Medienspiegel 22. März 2023

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+++ZÜRICH
tagesanzeiger.ch 22.03.2023

Uneinigkeit bei der Zürcher AsylorganisationAOZ-Direktor Stefan Roschi geht per Ende Mai

Weil man sich uneinig war über «Führung und Weiterentwicklung», verlässt Roschi die Asylorganisation Zürich.

Liliane Minor

Die Trennung kam überraschend: Am Mittwochnachmittag erfuhren die Mitarbeitenden der Asylorganisation Zürich (AOZ) per Mail, dass Direktor Stefan Roschi die Organisation per Ende Mai verlässt. Grund: «Unterschiedliche Vorstellungen bezüglich Führung und Weiterentwicklung der AOZ».

AOZ-Sprecher Martin Roth bestätigte die Trennung auf Anfrage, ebenso die genannten Gründe: «Im Sinne einer langfristigen Perspektive  kamen beide Seiten zum Schluss, dass Stefan Roschi die AOZ per Ende Mai verlassen wird.» Weitere Details gab Roth nicht bekannt.

Seit längerem am Limit

Die Wortwahl lässt allerdings vermuten, dass es hinter den Kulissen schon länger brodelte und Roschis Abgang zumindest für die Chefetage nicht aus heiterem Himmel kommt. Tatsächlich läuft die AOZ unter anderem wegen des Ukraine-Kriegs seit Monaten am Limit. Aber nicht nur deswegen hagelte es Kritik, unter anderem aus dem Zürcher Stadtparlament. Dazu kam die Krise um das überfüllte Asyl-Jugendheim Lilienberg. Nach Medienberichten im letzten Juni kam im September auch ein Expertenbericht zum Schluss, dass die Zustände dort besorgniserregend seien.

Im Oktober übte Roschi in einem Interview mit dieser Zeitung Kritik an der früheren AOZ-Leitung: Diese habe es verpasst, «aus der Flüchtlingskrise von 2015/2016 die richtigen Schlüsse zu ziehen». Roschi skizzierte in jenem Gespräch auch seine Vorstellung von kleineren, je nach Bedürfnis unterschiedlich intensiv betreuten Wohngruppen für die minderjährigen, unbegleiteten Flüchtlinge.

Wer auf Roschi folgt, ist noch unklar. Der Verwaltungsrat werde die Suche nach einer Nachfolge umgehend in Angriff nehmen, sagte AOZ-Sprecher Roth. Das Tagesgeschäft werde man mit einer Interimslösung sicherstellen.
(https://www.tagesanzeiger.ch/aoz-direktor-stefan-roschi-geht-per-ende-mai-774807622995)


++++SCHWEIZ
Schutzstatus S: Höchstes Gericht stützt umstrittene Praxis – Wenn die schnelle und unbürokratische Hilfe zum Albtraum wird
Eine Kiewerin flieht mit ihrem Sohn in die Schweiz und beantragt den Schutzstatus S. Sie werden aber weggewiesen, weil sie einen russischen Pass haben – nach Russland. Diesen umstrittenen Entscheid stützt jetzt das Bundesverwaltungsgericht.
https://www.beobachter.ch/politik/schutzstatus-s-wenn-die-schnelle-und-unburokratische-hilfe-zum-albtraum-wird-585104


+++MITTELMEER
Seenotrettung: Wendländer auf dem Weg ins Mittelmeer
Aktivisten wollen mit Segelboot die Rettung von Geflüchteten unterstützen
Aktivisten wollen mit Segelboot die Rettung von Geflüchteten unterstützen. Um Menschen an Bord zu nehmen ist die »Trotamar III« zu klein, die Crew will vielmehr Seenotfälle entdecken und an die zuständigen Behörden zur Rettung melden.
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1171904.seenotrettung-seenotrettung-wendlaender-auf-dem-weg-ins-mittelmeer.html


+++GASSE
Swissmedic hebt Schliessung von Aargauer Pharmafirma auf – Methadon wird weiterhin nicht produziert
Wegen Mängeln, die bei einer Inspektion festgestellt wurden, musste die Amino AG schliessen. Nun erteilte Swissmedic wieder eine Betriebsbewilligung – aber noch keine Herstellungsbewilligung.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/gebenstorf-swissmedic-hebt-schliessung-von-aargauer-pharmafirma-auf-methadon-wird-weiterhin-nicht-produziert-ld.2433356


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
„Die Junge Tat tauchte heute ( *unerwünscht ) in Zürich bei einer Podiumsdiskussion zum Thema „Rechtsextremismus in der Schweiz“ auf. *Faschos sind nirgends erwünscht ausser bei der SVP und dem TelegramMob
Doch stabile Antifas waren schnell zu Stelle und verklickerten den JungFaschos, dass sie nicht willkommen sind. Darüber regen sie sich jetzt auf.
Jean Marc König ( .@AttilaDerKluge) war „leider“ nicht dabei, obwohl er heute Nachmittag noch schrieb:
#DankeAntifa an dieser Stelle und Nazis verpisst Euch!
(https://twitter.com/farbundbeton/status/1638668470601515009)


ST. GALLEN
„#SG2203 Demo gegen den Auftritt von Sebastian Kurz beim #Club2000 in St.Gallen“
https://twitter.com/RaimondLueppken/status/1638587608333787155
-> https://twitter.com/i/status/1638591231256141849
-> https://twitter.com/i/status/1638598509564764162


Angriff gegen türkischen Bau-Tycoon in Zürich
Knallender Neujahrsgruss zu Newroz: Angriff gegen die Mörder-Clique des türkischen Bau-Sektor-Filzes.
Heute Nacht haben wir in Zürich den Briefkasten der Bauingenieur-Firma Sauerwein Schäfer SSB AG gesprengt. Die SSB befindet sich seit rund 10 Jahren in vollständigem Besitz der ERG International Group, einem der grössten Bauunternehmen der Türkei. Die gut in den Palast vernetzten türkischen Bau-Milliardäre sind neben der Rüstungsindustrie die direktesten Profiteure der Erdogan’schen Wirtschaftspolitik – und sie sind Hauptverantwortliche für die verheerenden Auswirkungen des jüngsten Erdbebens.
https://barrikade.info/article/5754


Sprengstoffanschlag auf Briefkästen in Zürich-Seebach. (ab 02:59)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/schadstoffe-im-zuerichsee-nun-schaltet-sich-die-politik-ein?id=12356269


+++POLICE GB
Londoner Polizei und Diskriminierung: Bis in den Kern verrottet
Ein Bericht attestiert der Londoner Polizei eine Kultur der Diskriminierung und Gewalt. In Deutschland gibt es bisher nicht mal Studien.
https://taz.de/Londoner-Polizei-und-Diskriminierung/!5920168/


+++RASSISMUS
«Rasse», Rassifizierung und Rassismus
Der deutsche Begriff «Rasse» ist negativ konnotiert – man verbindet ihn mit der NS-Vergangenheit, mit der rechten Ideologie, dass einige vermeintliche Menschenrassen überlegen seien. Der englische Ausdruck «race» hat hingegen nicht denselben negativen Beigeschmack. Wieso ist das so? Und was für Begriffe ersetzen den problematischen Begriff «Rasse»?
Antworten gibt Daniel James, Philosoph und Person of Color. Er lehrt derzeit Philosophie an der Freien Universität Berlin und leitet das partizipative Forschungsvorhaben ‹«Rasse»: Zur Aushandlung eines belasteten deutschen Ausdrucks›.
https://rabe.ch/2023/03/22/rasse-rassifizierung-und-rassismus/


«Wir alle verhalten uns manchmal rassistisch» – wie der Aargau damit umgeht
Wer sind «wir» und wer sind «die anderen»? Was sind Stereotype und Vorurteile? Diesen und weiteren Fragen widmet sich eine Ausstellung im Stadtmuseum Aarau. Eröffnet wurde sie mit einer Podiumsdiskussion zum Thema Rassismus.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/struktureller-rassismus-wir-alle-verhalten-uns-manchmal-rassistisch-so-wird-an-der-aktionswoche-ueber-das-schambehaftete-thema-diskutiert-ld.2433116


+++RECHTSPOPULISMUS
aargauerzeitung.ch 22.03.2023

Schluss mit «Extrem-Bezügern» in der Sozialhilfe: Junge SVP Aargau lanciert Initiative – mit schwergewichtiger Hilfe

Die Junge SVP will im Aargau die Sozialhilfe jener kürzen, die sich nicht um Arbeit bemühten. Dafür lanciert sie am 6. April eine Volksinitiative. Mit im Komitee sind unter anderem SVP-Aargau-Präsident Andreas Glarner, Nationalrätin Martina Bircher und FDP-Grossrat Adrian Schoop.

Eva Berger

Nächsten Monat startet die Junge SVP Aargau eine Volksinitiative gegen die Kostenexplosion bei der Sozialhilfe. Fast jede zweite Sozialhilfe beziehende Person sei Langzeitbezüger, fast 1000 seien seit über sieben Jahren in der Sozialhilfe. Dabei solle diese Hilfe gezielt und massvoll angewendet werden, es müsse Schluss sein mit «Extrem-Bezügern». So argumentiert das Komitee von «Arbeit muss sich lohnen!» auf seiner frisch aufgeschalteten Website für sein Volksbegehren.

Konkret soll die Initiative erreichen, dass nach zwei Jahren ununterbrochenen Sozialhilfebezugs der Beitrag um mindestens fünf Prozent reduziert wird. Ausgenommen davon wären etwa Kinder, Eltern mit Säuglingen, Personen in Ausbildung, ältere Langzeitarbeitslose oder Personen mit mindestens 70 Prozent ärztlich attestierter Arbeitsunfähigkeit.

«Es gibt Fälle, bei denen soll man an der Sozialhilfe nichts ändern, für sie ist sie auch da», sagt Samuel Hasler, Mitglied der Jungen SVP und Präsident des Initiativkomitees. Andere aber könne man mit einer Kürzung dazu motivieren, wieder selbstständig zu werden. «Wer sich weigert zu arbeiten oder sich nicht um eine Beschäftigung bemüht, soll diese Kürzung haben.» Wer keine Arbeitsstelle finde, habe immer noch die Möglichkeit, sich weiterzubilden oder einen Integrations- oder Deutschkurs zu besuchen, sofern das an seiner Situation etwas ändere.

Mit Kürzung Trend brechen

Die Zahl der Menschen, die im Aargau während einer längeren Zeit Sozialhilfe beziehen, nehme zu. «Es werden immer mehr, die Kosten steigen und es nimmt kein Ende», sagt Samuel Hasler. Um den Trend zu brechen, haben er und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter den Weg über die Kürzung gewählt, «anders geht es nicht mehr».

Die JSVP Aargau hat am Mittwoch die Einladung für die Medienkonferenz zur Lancierung verschickt. Am 6. April stellt das Komitee das Begehren in Suhr vor. Mit dabei sein werden, neben Hasler und dem JSVP-Präsidenten Ramon Hug, Grossrätin Nicole Müller-Boder sowie Nationalrätin Martina Bircher.

Das ganze Komitee stellt sich auf der Website der Initiative vor, SVP-Aargau-Präsident und Nationalrat Andreas Glarner ist als prominenter Unterstützer mit dabei. Und auch zwei Freisinnige stehen hinter der Initiative: Tim Voser, der Präsident der Aargauer Jungfreisinnigen, und Adrian Schoop, FDP-Grossrat und Gemeindeammann von Turgi.

Klagen über Langzeitbezüger

«Es macht den Leuten keine Freude, für andere arbeiten zu gehen, nur weil diese sich weigern», sagt Samuel Hasler. Solche Klagen höre er immer wieder, man erwarte, dass die Politik etwas ändere, deshalb diese Initiative. Mit der Ausschreibung im Amtsblatt am 24. April hat das Komitee ein Jahr Zeit, um 3000 Unterschriften zu sammeln.

Die Stimmbevölkerung vom Kanton Basel-Landschaft hat im Mai 2022 einem neuen, schärferen Sozialhilfegesetz mit fast 64 Prozent zugestimmt. Dieses sieht ein Bonus-Malus-System vor, mit Kürzungen der Beiträge, wenn sich jemand nicht um eine Arbeit bemüht.

Die Kosten betreffen vor allem die Gemeinden, sagt Samuel Hasler, diese bräuchten jetzt klare Regeln. Nicht jede Gemeinde handhabe Sanktionen bei Nicht-Bemühen gleich streng, das sei unbefriedigend. «Wir machen jetzt Nägel mit Köpfen.»

Die neuste Sozialhilfestatistik des Bundes betrifft das Jahr 2021. Demnach ist die Quote im Aargau 2021 erstmals seit 2011 wieder unter zwei Prozent gesunken. Gesamtschweizerisch nahm die Bezugsdauer im Jahr 2021 um zwei Monate zu. Auch die Anzahl Dossiers mit einer Bezugsdauer von mehr als einem Jahr ist leicht angestiegen.
(https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/volksinitiative-schluss-mit-extrem-bezuegern-in-der-sozialhilfe-junge-svp-aargau-lanciert-initiative-mit-schwergewichtiger-hilfe-ld.2433247)


+++RECHTSEXTREMISMUS
REICHSBÜRGERRAZZIA DEUTSCHLAND:
-> https://www.spiegel.de/politik/deutschland/reichsbuerger-bundesanwaltschaft-nennt-fuenf-neue-beschuldigte-a-0599a340-e422-472b-b78c-3aa1d03b2c83
-> https://www.zdf.de/nachrichten/zdfheute-live/reichsbuerger-razzia-schuss-polizei-video-100.html#xtor=CS5-281
-> https://www.baerntoday.ch/welt/polizist-bei-reichsbuerger-razzia-angeschossen-durchsuchungen-auch-in-schweiz-150658682
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/razzien-bei-reichsbuergern-hausdurchsuchungen-bei-mutmasslichen-reichsbuergern-in-der-schweiz
-> https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/razzia-reichsbuerger-polizisten-101.html
-> https://www.watson.ch/international/deutschland/136046506-polizist-bei-durchsuchung-im-reichsbuerger-milieu-angeschossen
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/hausdurchsuchungen-bei-mutmasslichen-reichsburgern-in-der-schweiz-66456000
-> https://www.blick.ch/ausland/schuss-fiel-in-reutlingen-d-polizist-wird-bei-reichsbuerger-razzia-angeschossen-id18422161.html
-> https://www.spiegel.de/politik/deutschland/erneute-reichsbuerger-razzia-das-sind-staatsfeindliche-sehr-gefaehrliche-gewaltbereite-leute-a-93c0eff3-0654-4574-b793-f43db0821985
-> https://www.spiegel.de/politik/deutschland/razzia-gegen-reichsbuergerszene-wohnungen-von-polizisten-und-einem-soldaten-durchsucht-a-5dff9308-37c2-45af-a4ac-3ffbe1779a7d
-> https://www.zdf.de/nachrichten/zdfheute-live/reichsbuerger-razzia-schuss-polizei-video-100.html
-> https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2023-03/razzia-reutlingen-reichsbuerger-durchsuchung-schuesse
-> https://www.zeit.de/politik/deutschland/2023-03/reichsbuerger-razzia-nancy-faeser-waffenrecht?
-> https://www.zeit.de/politik/2023-03/reichsbuerger-razzia-sek-angeschossen-nachrichtenpodcast
-> https://www.deutschlandfunk.de/razzien-in-der-reichsbuerger-szene-100.html
-> https://www.deutschlandfunk.de/reichsbuerger-rechtsterrorismus-systemgegner-extremismus-100.html
-> https://www.zdf.de/nachrichten/briefing/reichsbuerger-razzia-schuss-zdfheute-update-100.html
-> https://www.zdf.de/nachrichten/politik/reichsbuerger-razzia-schuss-rechtsextremismus-100.html
-> https://www.zdf.de/nachrichten/politik/reichsbuerger-durchsuchung-schusswaffe-100.html
-> https://www.zdf.de/nachrichten/politik/reichsbuerger-baden-wuerttemberg-hintergrund-100.html
-> https://www.solothurnerzeitung.ch/news-service/vermischtes-people/kriminalitaet-durchsuchungen-in-reichsbuerger-milieu-auch-in-der-schweiz-ld.2433305



Gruppe will Regierungsumsturz: «Die Schweiz ist für Reichsbürger eine Art Rückzugsgebiet»
Nach Hausdurchsuchungen bei mutmasslichen Reichsbürgern in der Schweiz ist ein Strafverfahren gegen zwei Personen eröffnet worden. Experten ordnen ein.
https://www.20min.ch/story/reichsbuergermilieu-gilt-die-schweiz-fuer-reichsbuerger-als-eine-art-rueckzugsgebiet-regierungsumsturz-ist-gefordert-750296190546



derbund.ch 22.03.2023

Durchsuchung in Baden-Württemberg: Erneute Razzien in Reichsbürger-Szene – auch in der Schweiz

Nach den ersten grossen Durchsuchungen im Dezember gegen ein Netzwerk mutmasslicher Reichsbürger gibt es am Mittwochmorgen eine neue Razzia. Eine Person hat auf Einsatzkräfte geschossen.

Florian Flade, Christoph Koopmann, Sebastian Pittelkow, Katja Riedel

Am frühen Mittwochmorgen haben Ermittler Räume bei weiteren Verdächtigen und Zeugen des Reichsbürger-Netzwerks durchsucht, das bereits im Dezember 2022 Ziel einer Grossrazzia gewest ist. Bei der erneuten Aktion waren 19 Personen in sieben Bundesländern und in der Schweiz im Fokus. Wie die Bundesanwaltschaft gegenüber «SRF» bestätigt, ist gegen zwei Beschuldigte ein Strafverfahren eröffnet worden. Ausserdem habe man weitere Rechtshilfeersuchen erhalten, die ebenfalls umgesetzt würden. Die Strafverfahren würden wegen Verdachts auf Unterstützung oder Beteiligung an einer kriminellen Organisation durchgeführt.

Im deutschen Reutlingen kam es bei einer Durchsuchung zu einem Zwischenfall: Eine betroffene Person hat nach Angaben aus Sicherheitskreisen auf Einsatzkräfte geschossen. Ein SEK-Beamter soll leicht verletzt worden sein. Die Person, bei der die Durchsuchung stattfand, wurde festgenommen. Gegen sie wird gemäss deutschen Medien ein Verfahren wegen eines versuchten Tötungsdelikts eingeleitet.

Unter den nun Durchsuchten sind fünf Personen, die in dem Verfahren um das Reichsbürger-Netzwerk als Beschuldigte gelten, wie eine Sprecherin des zuständigen Generalanwalts auf Anfrage sagte. Sie kommen aus Bayern, Sachsen und Niedersachsen. Die übrigen 14 gelten bislang nur als Zeugen. Sie waren offenbar in internen Chats aufgetaucht.

Nach Recherchen von WDR, NDR und SZ sollen unter den durchsuchten Personen auch mehrere aktive Polizeibeamte und Soldaten sein. Einige haben den Ermittlern zufolge weitere Netzwerke und Gruppen gebildet, die ebenfalls von einer extremen Staatsfeindlichkeit geprägt sein sollen. Auf sie sollen die Fahnder durch die Auswertung von Kommunikationsmitteln aus der ersten Razzia und durch Finanzermittlungen gestossen sein.

Erste Razzia im Dezember

Am 7. Dezember hatten mehr als 3000 Polizisten 162 Räumlichkeiten in elf Bundesländern durchsucht – und 23 Personen verhaftet, die verdächtigt werden, Mitglieder eines mutmasslichen Reichsbürger-Terrornetzwerks zu sein. Sie haben nach Angaben der Ermittler von einem Systemwechsel in Deutschland geträumt, notfalls mit Waffengewalt. Und von der Machtübernahme einer neuen Regierung, einem «Rat», an dessen Spitze Heinrich XIII. Prinz Reuss, Mitglied einer ehemaligen Adelsfamilie aus Thüringen, stehen sollte. Zu den Fantasien der selbst ernannten «Patriotischen Union» soll auch der Sturm des Bundestages in Berlin gehört haben, der Aufbau von fast 300 bewaffneten «Heimatschutzkompanien» – und die Verhaftung von demokratisch gewählten Abgeordneten durch eine neu gegründete Armee.

Die Bundesanwaltschaft wirft den mutmasslichen Verschwörern eine mögliche Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens gegen Deutschland und einer schweren staatsgefährdenden Straftat vor. Für alle Beschuldigten gilt weiterhin die Unschuldsvermutung.

Zu den Mitgliedern der Gruppierung sollen auch mehrere ehemalige Bundeswehrsoldaten, darunter einstige und aktive Angehörige des Kommando Spezialkräfte (KSK), ebenso ein Polizist. Dazu auch eine Ärztin, ein Tenor, ein Jurist und ein Gourmetkoch. Für besondere Aufmerksamkeit sorgte damals die Festnahme der ehemaligen Richterin und AfD-Bundestagsabgeordneten Birgit Malsack-Winkemann aus Berlin. Sie sitzt weiterhin in Untersuchungshaft und wurde aufgrund der gegen sie erhobenen Vorwürfe inzwischen vorläufig vom Richterdienst suspendiert. Ihr Anwalt wollte sich auf Anfrage bislang nicht äussern. Der Bundestag änderte aufgrund ihres Falles zudem die Zugangsregelungen für ehemalige Bundestagsabgeordnete, die nun kein automatisches Zutrittsrecht mehr haben.

Bundesanwalt Lars Otte hatte bereits kurz nach der ersten Grossrazzia den Bundestagsabgeordneten in einer Sondersitzung des Innenausschusses gesagt: «Jetzt geht die Arbeit erst richtig los.» Es sei noch ein «langer Weg», bis die Ermittlungen abgeschlossen seien. In den vergangenen Monaten sollen zwischenzeitlich mehr als 300 Mitarbeitende des Bundeskriminalamts mit dem Verfahren beschäftigt gewesen sein.

Die Ermittler konnten weitere Teilnehmer von Chats identifizieren

Bei der ersten Razzia waren rund 100 Schusswaffen gefunden worden, die meisten davon offenbar legal, aber auch militärische Ausrüstung, Dolche, Schwerter, Armbrüste, Satellitentelefone, Schutzwesten, Helme, Uniformen, mehr als 170’000 Euro Bargeld und kiloweise Silber- und Goldmünzen sowie -barren.

Zudem entdeckten die Ermittler rund 100 «Verschwiegenheitserklärungen», die von Mitgliedern des Netzwerkes unterschrieben worden sein sollen. Darin wurde offenbar vereinbart, über das Vorhaben der Gruppe Stillschweigen zu bewahren. Bei Verstoss sollen Strafen aufgelistet worden sein, bis hin zur Todesstrafe.

Durch die Auswertung der zahlreichen Beweismittel, darunter mehr als 400 digitale Asservate, sind die Ermittler schliesslich in den vergangenen Monaten auf weitere Tatverdächtige gestossen, die mit dem Reichsbürger-Netzwerk um Heinrich XIII. Prinz Reuss in Verbindungen gestanden haben sollen. So konnten etwa zuvor unbekannte Teilnehmer von Chatgruppen identifiziert werden oder auch Personen, die in überwachten Telefonaten aufgetaucht waren.

Auf das Netzwerk selbst waren die Ermittler im vergangenen Frühjahr überhaupt erst durch sehr ähnliche Verbindungen zu anderen mutmasslichen Reichsbürger gekommen: Zu einer Truppe, die sich «Vereinte Patrioten» nannte – und ebenfalls den Umsturz zum Ziel haben soll. Sie soll sich über Telegram vernetzt und später geplant haben, Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zu entführen. Gegen fünf von ihnen hat die Bundesanwaltschaft Ende Januar Anklage erhoben. Auch für die Gruppe um Reuss und ihre nun durchsuchten mutmasslichen Kontaktpersonen sollen Telegram-Chats und -Gruppen eine wichtige Rolle gespielt haben.
(https://www.derbund.ch/schuesse-bei-erneuter-razzia-in-reichsbuerger-fall-570515108200)


+++HISTORY
Akte Gambia – Prozess gegen «Folterkommandant»: Widersprüche im Fall Sonko
Die Bundesanwaltschaft wirft dem gambischen Ex-Innenminister Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor.
https://www.srf.ch/news/international/akte-gambia-prozess-gegen-folterkommandant-widersprueche-im-fall-sonko
-> Run dschau-Beitrag (ab):


Dunkle Zwischenkriegszeit – Die Frontenbewegung: Faschismus nach Schweizer Art
Hetzreden und Harus-Rufe: Die Fronten strebten in den 1930er-Jahren nach einem autoritären Staat in der Schweiz – und stiessen auf fruchtbaren Boden.
https://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-religion/dunkle-zwischenkriegszeit-die-frontenbewegung-faschismus-nach-schweizer-art


Heimatschutz gewinnt vor Gericht: Stadt Zürich darf «Mohrenkopf»-Inschrift nicht abdecken
Die Stadt wollte, dass zwei umstrittene Häusernamen verschwinden. Doch nun heisst das  Baurekursgericht eine Beschwerde des Heimatschutzes gut.
https://www.tagesanzeiger.ch/stadt-zuerich-darf-mohrenkopf-inschrift-nicht-abdecken-618117863304
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/uber-muss-in-zuerich-ahv-beitraege-bezahlen?id=12356395 (ab 04:13)
-> https://www.20min.ch/story/inschriften-zum-mohrenkopf-und-zum-mohrentanz-werden-nicht-abgedeckt-778814617229
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/zuercher-gericht-haelt-fest-umstrittene-hausinschrift-zum-mohrenkopf-in-der-altstadt-bleibt
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/umstrittene-hausinschrift-zum-mohrenkopf-in-der-altstadt-bleibt?id=12356545 (ab 07:19)
-> https://www.woz.ch/zoo/2023/03/22/rassistische-haeusernamen-m-wort-kontextualisieren



tagesanzeiger.ch 22.03.2023

Heimatschutz erhält Recht: Gericht verbietet «Mohrenkopf»-Abdeckung – Stadt Zürich zieht Entscheid weiter

Die Stadt wollte, dass zwei umstrittene Häusernamen verschwinden. Doch nun heisst das  Baurekursgericht eine Beschwerde des Heimatschutzes gut.

Jigme Garne

Die Schriftzüge «Zum Mohrentanz» am Haus an der Niederdorfstrasse 29 und «Zum Mohrenkopf» am Haus Neumarkt 13 in Zürich dürfen nicht abgedeckt werden. Das Zürcher Baurekursgericht hat einen Rekurs des kantonalen und des Stadtzürcher Heimatschutzes gegen die Abdeckung der Schriftzüge gutgeheissen, wie die beiden Verbände in einer Mitteilung am Mittwoch schreiben.

Ursprünglich wollte Stadtpräsidentin Corine Mauch die Inschriften entfernen lassen, weil es sich um «rassistische Zeitzeichen» handle. Davon kam die Stadt aber ab und strebte fortan die Abdeckung der Inschriften an. Weil die Gebäude, die im Eigentum der Stadt sind, unter Schutz stehen, brauchte die Stadt dafür aber eine Bewilligung.

Rassismus-Bekämpfung rechtfertige Abdeckung nicht

Dagegen kämpfte der Heimatschutz an. Er kritisierte in der Rekursschrift unter anderem, dass die Stadt Zürich «den historischen Kontext und die Herkunft der Häusernamen und deren Aussagen zur Geschichte der Häuser» nicht abgeklärt habe.

Nun kommt das Baurekursgericht zum Schluss, dass die geplante Abdeckung den Schutzzweck der Gebäude beeinträchtige. Das öffentliche Interesse an der Bekämpfung von Rassismus rechtfertige diesen Eingriff nicht. Den antirassistischen Anliegen könne mittels sogenannter Kontextualisierung, also etwa mit Infotafeln, Rechnung getragen werden. «Damit werden die Hausnamen nicht stillschweigend toleriert und wird die rassistische Wirkung durchaus gebrochen», heisst es im Urteil.

«Spuren der Vergangenheit aufarbeiten statt beseitigen»

Für die Präsidentin des Stadtzürcher Heimatschutzes, Evelyne Noth, handelt es sich um einen wichtigen Entscheid «zur Frage, wie die Gesellschaft mit Inschriften an geschützten Gebäuden umgehen soll». Sie könne sich vorstellen, dass sich künftig auch andere Behörden bei ähnlichen Fällen auf diesen Entscheid berufen werden.

Noth sagt, sie habe Verständnis dafür, wenn die Inschriften für gewisse Personen einen rassistischen Bezug hätten und diese sich diskriminiert fühlten. Für den Heimatschutz sei unbestritten, dass die Problematik des Rassismus in der Gesellschaft sehr ernst zu nehmen sei.

Die Frage sei aber, wie die Gesellschaft mit problematischen Bezeichnungen umgehe, sagt Noth. «Ist eine Abdeckung wirklich die richtige Lösung? Oder wäre es besser, eine erklärende Schrifttafel anzubringen, auf der die Stadt den Begriff aufarbeitet und kontextualisiert sowie sich vom rassistischen Bezug distanziert?»

Eine Schrifttafel stelle für den Heimatschutz erstens einen schonenderen Umgang mit geschützten Objekten dar. Und zweitens würde man damit «die Spuren der Vergangenheit nicht beseitigen und entfernen, sondern aufarbeiten und damit den Diskurs eröffnen». Bürgerinnen und Bürger könnten so problematische Denkmäler selbstständig deuten und beurteilen.

Die Infotafeln gibt es schon

Die Stadt Zürich hatte stets betont, dass die geplante Abdeckung reversibel sei. Damit lasse man die Möglichkeit offen, dass künftige Generationen die Schilder anders beurteilen würden, sagte Stadtpräsidentin Mauch. Zudem brachte die Stadt bereits im Herbst 2021 Infotafeln an den Häusern an. Der darauf abgebildete QR-Code führt zur städtischen Website mit Erklärungen zum Thema «Rassismus im Stadtbild».

Lukas Wigger, der Sprecher des Präsidialdepartements, teilt nun auf Anfrage mit, dass der Stadtrat den jüngsten Entscheid ans Verwaltungsgericht weiterziehen werde. Zum laufenden Verfahren nehme man keine Stellung. Der Standpunkt des Stadtrats bleibe der gleiche: «Wir stützen uns auf die heutige rassistische Wirkung des Begriffs und nicht auf die Begriffsgeschichte.»

Die Stadt hat eine ETH-Studie in Auftrag gegeben, um die Begriffsgeschichte der Häusernamen aufzuarbeiten. Die Ergebnisse werden kommende Woche präsentiert.
(https://www.tagesanzeiger.ch/stadt-zuerich-darf-mohrenkopf-inschrift-nicht-abdecken-618117863304)



nzz.ch 22.03.2023

Der «Mohrenkopf» bleibt: In Zürich wollte der Stadtrat umstrittene Hausinschriften abdecken lassen – doch ein Gericht pfeift ihn zurück

Der Heimatschutz wehrt sich erfolgreich gegen die Abdeckung historischer Inschriften im Niederdorf.

Michael von Ledebur Aktualisiert

Die Kontroverse um das Wort «Mohr» bewegt Zürich. Als der Stadtrat vor zwei Jahren den Grundsatzentscheid fällte, Inschriften im Niederdorf entfernen zu lassen, weil diese diskriminierend seien, stiess er zum Teil auf Zustimmung, vielerorts aber auf Unverständnis, wie sich in den Leserbriefspalten deutlich zeigte. Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP) begründete den Schritt damals so: «Rassismus kann und darf nicht toleriert werden.»

Der Stadtrat wollte die Inschriften auf städtischen Liegenschaften im Niederdorf abdecken und auf private Hausbesitzer einwirken, dasselbe zu tun. «So sind die diskriminierenden Zeichen nicht mehr sichtbar, die historische Substanz bleibt aber erhalten», schrieb der Stadtrat damals. In seinen Augen war das ein Kompromiss.

Vor Ort hätten Info-Tafeln die Leute über die nicht mehr sichtbaren Inschriften aufklären sollen. Die Tafeln wurden bereits angebracht. Die Abdeckung selbst war bewilligungspflichtig, weil die Gebäude unter Schutz stehen. Dagegen wehrten sich die Heimatschutzverbände.

Nun ist der Stadtrat mit seinem Ansinnen, die Inschriften zu tilgen, fürs Erste juristisch gescheitert. Die Schriftzüge «Zum Mohrentanz» am Haus an der Niederdorfstrasse 29 und «Zum Mohrenkopf» am Haus Neumarkt 13 in Zürich dürfen nicht abgedeckt werden. Das Zürcher Baurekursgericht hat den Rekurs des Zürcher Heimatschutzes und des Stadtzürcher Heimatschutzes gutgeheissen.

Die Inschrift kam erst spät

Die Stadt hatte die Abdeckung der Inschriften gegenüber dem Gericht als «untergeordneten Eingriff» dargestellt, da die Inschriften ja nicht getilgt, sondern nur abgedeckt würden. Die Diskussion über die rassistische Wirkung von Inschriften müsse man an dieser Stelle gar nicht führen, es gehe einzig um die Frage, ob die denkmalgeschützte Bausubstanz beschädigt werde oder nicht.

Und die Inschrift «Zum Mohrenkopf» sei erst spät, nach 1895, zugefügt worden, auch wenn die Geschichte des Gebäudes mit dem Hausnamen verknüpft sei. Die Inschrift sei zurückhaltend gestaltet und deshalb für die Schutzwürdigkeit des Gebäudes nicht entscheidend.

Falsch, sagt das Baurekursgericht. Die Inschrift sei optisch wichtig. Und dass das Haus überhaupt einen Namen trage, sei eine charakteristische Eigenschaft. Diese Namen «werden beachtet und gelesen. Deshalb sollen sie in den vorliegenden Fällen ja auch verdeckt werden», so das Gericht.

Dass der Stadtrat die Inschriften nicht entfernen, sondern lediglich abdecken wollte, ändert für das Gericht nichts am Sachverhalt: Das Erscheinungsbild und die Aussagekraft als Zeugen würden dauerhaft und auf unbestimmte Zeit beeinträchtigt.

Stadt hat es versäumt, die Herkunft abzuklären

Das Baurekursgericht streicht heraus, die Stadt habe «die Herkunft der Namen und was sie über die Geschichte der Gebäude aussagen, noch nicht einmal abgeklärt». Dies ist eine klare Kritik am Vorgehen der Stadt. Der Stadtrat hat zwar einen Forschungsauftrag an die ETH Zürich vergeben, aber erst, nachdem der Entscheid zur Entfernung gefällt worden war.

Nicht einmal mit den denkmalpflegerischen Aspekten habe man sich vertieft auseinandergesetzt, heisst es in der Urteilsschrift weiter. Eine solche Auseinandersetzung fehle im Bericht der städtischen Projektgruppe «Rassismus im öffentlichen Raum». Auf diesen Bericht hatte sich der Stadtrat bei seinem Grundsatzentscheid gestützt.

Die Geschichte des Hauses am Neumarkt 13 reicht bis ins 14. Jahrhundert zurück. Sein Name «Zum Mohrenkopf» taucht bereits 1443 in den Quellen auf. Der Hausname «Zum Mohrentanz» für das Gebäude an der Niederdorfstrasse 29 wird 1682 in den Quellen erwähnt. Der Stadtrat hat öffentlich mehrmals betont, die Historie sei nicht wichtig, weil die Inschriften in der Gegenwart eine rassistische Wirkung hätten.

Das Gericht stellt fest, der Begriff «Mohr» könne heute als diskriminierend wahrgenommen werden. Bei den beiden Hausnamen «Zum Mohrentanz» und «Zum Mohrenkopf» handle es sich aber nicht um direkt diskriminierende Aussagen. Die mittelbare Wirkung bleibe subtil und schwer fassbar. Auch deshalb, weil der Begriff «Mohr» heute kaum mehr verwendet werde und offensichtlich altertümlich erscheine.

Gemäss den Rassismusberichten der Stadt Zürich gebe es allgemein keinen erheblichen Handlungsbedarf zur Bekämpfung von Rassismus, so das Gericht weiter. Und die Abdeckung von Hausnamen spiele in der Rassismusbekämpfung der Stadt ohnehin keine wichtige Rolle. Somit bestehe kein grosses öffentliches Interesse an einer Abdeckung.

Das Gericht komme zum Schluss, dass eine Kontextualisierung der richtige Weg sei. Mit einer erklärenden Tafel oder dergleichen könnten der historische Hintergrund und die rassistische Konnotation des Begriffs erklärt werden. Gleichzeitig könne man sich so von der rassistischen Geisteshaltung distanzieren.

Es gebe also eine schonende Alternative zur Entfernung oder Abdeckung der Schriftzüge.

Evelyne Noth, Präsidentin des Stadtzürcher Heimatschutzes, sagt, man wolle keineswegs in Abrede stellen, dass Rassismus ein ernstes gesellschaftliches Problem sei. Aber es gebe viele Möglichkeiten, problematische Denkmäler im öffentlichen Raum in einen Kontext zu stellen. «Mündige Bürger können anhand einer Erklärtafel, die historisch herleitet und kritisch einordnet, selbständig problematische Denkmäler deuten und beurteilen.»

Die Stadt Zürich beabsichtigt, das Urteil an die nächste Instanz weiterzuziehen. Inhaltlich äussert sich der Stadtrat derzeit nicht.
(https://www.nzz.ch/zuerich/mohrenkopf-bleibt-doch-bestehen-in-zuerich-wollte-der-stadtrat-umstrittene-hausinschriften-abdecken-lassen-doch-ein-gericht-pfeift-ihn-zurueck-ld.1731678)


+++DROGENPOLITIK
tagesanzeiger.ch 22.03.2023

Start der Zürcher Cannabis-Studie: Nun kann es mit dem kontrollierten Kiffen losgehen

Der Bund hat die Cannabis-Studie der Stadt Zürich bewilligt. Auf diesen Moment haben sich einige Personen ganz besonders gefreut.

Tina Fassbind

Menschen wie Massimo Castellucci, Sonia Bischoff oder Gregory Nöthiger können in Zürich schon bald Cannabis verkaufen, ohne eine Busse oder eine Anzeige zu riskieren. Auch ihre Kundinnen und Kunden müssen beim Rauchen der Joints nicht mit Restriktionen rechnen. Möglich macht dies die Studie «Züri Can – Cannabis mit Verantwortung», die am Mittwoch vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) grünes Licht erhalten hat.

Der Plan, gemeinsam mit anderen Schweizer Städten unterschiedliche Bezugsmöglichkeiten von Cannabisprodukten zu untersuchen, existiert schon seit 2016.

Cannabis ist die am meisten konsumierte illegale Substanz des Landes. Gemäss einer schweizweiten Befragung hat fast jede dritte Person über 15 Jahre bereits Erfahrungen damit gemacht. Und der Konsum steigt weiter an – obwohl dieser in der Schweiz genauso verboten ist wie Verkauf, Handel und Produktion von Cannabis.

Verkaufsstart im Juli

Um Pilotversuche zum kontrollierten Verkauf dieser illegalen Substanz zu ermöglichen – auch im Hinblick auf eine spätere Legalisierung –, hat das Parlament im September 2020 eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes verabschiedet. Dieser sogenannte Experimentierartikel gilt seit Mitte Mai 2021 und ist auf zehn Jahre befristet.

Zürich hat das Gesuch für die «Züri-Can»-Studie im vergangenen Juli beim BAG eingereicht. Die kantonale Ethikkommission hat dem Projekt schon im August 2022 zugestimmt. Zusammen mit der nun erteilten Bewilligung des Bundes sind alle gesetzlichen Grundlagen geschaffen, damit die Hanfproduzenten mit dem Anbau der Pflanzen nach den Vorgaben der Studie beginnen können.

«Wir freuen uns, nun endlich mit der Cannabis-Studie starten und so einen Beitrag zu einer modernen Drogenpolitik leisten zu können», sagt Stadtrat Andreas Hauri, Vorsteher des Gesundheits- und Umweltdepartements.

Die erste Ernte wird im Juli 2023 erwartet. Der Verkauf der Cannabisprodukte startet deshalb erst nach den Sommerferien im August, und das ausschliesslich in zehn ausgewählten Apotheken, im Drogeninformationszentrum der Stadt Zürich (DIZ) und in Social Clubs. Sämtliche Bezugsstellen bieten zudem Beratungen an, für welche die Mitarbeitenden eine spezielle Schulung absolvieren müssen.

Social Clubs, eine Zürcher Spezialität

Da die schweizweite Studie darauf abzielt, möglichst viele verschiedene Erfahrungswerte in Bezug auf die Abgabe von Cannabis zu sammeln, haben die Städte unterschiedliche Konzepte ausgearbeitet. Die Social Clubs gibt es nur in der Stadt Zürich.

Es sind nicht kommerzielle Vereine, die im Rahmen der Pilotstudie Cannabis legal erwerben und an ihre Mitglieder weiterverkaufen dürfen. Sie führen dazu ein Vereinslokal, wo Clubmitglieder die Substanz auch gemeinsam konsumieren können.

Die Suche nach einem geeigneten Lokal, die Finanzierung, der Betrieb – für all das sind die Vereinsmitglieder selbst verantwortlich. Subventionen seitens der Stadt gibt es keine. Auch die Auswahl der Clubmitglieder ist anspruchsvoll, da die Teilnahme am Projekt streng reglementiert ist: Es sind nur «aktiv Konsumierende» zugelassen, die älter als 18 Jahre sind und in der Stadt Zürich wohnen.

Sogar ein Schwangerschaftstest ist nötig

Jeder Club kann maximal 150 Personen aufnehmen, die in einem Einzelgespräch auf die Bedingungen der Studie hingewiesen und buchstäblich auf Herz und Nieren geprüft werden müssen. Selbst ein negativer Schwangerschaftstest ist Teil des Aufnahmeverfahrens, da Schwangere und Stillende nicht zum Pilot zugelassen sind.

Ob jemand regelmässig kifft, wird wiederum mit einem Urintest überprüft. Später müssen die Teilnehmenden alle sechs Monate einen elektronischen Fragebogen ausfüllen. Auf Deutsch. Wer die Sprache nicht beherrscht, kann nicht mitmachen. Auch das müssen die Social Clubs beim Eintrittsgespräch überprüfen.

Trotz dieser strengen Auflagen gingen bei der Stadt Zürich 34 Gesuche für die Studienteilnahme als Social Club ein. Nur zehn haben den Zuschlag bekommen – jeder mit einem anderen Konzept. Wir haben drei Vereinsmitglieder gefragt, warum sie unbedingt dabei sein wollten.



Massimo Castellucci, Vorstandsmitglied des Social Clubs «Many’s»

«Zurzeit kiffe ich nicht, aber eine der Voraussetzungen für die Vereinsmitglieder der Social Clubs war, dass man in der Vergangenheit Erfahrungen mit Cannabis gemacht hat. Aus dieser Zeit weiss ich, dass Cannabis eine sozialverträgliche Substanz ist. Man kann sie nutzen, um am Abend zu entspannen und am nächsten Tag wieder fokussiert zu arbeiten. Da ich Befürworter der Legalisierung bin, möchte ich das Projekt ‹Züri Can› mit meinem Wissen unterstützen.

Für uns ist es wichtig, dass wir unseren Mitgliedern einen Safe Space sowie einen sozialen Mittelpunkt bieten. Einen Ort, wo man zusammenkommen und sich austauschen kann. Diese Idee hatten wir schon lange. Ein Freund von uns hat sogar schon unser Lokal visuell gestaltet. Leider ist er gestorben.

Als bekannt wurde, dass diese Studie stattfindet, wussten wir, dass dies der erste Schritt zur Umsetzung unserer Idee sein würde. So gründeten wir unseren Verein, der zu Ehren unseres verstorbenen Freundes seinen Spitznamen ‹Many› trägt.

Damit wir das Projekt umsetzen können, haben alle fünf Vorstandsmitglieder ihre Ersparnisse eingebracht. Wir sind natürlich schon seit längerem intensiv auf der Suche nach einer möglichen Location und bereits mit Vermietern im Gespräch. Ziel ist es, unseren Social Club zum Verkaufsstart hin zu öffnen – also im Juli dieses Jahres.

Wir stellen uns einen Raum vor, wo sich unsere Mitglieder entspannen können. Der so gestaltet ist, dass man nach einem stressigen Arbeitstag runterfahren und seine Freizeit geniessen kann. Wir werden auch Getränke zum Selbstkostenpreis anbieten – Smoothies, Säfte, Tees etc. Snacks gibt es natürlich auch. Schliesslich wissen wir aus Erfahrung, dass nach dem Cannabiskonsum der ‹Kifferhunger› aufkommen kann und es ‹Munchies› braucht. Eine Kifferhöhle wird es ganz sicher nicht. Cannabis sollte immer ein Genussmittel bleiben und nicht zur Sucht werden. Auch dazu wollen wir mit unserem Social Club beitragen.»

Massimo Castellucci (24) ist Logistiker.



Sonia Bischoff, Mitgründerin des Social Clubs «Hanfstübli»

«Cannabis ist Teil meines Lebens. Ich konsumiere THC schon seit 1991, liebe die Wirkung, den Geruch, die Pflanze selbst. Mit meiner Teilnahme am Projekt möchte ich zur Legalisierung von Cannabis beitragen. Denn Entkriminalisierung ist der Anfang einer besseren Prävention.

Wir arbeiten alle ehrenamtlich im Bewusstsein, dass Freiwilligenarbeit ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft ist. Jeder von uns hat schon jetzt durchschnittlich über 150 Arbeitsstunden in das Projekt investiert, und der Start wird hart sein mit langwierigen Bewilligungen und Vertragsabschlüssen.

Die finanziellen Mittel, die wir für den Aufbau unseres Vereinslokals benötigen, sind zu einem Teil Spenden des Vereins Legalize it!, dem wir alle angehören und der sich seit über 30 Jahren für die Legalisierung von Cannabis einsetzt. Später wird sich der Club über Cannabisverkäufe an unsere Mitglieder finanzieren. Damit wir möglichst schnell loslegen können, gibt es bereits eine Warteliste für eine Clubmitgliedschaft.

Ein Vereinslokal haben wir allerdings noch nicht. Mit etwas Glück werden wir auch dies schaffen. Wenn wir den Raum erst einmal haben, möchten wir ihn gemütlich und einladend einrichten. Vielleicht können wir die Möblierung über einen Aufruf an unsere Mitglieder organisieren, Tische, Stühle oder Sofas zu bringen und den Club so mitzugestalten. Es soll einfach gemütlich sein.

Unsere Idee ist es, im Club neben dem Konsum auch themenbezogene Workshops oder Videoabende anzubieten. Idealerweise hätte der Raum auch eine kleine Küche, denn eine kleine Kochshow über die Zubereitung von THC-haltigen Brownies oder Muffins in unserem Hanfstübli wäre schon witzig, sofern das im Rahmen des Pilots erlaubt ist. Auch hätten wir gerne eigene Cannabispflanzen in unserem Club kultiviert. Das entspricht allerdings nicht den Vorgaben des Projekts. Vielleicht wird das aber in Zukunft möglich sein – auch dank dieser Studie.»

Sonia Bischoff (48) ist freischaffende Kuratorin, Kunstschaffende, Aktivistin und Projektleiterin.



Gregory Nöthiger, Vorstandsmitglied des Social Clubs «Zum Hirschen»

«Ich habe mich schon immer mit dem Thema Cannabis auseinandergesetzt und viel über die Thematik gelesen. Mir liegt sehr viel daran, den Cannabiskonsum zu entkriminalisieren, denn ich glaube an die Eigenverantwortung – und dass Verbote nichts bringen, hat sich ja zur Genüge gezeigt.

Deshalb war für mich sofort klar, dass ich mich mit einem Social Club an dieser Studie beteiligen möchte, und ich habe bald sechs Leute gefunden – mit zwei Ausnahmen alles Studienkollegen der Universität St. Gallen –, die sich ebenfalls als Vorstandsmitglieder engagieren wollen. Mit unserer Teilnahme möchten wir dazu beitragen, einen neuen politischen und gesellschaftlichen Umgang mit dieser Droge zu finden. Denn wir haben uns schon immer gefragt, warum Cannabis nicht aus der Illegalität herauskommt. Anders als Alkohol, der nachweislich für gesundheitliche Schäden verantwortlich ist und aggressiv machen kann.

Für den Aufbau unseres Social Clubs werden wir unser eigenes Geld in die Hand nehmen müssen. Wir hoffen natürlich auch auf Sponsoren oder Gönner für unser Projekt. Ziel ist es, langfristig mit den Margen auf den Verkauf der Cannabisprodukte die Kosten zu decken. Um möglichst rasch starten zu können, versuchen wir, einen Raum zu mieten, der jetzt schon den strengen Auflagen der Stadt und der Studie entspricht. Wir sind mit zwei, drei Lokalen in Kontakt.

Wir wollen eine Community aufbauen, in der sich alle kennen und füreinander da sind. Eine Art Stammlokal. Deshalb trägt unser Club auch diesen Namen: Unsere Mitglieder können sagen, dass sie noch rasch «in den Hirschen» gehen. Es soll ein Begegnungsort für Gleichgesinnte sein und eine Anlaufstelle, wo man sich im Bedarfsfall auch Hilfe holen kann. Das Schöne an diesen Social Clubs ist ja, dass nichts geheim ist und man sich offen austauschen kann. Sie ermöglichen sozusagen das Coming-out für Cannabiskonsumierende.»

Gregory Nöthiger (28) ist Partner in einer Public-Affairs-Firma.



Fragen und Antworten zur Cannabis-Studie in Zürich

Worum geht es bei der «Züri Can»-Studie, und wer steht dahinter?

Die Studie wird 3½ Jahre dauern und hat zum Ziel, verschiedene Modelle des regulierten Bezugs von Cannabis zu testen und die Auswirkungen auf die Gesundheit der Konsumierenden zu untersuchen. Die Stadt Zürich schafft die strukturellen Rahmenbedingungen, eine Gruppe der Universität Zürich und der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich sammelt die Ergebnisse und wertet sie aus. Insgesamt können rund 2100 Personen an der Studie teilnehmen – durchschnittlich 100 Personen pro Bezugsstelle.

Wird die Stadt Zürich nun zur Cannabis-Dealerin?

Nein. Die Stadt bezahlt keine Drogen, beteiligt sich aber mit 1,2 Millionen Franken am Projekt. Ein Grossteil des Geldes geht an die Universität Zürich, die selbst 500’000 Franken in die Studie investiert. Ein weiterer Teil fliesst in die Beschaffung von Materialien wie Urin- und Schwangerschaftstests für die Teilnehmenden. Die Social Clubs müssen sich selbst finanzieren und erhalten keine Beiträge der Stadt.

Kann man im Rahmen der Studie auch das eigene Gras rauchen?

Nein. Es gibt mehrere gesetzliche Vorgaben für die Qualität des Studiencannabis. Es muss in der Schweiz in Bioqualität angebaut werden und den Vorgaben für Heilpflanzenanbau entsprechen. Mit der nun erteilten BAG-Bewilligung können die beiden Produzenten Pure Production AG und
Swissextract mit dem Anbau der Pflanzen beginnen. Ab August 2023 gibt es voraussichtlich die ersten Produkte aus Cannabisblüten. Haschprodukte werden aufgrund der längeren Produktionszeit und aufwendigeren Verarbeitung voraussichtlich in der zweiten Oktoberhälfte 2023 verfügbar sein.

Welche Produkte werden angeboten?

Während der Studiendauer werden mindestens neun verschiedene Cannabisprodukte angeboten. Voraussichtlich sind es vier Produkte aus Cannabisharz und fünf bis sechs aus Cannabisblüten. Die Produkte werden unterschiedliche Gehalte der beiden Hauptwirkstoffe, des berauschenden THC (Tetrahydrocannabinol) und des beruhigenden CBD (Cannabidiol), aufweisen.

Dürfen Social Clubs und Apotheken den Preis fürs Cannabis selbst bestimmen?

Nein. Die Preise für das Studiencannabis werden durch die Universität Zürich festgelegt und sind bei allen Bezugsstellen in der Stadt Zürich einheitlich. Cannabisblüten werden für etwa 8 Franken pro Gramm, Haschprodukte für 12 Franken pro Gramm verkauft. Der Preis orientiert sich auch am THC-Gehalt: je höher, desto teurer. (tif)
(https://www.tagesanzeiger.ch/nun-kann-es-mit-dem-kontrollierten-kiffen-losgehen-364362145311)

https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/uber-muss-in-zuerich-ahv-beitraege-bezahlen?id=12356395 (ab 03:10)
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/umstrittene-hausinschrift-zum-mohrenkopf-in-der-altstadt-bleibt?id=12356545 (ab 04:28)