Medienspiegel 26. März 2023

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel/

+++AARGAU
Mittels Petition wehrt man sich gegen die Asylunterkunft in Wildegg
Ab Juni will der Aargau das Hotel Aarauhof in Wildegg zu einer Asylunterkunft umfunktionieren. Bis zu 140 Zitat «Einzelmänner» sollen dort einziehen. Wir haben darüber berichtet. Jetzt regt sich Widerstand. Mit einer Petition will Michael Bürgisser die Grossunterkunft direkt am Bahnhof verhindern.
https://www.telem1.ch/aktuell/mittels-petition-wehrt-man-sich-gegen-die-asylunterkunft-in-wildegg-150723976
-> https://www.argoviatoday.ch/aargau-solothurn/gegen-die-geplant-asylunterkunft-in-wildegg-regt-sich-widerstand-150724443?autoplay=true&mainAssetId=Asset:150724279


+++BASEL
Im Deutschkurs mit ukrainischen Flüchtenden (ab 03:50)
https://video.telebasel.ch/content/4062/4063/205828/index.html


+++SCHWEIZ
Hundert Tage Gegenwind: Asyl-Druck auf Baume-Schneider steigt
Kaum im Amt, steht die neue SP-Bundesrätin im Kreuzfeuer der SVP-Kritik. Ausgerechnet jetzt steht eine heikle Neuorganisation des SEM an.
https://www.blick.ch/politik/hundert-tage-gegenwind-asyl-druck-auf-baume-schneider-steigt-id18433369.html


Asyl-Gutachten: Jeder 6. unbegleitete Minderjährige in der Schweiz ist gar keiner
2877 Asylgesuche: Noch nie suchten so viele unbegleitete Minderjährige in der Schweiz Schutz wie im letzten Jahr. In mehr als 1000 Fällen misstraute der Bund der Altersangabe – und schaffte Klarheit mittels Gutachten.
https://www.watson.ch/849121381-asyl-gutachten-jeder-6-unbegleitete-minderjaehrige-ist-gar-keiner


+++BELGIEN
Belgiens Regierung ist überfordert mit der Unterbringung Geflüchteter
Besetzer aus dem Zeltlager
Die Aufnahmezentren sind überfüllt, obdachlose Asylsuchende haben ein Gebäude in Brüssel besetzt.
https://jungle.world/artikel/2023/12/besetzer-aus-dem-zeltlager


+++ITALIEN
„Louise Michel“: Italienische Behörden setzen deutsches Seenotrettungsschiff fest
Am Samstag hatte das Schiff 180 Menschen in Seenot gerettet und nach Lampedusa gebracht. Damit habe die Crew gegen ein neues Gesetz verstoßen.
https://www.zeit.de/gesellschaft/2023-03/louise-michel-seenotrettung-schiff-festgesetzt-banksy-boot-italien-lampedusa
-> https://www.srf.ch/news/international/nach-mehreren-einsaetzen-lampedusa-wegen-neuem-gesetz-seenotretterschiff-festgesetzt


+++MITTELMEER
Mittelmeer: Libysche Küstenwache soll Rettungsaktion verhindert haben
Sie wollten Menschen in Seenot retten. Doch nach Angaben von NGOs bedrohte die Küstenwache Libyens die Crew der „Ocean Viking“ mit Waffen. Die Helfer mussten abziehen.
https://www.zeit.de/gesellschaft/2023-03/ocean-viking-rettung-fluechtlinge-libyen-schuesse


Illegale Einwanderung nach ItalienMehr als 3000 Bootsmigranten auf Lampedusa gelandet
In den vergangenen zwei Tagen kamen auf der italienischen Mittelmeerinsel mehr als 3000 Flüchtlingen an. Medien sprechen bereits von einem «Migranten-Boom».
https://www.tagesanzeiger.ch/mehr-als-3000-bootsmigranten-auf-lampedusa-gelandet-970560876998
-> https://www.spiegel.de/ausland/italien-mehr-als-3000-gefluechtete-erreichen-insel-lampedusa-a-ea14da26-3881-419d-ad4f-a7c9e9ba1637


„Schüsse in die Luft“ : NGO: Libysche Küstenwache verhindert Rettung
Wie Hilfsorganisationen berichten, hat die libysche Küstenwache eine Rettungsaktion Schiffbrüchiger im Mittelmeer verhindert. Demnach seien Schüsse in die Luft abgefeuert worden.
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/sea-watch-libyen-kuestenwache-seenotrettung-100.html


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Solidaritätserklärung mit Blackbox
Am Abend des Freitags, 24. März, fand in Zürich eine Kundgebung gegen das Verbot von Black Box durch die Stadt Zürich statt. Wir veröffentlichen hier eine Solidaritätserklärung.
https://barrikade.info/article/5782


+++REPRESSION DE
»Diesen Angriff lassen wir nicht unbeantwortet«
Verein geht gegen Razzia bei Sender Radio Dreyeckland juristisch vor. Ein Gespräch mit David Werdermann
https://www.jungewelt.de/artikel/447577.linke-gegen%C3%B6ffentlichkeit-diesen-angriff-lassen-wir-nicht-unbeantwortet.html


+++REPRESSION FR
Macrons Terroreinheit
Mit Schlagstock und bloßer Faust: Frankreich bietet gegen Rentenprotest motorisierte Polizei auf. Linke fordert Auflösung von Spezialtruppe
https://www.jungewelt.de/artikel/447602.polizeigewalt-%C3%A0-la-france-macrons-terroreinheit.html


+++KNAST
Tiktok-Video aus dem Knast: Brian versucht die Zellentür einzutreten
Gefängnisschreck Brian sorgt mit einem neuen Tiktok-Video für Lacher – zumindest bei Zellenkumpanen. Brian versucht, die Knasttür einzutreten. Ein Zellengenosse filmts. Nicht so lustig dürften das die Zürcher Vollzugsbehörden finden. Handys sind hinter Gitter verboten.
https://www.blick.ch/schweiz/zuerich/tiktok-video-aus-dem-knast-brian-versucht-die-zellentuer-einzutreten-id18433964.html


«Ich kann nicht für alle die Verantwortung übernehmen»
Im Berner Massnahmenzentrum St. Johannsen werden 80 Straftäter auf das Leben in Freiheit vorbereitet. Die Institution hat eine neue Chefin. Im Interview spricht die Bernerin über Freiheit, Frauenförderung, Straftäter – und Vogelstimmen.  (ab 01:17)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/ich-kann-nicht-fuer-alle-die-verantwortung-uebernehmen?id=12358039
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/vollzugsanstalt-st-johannsen-direktorin-kann-nicht-fuer-alle-die-verantwortung-uebernehmen


+++BIG BROTHER
#267 Off The Record: Die Pegasus-Protokolle
Die Geschichte vom Staatstrojaner Pegasus ist einer der größten Überwachungsskandale Europas. Gerade soll ein Untersuchungssauschuss alles aufarbeiten – aber schriftliche Protokolle veröffentlicht er nicht. Deshalb übernehmen wir das. Eine Podcastfolge darüber, warum wir die Arbeit der EU machen.
https://netzpolitik.org/2023/267-off-the-record-die-pegasus-protokolle/


+++RASSISMUS
So viele Rassismusmeldungen bei der HEKS, wie noch nie. (ab 05:42)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-ostschweiz/walenstadter-haben-grosses-interesse-am-spital?id=12358036


+++RECHTSPOPULISMUS
Queerfeindliche Allianzen: Gegner Globohomo
Immer mehr Länder erlassen queerfeindliche Gesetze, in Europa erreicht die Gewalt neue Höchststände. Formiert sich eine homophobe Internationale?
https://taz.de/Queerfeindliche-Allianzen/!5921394/
-> https://www.derstandard.at/story/2000144884625/die-bunte-kuenstlerin-von-der-sich-rechte-bedroht-fuehlen?ref=article


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
„Betonmalerinnen, was sagt eigentlich das #VolkshausZürich zum den am 27. Mai geplanten Event „Vision des Guten und das Manifest der neuen Erde“? Okay, schauen wir mal Ein Thread“
Mehr: https://twitter.com/farbundbeton/status/1639987531352514565


Tod durch Hass und Hetze – Der Fall Dr. Kellermayr
Am 29. Juli 2022 setzte die oberösterreichische Hausärztin Dr. Lisa-Maria Kellermayr ihrem Leben ein Ende. Monatelang wurde sie von Menschen aus der radikalen Impfgegnerszene bedroht.
https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/weltspiegel/sendung/weltspiegel-doku-tod-durch-hass-und-hetze-100.html


+++HISTORY
tagblatt.ch 25.03.2023

Gewalt, Ungeziefer, Gemeindefresser: Sonderausstellung widmet sich den fürsorgerischen Zwangsmassnahmen

Das Appenzeller Brauchtumsmuseum widmet sich einem düsteren Kapitel der Schweizer Geschichte. Die Ausstellung zu den fürsorgerischen Zwangsmassnahmen zeigt Zeitzeugen aus Urnäsch und wirft die Frage auf, wie das Geschehene uns heute betrifft.

Selina Schmid

«Wir waren Waisenhäusler, Gemeindefresser. Wir waren ein verwaltetes Rudel Gofen.» Das sagt Franz Schläpfer über seine Kindheit und Jugend im Waisenhaus Urnäsch. Als er vier Jahre alt war, hatte sich sein Vater davongemacht, der Bub wurde der nun alleinerziehenden Mutter genommen und in das Waisenhaus gebracht. Aus Fürsorge. Doch Schläpfer, der heute 90 Jahre alt ist, sagt: «Familienleben gleich null.»

Wie Zehntausende Menschen in der Schweiz war Schläpfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen betroffen. Sie wurden fremdplatziert, als Arbeitskräfte ausgenutzt oder in streng geführten Institutionen umerzogen. Viele wurden in ihrer Integrität oder ihrer Entwicklung verletzt, erlebten psychische, körperliche oder sexuelle Gewalt. Die Ausserrhoder stellvertretende Staatsarchivarin Renate Bieg sagt: «Man meinte es wohl gut, doch behandelte die Betroffenen menschenverachtend. Im Rückblick ist Unrecht geschehen.»

Churer Wanderausstellung in Urnäsch

Schläpfer heisst eigentlich anders. Das Appenzeller Brauchtumsmuseum hat den Namen für die Sonderausstellung «Vom Glück vergessen» geändert. Kurator Walter Frick sagt: «Er spricht über traumatische Erlebnisse. Dass er darauf angesprochen wird, wollten wir verhindern.»

Die Ausstellung widmet sich dem Thema der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und stellt die Frage, wie das Geschehene uns heute betrifft. Sie beginnt mit der Wanderausstellung des Rätischen Museums Chur, welche Besucherinnen und Besucher in die Welt der Betroffenen eintauchen lässt.

Walter Frick sagt, dass vor zwei Jahren das Angebot kam, die Wanderausstellung zu übernehmen. Da erinnerte er sich, dass auch in Urnäsch Armen- und Waisenhäuser existierten. «Die Wanderausstellung könnte überall stehen. Es brauchte etwas von hier.» Zwei Zeitzeugen wurden gefunden, Franz Schläpfer und Ida Müller, die beide anonymisiert vom Erlebten erzählen.

Es seien emotionale Interviews gewesen, so Frick. «Die Erlebnisse begleiten sie schon ihr Leben lang.» In der Ausstellung können Besucherinnen und Besucher Ausschnitte der Interviews hören und Bilder aus ihrer Jugend sehen. Dazu zeigt Comiczeichnerin Lika Nüssli Auszüge ihres Buches «Starkes Ding», welches die Geschichte ihres Vaters als Verdingbub im Toggenburg erzählt.

Die Entschuldigung der Bundesrätin

Die fürsorgerischen Zwangsmassnahmen sind Appenzeller Geschichte. In den zwei Kantonen wurden zahlreiche Institutionen durch Kantone, Gemeinden und Private betrieben. Die Praxis begann wohl bereits im 19. Jahrhundert und wurde 1981 beendet. Wie viele Kinder und Erwachsene betroffen waren, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Schweizweit waren es gemäss Schätzungen des Bundes 10’000 bis 40’000 Menschen.

Die Aufarbeitung des Geschehenen begann 2010, als sich Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf bei den Betroffenen für das Leid entschuldigte. 2017 trat ein Gesetz in Kraft, wonach unter anderem das Leid der Betroffenen kompensiert werden soll und die Geschichte wissenschaftlich aufgearbeitet wird.

200 Betroffene in Innerrhoden

Appenzell Innerrhoden hat sich dem Thema gestellt. Im Februar 2021 gab die Standeskommission einen Bericht in Auftrag, welcher aufzeigen soll, ob und wie erwachsene Personen in Innerrhoden Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen wurden. Es sei von über 200 Betroffenen auszugehen, so der Kanton. Über die Schicksale dieser Menschen und das Prozedere der Versorgung gebe es bislang keine gesicherten Kenntnisse. Die renommierte Historikerin Iris Blum soll den Bericht 2024 vorlegen.

Davor liess der Kanton die Geschichte des staatlichen Kinderheimes Steig bei Appenzell aufarbeiten. Das Heim wurde von Ordensschwestern geführt und war unter staatlicher Aufsicht. Für die Kinder «hatte in der Regel das Mindeste gut genug zu sein», schreiben Autoren Urs Hafner und Mirjam Janett. Auch die Geschichten der Armen- und Waisenanstalt Torfnest und des «Sunnehus» in der Eugst wurden in der «Oberegger Geschichte» kurz aufgearbeitet.

Hafner und Janett schreiben von einem tragischen Paradox: Der Staat hatte die Kinder fremdplatziert, um sie vor angeblichen oder realen prekären Lebensumständen in den Familien zu schützen – und gaben sie an einen Ort, an welchem sie Armut, Gewalt und emotionale Kargheit erlebten. «Sie kamen vom Regen in die Traufe.»

Bettwanzen, Kakerlaken, Läuse

Ida Müller ist die zweite Zeitzeugin der Ausstellung. Sie wurde im Urnäscher Armenhaus geboren, denn ihre Eltern führten das Haus. Hier wuchs sie unter Erwachsenen mit geistigen oder physischen Beeinträchtigungen auf. Manchmal lebten dort 90 Menschen gleichzeitig, dann war das Haus rappelvoll. Müller erzählt von Bettwanzen, Kakerlaken, Läusen. «Es liess viel zu wünschen übrig.»

Alle Insassinnen und Insassen hatten ihre Aufgaben. Wer mehr arbeiten konnte, bekam mehr Brot. «Aber frisch war es nie. Was hatten wir manchmal für miese Ware. Und manche assen es zum Frühstück schon auf und bekamen dann bis zum nächsten Tag nichts mehr.»

Die Zeitzeugen berichten von der prekären medizinischen Versorgung und von Gewalt an jenen, die zu ihrem Schutz in diesen Häusern waren. Franz Schläpfer etwa sagt, irgendwann habe man gewusst, wie man sich gegen die Heimmutter wehrt. Ida Müller erzählt von der «verrückten Stunde», wenn Insassinnen in separate Räume weggesperrt wurden, oft tagelang.

Herausfordernde Aufarbeitung in Ausserrhoden

Appenzell Ausserrhoden hat die Geschichte der fürsorgerischen Massnahmen 2021 aufarbeiten lassen. Entstanden ist das Buch «Versorgt in Gmünden». In der Strafanstalt Gmünden wurden bis 1981 nicht nur gerichtlich Verurteilte untergebracht, sondern auch «liederliche» und «arbeitsscheue» Menschen administrativ versorgt. Mit Disziplin, Ordnung und Strafe sollten aus den Insassinnen und Insassen arbeitsame, an die gesellschaftlichen Normen und Moralvorstellungen angepasste Personen werden.

Nicht aufarbeiten liess der Kanton jene Institutionen, welche von Privaten oder den Gemeinden betrieben wurden. Renate Bieg verweist auf die schlechte Quellenlage. Sie schätzt aber, dass allein die Anzahl privater Heime im Kanton bei über hundert lag. Dazu kämen Pflegefamilien und gemeindeeigenen Häuser. Verdingkinder habe es wenige gegeben.

Bieg sagt, dass etwa zehn Prozent der Betroffenen aus Ausserrhoden stammte. Damals war ein Versorgungstourismus betrieben worden. Ausserrhoden hatte eine lange Heimtradition, die ländliche Luft galt als gesund und nach dem ersten Weltkrieg waren die hiesigen Besserungsanstalten günstiger als in anderen Kantonen.

Vom Appenzeller Brauchtumsmuseum aus sieht man das ehemalige Armenhaus. Walter Frick, Kurator des Appenzeller Brauchtumsmuseum, sagt, dass er in Urnäsch im Wissen um die Armen- und Waisenhäuser aufgewachsen sei. Er sieht einzelne Insassinnen und Insassen vor sich, wie sie im Dorf vorbeikamen. «Es kam aber erst durch die Ausstellung hoch.»

Die Sonderausstellung «Vom Glück vergessen» öffnet am 1. April um 10 Uhr mit einer Vernissage in der Evangelischen Kirche Urnäsch und wird bis zum 14. Januar 2024, der lokale Teil «Armen- und Waisenhaus» bis zum 30. Oktober zu sehen sein.
(https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/appenzellerland/brauchtumsmuseum-gewalt-ungeziefer-gemeindefresser-sonderausstellung-widmet-sich-den-fuersorgerischen-zwangsmassnahmen-ld.2432366)