Medienspiegel 1. Januar 2023

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel/

+++BERN
Nach 15 Tagen Crowdfunding: 60 001 Franken für Halbtax-Abos gegen Isolation
WOW! Wir sind überwältigt! Innerhalb von zwei Wochen wurden 60‘001 Franken gesammelt, um geflüchteten Personen ein Halbtax-Abonnement zu ermöglichen. Das Geld vom Crowdfunding reicht für mehr als 300 Halbtax-Abos. 499 Personen haben sich an der Sammelaktion beteiligt. Diese Solidarität ermöglicht es, die Isolation in den Asylcamps zumindest teilweise zu durchbrechen und stärkt die Perspektive auf Bewegungsfreiheit für alle.
https://migrant-solidarity-network.ch/2023/01/01/nach-15-tagen-crowdfunding-60-001-franken-fuer-halbtax-abos-gegen-isolation/


+++SCHWEIZ
3rrg.ch 01.01.2023

Gewalt in den Schweizer Bundesasyllagern

Dezember 2022.Wieder sahen wir uns gezwungen eine Broschüre zu veröffentlichen über Rassismus und Gewalt im Schweizer Lager- und Justizsystem.
-> Broschüre: https://3rgg.ch/wp-content/uploads/2022/12/gewalt_bundesasyllager_web_low.pdf

Damit ist es die 4. Broschüre, die die Gruppe «3 Rosen gegen Grenzen» in den letzten 2 Jahre veröffentlicht. Dahinter stecken zahlreiche Menschen, welche direkt von Gewalt betroffen sind, sich wehren, organisieren und mit ihren gewaltvollen Erfahrungen an die Öffentlichkeit gehen wollen. Wann ist es genug!?

Die vorliegende Broschüre umfasst zwei Texte: Der erste Text dreht sich um ein derzeitiges Gerichtsverfahren, gegen Sicherheitsangestellte im Camp in Giffers und der Zweite beschreibt, wie sich Asylsuchende organisieren, um sich gemeinsam gegen die miserablen Bedingungen und die Gewalt im Camp zu wehren und wie dies seitens des SEM unterbunden wird.

Bunker und Asyllager schliessen! Bewegungsfreiheit für alle!
#FightSecuritas
#Gegenlager
#ShutDownORS
#Keinmenschistillegal
#Leavenoonebehind
(https://3rgg.ch/gewalt-in-den-schweizer-bundesasyllagern/)


+++GROSSBRITANNIEN
Großbritannien verzeichnet 2022 Höchstzahl an Bootsmigranten
Im vergangenen Jahr kamen so viele Migranten wie nie mit dem Boot in das Vereinigte Königreich. Trotz rigider Abschiebepolitik überquerten 46.000 Menschen den Ärmelkanal.
https://www.zeit.de/politik/ausland/2023-01/migration-fluechtlinge-grossbritannien-boote-aermelkanal
-> https://www.srf.ch/news/international/17-000-mehr-als-im-vorjahr-rekordzahl-an-bootsmigranten-in-grossbritannien


+++FREIRÄUME
Neujahrserklärung der Häuservernetzung Winterthur
Die Häuservernetzung Winterthur ist das Netzwerk der selbstverwalteten Stefanini-Häuser in Winterthur. Wir bewohnen und unterhalten diese Häuser seit vielen Jahren – das älteste seit 1997, das jüngste seit 2011 – mit eigener Arbeit und auf eigene Kosten. Sie sind unsere Zuhause und vielfältiger Wohn- und Kulturraum für viele.
https://wohnraumverteidigen.noblogs.org/post/2023/01/01/neujahrserklaerung-der-haeuservernetzung-winterthur/


+++GASSE
Berner Kreditkarten-Bettler: Verdiene 3800 Franken im Monat!
Wohl nicht zuletzt dank seines Kreditkartenlesegeräts ist der Berner Bettler Martin verhältnismässig gut betucht.
https://www.nau.ch/news/schweiz/berner-kreditkarten-bettler-verdiene-3800-franken-im-monat-66352629


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Nicht-binäre Menschen existieren!
Rede, welche an der Demo “We Exist” gegen die Nicht-Anerkennung nicht-binärer Geschlechter am 30. Dezember 2022 in Zürich gehalten wurde. An der Demo nahmen circa 800 Menschen teil.
https://barrikade.info/article/5551


+++RECHTSEXTREMISMUS
#IgnazBearth
NZZ am Sonntag 01.01.2023

Wo das Paradies der rechten Rentner liegt

Viktor Orban hat in Ungarn eine antiwestliche Insel geschaffen. Nun ruft er wertkonservative Westeuropäer dazu auf, in sein Land zu kommen. Vor allem Pensionäre, die von einem Häuschen im Grünen träumen und genug haben von der hiesigen politischen Korrektheit, folgen seinem Ruf.

Wolfgang Rössler (Text) und Ursula Röck (Bilder)

Mit vielem hätte sich die Mittsechzigerin Karin aus Kassel arrangieren können. Dass eine ihrer Töchter eine Frau liebt, eine andere die vier Enkelkinder allen grossmütterlichen Warnungen zum Trotz schon zum dritten Mal gegen Corona impfen liess. Dass sich alle lustig machen über ihren Widerstand gegen ein System, das sie für faschistisch hält. All das hätte sie der Familie zuliebe erduldet.

Aber ihre Familie will mit ihr und ihrem Mann nichts mehr zu tun haben. Die beiden haben dieses Jahr schon zum dritten Mal Weihnachten allein verbracht, ohne Streit über die Politik, aber auch ohne Kinderlachen. Diesmal feierte das Paar den Heiligen Abend in einem Hotel nahe dem ungarischen Plattensee. Demnächst, so hofft Karin, werden sie hier eine Wohnung oder ein günstiges Haus finden. Dann ist Deutschland für sie endgültig Geschichte. «Ich betrachte mich als politischen Flüchtling», sagt Karin. Sie meint das ernst. Und da ist sie nicht die Einzige.

«Western Refugees Welcome»

Auf Facebook gibt es ein halbes Dutzend Communitys, in denen sich Tausende Reichsbürger, Querdenker und andere Leute, die sich im liberalen Westen nicht mehr wohlfühlen, über die Auswanderung nach Ungarn austauschen. In einschlägigen Telegram-Gruppen werden Angebote für günstige Häuser im Land geteilt – neben Ratschlägen für den Umgang mit den Behörden im neuen Heimatland.

Die rechtskonservative Regierung in Budapest sieht das mit Wohlwollen: «Western Refugees Welcome» verkündete Premier Viktor Orban unlängst in einem Interview mit der ihm wohlgesinnten deutschsprachigen «Budapester Zeitung»: «In den kommenden Jahren werden immer mehr Westeuropäer zu uns kommen, die lieber bei uns wohnen, weil Ungarn ein sicheres, christliches und traditionsbewusstes Land ist.»

Orbans Regierung stemmt sich gegen die gesellschaftlichen Umwälzungen der letzten Jahre: gegen LGBTQ-Paraden, politisch korrekte Sprachregelungen und Multikulturalität. Es gibt in Ungarn fast keine Zuwanderung aus islamischen Ländern und keine gleichgeschlechtliche Ehe. Homosexualität darf in der Grundschule nicht thematisiert werden, kinderreiche Familien werden vom Staat finanziell stark gefördert. Vieles ist in Ungarn noch so wie im Westen vor vierzig Jahren.

Für Jan Mainka, den Chefredaktor der «Budapester Zeitung», war das Interview mit Orban ein Scoop. Das Blatt wendet sich an ein deutschsprachiges Publikum ausserhalb von Ungarn, Jan Mainka ist ein gebürtiger Ostdeutscher, der nicht müde wird, seinen Landsleuten einen Umzug nach Ungarn schmackhaft zu machen.
Manche mögen der Liebe wegen nach Ungarn gezogen sein.
Andere weil sie sich durch die aus westlicher Sicht spottbilligen Immobilienpreise den Traum vom Eigenheim im Grünen erfüllen können.

Wegen der Politik, aber auch wegen der günstigen Immobilienpreise und der im Vergleich zu Deutschland milden Winter. Darüber, wie viele Deutsche, Schweizer und Österreicher in den letzten Jahren nach Ungarn ausgewandert sind, gibt es keine verlässlichen Zahlen. Mainka glaubt, es seien Tausende. «Dass das Interesse enorm zugenommen hat, merke ich an den Zahlen unserer Abonnenten.»

Manche mögen der Liebe wegen nach Ungarn gezogen sein, andere weil sie sich durch die aus westlicher Sicht spottbilligen Immobilienpreise den Traum vom Eigenheim im Grünen erfüllen können. Klar ist: Auch die Gemeinschaft der selbsterklärten politischen Flüchtlinge ist am Wachsen. Es sind überwiegend Senioren, die sich ihre Rente nach Ungarn überweisen lassen – in eines der ärmsten EU-Länder mit einem Durchschnittsgehalt von rund 700 Franken.

Auf dem Land kann man selbst mit einer schmalen Pension aus dem Westen prächtig leben. In den zum Teil verwaisten Dörfern kann man Häuser für 50 000 Franken finden, die sich mit ein wenig handwerklichem Geschick renovieren lassen.

Auf ein Zigeunerschnitzel

Eine Schlüsselrolle für die rechte Diaspora in Ungarn spielt dabei der gebürtige St. Galler Ignaz Bearth, Mitgründer der inzwischen aufgelösten rechtsextremen Partei DPS, einst Sprachrohr von Pegida Schweiz und ehemaliges Mitglied der Pnos (Partei National Orientierter Schweizer). Er ist vor einigen Jahren nach Ungarn ausgewandert und koordiniert nun im ganzen Land rund zwei Dutzend sogenannte Stützpunkte mit von ihm ernannten Stützpunktleitern.

Diese bieten Neuankömmlingen Übersetzungsdienste und Hilfe bei Behördenwegen. Zugleich sorgen sie für die politische Indoktrination. Bearth ist ein rechtsextremer Scharfmacher, der unverhohlen mit dem russischen Diktator Wladimir Putin sympathisiert und von einem mit Russland verbündeten, neuen Deutschen Reich träumt, dem auch die Schweiz und Österreich angehören sollen. Ungarn sieht er nur als Vorhut für die kommende Revolution.

Jede Woche lädt Bearth an einem anderen Ort zum Stammtisch. Kurz vor Weihnachten haben sich mehr als hundert Aussiedler im «Loki Csarda», einem alten Landgasthaus unweit der Kleinstadt Marcali, versammelt. Auch Karin aus Kassel hat einen der begehrten Sitzplätze im Extrazimmer ergattert. Sie ist bereits zum zweiten Mal hier. Wie die meisten bestellt sie ein «Zigeunerschnitzel» – schon des politisch unkorrekten Namens wegen. Zu Hause in Deutschland heisst das Gericht längst Balkanschnitzel. «Seitdem esse ich es dort nicht mehr», sagt sie.

Nicht nur die Speisekarten sind auf Deutsch, auch die Kellner sprechen die Sprache der Gäste. Der Plattensee, seit DDR-Zeiten ein beliebter Ferienort der Ostdeutschen, ist keine zehn Kilometer entfernt. Im Tourismus ist Deutsch ebenfalls geläufig wie im Handwerk. Viele Handwerker waren wegen der höheren Löhne bereits in Österreich oder Deutschland. Man kann also in Ungarn gut über die Runden kommen, ohne das komplizierte Ungarisch zu erlernen. Die meisten Deutschen hier im «Loki Csarda» können kaum mehr sagen als «igen», «nem» und «köszönöm»: Ja, Nein und Dankeschön.

Auch Manuela und Martin aus Baden-Württemberg sprechen kein Ungarisch, obwohl sie bereits seit 2015 hier in der Region leben. Mit Deutsch komme man im Alltag ganz gut zurecht, viele sprächen auch Englisch. Im Notfall würde man sich eben mit Händen und Füssen verständigen oder mit Google Translator am Handy: «Da spreche ich auf Deutsch rein, und das Programm übersetzt automatisch. Das klappt meist problemlos», sagt Manuela.

Beide sind Ende fünfzig, beide aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeitsfähig. Zu Hause ging erst Manuela in Frührente, dann wurde ihr Partner arbeitslos. «Mit einer Rente allein kann man in Deutschland nicht leben», sagt sie. Den Ausschlag für die Übersiedelung an den Plattensee habe aber auch die damalige Flüchtlingskrise gegeben. Sie erzählt von einem Schwarzafrikaner, der sie vor einem Supermarkt beinahe attackiert habe.

Inzwischen mischt sich Bearth unter das Publikum. Viele der Gäste hier sind bei jedem seiner Stammtische dabei, man kennt einander. Eine junge Wienerin im Weihnachtskostüm geht mit einer Spendenbox von Tisch zu Tisch. «Am besten nur Scheine», sagt sie. Die meisten werfen mindestens 5000 Forint in die Box, etwas weniger als 15 Franken. Am Ende soll das Geld Bearth übergeben werden.

Der Schweizer Rechtsextremist finanziert sich über Spenden bei Vorträgen und über Paypal. In der Schweiz wurde Bearth einst verlacht, weil er offenbar falsche Facebook-Freunde aus Indien kaufte, um sich besser darzustellen. Nun hat er 100 000 echte Abonnenten auf Youtube.

Mit seinen 38 Jahren ist Bearth einer der Jüngsten im Saal. Nach der Sammlung beginnt er mit seiner Rede, die immer wieder von Applaus unterbrochen wird. Bearth spricht frei, er macht kein Hehl daraus, wer seine Feinde sind: Wolodimir Selenski, den er einen «jüdischen Komiker» nennt, Emmanuel Macron und Joe Biden, denen er beiden Homosexualität und Pädophilie unterstellt, was für ihn offensichtlich dasselbe ist. Es ist eine Ansammlung antisemitischer und rassistischer Verschwörungstheorien, mit denen er hier den Nerv trifft.

Plötzlich fühlten sie sich heimatlos

«In Deutschland wäre das wohl ein Fall für den Verfassungsschutz», sagt Manuela später draussen, bei einer Zigarette. Ob sie Bearths rechte Thesen teile? «Stimmt ja alles», sagt sie.

Dass die Regierung Orban mit Hitzköpfen wie Bearth grosse Freude hat, darf freilich bezweifelt werden. Der seit zwölf Jahren zunehmend autokratisch regierende Populist in Budapest gefällt sich zwar in der Rolle des nationalistischen Aussenseiters, der sich gern mit dem seiner Meinung nach zu liberalen Establishment in Brüssel anlegt. Am Ende des Tages ist das aber meist Kraftmeierei: Gemäss Umfragen ist die Zustimmung zur EU in Ungarn besonders hoch, einen endgültigen Bruch könnte sich Orban nicht leisten.

Kein EU-Land ausser Polen ist so abhängig von Fördergeldern aus Brüssel wie Ungarn. Derzeit liegen rund 15 Milliarden Euro auf Eis, weil deren rechtsstaatliche Verwendung in Ungarn nicht garantiert ist und bisher ein grosser Teil der Subventionen nachweislich in die Taschen von Orbans Freunden und Verwandten geflossen ist. Der Machthaber in Budapest hat Freude daran, den Westen zu ärgern. Verscherzen kann er es sich aufgrund der finanziellen Abhängigkeit aber nicht mit Brüssel. Westliche Verfassungsfeinde, die von einem womöglich gewaltsamen Umsturz der demokratischen Ordnung träumen, passen ihm nicht ins Konzept.

Eher Leute wie der 67-jährige Kabarettist Detlev Schönauer, der seit zwei Jahren mit seiner Frau Marion in der kleinen Ortschaft Komarvaros in Westungarn lebt. Im Saarland sind einst ganze Generationen mit seinem Alter Ego Jaques’ Bistro aufgewachsen: ein leutseliger Franzose mit Béret auf dem Kopf und Weinglas in der Hand, der im Fernsehen und auf Kabarettbühnen die Eigentümlichkeiten des kleinen Bundeslandes an der Grenze zu Deutschland aufs Korn nahm. Fast vier Jahrzehnte lang spielte Schönauer diese Rolle mit grossem Erfolg – bis er nach einigen missglückten Pointen in Ungnade fiel.

Etwa einer Geschichte über eine muslimische Frau in Burka, die von der Kehrichtabfuhr für einen Müllsack gehalten wurde. Plötzlich galt der einst gefeierte Spassmacher als rechts, Aktivisten der Antifa versammelten sich vor seinen Auftritten und rempelten Besucher an. Ein linker Blogger bezeichnete Schönauer als Rassisten. Der klagte und verlor den Prozess. Auftritte wurden abgesagt, man distanzierte sich von ihm. «Menschen, mit denen ich seit Jahrzehnten befreundet war, kannten mich auf einmal nicht mehr», sagt Schönauer.

Er sieht sich als Opfer der cancel culture, weil er auf das Vorrecht der Spassmacher pocht, die Mächtigen zu kritisieren. Und die Macht, davon ist er überzeugt, sei in Deutschland der linksliberale Mainstream. Als rechts oder rassistisch wollen er und seine Frau Marion deswegen aber nicht gelten.

Beide sympathisierten mit der Linkspartei, Marion engagierte sich in ihrem Ortsverein. Als im Sommer 2015 die ersten Flüchtlinge nach Deutschland kamen, half sie persönlich mit, Quartiere zu finden. Als aber Hunderttausende folgten, bekam sie es mit der Angst zu tun. Und ihr Mann fing an, das Thema Zuwanderung auf der Bühne zu thematisieren.

Vielleicht, räumt der Kabarettist ein, führte der heftige Gegenwind dazu, dass er noch radikaler argumentierte und sich mit seiner Frau in Deutschland zunehmend heimatlos fühlte. Ausschlaggebend für den Umzug nach Ungarn war auch die finanzielle Situation: Besonders üppig ist seine Pension als Künstler nicht.

Kein Essen im Spital

Für rund 60 000 Euro fanden die beiden ein rotes Holzhaus in einem kleinen Romadorf, eine halbe Autostunde vom Plattensee entfernt. Auf der Schotterstrasse zu dem Anwesen beobachtet eine Ziege das Geschehen, wenn Besuch kommt, bellen Hunde aus allen Richtungen. Hin und wieder hört man das Klappern von Pferdefuhrwerken mit Brennholz oder Heu. Es ist, als wäre hier die Zeit vor Jahrzehnten stehengeblieben.

Schönauer hat ein kleines Aufnahmestudio, in dem er weiterhin Videos mit Jaques’ Bistro auf- und die deutsche Bundesregierung aufs Korn nimmt. Im Gegensatz zu vielen anderen deutschen Aussiedlern büffelt das Paar Ungarisch mit Sprachbüchern und Intensivkursen. Auf der Wohnzimmercouch liegt Krümel, eine Mischlingshündin. Das Grundstück ist gross und umzäunt, der Hund hat genug Auslauf.

Das Paar will in Ruhe seinen Lebensabend in Ungarn verbringen. Sollten sie einmal nicht mehr in der Lage sein, für sich selbst zu sorgen, gibt es in der Region günstige Seniorenresidenzen, in denen mitunter sogar Deutsch gesprochen wird. Rentnerinnen und Rentner aus deutschsprachigen Ländern, die hier ihr Geld ausgeben, werden zunehmend zu einem Wirtschaftsfaktor für Ungarn. Sie bringen Devisen ins Land, besiedeln verwaiste Dörfer und renovieren heruntergekommene Häuser. In manchen Dörfern werden Besucher mittlerweile schon mit Ortsschildern auf Deutsch willkommen geheissen.

Dass es auch Schattenseiten gibt, mussten die Schönauers vor einem Jahr erleben. Damals erkrankte Detlev schwer an Corona und lag wochenlang auf der Intensivstation im Koma. Zwar haben ihm die ungarischen Ärzte das Leben gerettet. Als er aber wieder erwachte, musste ihm seine Frau jeden Tag das Essen ins Spital bringen. Eine Verpflegung ist in ungarischen Krankenhäusern nicht vorgesehen. Viele Aussiedler merken erst in Notfällen, dass sie nun in einem für europäische Verhältnisse bitterarmen Land leben.
(https://magazin.nzz.ch/nzz-am-sonntag/international/das-paradies-der-rechten-rentner-ld.1719387)