Medienspiegel 4. Januar 2023

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel/

+++AARGAU
Notrecht: Jean-Pierre Gallati möchte einfacher Asylunterkünfte bauen.
Die Asylsituation im Kt. AG spitzt sich weiter zu. Bald hat es keinen Platz mehr für Asylsuchende im Kanton. Dies sagte SVP-Landammann Jean-Pierre Gallati gestern im «TalkTäglich». Deshalb will er nun die Notlage ausrufen, um einfacher Asylunterkünfte bauen zu können. Diese Aussage sorgt für Diskussionen.
https://www.telem1.ch/aktuell/notrecht-jean-pierre-gallati-moechte-einfacher-asylunterkuenfte-bauen-149550635


+++LUZERN
Platz für Flüchtlinge: Luzern will Bussen für Gemeinden senken
Im Kanton Luzern muss jede Gemeinde eine gewisse Anzahl an Flüchtlingen und Asylsuchenden aufnehmen. Gemeinden, die ihr Kontingent nicht erreichen, müssen eine Busse zahlen. Dass diese nun kleiner werden soll, passt nicht allen Parteien.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zentralschweiz/platz-fuer-fluechtlinge-luzern-will-bussen-fuer-gemeinden-senken?id=12312055
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zentralschweiz/fluechtlingsunterkuenfte-vlg-wehrt-sich-gegen-vorwuerfe-der-sp?id=12312394
-> https://www.zentralplus.ch/gesellschaft/fluechtlingsplaetze-luzern-verzichtet-auf-tausende-franken-2507639/


+++SCHWEIZ
Die SFH verabschiedet neue Fünfjahres-Strategie
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) hat ihre Strategie für die Jahre 2023 – 2027 verabschiedet. Zentrale Pfeiler der Tätigkeit der SFH bleiben der Rechtsschutz für Geflüchtete, die Grundlagenarbeit sowie ihr Bildungs- und Sensibilisierungsangebot. Gestärkt werden soll der Bereich Integration, ausserdem sollen innovative Projekte und neue Formen der Zusammenarbeit entwickelt werden.
https://www.fluechtlingshilfe.ch/publikationen/news-und-stories/die-sfh-verabschiedet-neue-fuenfjahres-strategie


+++GROSSBRITANNIEN
Von England nach Ruanda – der britische Justiz¬thriller um Asyl¬suchende
Mit dem Rwanda asylum plan will die britische Regierung «illegale Migranten» nach Afrika abschieben. Doch ist diese Politik des Offshoring von unerwünschten Menschen überhaupt rechtmässig?
https://www.republik.ch/2023/01/04/am-gericht-von-england-nach-ruanda-der-britische-justizthriller-um-asylsuchende


+++EUROPA
In der Grauzone: Europas Problem mit humanitärer Hilfe
Ob Italien, Griechenland oder Polen: Menschen, die Geflüchteten helfen, werden in der EU zunehmend kriminalisiert. Das sagen mehrere NGOs gegenüber ORF.at. Helferinnen und Helfer würden vielfach mit Schleppern auf eine Stufe gestellt – ihnen drohten Verleumdungskampagnen wie Klagen. Die Verantwortung für den Missstand liege bei der EU, heißt es. Brüssel will prüfen.
https://orf.at/stories/3298425/


«Die EU spielt ihre Druckmittel gut aus»
Europas Abschottungspolitik raubt unzähligen Menschen ihre Freiheiten, und zwar weit über die Aussengrenzen hinaus. Der mauretanische Menschenrechts- und Migrationsaktivist Amadou M’Bow über egoistische Regierungen in Westafrika, Grenzregimes als Wirtschaftsmodell und den unverzichtbaren Wert der Migration.
https://www.woz.ch/2301/die-welt-im-zentrum-1-4/die-welt-im-zentrum-1-4-die-eu-spielt-ihre-druckmittel-gut-aus


+++TÜRKEI
Ausländerpolitik der Türkei: Plötzlich unerwünscht
Die Türkei hat Millionen Syrern Zuflucht gewährt. Nun hat die Regierung für bestimmte Stadtviertel einen Zuzugstopp für Ausländer verhängt. Davon betroffen sind nicht nur Geflüchtete, sondern auch europäische Rentnerinnen und Rentner.
https://www.deutschlandfunk.de/auslaenderstopp-tuerkei-zuzugsstopp-auslaender-100.html


+++GASSE
Drohender Methadon-Engpass: Swissmedic entzieht Hersteller Lizenz
In der Schweiz droht möglicherweise ein Methadon-Engpass. Swissmedic hat dem grössten Schweizer Methadon-Hersteller die Betriebsbewilligung sistiert. Dessen Produkte kommen vor allem in der Substitutionstherapie zum Einsatz – also beispielsweise beim Heroinentzug.
https://www.srf.ch/audio/news-plus/drohender-methadon-engpass-swissmedic-entzieht-hersteller-lizenz?id=12312538
-> https://www.20min.ch/story/methadon-koennte-knapp-werden-das-ist-eine-drohende-katastrophe-588067648152


Tests auf gefährliche Substanzen: Luzerner Drogen-Check: Nachfrage steigt und steigt
Die dreijährige Pilotphase ist vorbei: Das Drug-Checking hat sich in Luzern etabliert. Projektleiterin Olivia Allemann erklärt, warum das Angebot nötig ist und mit wem die Drogeninformation Luzern zusammenspannen will.
https://www.zentralplus.ch/gesellschaft/drogen-check-stelle-hat-sich-in-luzern-etabliert-2507298/


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
aargauerzeitung.ch 04.01.2023

Rote Farbe und antitürkische Parolen an der Moschee in Buchs: Verband Aargauer Muslime spricht von rassistischem Anschlag

Auf die Moschee des Türkisch-Islamischen Vereins in Buchs ist in der Nacht auf Silvester ein Farbanschlag verübt worden. Nach einer Anzeige ermittelt die Polizei. Der Verband Aargauer Muslime verurteilt die Tat in einer Stellungnahme als rassistischen Anschlag.

Fabian Hägler

Es war wohl ein ganzer Eimer voll roter Farbe, mit der eine unbekannte Täterschaft in der Nacht auf den 31. Dezember den Eingangsbereich der Moschee an der Brummelstrasse in Buchs beschmierte. Wie die Bilder einer Leserreporterin von «Argovia Today» zeigen, wurden die Türe und ein grosses Fenster daneben massiv verschmiert, das Bild erweckt den Eindruck, als ob es sich um Blutspritzer handeln würde.

Zudem wurden auch politische Parolen an die Fassade der Moschee gesprayt, so stand dort: «Smash the turkish fascism», also «zerschmettert den türkischen Faschismus». Daneben war «#Paris» zu lesen, was die Vermutung nahelegt, dass der Farbanschlag einen Zusammenhang mit den tödlichen Schüssen in einem kurdischen Gemeindezentrum in der französischen Hauptstadt am 23. Dezember haben könnte. Dort hatte am Tag vor Heiligabend ein 69-jähriger ehemaliger Lokomotivführer aus rassistischen Motiven drei Kurden umgebracht.

Muslimverband vermutet Racheakt für Anschlag auf Kurden in Paris

«Die Schmierereien deuten darauf hin, dass es sich um einen Racheakt für die Anschläge auf kurdische Einrichtungen in Paris letzte Woche handelt», schreibt der Verband Aargauer Muslime in einer Stellungnahme. Um dies zu verstehen, muss man wissen: Kurden werden in der Türkei verfolgt, die kurdische Partei PKK ist verboten und als Terrororganisation eingestuft.

Die türkische Armee beschiesst auch immer wieder kurdische Gebiete im Norden von Syrien, dagegen gab es auch im Aargau schon Demonstrationen. Die antitürkische Sprayerei an der Moschee könnte darauf hindeuten, dass kurdische Aktivisten dahinterstehen. Allerdings war der Attentäter von Paris kein Türke, sondern Franzose, insofern ist die Argumentation des Muslimverbands nicht restlos schlüssig.

«Behörden sollen Verantwortliche zur Rechenschaft ziehen»

In der Mitteilung des Muslimverbands heisst es zum Attentat auf die drei Kurden in Paris: «Weder unsere Moschee in Buchs noch sonst irgendein Mitglied von uns hat etwas damit zu tun.» Der Verband verurteile alle Anschläge und terroristischen Akte und setze weiterhin auf ein friedliches Zusammenleben aller Mitbürgerinnen und Mitbürger.

In der Mitteilung heisst es aber auch: «Wir als Verband Aargauer Muslime verurteilen diesen rassistischen Anschlag aufs Schärfste und rufen die Behörden dazu auf, alles zu unternehmen, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.» Bei der Farbattacke auf die Mimar-Sinan-Moschee in Buchs sei erheblicher Sachschaden entstanden. Und der Verband schreibt: «Es wurde Strafanzeige erstattet, die Polizei ermittelt.»

Polizei sucht Täterschaft, Moscheebetreiber äussern sich nicht

Eines der Bilder der Leserreporterin von «Argovia Today» zeigt denn auch einen Polizisten im Einsatz bei der Moschee. Bernhard Graser, Sprecher der Kantonspolizei Aargau, sagt auf Anfrage der AZ: «Festgestellt und der Polizei gemeldet wurde die Tat am Morgen des 31. Dezember.» Wie die Bilder zeigten, habe eine unbekannte Täterschaft die Fassade und den Eingangsbereich mit Farbe verschmiert und Schriftzüge angebracht. Graser sagt weiter, die Täterschaft müsse irgendwann in der Nacht auf Silvester am Werk gewesen sein.

Wer hinter der Farbattacke steht, ist laut dem Polizeisprecher derzeit noch unklar. Der Präsident des Türkisch-Islamischen Vereins, der die Moschee betreibt, stellte einen Strafantrag wegen Sachbeschädigung. Ob es bereits eine heisse Spur gibt, sagt Graser nicht, er teilt lediglich mit, die Ermittlungen seien im Gange. Auch zu den Motiven oder Hintergründen der Tat konnte die Polizei noch keine Angaben machen.

Von den Schmierereien an der Moschee ist inzwischen nichts mehr zu sehen, schon am späteren Silvester-Nachmittag war die Farbe durch Spezialisten wieder entfernt worden, wie «Argovia Today» berichtet. Der Türkisch-Islamische Verein, der die Moschee betreibt, möchte sich derzeit nicht weiter äussern. Man habe in Rücksprache mit der Polizei im Vorstand vereinbart, aktuell die polizeilichen Untersuchungen abzuwarten, bevor eine Stellungnahme an Medien abgegeben werde.
(https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/farbattacke-rote-farbe-und-antituerkische-parolen-an-der-moschee-in-buchs-verband-aargauer-muslime-spricht-von-rassistischem-anschlag-ld.2395456)
-> https://www.argoviatoday.ch/aargau-solothurn/wir-verurteilen-diesen-rassistischen-anschlag-aufs-schaerfste-149548620


+++AUSLÄNDER*INNEN-RECHT
Hausangestellter im Saanenland: Rückkehr in Heimatland ist trotz HIV zumutbar
Da ein Mann seine Arbeit im Saanenland verlor, wurde auch seine Aufenthaltsbewilligung nicht verlängert. Zu Recht, wie jetzt das Verwaltungsgericht entschied.
https://www.derbund.ch/rueckkehr-ist-trotz-hiv-zumutbar-621438080982
-> https://www.baerntoday.ch/bern/kanton-bern/philippinischer-hausangestellter-verliert-aufenthaltsbewilligung-definitiv-149546469


+++POLICE BE
bernerzeitung.ch 04.01.2023

Polizeikommandant im Interview: «Die Wirkung von Videoüberwachung ist oft geringer als erhofft»

Aggressive Rockerbanden, heikle Demos und Personalmangel: Christian Brenzikofer blickt auf ein bewegtes erstes Jahr als höchster Berner Polizist zurück.

Andres Marti, Michael Bucher

Herr Brenzikofer, Sie sprachen bei Ihrem Amtsantritt als Polizeikommandant von einer offenen Fehlerkultur. In einem kürzlich aufgenommenen Video schlägt ein Polizist bei einer Festnahme auf den Kopf eines am Boden liegenden Mannes. Eine Polizistin verbietet das Filmen der Festnahme. Wir sind der Meinung, hier sind zwei Fehler gemacht worden. Wie sehen Sie das?

Eine offene Fehler- respektive Lernkultur kann nur entstehen, wenn wir sie vorleben. Das heisst, wir werden mit den Mitarbeitenden das Ereignis besprechen und die erforderlichen Schlüsse daraus ziehen. Auch wenn wir zum Schluss kommen sollten, dass keine Fehler begangen wurden, können wir als Organisation aus solchen Situationen lernen und falls notwendig Anpassungen vornehmen.

Solche polizeiinternen Untersuchungen versprechen wenig Transparenz. Braucht es nicht endlich eine unabhängige Ombudsstelle?

Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in unsere Arbeit, aber auch das Vertrauen der Mitarbeitenden in ihren Arbeitgeber ist elementar. Darum erachte ich es auch als sehr wichtig, dass wir erklären, warum wir wie gehandelt haben – und falls ein Fehler geschieht, dass wir auch zu diesem stehen. Steht ein widerrechtliches Handeln unserer Mitarbeitenden im Raum, so überweisen wir den Fall an die Staatsanwaltschaft. Sie ist für die rechtliche Beurteilung zuständig. Das ist in der Vergangenheit in mehreren Fällen vorgekommen. Eine allfällige Einführung einer Ombudsstelle ist dagegen Sache der Politik, und es ist nicht an mir, mich dafür oder dagegen auszusprechen.

Sie sind seit einem Jahr der neue Berner Polizeikommandant. Was hat die Kantonspolizei 2022 besonders gefordert?

Obwohl die Corona-Massnahmen im Frühling aufgehoben worden sind, war auch 2022 ein bewegtes Jahr mit vielen Kundgebungen. Mich beschäftigen oder berühren vor allem Ereignisse, bei welchen es um Personen geht. Sehr speziell für meine Mitarbeitenden und mich war das Tötungsdelikt in Niederwangen, bei dem das Opfer ein 8-jähriges Mädchen war. Es hat mich an meine Zeit beim Dezernat Leib und Leben erinnert und daran, wie wichtig unsere Arbeit ist. Auch wenn sie manchmal sehr belastend sein kann; vor allem für «meine» Mitarbeitenden an der Front.

Corona-Demos, Antikriegskundgebungen, Klima-Proteste: Man hat das Gefühl, Demonstrationen hätten in den letzten Jahren zugenommen. Stimmt das?

Zurzeit haben wir viele aufeinanderfolgende Demos mit eher wenig Teilnehmenden. Diese sind sehr unterschiedlich – auch was das Gewaltpotenzial betrifft. Es standen Covid-Massnahmegegner vor Gericht, dann hatten wir Demos gegen den Krieg in der Ukraine, Kundgebungen wegen der Situation im Iran. Zudem der Abendspaziergang der Antifa und die Demos der Gewerkschaften. Wir sind eben auch dafür da, dass Personen ihre Grundrechte ausüben können. Da müssen wir jeweils gut justieren.

Bei der Demo von Exil-Iranern vor der Botschaft kam es zu Scharmützel. Gab es Druck vom Bund, hier härter durchzugreifen als sonst?

Nein. Der Bund übermittelt uns lediglich eine Einschätzung der Lage. Wie wir die Sicherheit gewähren, ist uns überlassen. Eine rote Linie ist das Gelände des Iran. Es gelten die Verpflichtungen des Völkerrechts. Als Bundesstadt müssen wir da etwas mehr Vorkehrungen treffen. Eine Eskalation können wir uns nicht leisten. Gleichzeitig soll aber auch die Meinungsäusserungsfreiheit gelebt werden können.

Für landesweites Aufsehen sorgte der Rockerprozess im Sommer. Ihre Leute konnten nur mit Mühe verhindern, dass die Bandidos und die Hells Angels vor dem Amthaus in Bern aneinandergeraten sind.

Ich war selbst vor Ort, um mir ein Bild zu machen. Die Situation war tatsächlich nicht ideal für die Polizistinnen und Polizisten. Gerade am ersten Tag konnten wir aber ein Aufeinandertreffen mit dem Einsatz des Wasserwerfers, aber auch mit Gummischrot und Diensthunden verhindern. Für uns speziell und neu war, dass sich hier zwei Gruppen nicht aus ideeller Überzeugung versammelten, sondern aus purer Machtdemonstration.

Die Hells Angels und die Broncos nahmen über mehrere Tage die gesamte Schützenmatte in Beschlag. Liess sich die Polizei von den Gangs einschüchtern?

Im Unterschied zu anderen Kundgebungen mussten wir davon ausgehen, dass die Gegenseite bewaffnet sein könnte. Das war eine andere Ausgangslage. Was machen wir, wenn plötzlich ein Schuss fällt? Darauf haben wir uns vorbereitet. Zudem ist es nicht per se verboten, sich auf einem Platz zu versammeln. Unsere oberste Aufgabe war es, verhältnismässig zu handeln und die Durchführung des Prozesses sicherzustellen.

Der Kanton will Städte wie Bern und Biel künftig zwingen können, «Hotspots» mit Videokameras zu überwachen. Was halten Sie davon?

Überwachungsbilder zeigen stets nur einen Ausschnitt und sind deshalb nur ein Teil der Strafverfolgung. Oft ist die Wirkung von Videoüberwachung in der Praxis geringer, als sich die Befürworter erhoffen.

Für die Polizei wäre es doch verlockend, die Schützenmatte per Video überwachen zu können.

Vielleicht. Diese müsste aber zunächst vom Regierungsrat verfügt werden, was wiederum angefochten werden kann. Zudem stellen sich weitere Fragen: Wie werten wir die Bilder aus? Wie wird gespeichert? Vielen ist zudem nicht bewusst, dass eine flächendeckende Überwachung in Echtzeit ohnehin nicht möglich ist. Dafür hätten wir schlicht zu wenig Personal.

Auf der Schützenmatte sorgt inzwischen ein privater Sicherheitsdienst für Ordnung. Stört Sie das?

Im Gegenteil. Das Gastgewerbegesetz sieht vor, dass die Veranstalter für die Sicherheit ihrer Gäste schauen müssen. So gesehen, ist es nur gerecht, dass dies nun auch für die Reitschule gilt.

Wie ist Ihr Verhältnis zur Reitschule?

Da habe ich eine neutrale Haltung. Es finden dort sicher viele tolle Veranstaltungen statt. Sorgen bereiten mir Jugendliche, die dort manchmal ziemlich unkontrolliert unterwegs sind. Bei schweren Delikten wie Raub, Körperverletzungen und sexuellen Übergriffen braucht es ein stärkeres Miteinander. Es ist wichtig, dass wir unseren Job machen können und die Aufklärung nicht behindert wird.

Bis 2030 will die Kantonspolizei 400 neue Stellen schaffen. Wie wollen Sie das dafür notwendige Personal finden?

Auch wir sind vom Fachkräftemangel betroffen. Hinzu kommt: Die heutige Generation hat andere Ansprüche punkto Work-Life-Balance. Es braucht deshalb generell ein Umdenken. Das müssen wir berücksichtigen. Wir müssen verstärkt aufzeigen, dass der Polizeiberuf auch viele interessante Seiten hat und schlicht für die Gesellschaft eine Notwendigkeit ist.

Der Verband Schweizerischer Polizei-Beamter fordert eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Was unternehmen Sie hier konkret?

Die Kantonspolizei war hier schon immer liberal. Bei den Frauen haben wir immer geschaut, dass sie nach dem Mutterschaftsurlaub ihr Pensum reduzieren können. Auch bei den Vätern hat sich ein Papitag inzwischen etabliert. Es ist aber klar, dass wir optimale Bedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie schaffen müssen, um auch für die gegenwärtigen und zukünftigen Familienmodelle bereit zu sein.

Aber reicht das? Wie hoch ist denn der Frauenanteil bei der Kantonspolizei?

Es ist für mich klar, dass wir hier noch zulegen müssen. Der Frauenanteil beträgt heute rund 20 Prozent, Tendenz leicht steigend.

Um mehr Polizistinnen und Polizisten zu rekrutieren, könnten Sie auch die Aufnahmebedingungen für die Polizeischule lockern.

Wir überprüfen das laufend. So werden allenfalls künftig Aspirantinnen und Aspiranten ohne Schweizer Pass zugelassen, wenn sie sich verpflichten, sich innerhalb von zwei Jahren einbürgern zu lassen. Auch beim Sport könnte man sicher noch etwas justieren, wobei die Leute, die zu uns wollen, heute eher fitter sind als vor 20 Jahren. Keine Kompromisse machen wir bei der Sozialkompetenz. Auch die Einstellung zu Beruf und Bevölkerung muss stimmen.



Der Jurist aus dem Seeland

Als Kommandant der Berner Kantonspolizei steht Christian Brenzikofer einem Korps von über 2700 Mitarbeitenden vor. Der 50-Jährige trat vor einem Jahr die Nachfolge von Stefan Blättler an. Brenzikofer stiess 2001 zur Berner Kapo. Zuvor hatte er einen militärischen Einsatz zugunsten einer OSZE-Mission in Bosnien-Herzegowina geleistet und war Gerichtsschreiber im Gerichtskreis Aarberg-Büren-Erlach. Bei der Kantonspolizei wirkte er zuerst als Chef in der Spezialfahndung und übernahm später zusätzlich die Stellvertretung des Chefs der Kriminalabteilung. Danach leitete Brenzikofer die Personalabteilung der Kantonspolizei, bevor ihm die Leitung der neuen Abteilung Ressourcen und Dienstleistungen übertragen wurde. Der 50-Jährige lebt mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Aarberg. (ama)
(https://www.bernerzeitung.ch/die-wirkung-von-videoueberwachung-ist-oft-geringer-als-erhofft-876062471059)


+++POLIZEI AG
«Der Aargau auf dem Weg zum Polizeistaat? Nein danke!»
Der Entwurf für die Verschärfung des Polizeigesetzes gehört in den Papierkorb, findet der Aargauer Anwalt Urs Oswald, der mit einem Fall zum Auslöser wurde, um das Polizeigesetz zu überarbeiten. Mit dem neuen Vorschlag befürchtet der Jurist aber einen Polizei- und Überwachungsstaat.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/gastbeitrag-der-aargau-auf-dem-weg-zum-polizeistaat-nein-danke-ld.2395631


+++POLIZEI ZH
Interview: Fahndungschef der Stapo Winterthur hat ersten Super-Gesichtserkenner in der Schweiz eingestellt
Es gibt Menschen, welche sich unglaublich gut Gesichter merken könnten. Diese werden «Super-Recognizer» genannt, auf Deutsch Super-Gesichtserkenner. Lorenz Wyss ist Leiter der Abteilung Fahndung bei der Stadtpolizei Winterthur und ist Spezialist auf dem Thema. Dank ihm ist die Stapo Winterthur die erste Polizei in der Schweiz, welche einen Super-Recognizer angestellt hat.
https://www.toponline.ch/news/winterthur/detail/news/besser-als-gesichtserkennungsprogramme-stapo-winterthur-hat-einen-mann-mit-speziellem-talent-eingestellt-tele-top-traf-den-fahndungschef-00202542/
-> https://www.20min.ch/story/dieser-polizist-vergisst-kein-gesicht-715552378245


+++POLIZEI CH
Polizeibeamten-Präsidentin zu Berlin-Krawallen des Silvester-Mobs: «Das könnte auch in der Schweiz passieren»
Bei den Neujahrs-Krawallen in Berlin wurden mehrere Polizisten und Rettungskräfte verletzt. Laut der Präsidentin des Verbands Schweizerischer Polizei-Beamter sind solche Vorfälle auch in der Schweiz möglich.
https://www.blick.ch/schweiz/polizeibeamten-praesidentin-zu-berlin-krawallen-des-silvester-mobs-das-koennte-auch-in-der-schweiz-passieren-id18195052.html


Krawalle in Berlin: Auch in der Schweiz nehmen Angriffe auf Polizei und Rettungskräfte
Aggressionen und Gewaltdelikte gegenüber Beamten sind auch hierzulande verbreitet – wenn auch in einem deutlich geringeren Ausmass als dieser Tage in Berlin. Das Problem erkannt hat auch die Politik.
https://www.watson.ch/international/schweiz/460968615-nach-berlin-krawallen-auch-in-der-schweiz-nehmen-angriffe-zu


Polizeiverband: «Feuerwerks-Verbot würde Problem nur verschieben»
Der Schweizer Polizistenverband verurteilt die Angriffe in Deutschland und schaut mit Sorge in die Zukunft. Ein Verbot von Feuerwerk bringe dabei kaum etwas.
https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/polizeiverband-feuerwerks-verbot-wurde-problem-nur-verschieben-66384887


+++RECHTSPOPULISMUS
«Geläuterter Sozialist und unbeugsamer Freigeist»: Joachim Son-Forget politisiert nun für die SVP
Er war einst Emmanuel Macrons Statthalter in der Schweiz und sass für dessen Partei in Paris im Parlament. Nun ist Joachim Son-Forget der SVP beigetreten. Nach Kritik aber nicht in seiner Wahlheimat Genf.
https://www.aargauerzeitung.ch/news-service/inland-schweiz/joachim-son-forget-macrons-abgewaehlter-statthalter-in-der-schweiz-ist-nun-mitglied-der-svp-ld.2395449


+++RECHTSEXTREMISMUS
Kriegsverbrecher und Hitler-Fans: Die brutale Söldnertruppe, die sich gegen Putin stellt
Die Nazi-Söldnertruppe „Task Force Rusitsch“ hat die russische Kriegsstrategie heftig kritisiert. Die Anführer der Paramilitärs sind brutale Kriegsverbrecher.
https://www.t-online.de/nachrichten/ukraine/id_100104424/die-brutale-soeldnertruppe-die-sich-gegen-putin-stellt.html


Michel Houellebecq: Anzeige wegen islamfeindlicher Äußerungen
Michael Houellebecq gilt als Enfant terrible der französischen Literaturszene. Zuletzt äußerte er sich in einem Interview islamfeindlich und schwadronierte von „umgekehrten Bataclans“. Das hat nun juristische Konsequenzen.
https://www.br.de/nachrichten/kultur/michel-houellebecq-anzeige-wegen-islamfeindlicher-aeusserungen,TRxbAk4


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Aargauer Gerichtsentscheid: Corona-Kritiker zu Recht als Lehrer entlassen
Ein Lehrer an der Kantonsschule in Wohlen AG hat seinen Job nach wiederholter öffentlicher Kritik an den Corona-Massnahmen und den Behörden zu Recht verloren. Das hat das Aargauer Verwaltungsgericht entschieden.
https://www.blick.ch/politik/aargauer-gerichtsentscheid-corona-kritiker-zu-recht-als-lehrer-entlassen-id18196967.html
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-aargau-solothurn/kuendigung-gegen-wohler-lehrer-und-corona-skeptiker-war-rechtens?id=12312376
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/aargauer-verwaltungsgericht-corona-kritiker-zu-recht-als-lehrer-entlassen
-> https://www.watson.ch/schweiz/aargau/665365411-aargauer-corona-kritiker-zur-recht-als-kantonsschullehrer-entlassen


Nach George Soros ist er das neue Feindbild: Schweizer Milliardär Hansjörg Wyss im Visier von US-Ultrarechten
Der in den USA wohnhafte Schweizer Milliardär Hansjörg Wyss äussert sich nur selten öffentlich. Nun macht er unfreiwillig Schlagzeilen: US-Ultrarechte beschuldigen ihn, den demokratischen US-Präsidenten Joe Biden zu unterstützen.
https://www.blick.ch/wirtschaft/nach-george-soros-ist-er-das-neue-feindbild-schweizer-milliardaer-hansjoerg-wyss-im-visier-von-us-ultrarechten-id18197708.html?utm_source=twitter&utm_medium=social&utm_campaign=blick-page-post&utm_content=bot


+++ANTI-WOKE-POPULISMUS
hauptstadt.be 04.01.2023

Absagen statt canceln

In Köniz wurde ein Festival wegen Faschismus-Vorwürfen abgesagt. Warum das – anders als bei einem ähnlichen Ereignis im Sommer in Bern – kaum zu reden gab, ergründet unsere Kolumnistin Annatina Foppa.

Von Annatina Foppa

Konsequenterweise sollte dieser Text nicht geschrieben werden. Schliesslich hat die «Hauptstadt» im Dezember den abgesagten Auftritt der Black-Metal-Band Forgotten Tomb in ihren Newslettern nicht aufgenommen und damit die Strategie weiterverfolgt, die sie bereits rund um den Konzertabbruch der rastatragenden Band Lauwarm im Sommer verfolgte: die Aufmerksamkeitsspirale nicht weiterzudrehen.

Dieses Mal hielten sich auch andere daran, so dass der Fall Forgotten Tomb nun schon wieder begraben liegt. Diese Kolumne soll ihn nicht wieder aufwühlen, sondern ist ein kurzer Nachruf auf zwei umstrittene Auftritte in Bern und Köniz im Jahr 2022.

Auf den ersten Blick haben die beiden Ereignisse einige Parallelen: Das Konzert der Reggae-Band Lauwarm in der Brasserie Lorraine wurde im Sommer 2022 abgebrochen, weil die Bandmitglieder wegen ihrer Dreadlocks der «kulturellen Aneignung» bezichtigt wurden, ein Begriff, den man seit diesem Vorfall nicht mehr erklären muss – auch wenn er wohl sehr unterschiedlich verstanden wird.

Das Metal-Festival Wintertime Depression vom 17. Dezember im Kulturhof Schloss Köniz wurde am Vortag wegen Vorwürfen an den Hauptact Forgotten Tomb abgesagt: Dieser sei rechtsradikal, antisemitisch und homophob. Dass der Leadsänger Rastas trägt, spielte hingegen keine Rolle.

Doch während das erste Ereignis über Wochen sogar international mediale Kreise zog, führte die Berichterstattung zur Könizer Absage in den Medien, auch den sozialen, wohltuenderweise kaum zu einem Echo.

Keine Klicks, kein Folgeartikel

An der Öffentlichkeitsrelevanz kann es nicht liegen – beides waren kleinere Konzerte privater Veranstalter. An der musikalischen Relevanz ebenfalls nicht. Die italienische Band Forgotten Tomb agiert bereits seit Jahren auf internationaler Ebene und hätte somit eine grössere Reichweite als die bis zu diesem Zeitpunkt fast unbekannten Berner von Lauwarm.

Liegt es daran, dass Absagen wegen Faschismus-Vorwürfen akzeptierter sind als solche wegen kultureller Aneignung? Bestimmt war Letzteres in der Schweiz noch weniger bekannt und musste zunächst eingeordnet werden – was gewisse politische Kräfte mit Freuden übernahmen: Die Junge SVP reichte wegen des Konzertabbruchs Strafanzeige gegen die Brasserie ein. In Köniz fand sich kein entsprechender heroischer Akt.

Die Neuheit und Instrumentalisierung des Themas schlug sich denn auch bei den Online-Kommentaren nieder: Die Artikel rund um Lauwarm mitten im Sommerloch generierten regelmässig eine dreistellige Zahl teils leidenschaftlicher Kommentare. Der in «Bund» und «Berner Zeitung» publizierte Beitrag zu Forgotten Tomb in der Vorweihnachtszeit führte nur zu knapp zwei Dutzend Bemerkungen, die sich bereits wie ein müder Abklatsch der sommerlichen Debatte lesen. Keine Klicks, kein Folgeartikel.

Kurze Diskussion, schneller Entscheid

Die Schreiber*innen der Onlineplattform «YB-Forum», wo der «Wirbel in Köniz» (Tamedia) anscheinend seinen Anfang genommen hatte, waren nur wenig aktiver. Jemand hatte im Forum im Vorfeld des Konzerts auf die «unglaublich geilen Forgotten Tomb» aufmerksam gemacht, ein anderer fragte zurück: «Si das nid Nazis?», eine Person aus der Regionalkonferenz Bern-Mittelland las offenbar mit, die Regionalkonferenz informierte die Gemeinde Köniz, diese den Kulturhof. Kurze Diskussion, schneller Entscheid: Absage.

Absage publiziert, von zwei Medienhäusern aufgenommen, fertig. Die Aufmerksamkeit war weg, bevor sie zur Spirale hochkonstruiert werden konnte. Auch der Kulturhof Köniz beendete den Vorfall sachlich. Ende November hatte er ein Konzert, das nicht stattfinden konnte, noch in grossen Lettern mit «cancelled» überschrieben; ein durch das Schlagwort «Cancel Culture» vorbelasteter Begriff.

Der Metal-Event wurde schlicht und einfach «abgesagt».
(https://www.hauptstadt.be/a/forgotten-tomb-konzert-koeniz-kulturelle-aneignung-faschismus)