Medienspiegel 7. April 2023

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+++BERN
derbund.ch 07.04.2023

Spitzenläufer verurteilt: Seine letzten Meter

Mekonen Tefera floh vor einer Blutfehde. Die Schweiz wies ihn zurück. Das Laufen war sein Ausweg. Nun hat ihn das Berner Obergericht des Landes verwiesen.

Cedric Fröhlich

Vor Gericht haben die Beschuldigten das letzte Wort. Manch einer weint. Andere zürnen oder bitten um Vergebung. Viele sagen gar nichts. Es sind kurze menschliche Intermezzi, nachdem das juristische Handwerk verrichtet ist. Im Anschluss spricht das Gericht Recht.

Als Mekonen Tefera seine Gelegenheit erhält, sagt er: «Man kennt die Schweiz als humanitäres Land. Ich bitte Sie, im Namen Gottes, um ein gerechtes Urteil.» Am Gründonnerstag verweist ihn das Obergericht des Kantons Bern des Landes.

Tefera, ein schlanker, 31-jähriger Äthiopier, hat zwischen 2013 und 2020 Leistungen vom Staat bezogen, genauer vom Kanton Bern. 54’450 Franken, ausbezahlt im Rahmen der Asylsozialhilfe, später der Nothilfe. Das Geld stand ihm nicht zu. Oder in den Worten des Gerichts: «Herr Tefera hat die Schweizer Steuerzahlenden geschädigt.»

Der Schuldspruch ist der nächste Tiefschlag für einen Menschen, über den diese Zeitung vor einem Jahr ausführlich berichtete. Dessen Geschichte ein Fall wie kein zweiter ist und doch stellvertretend steht für den Umgang mit all jenen, die hier unerwünscht sind.

«Ja zu einer Zukunft»

Tefera ist ein abgewiesener Asylsuchender. Bald lebt er seit zehn Jahren in der Schweiz, wovon er den Grossteil in den Rückkehrzentren des Kantons Bern verbrachte. Wer hier endet, darf nicht arbeiten, erhält keinen Deutschunterricht und von der öffentlichen Hand gerade so viel, um ein «menschenwürdiges» Leben führen zu können. Lange waren das acht Franken am Tag, mittlerweile sind es zehn. Damit war er einer unter Hunderten im Kanton, von 5029 im ganzen Land. Sie müssen die Schweiz verlassen, so verlangt es das Gesetz. Viele bleiben trotzdem, auch weil sie die Schweiz nicht ausschaffen kann.

Was Tefera von anderen Unerwünschten unterscheidet: Er kann sehr weit und sehr schnell rennen. Nach seiner Ankunft trat er Laufgruppen bei, später dem TV Länggasse. Er fand dort Freunde. Einige sitzen auf den Zuschauerrängen in schwarzen T-Shirts, auf denen steht: «Ja zu einer Zukunft für Mekonen!»

Der Sport und diese Menschen waren Teferas Ausweg aus den Zentren und den Sackgassen in seinem Kopf. Gleichzeitig half es, dass er lief wie ein Getriebener. Podestplatz reihte er an Siege – etwa am GP von Bern. Sein Lohn waren mal 500 Franken hier, ein Gutschein da. 52’000 Franken verdiente er so während knapp acht Jahren. Er steckte jeden einzelnen davon in einen Rucksack – auch weil keine Bank einem Abgewiesenen ein Bankkonto eröffnet. Ab und an kaufte er sich davon neue Schuhe, den Rest sparte er.

Ein Produkt der direkten Demokratie

Wer in der Schweiz Sozialhilfe oder eben Nothilfe beziehen will, muss vorhandenes Vermögen anzeigen. Erst wer keines mehr hat, gilt als bedürftig und wird damit bezugsberechtigt. Ebenso müssen Veränderungen der finanziellen Verhältnisse angegeben werden. Mekonen Tefera erzählte nur wenigen von seinem Rucksack, die Behörden zählten nicht dazu.

Der Straftatbestand des unrechtmässigen Bezugs von Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe ist ein Produkt der Ausschaffungsinitiative, der eine Mehrheit der Schweizer Stimmberechtigten vor 13 Jahren zustimmte. Selbiges gilt für den obligatorischen Landesverweis im Falle einer Verurteilung.

Die Vorinstanz, das Regionalgericht Bern Mittelland, verurteilte ihn deshalb vor einem Jahr zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten und ordnete einen Landesverweis für fünf Jahre an, der zum ohnehin rechtskräftigen ausländerrechtlichen Wegweisungsentscheid hinzukam.

Vom Vorsatz

Dagegen führte Tefera erfolglos Beschwerde am Obergericht. Denn die entscheidende Frage sprach letztlich gegen ihn. Nämlich ob er wusste, was er da tat. Ob er die Preisgelder vorsätzlich verschwieg. Er bestreitet das: «Ich wusste erst, dass ich etwas falsch gemacht habe, als ich vor Gericht erscheinen musste.»

Seine Verteidigerin doppelt nach und kritisiert die lasche Dossierführung der Asylorganisationen. Sie spricht etwa den Umstand an, dass man Tefera das erste Formular nur in englischer Sprache vorlegte, er aber nur über bruchstückhafte Englischkenntnisse verfügt. Sie fordert einen Freispruch.
Sara Da Silva (links) hat mit einer Petition über 1000 Unterschriften gesammelt, die den Verbleib Teferas in der Schweiz fordert.

Ob er «Cash» besitze, lautet eine Frage auf diesem Formular. Die Staatsanwältin hält deshalb dagegen. Denn das habe Tefera mit Sicherheit verstanden – «er kreuzte das Feld mit Nein an». Sie fordert, das Urteil der Vorinstanz sei zu bestätigen, samt Landesverweis.

Den könne man «politisch völlig daneben finden». Das Gesetz schreibe ihn trotzdem vor. Als sie das sagt, zeigt die Staatsanwältin auf die Zuschauerränge und die Menschen in den schwarzen Shirts und fährt fort: «Nicht jeder Delinquent hat einen solchen Fanklub.» Der Beschuldigte könne sich aber nicht auf die Integration während seines rechtswidrigen Aufenthalts in der Schweiz berufen. «Würde man das tun, dann wäre das eine Benachteiligung all jener, die man ausschafft.»

Das Gericht folgt in den wesentlichen Punkten der Anklage. «Herr Tefera ist keineswegs der Unwissende, als den er sich ausgibt», sagt die Gerichtspräsidentin. «Von mangelnder Instruktion kann keine Rede sein.» Das Obergericht verzichtet auf die Freiheitsstrafe, belässt es bei einer bedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu 10 Franken. Am Landesverweis aber hält es fest.

«Nicht mehr im Gefahrengebiet»

Mekonen Tefera flüchtete 2013 aus dem Nordwesten Äthiopiens in die Schweiz. Er verliess die Farm seiner Eltern, um einer Blutfehde zu entkommen. Sein Bruder hatte einen Nachbarssohn erschossen, und die Familie des Toten schwor Rache. Am nächstältesten Sohn. An Mekonen.

Die Krux jedes Asylverfahrens ist es, eine solche Geschichte glaubhaft machen zu müssen. Tefera gelang das in den Augen des Schweizer Asylsystems nicht. Seit Mai 2015 trägt er deshalb einen «Wegweisungsentscheid» mit sich herum. Das heisst gleichzeitig, dass die Schweiz eine Rückkehr nach Äthiopien für zumutbar hält, auch wenn im Norden des Landes, aus dem Tefera stammt, bis vor kurzem ein Bürgerkrieg ganze Landstriche verheerte und laut jüngsten Schätzungen bis zu 600’000 Menschen das Leben gekostet hat.

So sieht es auch das Obergericht, als es den strafrechtlichen Landesverweis anordnet. Teferas Eltern leben mittlerweile im Landesinnern. «Nicht mehr im Gefahrengebiet», wie das Gericht befindet. Es hatte sich deshalb mit dieser Frage zu befassen, weil es eine Ausnahme zum obligatorischen Landesverweis gibt: den schweren persönlichen Härtefall.

Tefera hat in der Schweiz zwei Kinder, für die er zwei Tage in der Woche sorgt. «Eine Landesverweisung würde zwangsläufig zur Trennung und zu einem abrupten Abbruch der für die Kinder sehr wichtigen Vater-Kind-Beziehung führen», votierte die Verteidigung. Vergebens.

Siegprämien für den Kanton

Zwischen Tefera und der Mutter der Kinder hat es nie funktioniert. Auch sie ist Asylsuchende, im Gegensatz zu ihm erhielt sie ein vorläufiges Bleiberecht. Die Beziehung endete im Desaster. Sie stahl ihm den Rucksack mit dem Geld, das er laut eigenen Angaben für seine Kinder angespart hat, woraufhin er sie unter anderem mit dem Tod bedrohte.

Beide schalteten die Polizei ein, zeigten einander aber nicht an. Beamte der Kapo fanden das Geld in der Wohnung der Ex-Partnerin. So fing alles überhaupt erst an. Der Inhalt des Rucksacks – knapp 50’000 Franken – wurde übrigens längst dem Kanton zugeschlagen. Dagegen hat sich Tefera nicht gewehrt.

Das Gericht zweifelt insgesamt am «gelebten Familienleben» von Tefera und seinen Kindern. Daraus leitet es ab, es liege kein schwerer persönlicher Härtefall vor. «Das Gesetz ist für alle Abgewiesenen streng, und nur weil Herr Tefera ein erfolgreicher Laufsportler ist, erhält er keine Vorzugsbehandlung.»

Das Gericht hat gesprochen. Tefera verharrt.
(https://www.derbund.ch/mekonens-letzte-meter-349403788584)


+++DEUTSCHLAND
„Eine geplante Änderung der Schiffssicherheitsverordnung könnte die zivile #Seenotrettung behindern, kritisieren @j_pahlke und @seawatchcrew. Angesichts vorhandener und drohender Hürden für Seenotretter stellt sich die Frage, wie NGOs wie #SeaWatch handlungsfähig bleiben können.“
https://twitter.com/ndaktuell/status/1644249805185581056


+++KROATIEN
Massenabschiebungen von Kroatien nach Bosnien und Herzegowina
Seit einer Woche ist eine neue Praxis der kroatischen Behörden zu beobachten: Massenabschiebungen von Migrant:innen nach Bosnien und Herzegowina. Fast 300 Personen wurden innert nur fünf Tagen im März und April 2023 abgeschoben. Diese Abschiebungen finden auf undurchsichtige Weise statt und stellen eine weitere Eskalation der Entrechtung von Migrant:innen in Kroatien dar.
https://www.sosf.ch/de/themen/schengen-europa/informationen-artikel/230406_expulsions-de-masse_croatie.html


+++MITTELMEER
Ärzte ohne Grenzen: Rettungsschiff bringt in Italien 339 Geflüchtete an Land
Vor Malta geraten Hunderte Geflüchtete in Seenot. Eine Hilfsorganisation rettet die Menschen – und erreicht nun nach einer tagelangen Überfahrt den Hafen in Süditalien.
https://www.zeit.de/gesellschaft/2023-04/gefluechtete-mittelmeer-rettung-italien
-> https://www.tagesschau.de/ausland/europa/mittelmeer-fluechtlinge-rettung-101.html


+++GASSE
luzernerzeitung.ch 07.04.2023

Drogenhandel, Lärm, Gewalt – «Apothekergärtli bleibt herausfordernd»

Luzerns Sicherheitsmanager Christian Wandeler sagt, wie die Stadt die Lösungsvorschläge für die Ufschötti umsetzen kann – und wieso es kein Kulturgärtli mehr gibt.

Roman Hodel

Mit den wärmeren Temperaturen und den längeren Tagen zieht es die Jugendlichen allmählich wieder in die Luzerner Ufschötti, tausend und mehr sind es an schönen Wochenendabenden. Lärm, Abfall, aber auch Gewalt sorgten im vergangenen Sommer für Negativschlagzeilen. Eine Arbeitsgruppe hat kürzlich drei Lösungsvorschläge zuhanden des Stadtrats formuliert. Erarbeitet wurden diese von den Jungparteien zusammen mit Luzerns Sicherheitsmanager Christian Wandeler. Er sagt, wie die Lösungsvorschläge nun umgesetzt werden könnten.

– «Safe Place», betreut durch SIP (Sicherheit Intervention Prävention). Hierfür soll gemäss Wandeler der bisherige «Place to be», die mobile Anlaufstelle für Suchtprävention auf der grossen Wiese, flächenmässig vergrössert werden und so zu einem Aufenthaltsort werden. Die Abklärungen diesbezüglich seien am Laufen.
– Auf dem benachbarten Kanti-Areal sollen sich Jugendliche abends aufhalten dürfen. Heute patrouilliert hier ein Sicherheitsdienst und fordert diese zum Weggehen auf. Laut Wandeler stehe man in Kontakt mit der Schulleitung, mehr könne er dazu noch nicht sagen.
– Über den von Jugendlichen noch zu erarbeitenden Ufschötti-Kodex wird an verschiedenen Orten per Plakat informiert – so wie dies die Stadt heute bereits mit den Verhaltensregeln für alle Nutzenden tut. Ebenfalls ist dazu eine Social-Media-Kampagne geplant.

Nach wie vor ein Sorgenkind ist das Apothekergärtli über der Bootshalle. «Die Situation bleibt herausfordernd», sagt Wandeler. Wegen seiner erhöhten, etwas versteckten Lage und der vielen Büsche lassen sich hier spezifische Gruppen nieder, die regelmässig Probleme machen. Die Rede ist von Drogenkonsum, Drogenhandel, Lärm und Gewalt.

Um die Situation zu beruhigen, setzte die Stadt in den vergangenen zwei Sommerferien auf Kunstschaffende, die sich hier in Hütten einquartieren konnten. Nachts wurde das Areal geschlossen. Die erwähnten Gruppen verteilten sich dadurch auf der grossen Wiese, wo die soziale Kontrolle besser funktioniert. Ein Erfolg. Trotzdem gibt es keine dritte Saison für das sogenannte Kulturgärtli. «Die Nachfrage war zwar da, doch entweder wurden die Kunstschaffenden verregnet oder es war viel zu heiss», sagt Wandeler. Tatsächlich ist man im Apothekergärtli dem Wetter ausgesetzt – es gibt weder schattenspendende Bäume noch regengeschützte Bereiche.

Was passiert also nun im kommenden Sommer? Wandeler sagt es so: «Eine nächtliche Schliessung in Zusammenspiel mit einer teilweisen Umnutzung finde ich hier legitim – auch wenn ich sonst sehr dafür bin, dass Jugendliche öffentliche Plätze möglichst nutzen können.»

Es braucht eine gewisse Polizeipräsenz

Den Austausch mit den Jungparteien wertet Wandeler als «sehr positiven Prozess». Der vom Stadtrat im vergangenen Sommer geforderte mobile Polizeiposten, der bei ihnen schlecht ankam und letztlich den Anstoss für die Arbeitsgruppe gab, sei nur noch am Rand ein Thema gewesen. Den Posten wird es so auch nicht geben. Doch um die Sicherheit aller Ufschötti-Besuchenden sicherzustellen, braucht es laut Wandeler eine gewisse Polizeipräsenz. Dies sowie die Sicht der Anwohnenden könnten die Jungparteien dank des Austauschs nun besser nachvollziehen.

In den nächsten Wochen wird er mit seinem Team die Lösungsvorschläge konkretisieren und diese in den Stadtrat tragen. Die Exekutive wird dann über die Umsetzung der Massnahmen befinden. Ziel ist es, dass diese bereits auf den kommenden Sommer hin wirksam werden.
(https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/stadt-region-luzern/christian-wandeler-luzerns-sicherheitsmanager-zur-ufschoetti-apothekergaertli-bleibt-herausfordernd-ld.2436053)


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
BASEL:
Basel nazifrei zu Demokodex der SP: «Der Antikapitalistische Block wird sich die Strasse nehmen – ob das der SP passt oder nicht»
Die SP will mit Benimmregeln eine friedlichere Demo am 1. Mai schaffen. Basel nazifrei fühlt sich von deren Demokodex bevormundet: «Wenn, dann ist es die SP, die an einem 1. Mai nichts verloren hat.»
https://www.bazonline.ch/der-antikapitalistische-block-wird-sich-die-strasse-nehmen-ob-das-der-sp-passt-oder-nicht-118936775199
-> Demo-Aufruf: https://barrikade.info/article/5843


URI:
Reiseverkehr über Ostern: 19 Kilometer Stau vor dem Gotthard – Klimaaktivisten festgenommen
Mitglieder der Gruppe Renovate Switzerland blockierten die Fahrbahn vor dem Nordportal des Gotthardtunnels. Der Stau Richtung Süden ist aktuell 19 Kilometer lang.
https://www.derbund.ch/sechs-kilometer-stau-vor-dem-gotthard-617866469734
-> https://www.derbund.ch/wir-lassen-die-aktivisten-nach-der-befragung-wieder-frei-298342778296
-> https://www.20min.ch/story/das-sind-die-klima-kleber-vom-gotthard-und-diese-strafen-drohen-750727942539
-> https://www.20min.ch/story/das-ist-kontraproduktiv-juerg-grossen-aergert-sich-ueber-klima-kleber-271830138584
-> https://www.20min.ch/story/ausgerechnet-waehrend-oster-chaos-klima-kleber-blockieren-a2-512214605691
-> https://www.20min.ch/story/hoert-auf-autofahrer-stinksauer-ueber-klima-blockade-am-gotthard-170212500990
-> https://www.blick.ch/schweiz/von-19-bis-64-jahre-alt-das-sind-die-klima-kleber-vom-gotthard-id18471015.html
-> https://www.blick.ch/schweiz/zentralschweiz/uri/renovate-zur-gotthard-blockade-die-aktion-war-lange-im-voraus-geplant-id18470736.html
-> https://www.blick.ch/schweiz/osterreiseverkehr-angerollt-gotthard-stau-bereits-kilometerlang-id18464351.html
-> https://www.blick.ch/schweiz/klima-kleber-nerven-reisende-damit-macht-man-die-leute-nur-haessig-id18470661.html
-> https://www.blick.ch/schweiz/kommandant-der-kantonspolizei-uri-zu-klimaaktivisten-am-gotthard-ganz-verhindern-kann-man-so-eine-aktion-nicht-id18470601.html
-> https://twitter.com/Renovate_CH
-> https://www.instagram.com/renovate.switzerland/
-> https://renovate-switzerland.ch/
-> https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/gotthardtunnel-schweiz-demonstration-klimaaktivisten-osterstau-autobahn-100.html
-> https://www.tagesspiegel.de/internationales/gotthardtunnel-blockiert-klima-kleber-in-der-schweiz-behindern-oster-reiseverkehr-9629321.html
-> https://www.watson.ch/schweiz/tessin/690187449-klimaaktivisten-besetzten-autobahn-vor-gotthardtunnel
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/gotthard-funfzehn-kilometer-oster-stau-am-freitagmorgen-66468712
-> https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/uri/osterstau-protestaktion-am-gotthard-hier-werden-die-klimaaktivisten-von-der-polizei-weggetragen-ld.2440647
-> https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/uri/stau-ticker-aktuelle-verkehrslage-vor-dem-gotthard-ld.2424209
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/osterreiseverkehr-klima-protest-im-gotthardstau-aktivisten-wieder-auf-freiem-fuss
-> https://www.blick.ch/politik/wie-terroristen-behandeln-svp-nationalrat-fordert-gefaengnis-fuer-klima-kleber-id18470798.html
-> https://www.tagesschau.de/ausland/protestaktion-gotthardtunnel-101.html
-> https://tv.telezueri.ch/zuerinews/angeklebt-vor-dem-gotthard-150915785
-> https://www.tele1.ch/nachrichten/stausituation-am-gotthard-150915557
-> Tagesschau am Mittag: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/tagesschau-vom-07-04-2023-mittagsausgabe?urn=urn:srf:video:c5a1d209-6ef0-466a-8d4c-fb541851b097
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/klima-protest-im-gotthardstau-und-passagierrekorde?urn=urn:srf:video:51ef8ae6-c754-4bb6-ad11-a8ed6028619f
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/gotthard-das-schreibt-das-ausland-uber-die-klima-aktivisten-66469121
-> https://www.blick.ch/schweiz/osterreiseverkehr-angerollt-gotthard-stau-bereits-kilometerlang-id18464351.html


+++AUSLÄNDER*INNEN-RECHT
Aus Angst vor Konsequenzen: Viele Migranten verzichten auf Sozialhilfe
Viele Migranten und Sans-Papiers trauen sich nicht, Sozialhilfe zu beziehen. Grund: Sie fürchten sich vor einer möglichen Abschiebung. Die Eidgenössische Migrationskommission kritisiert das.
https://www.blick.ch/politik/aus-angst-vor-konsequenzen-viele-migranten-verzichten-auf-sozialhilfe-id18470289.html


+++KNAST
Der Fall Kowsika: «Die Nähe eines kantonalen Gerichts kann einen Einfluss haben»
Markus Mohler, ehemaliger Staatsanwalt und Kommandant der Basler Kantonspolizei, erklärt im Interview, inwiefern der Staat seinen Inhaftierten gegenüber eine Sorgfaltspflicht hat. Von strukturellem Rassismus innerhalb der Behörden mag er nicht sprechen.
https://bajour.ch/a/clg5je3ky115297054ixlu3r18m6/markus-mohler-aeussert-sich-zum-tod-von-kowsika


+++POLICE BE
hauptstadt.be 07.04.2023

Faustschlag fast ohne Folgen

Bei einer Festnahme in Bern schlug ein Polizist einem am Boden liegenden Mann gegen den Kopf. Zu Recht, findet nun die Polizei nach einer internen Untersuchung.

Von Mathias Streit (Text) und Pia Zibulski (Illustration)

Der Vorfall sorgte vor ein paar Monaten schweizweit für Schlagzeilen: Bei einer Festnahme auf der Stadtberner Schützenmatte schlägt ein Polizist einem bereits am Boden liegenden Mann mit Wucht gegen den Kopf. Und das, während zwei Kollegen in Zivil den Mann an Armen und Beinen festhalten. Beim Geschlagenen handelt es sich um einen Schwarzen Mann. Der Vorwurf der unverhältnismässigen Polizeigewalt stand im Raum.

Die «Hauptstadt» hatte vergangenen Dezember als erste über den Vorfall berichtet, nachdem ihr ein Video, das ein Passant bei der Verhaftung aufgenommen hatte, zugespielt worden war. Gegenüber der «Hauptstadt» betonte die Polizei damals, sie kläre den Einsatz intern ab.

Hinweis: Das nachfolgende Video enthält Gewaltszenen. Der Schlag gegen den Kopf ist ca. bei Minute 0:03 zu sehen. Die Gesichter der Involvierten wurden durch die «Hauptstadt» unkenntlich gemacht.
https://youtu.be/oLJf_hHfM3g

Fünf Monate später hat sie nun ihre internen Abklärungen zum Einsatz auf der Schützenmatte abgeschlossen. «Dabei wurde festgestellt, dass die involvierten Mitarbeitenden nicht widerrechtlich gehandelt und grundsätzlich die ausgebildeten Techniken angewendet haben», schreibt Mediensprecherin Ramona Mock auf Anfrage der «Hauptstadt».

Die Kantonspolizei beurteilt den Schlag gegen den Kopf des angehaltenen Mannes somit als rechtens. Sie kommt damit zu einem anderen Schluss: Ein ausgewiesener Experte für Polizeirecht hatte den Schlag im Dezember gegenüber der «Hauptstadt» noch als «unverhältnismässig» taxiert – insbesondere, weil der Mann bereits am Boden lag und von zwei weiteren Polizisten festgehalten wurde.

Was passierte vor dem Video?

Grundsätzlich sind Schläge gegen den Kopf bei Festnahmen nicht verboten. Sie werden als «Ablenkungsschläge» bezeichnet und sind schweizweit Teil der Polizeiausbildung. Gegen den Kopf sind solche Schläge jedoch nur in einer akuten Notwehrsituation zulässig. «Im Video lässt sich keine Notwehrsituation mehr erkennen», sagte Experte Markus Mohler damals gegenüber der «Hauptstadt». Mohler ist ehemaliger Kommandant der Kantonspolizei Basel-Stadt und spezialisiert auf Polizeirecht.

Mohler betonte jedoch bereits im Dezember ausdrücklich, dass im Video nicht zu sehen ist, was vor Beginn der Aufnahme vorgefallen war.

Auf diesen Standpunkt stützte bereits damals auch die Polizei ihre Argumentation: Sie rechtfertigte den Schlag damit, dass der Mann anlässlich einer Kontrolle «aufbrausend» reagiert und «Widerstand geleistet» habe. Konkret habe er sich geweigert, seine Hände aus Sicherheitsgründen aus den Taschen zu nehmen.

Polizei will «expliziter thematisieren und trainieren»

Für die involvierten Polizist*innen dürfte der Vorfall mit dem Abschluss der internen Untersuchung ohne Konsequenzen bleiben. Eine weitere Untersuchung des Vorfalls wäre wohl einzig im Rahmen eines juristischen Verfahrens denkbar– eine Option, die gemäss Wissensstand der «Hauptstadt» bisher nicht erwirkt wurde.

Laut der Medienstelle der Kantonspolizei soll der Vorfall trotzdem nicht gänzlich ohne Folgen bleiben: Man wolle die gewonnenen Erkenntnisse aus der internen Untersuchung «in Zukunft noch expliziter thematisieren und in Erinnerung rufen», schreibt Mediensprecherin Mock. Zum Beispiel, dass Ablekungsschläge möglichst nicht gegen den Kopf ausgeführt werden sollten. «Entsprechende Anwendungsbeispiele werden wir in Zukunft expliziter trainieren.»
(https://www.hauptstadt.be/a/interne-untersuchung-nach-schlag-gegen-den-kopf)


+++RECHTSEXTREMISMUS
Rechte Identitätspolitik – Über Schnittmengen zwischen Konservatismus und völkischem Nationalismus
«Das Erstarken der Neuen Rechten hat zu Erosionsprozessen innerhalb der konservativen Milieus geführt. Es entstand ein enormer Druck, sich dieser Herausforderung zu stellen. Sollte man entschieden auf Distanz zum außerparlamentarischen Diskurs des Rechtsextremismus gehen? Oder sich dessen Positionen zu eigen machen?», schreibt Natascha Strobl in ihrem Buch «Radikalisierter Konservatismus».
https://www.youtube.com/watch?v=RI7-8k3kZ0I


Reichsbürger: Staatsverweigerer werden auch in der Schweiz immer lauter
Die Razzien gegen sogenannte Reichsbürger in Deutschland haben ein Schlaglicht auf staatsverweigernde Gruppen in der Schweiz geworfen. Sie sind laut Einschätzung der Polizeibehörden lauter und öffentlich wahrnehmbarer geworden, vor allem seit der Corona-Pandemie.
https://www.baerntoday.ch/schweiz/staatsverweigerer-werden-auch-in-der-schweiz-immer-lauter-150912168


Rechtsextremismus: Die Neonazimafia
Extreme Rechte machen Millionen mit Drogen, Waffen und Prostitution. Doch Ermittler ignorieren oft die Verbindungen zwischen kriminellem Milieu und Rechtsextremisten.
https://www.zeit.de/politik/deutschland/2023-04/rechsextreme-kriminelle-netzwerke-alexander-ritzmann/komplettansicht


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Basler Zeitung 07.04.2023

Uni Basel organisiert eigenen Event: «Wir wollen Daniele Ganser nicht alleine die Bühne überlassen»

Forschende reagieren auf die anstehenden Ukraine-Vorträge des umstrittenen Publizisten – und planen ein Podium zu «Wahrheiten, Halbwahrheiten und Lügen». Historiker Boris Belge erklärt.

Simon Bordier

Herr Belge, Ende Monat spricht der umstrittene Historiker Daniele Ganser im Basler Stadtcasino über den Ukraine-Krieg. Sie laden nun mit Kollegen zu einer Gegenveranstaltung an der Uni. Warum?

Ich bin nicht sicher, ob Gegenveranstaltung der richtige Begriff dafür ist. Aber natürlich steht unsere Veranstaltung im Kontext der beiden Auftritte von Daniele Ganser in der Woche. Der Grund für unser Event ist eindeutig: Herr Ganser hat eine prononcierte Meinung dazu, warum der Krieg in der Ukraine «ausgebrochen» ist, und wer die Schuld daran trägt. Er stellt seine Ansichten gerne in Form von Fragen oder Mutmassungen in den Raum, verwischt dabei immer wieder die Grenze zwischen Opfern und Tätern und behandelt die Ukraine einzig als Objekt der Geopolitik. Wir wollen Daniele Ganser nicht alleine die Bühne im öffentlichen Diskurs Basels überlassen. Wir möchten sein problematisches Geschäftsmodell kritisch beleuchten und seinen «Theorien» die Stimme der Wissenschaft entgegenstellen.

Ist er aus Ihrer Sicht ein Verschwörungstheoretiker?

Manche Kolleginnen und Kollegen sind dieser Ansicht. Ich würde mich ihr nicht hundertprozentig anschliessen.

Warum?

Der Begriff führt schnell dazu, dass man sich in Definitionen und Spitzfindigkeiten darüber verliert, was denn nun ein Verschwörungstheoretiker sei und was nicht. Der Erkenntnisgewinn hält sich in Grenzen. Zudem lebt Daniele Ganser davon, dass ihn andere als Verschwörungstheoretiker bezeichnen, so mein Eindruck. Wenn ihm ständig jemand dieses Label aufklebt, so kann er sich als Opfer gängiger Lehrmeinungen und Kämpfer wider den «Mainstream» inszenieren.

Andererseits: Wer wie Ganser die «Wurzel des Ukrainekriegs» auf einen angeblichen «Putsch» der Amerikaner in Kiew zurückführt und dies als «absolut eindeutig» hinstellt, verbreitet doch Verschwörungstheorien?

Das verneine ich nicht. Aber es scheint mir wenig zielführend, sich am Begriff abzuarbeiten. Uns interessiert, wie Ganser arbeitet, wie er argumentiert, warum er eine solche Resonanz erfährt. Wir haben daher neben Historikern auch Personen eingeladen, die sich mit entsprechenden Argumentationsmustern und deren gesellschaftlicher Wirkung auskennen. Namentlich die Literaturwissenschaftlerinnen Nicola Gess, Sylvia Sasse und den Soziologen Oliver Nachtwey.

Wie steht es heute um den Ruf Gansers, der in Basel promoviert wurde, unter Historikerinnen und Historikern?

Was seine Thesen und Argumentationsmethoden angeht, ist Daniele Ganser isoliert. Ich zumindest kenne niemanden in der Wissenschaft, der oder die in der gleichen Richtung argumentiert wie er. Es geht um Grundlegendes. Wir verlangen etwa von unseren Studierenden, dass sie eine sorgfältige Quellenauswahl und Quellenkritik vornehmen, bevor sie überhaupt eine These entwickeln. Und wenn man im Fall des Kriegs gegen die Ukraine historisch argumentiert, wäre es wichtig, etablierte Forschungsmeinungen zur Kenntnis zu nehmen, vielleicht sogar Grundkenntnisse in Russisch und bestenfalls auch in Ukrainisch zu haben. Ganser spricht meines Wissens nach keine der beiden Sprachen. Die Frage ist eher, ob man ihm im Sinne der Meinungsfreiheit überhaupt eine Plattform geben sollte. Da gehen die Meinungen im akademischen Diskurs auseinander.

Haben Sie sich überlegt, ihn an Ihr Podium einzuladen?

Nein, das haben wir nicht erwogen. Wir wollen uns an der Veranstaltung aber auch nicht ausschliesslich mit Herrn Ganser beschäftigen. Vielmehr möchten wir die Tatsache, dass er nach Basel kommt, einmal mehr zum Anlass nehmen, um uns mit unserer fachlichen Kompetenz in der philosophischen Fakultät in die öffentliche Diskussion einzubringen. Seit Februar 2022 hat die Universität Basel zahlreiche Veranstaltungen durchgeführt, um den Krieg gegen die Ukraine zu erläutern. Die jetzige Veranstaltung bezieht das «Modell Ganser» mit ein.

Wäre ein Rededuell zwischen Ihnen und Ganser nicht interessant?

Ein solches Duell kann nur dann funktionieren, wenn sich beide Seiten auf bestimmte Spielregeln und Formen der wissenschaftlichen Argumentation einlassen. Ich bezweifle, dass Herr Ganser dazu bereit ist. Er arbeitet ja gerne mit Suggestivfragen, im Sinne von: Man kann ja mal fragen, ob es sich nicht so und so verhält. Er sagt dann aber nicht immer, ob dem tatsächlich so ist. Darauf kann man nicht viel entgegnen. Es sei denn, man sucht eine Auseinandersetzung im Talkshow-Stil.

Dann besteht die Gefahr, dass «Russland-Versteher» wie Ganser in ihrer Blase bleiben, Sie in der akademischen Bubble, und am Schluss gar kein Austausch mehr stattfindet…

Die Gefahr ist gegeben. Ich glaube, es handelt sich um ein Problem der gesamten Diskussion über den Krieg. Sobald man zu dem Thema Position bezieht, macht man sich automatisch zu einer Zielscheibe für die andere Seite. Deshalb bin ich mit Schlagworten wie «Verschwörungstheoretiker» vorsichtig. Als Forschende an der Uni versuchen wir zudem, mit Texten für die Medien und in der Art, wie wir Podien konzipieren, offen für die breite Öffentlichkeit zu sein. Ich sehe da einen Unterschied zur Vortragsreihe Gansers, der sich allein auf der Bühne gegen die sogenannten Mainstream-Medien in Stellung bringt. Übrigens freuen wir uns über alle Personen, die bereits ein Ticket für einen Ganser-Event gekauft haben, wenn sie zuvor zu unserer Veranstaltung kommen.

Die Podiumsdiskussion «Wahrheiten, Halbwahrheiten und Lügen: Erzählungen über Russlands Krieg gegen die Ukraine» findet am 25. April, um 18 Uhr, in der Aula des Kollegiengebäudes am Basler Petersplatz statt. Organisiert wird sie von den Osteuropa-Historikern Benjamin Schenk und Boris Belge sowie von Erik Petry vom Zentrum für Jüdische Studien der Universität Basel.



Er forscht zur Ukraine und zu Russland

Boris Belge ist promovierter Historiker, Postdoc und Ambizione Grantee (Stipendiat) des Schweizerischen Nationalfonds am Departement Geschichte der Universität Basel. Aktuell forscht er zur Handels- und Wirtschaftsgeschichte der Ukraine und des Russländischen Reiches im 19. Jahrhundert und zum Hafen von Odessa. (bor)
(https://www.bazonline.ch/wir-wollen-daniele-ganser-nicht-alleine-die-buehne-ueberlassen-794592278073)


+++HISTORY
König Charles III. unterstützt Studie zur Sklaverei – Tagesschau
König Charles III. öffnet Archive und unterstützt die Forschungsarbeiten zu den Verstrickungen der britischen Monarchie in den Sklavenhandel im 17. und 18. Jahrhundert.
https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/koenig-charles-iii–unterstuetzt-studie-zur-sklaverei?urn=urn:srf:video:0c4b6114-9c5d-403c-a29f-81e0759b6c77