Medienspiegel 13. September 2022

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel/

+++APPENZELL
Flüchtlingsmutter Gertrud Kurz aus Lutzenberg AR erhält eigene Briefmarke (ab 02:35)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-ostschweiz/alte-muehle-abgebrannt?id=12253189
-> https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/ressort-ostschweiz/wuerdigung-fluechtlingsmutter-und-friedensaktivistin-die-schweizerische-post-wuerdigt-die-appenzellerin-gertrud-kurz-mit-einer-sondermarke-ld.2342460


+++LUZERN
Luzerner Gemeinden haben Mühe genügend Plätze für Flüchtlinge anzubieten (ab 02:19)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zentralschweiz/luzerner-polizei-bekommt-neue-umstrittene-digitale-hilfsmittel?id=12253180
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zentralschweiz/luzern-harsche-kritik-wegen-fluechtlingsunterbringung?id=12253357
-> https://www.zentralplus.ch/politik/asyl-streit-kanton-luzern-erteilt-gemeinden-absage-2449591/
-> https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/kanton-luzern/fluechtlingskrise-kritik-von-links-bis-rechts-kantonsrat-fordert-mehr-kompetenzen-fuer-gemeinden-ld.2342884


So tief wird das Loch in der Gemeindekasse – Wohnungen für Flüchtlinge: Ebikon ist das Schlusslicht
Zehn Wochen hat der Kanton den Luzerner Gemeinden Zeit gegeben, um Unterbringungsplätze für Flüchtlinge aus der Ukraine zu schaffen. Noch weit vom Ziel entfernt ist Ebikon. Das kostet die Steuerzahler ab jetzt über 30’000 Franken im Monat.
https://www.zentralplus.ch/gesellschaft/wohnungen-fuer-fluechtlinge-ebikon-ist-das-schlusslicht-2448415/


+++NIDWALDEN
Der Kanton Nidwalden braucht mehr Geld für Kriegs-Flüchtlinge (ab  03:31)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zentralschweiz/luzerner-polizei-bekommt-neue-umstrittene-digitale-hilfsmittel?id=12253180


+++WAADT
nzz.ch 13.09.2022

Bund streicht der Waadt Millionengelder wegen versäumter Ausschaffungen

Der grösste Westschweizer Kanton weist abgewiesene Asylbewerber später als andere zurück. Das sorgt für Kritik. Man bearbeite die Fälle gründlicher, verteidigen sich die Behörden.

Tobias Gafafer, Antonio Fumagalli

Bei Ausschaffungen von abgewiesenen Asylbewerbern kann es zu dramatischen Szenen kommen. Die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) schildert in ihrem Bericht zum letzten Jahr, den sie unlängst veröffentlicht hat, eine Zwangsrückführung in Genf. So fesselte ein Grossaufgebot der Polizei eine schwangere Frau in Anwesenheit ihrer Kinder. Die Frau musste ihr Kleinkind in Handschellen stillen. Die Vorgehensweise sei erniedrigend und unmenschlich, kritisierte die NKVF.

Die Genfer Behörden erklärten das Grossaufgebot der Polizei mit dem Widerstand und den Drohungen des Vaters, seine Kinder im Falle einer Rückführung zu verletzen. Die Fesselung der Mutter rechtfertigten die Verantwortlichen mit der Gefahr, dass die Kinder verletzt werden könnten. Bei der geschilderten Ausschaffung handelt es sich um einen besonders schwierigen Fall. Die NKVF hält in ihrem Bericht auch fest, dass der Umgang der Behörden mit auszuschaffenden Personen insgesamt professionell und respektvoll sei.

Zürich contra Waadt

Für den Vollzug der Ausschaffungen sind die Kantone zuständig. Und zwischen diesen gibt es grosse Unterschiede. Der Kanton Zürich verweist in der Antwort auf eine Anfrage von Parlamentariern der FDP, die er Ende August publiziert hat, auf die Waadt. So stammten 16,6 Prozent der weggewiesenen Asylbewerber, die sich noch in der Schweiz aufhielten, aus dem grössten Westschweizer Kanton. Dabei müsse dieser gemäss dem Verteilschlüssel lediglich 9,4 Prozent der Asylsuchenden aufnehmen, schreibt der Zürcher Regierungsrat.

Nur 13,4 Prozent der weggewiesenen Personen im Asylbereich stammten aus dem Kanton Zürich, der aber 17,9 Prozent der Asylsuchenden aufnehmen müsse. Zürich vollziehe konsequent, konstatiert die Kantonsregierung. Die Waadt weise dagegen übermässig viele Vollzugspendenzen auf – und das, obwohl die Kantone verpflichtet seien, die vom Bund angeordneten Wegweisungen zu vollziehen. Der Kanton habe auch die höchsten Kosten für die Nothilfe.

Die Behörden bringen weggewiesene Asylbewerber, welche die Schweiz verlassen müssten, in Nothilfeunterkünften unter. Sie erhalten nur noch das Nötigste. Dies soll den Druck, die Schweiz freiwillig zu verlassen, erhöhen.

Die Zürcher Zahlen stammen aus der Asylstatistik des Staatssekretariats für Migration (SEM) von 2021. Die Waadt gilt seit Jahren als Kanton, der am meisten Mühe hat, weggewiesene Asylbewerber rechtzeitig abzuschieben. Das hat für den Kanton finanzielle Folgen: Gemäss einer Hochrechnung hat das SEM der Waadt seit dem Oktober 2016 Pauschalen in Höhe von rund 12 Millionen Franken gestrichen.

Dabei geht es etwa um Gelder für die Nothilfe oder die Globalpauschalen. Seit der Revision des Asylgesetzes 2016 kann der Bund auf die Zahlung von Subventionen verzichten, wenn ein Kanton seine Vollzugsaufgaben nicht oder nur mangelhaft erfüllt. Ausnahmen gibt es nur in gut begründeten Fällen.

Waadt weist Vorwürfe zurück

An den Waadtländer Behörden perlt die Kritik jedoch ab. «Den Vorwurf einer laschen Umsetzung der Bundesentscheide weisen wir in aller Form zurück», schreibt das zuständige Departement auf Anfrage. Man sei bemüht, die Fälle «von A bis Z» zu lösen, anstatt bei den klandestinen Aufenthalten die Augen zuzudrücken. «Das benötigt etwas mehr Zeit. Aber weniger Illegale heisst weniger Personen, die weder arbeiten noch sich integrieren können.»

Anders gesagt: Die Waadt lässt abgewiesene Asylbewerber länger als andere Kantone in den Notunterkünften verbleiben, bevor sie Zwangsmassnahmen anwendet. Denn die Erfahrung zeigt, dass nach der Ausschaffungs-Androhung viele Abgewiesene untertauchen und sich irgendwie durchschlagen. Aus Sicht des Kantons ist damit niemandem gedient.

An der gegenwärtigen Praxis gedenke man nichts zu ändern, betont das Departement. Sie sei vom gesamten Staatsrat gutgeheissen. Den Fokus lege man auf Rückführungen von Personen, die straffällig geworden seien. In der Tat zeigen die Zahlen für 2021, dass mit 241 von insgesamt 570 fast die Hälfte aller Ausgereisten eine kriminelle Vergangenheit aufwies. In 190 Fällen handelte es sich um Landesverweisungen per Strafbefehl.

Rückkehr-Zustupf vom Kanton

Wenn immer möglich bevorzuge man die freiwillige Ausreise der abgewiesenen Asylbewerber per Linienflug, sagt das Departement. Dabei erhalten die Betroffenen zusätzlich zur Rückkehrhilfe des Bundes noch einen Zustupf des Kantons.

Es benötige viel Überzeugungsarbeit, um Personen zur Rückkehr zu bewegen, die ihre Heimat teilweise mehrere Jahre zuvor verlassen hätten – besonders, wenn auch die Familie in der Schweiz weile. «Man muss sie enger begleiten und ihren Kindern teilweise erlauben, das Schuljahr zu beenden», schreibt das Departement. Das alles brauche Zeit und erkläre, warum die Waadt pro Kopf die mitunter höchsten Nothilfebeträge aller Kantone entrichten müsse.

Hinzu komme, dass die Covid-Pandemie den Rückführungen oftmals einen Strich durch die Rechnung gemacht habe, weil die Grenzen geschlossen gewesen seien und die Fluggesellschaften zusätzliche sanitäre Anforderungen gestellt hätten. Der Kanton erinnert auch daran, dass mehrere Länder – notabene in Nordafrika, wo viele der Abgewiesenen in der Waadt herkommen – ihre Landsleute mangels Abkommen gar nicht erst zurücknehmen. Im Verhältnis mit Algerien hat sich die Situation jüngst allerdings wieder verbessert.

Trotz den gestrichenen Geldern sieht auch der Bund gewisse Fortschritte. Das SEM führe mit dem Kanton Waadt regelmässig Sitzungen durch, um den Vollzug der Wegweisungen zu optimieren, sagt der Sprecher Daniel Bach. Als Folge seien verschiedene Bereiche der Zusammenarbeit geprüft und Massnahmen erarbeitet worden. Dank einer intensiven und gemeinsamen Bearbeitung hätten mehrfach auch anspruchsvolle Rückführungen durchgeführt werden können. Die Pendenzen waren in den letzten beiden Jahren denn auch tiefer als noch 2019.
(https://www.nzz.ch/schweiz/bund-streicht-der-waadt-millionengelder-wegen-versaeumten-ausschaffungen-ld.1702455)


+++ZÜRICH
tagesanzeiger.ch 13.09.2022

Wenn Ausländer raus müssen: Bis zu 18 Monate Haft – und kein Anwalt zur Seite

Zwei Zürcher Anwältinnen haben einen Pikettdienst gegründet für Menschen in Ausschaffungshaft. Bisher bleiben die Betroffenen oft ohne juristische Hilfe.

Liliane Minor

Da sind zum Beispiel die Eltern dreier Kinder. Eines Tages werden sie von der Kantonspolizei abgeholt. Ihr Vergehen: Ihr Asylgesuch ist abgelehnt worden, aber sie hatten die Schweiz nicht innert der gesetzten Frist verlassen. Nun plant das Migrationsamt die Ausschaffung der Familie. Und um sicherzustellen, dass die Polizei die Eltern und Kinder am Tag x auch wirklich auffinden würde, steckt man die Eltern ins Gefängnis, die Kinder in ein Heim.

Oder da ist jener Eritreer, der in Durchsetzungshaft genommen wird. Das Zürcher Migrationsamt will ihn damit zwingen, die nötigen Dokumente für die Rückreise in die Heimat zu beschaffen. Nur: Der Mann müsste dafür bei den eritreischen Behörden eine Deklaration unterschreiben, in der er sich für schuldig erklären würde, den Nationaldienst nicht absolviert zu haben. Das kommt einem Verbrechen gleich, das in Eritrea drakonisch bestraft wird. Der Mann würde mit seiner Unterschrift einer solchen Strafe zustimmen.

Betroffene verstehen nicht, was passiert

Sowohl bei der Familie als auch beim Eritreer erweist sich die Verhaftung später als nicht rechtmässig – aber nur, weil deren Anwältinnen bei den Gerichten intervenierten. Dieses Glück haben nicht alle. Pro Jahr landen in der Schweiz im Schnitt rund 6000 Personen in Haft, weil sie ausreisen müssen. Und zahlreiche Betroffene haben keinen Rechtsbeistand, der sie im Verfahren unterstützt.

Denn Pflichtverteidiger wie in der Untersuchungshaft gibt es in der Ausschaffungs- und Durchsetzungshaft nicht. Zwar hätten die Betroffenen je nach Verfahrensart und -stand Anrecht auf unentgeltliche Rechtsvertretung, aber dafür müssten sie zuerst einmal einen Antrag stellen. «Viele Betroffene wissen das nicht, und sie verstehen oft auch nicht recht, worum es geht und weshalb sie verhaftet wurden», sagt Magda Zihlmann.

Zihlmann ist Anwältin mit Spezialgebiet Migrationsrecht. Und sie ist zusammen mit Anwaltskollegin Antigone Schobinger Co-Präsidentin des neu gegründeten Vereins Pikett Administrativhaft. Dieser will dafür sorgen, dass betroffene Ausländerinnen und Ausländer von Anfang an einen Rechtsvertreter kontaktieren können. Seit dem 1. Juli ist eine Pikettnummer in Betrieb; 41 Anwältinnen und Juristen teilen den Pikettdienst unter sich auf.

Was die Behörden verlangen, muss zulässig sein

Was hat die beiden Frauen dazu bewogen? «Durchsetzungs- und Ausschaffungshaft sind ganz massive Eingriffe in die persönliche Freiheit», sagt Zihlmann. «Wenn der Staat schon eine solche Massnahme anordnet, dann muss das Verfahren korrekt ablaufen.» Die Voraussetzungen für diese Art von Haft seien zu Recht streng. «Mein Eindruck ist aber, dass die Behörden im Kanton Zürich relativ einseitig und ungenau arbeiten und die Richtlinien oft nicht einhalten. Beschwerden sind deshalb überdurchschnittlich oft erfolgreich», sagt die Anwältin.

Durchsetzungshaft ist zum Beispiel nur zulässig, wenn das, was die Behörden verlangen, für den Betroffenen zumutbar ist. Eine Voraussetzung, die beim Beispiel des Eritreers klar nicht erfüllt war. «Der Staat darf niemanden dazu zwingen, sich selbst anzuzeigen», sagt Antigone Schobinger. Ausschaffungshaft wiederum darf nur angeordnet werden, wenn eine reale Gefahr besteht, dass die Betroffenen untertauchen. Bei einer fünfköpfigen Familie sei das mitten im Winter wohl kaum gegeben, befand das Zwangsmassnahmengericht.

«Um solche Unstimmigkeiten zu finden, braucht es spezialisierte Rechtsvertreter oder Anwältinnen», sagen die Anwältinnen. Oder auch, um die Betroffenen zu überzeugen, dass reden besser sein kann als schweigen. Denn anders als in einem Strafverfahren besteht hier eine Mitwirkungspflicht. «Aber viele Betroffene denken reflexartig: ‹Ui, Polizei, ich sage lieber nichts!›» Das wiederum werde von den Behörden als Grund angesehen, die Haft zu verlängern.

Von Anfang an mit einem Anwalt

Bis zu 18 Monate kann die sogenannte ausländerrechtliche Administrativhaft insgesamt dauern. Die ersten 96 Stunden darf das Migrationsamt in eigener Kompetenz anordnen. Spätestens dann muss ein Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts vorliegen, ob die Haft fortgesetzt werden darf oder nicht. Danach muss das Gericht die Haft alle drei Monate überprüfen. Die Anwältinnen sagen: «Unsere Erfahrung zeigt, dass die Verlängerungen durchgewinkt werden, wenn jemand erst mal drin ist.»

Das Migrationsamt äussert sich auf Anfrage weder zur Kritik der beiden Anwältinnen noch zum Pikettdienst an sich. Auch das Bezirksgericht Zürich, zu dem das Zwangsmassnahmengericht gehört, will nicht detailliert Stellung nehmen. Geschäftsleitungsmitglied Jonathan Schletti schreibt, es lägen keine Zahlen dazu vor, wie viele Beschwerden erfolgreich seien.

Wie sich das Gericht zum neuen Pikettdienst stellt, verrät Schletti nicht. Nur so viel: In Fällen, in denen das Gericht ohnehin von Gesetzes wegen einen Rechtsvertreter aufbieten muss, geschieht dies künftig über den Pikettdienst.

«Eigentlich unerträglich»

Ziel der beiden Vereinspräsidentinnen ist es, dass die Rechtsvertreter möglichst noch vor dem ersten Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts ins Verfahren involviert werden. Der Verein möchte dafür mit Kantonspolizei, Migrationsamt und dem Gericht Kontakt aufnehmen. Es gehe ja auch um handfeste finanzielle Interessen: «Jeder Tag Haft kostet den Steuerzahler Geld. Nur schon deshalb soll sie nicht unbedacht angeordnet werden.»

Zwar betonen beide, das Engagement des Vereins richte sich nicht gegen die gesetzlichen Grundlagen als solche. Durchsetzungs- und Ausschaffungshaft seien nun mal zulässig, auch gemäss internationalem Recht. Dennoch: Für Antigone Schobinger ist das rechtsstaatlich «eigentlich unerträglich», wie sie sagt: «Wenn man sich überlegt, was man im Strafrecht verbrochen haben muss, bis man 18 Monate eingesperrt wird – aber als Ausländer oder Ausländerin sind 18 Monate einfach nur deshalb möglich, weil jemand nicht ausreist.»



Drei Haftgründe für Ausländer, die ausreisen müssen

Unter dem technokratischen Begriff «ausländerrechtliche Administrativhaft» sind drei Haftarten zusammengefasst für Ausländerinnen und Ausländer, welche ausreisen müssen, dies aber nicht tun.

– Die Vorbereitungshaft
Die Behörden können eine Person ohne Aufenthaltsbewilligung unter bestimmten Umständen zur Vorbereitung eines Wegweisungsentscheids in Haft nehmen. Etwa dann, wenn sich jemand weigert, seine Identität offenzulegen.

– Die Ausschaffungshaft
Haben die Behörden einen Ausschaffungsentscheid gefällt, kann eine Person inhaftiert werden, wenn konkrete Anzeichen bestehen, dass sich die Person der Ausschaffung entziehen will.

– Durchsetzungshaft
Scheitert die Ausreise oder die Ausschaffung einer Person, die das Land verlassen muss, am persönlichen Verhalten der betroffenen Person, so können die Behörden Durchsetzungshaft anordnen. Das gilt insbesondere, wenn jemand die nötigen Dokumente nicht beschaffen will.

Theoretisch darf die ausländerrechtliche Administrativhaft insgesamt nicht länger als 6 Monate dauern, sie kann aber von den Gerichten auf bis zu 18 Monate ausgedehnt werden, wenn sich die Ausschaffung verzögert oder eine Person nicht kooperiert. (leu)



Administrativhaft ist schon länger umstritten

Eigentlich sind die internationalen Vorgaben für Durchsetzungs-, Ausschaffungs- und Vorbereitungshaft von Ausländerinnen und Ausländern klar. Die drei Haftarten haben keinen strafenden Charakter, und entsprechend sollten die Haftbedingungen gestaltet sein.

Das bedeutet, dass die Sicherheitsstandards tiefer sein sollten und die Platzverhältnisse grosszügiger als in Untersuchungshaft. Aussenkontakte sollten weniger eingeschränkt sein, es sollte mehr Möglichkeiten für Bewegung und Beschäftigung geben. Der Vollzug in einem Gefängnis ist nicht zulässig.

Doch die Schweiz hält diese Standards bis heute kaum ein und ist dafür schon mehrfach gerügt worden. Unlängst hat das Antifolter-Komitee des Europarats die Schweiz scharf kritisiert. In vielen Kantonen werde die Administrativhaft zumindest zu Beginn in normalen Haftanstalten vollzogen. Zudem überprüften die Behörden Alternativen zur Inhaftierung zu wenig.

Vor zwei Jahren konstatierte das Schweizerische Kompetenzzentrum für Menschenrechte «Handlungsbedarf auf baulicher, praktischer und normativer Ebene». Der «fundamentale Unterschied» zwischen Administrativhaft und anderen Formen des Freiheitsentzugs werde kaum berücksichtigt und noch viel weniger gelebt – auch, weil es kaum spezialisierte Einrichtungen dafür gibt. (leu)
(https://www.tagesanzeiger.ch/bis-zu-18-monate-haft-und-kein-anwalt-zur-seite-505565979300)


+++BALKANROUTE
Save the Children: Viele Kinder auf der Balkanroute offenbar Gewalt ausgesetzt
Minderjährige Geflüchtete seien in Europa schlecht geschützt, warnt Save the Children. Auf der Balkanroute seien sie häufig Schlägen und Missbrauch ausgeliefert.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2022-09/save-the-children-gefluechtete-kinder-gewalt-balkan-bericht
-> https://www.spiegel.de/ausland/save-the-children-kindern-droht-auf-der-balkanroute-offenbar-massiv-gewalt-und-missbrauch-a-78d7c20c-b932-47f8-a325-4106f8a9e37f
-> https://www.srf.ch/news/international/rechte-fuer-kinder-minderjaehrige-auf-der-flucht-erleben-oft-missbraeuche-und-gewalt
-> https://www.nd-aktuell.de/artikel/1166886.kinder-auf-der-flucht-schutzlos-ausgeliefert-auf-der-balkanroute.html


+++MITTELMEER
Tote Migranten im Mittelmeer: Uno-Beamter verunglimpft tunesische Mütter
Die Migration über das Mittelmeer nimmt wieder zu. In den vergangenen Wochen ertranken dabei mehrere Dutzend Tunesier. Auf Twitter schimpfte ein Uno-Beamter über deren Mütter. Sie seien am Tod ihrer Söhne mitschuldig.
https://www.watson.ch/international/gesellschaft%20&%20politik/520977760-wie-ein-uno-beamter-in-einem-tweet-tunesische-muetter-verunglimpfte


+++LIBYEN
Immer mehr Bootsflüchtlinge aus Ost-Libyen – Echo der Zeit
Über 60000 Flüchtende aus Afrika sind seit diesem Januar an den Küsten Italiens angekommen, nach einer gefährlichen Reise übers Mittelmeer. Seit einigen Monaten legen zunehmend auch Boote von der ost-libyschen Küste in Richtung Italien ab, obwohl der Weg weiter ist. Hat Russland seine Hände im Spiel?
https://www.srf.ch/audio/echo-der-zeit/immer-mehr-bootsfluechtlinge-aus-ost-libyen?partId=12253675


+++ERITREA
Von der Schweiz finanzierte Schule in Eritrea vom Staat beschlagnahmt
Der eritreische Staat hat ein Schulprojekt verstaatlicht, weil es von einer christlichen Organisation betrieben wurde. Die Schweiz unterstützte das Projekt mit 1,3 Millionen Franken. Nach der Enteignung stellt sich die Frage: Ist das Schweizer Engagement noch berechtigt?
https://www.watson.ch/!709542060
-> https://www.srf.ch/news/international/entwicklungszusammenarbeit-eritrea-beschlagnahmt-schweizer-hilfsprojekt


+++GASSE
Strafgebühr gegen Foodwaste – 10vor10
Über 90 Prozent der nicht verkauften Lebensmittel landen im Müll. Nun wollen Politikerinnen die Grossverteiler dazu verpflichten, weniger zu produzieren und Hilfsorganisationen finanziell bei der Verteilung der noch essbaren Überschüsse zu unterstützen.
https://www.srf.ch/play/tv/10-vor-10/video/strafgebuehr-gegen-foodwaste?urn=urn:srf:video:4ff1d5fd-0dbd-4793-b25d-b7e23a29cbdd


+++JUSTIZ
Verfassungsgerichtsbarkeit – Ständerat will Kompetenzen des Bundesgerichts nicht ausweiten
Der Ständerat hat die erweiterte Verfassungsgerichtsbarkeit deutlich abgelehnt. Die Bundesversammlung kann also auch weiterhin Bundesgesetze erlassen, die der Verfassung widersprechen. Kein politisches Lager war geschlossen für diese Reform.
https://www.srf.ch/news/schweiz/verfassungsgerichtsbarkeit-staenderat-will-kompetenzen-des-bundesgerichts-nicht-ausweiten


+++KNAST
Aargauer Obergericht verurteilt Wärter im Fall Brian
Das Aargauer Obergericht hat heute einen Fall um den bekannten Hälfting Brian verhandelt. Dabei befand er sich jedoch in der Rolle des Klägers. Ein Wärter der Justizvollzugsanstalt Lenzburg hat den Häftling nämlich unnötig geschlagen. Das Obergericht gibt Brian nun recht.  (ab 06:29)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-aargau-solothurn/aargauer-obergericht-verurteilt-waerter-im-fall-brian?id=12253618


+++POLIZEI LU
Luzerner Polizei bekommt neue umstrittene digitale Hilfsmittel
Die Luzerner Polizei darf digitale Hilfsmittel einsetzen bei der Fahndung von gesuchten Personen. KritikerInnen sind der Meinung diese Methoden schränkten die Grundrechte der Menschen zu stark ein.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zentralschweiz/luzerner-polizei-bekommt-neue-umstrittene-digitale-hilfsmittel?id=12253180
-> https://www.zentralplus.ch/politik/luzerner-kantonsrat-ebnet-weg-fuer-mehr-polizeiueberwachung-2449117/


+++POLICE CH
Leibesvisitationen nur ausserhalb des Intimbereichs zulässig
Grenzschutzbeamte dürfen wie Polizisten und Gefängnispersonal eine Leibesvisitation durchführen, wenn die Umstände dies erfordern. Die Durchsuchungen müssen sich aber auf die Oberfläche des Körpers und Körperöffnungen ausserhalb des Intimbereichs beschränken, wie das Bundesgericht in einem am Dienstag publizierten Urteil festhält.
https://www.watson.ch/schweiz/justiz/223597580-leibesvisitationen-nur-ausserhalb-des-intimbereichs-zulaessig
-> Urteil Bundesgericht: https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/aza/http/index.php?highlight_docid=aza%3A%2F%2Faza://31-08-2022-2C_19-2022&lang=de&zoom=&type=show_document


Wechsel im Präsidium der Strafrechtskommission der KKJPD
Staatsrat Norman Gobbi wird neuer Präsident der Strafrechtskommission
Die Mitglieder der Strafrechtskommission (SRK) der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren haben am 8. September 2022 Staatsrat Norman Gobbi, Direktor des Departements der Institutionen des Kantons Tessin, zum neuen Präsidenten gewählt.
https://www.kkjpd.ch/newsreader/wechsel-im-praesidium-der-strafrechtskommission-der-kkjpd-2.html


+++POLIZEI DE
Polizeiexperte über Umgang mit psychisch Kranken: „Eine fatale Fehleinschätzung“
Martin Thüne ist Polizeiwissenschaftler in Thüringen. Dort forscht er zum Umgang der Polizei mit psychisch Kranken.
https://taz.de/Polizeiexperte-ueber-Umgang-mit-psychisch-Kranken/!5880681/


++RASSISMUS
Sarah Akanji tritt wegen Rassismus & Sexismus zurück
Die SP-Politikerin Sarah Akanji zieht sich nach nur einer Amtszeit auch wegen sexistischen und rassistischen Angriffen aus dem Zürcher Kantonsrat zurück.
https://www.nau.ch/politik/regional/sarah-akanji-tritt-wegen-rassismus-sexismus-zuruck-66275236
-> https://www.toponline.ch/news/winterthur/detail/news/sarah-akanji-tritt-wegen-rassistischer-diffamierung-zurueck-00193697/


+++RECHTSPOPULISMUS
Stromdebatte eskaliert
SVP droht Sommaruga mit Volksaufstand, SP spricht von Gewaltaufruf
In einer Nationalratsdebatte kündigte SVP-Nationalrat Christian Imark Energieministerin Simonetta Sommaruga Konsequenzen aus der Bevölkerung an. SP-Nationalrätin Priska Birrer-Heimo fordert, dass «diese Aufwiegelung» gestoppt wird.
https://www.baerntoday.ch/schweiz/svp-droht-sommaruga-mit-volksaufstand-sp-spricht-von-gewaltaufruf-147929970
-> https://www.watson.ch/!603492382
-> https://www.blick.ch/politik/sp-chef-ist-schockiert-svp-imark-droht-sommaruga-id17874512.html
-> https://www.bzbasel.ch/schweiz/nationalrat-das-ist-einem-parlament-unwuerdig-imark-erntet-fuer-drohung-gegen-sommaruga-heftige-kritik-ld.2343278
-> https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/ruft-svp-imark-zu-gewalt-gegen-simonetta-sommaruga-auf-66275100
-> https://tv.telebaern.tv/telebaern-news/heisse-diskussionen-im-nationalrat-nach-dem-rettungsschirm-entscheid-147933153
-> https://tv.telezueri.ch/zuerinews/heisse-diskussionen-im-nationalrat-nach-dem-rettungsschirm-entscheid-147933120
-> https://www.telem1.ch/aktuell/heisse-diskussionen-im-nationalrat-nach-dem-rettungsschirm-entscheid-147932935
-> https://www.tele1.ch/nachrichten/eklat-im-nationalrat-147933236
-> https://www.tvo-online.ch/aktuell/hitzige-debatte-in-bern-um-rettung-von-stromkonzernen-147933003


«Faschistisch und homophob»? Grüne Brugger Einwohnerrätin verärgert Junge SVP – diese fordert Rücktritt
Die Grüne Brugger Einwohnerrätin und Generalsekretärin der nationalen Jungpartei, Vera Becker, soll auf Instagram die SVP mit Faschismus und Rassismus gleichgesetzt haben. Die Junge SVP Aargau ist empört – und fordert Beckers Rücktritt von allen Ämtern.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/fck-svp-svp-faschistisch-und-homophob-gruene-brugger-einwohnerraetin-veraergert-junge-svp-ld.2343094


Der ehemalige Bild-Chefredakteur Julian Reichelt hat jetzt seinen eigenen Youtube-Kanal
Enthüllung! Hetze-Reichelt will im Internet Millionen scheffeln!
Der ehemalige »Bild«-Chefredakteur Julian Reichelt versucht, seinen alten Arbeitgeber in Sachen Krawallpopulismus zu überflügeln.
https://jungle.world/artikel/2022/36/enthuellung-hetze-reichelt-will-im-internet-millionen-scheffeln


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Haben die Rothschilds eine besondere Macht?
Nein – jedenfalls keine, die über die „Macht“ anderer kleiner Banken hinausgeht. Die „Rothschilds“ als geschlossenen Familienverbund gibt es so auch gar nicht mehr. Der Mythos Rothschild ist Bestandteil vieler antisemitischer Verschwörungstheorien. Um zu verstehen, woher er kommt, muss man zurück ins 19. Jahrhundert, als die Rothschild-Banken tatsächlich einen gewissen Einfluss hatten.
https://www.swr.de/wissen/1000-antworten/hat-die-familie-rothschild-eine-besondere-macht-100.html


+++HISTORY
«Wir wurden behandelt wie Dreck» – Ina flüchtete damals aus der DDR in die Schweiz
Ina ist als Kind in der DDR aufgewachsen. Mehrmals hat ihre Familie versucht, auszureisen. Mehrmals wurde der Antrag der Regierung der DDR abgewiesen. Wie sie die Zeit in der DDR und die Flucht in die Schweiz erlebt hat, erzählt sie in «Ungefiltert».
https://www.baerntoday.ch/schweiz/wir-wurden-behandelt-wie-dreck-ina-fluechtete-damals-aus-der-ddr-in-die-schweiz-147447560