Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel/
+++BERN
Weiterbildung „Wiederaufbau der Ukraine“
Geflüchtete aus der Ukraine lernen an der Berner Fachhochschule, wie sie ihr Heimatland wieder aufbauen können.
https://web.telebielingue.ch/de/sendungen/info/2023-04-04
+++AARGAU
Wachsender Widerstand gegen Asylunterkunft mitten in Wildegg
Der Widerstand gegen die geplante Asylunterkunft in Wildegg wächst. Bereits über 1700 Personen unterstützen eine Petition gegen die Unterkunft. Ab Juni sollen im ehemaligen Hotel Aarehof im Dorfzentrum bis zu 140 männliche Asylbewerber einziehen. Während die Gegner Angst vor Übergriffen und Kriminalität haben, sprechen Befürworter und der Kanton von einer «perfekten Lösung».
https://www.argoviatoday.ch/aargau-solothurn/wachsender-widerstand-gegen-asylunterkunft-mitten-in-wildegg-150858954?autoplay=true&mainAssetId=Asset:150860576
+++LUZERN
Ukrainische Geflüchtete steigen in Gastro ein
Nach einem dreimonatigen Kurs soll der Berufseinstieg gelingen: Ukrainische Geflüchtete haben in Luzern die Möglichkeit, eine kurze Gastro-Grundausbildung zu machen. Wir haben eine Absolventin des Kurses besucht. (ab 09:06)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zentralschweiz/ukrainische-gefluechtete-steigen-in-gastro-ein?id=12365500
Ukrainische Flüchtlinge in Luzern müssen ihre Autos verkaufen – vielleicht
https://www.tele1.ch/nachrichten/ukrainische-fluechtlinge-in-luzern-muessen-ihre-autos-verkaufen-vielleicht-150859987
+++ZÜRICH
Zürcher Gemeinden machen sich neue Sorgen wegen Flüchtlingsunterkünften (ab 03:25)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/stadtrat-buelach-stellt-sich-hinter-polizeichef?id=12365152
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/suche-nach-wohnraum-fuer-fluechtlinge-wird-noch-schwieriger?id=12365452 (ab 05:54)
+++GROSSBRITANNIEN
Abschreckung von Fliehenden – Australien als Vorbild für britische Flüchtlingspolitik
Der britische Premier Rishi Sunak will den Zustrom von Bootsflüchtlingen in sein Land stoppen. Mit einer neuen Migrationspolitik sollen Boote abgefangen und Flüchtende nach Afrika deportiert werden. Das Vorbild für die laut Kritikern harten und unmenschlichen Massnahmen kommt aus Australien.
https://www.srf.ch/news/international/abschreckung-von-fliehenden-australien-als-vorbild-fuer-britische-fluechtlingspolitik
London hetzt
Ein Gesetz nach dem anderen: Britische Regierung scheut nicht vor Asylrechtsbruch und rassistischen Stereotypen zurück
https://www.jungewelt.de/artikel/448301.abschottung-und-rassismus-london-hetzt.html
+++MITTELMEER
»Auch kleine NGOs können aktiv werden«
Verein aus dem Wendland schickt Segelboot gegen das Sterbenlassen im Mittelmeer. Ein Gespräch mit Katja Tempel
https://www.jungewelt.de/artikel/448310.trotamar-iii-auf-kurs-auch-kleine-ngos-k%C3%B6nnen-aktiv-werden.html
»Ocean Viking« bringt Gerettete nach Italien
Salerno. Das Rettungsschiff »Ocean Viking« der französischen Nichtregierungsorganisation SOS Méditerranée ist mit 92 Bootsmigranten an Bord im Hafen der süditalienischen Stadt Salerno eingelaufen. Das Schiff erreichte die Anlegestelle am Dienstag morgen. Wenig später gingen alle an Land, wie die Organisation bei Twitter mitteilte. Die Crew hatte die Menschen vor wenigen Tagen im Mittelmeer in internationalen Gewässern vor der libyschen Küste an Bord genommen. Die Menschen waren in einem seeuntauglichen Schlauchboot unterwegs. Unter ihnen befanden sich neun Frauen sowie 47 unbegleitete Minderjährige, hieß es. Kurz nach der Rettung teilten die italienischen Behörden dem Schiff den Hafen von Salerno zu.
https://www.jungewelt.de/artikel/448609.ocean-viking-bringt-gerettete-nach-italien.html
+++EUROPA
Teil 5 – Frontex erschafft die erste uniformierte EU-Polizeitruppe
Die bislang letzte Änderung der Frontex-Verordnung erfolgte 2019. Der Grenzagentur wird darin erlaubt, eine „Ständige Reserve“ von insgesamt 10.000 Beamt*innen aufzubauen. Damit verabschiedet sich die Europäische Union endgültig von dem alten Grundsatz, dass Frontex ausschließlich Polizeien aus den Mitgliedstaaten koordinieren soll.
https://sea-eye.org/frontex-eiskalte-abschottung-made-in-europe-frontex-erschafft-die-erste-uniformierte-eu-polizeitruppe/
Massenabschiebungen aus EU-Balkanstaaten
Betroffene und Organisationen beklagen Verletzungen der Menschenrechte
Über 130 000 Menschen wurden von Ungarn ins Nachbarland Serbien verfrachtet, ohne dass ein Asylantrag registriert wurde. Nun bringt Kroatien massenhaft Geflüchtete nach Bosnien und Herzegowina zurück.
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1172220.migrationsabwehr-massenabschiebungen-aus-eu-balkanstaaten.html
+++GASSE
aargauerzeitung.ch 04.04.2023
Gewalt am Bahnhof: «Die Vorfälle finden primär innerhalb gewisser Milieus statt, die ein höheres Aggressionspotenzial aufweisen»
In Aarau nimmt die Zahl der am Bahnhof begangenen Gewaltdelikte stetig zu. Zwei Aarauer Stadträtinnen ordnen die Probleme ein; erklären, was die Stadt dagegen unternimmt – und schildern, wie sie selber die Situation am Bahnhof empfinden.
Nadja Rohner
Die – empfundene und reale – Sicherheit am Bahnhof Aarau ist seit vielen Jahren ein Thema. Nun hat CH Media Zahlen zu Gewaltdelikten an Schweizer Bahnhöfen veröffentlicht, und tatsächlich schwingt Aarau da im Vergleich zu Bahnhöfen ähnlicher Grösse obenauf: 49 Gewaltdelikte wurden im vergangenen Jahr verzeichnet. Gleich viele wie am viel stärker frequentierten Bahnhof Winterthur und rund doppelt so viele wie noch 2016.
Es es handelt sich nicht etwa um einen statistischen Ausreisser, sondern um eine stetige Entwicklung. «Als Täter fallen vor allem junge Männer unter Alkoholeinfluss auf», hatte die Kapo CH Media mitgeteilt. Am Abend und an Wochenenden sei die Polizei deshalb stark präsent und führe Personenkontrollen durch. Für die Sicherheit am Bahnhof Aarau sind Kantons-, Bahn- und Stadtpolizei zuständig.
Silvia Dell’Aquila, Ressortleiterin Sicherheit im Aarauer Stadtrat, ist ob der Deutlichkeit der Resultate überrascht. «Wir sind uns der Situation zwar bewusst: Der Bahnhof ist schon lange ein Hotspot. Die Stadtpolizei ist im ständigen Austausch mit den anderen beteiligten Polizeieinheiten. Wir müssen nun die Zahlen analysieren und danach besprechen, ob aus polizeilicher Sicht noch mehr getan werden muss und kann.» Allerdings, so Dell’Aquila, seien die personellen Ressourcen der Polizeiorganisationen beschränkt.
Der Aarauer Bahnhof hat das Problem, dass hier viele Randständige sowie Asylsuchende zusammenkommen und sich über längere Zeit aufhalten. Ausserdem – vor allem am Wochenende – Gruppen von Jugendlichen aus der Region sowie der Südtäler. In Kombination mit Alkohol können diese Gruppen am Bahnhof unangenehm auffallen – und sie bergen ein gewisses Gewaltpotenzial.
Die Staatsanwaltschaft stellt regelmässig Strafbefehle wegen entsprechenden Zwischenfällen aus. Zum Beispiel gegen einen heute 26-jährigen, im Zurzibiet wohnhaften Afghanen, der Ende 2022 auf dem Bahnhofplatz Polizisten bedroht, beschimpft, angespuckt und geschlagen hatte. Die Polizisten waren gerade daran gewesen, zwei in einen Streit involvierte Personen zu kontrollieren, als der bis dahin nicht beteiligte – aber bekiffte – Afghane dazustiess. Er wurde zu 90 Tagen unbedingter Haft und einer Busse von 200 Franken verurteilt.
Sie selber, sagt Stadtpolizei-Vorsteherin Dell’Aquila, empfinde den Bahnhof Aarau als relativ sicher. «Aus einer Umfrage der SBB ging auch hervor, dass das subjektive Sicherheitsgefühl recht gut ist», sagt sie. «Man kann natürlich immer darüber reden, ob beispielsweise durch bessere Beleuchtung noch Verbesserungen im Sicherheitsempfinden erreicht werden können. Es gibt Ecken rund um den Bahnhof, an denen man vielleicht nicht so gerne durchläuft, wenn sich da schon grössere Personengruppen aufhalten.»
Auch Stadträtin Angelica Cavegn, zuständig fürs Ressort Soziales, empfindet den Bahnhof nicht als gefährlich – obwohl sie «zu Zeiten unterwegs ist, an denen andere den Bahnhof eher meiden». In aller Regel ist die Angst grösser als die reale Gefahr, wissen beide Frauen. «Mir ist kein Vorfall bekannt, bei dem unbeteiligte Zufallsopfer angegriffen worden wären – was jedoch nicht heisst, dass es keinen gegeben hat», sagt Dell’Aquila. «Die Vorfälle finden primär innerhalb gewisser Milieus statt, die ein höheres Aggressionspotenzial aufweisen.»
Man kann auch sagen: Die auffälligen Gruppierungen am Bahnhof geben sich untereinander aufs Dach, lassen aber die Pendler in Ruhe. Ausserdem sei es in den letzten Monaten eher wieder ruhiger geworden, als es beispielsweise zu den pandemieintensiven Zeiten war, so Angelica Cavegn.
Die Stadträtinnen betonen aber, dass man das Problem ernst nehme und auf vielfältige Weise angehe. Seit wenigen Jahren sind am Wochenende zusätzlich zur Polizei Security-Mitarbeitende vor Ort, allerdings nur bis Mitternacht. «Der Umbau des Bahnhofs läuft und ein Projekt für die Umgestaltung des Bahnhofplatzes ist pendent – mit der Gestaltung des öffentlichen Raumes kann man schon viel beeinflussen», zählt Dell’Aquila eine weitere Massnahme auf.
Die neue Gruppe «Sicherheit, Intervention, Prävention» (SIP), die ab Sommer als Teil der städtischen Abteilung Sicherheit auf Patrouille ist, werde sich auch um den Bahnhof kümmern – allerdings nicht schwergewichtig.
In Cavegns Ressort Soziales wurde die Aufsuchende Asylarbeit ausgebaut. «Damit haben wir bisher sehr gute Erfahrungen gemacht», sagt die Stadträtin. Ein Nachfolgeprojekt für den Mitte 2022 aufgegebenen «Bus im Park» ist ebenfalls in Vorbereitung, der Stadtrat wird nach den Frühlingsferien darüber befinden. Im Zuge dessen hatte ein Streetworker mit vielen Anspruchsgruppen – nicht nur am Bahnhof – gesprochen. «Wir wissen deshalb relativ gut Bescheid über die Verhältnisse und sind zuversichtlich, mit den eingeleiteten Massnahmen auf dem richtigen Weg zu sein», sagt Angelica Cavegn.
(https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/aarau/aarau-gewalt-am-bahnhof-die-vorfaelle-finden-primaer-innerhalb-gewisser-milieus-statt-die-ein-hoeheres-aggressionspotenzial-aufweisen-ld.2438674)
+++DROGENPOLITIK
Kiffen für die Wissenschaft: Basler Pilotprojekt läuft nach Plan
In Basel können seit zwei Monaten 200 Leute legal kiffen, im Rahmen eines Pilotprojekts. Sie können ihr Cannabis in ausgewählten Apotheken beziehen und dann zu Hause konsumieren. Das Projekt sei wünschenswert angelaufen und könne schon jetzt als Erfolg bezeichnet werden, sagen die Verantwortlichen.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/kiffen-fuer-die-wissenschaft-basler-pilotprojekt-laeuft-nach-plan?id=12365155
+++DEMO/AKTION/REPRESSION
BASEL:
Basler Zeitung 04.04.2023
Demo-Codex für den 1. Mai 2023: Basler SP und Gewerkschaften wollen den Schwarzen Block fernhalten
Linke Gruppierungen haben einen Aktionskonsens für den diesjährigen 1. Mai erarbeitet. Protestierende, die Scheiben einschlagen oder Gewalt ausüben, sollen nicht an der Hauptdemonstration mitlaufen.
Katrin Hauser
1. Mai 2022: Der BaZ-Fotograf hält fest, wie Vermummte die Fensterfront eines Geschäfts in der Innenstadt besprühen. Ein Mitglied des Schwarzen Blocks verärgert das. Er schlägt dem Fotografen ins Gesicht. Andere versuchen, ihm die Kamera und den Rucksack zu entreissen.
Während die vermummte Vorhut Gewalt gegen Unbeteiligte ausübt, wehen viele Meter weiter hinten rote Fahnen in der Luft, geschwenkt von SP- und Unia-Mitgliedern. Sie demonstrieren friedlich, rufen zu Frieden und Solidarität auf. Ihre Forderungen verhallen zwischen zerschlagenen Scheiben und niedergebuhten Polizistinnen.
Der Widerspruch zwischen dem, was linke Gruppierungen am Tag der Arbeit fordern, und dem, was die gewaltbereite Vorhut tut, ist zu gross. Das findet auch SP-Co-Präsidentin Jessica Brandenburger. «In Zukunft muss sich etwas ändern», sagte sie am Tag nach den Gewaltakten gegenüber dieser Zeitung.
Und nun, fast ein Jahr später, ändert sich tatsächlich etwas. SP und Gewerkschaften wollen den Schwarzen Block am diesjährigen 1. Mai nicht mehr in ihren Reihen dulden.
Erstmals gibt es eine Art Benimmregeln für die Protestierenden, ausgearbeitet vom Basler SP-Präsidium. Federführend war dabei insbesondere SP-Co-Vize Marcel Colomb. Im Aktionskonsens, der dieser Zeitung vorliegt, heisst es unter anderem: «Mutwillige Zerstörung von Eigentum lehnen wir konsequent ab.» Auch wird explizit erwähnt, dass man «jegliche Form von Gewalt» gegenüber Unbeteiligten, den Mitarbeitenden der Basler Polizei, anderen Teilnehmenden und sonstigen Lebewesen ablehne.
Was bedeutet das nun konkret?
«Wer den Konsens nicht einhält, darf nicht mitlaufen», erklärt SP-Co-Präsidentin Jessica Brandenburger. Sollte sich der Schwarze Block unter die friedlich Demonstrierenden mischen, «dann lassen wir ihn ziehen und warten, bis er weg ist». Die Vermummten sollen ihre eigene Demo machen. «An der offiziellen Kundgebung möchten wir keine gewaltbereiten Leute dabei haben.» Dazu ist im Konsens folgender Satz festgehalten: «Übergriffe von ausserhalb der Demo werden solidarisch abgewehrt, und alle Beteiligten wehren sich auch im Nachgang der Demo mit ihren vorhandenen Mitteln dagegen.»
So dürfte es der Polizei leichter fallen, zwischen friedlich und gewaltbereiten Demonstrierenden zu unterscheiden. Brandenburger hofft, dass der Kodex schon im Vorfeld deeskalierend wirkt und gewaltbereite Gruppierungen gar nicht erst auftauchen würden. Das ist allerdings eher unwahrscheinlich, wie ihr ebenfalls bewusst ist. Der Schwarze Block ist nicht gesprächsbereit. «Sie haben nicht an der Sitzung des 1.-Mai-Komitees teilgenommen. Sie möchten mit uns als SP ja auch gar nichts zu tun haben.»
Das Komitee sucht den Dialog mit der Polizei
Bislang distanzierten sich linke Gruppierungen meist erst, nachdem eine Kundgebung eskaliert war. Wie kommt es, dass hier nun ein Umdenken stattfindet?
«Zu einem grossen Teil war es die Demonstration am letztjährigen 1. Mai, die aus unserer Sicht nicht optimal verlaufen ist», sagt Brandenburger. Dazu komme, dass sich linke Parteien nach solchen Ereignissen immer wieder Schuldzuweisungen ausgesetzt sahen, was die SP-Co-Präsidentin nicht immer fair fand. So sagte sie nach dem letztjährigen Tag der Arbeit etwa auch, dass sie «nicht die Mutter des Schwarzen Blocks» sei und insofern auch nicht für dessen Handlungen verantwortlich gemacht werden könne.
Das sei etwas, mit dem sie immer wieder konfrontiert werde, wenn eine Demo eskaliert sei. «Die Leute fragen mich, weshalb ich nicht dazwischengehe, wenn Vermummte mit Gegenständen auf Polizistinnen und Polizisten werfen. Ehrlich gesagt macht es mir Angst, wenn Dinge durch die Luft fliegen. Ich bin 1.60 Meter gross. Was soll ich denn da ausrichten?»
Am wichtigsten sei es ihr, eine weitere Eskalation zwischen friedlich Demonstrierenden und der Polizei zu verhindern. Das SP-Präsidium habe auch schon den Kontakt zur Polizeileitung gesucht: «Wir werden den Aktionskonsens mit ihr besprechen.» Im Gegenzug erwarte das 1.-Mai-Komitee, dass die Einsatzkräfte die friedliche Demonstration akzeptieren und nicht einkesseln würden.
Jüngst kritisierten linke Politikerinnen die Basler Polizei aufs Schärfste, nachdem die Sicherheitskräfte innert kurzer Zeit eine Frauendemo vollständig eingekesselt hatten. Die Stimmung in der Debatte um Demonstrationen ist aufgeheizt, wie kürzlich auch eine Debatte im Grossen Rat zeigte.
Das Thema beschäftigt Gesellschaft und Politik. Ausdruck davon sind auch die beiden Initiativen, welche die Basler SVP lanciert hat. So fordert die «Anti-Chaoten-Initiative», dass die Kosten für den Polizeieinsatz bei Ausschreitungen auf die Randalierer oder gar die Organisatoren der jeweiligen Kundgebung abgewälzt werden können. Die «Freiheitsinitiative» verlangt, dass die Interessen des Gewerbes sowie der Innenstadtbesucher bei der Bewilligung von Kundgebungen besser berücksichtigt werden. Die SVP berichtet, dass auch Leute, die nicht mit der Partei sympathisieren, ihre Unterschrift daruntersetzen.
Und sogar Justizdirektorin Stephanie Eymann liess sich am Sonntag im «Blick» zitieren, dass sie die Stossrichtung der beiden Vorlagen teile.
Uneinig bei Sprayereien
Brandenburger und ihre Kollegen und Kolleginnen teilen diese Stossrichtung nicht. Ein Eingriff in die Demonstrationsfreiheit sei nicht mit ihren linken Grundwerten vereinbar. Gleichzeitig sei es eben auch nicht mit linken Grundwerten vereinbar, wenn an Demos Gewalt ausgeübt werde.
Die übrigen Mitglieder im Komitee hätten daher sehr positiv auf den Aktionskonsens reagiert, so Brandenburger. «Ich glaube, man ist froh, dass endlich etwas gemacht wird.» Das Dokument ist unter anderen von den Parteien Basta und Grüne, den Gewerkschaften Unia, VPOD und Syndicom, dem feministischen Streik Basel, dem Klimastreik Basel sowie den linken Jungparteien Basels verabschiedet worden.
Nicht ganz einig sei man sich indes bei der Frage gewesen, ob Schmierereien ebenfalls als Verstoss gegen den Aktionskonsens gelten sollten. «Ich persönlich würde das befürworten, da es ja nicht der UBS-Topverdiener ist, der diese Sprayereien dann wieder wegputzt, sondern meist eine unterbezahlte Reinigungskraft mit Migrationshintergrund.» Andere Personen hätten hingegen die Meinung vertreten, dass alles, was man wieder wegwischen könne, keine Sachbeschädigung sei. «Wir mussten einen Kompromiss finden, deshalb haben wir diesen Punkt bewusst offengelassen.»
(https://www.bazonline.ch/basler-sp-und-gewerkschaften-wollen-den-schwarzen-block-fernhalten-435735573956)
—
-> https://www.20min.ch/story/gewalt-ist-tabu-sp-zeigt-dem-schwarzen-block-die-rote-karte-704139770637
-> Schweiz Aktuell: Positioniert sich gegen die hasserfüllte Erfinderin von „Harry Potter“: Daniel Radcliffe gibt trans und nicht-binären Jugendlichen eine Plattform.
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/polizei-auf-der-suche-nach-tesla-ersatz?id=12365485 (ab 15:12)
-> https://www.baseljetzt.ch/gegen-gewalt-und-krawalle-sp-will-klare-regeln-fuer-1-mai-demo/41199
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/kiffen-fuer-die-wissenschaft-basler-pilotprojekt-laeuft-nach-plan?id=12365155 (ab 03:29)
-> https://telebasel.ch/telebasel-news/?channel=15881 (ab 03:28)
„Während die SP via BaZ-Hetze versucht die klassenkämpferische revolutionäre Linke vom 1. Mai fern zu halten, ist heute die Mobilisierung angelaufen! Teilt den Aufruf des Revolutionären 1.Mai-Bündnis #Basel … #R0105BS #1M23“
https://twitter.com/basel_nazifrei/status/1643301618568290306
-> https://twitter.com/gegen_oben/status/1643257155242401793
—
Basler Zeitung 04.04.2023
Kommentar zum 1.-Mai-Kodex der SP: Die Basler Linke übernimmt Verantwortung – endlich!
Mit dem Aktionskonsens besteht die reelle Möglichkeit, dass sich eine neue Kultur unter den friedlich Demonstrierenden bildet: eine Kultur der Nulltoleranz gegenüber dem Schwarzen Block.
Katrin Hauser
Benimmregeln allein werden die zunehmende Zahl von Eskalationen an Demonstrationen in Basel nicht zur Stagnation bringen. Der Aktionskonsens, den das SP-Präsidium ausgearbeitet hat, ist jedoch weit mehr als ein Demo-Kniggekurs für Anfänger. Er schafft eine reelle Möglichkeit, dass sich eine neue Kultur unter den friedlichen Demonstranten und Demonstrantinnen bildet: eine Kultur der Nulltoleranz gegenüber dem Schwarzen Block.
Bislang hat man am 1. Mai und an vielen anderen Demos auch Randalierer und Randaliererinnen in den eigenen Reihen geduldet. Damit hat man sie – ob nun bewusst oder unbewusst – geschützt. Eine diffuse Menschenmenge, in der Personen mit den verschiedensten Absichten mitlaufen, ist für die Basler Polizei schwierig einschätzbar.
Wird es eine gemütliche Klimademo? Oder: Werden 200 Vermummte mit Feuerwerkskörpern aufmarschieren?
Lassen wir die Protestierenden trotz fehlender Bewilligung gewähren? Oder: Müssen wir mit einem Grossaufgebot vor Ort sein und sofort eingreifen?
Diese Fragen sind nicht einfach zu beantworten – insbesondere nicht für eine Polizeibehörde, die auch an anderen Orten gefragt ist und an massivem Personalmangel leidet. Die Basler Linke gehört zu den schärfsten Kritikerinnen der Polizei. Die Kritik gipfelte jüngst gar in einer Rücktrittsforderung an den Polizeikommandanten. Währenddessen wies man jegliche Verantwortung für das Tun des Schwarzen Blocks von sich.
Es drängte sich der Eindruck auf, es falle der Linken wesentlich leichter, sich gegen die Polizei als gegen die Randalierer zu stellen. Ja man hatte gar das Gefühl, dass da eben doch noch ein bisschen Sympathie für jene Hardcore-Revoluzzer vorhanden ist, die, angetrieben von Wut auf das System, gegen jegliche Regeln verstossen.
Die Aussagen von SP-Co-Präsidentin Jessica Brandenburger sprechen nun aber eine andere Sprache. Eine deutlich andere sogar. Die Ansage für den diesjährigen 1. Mai lautet: Die Linke will mit dem Schwarzen Block nichts zu tun haben. Und: Sie will mit der Polizei zusammenarbeiten.
Sollte es gelingen, die Mitglieder des Schwarzen Blocks künftig zu eigenen Demonstrationen zu zwingen – fernab des friedlichen Protestzugs, fernab der Menschenmenge, in der sie nach Belieben verschwinden können –, wäre das eine grosse Leistung. Und würde die Arbeit der Polizei wirksam erleichtern.
Der Aktionskonsens ist der vielversprechendste Ansatz zu einem besseren Verhältnis zwischen Demonstrierenden und Polizei, der bislang aus der basel-städtischen Politik hervorgegangen ist.
Die Basler Linke übernimmt Verantwortung. Endlich.
(https://www.bazonline.ch/die-basler-linke-uebernimmt-verantwortung-endlich-175233729356)
ZÜRICH:
Karin Rykart und die neue Dimension
Vom einen Protest zum nächsten. Die unbewilligte Demonstration im Zürcher Langstrassenquartier von Samstagnacht beschäftigte gestern noch immer die Medien und Politik. Und auch die Worte unseres Briefing-Schreibenden und Zeuge des Geschehens, William Stern, wurden auf Twitter rege diskutiert. Während die einen seine Berichterstattung als Verharmlosung linksextremer Gewalt sahen, lobten die anderen den kritischen Blick auf die Medienmitteilungen der Stadtpolizei. Die SVP-Kantonsrätin Camille Lothe hingegen nahm lieber die Stadtzürcher Sicherheitsdirektorin Karin Rykart (Grüne) in die Mangel – einmal mehr, will man sagen. Lothe, gewissermassen Berufskollegin (sie arbeitet für den Nebelspalter) und im gleichen Alter wie ich, ist meiner Meinung nach das beste Beispiel dafür, dass Menschen, ähnlich wie Wein, sich trotz gleichem Jahrgang gegensätzlich entwickeln können.
https://mailchi.mp/tsri/zri-briefing-390-es-brodelt-weiter-rc2ylwpo2i
Zürcher Szenekenner Andreas Widmer (62) nach Krawall-Nacht: «Man konnte ahnen, dass es knallt»
Zürich, Basel – in letzter Zeit laufen Demos aus dem Ruder. Der Zürcher Szenekenner und Ex-Polizist Andreas Widmer ordnet ein.
https://www.blick.ch/schweiz/zuercher-szenekenner-andreas-widmer-62-nach-krawall-nacht-man-konnte-ahnen-dass-es-knallt-id18460050.html
Aussteiger gibt Einblick: So tickt die linksextreme Szene
Alles andere als chaotisch, so beschreibt ein Extremismus-Experte die Szene. Was chaotisch wirke sei haargenau geplant und orchestriert. So würden vor solchen Krawall-Demos Pflastersteine deponiert, während des Umzugs über Funk und Satelitentelefone kommuniziert.
https://tv.telezueri.ch/zuerinews/aussteiger-gibt-einblick-so-tickt-die-linksextreme-szene-150859537
Holocaust-Verharmlosung: Mike Müller vergleicht Linksextremen-Demo mit «Reichskristallnacht»
Jetzt hat sich auch der «Bestatter»-Schauspieler auf Twitter verrannt: In einem Tweet setzt Mike Müller die Demonstrationen von Linksextremen in Zürich mit der Reichskristallnacht gleich. Gemäss einer Expertin wird so der Holocaust verharmlost.
https://www.20min.ch/story/mike-mueller-vergleicht-linksextremen-demo-mit-reichskristallnacht-879234136172
—
tagesanzeiger.ch 04.04.2023
Kommentar zur linksextremen Gewalt: Repression hilft den Radikalen
Die Autonomen suchen die gewalttätige Konfrontation. Wenn wir darauf mit härteren Massnahmen reagieren, spielen wir ihnen bloss in die Hände.
Angela Barandun
Die Bilder sind verstörend, und sie machen Angst. Hunderte von vermummten, bewaffneten, gewaltbereiten Menschen, uniformiert mit schwarzen Kapuzenpullovern, marschieren durch die Strassen. Es ist kein Protest, der eskaliert. Es ist eine Machtdemonstration, ausgelegt auf Zerstörung und die Konfrontation mit der Polizei.
Es wäre ein Fehler, zu glauben, dass diese Leute und ihre Gewaltbereitschaft die letzten Jahre nicht existiert hätten. Sie waren immer da und nutzen nun die Dynamik, die mit der Räumung des Koch-Areals entstanden ist. So, wie sie das zuletzt bei der Räumung des Binz-Areals getan haben.
Die Wucht schockiert. Aber wir sollten diesen Kräften nicht den Gefallen tun, mit Repression zu reagieren, wie es zum Beispiel der Zürcher SP-Ständerat Daniel Jositsch fordert. Er will ein härteres Vorgehen bei unbewilligten Demonstrationen und Hausbesetzungen. Radikalisierte werden kaum auf Gewalt verzichten, weil wir ihnen mit mehr Gewalt begegnen. Wer bisher bloss Sympathisant war, wird sich kaum abwenden, nachdem er aus einem besetzten Haus geschmissen worden ist. Eher im Gegenteil. Im schlimmsten Fall führt es dazu, dass die radikalen Kräfte Zulauf erhalten.
–
Was in der Krawallnacht geschah: Videoaufnahmen von den Zusammenstössen zwischen Demonstrierenden und Polizei.
Video: Tamedia
https://unityvideo.appuser.ch/video/uv448653h.mp4
–
Stattdessen müssen wir eine klare Botschaft senden – und zwar wir alle. Wir wollen das nicht. Wir wollen keinen gewalttätigen Mob, der durch die Strassen unserer Stadt zieht. Wir wollen nicht, dass Menschen Opfer dieser Gewalt werden. Wir verurteilen das, und wir stellen uns dagegen. Je mehr Leute das mittragen, desto besser. Denn auch am Samstagabend an der Langstrasse gab es Unbeteiligte, die sich mit den Autonomen solidarisierten.
Das heisst nicht, dass nichts im Argen liegt. Wenn die Polizei und ihre politische Verantwortliche, die grüne Stadträtin Karin Rykart, eins ums andere Mal sagen, sie seien vom Gewaltpotenzial überrascht worden, sind sie entweder nicht ehrlich. Oder sie haben ihre Hausaufgaben nicht gemacht.
(https://www.tagesanzeiger.ch/repression-hilft-den-radikalen-266881420269)
—
tagesanzeiger.ch 04.04.2023
Kritik nach Krawallen: SP-Ständerat Jositsch fordert Strategieänderung in Zürich
Nach den Ausschreitungen von Linksextremen kritisiert Daniel Jositsch den Umgang mit unbewilligten Demonstrationen in der Stadt. Sicherheitsvorsteherin Karin Rykart reagiert gelassen, Linke sind irritiert.
Martin Huber
Es war ein bemerkenswerter TV-Auftritt. Auf TeleZüri diskutierte am Montagabend der Zürcher SP-Ständerat Daniel Jositsch mit der Stadtzürcher SVP-Präsidentin Camille Lothe über die Gewalt an einer unbewilligten Demonstration von Linksextremen am Samstagabend an der Zürcher Langstrasse.
Der SP-Mann und die SVP-Frau waren sich überraschend einig. Auch Jositsch übte Kritik am Umgang mit unbewilligten Demonstrationen und Hausbesetzungen im rot-grünen Zürich. «Ich glaube, die Grundstrategie ist falsch, die muss man überdenken», sagte er und fügte an: «Man kann ja auch gescheiter werden.»
«Konsequent vorgehen», «gezielt einschreiten»
Die Stadt müsse künftig «konsequent gegen solche Demonstrationen vorgehen», forderte Jositsch. Man müsse der Polizei die Möglichkeit geben, gezielt einzuschreiten, von Anfang an. Dazu brauche es die notwendigen Einsatzkräfte, denn es sei entscheidend, dass die Polizei in Situationen wie am vergangenen Samstag mit einer grossen Anzahl an Einsatzkräften vor Ort sei.
Die jetzige Strategie im Zusammenhang mit unbewilligten Demonstrationen sei vor rund 20 Jahren entwickelt worden, sagte der SP-Ständerat. Damals habe man sich nach Kritik an Übergriffen von Polizisten auf mehr Zurückhaltung geeinigt. Jetzt zeige sich, dass man mit dieser Strategie wohl zu weit gegangen sei. Vielleicht müsse es nun wieder mehr in die andere Richtung gehen. Auch bei Hausbesetzungen: Es könne nicht sein, dass ein Eigentümer keine Rechte mehr habe, sagte Jositsch.
Auf Anfrage dieser Zeitung bestätigte der SP-Politiker am Dienstag seine Forderung nach einer Strategieänderung. Gleichzeitig wollte er seine Aussagen in der Talksendung nicht als explizite Kritik am Stadtrat und an der grünen Sicherheitsvorsteherin Karin Rykart verstanden wissen. Diese fordere ja selber mehr Polizistinnen und Polizisten. Es gehe generell um ein Umdenken in der Gesellschaft, welche die Polizei regelmässig kritisiere.
Karin Rykart ist – zumindest in einem Punkt – einig mit Daniel Jositsch. Die Stadtpolizei beklage seit einigen Jahren, nicht genügend Mitarbeitende zu haben, sagt sie auf Anfrage. Der Stadtrat teile diese Ansicht und verfolge die Strategie, in den nächsten zehn Jahren das Korps um 152 Polizistinnen und Polizisten aufzustocken. Über die Stellenerhöhung entscheide aber letztlich der Gemeinderat. «An der Strategie des Stadtrats hat sich nichts geändert, Daniel Jositsch rennt mit seiner Forderung nach mehr Polizei beim Stadtrat offene Türen ein», sagte Rykart.
SP gibt sich diplomatisch
SP-Co-Präsident Oliver Heimgartner gibt sich diplomatisch: «Daniel Jositsch kritisiert die gewalttätigen Demonstranten zu Recht», sagte er. Die SP sei «erschüttert von der sinnlosen Gewalt» und verurteile die Ausschreitungen. Die Zürcher Hausbesetzungspolitik verteidigt Heimgartner. Es bringe weder etwas, der Polizei wieder den Kleinkrieg der 80er-Jahre aufzubrummen und leer stehende Häuser jeden Monat aufs Neue aufwendig zu räumen, noch sei es in der angespannten Wohnsituation sinnvoll, Liegenschaften jahrelang ungenutzt leer stehen zu lassen.
Gemeinderat Luca Maggi (Grüne) zeigt sich erstaunt über Jositschs Aussagen. Dieser habe sich in den letzten Jahren nie zur Stadtzürcher Sicherheitspolitik geäussert. Dass er jetzt solche Grundsatzkritik übe, sei «ziemlich populistisch» – aber es koste Jositsch im Vorwahlkampf nichts. Wer kurz nach Ausschreitungen auf diese Art und Weise nach mehr «Law and Order» rufe, stehe in den Augen einer Mehrheit sowieso auf der richtigen Seite.
Auch Maggi lehnt Gewaltübergriffe ab, wie er klarstellt. Es sei aber fraglich, ob sich mit mehr Polizeistellen und noch härterem Durchgreifen «punktuelle Entladungen» wie am Samstag überhaupt verhindern liessen. Vielmehr habe die Vergangenheit gezeigt, dass Aufrüstung und Repression die Gewaltspirale ankurble. Wer solche Phänomene ernst nehme, könne nicht an einer Rhetorik interessiert sein, welche die Situation weiter zuspitze.
«Reise Richtung Rechtsbürgertum»
AL-Co-Fraktionspräsident David Garcia Nuñez zeigt sich wenig erstaunt über Jositschs «Reise Richtung Rechtsbürgertum». Die «knackigen Sätze» führt er auch auf die anstehenden Ständeratswahlen zurück. Inhaltlich ist Garcia mit Jositsch gar nicht einverstanden. Die Formel «Gewalt mit Gegengewalt tilgen» habe sich in Friedenszeiten und im zivilen Kontext nie bewährt. Gerade die Stadtzürcher Bevölkerung wisse seit den 80er-Jahren ganz genau, wohin polizeiliche Eskalationsstrategien führten. Daher sei Jositschs Vorschlag «so untauglich wie auch geschichtsvergessen».
FDP: «Tröstlich, aber zu spät»
Mehr Zustimmung erhält Jositsch von der FDP. Seine Aussagen seien «tröstlich», sagt Präsident Përparim Avdili. Sie kämen aber zu spät und am falschen Ort. «Er sollte besser seine politische Funktion innerhalb der SP und seine fachlichen Kompetenzen nutzen, um seine Partei schleunigst auf rechtsstaatlichen Kurs zu bringen», sagt Avdili.
Der rot-grünen Mehrheit des Stadtrates einerseits und dem rot-grünen Gemeinderat wirft er vor, politisch nicht gewillt zu sein, Recht durchzusetzen und die Menschen in dieser Stadt vor Gewalt des Linksextremismus zu schützen. Die FDP weise schon lange und spätestens seit der Besetzung des Koch-Areals darauf hin, dass die Besetzungspolitik Zustände wie jene am vergangenen Samstag eher fördere als unterbinde.
GLP-Gemeinderat Sven Sobernheim geht mit einigen Aussagen Jositschs einig, wie er sagt. Zudem sollte die Stadtpolizei im Zusammenhang mit Demonstrationen vermehrt um Unterstützung der Kantonspolizei oder anderer Korps im Rahmen der Vereinbarung über interkantonale Polizeieinsätze ersuchen. Würde dies gemacht, wären an einem Wochenende mit Fussball-, Eishockeyspielen und Demos auch genügend Polizeikräfte vor Ort.
(https://www.tagesanzeiger.ch/sp-staenderat-jositsch-fordert-strategieaenderung-in-zuerich-192431039321)
—
tagesanzeiger.ch 04.04.2023
Krawall-Demo in Zürich: Linksextreme traktierten Einsatzleiter mit Tritten und Schlägen
Er stand etwas abseits, als Vermummte ihn in einen Hauseingang drängen, zu Boden werfen und attackieren.
René Laglstorfer
Ein vermummter Mob von mehreren Hundert Personen ist am Samstagabend unter Einsatz von massiver Gewalt und Zerstörungswut durch die Stadtkreise 4 und 5 gezogen und hat die Einsatzkräfte auf dem falschen Fuss erwischt. Unvermittelt griffen die Linksextremen Polizistinnen und Polizisten mit Eisenstangen, Steinen, Pyrotechnik sowie Molotowcocktails an.
Selbst der Einsatzleiter der Stadtpolizei wurde Opfer des Gewaltexzesses, wie «ZüriToday» zuerst berichtete und die Stadtpolizei nun gegenüber dieser Zeitung bestätigte. Laut Augenzeugen stand der Einsatzleiter etwas abseits des Geschehens und habe versucht, sich einen Überblick zu verschaffen. Plötzlich drängten ihn etwa ein halbes Dutzend schwarz vermummter Personen in einen Hauseingang, warfen ihn zu Boden und traktierten ihn mit Fäustschlägen und Fusstritten gegen Kopf und Körper.
Wunden, Prellungen und Schürfungen
Die Stadtpolizei musste einen Wasserwerfer einsetzen, um ihren Einsatzleiter vor Schlimmerem zu bewahren. Ins Krankenhaus musste der Verletzte jedoch noch nicht. Sechs weitere Polizistinnen und Polizisten wurden verletzt. Einer von ihnen musste zur Abklärung vorübergehend ins Spital. Die verletzten Einsatzkräfte erlitten mehrheitlich Wunden, Prellungen und Schürfungen, wie Sprecherin Judith Hödl der NZZ sagte. Schwerverletzte gab es keine. Die Linksextremen hätten aber bewusst in Kauf genommen, dass Beamtinnen, aber auch Passanten und Partygängerinnen schwer verletzt werden, so die Stadtpolizei.
Ob es sich um einen spontanen oder geplanten Angriff auf den Einsatzleiter der Stadtpolizei handelte, will die Stadtpolizei auf Anfrage nicht sagen. «Die Untersuchungen zum Vorfall laufen, deshalb nehmen wir dazu keine Stellung», sagt Sprecherin Hödl. Der attackierte Einsatzleiter sei jedenfalls klar als Polizist erkennbar gewesen. «Ob die Angreifenden ihn als Einsatzleiter erkannt haben, können wir nicht beurteilen», so Hödl.
Einspringen musste für den attackierten Einsatzleiter niemand anderes. Er konnte seine Arbeit nach dem Angriff offenbar gleich wieder aufnehmen. Die Koordination der Polizeikräfte sei durch die Attacke in keiner Weise beeinträchtigt gewesen. Welche Konsequenzen die Stadtpolizei aus dem Vorfall zieht, soll nun «intern nachbearbeitet» werden. «Unsere Erkenntnisse daraus werden wir nicht gegen aussen kommunizieren», sagt Sprecherin Judith Hödl. Eine neue «Qualität der Gewalt» sieht sie trotz Sprayereien wie «Every Dead Cop Is a Good Cop» nicht.
(https://www.tagesanzeiger.ch/linksextreme-traktierten-einsatzleiter-mit-tritten-und-schlaegen-240654969134)
—
nzz.ch 04.04.2023
Krawallnacht an der Zürcher Langstrasse: Die tonangebenden rot-grünen Parteien verharmlosen linksextreme Gewalt
Statt härter gegen Linksextreme vorzugehen, spielen Vertreter der linken Parteien deren Taten herunter. Die grüne Sicherheitsvorsteherin ist zum wiederholten Male «überrascht». Es liegt einiges im Argen.
Daniel Fritzsche
Die Volksvertreter in der grössten Stadt der Schweiz kümmern sich um die wirklich wichtigen Themen. Vergangene Woche hat die links-grüne Mehrheit im Stadtzürcher Parlament der Geissel der Menschheit eins ausgewischt: dem Laubbläser.
Das lästige Gartenwerkzeug verursache Lärm, wirble Dreck auf und sei schädlich für «Kleinlebewesen», argumentierten die Grünen. Ein Verbot für die Monate Januar bis September auf dem gesamten Stadtgebiet dränge sich darum auf.
Weniger Handlungsdruck sieht die dominierende Linke bei einem anderen, unwesentlich bedeutsameren Thema: der Gefahr, die in Zürich vom Linksextremismus ausgeht. Rot-Grün versenkte mehrere Vorstösse der SVP, die auf das Problem aufmerksam machten. Unter anderem forderte die Partei vom Stadtrat eine Strategie, wie er gegen die gewaltbereite Linke vorzugehen gedenke.
Doch die rot-grünen Vertreter winkten ab. Stattdessen befürworteten sie eine Regeländerung, die genau in die gegenteilige Richtung zielt: Neu sollen Teilnehmer von unbewilligten Demonstrationen keine Bussen mehr bezahlen müssen. Zuvor schon hatten sie entschieden, dass Kundgebungen nicht mehr von den Behörden bewilligt, sondern lediglich angemeldet werden sollen. Und dringend benötigte zusätzliche Polizeistellen verhinderten sie.
Wie die tonangebende Linke in der Zürcher Politik die Prioritäten setzt, ist bezeichnend – und erschreckend. Linke Gewalt wird verharmlost, beschönigt, zum Teil gänzlich verneint. Noch schlimmer: Mit Vorstössen wie den genannten wird sie regelrecht heraufbeschworen.
Spätestens die Verwüstungsorgie, die ein Mob von schwarz gekleideten, militanten Linksextremen nach der Räumung des besetzten Koch-Areals in der Stadt veranstaltete, hätte ein letztes Warnsignal sein müssen. Die Bilanz des gewaltsamen Protestmarschs: ein verletzter Polizist, vier Festnahmen und Schäden von deutlich über 500 000 Franken.
Vergangenes Wochenende setzten Militante noch einen drauf: An der Langstrasse verletzten sie sieben Polizisten. Sie drängten die Beamten in die Ecke, traktierten sie mit Eisenstangen und bewarfen sie mit Steinen, Feuerwerk und Molotowcocktails. An die Wände schmierten sie Parolen wie «Kill Cops».
Die zuständige Sicherheitsvorsteherin Karin Rykart (Grüne) zeigte sich überrascht von der Heftigkeit der Attacke. Genauso überrascht wie schon beim Saubannerzug nach der Koch-Räumung. Das Einzige, was wirklich überrascht, ist eine Polizeivorsteherin, die sich in einer solchen wichtigen Frage zum wiederholten Male überraschen lässt. Und es zeigt, dass die von der SVP geforderte Strategie in der Stadt Zürich tatsächlich fehlt.
Wie ein Hohn klingen angesichts des jüngsten Gewaltexzesses die Beschwichtigungsversuche, die man von den Linken im Parlament zuvor gehört hatte. Ein Vertreter der Alternativen Liste stellte ungläubig fest, dass der Nachrichtendienst des Bundes, der die Umtriebe der Linksextremen mit Sorge verfolgt, auch einfache Sachbeschädigungen als «gewaltsame Ereignisse» einstuft. Als was denn sonst? Als Streicheleinheiten?
Weiter meinte der AL-Mann, mit Vorstössen wie jenen der SVP wolle «die Staatsmacht» lediglich «legitime und längst überfällige Forderungen» unterdrücken und Menschen, die nicht ans «kapitalistische Dogma» glaubten, möglichst viel «staatliche Repression» erfahren lassen. Welche unappetitliche Umkehr von Tätern und Opfern: Kleingewerbler, denen die Schaufenster eingeschlagen werden, und Polizisten, die zu Freiwild werden, werden sich bedanken für das Wohlwollen, das gewisse Kreise den gewalttätigen Linken in Zürich entgegenbringen.
Dass die Bevölkerung genug von solchen Auswüchsen hat, zeigte kürzlich eine Umfrage, die das Institut GfS im Auftrag der NZZ erstellt hat: 61 Prozent wünschen sich ein härteres Durchgreifen bei Demonstrationen, wie es etwa die Anti-Chaoten-Initiative der SVP vorsieht.
Für die bestimmende politische Linke in der Stadt Zürich sollte das ein Augenöffner sein. Der Linksextremismus darf nicht länger ignoriert und verniedlicht werden. Er ist eine reale Gefahr. Zuerst gehen Fensterscheiben in die Brüche, dann werden Polizisten angegriffen. Die Gewaltspirale dreht weiter. Das muss unterbunden werden. Laubbläser und andere Nichtigkeiten können hingegen von der politischen Traktandenliste verschwinden.
(https://www.nzz.ch/meinung/linksextremismus-in-zuerich-rot-gruen-verharmlost-gewalt-ld.1732934)
—
nzz.ch 04.04.2023
«Welcher schwarze Block?» – die Organisatoren der 1.-Mai-Demo sehen keinen Anlass, sich von Linksextremisten zu distanzieren
Während sich in Basel linke Gruppierungen vom schwarzen Block abgrenzen, zeigen die Gewerkschaften in Zürich Unverständnis dafür und sprechen von einem «Gewaltnarrativ».
Robin Bäni
Die Basler SP und Gewerkschaften wollen am diesjährigen 1.-Mai-Umzug keine Vermummten dulden. In einem Aktionskonsens des Basler SP-Präsidiums heisst es: «Mutwillige Zerstörung von Eigentum lehnen wir konsequent ab.» Zudem werde jegliche Form von Gewalt gegenüber Unbeteiligten, Mitarbeitenden der Polizei und «weiteren Lebewesen» abgelehnt. «Wer den Konsens nicht einhält, darf nicht mitlaufen», sagte SP-Co-Präsidentin Jessica Brandenburger in der «Basler Zeitung».
Falls sich der schwarze Block unter den Demonstrationszug mische, werde man warten, bis sie weitergezogen seien. Damit gemeint ist eine Demonstrationsformation, die überwiegend Linksextreme praktizieren. Dabei treten sie schwarz gekleidet und vermummt auf und wirken dadurch homogen.
Die Stellungnahme der Linken ist eine Folge der Zürcher Krawallnacht vom vergangenen Wochenende. Mehrere hundert Linksextreme lieferten sich im Langstrassenquartier eine Strassenschlacht mit der Polizei. Sieben Polizisten wurden laut der Stadtpolizei Zürich verletzt, zudem wurden Fenster, Autoscheiben und Hauswände demoliert.
Während sich die Polizei auf allfällige Ausschreitungen am 1. Mai vorbereitet, sehen die Organisatoren des Umzugs in Zürich keinen Anlass dazu. Geplant wird die Demonstration vom Gewerkschaftsbund des Kantons Zürich. Deren Sprecher Björn Resener sagt: «Warum sollten wir einen Konsens formulieren? In den vergangenen zehn Jahren gab es beim 1.-Mai-Umzug keine Krawalle und auch keine Gewalt gegen die Polizei.»
Resener vermutet, dass die linken Gruppierungen in Basel auf «good publicity» aus seien. Allerdings sei das kontraproduktiv: «Damit bedienen sie ein Gewaltnarrativ. Seit Jahren wird in Zusammenhang mit dem 1. Mai über Gewalt gesprochen und nie über politische Inhalte. Wir wollen das nicht unterstützen.» Es sei immer dieselbe Diskussion. «Abgrenzen oder nicht – das ist doch ein Kindergarten», sagt Resener.
Zwischen den jüngsten Ausschreitungen in Zürich und dem 1.-Mai-Umzug sieht der Gewerkschaftsbundsprecher keinen Zusammenhang. Auf die Frage, weshalb sich der Gewerkschaftsbund nicht vom schwarzen Block distanziere, antwortet er: «Welcher schwarze Block? Ich will diesen negativ konnotierten Begriff nicht verwenden, weil es diese Organisation in dem Sinne nicht gibt.» Natürlich existiere in Zürich eine gewaltbereite Szene, aber die stelle für den Umzug kein Risiko dar.
Zudem sei es sowieso unmöglich, während des Umzugs festzustellen, wer nun Linksextremist sei und wer nicht.
An den vergangenen 1.-Mai-Umzügen sind Linksextremisten bisher meist vermummt und schwarz gekleidet mitmarschiert. Die Organisatoren haben sie nicht eingeladen, aber geduldet. In den vergangenen zehn Jahren ist der offizielle Umzug mehrheitlich friedlich verlaufen, abgesehen von einzelnen Sachbeschädigungen und Schmierereien.
Die Linksautonomen versuchten aber jeweils, sogenannte Nachdemos zu starten. Allerdings häufig ohne Erfolg. Die Polizei kesselte sie jeweils ein und erstickte die Demonstration im Keim.
Der Zürcher FDP-Gemeinderat Andreas Egli würde es begrüssen, wenn sich die Organisatoren des 1.-Mai-Umzugs mit der Polizei absprechen würden: «Ich fürchte, der schwarze Block könnte versuchen, die Demonstration zu kapern und für eigene Interessen zu missbrauchen.»
Daher finde er es schade, dass der Zürcher Gewerkschaftsbund darauf verzichtet, sich Basel zum Vorbild zu nehmen: «Es wäre eine gute Möglichkeit, um ein Zeichen gegen Gewalt zu setzen. Und das würde dem Organisationskomitee gut anstehen.» Für ihn seien die Reaktionen der Verantwortlichen typisch für die linke Politik in Zürich: «Offensichtlich wollen sie nicht wahrhaben, dass es ein Problem mit linksextremer Gewalt gibt. Und wenn etwas passiert, ist stets die Polizei schuld.»
Es sei höchste Zeit, dass sich die Organisatoren des 1.-Mai-Umzugs von der Gewalt und dem schwarzen Block distanzierten. «Dieses linke Geschwurbel, dieses In-Schutz-Nehmen von Gesinnungsgenossen, muss aufhören», sagt Egli.
Vertreter rot-grüner Parteien wie Luca Maggi (Grüne) und Moritz Bögli (AL) wollten sich am Dienstag zum Thema nicht äussern. Die beiden Politiker hatten im Zürcher Stadtparlament eine Motion eingereicht, in der sie fordern, dass Teilnehmende von illegalen Demonstrationen nicht mehr gebüsst werden sollen. Letzte Woche wurde der Vorstoss im Gemeinderat angenommen.
Maggi sagt, er sei erst kürzlich aus dem Vorstand des 1.-Mai-Komitees ausgetreten und wolle sich nun nicht öffentlich äussern. Das ist so üblich.
Moritz Bögli verweist auf das 1.-Mai-Komitee. «Ich kann keine Aussagen über Kundgebungen machen, bei denen ich nicht beteiligt bin», sagt er.
Noch am Dienstag sind bei der Stadtpolizei Anzeigen infolge der letzten Krawallnacht eingegangen. Deshalb ist die Schadenshöhe laut Mediensprecher Marc Surber noch unklar. «In den kommenden Tagen wollen wir eine Schätzung abgeben», sagt er. Fest steht: Die Krawallnacht soll in die Einsatzplanung der Stadtpolizei zum Tag der Arbeit einfliessen.
(https://www.nzz.ch/zuerich/welcher-schwarze-block-ok-der-mai-demo-distanziert-sich-nicht-ld.1733119)
—
nzz.ch 04.04.2023
Linksextreme in Zürich: «Es ist falsch, von Chaotentum zu sprechen. Prügelmiliz wäre zutreffender»
Woher stammen Gewaltphantasien gegen Polizisten? Extremismus-Experte Samuel Althof ordnet die jüngsten, linksextremen Gewaltausbrüche in Zürich ein.
Michael von Ledebur
Herr Althof, man hat den Eindruck, der Ausbruch linksextremer Gewalt in Zürich am vergangenen Wochenende habe alle überrascht – von der Polizei bis zur Politik. Sind Sie selbst auch überrascht?
Nein. Was passiert ist, entspricht genau dem, was die revolutionäre Linke immer wieder öffentlich erklärt. In der Diskussion wird diese Programmatik leider oft übersehen. Man spricht zum Beispiel gerne von Chaoten. Aber dieser Begriff ist mehr als nur ungenau. Er führt dazu, dass viele die linksextremistischen Gruppierungen unterschätzen.
Inwiefern?
Ein Aufmarsch wie jener am Samstag in Zürich ist sehr genau strukturiert, bis zu den Gegenständen, mit denen Polizisten attackiert werden. Ein Transparent beispielsweise ist nicht einfach ein Transparent, sondern so gefertigt, dass es als Schild gegen Gummischrot dient. Wer von Chaoten spricht, verharmlost diese strukturierte Gewaltanwendung. Wir würden auch nicht auf die Idee kommen, von Clan-Chaoten anstatt Clan-Kriminalität zu sprechen.
Eines der grössten Polizeikorps des Landes war zweimal innert wenigen Wochen nicht in der Lage, linksextremistischen Gewaltausbrüchen Einhalt zu gebieten. Wie ist das zu erklären?
Für die Polizei ist die Ausgangslage schwierig. Will sie solche Ausbrüche verhindern, muss sie stets in einer personellen Übermacht sein. Man brauchte also eine Polizei, die zu allen Tages- und Nachtzeiten auf Abruf bereit steht. Das ist schwer zu bewerkstelligen.
Weiss die Polizei überhaupt genug darüber, was innerhalb der linksextremen Szene läuft?
Aus Gesprächen mit Vertretern von lokalen und national operativ tätigen Sicherheitsverantwortlichen weiss ich, dass es für die Polizei enorm schwierig ist, tragfähige Kontakte in die Szene zu entwickeln. Das ist bei der rechtsextremen Szene einfacher, da sprechen die Leute gerne mit Polizisten, vielleicht in der Annahme, diese überzeugen zu können. Aber wenn man wissen will, was strukturell in der linksextremen Szene los ist, reicht es, wenn man deren Verlautbarungen ernst nimmt.
Da geht es um Marxismus, revolutionäre Gewalt, den bösen Kapitalismus. Alles wie vor 40 Jahren. Hat sich die Szene nicht entwickelt?
Inhaltlich tatsächlich nicht. Das linksextreme Konzept ist staatsfeindlich, man träumt vom Umsturz. Dass Gesetze gelten, die auf demokratischem Weg erarbeitet worden sind, lehnen diese Leute ab. Sie glauben tatsächlich daran, dass der Staat in einer Revolution untergeht, wenn sie ihn nur genügend oft herausfordern.
Und dies, nachdem unzählige Gewaltexzesse den Staatsaufbau nicht verändert haben.
Natürlich handelt es sich um Realitätsverlust und Grössenwahn. Jede politische Partei in der Schweiz hat eine Selbsteinschätzung darüber, was sie bewirken kann. Diese Leute haben das nicht. Der Generationenwechsel ändert daran nichts, das Denken bleibt gleich. Und es gibt auch eine Binnenlogik – man könnte auch von einer Bubble sprechen, in der sich die Leute bewegen und gegenseitig aufwerten. Das ist durchaus sektenartig: Wenn du dabei bist, bist du toll, und du bist nicht mehr alleine. Wie bei Sekten ist ein Ausstieg schwierig.
Wächst die Szene?
Ich würde schätzen, dass sie auf mittelhohem Mass stabil ist. Bei Demonstrationen sind jeweils zwischen 500 und 1000 Personen aktiv. Der Mobilisierungsgrad ist hoch, zwischen den Städten, aber auch gesamteuropäisch. Das weiss man aus Polizeikontrollen.
Was hat sich durch das Internet verändert?
Die Geschwindigkeit. Es gab kürzlich eine Podiumsdiskussion im Zentrum Karl der Grosse in Zürich, wo Leute der rechtsextremen Jungen Tat aufgetreten sind. Noch während die Diskussion lief, haben Linksextreme sie fotografiert und die Fotos ins Netz gestellt. Zum Ende der Diskussion stand ein Schlägertrupp bereit. Das war ein organisierter Überfall. Er zeigt: Es ist falsch, von Chaotentum zu sprechen. Prügelmiliz wäre zutreffender.
Als Binsenwahrheit galt lange, dass rechte Gewalt eher gegen Leib und Leben gerichtet ist, linke Gewalt eher gegen Objekte. Doch gerade die Gewalt gegen Polizisten spricht eine andere Sprache. Wie funktioniert linke Gewalt?
Wenn Objekte, zum Beispiel eine Bankfiliale, beschädigt werden, wird gleichzeitig eine revolutionäre Botschaft transportiert. Es ist eine Art Mikroterrorismus, der auf Aufmerksamkeit zielt. Dieser Mechanismus wird auf Polizisten übertragen, die man als Repräsentanten des Systems sieht. Polizistinnen und Polizisten werden enthumanisiert. Sie werden als Objekte des feindlichen Systems gesehen und bekämpft. Wenn man 80 Molotowcocktails in einem besetzten Haus bereitstellt, denkt man nicht daran, was eine Brandwunde einem Menschen zufügen kann. Oder daran, dass dieser Mensch Angehörige hat.
Als die Junge Tat eine Vorlesestunde von Drag-Queens störte, war die Entrüstung in der Stadtzürcher Politik gross. Weshalb stösst eine solche zu verurteilende, aber «symbolische» Aktion gerade bei rot-grünen Parteien auf so viel mehr Entrüstung als die reale Gewalt von links?
Ich will nichts verharmlosen, aber die Junge Tat ist eine an sich bedeutungslose Marke, die leider von den Medien hochgespielt wird. Solche kleinen Gruppierungen werden mit der Zeit ausgebremst. Aber die Parteien nützen die Bühne natürlich gerne, um sich gegen Rechtsextreme zu positionieren. Tatsache ist: Wir haben in der Schweiz kein Pflaster, auf dem sich Rechtsextremismus strukturell verfangen kann.
Kann man dies so apodiktisch sagen?
Keine einzige rechtsextreme Bewegung konnte in den letzten Jahren in irgendeiner Form Fuss fassen. Beim Linksextremismus sieht es anders aus, er funktioniert strukturell, ist sehr viel besser organisiert und vor allem sehr viel besser vernetzt.
Und doch ist Furcht vor dem Rechtsextremismus bei vielen nach wie vor grösser als vor dem Linksextremismus.
Das hat mit den Bildern zu tun, die wir im Kopf haben, von KZ und Hitlers Schergen. Wenn wir an Linksextremismus denken, entsteht nichts dergleichen.
Oft heisst es, dass an illegalen Demos die Gewalt nur von einem kleinen Teil der Teilnehmer ausgehe. Teilen Sie diese Einschätzung?
Diese Demonstrationen werden oft von Linksextremen regelrecht gekapert. Sie suchen diese gezielt aus. Von aussen sieht es dann nach einer von Beginn weg linksextremen Demo aus, auch wenn dies nicht den Tatsachen entspricht. Es erscheint mir deshalb wenig zielführend, die Veranstalter dieser Demos belangen zu wollen, wie dies nun teilweise gefordert wird.
Sind linke Politiker mitverantwortlich, wenn sie das «Grundanliegen», zum Beispiel einer illegalen Demo gegen Wohnungsnot, für gut befinden?
Es ist heikel, wenn sich Politiker in einer akuten Lage so äussern, denn das kann als Gewalt legitimierend verstanden werden. Ebenso problematisch sind ultimative Forderungen gegen die «Chaoten», denn auch dies bestärkt diese Leute in ihren Ansichten. Allerdings muss man sagen, dass die Szene relativ immun ist gegenüber Wertungen von aussen.
Zum Schluss: Wie lässt sich das Problem lösen?
Für die Polizei ist wichtig, dass sie die Bedrohung absolut ernst nimmt und mit allen möglichen Angriffstechniken aus der Szene rechnet. Die Beteiligten haben starke Gewaltphantasien und versuchen sie auch umzusetzen. Die Polizei muss sich aber auch mit Fachkräften vernetzen, die mit Linksextremen in der Prävention arbeiten und dorthin Vertrauensbeziehungen aufgebaut haben. Vielleicht braucht es mehr Polizisten auf Abruf, aber sicher nicht mehr demonstrative Polizeipräsenz. Letztlich muss man damit leben, dass es diese Form von Gewalt gibt. Die Lösung von solch grossen strukturellen, gesellschaftlichen Problemen darf man nicht an die Polizei delegieren oder diese gar dafür verantwortlich machen. Wir leben mit einer ständigen Sockelproblematik von links- wie auch rechtsextremer Gewalt. Es gibt keine Patentlösung. Höchstens einen realistischeren Umgang damit.
–
Zur Person
Samuel Althof, Jahrgang 1955, ist psychologischer Berater und Leiter Fachstelle Extremismus und Gewaltprävention Fexx mit Sitz in Oberwil. Er hat eine Ausbildung als Psychiatriepfleger, in Figurativem Psychodrama sowie in Gestalt- und Gesprächstherapie.
(https://www.nzz.ch/zuerich/linksextremismus-in-zuerich-wenn-man-80-molotowcocktail-in-einem-besetzten-haus-bereitstellt-denkt-man-nicht-daran-was-eine-brandwunde-einem-menschen-zufuegen-kann-ld.1732999)
JURA:
Nouvelle action contre Orllati à Yverdon
On a un bien joli canton…
https://renverse.co/infos-locales/article/nouvelle-action-contre-orllati-a-yverdon-3963
+++AUSLÄNDER*INNEN-RECHT
Urteil vom 6. März 2023 (6B_627/2022)
Landesverweisung in beliebiges Drittland ohne Klärung des Aufenthaltsrechts nicht zulässig
https://www.bger.ch/files/live/sites/bger/files/pdf/de/6b_0627_2022_2023_04_04_T_d_07_37_48.pdf
+++KNAST
«Der Fall Kowsika braucht eine Aufarbeitung»
Eine junge Frau nimmt sich im Basler Untersuchungsgefängnis Waaghof das Leben, die Aufseher*innen müssen sich vor Gericht verantworten. Doch was ist mit den Behörden?
https://bajour.ch/a/clg10e9tp50167254ixy30ky1i7/fall-kowsika-sollten-sich-auch-die-behoerden-verantworten-muessen
-> https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/haeftling-in-pfaeffikon-tot-aufgefunden-00209360/
-> https://www.zh.ch/de/news-uebersicht/medienmitteilungen/2023/04/inhaftierte-person-im-gefaengnis-pfaeffikon-tot-aufgefunden.html
+++POLIZEI DE
Wie ticken Polizisten? Studie sieht fragwürdige Tendenzen
Hat die Polizei ein Rassismus-Problem? Nach entsprechenden Vorwürfen hat ein Forscherteam umfassend untersucht, wie Polizisten ticken. Heute wird ein erster Zwischenbericht veröffentlicht. Eindeutige Antworten gibt es darin aber nicht.
https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/wie-ticken-polizisten-studie-sieht-fragwuerdige-tendenzen,TaNE1tl
-> https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/polizei-studie-megavo-101.html
-> https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/megavo-polizeistudie-101.html
-> https://taz.de/Studie-zu-Rassismus-in-der-Polizei/!5923557/
-> https://www.zeit.de/politik/2023-04/polizei-studie-rassismus-nachrichtenpodcast
+++RECHTSPOPULISMUS
Berner SVP fordert Aufnahmestopp von Asylsuchenden
Die Berner SVP fordert den Kanton Bern dazu auf, vorübergehend keine Asylsuchenden mehr aufzunehmen. Damit will die Partei Mieter schützen: Sollte der Platz in kantonalen Unterkünften eng werden, könne der Kanton bald auch private Mieter künden, um zusätzlichen Platz zu schaffen – so die Argumentation der Berner SVP.
https://tv.telebaern.tv/telebaern-news/berner-svp-fordert-aufnahmestopp-von-asylsuchenden-150859624
-> Motion SVP/FDP/EDU: Mehr Schutz für Mieterinnen und Mieter aufgrund der angespannten Asylsituation
https://www.gr.be.ch/de/start/geschaefte/geschaeftssuche/geschaeftsdetail.html?guid=2964ca82488e458aa85969bba5b4e9a1
+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
„Liebe potenziell freundliche Menschen: ich lese meine DM‘s aus Gründen zur Zeit nicht. Liebe Medienschaffende: ich gebe keine Interviews. Der Scheiterhaufen ist heruntergekokelt, die #ClickBait Party vorbei. Fragt doch mal Victorinox nach den Verkaufszahlen für ne Folgestory. „
(https://twitter.com/Schneimere/status/1643186984473460736)