Medienspiegel 6. März 2023

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel/

+++BERN
Interpellation SVP: Asylmegawelle: Folgen für den Kanton Bern
https://www.gr.be.ch/de/start/geschaefte/geschaeftssuche/geschaeftsdetail.html?guid=3012c77028b746acb08d04ed3d40a494


Motion SVP: Belastung des Gesundheitswesens durch Asylstrom minimieren
https://www.gr.be.ch/de/start/geschaefte/geschaeftssuche/geschaeftsdetail.html?guid=cd8b9c0f8fd5422c951c6e1288ea5654


Interpellation SVP: Asylwesen: Bund in die Pflicht nehmen
https://www.gr.be.ch/de/start/geschaefte/geschaeftssuche/geschaeftsdetail.html?guid=f50bfb87d17a4a95942877a2367508c7


Interpellation Mitte: Mieter:innen vor Kündigung zugunsten von Unterkünften für Asylsuchende schützen
https://www.gr.be.ch/de/start/geschaefte/geschaeftssuche/geschaeftsdetail.html?guid=6206e903c44c44d4857cb449c9123af5


Interpellation I 187-2022 Schneider (Biel, SVP) Entwicklung der Sozialhilfekosten aufgrund der Zuwanderung von «Wirtschaftsmigranten» in den Kanton Bern
https://www.rr.be.ch/de/start/beschluesse/suche/geschaeftsdetail.html?guid=a41379ec8fdd47d59832305ad848f65e


+++AARGAU
Kanton nimmt in Birmenstorf Asyl-Notunterkunft in Betrieb
In Birmenstorf hat der Kanton Aargau heute die erste Notunterkunft für Flüchtlinge in Betrieb genommen. Die unterirdische Unterkunft in einer Zivilschutzanlage soll Platz für bis zu 200 Flüchtlinge bieten. Zu Beginn wohnen 16 Menschen in der Unterkunft. Die Zahl der Bewohner wird laufend gesteigert.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-aargau-solothurn/kanton-nimmt-in-birmenstorf-asyl-notunterkunft-in-betrieb?id=12346888 (ab 02:32)


Krankenkasse light: Fordert Martina Bircher für Asylbewerber
Jahr für Jahr werden sie teurer, die Krankenkassenprämien. Die Prämien für Asylbewerber bezahlt der Kanton. Das seien enorme Kosten, sagt die SVP Politikerin Martina Bircher. Sie fordert darum für Asylbewerber eine Krankenkasse Light.
https://www.telem1.ch/aktuell/krankenkasse-light-fordert-martina-bircher-fuer-asylbewerber-150410198


+++BASEL
Basler Zeitung 06.03.2023

Staatsanwaltschaft wird gerügt: Afrikaner wird im Bässlergut spitalreif geschlagen – und nichts passiert

Securitas-Angestellte sollen einem Afrikaner den Kiefer gebrochen haben. Das Basler Appellationsgericht weist die Staatsanwaltschaft an, den Fall endlich aufzuklären.

Leif Simonsen

Die Vorwürfe sind happig. Am 24. Dezember 2020 reichte ein nordafrikanischer Asylsuchender Strafanzeigen gegen zwei Sicherheitsmitarbeiter im Basler Bundesasylzentrum Bässlergut ein. Im Streit um die Herausgabe eines Handys sollen die Securitas-Angestellten den Mann im November zweimal so heftig verprügelt haben, dass dieser im Unispital behandelt werden musste. Beim zweiten Mal soll einer der beiden Beschuldigten den Asylsuchenden nach dessen abendlicher Rückkehr ins Bässlergut derart heftig auf Brusthöhe geschlagen haben, «dass dessen Atem aussetzte und er ungebremst zu Boden fiel», wie der Strafanzeige zu entnehmen ist. Daraufhin habe er das Bewusstsein verloren, den Kopf schwer verletzt und sei auf dem Notfall des Unispitals aufgewacht.

Immerhin, dachte sich das Opfer: Die Täter ausfindig zu machen, dürfte nicht allzu schwierig sein. Er konnte sich an die Gesichter und sogar an die Identifikations­nummern erinnern. Heute muss der 36-Jährige allerdings ernüchtert feststellen, dass sie immer noch nicht gefasst sind. Nein, sie sind von den Behörden noch nicht einmal als Beschuldigte befragt worden.

«Stawa macht ihre Arbeit nicht»

In den Fokus ist jetzt die Basler Staatsanwaltschaft (Stawa) gerückt. Das Appellationsgericht hat zwei Jahre nach den Vorfällen eine Beschwerde wegen Rechtsverzögerung der Untersuchungsbehörde gutgeheissen. Das passiert äusserst selten. Markus Husmann, Anwalt des mutmasslichen Opfers, sagt denn auch: «Die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt macht ihre Arbeit nicht. Es gab zu keinem Zeitpunkt eine unparteiische Untersuchung dessen, was im November 2020 im Bässlergut geschah.»

Husmann sagt, es handle sich um keine allzu komplexe Strafuntersuchung. Die Täter liessen sich dank der genauen Angaben des Opfers sowie der Polizeiberichte relativ schnell identifizieren. Zudem hätte man die Einsatzpläne und Rapporte der Sicherheitsdienste einsehen können.

Zu einem ähnlichen Schluss kommt das Basler Appellationsgericht. Zwar wirft es der Stawa nicht vor, generell untätig geblieben zu sein. Bis zum Juli 2021 seien «diverse Verfahrenshandlungen» vorgenommen worden. Dann aber sei die Stawa acht Monate untätig geblieben. Dass die Untersuchungsbehörde chronisch überlastet sei, könne keine Ausrede sein. «Auch bei weniger prioritären Fällen kann es nicht angehen, über mehrere Monate keinerlei Ermittlungen der Beteiligten vorzunehmen», urteilt das Gericht. Es weist die Staatsanwaltschaft an, die Strafverfahren «unverzüglich» voranzutreiben.

Gewalt ist wiederholt ein Thema

Die Stawa stellte sich in der Gerichtsverhandlung auf den Standpunkt, sie habe durchaus ermittelt und im ersten halben Jahr beispielsweise Abklärungen zum Handy des Asylsuchenden getätigt. Auch habe sie Einvernahmen mit dem mutmasslichen Opfer sowie sechs Bässlergut-Mitarbeitenden vorgenommen. Den Entscheid des Appellationsgerichts will Stawa-Sprecher René Gsell nicht im Detail kommentieren. «Zu laufenden Verfahren nehmen wir keine Stellung», sagt er. Er beteuert aber, die Staatsanwaltschaft nehme allgemein Gerichtsentscheide sehr ernst und werde auch auf diesen «selbstverständlich» eingehen.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Staatsanwaltschaft wegen Gewalt gegenüber den Asylsuchenden im Bässlergut in den Fokus gerät. Nachdem die «Rundschau» und die «Wochenzeitung» im Frühjahr 2020 über mehrere Vorfälle berichtet hatten, reichten die Demokratischen Juristinnen und Juristen Schweiz Strafanzeige gegen unbekannt ein. Der Verein wies darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft hätte tätig werden müssen. Denn: Es handle sich bei einer Körperverletzung an einer «unter der Obhut des Täters stehenden Person» um ein Offizialdelikt.

Meldestelle hat viel zu tun

Verantworten muss sich jedoch vor allem das Staatssekretariat für Migration (SEM), welches die Bundesasylzentren in der Schweiz betreibt. Aber auch SEM-Sprecher Lukas Rieder sagt auf Anfrage: «Zu laufenden Verfahren können wir keine Aussagen machen.» Gleichzeitig betont er, dass sich nach der Medienberichterstattung vor knapp drei Jahren einiges getan habe. Unter anderem würden in den Bundesasylzentren Konfliktpräventions­beauftragte und muslimische Seelsorgende eingesetzt.

Zudem gibt es seit vergangenem November eine externe Meldestelle im Bundesasylzentrum. Bereits in den ersten Wochen hatten die Mitarbeitenden viel zu tun, wie eine Auswertung des SEM zeigt. In den meisten Fällen geht es um das Thema Bedrohung, in sieben Fällen handelte es sich um Gewalt zwischen Asylsuchenden und Mitarbeitenden.

Ein Security wurde sofort entlassen

Für den Betroffenen kam diese Meldestelle zu spät. Sein Anwalt sagt, er leide noch immer unter den gesundheitlichen Folgen der Attacken im Bässlergut. Der gesundheitliche Zustand hat das SEM immerhin veranlasst, vorerst von der Ausschaffung abzusehen – obwohl der Afrikaner einen negativen Asylentscheid bekommen hatte.

Wann sich die Securitas-Angestellten ihrer Vergangenheit stellen müssen, ist unklar. Konsequenzen soll der Zwischenfall mindestens in einem Fall gehabt haben. Bei einem Beschuldigten löste Securitas das Arbeitsverhältnis kurz nach den Ereignissen im Winter 2020 auf. «Angesichts dieser auffälligen zeitlichen Koinzidenz besteht Grund zu Annahme, dass Kündigung und Hausverbot im Zusammenhang mit dem Gewaltvorfall stehen», schrieb Husmann in seiner Beschwerde im vergangenen April.

So vieles sei auf der Hand gelegen, meint der Anwalt heute. Den Basler Strafbehörden stellt er daher ein vernichtendes Zeugnis aus. Er sagt: «So viele Versäumnisse habe ich kaum je erlebt.»
(https://www.bazonline.ch/afrikaner-wird-im-baesslergut-spitalreif-geschlagen-und-nichts-passiert-614383824167)


+++ZÜRICH
Zürcher Gemeinden müssen bald mehr Flüchtlinge aufnehmen
Der Kanton Zürich erhöht die Asylquote für seine Gemeinden. Dabei fällt es ihnen schon jetzt schwer, genügend Unterkünfte anzubieten. Nun sollen Zivilschutzanlagen und Containersiedlungen Abhilfe schaffen.
https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/zuerich/asylwesen-gemeinden-muessen-mehr-fluechtlinge-aufnehmen-ld.2425490
-> https://www.zh.ch/de/news-uebersicht/medienmitteilungen/2023/03/kanton-und-gemeinden-bewaeltigen-asyl-aufgabe-gemeinsam.html
-> https://www.blick.ch/schweiz/zuerich/nach-rausschmiss-in-seegraeben-wie-prekaer-ist-die-lage-des-asylwesens-im-kanton-zuerich-id18373852.html
-> https://www.20min.ch/story/so-steht-es-um-die-asylsituation-im-kanton-zuerich-998926786033
-> https://www.watson.ch/schweiz/z%C3%BCrich/418406725-zuercher-gemeinden-muessen-mehr-asylsuchende-aufnehmen
-> https://www.nau.ch/ort/zurich/hohe-asylquote-zurich-will-keinen-zweiten-fall-windisch-66439372
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/zuercher-gemeinden-muessen-mehr-fluechtlinge-unterbringen?id=12346894 (ab 01:19)
-> Echo der Zeit: https://www.srf.ch/audio/echo-der-zeit/kanton-zuerich-erhoeht-asyl-aufnahmequote-fuer-gemeinden?partId=12346936
-> https://www.toponline.ch/news/detail/news/zuercher-gemeinden-muessen-mehr-asylsuchende-aufnehmen-00207143/
-> Schweiz Aktuell: https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/kanton-zuerich-erhoeht-asyl-aufnahmequote-fuer-gemeinden?urn=urn:srf:video:28f7deef-bc75-493d-809c-b8f2bbd1888e
-> https://tv.telezueri.ch/zuerinews/der-kanton-zuerich-erhoet-die-asylaufnahmequote-150410351
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/anpassung-der-asylquote-zuercher-gemeinden-muessen-mehr-fluechtlinge-unterbringen


TOP TALK: Mietende raus, Flüchtlinge rein
Wer hat Schuld und spielt man nicht Mieterschaft und Geflüchtete gegeneinander aus?
https://www.toponline.ch/tele-top/detail/news/top-talk-mietende-raus-fluechtlinge-rein-00207151/


+++SCHWEIZ
Parlament genehmigt Armeeeinsatz für das Asylwesen
Das Parlament hat den laufenden Einsatz der Armee im Asylbereich genehmigt. Nach dem Ständerat befürwortete am Montag auch der Nationalrat, dass bis Ende März maximal 500 Armeeangehörige den Asylbehörden bei der Unterbringung von Asylsuchenden helfen dürfen.
https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2023/20230306161615439194158159038_bsd109.aspx
-> https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/parlament-genehmigt-armeeeinsatz-fur-das-asylwesen-66439447
-> https://www.toponline.ch/news/detail/news/parlament-genehmigt-armeeeinsatz-fuer-das-asylwesen-00207161/
-> https://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/208027/


Mieter-Rauswurf in Windisch – Baume-Schneider stellt sich der Asylkritik
Elisabeth Baume-Schneider gibt ihr Debut im Nationalrat. Gleichzeitig muss sie auch Stellung zum «Fall Windisch» nehmen. Den konkreten Fällen weicht sie aus, räumt aber Probleme ein.
https://www.20min.ch/story/baume-schneider-stellt-sich-nach-windisch-der-asylkritik-941370925775


+++DEUTSCHLAND
»Sie hatten keine Chance«
Viele der Geflüchteten, die vergangene Woche bei Crotone in Italien ertrunken sind, haben Angehörige in Deutschland. Einer von ihnen ist Alauddin Mohibzada. Seine Tante und drei ihrer Kinder sind ertrunken. Im Gespräch mit PRO ASYL berichtet er, wie er versucht, sich um die Überlebenden zu kümmern und den Toten die letzte Ehre zu erweisen.
https://www.proasyl.de/news/sie-hatten-keine-chance/


+++BELGIEN¨
Belgien: Asylkrise eskaliert im Schatten der EU-Institutionen
Nur wenige Kilometer vom Zentrum der EU-Institutionen in Brüssel entfernt, wächst die Asylkrise stetig an.
Flüchtlinge haben am Kanal der belgischen Hauptstadt ein behelfsmäßiges Lager errichtet und trotzen der eisigen Winterkälte, während sie darauf warten, im Ankunftszentrum des Landes abgefertigt zu werden.
http://de.euronews.com/my-europe/2023/03/06/belgien-asylkrise-eskaliert-im-schatten-der-eu-institutionen


+++GROSSBRITANNIEN
Britische Regierung will Asylrecht verschärfen
Einwanderer ohne Papiere sollen in Großbritannien künftig einfacher abgeschoben werden können. Ein entsprechender Gesetzesentwurf wird offenbar noch diese Woche erwartet.
https://www.zeit.de/politik/ausland/2023-03/grossbritannien-asylrecht-migration-rishi-sunak


+++TUNESIEN
Mit rassistischer Agitation und Polizeigewalt zurück zur Diktatur
Um von Wirtschafts- und Sozialkrise abzulenken und seiner konterrevolutionären Politik den entscheidenden Schub zu geben, hetzt Tunesiens Präsident Saied gegen Geflüchtete. Mit Erfolg: Ein erzwungener Exodus beginnt.
https://www.disorient.de/magazin/tunesien-saied-rassistische-agitation-polizeigewalt-diktatur


+++FREIRÄUME
Zürich: Darum räumt Stadt das Hardturm-Areal nicht
Seit Mitte Februar besetzen einige Menschen mit Bauwagen & Traktoren die Hardturmbrache in Zürich. Die Stadt sieht die Vorgaben für eine Räumung nicht gegeben.
https://www.nau.ch/news/schweiz/zurich-darum-raumt-stadt-das-hardturm-areal-nicht-66438936


+++GASSE
Polizei setzt Pfefferspray ein: 20 Jugendliche prügeln sich in St. Gallen
In der Nacht auf Sonntag kommt es in St. Gallen zu einer Massenschlägerei. Von der erhöhten Polizeipräsenz liessen sich die Jugendlichen nicht beeindrucken.
https://www.blick.ch/schweiz/ostschweiz/st-gallen/polizei-setzt-pfefferspray-ein-20-jugendliche-pruegeln-sich-in-st-gallen-id18373981.html
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-ostschweiz/das-neue-buch-zum-appenzeller-witz?id=12346852



bernerzeitung.ch 06.03.2023

Mehr Obdachlose in der Innenstadt: Wieso Bettler in Bern vor den Geschäftseingängen schlafen

Viele Menschen, die in Bern betteln, kommen aus dem Ausland. Handelt es sich tatsächlich um Bedürftige oder um organisierte Banden?

Rahel Guggisberg

Sie sind eingewickelt in Decken, in Schlafsäcke, daneben lagern sie Gepäck: In der Stadt Bern übernachten derzeit zahlreiche Personen draussen. Entweder liegen sie in Ladeneingängen oder unter den Lauben. Das zeigen mehrere abendliche Rundgänge in den letzten Wochen in der Innenstadt.

Ein alter Mann aus Bulgarien schläft beispielsweise am Abend vor dem Ladeneingang zum Schreibwarengeschäft Zumstein. Er hat schon den ganzen Tag vor der Coop-Filiale in der Marktgasse gebettelt. Auf die Frage, ob er Hilfe brauche, antwortet er mit einem Wort: «Geld.» An diesem Abend um 22 Uhr sieht er müde aus. Er hat eine Konservendose Pelati in der Hand und tunkt ein Stück Brot darin. Das Gespräch mit ihm gestaltet sich schwierig, er spricht nur wenig Deutsch. Seit vier Monaten lebt er in Bern auf der Strasse. Auf die Frage nach seinem Namen schüttelt er den Kopf.

Unterhalb des Zytglogge rollt eine Frau mit einem langen, braunen Zopf eine Schaumstoffmatte auf dem Boden aus. Sie trägt einen violetten Rock mit weissen Punkten, ihre Füsse stecken in bunten Badeschuhen. Ein Mann, mit dem sie in Bern unterwegs ist, sucht in einem Koffer ein paar Utensilien. Offenbar wollen sie sich hier für die Nacht einrichten. Nach zehn Minuten erscheint die Polizei. Die Beamten fragen die beiden, ob sie etwas brauchen. Es ist unklar, ob sie die Frage verstanden haben, aber sie packen ihre Sachen zusammen und gehen auf die andere Strassenseite.

Das Gewerbe leidet

Eine Verkäuferin des Wäscheladens Beldona erzählt: «Jeden Morgen ist der Eingang zum Geschäft stark verschmutzt.» Ein Verkäufer eines anderen Ladens sagt: «Wenn ich um 8.30 Uhr ins Geschäft gehe, riecht es nach Urin.»

Michael Stähli, Geschäftsinhaber von Stähli Goldschmied, sagt: «Wenn ein bettelnder Mann mit Stock aus Osteuropa vor meinem Geschäft steht, erschwert dies für meine Kunden den freien Zugang zum Geschäft, und es stört auch.» Er habe seit mehr als 50 Jahren einen Laden in der Berner Innenstadt. «Es ist nicht menschenwürdig, wenn Personen bei eisiger Kälte stundenlang am Boden sitzen, in der Kramgasse ihre Matratzen ausbreiten und hier übernachten. Auch für die Anwohnenden ist dies kein Zustand.»

Alexander Ott, Leiter der Fremdenpolizei Bern, bestätigt, dass die Lage zunehmend für Unmut sorgt: «Wir bekommen viele Hinweise von der Bevölkerung oder von Ladeninhabern, die sich wegen der aufdringlichen Bettler beschweren.»

40 bis 45 Menschen auf der Strasse

Silvio Flückiger leitet seit 18 Jahren die Interventionsgruppe Pinto, die im Auftrag der Stadt Menschen auf der Strasse hilft. «Eine Situation wie momentan hatten wir noch nie. Das Phänomen Obdachlosigkeit ist in Bern nun sichtbar geworden. Uns sind derzeit 40 bis 45 Menschen bekannt, die auf der Strasse leben.» Sie haben also keinen festen Wohnsitz. Früher waren es laut Flückiger 20 bis 25 Personen, die Zunahme sei markant.

Woher die zusätzlichen Obdachlosen? «Sie kommen aus ganz unterschiedlichen Regionen und haben unterschiedliche Hintergründe. Darunter gibt es organisierte Roma, aber auch solche, die individuell hier sind.» Warum es so viele seien, lasse sich nicht genau sagen. Er geht davon aus, dass es sich um Nachwehen der Pandemie handelt. «Viele haben den Job verloren und tun sich schwer, wieder eine Arbeit zu finden. Rund die Hälfte der Obdachlosen stammen aus dem Ausland, die andere Hälfte sind Schweizer. Zudem leben viele psychisch Erkrankte auf der Strasse. Sie leiden verstärkt wegen der Unsicherheit in der Welt», so Flückiger.

Silvio Flückiger und sein Team haben den Obdachlosen warme Kleider und Schlafsäcke verteilt. «Die tiefen Temperaturen sind für die Obdachlosen eine grosse Belastung. Viele haben keine Wohnung.» Die Angestellten von Pinto suchen mit den Menschen das Gespräch, informieren sie über die Angebote der Notschlafstellen in Bern, laden sie in ihr Obdachlosencafé Punkt6 an der Nägeligasse oder für Beratungsgespräche ins Büro von Pinto ein.

Laut Flückiger wollen nicht alle diese Hilfe. Warum? Mit der grossen Zunahme an Bettlern gibt es mehr Konkurrenz untereinander. Flückiger sagt: «Dass aber nun Menschen sichtbar in den Gassen draussen schlafen, sorgt bei einigen Obdachlosen für Aufsehen, weil sie teilweise sogar in der Nacht Geld verdienen.» Es komme immer wieder vor, dass Passanten den Schlafenden etwas Geld gäben. «Wer schon länger draussen lebt, erträgt zudem oftmals die Nähe zu anderen Leuten nicht mehr», sagt Flückiger. In den Notschlafstellen müssten sie das Zimmer teilen und sich an gewisse Regeln halten. Das sei für manche schwierig.

Meist sind es Männer, die auf der Strasse leben. In Bern seien lediglich 10 bis 15 Prozent der Obdachlosen Frauen. «Die meisten Obdachlosen sind zwischen 30 und 65 Jahre alt», sagt Flückiger. Derzeit kann er mit seinem Team von acht Angestellten die Geschehnisse managen: «Aber wir machen Überstunden.» Die Öffnungszeiten des Obdachlosenbetriebs Punkt6 wurden von fünf auf sieben Tage verlängert, zudem wurde die Zahl der Betten von fünf auf neun erweitert.

Menschen werden «mehrere Tage in Bern gelassen»

Früher nahm die Zahl der ausländischen Bettlerinnen und Bettler, die nicht in der Stadt Bern wohnhaft sind, nach Weihnachten ab. «Neu ist die Zahl der Bettler in Bern permanent hoch. Das macht uns Sorgen», sagt der Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause (Die Mitte). «Früher kamen diese Menschen mit Bussen nach Bern, am Abend wurden sie dann wieder abgeholt. Neu werden sie mehrere Tage in Bern gelassen.»

Die Kontrollen ergaben zudem, dass die Menschen mit privaten Fahrzeugen von Frankreich und Österreich her in die Stadt Bern zum Betteln gefahren wurden. Wenn man ihnen Essen anbiete oder eine Übernachtung in einer Notschlafstelle, dann lehnten viele das Angebot ab. «Sie wollen einfach Geld», so Nause.

Sind sie bedürftig?

«Wir fordern die Passanten auf, den Bettlern aus Osteuropa kein Geld zu geben. Aus jahrelanger Beobachtung wissen wir, dass sie organisiert sind und das Geld von Läufern regelmässig abgeholt wird», sagt Nause. Auf Anfrage sagt auch Nationalrätin Christa Markwalder (FDP), die als Aussenpolitikerin die Verhältnisse in Osteuropa gut kennt, man solle diesen Menschen nichts geben: «Das fällt einem aufgrund des mitleiderregenden Anblicks manchmal schwer, aber ist rational sicherlich besser.»

Die Empfehlung der Stadtberner Sicherheitsdirektion, kein Geld zu geben, stiess im Berner Stadtrat auf Kritik: «Die wiederholte Erzählung von organisierten Bettelbanden ist nicht belegt und somit stigmatisierend», schreiben die Stadträtinnen Lea Bill (GB) und Sofia Fisch (Juso) in einer Motion, die sie Ende Januar im Stadtrat eingereicht haben. Sie finden den Aufruf der Stadt, nichts zu spenden, «höchst problematisch» für bettelnde Personen, die auf das Geld angewiesen seien. Die Motionärinnen fordern den Gemeinderat dazu auf, eine Studie zu dieser Thematik in Auftrag zu geben.

Doch Nause lässt die Kritik nicht gelten: «Wer diesen Menschen Geld gibt, stützt unbewusst ein missbräuchliches System. Dies löst eine Sogwirkung aus. Das bedeutet: In den Herkunftsländern werden mehr Menschen gesucht, die dann in Westeuropa betteln müssen.»

Er räumt ein, dass das Betteln der Ausdruck eines sozialen Problems sei: «Viele von ihnen stammen aus Roma-Dörfern ohne Schulen und sind Analphabeten ohne Ausbildung. Sie sehen das Betteln als ihren Beruf an», sagt der Stadtberner Sicherheitsdirektor. Etwa 80 Prozent der Roma lebten unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle ihres Landes; 50 Prozent der Roma im Alter zwischen 6 und 24 Jahren besuchten keine Schule.

90 Tage ohne Aufenthaltsbewilligung

Die Personenfreizügigkeit hat für Personen aus Bulgarien und Rumänien die Einreise erleichtert. Allerdings ist der Aufhalt in der Schweiz an Voraussetzungen geknüpft. Damit jemand aus dem EU-Raum in Bern bleiben kann, muss die ausländische Person entweder eine Arbeit suchen oder als Tourist unterwegs sein. Alexander Ott sagt: «Viele dieser Menschen sind nicht auf Arbeitssuche. Sie wohnen auch nicht in der Stadt Bern, sondern sind ausschliesslich zum Gelderwerb durch professionelles Betteln unterwegs.» Als Touristen sind sie auch nicht da, da sie keine Dienstleistungen beanspruchen, und Betteln gilt gemäss Bundesgerichtsentscheid nicht als Erwerbstätigkeit.

Bei den Kontrollen durch die Fremdenpolizei werde die jeweilige Lebenssituation der ausländischen Personen abgeklärt und geprüft. Ott sagt: «Ein besonderes Augenmerk legen wir darauf, zu sehen, ob sich jemand in einem Abhängigkeitsverhältnis befindet und Hilfe braucht. Wir leiten dann Schutzmassnahmen ein.» Verstossen die Betroffenen gegen geltende Regeln, fallen durch ihr Verhalten negativ oder störend auf, dann leiten die Behörden Wegweisungen aus der Schweiz ein. «Wir verfolgen also eine Doppelstrategie, welche sowohl den Opferschutz als auch die Täterverfolgung beinhaltet», sagt Ott.

In der Stadt Bern ist Betteln im Gegensatz etwa zu Zürich zugelassen. In Basel darf ebenfalls gebettelt werden, allerdings muss vor Läden und Bancomaten ein Abstand von 5 Metern eingehalten werden. Alexander Ott sagt: «In Bern und Basel ist die Situation mit Bettlern vergleichbar. In Zürich hat es wenig Bettler.»

Will die Stadt die Leute weiterhin in der Innenstadt übernachten lassen? Sicherheitsdirektor Nause stellt klar, dass in Bern die Campingverordnung das Übernachten im öffentlichen Raum verbietet. Anzeigen werden im Einzelfall erstattet. Die Schlafenden werden in der Nacht von der Kantonspolizei, der Fremdenpolizei oder von Pinto angesprochen. Die bisherige Strategie werde beibehalten.

Zurück zum Mann aus Bulgarien. Auch in einer der folgenden Nächte hat er sich wieder vor dem Eingang zum Schreibwarenladen Zumstein eingerichtet. Eine Frau bringt ihm warmes Essen und Getränke. Aufgrund ihrer Vertrautheit sieht es aus, als sei dies nicht das erste Mal.
(https://www.bernerzeitung.ch/wieso-bettler-in-bern-vor-den-geschaeftseingaengen-schlafen-745020971381)


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
tagesanzeiger.ch 06.03.2023

Aktivisten machen Pneus im Seefeld platt

Aktivistinnen und Aktivisten der Organisation «Tyre Extinguishers» (Reifenlöscher) liessen in der Nacht von Sonntag auf Montag im Zürcher Seefeld bei mehreren Autoreifen die Luft ab. Erklärtes Ziel der Aktion sei es, die grossen Geländewagen zu «entwaffnen», indem die SUVs – also Pick-ups und Geländewagen – fahruntauglich gemacht werden, schreibt «20 Minunten» am Montag.

«Wir werden wiederkommen, bis SUVs aus der Stadt verbannt sind, mehr und sichere Fahrradwege gebaut werden und der ÖV in der Stadt kostenlos ist», zitiert die Zeitung aus einem Bekennerschreiben der Organisation.

Gemäss der Stadtpolizei Zürich ist im Zusammenhang mit dieser Aktion eine Anzeige eingegangen. In unmittelbarer Nähe des betroffenen Fahrzeugs habe die Polizei mehrere weitere Autos mit platten Reifen festgestellt.

Die «Tyre Extinguishers» haben bereits im vergangen Oktober in der Stadt Zürich Luft aus Pneus abgelassen. Während FDP-Präsident Përparim Avdili fordert, die Bewegung müsse «schnellstmöglich» gestoppt werden, erachtet der Grüne Gemeinderat Dominik Waser den gewaltlosen Protest als zulässig. «Wir brauchen derartige Autos in der Stadt nicht, ihre Besitzer und Besitzerinnen tragen wesentlich zur Klimakrise bei», liess er sich zitieren. (tif)
(https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich-news-ticker-wichtigste-news-live-110-251047807335)
-> https://www.20min.ch/story/letzte-nacht-haben-wir-nochmals-30-suvs-aus-dem-verkehr-gezogen-860591143350


+++SPORT
Nach Randalen – jetzt überlegt Luzerner Regierung, FCB-Anhänger auszusperren
Nachdem FCB-Fans in einem Zug der Zentralbahn und in der Stadt einen riesigen Sachschaden angerichtet haben, werden Forderungen laut. Der Regierungsrat überlegt sich, die Basler Fans auszusperren.
https://www.20min.ch/story/fc-basel-nach-randalen-jetzt-ueberlegt-luzerner-regierung-fcb-anhaenger-auszusperren-651095109976
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zentralschweiz/luzerner-polizei-wir-haben-uns-nicht-vorfuehren-lassen?id=12346774
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zentralschweiz/lucerne-festival-sucht-diesen-sommer-nach-dem-paradies?id=12346921 (ab 04:21)


+++BIG BROTHER
Politiker nehmen Rösti wegen Kamera-Offensive der SBB in die Mangel
Nationalrätinnen und Nationalräte von links bis rechts kritisieren die SBB für deren Überwachungsoffensive an Bahnhöfen. Neu-Bundesrat Albert Rösti musste sich vielen kritischen Fragen stellen.
https://www.20min.ch/story/politiker-nehmen-albert-roesti-wegen-sbb-ueberwachung-in-die-mangel-903769171338


+++POLIZEI AG
Grossrätinnen wollen Polizisten besser vor Gewalt schützen – der Regierungsrat sieht keinen Handlungsbedarf
Barbara Borer-Mathys (SVP) und Karin Faes (FDP) machen sich Sorgen um die Sicherheit der Aargauer Polizistinnen und Polizisten. Doch für den Regierungsrat drängen sich keine weiteren Massnahmen auf, um die Polizeikorps besser zu schützen.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/sicherheit-grossraetinnen-wollen-polizisten-besser-vor-gewalt-schuetzen-der-regierungsrat-sieht-keinen-handlungsbedarf-ld.2424164


+++POLIZEI AT
Entwurf für Beschwerdestelle bei möglicher Polizeigewalt sorgt für Kritik
Justizministerin Zadić sagt, die multidisziplinär entworfene Einrichtung müsse im Bereich des Innenministeriums angesiedelt sein, um Ermittlungsbefugnisse zu haben – Amnesty übt Kritik
https://www.derstandard.at/story/2000144198040/entwurf-fuer-beschwerdestelle-bei-moeglicher-polizeigewalt-sorgt-fuer-kritik?ref=rss


+++JENISCHE/SINTI/ROMA
ajour.ch 06.03.2023

Illegale Landbesetzung – Ausgerechnet vor Playoff-Start: Fahrende auf dem VIP-Parkplatz des EHC Biel sorgen erneut für Ärger

Acht Tage vor dem Start in die Playoffs sind Fahrende aus Frankreich zurück auf dem Parkplatz bei der Tissot Arena. Das sorgt für Frust beim EHC Biel – und bei den Geschäften in den Stadien.

Lino Schaeren

Sie sind wieder da: Eine Gruppe Fahrende aus Frankreich hat am Sonntagnachmittag in Biel den Aussenparkplatz nördlich der Tissot Arena illegal besetzt. Es handelt sich dabei zu guten Teilen um dieselbe Gruppe, die bereits vergangenen September und Oktober während insgesamt sechs Wochen auf demselben Parkplatz unbefugt Halt gemacht hatte.

Seit Anfang Februar und bis am Sonntag war die Gruppe noch auf einem Grundstück im Bözingenfeld stationiert, das der Stadt Biel gehört. Weil ihr dort diese Woche die polizeiliche Räumung drohte, hat sie sich offenbar rund 200 Meter Luftlinie erneut auf den Stadien-Parkplatz verschoben.

Die Parkplatzbesetzung kommt für den EHC Biel zum dümmstmöglichen Moment: Am 14. März startet der Bieler Hockeyclub mit einem Heimspiel in die Playoff-Viertelfinals. Den besetzen Parkplatz hat der EHC Biel für seine Heimspiele jeweils für seine VIP-Gäste gemietet. Bereits im vergangenen Herbst zum Saisonstart sorgte die Situation mit den Fahrenden bei den Matchbesuchenden für Ärger.

Dieser ist bei der Vereinsführung jetzt noch ungleich grösser: In der entscheidenden Phase der Saison, in der das Stadion erwartungsgemäss gut gefüllt sei, spitze sich das Parkplatzproblem dadurch deutlich zu, sagt Geschäftsführer Daniel Villard: 170 Parkfelder für wichtige zahlungskräftige Kundschaft fallen dadurch weg. Er fordert daher die Betreiberin des Parkplatzes und die Stadt Biel auf, sofort in Verhandlungen mit den Fahrenden zu treten.

Baurechtsnehmerin des Parkings ist die Innoland SA, die wiederum die At-Home Régie Immobilière SA mit dem Betrieb beauftragt hat. «Wir haben die Playoffs mit einem Spitzenresultat in der Qualifikation erreicht, unseren Job gemacht und damit den Namen der Stadt Biel positiv in die Schweiz hinaus getragen. Jetzt ist es an Innoland und der Stadt, etwas gegen diesen unhaltbaren Zustand zu unternehmen», so Villard.

Auf welchem Weg schliesslich eine Lösung gefunden werde, könne der EHC Biel als Untermieter nicht beeinflussen, sagt der Geschäftsführer. Dass es eine gebe, sei aber unerlässlich, «wir brauchen diesen Parkplatz».

Räumung nicht in Sicht

Damit der Platz dem EHC Biel am 14. März zur Verfügung steht, müssten wohl erfolgreiche Verhandlungen mit den Fahrenden aus Frankreich geführt werden. Die Räumung des Geländes nimmt viel Zeit in Anspruch. Das wissen auch die Fahrenden, welche die Schweizer Gesetzgebung in der Regel bestens kennen. Sie wissen, wann für sie der Moment gekommen ist, das Feld freiwillig zu räumen. Konkret ist dies normalerweise spätestens dann der Fall, wenn die richterliche Wegweisung herein flattert.

Die Räumung ist für die Grundeigentümerin dabei kompliziert und aufwändig: In einem ersten Schritt muss die Kantonspolizei aufgeboten werden, damit diese die Personalien der Fahrenden aufnimmt. Dann muss beim Regionalgericht ein Antrag auf einen Räumungsbefehl gestellt werden.

Wird diesem stattgegeben, die Fahrenden leisten jedoch nicht Folge, kann wiederum beim Regionalgericht Antrag auf richterliche Wegweisung gestellt werden. Erst wenn dieser gutgeheissen wird, kann die polizeiliche Räumung erfolgen. Das ganze juristische Prozedere nehme gemäss den Erfahrungen der Stadt Biel laut Beat Feurer grundsätzlich mehr als 20 Tage in Anspruch. Viel zu lange für den EHC Biel, bis eine polizeiliche Räumung möglich wäre, wäre die Playoff-Viertelfinalserie potenziell bereits zu Ende.

Verschmutzte Toiletten im Shoppingcenter

Verärgert über die neuerliche Besetzung des Parkplatzes ist auch Joël Favre, Filialleiter bei Conforama und Präsident der Mietervereinigung in der Tissot Arena. «Die Situation ist für uns eine Katastrophe und sie wiederholt sich Jahr für Jahr», sagt er und kann dabei eine gehörige Portion Frust nicht verbergen.

Die während der Landbesetzungen für die Ladenkundschaft nicht zur Verfügung stehenden Parkplätze seien dabei noch das kleinste Problem. Die Fahrenden würden laut Favre die Toiletten im Shoppingcenter brauchen und verschmutzen und ihren Abfall in der Mantelnutzung der Tissot Arena entsorgen. «Bereits am Montagmorgen, einen halben Tag nach der Ankunft der Fahrenden, mussten wir wieder hinterherputzen», sagt Favre. Das führe zu erheblichen Zusatzkosten für die Mietvereinigung – und schrecke die zahlende Kundschaft ab.

Favre sieht die Politik in der Verantwortung. Das Privatgelände werde nur illegal besetzt, weil es die öffentliche Hand seit Jahren nicht schaffe, für die Fahrenden einen offiziellen Halteplatz zu schaffen. «Wir sind dem hilflos ausgesetzt. Wir rufen die Polizei und die Stadt zu Hilfe, doch immer heisst es, man sei auf Privatgelände nicht zuständig. Die Läden und am Schluss die Kunden leiden darunter, aber es ändert sich einfach nichts.» Der Conforama-Filialleiter fordert den Kanton Bern und die Stadt Biel auf, «endlich zu handeln».

Stadt arbeitet an langfristiger Lösung

Tatsächlich laufen bei der Stadt Biel seit einiger Zeit Abklärungen, ob zumindest ein provisorischer offizieller Transitplatz für ausländische Fahrende geschaffen werden könnte. Dies mit Blick darauf, dass die endgültige Lösung in Wileroltigen, die frühestens 2025 in Betrieb gehen wird, das Problem mit den Landbesetzungen im Raum Biel kaum lösen wird. Zur Diskussion steht ein Platz im Bözingenfeld, an jenem Standort, an dem derzeit noch eine Container-Siedlung steht. Diese wurde bis zuletzt durch den Kanton Bern als Flüchtlingsunterkunft genutzt.

Biel schwebt eine Lösung vor, die in der Region Seeland auf dem Solidaritätsprinzip fusst: Die Stadt betreibt zwar den Platz auf eigenem Boden, die Seeländer Gemeinden beteiligen sich jedoch finanziell am Betrieb. Im Januar hat Biel die Gemeinden dazu in einer Umfrage angehört, laut Sicherheitsdirektor Beat Feurer (SVP) wird der Bieler Gemeinderat Ende März oder Anfang April einen Richtungsentscheid fällen.

Rechtliche Schritte eingeleitet

Darauf, dass offizielle Halteplätze das seit Jahren bestehende Problem lösen werden, hofft auch Christian Rochat, Direktor der At-Home Régie Immobilière SA, welche die kommerzielle Nutzung der Tissot Arena inklusive Parking betreibt. Im konkreten Fall mit der Besetzung des nördlichen Aussenparkplatzes habe man die Stadt Biel um Unterstützung gebeten und werde rechtlich gegen die Fahrenden vorgehen.

Den Eingang des Ersuchens auf Unterstützung bei der Stadt bestätigt Sicherheitsdirektor Feurer. Er hält jedoch fest, dass die Stadt auf privatem Grund nicht zuständig sei und auch keine rechtliche Handhabe habe. Wird die Stadt dennoch Hand bieten, um zu verhindern, dass der Parkplatz zum Playoff-Auftakt des EHC Biel nach wie vor besetzt ist?

So könnte die Stadt die Verhandlungen und einen schnellen Abzug etwa unterstützen, indem sie ein alternatives Grundstück zur Verfügung stellt. Feurer schliesst das aber kategorisch aus. «Falls erwünscht, sind wir selbstverständlich immer bereit, unser Wissen zur Verfügung zu stellen. Hingegen ist es nach Auffassung der Stadt nicht Aufgabe der Allgemeinheit, quasi als Rückversicherungsanstalt für private Risiken einzustehen», sagt er.

Stattdessen rät Feurer den privaten Betreibern als Sofortmassnahme, den Fahrenden die Zufahrt zu erschweren, um künftig illegale Besetzungen zu verhindern. «Wenn die Betreibenden des Parkplatzes bei der Tissot Arena die ungebetenen Gäste in Zukunft nicht mehr wollen, empfehlen wir zu prüfen, wie das Land noch besser gesichert werden kann», so Feurer. Die Stadt hat diesbezüglich bei ihren eigenen Grundstücken einiges getan, etwa mit der Installation von Höhebeschränkungen. Mit diesen wird die Einfahrt auf die Parzellen mit den Wohnwagengespannen verunmöglicht.
(https://ajour.ch/de/story/ausgerechnet-vor-playoffstart-fahrende-auf-dem-vipparkplatz-des-ehc-biel-sorgen-erneut-f%25C3%25BCr-%25C3%25A4rger/59592)
-> https://www.derbund.ch/fahrende-besetzen-erneut-den-parkplatz-der-tissot-arena-546213746274
-> https://web.telebielingue.ch/de/sendungen/info/2023-03-06


+++RASSISMUS
ANTIRA-WOCHENSCHAU: Frontex schaut weg, deutsche Polizei schaut rüber, Antisemitismus-Berichte schauen genau hin
https://antira.org/2023/03/06/frontex-schaut-weg-deutsche-polizei-schaut-rueber-antisemitismus-berichte-schauen-genau-hin/


+++RECHTSEXTREMISMUS
«Menschenverachtende Motive»: Juso ruft für Montagabend in Aarau zur Kundgebung gegen den Faschismus auf
Nach der Aktion der rechtsextremen Jungen Tat am Samstag vor dem Regierungsgebäude in Aarau ist am Montagabend eine Gegendemo geplant. Die Juso Aargau ruft mit dem Slogan «Kein Fussbreit dem Faschismus» zu einer Kundgebung um 18.30 Uhr auf dem Bahnhofplatz auf. Diese ist laut dem Aarauer Sicherheitschef Daniel Ringier bewilligt.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/protest-menschenverachtende-motive-juso-ruft-fuer-montagabend-in-aarau-zur-kundgebung-gegen-den-faschismus-auf-ld.2425059


70 Personen demonstrieren in Aarau nach einem Juso-Aufruf gegen Faschismus
Nach der Aktion der rechtsextremen «Jungen Tat» am Samstag vor dem Regierungsgebäude in Aarau fand am Montagabend eine Gegendemo statt. Auf dem Bahnhofplatz versammelten sich nach einem Aufruf der Juso unter dem Slogan «Kein Fussbreit dem Faschismus» rund 70 Personen.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/protest-menschenverachtende-motive-juso-demonstriert-gegen-faschismus-ld.2425542
-> https://www.argoviatoday.ch/aargau-solothurn/aarau-olten/kein-fussbreit-dem-faschismus-70-personen-demonstrieren-am-bahnhof-aarau-150410086