Medienspiegel 29. April 2023

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel/

+++AARGAU
SVP fordert Beschäftigungsprogramme für alle Asylsuchenden – diese sollen gratis arbeiten
Es sei «sinnvoll und zumutbar», dass Asylsuchende bis zu 42 Stunden pro Woche an Beschäftigungsprogrammen teilnehmen, finden SVP-Fraktionschefin Désirée Stutz und ihr Parteikollege Christoph Hagenbuch. Eine Entschädigung soll es dafür nicht geben. Für Rolf Schmid vom Verein Netzwerk Asyl ist die Forderung primär Gepolter.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/asyl-svp-fordert-beschaeftigungsprogramme-fuer-alle-asylsuchenden-diese-sollen-gratis-arbeiten-ld.2448778


+++SCHWEIZ
Offener Brief zu den Missständen im Bundesasylzentrum Ziegler
Bern, 27.04.2023
Guten Tag Frau Bundesrätin Baume-Schneider,
Guten Tag Frau Schraner-Burgener,
Wir nehmen Bezug auf den Artikel „Es fühlt sich an wie ein Gefängnis“ unter derbund.ch vom 17. April 2023.
Das SEM ist verantwortlich für die Führung und den Betrieb der Bundesasylzentren (BAZ) und damit auch für das Wohlergehen, die Sicherheit und die psychische und physische Unversehrtheit aller im BAZ untergebrachten Personen. Die im BAZ lebenden Geflüchteten stehen unter Obhut des Staates, der ihnen gegenüber eine Schutzpflicht hat.
Mehr: https://www.augenauf.ch/aktivitaeten/198-offener-brief-zu-den-missstaenden-im-bundesasylzentrum-ziegler.html


Bundesasylzentrum Dübendorf: Tag der offenen Tür – Tagesschau
Die Flüchtlingszahlen steigen weiter, neue Asylunterkünfte werden immer mehr zum Zankapfel. Nun geht das SEM, das Staatssekretariat für Migration, in eine PR-Offensive. Am Samstag lud das Bundesasylzentrum Dübendorf zu einem Tag der offenen Tür ein.
https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/bundesasylzentrum-duebendorf-tag-der-offenen-tuer?urn=urn:srf:video:98c0dd63-f1b7-4efb-9cf1-14bec23d718b


+++MITTELMEER
Mittelmeer: Deutsche Motorjacht rettet 47 Geflüchtete aus Seenot
Die “Nadir” nahm im Mittelmeer Migranten aus einem überfüllten Stahlboot an Bord. Es war bereits der dritte Einsatz der Organisation Resqship in dieser Woche.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2023-04/mittelmeer-fluechtlinge-resqship-nadir-lampedusa
-> https://www.tagesschau.de/ausland/europa/mittelmeer-migranten-rettung-100.html


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
«Gegenveranstaltung» zum 1. Mai: Auf der Claramatte treffen sich linke Organisationen (ab 01:59)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/regierung-will-deponie-maienbuehl-nicht-sanieren?id=12378276


Krach um Demo-Benimmregeln: Im Basler 1.-Mai-Bündnis brodelt es gewaltig
Der Sprecher des 1.-Mai-Komitees Basel sagt, die SP sei mit dem Demo-Kodex vorgeprescht. An der betreffenden Sitzung war er allerdings nicht anwesend.
https://www.bazonline.ch/im-basler-1-mai-buendnis-brodelt-es-gewaltig-864908012452


«Wir brauchen den Klimanotstand»
Die Strassenblockaden von Klimaaktivistinnen lösen Ärger aus. Warum setzen sie auf diese Methode? Haben sie Selbstzweifel? Würden sie auch eine Pipeline in die Luft sprengen? Ein Gespräch mit den Klebern vom Gotthard.
https://www.republik.ch/2023/04/29/wir-brauchen-den-klimanotstand


+++KNAST
derbund.ch 28.04.2023

Tod im Vollzug: Sein letzter Wunsch blieb unerfüllt

Ein Berner Mehrfachmörder durfte nicht in einem Sterbehospiz sterben. Der Fall ist exemplarisch: Es fehlen palliative Angebote für schwer kranke Straftäter.

Bernhard Ott

In der Gefängnisabteilung des Berner Inselspitals wollte der krebskranke Mehrfachmörder C. auf keinen Fall sterben. Denn die Sicherheitsvorschriften verunmöglichen es Angehörigen, Sterbende zu begleiten. «Auch ein Verbrecher hat das Recht, in Würde zu sterben», sagte der 54-Jährige Anfang November bei einem Treffen im Besuchszimmer der Anstalt Thorberg.

Da hatte sich der Tumor vom Magen-Darm-Trakt in Gallenblase, Niere, Leber und Lunge ausgebreitet. Zum Zeitpunkt des Treffens hatte C. seine Lebenserwartung bereits überschritten. «Ich müsste eigentlich längst tot sein.»

C. verbüsste eine lebenslängliche Freiheitsstrafe. Dazu kam eine Verwahrung. Die Tat liegt schon eine Weile zurück und sorgte für Schlagzeilen. Der Mehrfachmörder wollte aus Rücksicht auf seine Angehörigen die Tat und den Tatort nicht genauer benannt haben.

Verschiebung im letzten Moment

Nach der tödlichen Diagnose wurde der Schwerkranke über Monate zwischen dem Thorberg und der Bewachungsstation des Inselspitals (Bewa) hin- und herverfrachtet, wo er alle zwei Wochen einer Chemotherapie unterzogen wurde. «Solange ich stehen kann, behalten sie mich im Thorberg. Sobald ich Pflege brauche, komme ich in die Bewa», beschrieb er das Vorgehen der Behörden.

Auf dem Thorberg ist man nicht für den Umgang mit Sterbenden vorbereitet. Weil C. das strenge Regime in der Bewa fürchtete, erhob er Beschwerde. Darin verlangte er ein neues medizinisches Gutachten. So hoffte er, für haftunfähig erklärt zu werden, um in einem Pflegeheim oder einem Sterbehospiz sterben zu können. Gemäss Strafgesetzbuch darf von den Regeln des Vollzugs abgewichen werden, «wenn der Gesundheitszustand des Gefangenen dies erfordert.» Dabei ist die Verlegung in eine «andere geeignete Einrichtung» möglich.

Für Verwahrte lässt dies das Bundesgericht aber kaum mehr zu. Für diese Straftäter würden Haftunterbrüche fürs Sterben «nur noch als letztmögliches Mittel gewährt», wie Strafvollzugsexperte Benjamin Brägger in einem Interview mit dieser Zeitung sagte. Grund für diese Strenge seien der «mediale Druck» und die «Fokussierung auf die Sicherheit». Letzteres geht auf den Mord an einer Pfadiführerin auf dem Zollikerberg vor dreissig Jahren zurück. Die Tat wurde durch einen Gewalttäter im Hafturlaub begangen und gab Anstoss zu einer Verschärfung der Gesetzgebung.

C.s letzter Wunsch blieb denn auch unerfüllt. Ende Dezember ist er im Inselspital verstorben. Olivier Aebischer, Sprecher der Bewährungs- und Vollzugsdienste, bestätigt zwar nicht das Datum. Er hält aber fest, dass C. «auf einer Abteilung ausserhalb der Bewa» im Beisein der Angehörigen verstorben sei. Wer nicht in der Bewa sterben will, wird im letzten Moment meist in die Palliativabteilung des Inselspitals verlegt, wo das Besuchsregime lockerer ist.

Obergericht bleibt hart

Einen Monat vor C.s Tod lehnte das Berner Obergericht seine Beschwerde ab. Ende November kamen die Richter in einem erst kürzlich publizierten Urteil zum Schluss, dass er «medizinisch adäquat» versorgt werde. Auch gebe es keine Hinweise darauf, dass sich das «Pendeln» zwischen Thorberg und Bewachungsstation negativ auf seinen Gesundheitszustand auswirke. Zudem weile C. bloss wenige Tage pro Monat in der Bewa. Kurz: Der Freiheitsentzug stelle «keine besondere oder ernsthafte Gefahr für die Gesundheit und/oder das Leben des Beschwerdeführers» dar.

Noch stärker gewichtete das Gericht aber den Umstand, dass den Interessen an einem «regen Familienleben im letzten Lebensabschnitt» bedeutende öffentliche Interessen entgegenstünden. Zwar sei einem Vollzugsbericht vom Februar 2022 zu entnehmen, dass C. «zugänglicher, offener und dankbarer» geworden sei. Auch hätten sich seine Prioritäten seit der Diagnose verändert, und es stünden neue Themen wie «letzte Wünsche und die Auseinandersetzung mit dem Tod» im Fokus.
Das Berner Obergericht stellt sich im Fall C. hinter die Vorinstanz: Dem Interesse an einem «regen Familienleben im letzten Lebensabschnitt» stünden «bedeutende öffentliche Interessen» gegenüber.

Dies vermochte aber die Risikofaktoren für das Gericht nicht zu entkräften. Es selber hielt 2020 in letzter Instanz fest, dass C. die Taten mit «übermässiger Gewaltanwendung» und auf besonders grausame Weise begangen habe. Im aktuellen Beschwerdeentscheid stellt nun dasselbe Gericht fest, dass C. «nach wie vor» keine Einsicht in seine Taten habe. «Die Gefährdung, die vom Beschwerdeführer ausgehen kann, darf nicht vernachlässigt werden.»

Am Schluss des Urteils führt das Obergericht ein grundsätzliches Argument ins Feld, das letztlich jegliche Optionen ausschliesst: «Der Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe mit anschliessender Verwahrung ist eigen, dass er seinen Lebensabend im Freiheitsentzug verbringen wird.»

Damit stellt sich das Obergericht bis in die Ausdrucksweise hinein hinter die kantonale Sicherheitsdirektion als Vorinstanz. Diese hielt in ihrem von Regierungsrat Philippe Müller (FDP) unterzeichneten Entscheid fest, dass es zwar nachvollziehbar sei, dass der Beschwerdeführer in der Endphase seines Lebens so viel Zeit wie möglich mit seiner Familie verbringen wolle. Er habe sich diese Trennung durch sein strafbares Verhalten aber selbst zuzuschreiben, «zumal eine lebenslängliche Strafe mit Verwahrung von vornherein bedeutet, bis zum Tod im Vollzug zu verbleiben».

Kein Platz für Pflegefälle

Der Fall C. steht exemplarisch für den Umgang mit pflegebedürftigen und todkranken Straftätern im Kanton Bern. Das Hin und Her zwischen Gefängnis und Bewachungsstation ist Ausdruck einer «Lücke im bestehenden Angebot», wie sich Strafvollzugsexperte Brägger ausdrückt. Denn in den Gefängnissen ist man für schwere Pflegefälle nicht gerüstet. Und die Bewachungsstation des Inselspitals ist ein Akutspital und keine Palliativabteilung.

Schwere Pflegefälle sind im Berner Justizvollzug nicht vorgesehen. «Wenn der Staat die Leute fürs Sterben nicht mehr rauslässt, hat er auch die Verpflichtung, ein menschenwürdiges Altern und Sterben zu ermöglichen», sagt Brägger.

Eine Behebung dieser Angebotslücke dürfte in den kommenden Jahren dringlicher werden. Denn eine Studie des Schweizerischen Kompetenzzentrums für Strafvollzug zur Entwicklung der älteren Gefangenenpopulation kommt zum Schluss, dass die Zahl der Männer über 60 im Strafvollzug von 200 Personen im Jahr 2017 auf 350 im Jahr 2035 ansteigen wird. Bei Verwahrten wiederum wird in derselben Zeitspanne mit einem Anstieg der über 60-Jährigen von 96 auf 170 Personen gerechnet.

Einzelne Kantone haben darauf reagiert. So gibt es etwa in den Justizvollzugsanstalten Lenzburg AG und Pöschwies ZH Abteilungen für über 60-Jährige, die Pflege bis zu einem gewissen Grad anbieten. Und der Kanton Obwalden prüft, im Vollzug eine Pflegestation einzurichten.

Im Kanton Bern gibt es keine solchen Angebote, aber man ist sich des Problems immerhin bewusst. So ist in der Justizvollzugsstrategie 2017–2032 von der Herausforderung eines «würdigen Alterns und Sterbens» die Rede. Zugleich wird aber betont, dass die Pflege betagter und psychisch beeinträchtigter Personen «nicht zum klassischen Aufgabenportfolio des Strafvollzugspersonals» gehört.

Man sei aber nicht untätig, versichert Olivier Aebischer, Sprecher der Bewährungs- und Vollzugsdienste. Der Kanton Bern arbeite «selbstverständlich» mit den anderen Kantonen zusammen. Denn es sei Sinn und Zweck der interkantonalen Zusammenarbeit, «dass nicht jeder Kanton zu jedem Vollzugsbedarf ein eigenes Angebot stellt». So würden einzelne Kantone «Spezialangebote» für alle anbieten – wie auch der Kanton Bern mit dem «einzigartigen Angebot eines Gefängnisspitals» in Form der Bewachungsabteilung des Inselspitals.

Die Nachfrage nach einer Palliativabteilung im Vollzug hält Aebischer indes für «viel zu klein», als dass sich kantonale Einzelangebote lohnen würden. «Sie würden die meiste Zeit leer stehen.» Daher unterstütze der Kanton Bern die Initiative Obwaldens, den Aufbau eines solchen Angebots zu prüfen.

Aktuell ist es laut Aebischer möglich, dass schwerkranke Häftlinge Palliativpflege in einer gesicherten Pflegeinstitution ausserhalb des Vollzugs erhalten. So bestehe mit einem gesicherten Pflegeheim in Bauma ZH eine «regelmässige Zusammenarbeit». Diese Institution kam für C. wegen des Urteils des Obergerichts aber nicht infrage.

In Bauma gibt es schweizweit das einzige private Pflegeheim mit einer geschlossenen Abteilung, die «in Einzelfällen und nach genauer Vorabklärung» pflegebedürftige Personen aufnimmt, «die früher einmal ein Delikt begangen haben», wie es auf der Website heisst. Das vermag die Nachfrage aber nicht zu decken.

Es sei «erkannt», dass zusätzliche Angebote für «lebensältere, kranke und pflegebedürftige Personen» notwendig seien, sagt Joe Keel vom Ostschweizer Strafvollzugskonkordat. Die beiden Deutschschweizer Konkordate bemühten sich zurzeit um ein «koordiniertes Vorgehen im Bereich der aufwendigen und teuren Spezialvollzugsplätze», hält Keel fest. Es gehe darum, den «Handlungsbedarf aufzuzeigen» und Empfehlungen zuhanden der Politik abzugeben.

«Schöne Worte», sagt Strafvollzugsexperte Brägger. «Die Kantone wollen möglichst billige Lösungen.» Sie seien auch kaum mehr bereit, die Kosten für Palliativabteilungen im Vollzug und die damit verbundenen Sicherheitsrisiken einzugehen. In Deutschland gebe es Altersgefängisse und Sterbeabteilungen. In der Schweiz bräuchte es angesichts der zögerlichen Haltung der Kantone ein Bundesgesetz. «Letztlich geht es um die Frage, wie der Staat mit vulnerablen Personen umgeht, die keine Lobby haben», sagt Brägger.

Der letzte behördliche Akt im Fall C. ist eine Mitteilung des Konkursamtes Bern-Mittelland. Dieses hat gut zwei Monate nach dem Tod den vorläufigen Konkurs über den Verstorbenen eröffnet, dessen Angehörige das Erbe ausgeschlagen haben. Der Kanton Bern dürfte somit auf den Gerichtskosten in der Höhe von 1600 Franken sitzen bleiben, die das Obergericht bei der Ablehnung der Beschwerde C. auferlegt hatte.
(https://www.derbund.ch/sein-letzter-wunsch-blieb-unerfuellt-380884983958)


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Verschwörungstheorien keine Bühne bieten!
Die JUSO Basel-Stadt kritisiert den Auftritt des Verschwörungstheoretikers Daniele Ganser im Basler Stadtcasino heftig. Dass ein angeblicher Historiker, der aufgrund seiner kruden Theorien immer wieder stark kritisiert wird und nachweislich Falschinformationen in Umlauf bringt, im Herzen Basels auftreten kann, ist schlichtweg unverständlich. Dass es überhaupt zu diesem Skandal kommt, hat auch mit der fragwürdigen Rolle eines ehemaligen Basler Regierungsrats zu tun.
https://bs.juso.ch/aktuelles/medienmitteilungen/verschworungstheorien-keine-buhne-bieten/


+++HISTORY
Besser spät als nie
Der Bundesrat beschliesst Erinnerungsorte für die Opfer des Nationalsozialismus – in Bern und St. Gallen.
https://www.tachles.ch/artikel/schweiz/besser-spaet-als-nie-0