fall ist es Jaques Beaud. Beaud ist ein ehemaliger Schweizer Geheimdienstler, der unter anderem behauptet, dass die Ukraine im Vorfeld des 24. Februar die Regionen Luhansk und Donezk massiv angegriffen und so den Krieg provoziert habe. Das Gespräch wird zunehmend technisch, Dokumente und Abkommen werden zitiert, etwa das Minsk-2-Abkommen. Dieses sei ihm wirklich wichtig.

Und er müsse nun wirklich die Futtermischung für seine Kühe mischen.
(https://www.tagesanzeiger.ch/ken-jebsen-und-die-freiheitstrychler-kommen-linksaussen-ruft-zur-gegendemo-auf-950591546411)
-> https://www.zueritoday.ch/zuerich/freiheitstrychler-marschieren-in-winterthur-auf-antifa-plant-gegendemo-151343818


+++HISTORY
Schwarz in Deutschland
Lebensrealitäten – Kämpfe – Zukunftsperspektiven
Seit mehr als 400 Jahren leben Schwarze Menschen in Deutschland. In der öffentlichen, politischen und akademischen Wahrnehmung bleiben sie jedoch weitgehend unsichtbar. Entwicklungen im Zuge der Black Lives Matter Bewegung aus den USA trugen auch in Deutschland kurzfristig dazu bei, einen gesamtgesellschaftlichen Diskurs über die Lebensrealitäten der rund 1 Million Menschen afrikanischer Abstammung und über strukturellen Rassismus hierzulande zu führen. Ansonsten ist das Thema kaum präsent, was sich auch im fehlenden Bewusstsein für die deutsche Kolonialgeschichte spiegelt.
https://heimatkunde.boell.de/de/schwarz-in-deutschland