Medienspiegel 9. September 2022

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel/

+++BERN
Steffisburg: Gespräch nach Stunk um Asylunterkunft in Altersheim
Der Kanton will in der Gemeinde Steffisburg ein Altersheim in eine Asylunterkunft umwandeln. Die Gemeinde fühlt sich übergangen und kritisiert das Vorgehen des Kantons. Jetzt haben sich Kanton und Gemeinde zu einer Aussprache getroffen.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/steffisburg-gespraech-nach-stunk-um-asylunterkunft-in-altersheim?id=12251746


+++UNGARN
Ungarn gründet „Grenzjäger“-Regiment wegen „Migrationsdrucks“
Die ersten Beamten der Grenzwache sind bereit zum Dienst an der Südgrenze des Landes
https://www.derstandard.at/story/2000138961327/ungarn-gruendet-grenzjaeger-regiment-wegen-migrationsdruck?ref=rss


+++GRIECHENLAND
A dilemma between unbelievable violence and death
Detailed accounts of survivors shed light on the brutal practices and the infrastructure of violence against people on the move in the Evros/Meric region.
https://alarmphone.org/en/2022/09/07/a-dilemma-between-unbelievable-violence-and-death


+++MITTELMEER
Ein Tag bei der No Borders Airforce
Mit Kleinflugzeugen sucht die Nichtregierungsorganisation Sea Watch im Mittelmeer nach Booten mit Flüchtenden auf dem Weg nach Europa.
Mit Kleinflugzeugen sucht die Sea Watch im Mittelmeer nach Flüchtenden in Booten. Die Aktivist*innen kämpfen für Menschenrechte – trotz sogenannter libyscher Küstenwache. Eine Reportage.
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1166819.seenotrettung-ein-tag-bei-der-no-borders-airforce.html


Sea-Watch rettet vier Boote aus Seenot im Mittelmeer
Innerhalb weniger Stunden hat die Besatzung der „Sea-Watch 3“ Flüchtlinge aus vier Booten gerettet. Sie kamen im Mittelmeer in Seenot. Wie die Organisation mitteilt, werden nun über 260 Menschen an Bord versorgt, darunter ein zwei Wochen altes Baby.
https://www.br.de/nachrichten/bayern/sea-watch-rettet-vier-boote-aus-seenot-im-mittelmeer,TGwwwRf


+++EUROPA
Migration nach Europa – Asylgesuche sind klar gestiegen
Im Juni sind in Europa über 70’000 Anträge eingegangen. Der Höchststand von 2015 und 2016 wurde damit fast erreicht.
https://www.srf.ch/news/international/migration-nach-europa-asylgesuche-sind-klar-gestiegen


+++DROGENPOLITIK
Das Gras ist nicht gut genug: Cannabis-Verkauf in Basler Apotheken verzögert sich
Der Verkauf von Cannabis in Basler Apotheken im Rahmen des Pilotprojekts «Weed Care» startet nicht wie geplant am 15. September. Die Cannabis-Produkte sind bei einer Qualitätsprüfung durchgefallen.
https://www.watson.ch/schweiz/basel/918088569-gras-nicht-gut-genug-cannabis-verkauf-in-basel-verzoegert-sich
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/cannabis-verkauf-in-basler-apotheken-verzogert-sich-66271600
-> https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/pilotprojekt-das-gras-ist-nicht-gut-genug-start-der-basler-cannabisstudie-verzoegert-sich-ld.2341360


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Türkischen Angriffskrieg in Rojava stoppen!
Aktion in Solothurn für die kurdische Freiheitsbewegung
Während «Müllers und Hubers» an den Solothurner Chäs-Tagen zu Alphornklängen Emmentaler, Gruyère und Tête de Moine degustieren, wird an der Wengibrücke ein Transparent ausgerollt, um auf den türkischen Angriffskrieg in Rojava aufmerksam zu machen.
https://barrikade.info/article/5380


+++BIG BROTHER
Quellenschutz für Journalist*innen unter Beschuss
Quellenschutz beschreibt das Recht von Journalist*innen, ihre Informant*innen geheim zu halten. Erhalten sie zum Beispiel ein Dokument mit brisanten Informationen über die sie berichten, sind sie vor Behörden nicht dazu verpflichtet, über ihre Quellen Auskunft zu geben. Dies gilt ebenso für weitere Berufsgruppen wie etwa Ärzt*innen oder Psycholog*innen.
https://rabe.ch/2022/09/08/quellenschutz-fuer-journalistinnen-unter-beschuss/


Zivilgesellschaft protestiert gegen noch mehr Überwachung durch Nachrichtendienst: Adieu Arztgeheimnis und Quellenschutz?
Mit seiner Revision des Nachrichtengesetzes (NDG) will der Bundesrat dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB) masslose Befugnisse geben. So soll die schon bisher vom NDB systematisch missachtete Grenze der Datenerfassung ausgeweitet und das Berufsgeheimnis von Anwält*innen, medizinischem Personal und Medienschaffenden aufgeweicht werden. In ihrer Vernehmlassungsantwort wehrt sich eine breite Koalition von Schweizer Nichtregierungsorganisationen (NGO) gegen diese Verschärfung des NDG und fordert, dass sich der NDB erst einmal an die bestehenden Gesetze hält.
https://www.amnesty.ch/de/laender/europa-zentralasien/schweiz/dok/2022/zivilgesellschaft-protestiert-gegen-noch-mehr-ueberwachung-durch-nachrichtendienst
-> https://www.publiceye.ch/de/standpunkte/arztgeheimnis-und-quellenschutz-dem-geheimdienst-egal
-> https://www.publiceye.ch/de/revision-des-nachrichtendienstgesetzes
-> https://www.werbewoche.ch/de/medien/medienpolitik/2022-09-08/medienschaffende-wehren-sich-gegen-aufweichung-des-quellenschutzes/
-> https://www.humanrights.ch/de/stellungnahmen/vernehmlassungseingabe-revision-nachrichtendienstgesetz


+++POLICE CH
Rockerkutten mit Festnahmerecht
„Blue Knights“, „Gun Fighters“, „Punisher“: So heissen die Motorradclubs, in denen Polizist*innen auf Motorrädern Outlaws spielen. Einige Führungsfiguren aus Zürich bedienen sich dabei rechter Symbolik.
https://daslamm.ch/rockerkutten-mit-festnahmerecht/
-> https://www.pszeitung.ch/rockerkutten-mit-festnahmerecht/#top


+++RASSISMUS
Egoisten statt Wohltäter
Stars der Popindustrie lassen sich gern als Wohltäter feiern. Aber nicht überall kommt das gut an
Stars der Popindustrie lassen sich gern als Wohltäter feiern. Doch nicht überall kommt das gut an. Eine Organisation in Uganda übt Kritik und sieht insbesondere Popstars als Repräsentanten einer neokolonialen Welt.
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1166820.white-saviorism-egoisten-statt-wohltaeter.html


+++HISTORY
67i: Eine Berner WG macht Geschichte
Das neue Buch über die WG 67i an der Neubrückstrasse gibt interessante Einblicke in alternatives Wohnen von 1974 bis 1993. Wir sprachen mit Co-Autor Anton Lehmann.
https://journal-b.ch/artikel/67i-eine-berner-wg-macht-geschichte/



ajour.ch 09.09.2022

Ausstellung «Radical Sources»: Punk, Pop und Anarchie

Ein Manifest, Partisanengesänge und Parolen: Die Gruppenausstellung «Radical Sources» im Bieler Kunstzentrum Krone Couronne spürt den anarchistischen Quellen der Region nach.

Helen Lagger

«Wir sind Geister, die versuchen, sichtbar zu werden» steht auf einer im Raum stehenden Tafel. Es ist der Beginn eines poetisch verschrobenen Manifests des Künstlers Augustin Rebetez, der im Jura lebt. Rebetez ist bekannt für wuchernde Installationen, in die er Gemälde, Skulpturen und Videos integriert, für seine Punk-Ästhetik und seine Figuren und Objekte, die an die Kunst von Naturvölkern denken lassen. Sein «Manifeste» (2016) ist der Auftakt zur Gruppenausstellung «Radical Sources» im Bieler Kunstzentrum Krone Couronne, die von der Geschichte des Anarchismus im Jura ausgeht. Die Kuratorinnen Camille Regli und Kristina Grigorjeva nehmen das 150-Jahr-Jubiläum des Internationalen Kongresses von St. Imier zum Anlass, radikale, antikapitalistische und subversive Arbeiten von zwölf Kunstschaffenden zu vereinen.

Der Kongress von 1872 gilt als Knotenpunkt der anarchistischen Arbeiterbewegung. Menschen aus allerlei Ländern tauschten sich aus und knüpften Verbindungen. Die Ergebnisse trugen sie in ihre jeweilige Heimat zurück.

Der in Biel lebende Soundkünstler Laurent Güdel ist für seinen einstündigen Film in die Archive von Genf abgetaucht. Originaltöne aus Versammlungen von Bewegungen zwischen den beiden Weltkriegen, Partisanengesänge und eigene Gedanken werden in dieser ohne Bilder auskommenden Arbeit vereint.

Jemand wird reich

Die wohl expliziteste antikapitalistische Arbeit stammt von Claire Fontaine – einem in Paris gegründeten italienisch-britischen Künstlerkollektiv, das aus Fulvia Carnevale und James Thornhill besteht. Ein türkisfarbener Neon-Schriftzug lässt uns wissen: «Someone is getting rich» – jemand wird reich. Die Botschaft kann man natürlich auch auf den Kunstmarkt beziehen, wo immer irgendjemand mehr oder weniger rechtmässig Profit aus Kunst schlägt.

Ein Objekt mit aggressiver Ausstrahlung stammt von den gemeinsam arbeitenden Künstlerinnen Dorota Gawęda und Eglė Kulbokaité. Es ist eine Art Heurechen mit scharfen Zacken, den die Künstlerinnen im Ausstellungsraum platziert haben. Alltägliches und alles, was sie mit ihrer jeweiligen Kindheit in Polen und Litauen verbinden, dient den in Basel lebenden Künstlerinnen als Inspirationsquelle. Oft reflektieren sie in ihrer Arbeit den Umschwung von einem kommunistischen in ein kapitalistisches System.

Von unheimlichen Gesellen aus der osteuropäischen Folklore inspiriert sind ihre an die Wand genagelten Figuren aus Leder. «Kratt (I-III)» (2021) erinnert an Teddybären mit zu gross geratenen Ohren, aus deren Füssen Heu quillt. «Dem Mythos zufolge kann man mit diesen Kreaturen, die mit dem Teufel in Verbindung stehen, einen Pakt schliessen, sie für sich arbeiten lassen», erklärt Ausstellungsmacherin Camille Regli. «Allerdings funktioniert das nur, solange es auch Arbeit zu erledigen gibt. Ist diese aufgebraucht, wenden sich die Geschöpfe gegen einen selbst.»

Brunnen mit Mündern

Dass auch Bücher radikale Quellen sein können, illustriert die in Biel lebende britische Philosophin und Theoretikerin Sadie Plant anhand eines aus Büchern gebildeten Stapels. Die Titel von «Compilation 18» (2021) ergeben eine Art mehrsprachiges Gedicht, das beginnt mit «La montagne aux écritures, im Herzen des Jura, Die Werkstattarbeit des Uhrmachers…» und endet mit «Noch ist es Zeit.»Barbapapa trifft dabei auf Stendhal oder Peter Bichsel.

Mit Wasser hat sich die Künstlerin Lou Masduraud aus Montpellier beschäftigt. Ihr surreal-märchenhafter Brunnen thematisiert Quellen als unterirdische Kommunikationssysteme. Auf den in einem rechteckigen Bassin montierten Steinen klaffen Münder, teils mit grotesken Gebissen aus kleinen Muscheln oder Glitzersteinen: Jede Revolution beginnt wohl mit Mund-zu-Mund-Propaganda.

Die Tradition des Aufstandes lebt in der Region: An der Vernissage vergangener Woche sang der «Choeur de Biu» Liedgut von Partisanen.

Info: Ausstellung bis am 8. Oktober, Krone Couronne, Obergasse 1, Biel. Öffnungszeiten: Donnerstag und Freitag 16 bis 19 Uhr, Samstag und Sonntag 12 bis 17 Uhr. Eintritt frei. Weitere Infos unter www.kronecouronne.ch.
(https://ajour.ch/story/ausstellung-radical-sources-punk-pop-und-anarchie/25750)