Medienspiegel 11. Oktober 2022

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel/

+++LUZERN
Privatunterkunft statt Container: GLP, Grüne und SP wollen Sozialorganisationen in Flüchtlingsverteilung einbinden
Der Kanton Luzern soll nicht die gesamte Flüchtlingsunterbringung allein stemmen, sondern die Unterstützung von Sozialorganisationen zulassen. So könnten ukrainische Schutzsuchende vermehrt in Wohnungen unterkommen.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/kanton-luzern/ukrainische-fluechtlinge-privatunterkunft-statt-container-glp-gruene-und-sp-wollen-sozialorganisationen-in-fluechtlingsverteilung-einbinden-ld.2357270
-> https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/kanton-luzern/fluechtlingsunterbringung-kanton-luzern-muss-gemeinsam-mit-hilfswerken-nach-loesungen-suchen-ld.2357446
-> https://www.zentralplus.ch/politik/gruene-wuenschen-sich-die-caritas-luzern-zurueck-2467939/


+++URI
«Fremd sein»: Flüchtlinge bringen ihre Geschichte auf die Bühne
Die Urner Theaterfrau Lory Schranz inszeniert in Altdorf die Geschichte von Geflüchteten aus verschiedenen Ländern. Nebst Migrantinnen stehen beim Projekt «fremd sein» auch Einheimische auf der Bühne. Das Stück kommt im Mehrzweckgebäude Winkel auf die Bühne. Es feierte gestern Premiere. (ab 09:31)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zentralschweiz/fremd-sein-fluechtlinge-bringen-ihre-geschichte-auf-die-buehne?id=12268645


+++SCHWEIZ
Zurück in Sri Lanka begann der Albtraum
Die Schweiz lehnt sein Asylgesuch ab und schafft ihn zurück in das Land, aus dem er geflohen ist. Dort wird der Mann verfolgt, verhaftet und verprügelt. Doch das Staatssekretariat für Migration hält an seiner Ausschaffungspraxis fest.
https://www.republik.ch/2022/10/11/zurueck-in-sri-lanka-begann-der-albtraum


Analyse der komplementären Zugangswege
Die Schweiz nimmt im Rahmen ihres bewährten Resettlement-Programms jedes Jahr mehrere Hundert Flüchtlinge direkt aus Krisengebieten auf. Das SEM hat im Rahmen eines Studienprojekts analysiert, welche Instrumente in diesem Bereich allenfalls ergänzend zur Verfügung stehen würden. Dazu hat es einen Ländervergleich in Auftrag gegeben und geprüft, inwieweit die im Ausland existierenden Zugangswege mit dem schweizerischen Recht vereinbar wären. Fazit: Die Schweiz wendet die meisten der international eingesetzten Instrumente bereits an.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-90638.html


Sichere Zugangswege für Schutzsuchende ausbauen
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) begrüsst, dass der Bund die Möglichkeiten für zusätzliche sichere Zugangswege zu Schutz in der Schweiz prüft. Die Analyse des Staatssekretariats für Migration (SEM) zeichnet jedoch aus Sicht der SFH ein zu positives Bild der bereits bestehenden Instrumente. Denn aufgrund der äusserst restriktiven Praxis entfalten diese kaum Wirkung. Zudem schöpft die Schweiz das vorhandene Potenzial zu wenig aus – namentlich zur Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Aufnahme und Integration von Geflüchteten.
https://www.fluechtlingshilfe.ch/medienmitteilungen/sichere-zugangswege-fuer-schutzsuchende-ausbauen
-> https://www.fluechtlingshilfe.ch/publikationen/standpunkt/sichere-zugangswege-zu-schutz-in-der-schweiz-wo-ein-politischer-wille-ist-findet-sich-ein-rechtlicher-weg


Nach Angriffen: Grünen-Nationalrätin fordert Vorbereitung auf Ukraine-Flüchtlinge
Russlands Angriffe auf die Ukraine gehen weiter. Eine neue Flüchtlingswelle hält Grünen-Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber deshalb für real.
https://www.20min.ch/story/gruenen-nationalraetin-fordert-vorbereitung-auf-ukraine-fluechtlinge-649842803128


Rückführungen nach Italien auch bei schweren gesundheitlichen Problemen wieder zulässig
Personen mit schweren Gesundheitsproblemen dürfen wieder nach Italien rückgeführt werden – ohne dass für ihre angemessene Unterbringung und Betreuung eine individuelle Zusicherung bei den italienischen Behörden eingeholt werden muss. Diesen Entscheid stützt das Bundesverwaltungsgericht auf die veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen in Italien. Die prekären Zustände im italienischen Asylwesen sind gemäss zivilgesellschaftlichen Berichten indessen weitgehend unverändert.
https://www.humanrights.ch/de/ipf/menschenrechte/migration-asyl/rckfhrungen-italien-schwere-gesundheitliche-probleme-zulssig


Balkanroute: Inder reisten dieses Jahr dreizehn Mal häufiger illegal in die Schweiz ein
Über die Balkanroute gelangen immer mehr indische Staatsangehörige nach Europa. Gemäss dem Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit ist die Zahl der unerlaubten Einreisen dreizehn Mal höher als im Vorjahr – ein Experte erklärt den Hintergrund.
https://www.20min.ch/story/inder-reisten-dieses-jahr-dreizehn-mal-haeufiger-illegal-in-die-schweiz-ein-532001878209


+++MITTELMEER
8 Jahre Kampf! – Stellungnahme zum Jahrestag des Alarm Phone
Vor acht Jahren, am 11.Oktober 2014 starteten wir das Alarm Phone, eine Hotline für Menschen in Seenot. Wir wählten diesen Tag, als Jahrestags der Katastrophe, die sich am 11.Oktober 2013 ereignet hatte, als italienische und maltesische Behörden die Rettung eines sinkenden Bootes verzögerten. Aufgrund dieser Verzögerung starben über 200 Menschen.
https://alarmphone.org/de/2022/10/11/8-jahre-kampf/


+++GASSE
bernerzeitung.ch 11.10.2022

Obdachlose im Winter: Trotz Minus-Temperaturen schlafen sie draussen

In der Stadt Bern leben rund 30 Menschen ohne Dach über dem Kopf. Wird es ganz eisig, übernachten sie auch mal in öffentlichen Toiletten.

Regina Schneeberger, Adrian Moser(Fotos)

Über die Fussgängerrampe eilen Passantinnen und Passanten. Vom Büro geht es für viele schnurstracks nach Hause in die warme Stube – es ist Feierabend. Was sie nicht wissen: Unter dem Weg gibt es noch eine ganz andere Welt. Eine, die im krassen Kontrast zum Alltag der meisten Bernerinnen und Berner steht.

Unter der Rampe wohnen Menschen, manchmal einzeln, manchmal in Gruppen. Schlafsack statt Sofa, Kartonwände statt dicke Mauern, Laubteppich statt Perserteppich. Vor kurzem haben die letzten Bewohner das Lager geräumt. Zurück blieb lediglich eine blau-weisse Blache, die zusammengeknüllt auf dem Boden liegt. Über dem niedrigen Raum bildet der Gehsteig das Dach, der geteerte Boden ist kalt und feucht, luxuriös ist einzig der Ausblick – nichts als Bäume und Himmel.

Hier übernachten regelmässig  Obdachlose, weiss Silvio Flückiger. Er ist Leiter von Pinto, der mobilen Sozialarbeit. Rote Weste und Dächlikappe bilden seine Arbeitskleidung, hinter seinem Ohr klemmt eine selbst gedrehte Zigarette. Seit 17 Jahren ist Flückiger bei Pinto. Die städtische Interventionsgruppe ist auf den Gassen unterwegs, soll Nutzungskonflikten im öffentlichen Raum vorbeugen.

Unter der Rampe seien die Obdachlosen einigermassen vor Wind und Wetter geschützt, sagt Flückiger. Und versteckt vor den Leuten – deshalb nennen wir auch die genaue Lage der Schlafstätte nicht.
Silvio Flückiger kennt die Szene. Seit 17 Jahren ist er für Pinto Tag und Nacht auf den Strassen in Bern unterwegs.

Wie ist das, in einem Land mit kalten Jahreszeiten bei jedem Wetter draussen zu sein? Das wollen wir an diesem Herbstabend unterwegs mit Pinto herausfinden.

«Jetzt kommt für die Obdachlosen eine besonders prekäre Zeit», sagt Flückiger. Wenn die Temperaturen noch knapp über der Nullgradgrenze liegen, wenn es noch nicht eisig kalt ist, sind Flückiger und sein Team gefordert. Denn nun würden auch jene noch draussen übernachten, die es nicht gewohnt seien, im Winter unter freiem Himmel zu schlafen. Jene, die nicht richtig ausgerüstet seien. «Unterkühlen kann man sich bereits über der Nullgradgrenze.» Die Leute von Pinto suchen mit den Menschen das Gespräch, informieren sie über die Angebote der Notschlafstellen in Bern und laden sie ins Büro von Pinto ein.

An der Schwarztorstrasse, unweit des Berner Bahnhofs, können die Leute eine Dusche nehmen, ihre Wertsachen in Schliessfächern deponieren, sich mit warmen Kleidern eindecken. Und ihre durchnässten Sachen waschen und trocknen. Viele hätten nicht die besten Zelte, würden sich zusätzlich mit Blachen schützen. Doch auch die lassen irgendwann durch. «Wenn es regnet, sieht es hier manchmal aus wie in einer Wäscherei.»

32 Obdachlose sind Pinto in Bern aktuell bekannt. Menschen also, die keinen festen Wohnsitz und auch sonst keine Bleibe haben – etwa bei Kollegen oder in einer Notschlafstelle. Im Sommer seien es jeweils etwas mehr, so Flückiger. Weil dann Menschen aus allen Ländern in die Schweiz kommen und hier einen Saisonjob auf einer Baustelle oder in der Landwirtschaft suchen. Im Herbst reisen viele weiter.

Händetrockner als Heizung

Jene, die bleiben, übernachten aber vielfach in der kälteren Jahreszeit ebenfalls draussen. Unter Brücken, unter den Lauben, in Hauseingängen. Wenn es besonders kalt ist, schlafen manche in öffentlichen Toiletten. Um sich warm zu halten, würden sie immer wieder den Händetrockner anstellen. Auch der Lift im Bahnhof sei beliebt. Mit dem Risiko, dass sie vertrieben werden. Flückiger und sein Team hingegen scheuchen niemanden weg. Hätten sich die Obdachlosen in ihre Schlafstätten zurückgezogen, würden sie sie in Ruhe lassen. «Wir möchten ja auch nicht, dass jemand mitten in der Nacht in unser Schlafzimmer trampt.»

Nur wenn Not herrscht, wenn jemand beispielsweise krank ist, werden die Obdachlosen aufgesucht. Auch in ganz kalten Nächten haben die Pinto-Mitarbeitenden ein wachsameres Auge auf die Leute draussen. Flückiger erinnert sich an eine fast schon «sibirische Kälte» vor einigen Jahren. Gegen minus 15 Grad sei es in manchen Nächten gewesen. Da hätten immer noch sieben bis acht Leute draussen geschlafen. «Damals waren wir die ganze Nacht zu Fuss und mit dem Auto unterwegs und hatten heissen Tee und Reserveschlafsäcke dabei.»

Wegen einer Unterkühlung gestorben sei in all den Jahren aber zum Glück niemand, sagt Flückiger. Einmal hätten sie einen schlafenden Mann unter einem Pontonierboot an der Aare gefunden. «Er war schon blau angelaufen.» Der Mann habe wohl Drogen konsumiert. «Und dann hat der Körper den Moment verpasst, ihn aufzuwecken.» Die Sanität sei gerade noch rechtzeitig gekommen.

Die Ambulanz müssen Flückiger und sein Team aber nur selten rufen. Die Leute seien abgehärtet, seien die Kälte gewohnt, so der Sozialarbeiter. Müssten sie drinnen übernachten, würden manche die Heizung ausschalten und die Fenster aufreissen. Die Obdachlosen seien nicht unbedingt mehr erkältet. «Sie sind weniger unter Leuten, sind weniger der trockenen Heizungsluft ausgesetzt.»

Während im Sommer einige im Wald oder entlang der Aaare schlafen, zieht es sie im Winter wieder mehr zu den bewohnten Gebieten. Das kann zu Konflikten führen. Hin und wieder wird Pinto von Privatgrundbesitzern gerufen, die nicht mehr weiterwissen, weil jemand in ihrem Treppenhaus lebt. Es komme aber auch vor, dass Hauseigentümer und Obdachlose eine Koexistenz gefunden hätten.

Flückiger erzählt die Geschichte eines Künstlers, in dessen Garten über mehrere Jahre ein Mann unter einem Zelt aus Blachen hauste. Der Künstler liess ihn gewähren, kümmerte sich, wenn es dem Mann schlecht ging, begleitete ihn auch mal zum Arzt. Die aussergewöhnliche Wohngemeinschaft gäbe es wohl heute noch, wäre der Obdachlose nicht krank geworden. Er wurde erst in einer Klinik, später in einer sozialen Institution untergebracht. Das Team von Pinto räumte dann das Lager: 1,7 Tonnen Material mussten weg. «Der Mann hatte unter den Blachen unzählige Koffer voller Bücher.»

Angst vor Menschen oder Elektrosmog

Doch weshalb leben die Leute überhaupt auf der Strasse? «Menschen, die schon länger draussen sind, ertragen oftmals die Nähe zu anderen Leuten nicht mehr», sagt Flückiger. In den Notschlafstellen müssten sie das Zimmer teilen, müssten sich an einen Tag-Nacht-Rhythmus und gewisse Regeln halten, das sei für manche sehr schwierig. Einige hätten Angst, dass ihre persönlichen Gegenstände gestohlen würden. Andere würden sich vor dem Elektrosmog der Steckdosen fürchten. «Häufig spielt eine psychische Krankheit eine Rolle.»  Manchmal auch begleitet von einer Drogenabhängigkeit.

Vielfach sind es Männer, die auf der Strasse leben. In Bern seien lediglich 10 Prozent der Obdachlosen Frauen. «Männer warten länger, bis sie um Hilfe bitten.» Und Frauen würden einfacher bei Bekannten unterkommen.
Er weiss, wie es ist, im Winter draussen zu leben: Yves wohnte fünf Monate lang in einem Zelt an der Kander.

Durch die Strassen der Altstadt ziehen Silvio Flückiger und seine Kollegin weiter Richtung Bahnhofplatz. Noch ist es hell, noch geniesst eine Gruppe Randständiger die letzten Sonnenstrahlen auf den Bänken bei der Heiliggeistkirche. So auch Yves. Seinen Nachnamen möchte er nicht nennen. Der 45-Jährige weiss, wie es ist, im Winter draussen zu schlafen. Zwar lebt er mittlerweile in einer Einzimmerwohnung  in der Stadt. Vor einigen Jahren aber hauste er den ganzen Winter an der Kander in einem Zelt. Von November bis April. Es sei kalt und nicht immer angenehm gewesen, ja, sagt der Mann mit dem gepflegten Bart und dem schelmischen Blitzen in den Augen. Aber mit mehreren Schichten sei es aushaltbar gewesen, Zwiebelprinzip halt.

Er habe damals eine ganz schwierige Phase durchgemacht, habe schon acht Alkoholentzüge hinter sich gebracht – vergeblich. «Die fünf Monate dort unten haben mir mehr geholfen als jede Therapie.» Er habe immer etwas zu tun gehabt, habe Feuer gemacht, Fische gefangen. Heute habe er sein Leben irgendwie im Griff. Und wenn es einmal gar nicht gehe, wisse er, «es ist wieder an der Zeit,  in die Natur zu gehen».

In der Notschlafstelle zur Ruhe kommen

Silvio Flückiger und seine Kollegin hören den Leuten zu, witzeln, helfen mit Rat. Dann kommt plötzlich Hektik auf. Die beiden Pinto-Mitarbeitenden haben gerade einen Mann gesehen, den sie gesucht haben. Ihm haben sie einen Platz im Passantenheim, der Notschlafstelle der Heilsarmee, organisiert. Ohne Begleitung würde er wohl nicht hingehen, so Flückiger. Doch gehe es dem Mann gesundheitlich nicht gut. «Es ist wichtig für ihn, ein paar Nächte zur Ruhe zu kommen.» Der Mann könne schnell aggressiv werden, «wie ein umgedrehter Handschuh».

Nun aber wirkt er zufrieden. Mit sich trägt er eine bunte Plastiktasche mit seinem Hab und Gut. Angekommen beim Passantenheim, wird er von einer Mitarbeiterin in Empfang genommen. Flückiger verabschiedet sich: «Schlaf gut.»
(https://www.bernerzeitung.ch/trotz-minus-temperaturen-schlafen-sie-draussen-610011721192)


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Personen am Boden festgeklebt: Sechs Klima-Aktivisten blockierten Verkehr im Wankdorf
Am Dienstagmorgen blockierten Sympathisanten von Renovate Switzerland die Autobahnzufahrt bei der Wankdorfbrücke in Bern.
https://www.derbund.ch/sechs-klima-aktivisten-blockierten-verkehr-im-wankdorf-408729374435
-> https://renovate-switzerland.ch/de/2022/10/11/medienmitteilung-julia-steinberger-und-vier-weitere-sympathisanten-von-renovate-switzerland-blockieren-die-a6-in-bern-wankdorf/
-> https://www.20min.ch/story/aktivisten-blockieren-autobahnzufahrt-uni-professorin-bei-aktion-dabei-408030999814
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/jurafrage-rekurs-gegen-moutier-abstimmung-abgewiesen?id=12268516 (ab 01:11)
-> https://www.baerntoday.ch/bern/stadt-bern/klima-aktivisten-blockierten-am-dienstagmorgen-eine-strasse-im-wankdorf-148324173
-> https://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/203904/
-> https://www.watson.ch/schweiz/natur/491566188-klima-aktivisten-blockieren-verkehr-in-bern-lkw-faehrt-trotzdem-weiter
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/klimaaktivisten-blockieren-autobahnzufahrt-in-bern-66301422
-> https://www.blick.ch/schweiz/bern/darunter-auch-uni-professorin-klimaaktivisten-kleben-sich-an-berner-autobahnausfahrt-fest-id17952008.html
-> https://twitter.com/Renovate_CH/status/1579726212448292869
-> https://twitter.com/klimastreik
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/klima-protest-uni-professorin-blockierte-verkehr-in-bern
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/schweiz/blockade-uni-professorin-klebt-sich-in-bern-auf-autobahn-ld.2357205
-> https://www.20min.ch/story/lkw-faehrt-durch-klima-aktivisten-firma-untersucht-vorfall-283957180591
-> https://www.20min.ch/story/jetzt-spricht-die-uni-professorin-die-sich-am-asphalt-festklebte-210052187510
-> https://www.baerntoday.ch/bern/eine-strassenblockade-hat-einen-groesseren-effekt-als-ein-protest-vor-dem-bundeshaus-148325703
-> https://twitter.com/Renovate_CH/status/1579837746566561793



SBB reicht Anzeige ein: Graffiti-Crew «KCBR» bekritzelt Glaswand im Zürcher Hauptbahnhof
Vandalismus im HB: Das berüchtigte Sprayer-Kollektiv KCBR beschmierte eine Wand im Hauptbahnhof. Die Kantonspolizei Zürich hat Ermittlungen aufgenommen.
https://www.20min.ch/story/graffiti-crew-kcbr-bekritzelt-glaswand-im-zuercher-hauptbahnhof-947878335328
-> https://www.zueritoday.ch/zuerich/graffiti-kollektiv-beschmiert-meterhohe-glaswand-am-zuercher-hb-148324480
-> https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/sprayer-kollektiv-verschmiert-die-zuercher-bahnhofshalle-00195981/



nzz.ch 11.10.2022

Wo ist «Familie Fleck»? Die Polizei erlebt beim Einsatz in einem besetzten Haus in Zürich Wipkingen eine Überraschung

Die Zürcher Besetzerszene ist im Umbruch.

Giorgio Scherrer

Stell dir vor, die Polizei marschiert in Vollmontur in ein besetztes Haus – und niemand ist da.

So in etwa ist es den Einsatzkräften der Stadtpolizei Zürich am Dienstagmorgen ergangen. In Wipkingen haben sich mehrere Gruppen in Vollmontur um ein Bürohaus versammelt. Helme, Schilder, Waffen: Alles ist bereit. Auch mehrere Einsatzwagen sind vor Ort.

Unter den Augen neugieriger Passanten positionieren sich die Polizisten an strategischen Punkten vor und hinter dem Haus. Dessen Eingangstüre ist mit einem Gitter blockiert – drinnen regt sich nichts. Aus den Fenstern hängen dieselben Transparente, die dort schon seit gut einer Woche hängen.

«Alles besetzen» steht da und «Reiche Eltern für alle».

Wo sind die Besetzer?

Vor gut einer Woche wurde das Bürogebäude in Zürich Wipkingen von Unbekannten besetzt. Das Haus stand nach dem Auszug der Zürcher Sozialdienste leer und gehört Privaten, die sich auf Anfrage nicht zur Besetzung äussern wollten.

Die Besetzerinnen und Besetzer, die sich in einem Communiqué als «Familie Fleck» vorstellten, verstanden ihre Aktion als Zeichen gegen Immobilienspekulation. Sie machten ihre Aktion in einem Schreiben an Medienschaffende publik. Es gehe darum, «einen autonomen politisch-kulturellen Raum» zu schaffen, in dem auch gewohnt werden könne.

Doch was geht nun am Dienstagmorgen in diesem autonomen Raum vor sich?

Gemäss Angaben der Stadtpolizei handelte es sich trotz Grossaufgebot nicht um eine Räumung. Dafür waren die Voraussetzungen mutmasslich nicht gegeben. Denn gemäss einem Merkblatt der Stadt muss dafür beispielsweise eine Abbruchbewilligung vorliegen oder eine Gefährdung der Sicherheit beziehungsweise des Denkmalschutzes bestehen. Stattdessen hat hier laut Polizei eine sogenannte Kontrollaktion stattgefunden. Der Besitzer der Liegenschaft hat Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch eingereicht – und die Polizei prüfte vor Ort den Sachverhalt.

Nur: Zu Prüfen gab es an diesem Dienstagmorgen nicht viel.

Judith Hödl, Mediensprecherin der Stadtpolizei, sagt es so: «Wir waren in der Liegenschaft, doch sie war leer.» Die Einsatzkräfte konnten laut Hödl das Haus ungehindert betreten. Von den Besetzerinnen und Besetzern: keine Spur. Die Liegenschaft befindet sich damit laut Angaben der Polizei wieder in den Händen des Besitzers. Judith Hödl sagt: «Damit ist die Sache für uns erledigt.»

«Beängstigende kriminelle Energie»

Nicht erledigt ist die Sache allerdings politisch. Die Besetzung in Wipkingen hat die Kritikerinnen und Kritiker des städtischen Umgangs mit Besetzungen auf den Plan gerufen. Die städtische SVP schrieb in einer Medienmitteilung vom Montagabend von einem «rechtsfreien Raum» und «beängstigender krimineller Energie». Die Besetzung stehe für die Übernahme der Stadt Zürich durch «Chaoten». Die städtische SVP will sich für eine strengere Handhabung solcher Fälle einsetzen.

Das will sie allerdings schon seit Jahren – meist erfolglos.

Hintergrund der Besetzung in Wipkingen ist die drohende Räumung des besetzten Koch-Areals in Zürich Altstetten Ende Jahr. Damit, so die Besetzerinnen und Besetzer der «Familie Fleck», drohe einem der letzten grossen autonomen Kulturzentren das Aus. Ihre Aktion verstanden sie demnach auch als Zeichen gegen das Verschwinden solcher Freiräume.

Das Koch-Areal wird in Bälde von der Stadt neu überbaut. Es sollen 325 gemeinnützige Wohnungen für 900 Personen, ein Quartierpark und Gewerbeflächen entstehen. Die dortigen Besetzer, rund 100 Personen, verlieren damit ihre Bleibe.

Die «Familie Fleck» in Wipkingen sieht keine Alternative zu weiteren Besetzungen. Zwischennutzungen durch Anbieter wie Intermezzo oder Projekt Interim seien keine Lösung, da diese Anbieter mit Immobilienfirmen direkt zusammenarbeiten würden. Sie seien, schrieben die Besetzerinnen und Besetzer vergangene Woche, «gekommen, um zu bleiben».

Nun, eine Woche später, sind sie scheinbar doch schon wieder weg.
(https://www.nzz.ch/zuerich/besetzung-in-zuerich-wipkingen-polizei-erlebt-ueberraschung-ld.1706824)
-> https://www.zueritoday.ch/zuerich/polizei-kontrolliert-besetztes-haus-in-wipkingen-aber-niemand-ist-da-148322719
-> https://www.zueritoday.ch/zuerich/stadt-zuerich/diese-regeln-gelten-fuer-hausbesetzerinnen-und-hausbesetzer-148269101
-> https://tv.telezueri.ch/zuerinews/erfolglose-polizeikontrolle-bei-besetztem-haus-in-wipkingen-148329275



Luzerner Hausbesetzer erhalten Ultimatum
«Wir wollen dieses Haus kaufen. Wir sind schon drin»: Seit knapp einer Woche liest man dies auf einem meterlangen Transparent bei einem Gebäude im Stadtluzerner Tribschen-Quartier. Eine Gruppe hat das Haus, welches seit Jahren leer steht, illegal besetzt. Eine Anzeige gab es bis jetzt noch nicht – dafür aber ein Ultimatum.
https://www.tele1.ch/nachrichten/luzerner-hausbesetzer-erhalten-ultimatum-148329299


Vincenzo libero !
Ce mardi 11 octobre 2022, la justice française s’apprête à se prononcer sur l’extradition de Vincenzo Vecchi vers l’Italie. Accusé d’avoir participé à la manif anti-G8 de 2001 à Gênes, Vincenzo se retrouve au coeur d’une répression coordonnée à l’échelle européenne qui pourrait bien franchir un cap supplémentaire avec ce nouveau verdict.
https://renverse.co/infos-locales/article/vincenzo-libero-3710


+++SPORT
derbund.ch 11.10.2022

Petarde in der Hand explodiert: YB-Fan wird erst verurteilt, dann freigesprochen

Ein 36-Jähriger zündet in einer Menschenmenge einen Böller und verletzt sich. Hat er auch andere gefährdet? Ja, findet ein Gericht, aber nicht wissentlich.

Michael Bucher

Vor dem Fanlokal Halbzeit im Berner Breitenrainquartier herrscht ekstatische Stimmung. Es ist später Abend am Freitag, dem 31. Juli 2020. Die Young Boys haben in Sitten gerade den dritten Meistertitel in Folge geholt. Es wird gejubelt, einander zugeprostet, vereinzelt werden Pyros abgebrannt.

Plötzlich ein lauter Knall. Ein Schrei. Ein Mann, der mit blutender Hand am Boden liegt. Die Ambulanz bringt den Mann ins Inselspital. Dort wird klar: Dem YB-Fan ist eine Knallpetarde in der Hand explodiert. Ihm müssen Teile von Daumen, Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand amputiert werden.

Er ist nicht nur körperlich versehrt, für die Bundesanwaltschaft liegt zudem eine Straftat vor. Konkret: eine sogenannte Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht. Denn es handelte sich um einen in der Schweiz nicht zugelassenen Böller, der in unmittelbarer Nähe von acht bis zehn Leuten gezündet wurde.

Der Beschuldigte wehrt sich jedoch und zieht den Fall vors Bundesstrafgericht in Bellinzona – wo er allerdings unterliegt. Eine bedingte Freiheitsstrafe von acht Monaten wird ihm aufgebrummt. Das war letzten Winter.

Bloss ein fataler Irrtum?

Dann die grosse Wende: Der heute 36-jährige Berner lässt nicht locker, zieht den Fall erneut weiter. Und obsiegt. Die Berufungskammer des Bundesstrafgerichts spricht ihn frei. Hinzu kommt: Die Verfahrens- und Anwaltskosten in der Höhe von 27’500 Franken muss nun nicht er berappen, sondern der Staat. Dies geht aus dem schriftlichen Urteil hervor, das am Dienstag publiziert wurde.

Eine neuerliche Wende ist indes nicht ausgeschlossen. Denn die Bundesanwaltschaft kann das Urteil durch das Bundesgericht prüfen lassen. Ob sie das tut, ist noch nicht klar, wie es dort auf Anfrage heisst.

Wie kam es zu dem Freispruch? Nun, die Berufungskammer hält zwar Folgendes fest: Der YB-Fan hat sich nach Entzünden des Knallkörpers nur wenige Meter von den Anwesenden entfernt, wobei er den empfohlenen Mindestabstand von 20 bis 50 Metern «bei weitem» nicht eingehalten habe. Weitere Personen hätten dabei verletzt werden können.

Doch nun folgt das Aber: Der Beschuldigte behauptet, ihm sei nicht bewusst gewesen, dass er einen explosiven Gegenstand in den Händen gehalten habe. Vielmehr habe er «aus Freude» eine Fackel abbrennen wollen. Von der Explosion des Gegenstands in seiner Hand sei er «völlig überrascht» worden.

Er selbst habe zuvor noch nie eine Pyrofackel gezündet, sagte der eingefleischte YB-Fan mit Saisonkarte vor Gericht. Er habe dies bloss in der Fankurve etliche Male aus der Nähe beobachten können. Aus der Euphorie heraus habe er das Spiel mit dem Feuer an besagtem Abend auch mal ausprobieren wollen. Er habe bei einem ihm unbekannten Fan nach einer «Pyro» gefragt. Es müsse ein Missverständnis gewesen sein, dass er dann schliesslich einen Böller in die Hand gedrückt bekam. Die Übergabe ist auf Video dokumentiert, die Polizei hatte die Fangruppe an jenem Abend aus der Distanz gefilmt.

«Glaubwürdige Aussagen»

Die Bundesanwaltschaft will in dem Mann jedoch nicht den unschuldigen und unbedarften Fan sehen, für den er sich ausgibt. Herangezogen wurde vor Gericht etwa die Tatsache, dass der Serviceangestellte einer Bar bei den Ausschreitungen an der Meisterfeier 2019 wegen Drohung und Gewalt gegen Beamte eine bedingte Geldstrafe kassierte.

Auch fand sie, als Mitglied der Fankurve hätte er erkennen müssen, dass es sich bei dem Gegenstand nicht um eine Pyrofackel, sondern um einen Knallkörper gehandelt habe – spätestens ab dem Zeitpunkt, als nach dem Anzünden kein grelles Licht erschien, sondern der Funkenregen der Zündschnur. Genau gleich sah es der Einzelrichter des Bundesstrafgerichts.

Das Dreiergremium der Berufungskammer glaubt jedoch dem YB-Fan. Dessen Aussagen seien «kohärent und glaubwürdig». Dass ein Irrtum vorgelegen habe, untermauere insbesondere die schwere Verletzung, die der Beschuldigte erlitten habe. Der Mann hätte wohl kaum willentlich einen Böller in seiner Hand explodieren lassen.

Liege ein solcher Irrtum vor, sei gemäss Strafgesetzbuch die Tat nicht nach dem tatsächlichen Sachverhalt – also dass der Mann einen explosiven Gegenstand entzündete – zu beurteilen. Massgeblich sei, was sich der Beschuldigte vorgestellt habe – nämlich, dass er eine wesentlich weniger gefährliche Fackel in den Händen hält.

Ein paar Restzweifel bleiben auch für die Berufungskammer. So etwa, weil der Mann kurz vor dem Anzünden der Petarde sein Gesicht mit einer Maske unkenntlich machte. Er habe dies wohl aus Angst vor einem möglichen Stadionverbot getan, gab der YB-Fan an. Das Abbrennen von Pyros könne dazu führen. Laut eigenen Angaben blieb er jedoch von dieser Strafe verschont.
(https://www.derbund.ch/yb-fan-wird-erst-verurteilt-dann-freigesprochen-252262543639)
-> https://www.baerntoday.ch/bern/stadt-bern/yb-fan-nach-zuenden-eines-pyros-freigesprochen-148324772
-> https://www.blick.ch/schweiz/pyro-feier-endete-fatal-yb-fan-sprengte-sich-drei-finger-weg-freispruch-id17952438.html
-> Urteil Bundesstrafgericht: https://bstger.weblaw.ch/files/20220614_CA_2021_25.pdf


+++ANTITERRORSTAAT
Kommission will Terrorismusbekämpfung verstärken
Die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates (SiK-N) will eine gesetzliche Grundlage für eine gesicherte Unterbringung von staatsgefährdenden Personen schaffen. Mit 13 zu 10 Stimmen bei 1 Enthaltungen beantragt sie ihrem Rat, der Parlamentarischen Initiative Tuena 20.465 Folge zu geben.
Die Mehrheit der SiK-N ist überzeugt, dass mit einer gesicherten Unterbringung von staatsgefährdenden Personen eine Lücke im Instrumentarium der Terrorismusbekämpfung geschlossen werden kann.
https://www.parlament.ch/press-releases/Pages/mm-sik-n-2022-10-11.aspx


Terrorismus in der Schweiz: Gefährder sollen in Präventivhaft
In der Schweiz soll eine Lücke im Kampf gegen Terrorismus geschlossen werden. Das möchte die Sicherheitskommission des Nationalrats.
https://www.derbund.ch/gefaehrder-sollen-in-praeventivhaft-677147193768
-> https://www.toponline.ch/news/schweiz/detail/news/nationalratskommission-will-praeventivhaft-bei-terroristen-00195976/
-> https://www.baerntoday.ch/schweiz/kommission-will-praeventivhaft-fuer-terroristen-148328308
-> https://www.blick.ch/politik/haft-noch-vor-der-straftat-buergerliche-wollen-terror-gesetz-verschaerfen-id17953837.html


+++POLIZEI DE
G8-Gipfel in Heiligendamm: Spitzeleinsatz war rechtswidrig
Der Klimaaktivist Jason Kirkpatrick wurde 2007 vor dem G8-Gipfel von einem Polizeispitzel ausgespäht. Nun erklärt ein Gericht: Das war illegal.
https://taz.de/G8-Gipfel-in-Heiligendamm/!5886785/
-> https://www.nd-aktuell.de/artikel/1167592.ueberwachung-rechtswidrige-bespitzelung.html


+++FRAUEN/QUEER
ajour.ch 11.10.2022

Coming-out Day: QueerBienne macht LGBT-Menschen mit Videos Mut

Die Bevölkerung sensibilisieren und queere Menschen unterstützen: Der Verein QueerBienne veröffentlicht Videos mit Erfahrungsberichten auf sozialen Netzwerken. Anlass ist der Coming-out Day.

Simon Petignat|Vanessa Naef

«Für uns ist dieser Tag wichtig, weil er die Themen und Herausforderungen, die mit LGBT+-Fragen verbunden sind, sichtbar macht. Schliesslich ermöglicht er es den Betroffenen, sich weniger allein zu fühlen», fasst Naomi Rey, Co-Präsidentin des Vereins QueerBienne, im Gespräch mit Canal 3 zusammen.

Anlässlich des internationalen Coming-out-Tages am 11. Oktober veröffentlicht der Verein eine Reihe von Interviews auf den sozialen Netzwerken. Die Berichte von Vereinsmitgliedern sollen queere Menschen, die «noch im Schrank sind» – also ungeoutet – unterstützen. Ebenso wollen sie auch nicht-queere Menschen an die Notwendigkeit erinnern, LGBT+-Themen zu thematisieren.
Sehen Sie hier das erste Video aus der Serie mit Raphael Meier

Das erste Video aus der Coming-Out-Day-Reihe von «QueerBienne». Hier erzählt Raphael, wie er sein Coming-Out bei seinen Gamer-Kollegen erlebt hat. «Es ist schön, echt zu sein» / Youtube QueerBienne
https://youtu.be/yQQAPozfg0Q

Der Verein QueerBienne habe kürzlich eine politische Gruppe gegründet, so Naomi Rey. Mit dieser wolle man vermehrt Anlässe mit politischem Hintergrund durchführen, etwa Konferenzen. So sei die Idee entstanden, etwas zum Coming-out Day zu machen.

Denn auch im Jahr 2022 kann es schwierig sein, seinen Angehörigen die eigene Homo- oder Bisexualität anzuvertrauen. «Man weiss nie genau, wie das Gegenüber reagieren wird. Und darüber zu sprechen, kann potenziell mehr oder weniger schwerwiegende Folgen haben, wie Ausgrenzung oder Gewalt», so Naomi Rey.

Sich zu outen, koste sie immer wieder Überwindung, sagt Naomi Rey vom Verein Queer Bienne. /ajour.ch
https://youtu.be/xbAYhjgkykQ

Sie ist der Meinung, dass es für Menschen, die sich im Coming-out befinden, zwar wichtig ist, sich mit wohlwollenden Menschen zu umgeben, dass die eigentliche Herausforderung jedoch die gesamte Gesellschaft betrifft.

«Die Idee dieser Aktion ist es auch, Nicht-Queers in die Verantwortung zu nehmen und dafür zu sorgen, dass die Gesellschaft alle Minderheiten stärker einbezieht», sagt sie.

Es sei schön gewesen, beim Videodreh Mitglieder besser kennenzulernen, sie und ihre Geschichten noch einmal anders kennenzulernen, sagt Rey. Das Coming-out sei eine Erfahrung, die sie alle gemeinsam haben. Rey hat die Videos nicht nur gefilmt und geschnitten, sondern hat auch selbst vor der Kamera ihre Geschichte erzählt. Je mehr sich in den Videos zeigen würden, desto grösser sei darin die Diversität, so Rey.

Es gebe nicht das eine Coming-out, hält sie fest. Sie wolle den Menschen auch zeigen: «Es gibt viele Coming-outs, verschiedene Reaktionen, verschiedene Arten, wie man damit umgehen kann.»

Sich immer wieder aufs Neue outen.
https://youtu.be/d_bFbZCIZjo

Studien besagen, dass Depressionen und psychische Krankheiten stärker vorkommen bei LGBT Menschen, gerade bei jungen Menschen, so Rey. Das zeige, dass es Leid verursache, wenn man seine Identität für sich behalte.

Das erste Video ist online, sechs weitere werden in den kommenden Tagen auf dem Youtube-Kanal von QueerBienne folgen: https://www.youtube.com/channel/UCYnDgcGNdHIgrXhlRc-d1Rw
(https://ajour.ch/story/comingout-day-queerbienne-macht-lgbtmenschen-mit-videos-mut/33236)



Coming Out Day
Homosexueller erzählt: «Ich musste anderes Besteck benutzen»
Homosexuell sein und dazu stehen, fällt einigen schwer. Grund dafür ist nicht selten die Angst vor den Reaktionen im Umfeld. So erging es unter anderem Felipe oder Ann. Zum internationalen Coming Out Day erzählen sie ihre Geschichte.
https://www.zueritoday.ch/unterhaltung/homosexueller-erzaehlt-ich-musste-anderes-besteck-benutzen-148327172


+++RECHTSPOPULISMUS 1
bzbasel.ch 11.10.2022

Wegen Demos und Vandalismus: Ende Jahr kommt die Basler Anti-Chaoten-Initiative

Die Basler SVP versucht seit Jahren, die Einschränkungen, die fast wöchentlich durch Demonstrationen entstehen, zu verhindern. Im Grossen Rat fruchteten die Vorstösse nicht. Darum soll es bald eine Volksabstimmung geben.

Silvana Schreier

2021 brach den Rekord. In Basel fanden 124 unbewilligte und 151 bewilligte Demonstrationen statt. Für die Basler SVP hat das Rekordjahr das Fass zum Überlaufen gebracht. Darum lanciert die Partei noch vor Ende des Jahres eine Anti-Chaoten-Initiative, wie Präsident und Grossrat Pascal Messerli gegenüber der bz bestätigt.

Die Basler Sektion lehnt sich an die Vorlage in Zürich an. Dort hat die Junge SVP des Kantons Zürich im Mai eine gleiche Initiative lanciert. Präsidentin Camille Lothe sagt laut Mitteilung: «Seit einigen Jahren verzeichnet die Stadt Zürich einen massiven Anstieg an unterschiedlichsten Protestaktionen, wovon viele unbewilligt sind. Alleine die illegalen Strassenblockaden von Extinction Rebellion im Oktober 2021 verursachten Kosten von 684’578 Franken.»

Vier Forderungen aus Zürich

Bis im Sommer 2022 gab es in Basel 175 Demonstrationen, wovon 63 keine Bewilligung hatten. Ein Beispiel in Basel-Stadt, das Politikerinnen und Politiker aller Couleur aufbrachte, ist die Kundgebung zum Ersten Mai in diesem Jahr. Schaufensterscheiben gingen zu Bruch, Fassaden von Banken wurden mit Farbbeuteln und Spraydosen verschmiert. Es entstand hoher Sachschaden.

Die Zürcher Anti-Chaoten-Initiative fordert vier Veränderungen: Erstens soll es eine zwingende Bewilligungspflicht für Demonstrationen geben. Zweitens müssten die Veranstaltenden unbewilligter Kundgebungen künftig für die entstandenen Schäden aufkommen.

Diese Konsequenz sollen drittens aber auch Organisatorinnen und Organisatoren bewilligter Veranstaltungen tragen müssen. Die Junge SVP schreibt: «Stört jemand bewilligte Demonstrationen, Kundgebungen oder andere Veranstaltungen und führt dies zu Sachbeschädigungen oder anderen rechtswidrigen Handlungen, müssen die verantwortlichen Personen für die daraus entstehenden Kosten sowie für die Kosten des dafür notwendigen Polizeieinsatzes aufkommen.»

Eine Initiative, nahe bei der Bevölkerung

Viertens und letztens will die Jungpartei mit der Initiative den involvierten Personen einer Hausbesetzung die Kosten für Räumung und Polizeieinsatz auferlegen. Denn besetzte Liegenschaften seien «Brutstätten von illegalen Demonstrationen, illegalen Partys und anderen Delikten», so der Wortlaut der Zürcher Jungen SVP.

Für Pascal Messerli ist klar: «In Basel gibt es zu viele Sachbeschädigungen und es entstehen zu hohe Kosten. Regelmässig wird der öffentliche Verkehr lahmgelegt und die Leute, die nicht demonstrieren, werden eingeschränkt.» Er ist überzeugt, dass der Inhalt der Volksinitiative «nahe bei den Baslerinnen und Baslern» sei.

Braucht das Bewilligungsverfahren eine Anpassung?

Grossrat Nicola Goepfert (Basta) sieht in der geplanten Initiative «einen Angriff auf die Grundrechte». «Es ist eine gefährliche Entwicklung, wenn Demonstrationen eingeschränkt werden.» Zudem gebe es bereits jetzt eine Bewilligungspflicht in Basel-Stadt für Kundgebungen. Die grosse Anzahl unbewilligter Demos erklärt sich Goepfert damit, dass das Verfahren bis zur Bewilligung nicht funktioniert und angepasst werden müsse.

Dass sich Unbeteiligte von einer Demonstration beim Samstagseinkauf gestört fühlen, versteht der Grossrat. Er sagt jedoch, ein wichtiger Aspekt bei Kundgebungen sei die Meinungsäusserung und damit diese einen Effekt habe, müsse sie an Orten geschehen, wo Leute erreicht werden. Goepfert: «Klar, es kann unangenehm sein, auf Probleme hingewiesen zu werden. Das muss eine Demokratie aber aushalten.»

Parteibasis erteilt Auftrag

Im Parlament, dem Basler Grossen Rat, hatte die Basler SVP bisher keinen Erfolg. So forderte etwa Roger Stalder, dass Kundgebungen an Samstagen in der Innenstadt verboten werden. Der Grosse Rat entschied, diese Motion nicht an die Regierung zu überweisen. Messerli: «Im Grossen Rat sehen wir keine Chance, eine Veränderung zu erzielen. Darum bringen wir das Thema vors Volk.»

Die Initiative sei von der Generalversammlung abgesegnet worden. Die Partei habe einen klaren Auftrag der Parteibasis. Messerli kann sich aber vorstellen, einzelne Punkte für die Basler Version der Initiative abzuändern. Derzeit laufen die juristischen Abklärungen dazu.
(https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/politik-wegen-demos-und-vandalismus-ende-jahr-kommt-die-basler-anti-chaoten-initiative-ld.2357314)


+++RECHTSEXTREMISMUS
Interview mit der Antifa Bern
Es gibt wohl kaum eine Gruppe in der Schweiz, welche sich seit so langer Zeit ununterbrochen mit der rechtsextremen Szene in der Schweiz auseinandergesetzt hat wie die Antifa Bern. Es bietet sich also an, ihnen in Anbetracht des bevorstehenden antifaschistischen Abendspaziergangs vom 22. Oktober in Bern ein paar Fragen zur extremen Rechten in der Schweiz zu stellen:
https://barrikade.info/article/5413


Neue Details zur Amokfahrt des Schweizer Neonazis am Lago Maggiore: Schweizer machte regelrecht Jagd auf Autofahrer
Am frühen Samstagabend verbreitet ein 31-Jähriger bei Arona (I) Angst und Schrecken. Wie von Sinnen lenkte er sein Fahrzeug gegen andere Autos, richtete das geladene Gewehr auf Menschen. Wer ist der irre Amokfahrer? Blick ging der Frage nach.
https://www.blick.ch/ausland/neue-details-zur-amokfahrt-des-schweizer-neonazis-am-lago-maggiore-schweizer-machte-regelrecht-jagd-auf-autofahrer-id17951131.html
-> https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/kanton-thurgau/amokfahrt-reichsbanner-im-kofferraum-mit-armeekarabiner-auf-menschen-gezielt-thurgauer-neonazi-terrorisiert-autofahrer-am-lago-maggiore-ld.2357232


+++RECHTSPOPULISMUS 2
spiegel.de 11.10.2022

AfD-Spendenaffäre: Staatsanwaltschaft verfolgt neue Spur in die Schweiz

Wurde der Aufstieg der AfD zur Social-Media-Partei von einem milliardenschweren Unternehmer finanziert? Nach Informationen von Correctiv, ZDF »Frontal« und SPIEGEL haben Ermittler neue Hinweise – auf einen alten Bekannten.

Von Sven Becker und Sven Röbel

Der Parteispendenskandal der AfD weitet sich aus. Nach gemeinsamen Recherchen von Correctiv,dem ZDF-Magazin »Frontal« und SPIEGEL geht die Staatsanwaltschaft Berlin dem Verdacht nach, dass die AfD weitere, mutmaßlich illegale Zuwendungen aus der Schweiz erhalten hat. Konkret geht es um die Finanzierung einer offenbar groß angelegten Social-Media-Offensive der Partei mithilfe einer nordbayerischen Agentur.

Nach Informationen von Correctiv, dem ZDF-Magazin »Frontal« und SPIEGEL durchsuchten Fahnder der Kriminalpolizei am 28. September in der Nähe von Aschaffenburg die Räume eines Geschäftsmanns, der als Social-Media-Experte für die AfD tätig war und unter anderem den Facebook-Auftritt der Partei betreute.

Zusätzlich, so der Verdacht der Ermittler, soll die Privatfirma des Mannes weitere Social-Media-Aktivitäten für die AfD durchgeführt haben. Diese sollen jedoch nicht aus der offiziellen Parteikasse, sondern verdeckt aus der Schweiz bezahlt worden sein – was ein Verstoß gegen das Parteiengesetz wäre.

Die AfD gilt seit Jahren als die mit Abstand größte Partei in den sozialen Netzwerken, besonders bei Facebook und neuerdings auch bei TikTok . Seit ihrer Gründung im Jahr 2013 hat die Partei es geschafft, dass ihre Inhalte deutlich häufiger geliked oder kommentiert werden als die der politischen Konkurrenz. Der Social-Media Experte, bei dem jetzt durchsucht wurde, soll daran einen erheblichen Anteil haben
.
Verdeckte Zahlungen und Einfluss auf den Kurs der Partei

Wie aus einem Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten hervorgeht, suchten die Ermittler bei der Razzia unter anderem nach Unterlagen zu möglichen Verbindungen des Experten zu dem Milliardär Henning Conle, der über einen Wohnsitz in der Schweiz verfügt.

Der öffentlichkeitsscheue Immobilienunternehmer gilt als Schlüsselfigur in der seit Jahren schwelenden AfD-Parteispendenaffäre. Es geht um verdeckte Zahlungen aus dem Ausland und mögliche Einflussnahmen auf den Kurs der Partei. Mit der Razzia bei Aschaffenburg und an sechs weiteren Orten hat der Skandal nun eine neue Dimension erreicht.

Die Durchsuchungen sind Bestandteil eines umfangreichen Ermittlungskomplexes gegen einen früheren Schatzmeister sowie den langjährigen Bundesvorsitzenden der AfD, Jörg Meuthen. Den ehemaligen Spitzenfunktionären werden der Verstoß gegen das Parteiengesetz und Untreue vorgeworfen. In mehreren Rechenschaftsberichten der Partei sollen veröffentlichungspflichtige Zuwendungen verschwiegen worden sein.

Brisante Aussagen von Frauke Petry

Bisher ging es vor allem um aufwändige Plakatkampagnen und millionenfach verteilte Gratiszeitungen, in denen Stimmung für die AfD gemacht wurde. Nun ist auch die Finanzierung der Social-Media-Aktivitäten ins Visier der Ermittler geraten.

Der Verdacht der Berliner Staatsanwaltschaft, dass dahinter der Milliardär Conle stecken könne, beruht offenbar vor allem auf Aussagen der früheren AfD-Chefin Frauke Petry, über die im vergangenen Jahr Correctiv und das ZDF-Magazin »Frontal«  berichtet hatten.

So schilderte Petry, die aus der AfD ausgetreten ist, im Juni 2021 einen brisanten Vorgang: In einem an den damaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble gerichteten Brief schrieb sie, dass der bayerische Social-Media-Experte im Jahr 2016 ihrem damaligen Vorstandskollegen Meuthen ein Konzept für eine Social-Media-Offensive der AfD vorgelegt habe – die mutmaßlich von Conle finanziert werden sollte.

Daraufhin sei es auf Vermittlung Meuthens zu zwei Treffen des Experten mit dem Milliardär gekommen. An einem der Meetings soll laut Petry auch der umstrittene Werber Alexander Segert teilgenommen haben, über dessen Schweizer PR-Agentur Goal AG das Geld für die Umsetzung des Konzepts schließlich an die Firma des Social-Media-Experten geflossen sei.

Werbekampagnen und »Guerilla-Marketing«

Die Aussagen Petrys passen zu einem E-Mail-Wechsel zwischen Meuthen und dem bayerischen Experten (»Entwicklung Facebook/vertraulich«) aus dem Frühjahr 2016. Darin schlug der Spezialist dem Parteichef unter anderem den verstärkten Einsatz von »Kommentatoren« vor, um den Kontakt zu Facebook-Nutzern zu intensivieren, dazu bezahlte »Werbekampagnen« und »Guerilla-Marketing«-Aktionen, bei denen AfD-typische Argumente in die digitalen Diskussionsforen anderer Parteien eingebracht werden sollten. Derartige Maßnahmen, so gab der Experte zu bedenken, stünden und fielen allerdings »mit dem finanziellen Background«.

Meuthen bedankte sich seinerzeit und schrieb, ihm sei klar geworden, »was mit mehr Geld und Manpower noch möglich wäre«. Er werde das Konzept »an unseren potenziellen Unterstützer« weiterleiten. War mit dem »potenziellen Unterstützer« Henning Conle gemeint?

Fragen von Correctiv, dem ZDF-Magazin »Frontal« und SPIEGEL zu dem Vorgang ließen sowohl der Social-Media-Experte – der in dem Verfahren als Zeuge geführt wird – als auch die Schweizer Goal AG unbeantwortet. Milliardär Conle reagierte nicht auf Kontaktversuche, während die AfD eine Stellungnahme ablehnte. »Zu laufenden staatsanwaltlichen Ermittlungen äußern wir uns grundsätzlich nicht«, erklärte die Bundesgeschäftsstelle.

Jörg Meuthen, der die AfD inzwischen ebenfalls verlassen hat, teilte mit, er sei »überzeugt, dass sich die gegen mich in den Raum gestellten Verdächtigungen vollständig als haltlos und unzutreffend erweisen« würden. Zu konkreten Fragen, etwa nach seinen Verbindungen zu dem Milliardär Conle, wollte sich Meuthen unter Berufung auf das laufende Strafverfahren nicht äußern.

Spenden über Konten zweier Pharmafirmen

Sollte sich der Verdacht der Berliner Ermittler bestätigen, wäre es nicht das erste Mal, dass Conle als mutmaßlicher Finanzier von Social-Media-Aktivitäten zugunsten der AfD von sich reden macht. Nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Konstanz steckte der Immobilienunternehmer bereits hinter einer illegalen Großspende in Höhe von 150.000 Schweizer Franken, die im Bundestagswahlkampf 2017 auf ein Konto des AfD-Kreisverbands Bodenseekreis geflossen war.

Recherchen von NDR, WDR und »Süddeutscher Zeitung« zufolge wurde das Geld – damals umgerechnet rund 132.000 Euro – in Tranchen gestückelt und von einem Vertrauten Conles über die Konten zweier Pharmafirmen an die AfD weitergeleitet. Verwendungszweck: »Wahlkampfspende Alice Weidel Socialmedia«. Weidel, die heutige Partei- und Fraktionschefin der AfD, war damals Spitzenkandidatin für den Bundestag.

Zusätzliche Brisanz gewann die Großspende, als der Bundestagsverwaltung nachträglich eine Liste mit den Namen von 14 angeblichen Spendern vorgelegt wurde, die sich zum Teil als gekaufte Strohleute entpuppten. Wegen der unzulässigen Annahme der verschleierten Spende musste die AfD ein Strafgeld in dreifacher Höhe, also fast 400.000 Euro, zahlen.

Die Partei klagte gegen den Sanktionsbescheid – und scheiterte vor dem Berliner Verwaltungsgericht. Die Richter teilten die Vermutung der Bundestagsverwaltung, dass es sich bei dem tatsächlichen Spender um Henning Conle handelte. In dem Rechtsstreit hat die Partei inzwischen Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt.

Razzien in mehreren Städten

Unterdessen könnten noch mehr Spendenprobleme auf die AfD zukommen: Zeitgleich mit der Razzia bei Aschaffenburg ließ die Berliner Staatsanwaltschaft am 28. September sechs weitere Objekte durchsuchen – darunter die Bundeszentrale der AfD in Berlin, die Wohn- und Geschäftsräume des langjährigen Chefs des inzwischen aufgelösten AfD-Unterstützerklubs »Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten« sowie eine Steuerberaterkanzlei in Karlsruhe, in der unter anderem Kontounterlagen beschlagnahmt wurden.

Laut Justizakten sollten schriftliche und digitale Beweismittel sichergestellt werden, die Aufschluss zu »Kontakten und Absprachen zwischen den Verantwortlichen des Vereins und Vertretern der AfD«, zu »Verbindungen und Abhängigkeiten« der Vereinsleute mit der Schweizer Goal AG sowie zu Leistungen des Vereins für Parteigliederungen, Funktionäre und Kandidaten der AfD geben können.

Außerdem interessierten sich die Ermittler für Unterlagen zur »Finanzierung und zum Vertrieb der Zeitschriften ›Extrablatt‹ und ›Deutschland Kurier‹ für die Wahlkämpfe der AfD bei den Landtagswahlen 2016 bis 2018 sowie zur Bundestagswahl 2017«. Aus den bisher geführten Ermittlungen ergäbe sich der Verdacht, dass der Verein »mit Finanzmitteln aus der Schweiz Werbemaßnahmen für die Wahlkämpfe der AfD gesteuert und ausgeführt« habe.

Damals ließ der Verein seine Gratiszeitungen, in denen er offen zur Wahl der AfD aufrief, millionenfach in Briefkästen werfen. Er organisierte auch Plakatkampagnen, unter anderem mit dem Slogan: »Damit Deutschland nicht zerstört wird! Jetzt AfD wählen«.

Der frühere Vereinschef, der in dem Verfahren ebenfalls als Zeuge geführt wird, kritisierte die Durchsuchung als unverhältnismäßig. Zu den Finanziers der Werbeaktionen, so erklärte er wiederholt, äußere er sich grundsätzlich nicht.

Auch am Firmensitz des Werbeflächenvermarkters Ströer in Köln, der groß angelegte Plakatkampagnen des AfD-Unterstützerklubs und der Schweizer PR-Firma Goal AG durchgeführt hatte, erschienen am letzten Septembermittwoch Ermittler und präsentierten richterliche Durchsuchungsbeschlüsse. Gesucht wurden offenbar auch hier Unterlagen zu möglichen geheimen Absprachen zwischen der AfD und ihren diskreten Wahlkampfunterstützern.

Ströer äußerte sich nicht zu konkreten Fragen. Im vergangenen Jahr erklärte der Konzern in einer Pressemitteilung , man gehe generell davon aus, dass die Finanzierung von Aufträgen durch die Kunden rechtmäßig erfolge und auch die Transparenzregeln des Bundestags eingehalten würden. Die AfD ließ damals mitteilen, dass es zu keinem Zeitpunkt eine Koordinierung der Werbemaßnahmen gegeben habe.

Doch es gibt Hinweise, dass die PR-Kampagnen der Partei und die ihrer Unterstützer sehr wohl miteinander abgestimmt waren: Nach Recherchen von Correctiv, dem ZDF-Magazin »Frontal« und SPIEGEL wurden die Plakataktionen des Unterstützerklubs bei Ströer bisweilen unter der gleichen Kundennummer gebucht wie die offiziellen Kampagnen der Partei.
(https://www.spiegel.de/politik/deutschland/afd-spendenaffaere-staatsanwaltschaft-verfolgt-neue-spur-in-die-schweiz-a-f3983e00-6dbe-49cc-bb60-0577999b7fd8)
-> https://correctiv.org/aktuelles/afd-spendenskandal/2022/10/11/durchsuchungen-in-der-afd-spendenaffaere-ermittler-gehen-spuren-zu-milliardaer-aus-der-schweiz-nach/
-> https://www.zdf.de/nachrichten/politik/afd-durchsuchung-illegale-spenden-100.html
-> https://www.zdf.de/politik/frontal/frontal-vom-11-oktober-2022-100.html
-> https://www.watson.ch/!796707028