Medienspiegel 9. Oktober 2022

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel/

+++BERN
PdA und AL: Wir kämpfen weiter!
Die Fraktion der Partei der Arbeit und der Alternative Linke forderte von der Berner Stadtregierung mehr Zivilcourage im Kampf gegen die unmenschlichen Zustände im Asylwesen. Die Antwort der Regierung liegt nun vor.
https://www.vorwaerts.ch/inland/pda-und-al-wir-kaempfen-weiter/


+++BASEL
Der Boden weint im Beyeler Museum
Die kolumbianische Künstlerin Doris Salcedo erinnert in der Fondation Beyeler mit einem «weinenden» Boden an ertrunkene Flüchtlinge.
https://telebasel.ch/2022/10/09/der-boden-weint-im-beyeler-museum/?channel=105100


+++SCHWEIZ
Flucht ist weder männlich noch weiblich – sondern menschlich
Auch im Zusammenhang mit der Flucht von vielen Frauen* und Kinder vom Krieg in der Ukraine tauchen in den öffentlichen Debatten viele Fragen auf. Einfache Antworten gibt es aber nicht, denn die Fluchtgründe sind komplex.
https://www.vorwaerts.ch/inland/flucht-ist-weder-maennlich-noch-weiblich-sondern-menschlich/


Kantone wegen Flüchtlingsstrom gefordert
Der Flüchtlingsstrom in die Schweiz nimmt wieder zu. Das stellt die Kantone vor grosse Herausforderungen, so muss zum Beispiel in Zivilschutzanlagen und Mehrzweckhallen Platz geschaffen werden. Auch die Ostschweizer Kantone rüsten sich.
https://www.tvo-online.ch/aktuell/kantone-wegen-fluechtlingsstrom-gefordert-148301073


+++SEXWORK
Der Milieu-Report von der Zürcher Langstrasse: Der Strassenstrich floriert – trotz Verbot
Zürich wollte den Strassenstrich eindämmen. Doch nach wie vor stehen Sexarbeitende links und rechts der berühmten Sündenmeile. Ist das Projekt gescheitert?
https://www.blick.ch/schweiz/zuerich/der-milieu-report-von-der-zuercher-langstrasse-der-strassenstrich-floriert-trotz-verbot-id17946129.html


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Provokative Kunst – Eine Brücke rosarot anmalen – warum tut sie das?
Barbara Kiener macht illegale Kunstaktionen im öffentlichen Raum. Sie erklärt, mit welchem Ziel und was sie in Kauf nimmt.
https://www.srf.ch/news/schweiz/provokative-kunst-eine-bruecke-rosarot-anmalen-warum-tut-sie-das


Waldbesetzung hat Folgen: Staatsanwaltschaft verurteilt zwei Klimaaktivisten, die sich der Polizei widersetzten
Im April sorgten mehrere Klimaaktivisten auf dem Geissberg bei Villigen für nationales Aufsehen. Auf Bäumen richteten sie ihre Waldbesetzung ein, um gegen die Erweiterung des Steinbruchs Gabenchopf bei Villigen zu protestieren. Nun wurden zwei der Aktivisten zu bedingten Geldstrafen verurteilt.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/auf-dem-geissberg-waldbesetzung-hat-folgen-staatsanwaltschaft-verurteilt-zwei-klimaaktivisten-die-sich-der-polizei-widersetzten-ld.2356281


Schicken Migros und Denner jetzt Sprayer los?
In mehreren Schweizer Städten tauchen Graffitis des Migros und Denner auf. Ein Werbegag? Nein, sagen die Unternehmen. Es sind schon Anzeigen eingegangen.
https://www.nau.ch/news/schweiz/schicken-migros-und-denner-jetzt-sprayer-los-66294345


Menschenkette durch die Altstadt: Tierschützer gehen in Luzern und Zug auf die Strasse
In der Zentralschweiz haben am Samstag gleich zwei Kundgebungen gegen Tierquälerei stattgefunden. Damit wollten die Organisatoren ein Zeichen gegen überfüllte Tierställe und misshandelte Pferde setzen. Denn nur wenige Fälle von Tierquälerei kommen jemals an die Öffentlichkeit.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/stadt-region-luzern/kundgebungen-tierschuetzer-gehen-in-luzern-und-zug-auf-die-strasse-ld.2356262


Afghaninnen und Afghanen setzen vor dem Regierungsgebäude ein Zeichen gegen den Terror
Am Samstag haben im Kanton Zug lebende Afghaninnen und Afghanen vor dem Regierungsgebäude einen Gedenkanlass durchgeführt.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/zug/stadt-zug-afghaninnen-und-afghanen-setzen-vor-dem-regierungsgebaeude-ein-zeichen-gegen-den-terror-ld.2356329


+++RASSISMUS
ANTIRA-WOCHENSCHAU UNO-AG kritisiert die Schweiz, EU-Staaten schieben mehr ab, Fascho-Parteien gewinnen Wähler*innenanteile
https://antira.org/2022/10/09/uno-ag-kritisiert-die-schweiz-eu-staaten-schieben-mehr-ab-fascho-parteien-gewinnen-waehlerinnenanteile/


+++RECHTSEXTREMISMUS
Wilde Verfolgungsjagd endet am Lago Maggiore: Schweizer Neonazi zielt mit Gewehr auf Passanten
Über mehrere Stunden hält ein 31-Jähriger am Samstagabend Polizei und Verkehrsteilnehmer in Atem. Er startet in Como, fährt an den Lago Maggiore. Dabei rast der unter Drogen stehende Mann mit einem gestohlenen VW Golf in rund 15 Autos. Und es kommt noch schlimmer.
https://www.blick.ch/ausland/wilde-verfolgungsjagd-endet-am-lago-maggiore-schweizer-neonazi-zielt-mit-gewehr-auf-passanten-id17948363.html
-> https://www.20min.ch/story/neonazi-bedroht-passanten-mit-gewehr-und-flieht-im-wagen-vor-der-polizei-638851088435
-> https://www.derbund.ch/schweizer-zielt-in-italien-mit-gewehr-auf-menschen-und-rammt-autos-490711395215


Wenn Ökologie politisch gefährlich wird
Umweltpolitik wird von ganz rechts auch als «Verpackung» für antidemokratische und rassistische Ziele missbraucht.
https://www.infosperber.ch/umwelt/wenn-oekologie-politisch-gefaehrlich-wird/


»Mein Kampf« ja, Antifa-T-Shirts nein: Kaufland wegen rechtsradikaler Bücher in der Kritik
Auf dem Onlinemarktplatz der Supermarktkette Kaufland werden Bücher von Rechtsradikalen und Holocaustleugnern verkauft. Im Netz hagelt es Kritik – und die Erklärung des Unternehmens beruhigt die Debatte nicht wirklich.
https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/kaufland-kritik-auf-twitter-wegen-rechtsradikale-literatur-a-ac979384-bde6-45ce-bc19-5d69a9f16530
-> https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/kaufland-mein-kampf-hitler-kritik-100.html


+++HISTORY
Am Anfang ist das Wort
Die Geschichte des Begriffs FLINTA* zeigt dessen emanzipatorisches Potenzial, aber auch die damit verbundenen Probleme
Der Begriff FLINTA* soll möglichst viele Subjekte im feministischen Kampf repräsentieren, wird aber dafür auch kritisiert. Woher kommt die Bezeichnung und was ist daran emanzipatorisch?
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1167492.feminismus-am-anfang-ist-das-wort.html



NZZ am Sonntag 09.10.2022

Gehören die Benin-Bronzen den Nachfahren der Sklaven?

Eine amerikanische Anwältin fordert die westlichen Länder auf, die umstrittenen Objekte nicht nach Nigeria zu geben.

Gerhard Mack

Fünf Jahre sind es her, seit der französische Präsident Emmanuel Macron bei einem Staatsbesuch in Burkina Faso im Juli 2017 die Rückgabe aller afrikanischen Kulturgüter im Besitz des französischen Staates versprach. Seither hat die Diskussion um den Umgang mit Objekten, die während der Kolonialzeit aus ehemaligen afrikanischen Ländern in westliche Länder kamen, starken Auftrieb erhalten.

Die Bronzen aus dem ehemaligen Königreich Benin stehen dabei im Zentrum. Sie wurden bei einem britischen Feldzug gegen das Königreich 1897 in Benin City beschlagnahmt, in den westlichen Handel gebracht und von Museen erworben. Seit Emmanuel Macrons Ankündigung wurde der Druck auf die Staaten und Museen so gross, dass sie teilweise die völlige Rückführung der Benin-Objekte beschlossen.

So unterzeichnete Deutschland Ende August einen Vertrag mit Nigeria über die Rückgabe von 514 solcher Gegenstände: neben den Bronzen auch Objekte aus Holz und Elfenbein. Aussenministerin Annalena Baerbock und Kulturstaatsministerin Claudia Roth sprachen vom «Heilen der Wunden der Vergangenheit».

Zwischenruf aus den USA

Doch wessen Wunden sollen hier geheilt werden? Diese Frage stellte die New Yorker Anwältin Deadria Farmer-Paellmann und die von ihr 2000 gegründete Restitution Study Group, die sich teilweise mit Erfolg für die Unterstützung von Nachfahren ehemaliger Sklaven in den USA, der Karibik und Europa einsetzt, etwa in der Bildung. Und sie hat in Brandbriefen an die Regierungen und Museen in Grossbritannien, Deutschland und Frankreich eine klare Meinung geäussert: «Diese Relikte sind der Reichtum und das Erbe der Nachkommen der Versklavten, nicht der Sklavenhändler.» Mit Letzteren meint sie neben den Weissen auch Nigeria.

Die Anwältin begründet das folgendermassen: Das Königreich Benin hat «Dörfer überfallen, Frauen, Kinder und Männer geraubt, im transatlantischen Sklavenhandel verkauft und manchmal in Opferzeremonien getötet». Mehr als 3,6 Millionen Menschen seien aus dem Gebiet des heutigen Nigeria versklavt worden. Durch DNA-Tests, die Erforschung von Schiffsladungen und weitere Untersuchungen habe man nachgewiesen, dass 83 Prozent der Jamaicaner und 93 Prozent der Afroamerikaner von Sklaven aus dieser Region abstammen.

Benins Reichtum aus Sklavenhandel

Die lokalen Sklavenhändler wurden mit Metallreifen, sogenannten Manillas, bezahlt. Aus diesen fertigte das Königreich Benin seine Bronzeobjekte. Diese seien also mindestens so sehr Zeugnisse von dessen Beteiligung an der Versklavung von Menschen wie solche der kulturellen und spirituellen Tradition im heutigen Nigeria. «Das Königreich Benin wurde durch seine Mitwirkung am Sklavenhandel reich.» Entschuldigt habe das afrikanische Land sich dafür bisher nicht. Die sogenannte Strafaktion der Briten 1897 habe «den Verkauf und das Opfer versklavter Menschen sogar beendet, die 300 Jahre unter den kriegerischen Aktionen des Königreichs Benin gelitten haben».

Dieses Leid möchte Deadria Farmer-Paellmann anerkannt und erforscht wissen. Und sie sieht das am besten gewährleistet, wenn die Benin-Objekte in den westlichen Museen verbleiben. Zum einen soll «das Königreich Benin in Nigeria durch eine Rückführung nicht ungerecht bereichert werden». Die Anwältin stellt klar: «Wir stimmen diesen Rückgaben nicht zu. Schwarze unterstützen nicht die Erben von Sklavenhändlern, nur weil sie schwarz sind.»

Dann aber glaubt sie auch, dass die westlichen Museen «für die Nachfahren der Sklaven aus der Region dauerhafte Wächter über diese Relikte» sein können und ihre Erforschung gewährleisten. So lässt sich an den Legierungen die Herkunft der Metalle nachweisen. Für Kupfer im 16. und 17. Jahrhundert etwa hat man Minen im Harz ausgemacht. Der Westen bietet ihrer Ansicht nach eine Chance für eine gerechte Aufarbeitung, Nigeria nicht. Dort wird inzwischen unter verschiedenen Akteuren bereits heftig um die Bronzen gestritten.

Das Museum Rietberg, das Benin-Objekte hat, äussert sich sehr allgemein. Direktorin Annette Bhagwati mailt: «Wie die Äusserungen der Restitution Study Group zeigen, ist die öffentliche Diskussion zur Provenienzforschung und hier spezifisch zu Werken aus dem ehemaligen Königtum Benin sehr vielschichtig. Ein jedes Land ist gefordert, sich mit der eigenen (. . .) Geschichte auseinanderzusetzen und den Dialog zu seinen Werken und Objektbiografien auf weitere Communities weltweit zu erweitern, wie wir derzeit mit unserem Projekt auch die koloniale Verstrickung der Schweiz und dem Königtum Benin thematisieren.»
(https://magazin.nzz.ch/nzz-am-sonntag/kultur/gehoeren-die-benin-bronzen-den-nachfahren-der-sklaven-ld.1706354)