Medienspiegel 24. November 2022

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel/

+++LUZERN
Notunterkunft für Flüchtlinge: In die Zivilschutzanlage Dagmersellen kommen Flüchtlinge
Auch in den Kanton Luzern kommen immer mehr Flüchtlinge. Der Kanton Luzern nimmt daher ab sofort eine Notunterkunft für Flüchtlinge in der Zivilschutzanlage in Betrieb.
https://www.zentralplus.ch/news/in-die-zivilschutzanlage-dagmersellen-kommen-fluechtlinge-2497038/
-> https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/kanton-luzern/asylwesen-kanton-luzern-nimmt-die-zivilschutzanlage-in-dagmersellen-fuer-die-notunterbringung-in-betrieb-ld.2378140


+++GENF
Platz wird knapp: Asyleinrichtungen in Genf sind überlastet
Die Aufnahmeeinrichtungen in Genf sind überfüllt. Der Kanton befürchtet, dass er die neuen Asylsuchenden nicht mehr unterbringen kann. Ende des Monats werden nur noch 54 Plätze frei sein, obwohl der Kanton jede Woche 60 zusätzliche Asylanträge erhält.
https://www.blick.ch/schweiz/westschweiz/genf/platz-wird-knapp-asyleinrichtungen-in-genf-sind-ueberlastet-id18080908.html
-> https://www.tdg.ch/asile-a-la-fin-du-mois-il-ne-restera-que-54-places-dhebergement-937947227746 (Abo)


+++ZÜRICH
Sie arbeitet mit geflüchteten Jugendlichen
Tamara Markovic sieht sich vor allem als eines: Wegbegleiterin. Als Sozialpädagogin der Asylorganisation Zürich betreut sie minderjährige Geflüchtete, die alleine in die Schweiz gekommen sind. Und ihr Fachwissen ist gefragt. Denn seit einem Jahr steigen die Zahlen dieser Kinder und Jugendlichen. Und es herrscht akuter Fachkräftemangel. Tamara Markovic gibt einen Einblick in eine Arbeitswelt, die aktuell stark gefordert ist.
https://www.srf.ch/play/tv/srf-news-videos/video/sie-arbeitet-mit-gefluechteten-jugendlichen?urn=urn:srf:video:3301979d-3778-49f7-b727-001c68684af9&aspectRatio=4_5


+++SCHWEIZ
M. erhält in Sri Lanka kein humanitäres Visum
M. wurde im Februar 2022 nach Sri Lanka abgeschoben. Nachdem er beobachtet, verfolgt, eingesperrt, gefesselt und geschlagen wurde, wandte er sich an die Schweizer Botschaft und beantragte ein humanitäre Visum. Nun liegt eine negative Antwort vor.
https://migrant-solidarity-network.ch/2022/11/24/m-erhaelt-in-sri-lanka-kein-humanitaeres-visum/


+++DEUTSCHLAND
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts: Kürzungen für Alleinstehende in Flüchtlingsheimen sind verfassungswidrig
Menschen in einer Sammelunterkunft bekommen 330 Euro im Monat, andere alleinstehende Asylbewerber 367 Euro. Doch das ist falsch, entscheidet das Bundesverfassungsgericht. Betroffene sollen auch rückwirkend mehr Geld bekommen.
https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/asylsuchende-kuerzungen-fuer-alleinstehende-in-fluechtlingsheimen-sind-verfassungswidrig-a-25e1e681-e363-4025-a90b-9cc98857330a
-> https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/verfassungsgericht-mehr-geld-fuer-viele-asylsuchende-in-heimen,TO5S8dv
-> https://www.proasyl.de/news/asylbewerberleistungsgesetz-nicht-fortentwickeln-sondern-abschaffen/
-> https://taz.de/Leistungskuerzungen-bei-Gefluechteten/!5893980/


+++BELGIEN
Die Asylkrise in Belgien: Symptom für ein europäisches Versagen?
Jeden Morgen stehen Hunderte Menschen vor der Tür des Brüsseler Flüchtlingsbüros, um Asyl in Belgien zu beantragen. Sie kommen aus Afghanistan, Afrika und dem Nahen Osten. Das Registrierungszentrum von Fedasil, der für die Bearbeitung von Asylanträgen zuständigen Stelle, ist überlastet.
Humanitäre Organisationen schlagen Alarm: Die Lage ist so kritisch, dass selbst Menschen, die bereits einen Asylantrag gestellt haben, keine Unterkünfte bekommen, vor allem alleinstehende Männer. Es gibt immer mehr Minderjährige und Familien mit kleinen Kindern, die keine Lösungen finden.
http://de.euronews.com/2022/11/24/die-asylkrise-in-belgien-symptom-fur-ein-europaisches-versagen


+++GROSSBRITANNIEN
Flucht über den Ärmelkanal: Asylprobleme in Großbritannien
Tausende Menschen kommen illegal an der englischen Küste an, viele aus Albanien. Dagegen will die Sunak-Regierung Härte zeigen, ist aber überfordert.
https://taz.de/Flucht-ueber-den-Aermelkanal/!5897796/


+++ATLANTIK
Die Todesrouten der Migration
Zur tödlichsten Route nach Europa entwickelt sich die „westafrikanische Route“ zu den Kanarischen Inseln. Auch die Zahl der Boote, die aus Algerien kommend die Balearen erreichen, steigt deutlich.
https://www.heise.de/tp/features/Die-Todesrouten-der-Migration-7351258.html


+++FREIRÄUME
Besetztes Haus in Bremgarten: Ein Haus mit 80 Schlüsseln
Ein Zentrum in Bremgarten ist seit 30 Jahren besetzt. Warum können sich die Autonomen dort halten? 
https://www.zeit.de/2022/48/besetztes-haus-bremgarten-schweiz/komplettansicht


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
„Aktuell wird das Büro der United Nations in Genf besetzt! Kurd:innen & Internationalist:innen können nicht weiter zuschauen wie in Rojava bombardiert, in Başûr Giftgas eingesetzt und in Rojhilat vom iranischen Regime ein Massaker durchgeführt wird! Jetzt ist Zeit zu handeln!
Der Druck kommt von der Strasse, Rojava wird nur im Kampf verteidigt! Die Besetzer:innen des
@UN office in Genf wissen das. Es ist klar, die NATO Armee Türkei muss den Krieg gegen die Bevölkerung der selbstverwalteten Gebiete in Nord- und Ostsyrien stoppen!“
Mehr: https://twitter.com/i/status/1595738685500268548


Teilweiser Schuldspruch für Frauenstreik-Demonstrantinnen
Das Basler Strafgericht hat zwei Frauen zu einer bedingten Geldstrafe wegen Behinderung des Strassen- und Tramverkehrs verurteilt. Vom Verstoss gegen die Covid-Verordnung wurden sie aber freigesprochen. Die beiden hatten im Juni 2020 in Basel an einer Demonstration zum Frauenstreiktag teilgenommen.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/teilweiser-schuldspruch-fuer-frauenstreik-demonstrantinnen?id=12291454


Basel: Verteidigung denkt über Weiterzug nach – eine leere Drohung?
Zwei Frauen wurden verurteilt, weil sie am Frauenstreik den ÖV störten. Die Verteidigung überlegt, den zuständigen Polizisten anzuzeigen. Hat das Hand und Fuss?
https://telebasel.ch/2022/11/24/verteidigung-denkt-ueber-weiterzug-nach-eine-leere-drohung/?channel=105100


Wie die Zürcher Regierung mit Klima-Blockaden umgehen will
Klimaaktivisten kleben sich teilweise an den Boden, um den Autoverkehr zu blockieren. Was aber, wenn dabei ein Krankenwagen oder ein Feuerwehrauto blockiert wird? Mehrere Kantonsräte wollten auf diese Frage eine Antwort vom Regierungsrat. Heute kam die Antwort.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/wie-die-zuercher-regierung-mit-klima-blockaden-umgehen-will?id=12292399


La Chaux-de-Fonds NE: «Wir schlagen zurück» – Linksextreme attackieren Läden wegen Black Friday
In der Nacht auf Donnerstag wurden in La Chaux-de-Fonds Ladenscheiben eingeschlagen und Fassaden versprayt. Die unbekannten Täter protestierten damit gegen den Black Friday.
https://www.20min.ch/story/block-friday-unbekannte-schlagen-fenster-ein-und-bespruehen-fassaden-706083426379


„Solidaritätsaktion in #Solothurn gegen die jüngsten Angriffe der türkischen Armee. Nächste Demos Heute 18 Uhr Bahnhof Solothurn & Winterthur Samstag 14 Uhr, De Wette Park in #Basel #fight4rojava“
(https://twitter.com/ag_bern/status/1595814925666250753)


+++MENSCHENRECHTE
Weiterbildungsangebot 2023: Prozessführung an UNO-Ausschüsse
Unsere Workshopserie «How to EGMR» ist auf viel Interesse gestossen und wird mit einem letzten Online-Workshop zur unentgeltlichen Rechtspflege am 4. April 2023 abgeschlossen. Im 2023 ergänzen wir unsere Wissensvermittlung zur strategischen Prozessführung mit einer neuen Workshopreihe zum Individualbeschwerdeverfahren an die UNO-Ausschüsse.
https://www.humanrights.ch/de/anlaufstelle-strategische-prozessfuehrung/tagungen/news-weiterbildungsangebot-2023-prozessfuehrung-uno-ausschuesse


+++POLIZEI USA
San Franciscos Polizei will Roboter für „tödliche Gewalt“ gegen Menschen nutzen dürfen
Für den Fall, dass sonst Menschenleben gefährdet werden. Ein entsprechender Antrag wurde beim Stadtrat eingebracht, schwere Kritik kommt von Bürgerrechtsorganisationen
https://www.derstandard.at/story/2000141166664/san-franciscos-polizei-will-roboter-fuer-toedliche-gewalt-gegen-menschen?ref=rss


+++FRAUEN/QUEER
derbund.ch 24.11.2022

Aktivistin über Attacken auf die LGBTQ-Gemeinde: «Sie nahmen in Kauf, vier- bis sechsjährige Kinder zu traumatisieren»

Brandy Butler erfand jene Dragqueen-Lesestunde für Kinder, die jüngst von Rechtsextremen angegriffen wurde. Im Interview spricht sie über rechte Strategien und die Debatte, ob das Schauspielhaus Zürich zu woke sei.

Alexandra Kedves

Frau Butler, eben wurde in Colorado Springs ein LGBTQ-Club überfallen, fünf Menschen wurden ermordet.

Es ist unfassbar, wie sehr sich die Geschichte wiederholt! Einerseits bewegen wir uns in Richtung einer offeneren, toleranteren Gesellschaft, andererseits gibt es den Backlash. Jüngst, vor den Midterm-Wahlen in den USA, wurde von Rechtsextremen offen gegen Menschen der LGBTQ-Community gehetzt. Es gibt einen sehr echten Hass, und das macht mich traurig. Und wenn manche sagen «So etwas kann in der Schweiz nicht passieren», halte ich das für eine sehr gefährliche Einschätzung.

Warum?

Man sieht es auch in anderen europäischen Ländern: Die Hetze gegen Feministinnen und Queers ist eine rechte Strategie. Dabei bleibt oft offen, worum es genau geht. Dieses Diffuse gehört zur Masche: Damit werden Religiöse ebenso angesprochen wie Mütter; diese sollen mit der «Grooming»-Lüge – wonach die LGBTQ-Community, ihre Unterstützer und Linke im Allgemeinen Pädophile seien oder Pädophilie begünstigten – in Panik versetzt werden. Auch bei der Attacke auf unsere «Drag Story Time» habe ich mich gefragt: Geht es um mich persönlich, um mich als Schwarze, als Feministin, oder die Queer-Community allgemein?

Seit drei Jahren veranstalten Sie eine Lesung samt Verkleidungsevent für Kinder, die spielerisch Identität und Stereotype thematisiert: die «Drag Story Time». Bei einer dieser Lesungen im Zürcher Tanzhaus liefen vor kurzem plötzlich maskierte Männer mit Rauchfackeln auf.

Sie nahmen in Kauf, vier- bis sechsjährige Kinder zu traumatisieren – ironischerweise ausgerechnet im Namen der Kinder, die sie angeblich schützen wollen. Diese Rechtsextremen kennen keine Grenzen. Das hat mich erschüttert. Zum Glück ist niemandem etwas Schlimmes passiert.

Verstehen Sie, dass manche eine aktive Hinführung zu queerer Sexualität oder gar Grooming durch die «Drag Story Time» befürchten?

Nein. Das ist genau das Verschwörungsnarrativ, mit dem die Rechten «moralische Panik» verbreiten wollen, um die Feministinnen und die LGBTQ-Community zu diskreditieren. Ich habe in meinem Leben selbst Grooming erlebt: Bei Grooming versucht ein Erwachsener über einen langen Zeitraum mit manipulativen Methoden das Vertrauen eines Kindes zu erschleichen – um es Schritt für Schritt dazu zu bringen, Dinge zu tun, die nicht akzeptabel und nicht in seinem Interesse sind. Diese Erfahrung hat mich geprägt. Ich will mit meinen Arbeiten Kinder empowern und aufzeigen, dass Kinder selbstbewusst Grenzen setzen dürfen und Erwachsene nicht immer recht haben. Grundsätzlich feiere ich in den Stücken die Freiheit und die Kraft der Kinder und ihrer Fantasie.

Haben Sie jetzt Angst bei Theatervorstellungen?

Ich möchte gern sagen, dass ich mich von Faschisten nicht einschüchtern lasse. Auch meine Tochter soll diesen Mut mitbekommen, so wie ich ihn von meinen aktivistischen Eltern mitbekommen habe, die mit mir in den USA an Bürgerrechtsdemonstrationen gingen. Jedenfalls machen wir weiter, mit gewissen Sicherheitsdispositiven. Ich habe «Drag Story Time» in der Schweiz ins Leben gerufen, es liegt mir und den anderen Mitwirkenden sehr am Herzen, weil wir alle als Kinder mal Ausgestossene waren. Was mir allerdings Sorgen macht: Jetzt haben wir in der Schweiz ein Hate-Crime-Gesetz eingeführt, aber dann ist es doch eher zu kompliziert, um zu greifen.

Inwiefern?

In unserem Fall hiess es trotz Hausfriedensbruch und Einschüchterung erst: Kein verbotenes Wort sei gefallen, keine Sachbeschädigung oder körperliche Attacke habe stattgefunden, also könne man nichts tun. Inzwischen sehen die Behörden das zum Glück etwas anders.

Fällt so Protest nicht unter «freie Meinungsäusserung»?

Für mich nicht. Es war eine Kinderveranstaltung. Niemand muss alle Menschen, alle Interessengruppen oder Parteien lieben, das wäre absurd. Niemand fordert, dass du schwule Personen lieben musst oder selbst schwul sein sollst. Aber es ist das Grundrecht eines jeden Menschen, auf seine Weise zu leben und in der Gesellschaft auf die Art sichtbar zu sein, wie die Person ist. Niemand soll sich verstecken müssen. Dieses Recht muss ohne Wenn und Aber geschützt werden.

Auch an den Fussballspielen in Katar?

Zu Katar nehme ich lieber keine Stellung, weil ich mich damit zu wenig beschäftigt habe. Aber wenn jemand mit sich ringt, ob er die Spiele anschauen soll oder nicht, kann ich das nachvollziehen. Denn kognitive Dissonanzen kenne ich durchaus, ich bin leider selbst nicht immer hundertprozentig konsequent: Meine Schuhe wurden in China gefertigt. Ich habe ein Apple-Handy, hergestellt mit seltenen Erden. Wir alle leben jeden Tag mit solchen Widersprüchen – was jedoch nicht heisst, dass sowieso alles vergeblich ist. Für mich ist das Persönliche immer auch politisch.

Und das Künstlerische auch? Ist das Schauspielhaus – an dem Sie auch aufgetreten sind während der Intendanz von Nicolas Stemann und Benjamin von Blomberg – vielleicht zu woke fürs Publikum?

Die Diskussion darüber ist geradezu albern. Ich kann mit dem Wort «woke» nichts anfangen, es ist so unterschiedlich besetzt. Die Gesellschaft verändert sich eben, und es braucht Zeit und Bemühungen, um dies am Theater zu reflektieren. Ich habe aber auch vollstes Verständnis für die Sorgen jener, die als weisse Männer bis jetzt sozusagen in der «Default Position» waren. Gemütlich ist so ein Wandel nie.

Schauspielhaus-Mitglied Sebastian Rudolph gestand im Interview, dass am Ende eben alle die wenigen Plätze auf der Bühne anstreben würden; darin wurzle ein Teil der Angst vor Veränderung.

Willkommen in meinem Leben! Diskriminierte oder mehrfach Diskriminierte starten bei diesem Bestreben immer mit einem Nachteil. Darum habe ich 75 Jobs. (lacht) Ein weisser Ex-Partner von mir räumte einmal ein, dass sich die Dinge ändern müssten, weil sie ungerecht seien; aber tief im Herzen wolle er keinen Wandel, weil er vom Status quo profitiere. Das ist echt beschissen, aber gleichzeitig habe ich Respekt davor, dass er so ehrlich war.

Brauchts eine Quote für Minderheiten an Theatern?

Ich weiss, dass man hierzulande Quoten skeptisch gegenübersteht. Aber ich wuchs in den USA mit «Affirmative Action» auf. Und die Statistik über die Jahre zeigt eindeutig: «Affirmative Action» stösst Veränderungen an. Quoten zwingen dazu, in den Raum zu schauen und festzustellen, wer fehlt, welche Gruppe nicht repräsentiert ist. Quoten müssen nicht für immer sein, aber als Katalysator sind sie entscheidend. Dass der rechte Supreme Court in den USA sie jetzt an den Colleges in Zweifel zieht, finde ich völlig verfrüht. Der schwarze Supreme-Court-Richter Clarence Thomas scheint mir von den Republikanern missbraucht zu werden, ohne es zu merken. Er meint, dass für ihn gilt: «Ich bin nicht schwarz, ich bin Clarence Thomas.» Ein tragischer Irrtum.

Ist die Situation mit der Schweiz denn vergleichbar?

Man macht es sich jedenfalls zu einfach, wenn man sich darauf zurückzieht, es habe hier keine Sklaverei gegeben. Wobei auch dies nicht ganz stimmt, siehe die Zwangsarbeit für den Waffenfabrikanten Bührle. Und es geht auch nicht nur um die frühen Profiteure des Kolonialismus. Sondern bis heute ist man in der Schweiz ja ein Raubkapitalist am Ende der Nahrungskette, während im globalen Süden beispielsweise Frauen und Kinder ausgebeutet werden. Trotzdem kann sich hier kaum überwinden, etwa problematische Strassennamen zu ändern, wie hier am Neumarkt das Haus «Zum kleinen M*****». Wir müssen in der Gesellschaft ein Bewusstsein dafür erarbeiten. In Babyschritten. Ich glaube, teils haben die Menschen einfach Angst, genauer hinzuschauen.

Eine Gesellschaftsarbeit der anderen Art – eine Warnung vor Cybergrooming – leisten Sie im eben am Theater Neumarkt uraufgeführten Stück «Red».

Vieles in «Red» ist inspiriert von meinen Erfahrungen und Fragen als Mutter einer Elfjährigen: Wie sollen wir als Eltern umgehen mit Technologien wie dem Smartphone? Nach einer Studie der ZHAW wurden 44 Prozent der hiesigen Jugendlichen schon online von einer fremden Person mit unerwünschten sexuellen Absichten angesprochen, Mädchen fast doppelt so häufig wie Jungen. Wie gibt man seinem Kind so viel Freiheit wie möglich – ohne es zu gefährden? Wie gibt man ihm das Gefühl, dass man immer für das Kind da ist als sicherer Hafen – ohne es einzuengen? Das sind Gratwanderungen, die nicht immer gelingen. Darüber müssen wir reden, als Eltern mit unseren Kindern, aber auch darüber hinaus. In «Red» hat die Mutter die Grösse, sich bei ihrem Kind zu entschuldigen, nachdem sie ihm arg viel Eigenverantwortung aufgebürdet hat. Und das Kind wird für seine Fehleinschätzung nicht beschämt.

Was gab den Anstoss für «Red»?

Im Bekanntenkreis gab es eine 13-Jährige, die über ein Videospiel in Kontakt mit einem Groomer kam. Es dauerte lange, bis sich das Mädchen in seiner Not jemandem anvertraute. Auf der Bühne lasse ich Bilder und Musik sprechen und habe den Textanteil heruntergefahren: Essenziell fürs Theater ist, eine Sprache zu finden, die das Zielpublikum im Innersten berührt. Zum einen will ich hier den Eltern buchstäblich vor Augen führen, wie Kinder fast komplett in die virtuelle Welt eintauchen und sogar Teens noch Schwierigkeiten haben, das Digitale vom Analogen zu trennen. Zum anderen sehen Kinder hier konkret eine Eltern-Kind-Beziehung auf Augenhöhe. Die Mutter spricht nicht perfekt Deutsch, sie macht auch mal Fehler, ist alleinerziehend, hat auch nicht die hierzulande typische Hautfarbe. Man kann anders sein, und das ist in Ordnung: Solche Bilder bleiben, hoffe ich. Gezeigt wird auch die positive Seite des Internets: Man kann dort Freiheit einüben. Man kann mit Identitäten spielen, braucht da auch kein Pronomen. Man kann neue Freunde kennen lernen.



Sie kam als Au-pair in die Schweiz

1979 in Pennsylvania geboren, kam Brandy Butler nach ihrem Jazz-Studium 2002 als Au-pair in die Schweiz. 2003 begann ihre Karriere als Musikerin; zudem erwarb sie einen musikpädagogischen Master an der ZHDK und unterrichtet an Schulen. Butler tut im schwarzfeministischen Kollektiv «Bla:Sh» mit und ist Mitgründerin des feministischen Musikkollektivs Mino Collective.

2019 entwickelte die Mutter einer heute Elfjährigen das spielerische Vorleseprogramm «Drag Story Time» (nächstes Mal: 27.11., Tanzhaus Zürich). Eben hatte ihr musikalisches Stück über Cybergrooming, «Red», am Zürcher Theater Neumarkt Premiere (nächste Vorstellung: 26.11., Neumarkt). (ked)
(https://www.derbund.ch/sie-nahmen-in-kauf-vier-bis-sechsjaehrige-kinder-zu-traumatisieren-132574105411)



Zürcher Gemeinderat fordert besseren Schutz für non-binäre Personen
Der Zürcher Stadtrat soll Angebote für schutzsuchende non-binäre Personen und queere Jugendliche prüfen. Es sei unklar, ob sich non-binäre Personen vom bestehenden Angebot angesprochen fühlten. SVP, FDP und Mitte geht das zu weit.
https://www.zueritoday.ch/zuerich/kanton-zuerich/zuercher-gemeinderat-fordert-besseren-schutz-fuer-non-binaere-personen-148879662
-> https://tsri.ch/zh/gemeinderats-briefing-22-das-nonbinaere-geschaeft-ist-nicht-sein-thema.8XSu9ZuDTkS3ms7a


Feminizid – wenn Frauen sterben müssen, weil sie eine Frau sind
Mindestens jede zweite Woche stirbt in der Schweiz eine Frau durch Feminizid. In diesem Jahr sind es schon mindestens 14 Fälle von Tötungen, die in der Öffentlichkeit oft als „Beziehungsdrama“ bezeichnet werden. Unter Feminizid versteht man die Tötung einer Frau oder einer Person, die weiblich gelesen wird, weil sie eine Frau ist. Die „16 Tage gegen Gewalt gegen Frauen“ beleuchten Feminizid in diesem Jahr als Schwerpunktthema.
https://www.neo1.ch/artikel/femizid-wenn-frauen-sterben-weil-sie-eine-frau-sind
-> https://www.baerntoday.ch/schweiz/politik-ist-nicht-bereit-unser-anliegen-zu-finanzieren-148890255


++++RASSISMUS
Schwarze Jodlerin: «Das ist eine Blossstellung von uns Schwarzen»
Yvonne Apiyo Brändle-Amolo lebt seit rund 22 Jahren in der Schweiz. Die gebürtige Kenianerin hat angefangen zu jodeln, um sich in der Schweiz heimisch zu fühlen. Über das Blackfacing-Video aus Walzenhausen ist die Zürcherin Yvonne Apiyo Brändle-Amolo empört.
https://www.20min.ch/video/das-ist-eine-blossstellung-von-uns-schwarzen-530554975876


+++RECHTSPOPULISMUS
Schüler deckt auf: SVP Schweiz wirbt mit Fake-Wählern – 18-Jähriger kommt ihr auf die Schliche
Jaden soll sich für die Schule über die Schweizer Politik informieren. Auf der Homepage der SVP Schweiz findet er ein verdächtiges Bild – und macht sich auf die Suche nach der Quelle.
https://www.20min.ch/story/svp-schweiz-wirbt-mit-fake-waehlern-18-jaehriger-kommt-ihr-auf-die-schliche-511654150868


Menschenzoo: Das dunkle Erbe des Tierparks Hagenbeck
In „Völkerschauen“ wurden in Hamburg nicht nur Tiere, sondern auch Menschen ausgestellt. Rassistische Klischees seien damals bewusst bedient worden, so ein Historiker.  | mehr
https://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2022/Menschenzoo-Das-dunkle-Erbe-des-Tierparks-Hagenbeck,hagenbeck1448.html


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
„1/ Der Dokumentarfilm “Died Suddenly” geht aktuell in der Corona-skeptischen Szene durch die Decke. Wird endlich der grosse Skandal, die gigantische Verschwörung aufgedeckt? Lasst es uns herausfinden (Spoiler: Nein).“
Mehr: https://twitter.com/marko_kovic/status/1595862427056459778


+++HISTORY
«Rassistische Stereotypen»: «Royal» zeigt kontroversen Filmklassiker
Das Kulturlokal Royal präsentiert regelmässig Filme, welche zu ihrer Zeit für Skandale gesorgt haben. Am Donnerstag wird ein oscarprämierter Liebesfilm aufgeführt.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/baden/baden-rassistische-stereotypen-royal-zeigt-kontroversen-filmklassiker-ld.2376483