Medienspiegel 23. Februar 2023

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel/

+++BERN
Beitrag an Dolmetscherkosten im Ambulatorium für Folter und Kriegsopfer
Der Regierungsrat hat einen Beitrag von jährlich 180’500 Franken für die Unterstützung des Programms «Dolmetschen im Ambulatorium für Folter und Kriegsopfer des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK)» bewilligt. Damit soll eine adäquate und frühzeitige Behandlung von traumatisierten Folter- und Kriegsopfern gewährleistet werden. Eine nationale Lösung zur Finanzierung von ambulanten Dolmetscherkosten wird zurzeit erarbeitet. Der Beitrag wird als Überbrückungsfinanzierung für die Jahre 2023 bis 2027 gesprochen. Er würde bei Vorliegen einer nationalen Lösung überprüft.
https://www.be.ch/de/start/dienstleistungen/medien/medienmitteilungen.html?newsID=166ddf64-5884-48fb-b32d-5dc9f5c06c48#b566985a-b596-4761-92c9-7fc8cbdc12ae


«Unsere Familie ist in der Schweiz grösser geworden»
Oksana Zaiets, Musikprofessorin, ist mit ihren Töchtern Yuliia und Anna im März 2022 aus der Ukraine geflüchtet. Sie leben seit elf Monaten bei einer von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) vermittelten Gastfamilie in Bern. Oksana Zaiets, 45, arbeitet zu 80 Prozent in einer Eierfabrik und singt in einem Chor. Tochter Yuliia, 17, besucht das Gymnasium Hofwil mit Schwerpunkt Musik und Tochter Anna, 19, kann seit September 2022 an der Universität Zürich ihr Studium der Japanologie fortsetzen und unterrichtet in der Freizeit an einem Japanisch-Stammtisch in der japanischen Botschaft in Bern. Der Vater, Vitaly Zaiets, 49, ist Musikdozent in Kiew und musste in der Ukraine bleiben. Die SFH hat sie getroffen und mit ihnen über ihre Flucht aus der Ukraine und ihr Leben in der Schweiz gesprochen.
https://www.fluechtlingshilfe.ch/publikationen/news-und-stories/unsere-familie-ist-in-der-schweiz-groesser-geworden


+++LUZERN
Flüchtlinge im Kanton Luzern ein wertvolles Auto besitzen, müssen dieses künftig verkaufen wenn sie Sozialhilfe beantragen
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zentralschweiz/kanton-will-sursee-als-zweite-agglomeration-staerken?id=12341548
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zentralschweiz/luzern-zieht-schraube-an-bei-sozialhilfe-fuer-ukrainer?id=12341746 (ab 04:37)


+++THURGAU
Sulgen und sein Asylzentrum
In Sulgen gibt es seit rund einem Jahr ein temporäres Bundesasylzentrum. Eine Bilanz aus dem Dorf. (ab 11:40)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-ostschweiz/sulgen-und-sein-asylzentrum?id=12341611


+++SCHWEIZ
Asylstatistik Januar 2023
Im Januar 2023 wurden in der Schweiz 2523 Asylgesuche registriert, 169 weniger als im Vormonat (-6,3%). Gegenüber Januar 2022 ist die Zahl der Asylgesuche um 1077 gestiegen. Wichtigste Herkunftsländer waren Afghanistan und die Türkei. Im Januar wurde zudem 2146 aus der Ukraine geflüchteten Personen der Schutzstatus S erteilt.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-93259.html


Sollen Ukrainer bleiben dürfen? Brisante Forderung sorgt für Zoff
Sollen ukrainische Geflüchtete bleiben können, wenn sie wollen? Die Hilfsorganisation Caritas verlangt dies in einem brisanten Vorstoss. Die SVP befürchtet explodierende Sozialhilfekosten.
https://www.20min.ch/story/sollen-ukrainer-bleiben-duerfen-brisante-forderung-sorgt-fuer-zoff-387984188556
-> https://tv.telezueri.ch/talktaeglich/sollen-ukraine-fluechtlinge-in-der-schweiz-bleiben-duerfen-149840852


Rückschlag für Baume-Schneider: Kantone gegen Direktaufnahme von Flüchtlingen aus Krisenregionen
SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider möchte wieder direkt Flüchtlinge aus Krisenregionen im Nahen Osten aufnehmen. Doch die Kantone wehren sich. Ihnen sind die momentanen Asyl-Zahlen dafür zu hoch.
https://www.blick.ch/politik/rueckschlag-fuer-baume-schneider-kantone-gegen-direktaufnahme-von-fluechtlingen-aus-krisenregionen-id18342370.html
-> https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/baume-schneider-beisst-bei-direktaufnahmen-auf-granit-66429455


Gastfamilien sind ein Erfolgsmodell
Die Unterbringung von Geflüchteten aus der Ukraine bei Gastfamilien funktioniert, ist stabil und fördert die Integration. Das zeigen die ersten Resultate einer Befragung, welche die Schweizerische Flücht-lingshilfe (SFH) gemeinsam mit der Hochschule Luzern (HSLU) und der Berner Fachhochschule (BFH) durchgeführt hat. Neben der grossen Solidarität und der Hilfsbereitschaft der Gastfamilien sind dabei auch deren professionelle Begleitung und Betreuung sowie eine Entschädigung durch den Kanton wichtige Faktoren für das Gelingen. Die SFH sieht sich darin bestärkt, das Modell der Gastfamilien im Asylwesen fest zu etablieren und auf weitere Flüchtlingsgruppen auszuweiten
https://www.fluechtlingshilfe.ch/medienmitteilungen/gastfamilien-sind-ein-erfolgsmodell


Psychische Gesundheit – «Wir müssen für die Flüchtlinge gute Lebensbedingungen schaffen»
Kommen Flüchtlinge in die Schweiz, sind sie oft traumatisiert und brauchen psychologische Hilfe. Doch diese sei zurzeit knapp, sagt Sara Michalik, Fachpsychologin für Psychotherapie und Geschäftsleiterin des Vereins Psy4Asyl, im Interview.
https://www.srf.ch/news/schweiz/psychische-gesundheit-wir-muessen-fuer-die-fluechtlinge-gute-lebensbedingungen-schaffen


Wie weiter mit dem Schutzstatus S? – Echo der Zeit
75’000 Menschen, die aus der Ukraine in die Schweiz geflüchtet sind, haben den sogenannten Schutzstatus S erhalten. Dieser sieht eine unbürokratische Aufnahme ohne Asylverfahren vor. Wie soll es ein Jahr nach Kriegsbeginn damit weitergehen?
https://www.srf.ch/audio/echo-der-zeit/wie-weiter-mit-dem-schutzstatus-s?partId=12341779


+++GASSE
Wegen Ukrainekrieg: Immer mehr Menschen kaufen im Bieler Caritas-Markt ein
Das letzte Jahr ist für den Bieler Caritas-Shop eine grosse Herausforderung gewesen. Aufgrund der Flüchtlingswelle, ausgelöst durch den Krieg in der Ukraine, hat die Nachfrage stark zugenommen.
https://www.baerntoday.ch/bern/region-bern/immer-mehr-menschen-kaufen-im-bieler-caritas-markt-ein-150228457


+++DEMO/AKTION(REPRESSION
Ehemals besetzte Häuser werden mit Botschaften bestrahlt
Drei Häuser in der Stadt Zürich erstrahlen am Donnerstagabend in einem ungewohnten Kleid. Unbekannte haben sie mit kritischen Kommentaren zur Wohn- und Kulturpolitik beleuchtet.
https://www.zueritoday.ch/zuerich/ehemals-besetzte-haeuser-werden-mit-botschaften-bestrahlt-150241254


+++AUSLÄNDER*INNEN-RECHT
Zuger SVP fordert Verschärfung: Wer den roten Pass will, muss besser Deutsch sprechen
Im Kanton Zug will die SVP das Einbürgerungsgesetz verschärfen. Wer den Schweizer Pass will, soll sich auf Deutsch besser verständigen können.
https://www.blick.ch/politik/zuger-svp-fordert-verschaerfung-wer-den-roten-pass-will-muss-besser-deutsch-sprechen-id18343111.html
-> https://www.zentralplus.ch/politik/zug-nur-wer-besser-deutsch-spricht-soll-eingebuergert-werden-2522289/


+++BIG BROTHER
PEGA-Untersuchungsausschuss: Staatstrojaner haben schreckliche Folgen für Betroffene
Die Überwachung mit Staatstrojanern wie Pegasus stellt weltweit das Leben von Menschenrechts-Aktivist:innen auf den Kopf. Betroffene aus Palästina und Westsahara schildern dem EU-Parlament eindrücklich die schrecklichen und schädlichen Folgen. Wir veröffentlichen ein inoffizielles Wortprotokoll.
https://netzpolitik.org/2023/pega-untersuchungsausschuss-staatstrojaner-haben-schreckliche-folgen-fuer-betroffene/


Umstrittene Ausschreibung: Die SBB wollen keine Gesichter erkennen – aber ohne gehts kaum
Für ihr Vorhaben, die Menschen an den Bahnhöfen genauer zu verfolgen, werden die SBB harsch kritisiert. Diese wiederum fühlen sich falsch verstanden. Experten ordnen ein.
https://www.derbund.ch/die-sbb-wollen-keine-gesichter-erkennen-aber-ohne-gehts-kaum-926760692567


+++POLICE BE
Räder, Hufe und Raupen
Der Fuhrpark der Kantonspolizei Bern umfasst derzeit rund 1000 Fahrzeuge. Sie machen es möglich, im Kantonsgebiet rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr im Einsatz und innert kürzester Zeit am Ort des Geschehens zu sein.
https://www.blog.police.be.ch/2023/02/23/raeder-hufe-und-raupen/


+++POLIZEI DE
Entscheidung in Karlsruhe: Verfassungsgericht bestätigt Einstellung der Ermittlungen im Fall Oury Jalloh
Oury Jalloh verbrannte 2005 in einer Dessauer Polizeizelle. Nun hat das Bundesverfassungsgericht entschieden: Polizei und Staatsanwaltschaft müssen keine neuen Ermittlungen zum Tod des Asylbewerbers aufnehmen.
https://www.spiegel.de/panorama/justiz/fall-oury-jalloh-bundesverfassungsgericht-bestaetigt-einstellung-der-ermittlungen-a-62821314-7eda-4e86-b229-a35c9dd49228
-> https://www.zeit.de/gesellschaft/2023-02/bundesverfassungsgericht-oury-jalloh-einstellung-ermittlungen
-> https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/oury-jalloh-keine-neuen-ermittlungen-zu-tod-von-asylbewerber,TWfq9UE
-> https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/bverfg-2bvr378-20-verfassungsbeschwerde-einstellung-ermittlungen-oury-jalloh-nicht-zur-entscheidung-angenommen/
-> https://taz.de/Bundesverfassungsgericht-zu-Oury-Jalloh/!5918010/
-> https://taz.de/Verfassungsgericht-zu-Fall-Oury-Jalloh/!5918001/
-> https://www.nd-aktuell.de/artikel/1171236.oury-jalloh-keine-neuen-ermittlungen-im-fall-jalloh.html


Erneut wurden Chats bekannt, in denen Polizisten antisemitische Inhalte geteilt haben
Eine unvollständige Chronologie von Einzelfällen
Immer wieder werden Chatgruppen bekannt, in denen Polizisten antisemitische und rassistische Inhalte teilen. In einigen Fällen waren die Beschuldigten gar zuständig für den Schutz jüdischer Einrichtungen. An Maßnahmen gegen Antisemitismus in der Polizei mangelt es jedoch.
https://jungle.world/artikel/2023/08/eine-unvollstaendige-chronologie-von-einzelfaellen


Schöner leben – mit weniger Polizei
Berliner Kiezinitiativen und Experten diskutieren über Alternativen zur Strafverschärfung
Rassistische Kontrollen im Park, Todesschüsse auf psychisch auffällige Jugendliche: Sollte die Polizeiarbeit nicht auf Strafverfolgung reduziert werden? Ein Diskussionsabend mit dem Innenexperten der Berliner Linken.
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1171220.innenpolitik-schoener-leben-n-mit-weniger-polizei.html


+++RASSISMUS
Grundlagenstudie zu Rassismus – Fabienne bekommt die Wohnung eher als Sphresa – und den Job
Die erste Grundlagenstudie zu strukturellem Rassismus in der Schweiz zeigt: Er ist weit verbreitet – bis in die Mitte unserer Gesellschaft.
https://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-religion/grundlagenstudie-zu-rassismus-fabienne-bekommt-die-wohnung-eher-als-sphresa-und-den-job


+++RECHTSPOPULISMUS
Wie «der Ausländer» in die Kriminal¬statistik kam
Schon vor bald 200 Jahren wollten Statistiker beweisen, dass die Herkunft einen Einfluss auf die Kriminalität hat. Doch gegen Vorurteile hilft auch keine Wissenschaft.
https://www.republik.ch/2023/02/23/wie-der-auslaender-in-die-kriminalstatistik-kam


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
tagblatt.ch 23.02.2023

Die SVP-Antwort auf Aufrecht Thurgau: Judith Ricklin sichert die rechte Flanke gegen die Massnahmenkritiker

Bei den Nationalratswahlen werden die Massnahmenkritiker voraussichtlich andern Parteien wichtige Stimmen abjagen. Die SVP hat als Gegenmittel eine Kandidatin, die die Wählerabwanderung begrenzen könnte: Judith Ricklin, bis heute ungeimpft, zeigt keine Berührungsängste zu Verschwörungstheoretikern.

Thomas Wunderlin

Bei den Zürcher Kantonsratswahlen hat die Aufrecht-Liste 2,15 Prozent der Wählerstimmen erreicht. Diesen Achtungserfolg dürften auch die Thurgauer Parteien zur Kenntnis genommen haben. Erzielen die Massnahmenkritiker ein vergleichbares Resultat bei den Nationalratswahlen im Thurgau, könnte das den Ausschlag für eine Sitzverschiebung geben.

Der Amriswiler Robin Spiri (Ex-SVP) und die Ettenhauser Kantonsrätin Barbara Müller (Ex-SP) haben ihre Kandidatur auf einer Aufrecht-Thurgau-Liste bereits angekündigt. Dabei ist auch der Kreuzlinger Gemeinderat Georg Schulthess, der an einer Gemeinderatssitzung im November 2011 die Maskenschutzpflicht ignorierte und stattdessen mit einer Guy-Fawkes-Maske erschien. Als er sich weigerte, diese abzulegen, wies ihn der Gemeinderatspräsident aus dem Saal. Die SVP Kreuzlingen schloss Schulthess daraufhin aus der Partei aus.

Die Aufrecht-Thurgau-Liste findet wohl am ehesten bei SVP-Wählern Sympathien und Stimmen. Die SVP Thurgau hat aber eine Kandidatin nominiert, die diese Flanke sichern kann. Judith Ricklin stammt wie Schulthess aus der SVP Kreuzlingen.

Aufstieg innerhalb der Partei

Die Primarlehrerin mit Jahrgang 1971 unterrichtet in Gottlieben Schüler der ersten bis zur sechsten Klasse. Sie präsidierte 2019-2020 das Kreuzlinger Stadtparlament, rutschte 2019 in den Grossen Rat nach und wurde 2020 Vizepräsidentin der Kantonalpartei und Mitglied des Parteivorstands der SVP Schweiz. Gemäss der SVP-Medienmitteilung zu ihrer Nationalratskandidatur will sie sich «gegen masslose Zuwanderung» einsetzen. Während der Pandemie zeigte sich Ricklin kritisch gegenüber den Schutzmassnahmen. Corona-geimpft ist sie bis heute nicht – «aus persönlichen Gründen», betont sie.

Ersichtlich sind ihre Positionen unter anderem auf Twitter. Sie äussert sich allerdings selten mit eigenen Worten, sondern leitet oft Beiträge anderer weiter, ohne sich explizit festzulegen.

So informiert Ricklin ihre 1002 Follower über den bevorstehenden Auftritt des Historikers Daniel Ganser in Kreuzlingen. Auch leitet sie ein Zitat des ungarischen Premiers Viktor Orban weiter, in dem dieser einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen im russisch-ukrainischen Krieg fordert. Sie teilt zudem kritische Kommentare zu den deutschen Panzerlieferungen an die Ukraine.

Link zu gesperrtem Video auf Youtube

In einem anderen von Ricklins Retweets wird behauptet, Pfizer arbeite an der gezielten Evolution des Covid-19-Virus, um weiterhin von Impfstoffen zu profitieren. Ein Video auf der verlinkten Website wurde gemäss Mitteilung entfernt, «weil es gegen die Youtube-Nutzungsbedingungen verstösst».

«Ich sichere keine Flanke», sagt Ricklin, «sondern sage meine Meinung». Sie wolle dazu beitragen, dass der Dialog möglichst breit geführt werde. Bei Themen wie Corona und Ukraine sei Kritik «sehr heikel» und man werde schnell verurteilt. Bei der Weitergabe von Tweets schaue sie nicht auf den Absender, sondern auf die geäusserte Meinung.

Weist die Sperrung eines Youtube-Videos nicht darauf hin, dass der Inhalt erfunden ist? «Kann sein, aber auch nicht», antwortet Ricklin. Sie sei nicht in der Lage zu beweisen, dass das Pfizer-Video wahr sei. «Mein Anspruch ist es, dass jeder selber schaut, ob es stimmt.» Erwiesenermassen gebe es solche Geschichten. Beispielsweise sei es ein Märchen, dass ein gesunder Mensch zusätzliches Vitamin C brauche, wenn er sich ausgewogen ernähre. Das sei vom Pharmakonzern Hofmann-La Roche erfunden worden, um ein Geschäft zu machen.

In der Pandemie seien Ungeimpfte aus Veranstaltungen, Restaurants und Vereinen ausgeschlossen worden. Geimpfte hätten sich sicher gefühlt, dass sie niemanden ansteckten. Schon damals hätte man merken können, dass das nicht stimme, «denn gerade an solchen Veranstaltungen haben sich viele angesteckt». Dass die Impfungen den Rückgang der Pandemie eingeleitet hätten, bezweifelt Ricklin: «Zu viele Geimpfte sind trotz wiederholter Impfung gestorben.»

Beim Thema Impfungen bleibt Ricklin dennoch vorsichtig: «Ich habe nie jemandem gesagt, lass die Finger davon. Jeder muss das selber entscheiden, ohne Druck von aussen.»

Ebenso hält sie Distanz zu Ganser, der gemäss seinem Wikipedia-Eintrag Verschwörungstheorien verbreitet und dessen Thesen zum Ukraine-Krieg von diversen Osteuropa-Historikern als unhaltbar, unseriös und als Übernahme russischer Staatspropaganda zurückgewiesen werden. «Ich schreibe nicht, er sei ein Super-Typ», sagt Ricklin. Mit ihrem Tweet habe sie nur die reine Information weitergegeben, dass er nach Kreuzlingen komme.

Nur wenige Wähler folgten ihr auf Twitter

Anderseits bekennt sie, sie habe schon spannende Vorträge Gansers auf Youtube gesehen: «Er hat eine differenzierte Sicht auf den Ukraine-Krieg.» Dass er Verschwörungstheorien verbreite, schrecke sie nicht ab. «Die Frage ist, was eine Verschwörungstheorie ist, beziehungsweise wer dies aus welchen Gründen beurteilt. Bei Corona hiess es auch Verschwörungstheorie. Jetzt wird doch eingeräumt, dass es Impfschäden gibt.»

Eine andere Frage ist, ob die Kandidatin mit Twitter die Wählerschaft erreicht. «Es ist schwierig abzuschätzen, wie viele Follower aus dem Thurgau kommen, da die Identität nicht immer ersichtlich ist. Es sind wohl höchstens zehn», sagt Ricklin. Doch sie schätze Twitter auch wegen der vielfältigen Informationen und Reaktionen, die sie erhalte. Damit wolle sie sich für weitere Diskussionen rüsten: «Ich nutze Twitter, um zu wissen, was die Menschen bewegt. Und was man da zum Teil zu sehen bekommt, ist nichts für zarte Gemüter.»
(https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/kanton-thurgau/nationalratswahlen-die-svp-antwort-auf-aufrecht-thurgaujudith-ricklin-sichert-die-rechte-flanke-gegen-die-massnahmenkritiker-ld.2416808)



+++ANTI-WOKE-POPULISMUS
Winnetou unerwünscht: Fasnacht und politische Korrektheit
Die Debatte um kulturelle Aneignung erreicht die Fasnacht. Welche Kostüme und Sujets sind an Umzügen ein No-Go? Müssen Pointen von Schnitzelbänklern politisch korrekt sein? Darüber scheiden sich in der Narren-Szene die Geister. Reportage unter Fasnächtlerinnen und Fasnächtler in Basel, Chur, Solothurn und Kriens.
https://www.srf.ch/play/tv/rundschau/video/winnetou-unerwuenscht-fasnacht-und-politische-korrektheit?urn=urn:srf:video:854f9c1c-0532-42da-83ae-ed548b2c28a0



derbund.ch 23.02.2023

Wo die Narrenfreiheit endet: Warum sorgt die Fasnacht immer wieder für rassistische Eklats?

In der Langenthaler Fasnachtszeitung wurden rassistische Begriffe und Nazi-Vokabular verwendet. Dabei sitzen in der Redaktion durchaus sensibilisierte Personen.

Johannes Reichen

«Päng» heisst die Fasnachtszeitung in Langenthal. Ein passender Name. Dem etwa 10-köpfigen Redaktionsteam fliegt gerade die neue Ausgabe um die Ohren.

Auf Seite 3 wird eine Fasnachtsgruppe dazu aufgefordert, die Marktgasse zu putzen – und zwar unter dem Motto «Arbeit macht frei». Dieser Spruch prangte auf den Toren zu den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten, etwa in Auschwitz.

Auf Seite 8 folgt das Foto eines Schokokusses. Der Text dazu macht sich in erster Linie über das bescheidene Neujahrsgeschenk eines Langenthaler Gewerblers lustig. Neben dem früheren, heute als rassistisch geltenden Wort für Schokokuss wird auch das N-Wort verwendet. Es gilt schon lange als eine diskriminierende Bezeichnung.

Päng. Wie konnte das passieren?

Chefredaktor Reto Kurt würde lieber über andere Dinge reden, das wird rasch klar. Schliesslich hatte er schon am Mittwochabend bei der Präsentation der neuen Zeitung gesagt: «Das hätte nicht passieren dürfen.»

Er nimmt sich aber doch Zeit. Die Passagen seien beim Lesen «einfach durchgegangen», sagt Kurt. Die Zeit habe gedrängt, es seien alles Laien am Werk, da könne so etwas passieren, auch wenn es nicht dürfte. Der nationalsozialistische Hintergrund des Spruchs «Arbeit macht frei» sei dem Verfasser oder der Verfasserin womöglich gar nicht bekannt gewesen.

Keine Bösartigkeit

Auffallend ist, dass in der Redaktion mehrere Personen sitzen, die in Sachen Rassismus und Sprache durchaus sensibel sein dürften. Zum Beispiel Priska Grütter, SP-Mitglied und Frau des Langenthaler SP-Stadtpräsidenten Reto Müller, der die neue Zeitung am Mittwoch als einer der Ersten in den Händen hielt.

Grütter wurde vor bald 20 Jahren bekannt, als sie sich in Roggwil für die ausländischen Mädchen einsetzte, deren Namen auf der traditionellen Maitanne fehlten. Zu dieser Zeit waren der Oberaargau und die Stadt Langenthal noch für ihre rechtsradikale Szene und als Hochburg der rechtsextremen Pnos bekannt. Für ihren Einsatz wurde Grütter damals für den «Prix Courage» nominiert.

«Unsere Gesinnung ist ganz sicher nicht rechts», sagt sie und wirbt um Verständnis. «Wir mussten 16 Seiten mit unzähligen kleinen Texten lesen.» Der Zeitdruck sei gross gewesen. «Alle sagen, dass es ihnen nicht aufgefallen ist.» Wenn sie selbst die Passagen gelesen hätte, sagt Grütter, hätte sie eingegriffen. Die Publikation der beiden problematischen Stellen sei ein Fehler gewesen, aber sicher nicht aus Bösartigkeit passiert.

Nie, sagt sie, würde sie sich über die Woke-Kultur lustig machen, die ein Bewusstsein für Rassismus und andere Diskriminierungen einfordert. Aber es sei eine Herausforderung, allen Anforderungen der politischen Korrektheit jederzeit gerecht zu werden.

Nur gegen oben treten

Zur Redaktion gehört auch Georg Cap, Stadtrat der Langenthaler Grünen. Vergangenes Jahr kämpfte er im Gemeindeparlament für mehr politische Rechte für ausländische Personen, allerdings erfolglos. Zudem wurde er aktiv, weil er sich an den sich häufenden Nazi-Schmierereien in Langenthal stört.

In der Redaktion herrsche eine «gewisse Bestürzung», sagt Cap. Denn es sei klar: «Solche Inhalte dürfen wir nicht tolerieren.» In der Vergangenheit habe es in Langenthal eigentlich nie problematische Vorfälle gegeben. «Sonst hätten wir das vielleicht auf dem Schirm gehabt.» Eine Fasnachtszeitung müsse kontrovers sein, anecken. Sie dürfe auch treten, aber nur gegen oben.

Er sieht bei der Fasnachtszeitung auch Fortschritte. So stehe neben einem Text, der sich über das Gendern lustig mache, ein Artikel mit genderneutraler Sprache.

Freiheit ausleben

In der Schweiz sorgt die Fasnacht immer wieder mit rassistischen Vorfällen für Aufsehen. Es ist gerade mal einen Tag her, dass im Kanton Aargau ein Fasnachtsverein in die Schlagzeilen geriet, weil er heute «geächtete» Bezeichnungen «nochmals aufleben lassen» wollte. Auch das N-Wort gehörte zu diesen Begriffen.

Warum immer die Fasnacht?

Er könne nur spekulieren, sagt Medienwissenschaftler Guido Keel von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Er forscht zu den Grenzen der Satire. Viele Menschen fühlten sich möglicherweise in ihrer Freiheit eingeschränkt durch das Gebot, etwa die Geschichte von verfolgten Juden respektvoll zu behandeln. Deshalb nutzten sie die Fasnacht, um dieses Bedürfnis ausnahmsweise auszuleben. Das sei aber nicht das Gleiche, wie wenn man sich gegen die Obrigkeit auflehne – was ja die eigentliche Funktion der Fasnacht sei.

Stephanie Graetz, Geschäftsleiterin der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus, sieht einen Grund auch in der medialen Aufmerksamkeit. Von den Umzügen würden Videos und Fotos gemacht. Und die Fasnächtlerinnen und Fasnächtler fallen auf. «Im Alltag rennen wir ja nicht in Kostümen von Minderheiten herum, die sich diskriminiert fühlen könnten.»

Bei der Fasnacht gebe es natürlich die sogenannte Narrenfreiheit. Diese Freiheit ende aber dort, wo es auf Kosten von Minderheiten gehe und Aussagen oder Kostüme abwertend oder herabsetzend gemeint seien. Die antisemitische Inschrift «Arbeit macht frei» und die Verwendung des N-Worts in der Langenthaler Fasnachtszeitung gingen eindeutig zu weit.

Die positive Seite

Das eigentliche Problem des Rassismus, sagt Stephanie Graetz, seien aber nicht die diskriminierenden Sätze in der Fasnachtszeitung oder das problematische Kostüm am Umzug. Das Problem sei der strukturelle Rassismus – wenn also etwa Menschen wegen ihrer Herkunft oder ihres Namens nur mit Mühe eine Wohnung oder Stelle finden.

Graetz findet es falsch, wegen ein paar negativer Vorfälle die ganze Fasnachtsgemeinschaft pauschal zu verurteilen. «Der Grossteil verhält sich ja nicht so.» Sie kann den Vorfällen sogar etwas Positives abgewinnen. «Wir können uns als Gesellschaft nur weiterentwickeln, wenn wir uns damit auseinandersetzen, Themen diskutieren und hinterfragen.»

Auch die Redaktion von «Päng» will ihre Lehren ziehen. «Wir müssen künftig auch die Correctness im Auge behalten», sagt Georg Cap.

Sonst machts bald wieder – päng.
(https://www.derbund.ch/warum-sorgt-die-fasnacht-immer-wieder-fuer-rassistische-eklats-796039646852)


+++HISTORY
nzz.ch 23.02.2023

Rot-Grün toleriert Hausbesetzungen in Zürich seit Jahren – aber erfunden wurde diese Politik unter einer bürgerlichen Regierung

Im Schlüsseljahr 1989 tobte in Zürich ein rabiater Häuserkampf. Es flog ein Molotowcocktail, es gab ein Todesopfer. Doch dann änderte sich etwas.

Marius Huber

Zehn Jahre lang war das Koch-Areal in Zürich mit Duldung der Stadtregierung besetzt. Den lauten Schlusspunkt setzte am Wochenende ein Demonstrationsumzug, bei dem nicht nur Fensterscheiben zu Bruch gingen. Sondern auch die Hoffnung, die einst mit der Duldungspolitik verknüpft war: dass Krawalle dadurch verhindert werden könnten.

Entsprechend rügen Bürgerliche jetzt die laxe Haltung gegenüber den Besetzern. Wer Militanz mit Nachgiebigkeit belohne, werde immer wieder Gewalt ernten. Doch auch wenn der Verzicht auf Repression und Räumungen seit dreissig Jahren ein Mantra von Rot-Grün ist – eine «bewährte Praxis» –, ist diese Politik keine rein linke Erfindung. Ihre Anfänge reichen zurück in eine Zeit, als der Stadtrat noch in bürgerlicher Hand war.

Dies geht aus einer Dissertation über wohnpolitische Bewegungen in der Stadt Zürich hervor, die der Historiker Thomas Stahel verfasst hat. Sie ist quasi das Standardwerk zum Thema. Weil Stahel aber auch SP-Kampagnenleiter ist und in den Neunzigern Sympathisant der landesweit bekannten Wohlgroth-Besetzung war, könnten Zweifel an der Unabhängigkeit seiner Darstellung aufkommen. Die NZZ hat daher zusätzlich mit Zeitzeugen gesprochen, die damals die Zürcher Politik prägten.

Monatelang gab es jeden Donnerstag eine Demo

Das Schlüsseljahr, in dem der Umgang mit den Besetzern zu kippen begann, war 1989. Ein Jahr später würde eine links-grüne Mehrheit den Stadtrat erobern. Und im Rückblick scheint es unübersehbar, dass sich da etwas zusammenbraute.

Polizeivorsteher war damals Hans Frick. Er war als Vertreter des Landesrings der Unabhängigen, der sozialliberalen Partei des Migros-Gründers Gottlieb Duttweiler, Teil einer Regierung mit bürgerlicher Grundierung. Dieser gehörte mit Ursula Koch nur eine einzige waschechte Linke an.

Die beiden anderen Sozialdemokraten, Emilie Lieberherr und Jürg Kaufmann, hatten sich aufgrund ihrer autoritären Haltung während der Zürcher Jugendunruhen mit ihrer Partei zerstritten. Sie standen solidarisch hinter dem FDP-Stadtpräsidenten Thomas Wagner.

Diese Stadtregierung hatte 1989 mit einem mehrfachen Problem zu kämpfen: einer Wohnungsnot, die sich in einer seither nie mehr erreichten Leerwohnungsziffer von 0,01 Prozent spiegelte. Einem sprunghaften Anstieg von Besetzungen und sogenannten «Auszugsboykotten» von Mieterinnen und Mietern, denen gekündigt worden war. Einer endlosen Serie unbewilligter Demonstrationen selbsternannter «Häuserkämpfer» – monatelang versammelten sie sich jeden Donnerstagabend zum Protest gegen Spekulanten, wobei es immer wieder zu Sachbeschädigungen kam. Und schliesslich mit wiederholten Brandanschlägen auf Baustellen.

Dass sich der Umgang der Stadt mit Hausbesetzern verändert hat, zeigt die Erfolgsbilanz der Szene, die der Historiker Stahel akribisch rekonstruiert hat: Zu Beginn des Jahres 1989 galt noch die Doktrin der Achtziger, wonach besetzte Häuser innert weniger Stunden oder Tage geräumt wurden. Am Ende desselben Jahres gab es in Zürich fünf Besetzungen, die sich länger als hundert Tage halten konnten.

Alt-Stadtrat Frick erinnert sich im Gespräch mit der NZZ: «Die wöchentlichen Demonstrationen haben die Bevölkerung verrückt gemacht. Wir mussten zusehen, dass wir sie in einem tragbaren Mass halten konnten, deshalb hat man im Umgang mit Besetzern sicher eine gewisse Zurückhaltung geübt.»

Die Szene registrierte, dass sich die städtische Politik auf eine Weise veränderte, die ihr neue Chancen eröffnete. Dies zeigt ein zeitgenössischer Beitrag von Aktivisten, aus dem Stahel zitiert.

Die Polizei war am Limit

Wie genau dieser Wandel vor sich ging, ist unklar. Denn noch im April 1989 machte der damalige Stadtpräsident Wagner nach einer Besetzung des Neumarkt-Theaters die Ansage, man werde keine weiteren Besetzungen tolerieren und solche Situationen jeweils rasch «in Ordnung bringen». Und daran hat sich laut Wagner auch in den Folgemonaten nichts geändert, wie er heute, 34 Jahre danach, auf Anfrage festhält. Es habe 1989 nie einen Entscheid des Gesamtstadtrats gegeben, von der harten Linie abzurücken.

Gab es damals stattdessen eine interne Regelung der Polizei, welche die neue Zurückhaltung bei Räumungen erklärt? Es gibt Hinweise darauf. Frick kann sich zwar nicht an eine solche erinnern, und der damalige Polizeikommandant Peter Hofacher, der heute 80-jährig sein müsste, war für die NZZ nicht erreichbar. Frick sagt aber auch, dass die Polizei in jenem Jahr an die Grenzen der Belastbarkeit gestossen sei: «Sie musste praktisch jedes Wochenende mit einem Extra-Aufgebot auf die Strasse – darauf musste man Rücksicht nehmen.»

Fricks Nachfolger als Polizeivorsteher, der SP-Mann Robert Neukomm, hält es für wahrscheinlich, dass schon vor seiner Zeit etwas in Bewegung geraten war, wenn auch noch nichts in formalisierter Form. Er fände es jedenfalls «nicht richtig», als alleiniger Erfinder der heute geltenden Duldungspolitik bezeichnet zu werden. Auch wenn er es war, der diese offiziell ausrief, als er im Frühjahr 1990 ankündigte, nur noch dann zu räumen, wenn ein Hausbesitzer die Abbruch- und Baubewilligung habe. Diese Regel ist in einem Merkblatt festgehalten, an das sich die Stadtpolizei seither hält.

Anfang der Achtziger wirkte die Repression

Bleibt die Frage, ob eine repressive Haltung gegenüber der Besetzerszene Ausschreitungen eher verhindert als eine tolerante. Der Blick zurück auf die achtziger Jahre, in denen Besetzungen in Zürich zum Dauerthema wurden, lässt keine eindeutige Antwort zu. Es scheint eine Frage der Umstände zu sein.

Zu Beginn jenes Jahrzehnts trug das konsequente Durchgreifen nach dem Urteil des Historikers Stahel noch dazu bei, dass eine erste Besetzungswelle versandete. Die Polizei räumte Häuser damals meist innert 48 Stunden, zum Teil auch mehrmals hintereinander. Die Konsequenz: Es sei nie eine Besetzung entstanden, die «eine grössere Masse mobilisieren konnte», nichts, was mit dem Wohlgroth-Areal oder dem Koch-Areal vergleichbar wäre. Demonstrationen und Anschläge mit wohnpolitischem Auslöser waren in den Folgejahren selten.

1989 war die Dynamik eine andere. Vor dem Hintergrund einer verschärften Wohnungsnot wurde die Besetzung eines Hauses an der Köchlistrasse nahe der Kalkbreite zu einem Kristallisationspunkt. Sie brachte eine ganze «Lawine von Besetzungen ins Rollen», wie Stahel schreibt.

Die «Häuserkampfszene», wie sie auch genannt wurde, war zahlenmässig überschaubar, aber sehr aktiv. Es kursierten Flugblätter, die zu einer Demonstration nach jeder Räumung aufriefen – wobei es immer wieder zu Krawallen und Sachschäden kam, wie aus Zeitungsberichten hervorgeht.

Ende der Achtziger: ein Toter und Strassenschlachten

Beide Seiten schaukelten sich in ihrer unnachgiebigen Haltung derart hoch, dass dies bedenkliche Formen annahm.

Mitte Mai 1989 wurden drei Häuser an der Zweierstrasse nach der Räumung derart übereilt abgerissen, dass beim Einsturz einer Fassade ein Mann getötet und eine unbeteiligte Frau verletzt wurde. Einer der Besetzer verletzte sich zudem, als er beim Sprung vom Dach das Sprungtuch der Feuerwehr verfehlte.

Wenige Tage später sollte die Polizei einen «Auszugsboykott» an der Ankerstrasse beenden, wo sich die Bewohner hinter Stacheldraht verschanzt und militanten Widerstand angekündigt hatten. Am Ende musste eine Sondereinheit eine komplizierte Zündanlage mit Knallkörpern entschärfen.

An einem Samstag im Juli geriet schliesslich eine unbewilligte Demonstration gegen die Wohnungsnot ausser Kontrolle. 200 Aktivisten und 120 Polizisten lieferten sich in der Innenstadt stundenlange Strassenkämpfe. Es flogen Steine, Gummischrot, Tränengaspatronen und sogar ein Molotowcocktail.

Einmal gerieten die Besucher des Bürkliplatz-Flohmarktes zwischen die Fronten, ein andermal Restaurantbesucher im Niederdorf. Die Stadt erlebte die schwersten Auseinandersetzungen seit den Jugendunruhen der frühen Achtziger. Die Sachschäden betrugen zum wiederholten Mal Hunderttausende Franken.

Es ist nachvollziehbar, dass angesichts solcher Ereignisse die Idee aufkam, es statt mit noch mehr Repression mit Deeskalation zu versuchen. Obwohl diese Strategie auch keine Garantie ist gegen Ausschreitungen, wie sich in diesen Tagen wieder einmal gezeigt hat.
(https://www.nzz.ch/zuerich/hausbesetzer-in-zuerich-toleranzpolitik-keine-linke-erfindung-ld.1727160)

Dissertation: Wo-Wo-Wonige! Stadt- und wohnpolitische Bewegungen in Zürich nach 1968, 2006
-> https://docplayer.org/167341819-Wo-wo-wonige-stadt-und-wohnpolitische-bewegungen-in-zuerich-nach-1968.html
-> https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/163425/1/20060151.pdf



Gefälschte Tagebücher: So gefährlich war der Hitler-Fake wirklich
Die gefälschten „Hitler-Tagebücher“: der Presseskandal des Jahrhunderts. Seit 1983 liegen sie weggesperrt im Safe des „Stern“. Anja Reschke und ihrem Team ist es nun erstmals gelungen, alle 60 Bände zu lesen. Und die Lektüre offenbart Erschreckendes: Konrad Kujau, der selbsternannte Fälscher vom Führer, hat Hitlers Verbrechen systematisch verharmlost. Und die Recherche zeigt: Er hatte enge Verbindungen in die Neonazi-Szene.
https://www.ardmediathek.de/video/reschke-fernsehen/gefaelschte-tagebuecher-so-gefaehrlich-war-der-hitler-fake-wirklich/das-erste/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLm5kci5kZS80ODY3XzIwMjMtMDItMjMtMjMtMzU


Holocaust-Leugnung: Die Wahrheit hinter den „Hitler-Tagebüchern“
40 Jahre nach dem Skandal um die gefälschten „Hitler-Tagebücher“ im „Stern“ hat der NDR die Texte in vollem Umfang veröffentlicht. Sie offenbaren die geschichtspolitischen Motive des Fälschers und einiger seiner Helfer: die Leugnung des Holocaust.
https://www.ndr.de/geschichte/tagebuecher/Holocaust-Leugnung-Die-Wahrheit-hinter-den-Hitler-Tagebuechern,hitlertagebuecher114.html