Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel/
+++NEUENBURG
Fall von Diphtherie im Asylzentrum in Boudry NE aufgetreten
Im Bundesasylzentrum von Boudry NE ist ein Fall von Diphtherie aufgetreten. Beim Betroffenen handelt es sich um einen erwachsenen Asylbewerber.
https://www.nau.ch/ort/boudry/fall-von-diphtherie-im-asylzentrum-in-boudry-ne-aufgetreten-66247052
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/infektionskrankheit-diphtherie-fall-auch-im-asylzentrum-in-boudry-ne-aufgetreten
+++ST. GALLEN
tagblatt.ch 20.08.2022
Ukrainische Flüchtlinge in der Stadt St.Gallen: Wie viele es sind, wo sie arbeiten und weshalb eine Pensionärin nicht in den Deutschintensivkurs darf
Die Stadt Bern ist im ersten Halbjahr 2022 vor allem wegen ukrainischer Flüchtlinge gewachsen. Und St.Gallen? Der Leiter des Koordinationsteams St.Gallen, Philip Fehr, berichtet wie sich die Flüchtlingslage in der Stadt seit Beginn des Krieges verändert hat.
Diana Hagmann-Bula
Die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohnern in der Stadt Bern hat seit Januar leicht zugenommen, wie Statistik Stadt Bern vor ein paar Tagen mitteilte. Zwar habe ein leichter Geburtenüberschuss von 30 Personen dazu beigetragen. Vor allem hänge der Anstieg jedoch mit dem Zuzug von 771 ukrainischen Flüchtlingen zusammen. Ende Juni wohnten in der Stadt Bern 143’511 Menschen. Und damit 357 mehr als zu Jahresbeginn.
Verhält es sich in St.Gallen gleich? Nachfrage bei Stephan Wenger, Leiter der Bevölkerungsdienste der Stadt St.Gallen. «Im Gegensatz zur Stadt Bern ist St.Gallen auch ohne die Einwohnerinnen und Einwohner aus der Ukraine gewachsen», sagt er. Im Vergleich zu August 2021 hätten per August 2022 885 Personen mehr in St.Gallen gewohnt. Die Gesamtbevölkerung belief sich am Stichtag auf 80’492 Einwohnerinnen und Einwohner. «Eingerechnet sind 467 Personen mit Schutzstatus S. Zum allergrössten Teil stammen diese Personen aus der Ukraine», sagt Wenger. Die Zunahme ohne Personen mit Schutzstatus S beträgt folglich 418. Letztes Jahr nahm die Gesamtbevölkerung um 223 Personen zu. «Geht man davon aus, dass sich die Einwohnerzahlen auch im Rest dieses Jahres gleich weiterentwickeln, kann man von einer zusätzlichen Zunahme von ungefähr 200 Personen ausgehen», sagt Wenger. Ergäbe: 400 bis 450 neue Einwohnende mehr als in durchschnittlicheren Jahren. «Das wäre ein gutes Jahr für St.Gallen.»
Bald die Familie nachziehen?
Wenn die Stadt auch wegen Menschen wächst, die aus ihrer Heimat haben flüchten müssen: Kann sich der Leiter der Bevölkerungsdienste da über einen neuen Höchststand freuen? Wenger: «Ich freue mich, dass diese Menschen hier in Sicherheit sind.»
Letztlich dürfe er nicht überinterpretieren, nicht überbewerten. «Es bleiben Zahlen. Und es bleibt ein Wachstum, das schnell wieder zurückgehen kann. Ich hoffe, die Flüchtlinge aus der Ukraine können nach dem Krieg zurück in ihre Heimat reisen. Ihre Situation ist anders als die Ungarnflüchtlinge in den 1950er-Jahren.» Wie viele Ukrainerinnen und Ukrainer bereits zurück- oder ausgereist seien, könne seine Dienststelle nicht ermitteln. Effektiv abgemeldet hätten sich bisher lediglich fünf Personen aus der Ukraine. «Vielleicht gefällt es einigen der Flüchtlinge ja auch gut hier. So gut, dass sie sich entscheiden zu bleiben und die Familie nachzieht», sagt Wenger. Alles Einflüsse auf die Bevölkerungszahl St.Gallens, die er nicht vorhersehen könne.
Nach zwei Monaten ein Job bei Migros
Das Sozialamt der Stadt steht zurzeit mit rund 450 Menschen aus der Ukraine in Kontakt. «Seit Ausbruch des Krieges waren es insgesamt 498 Personen», sagt Philip Fehr, Leiter des Koordinationsteams Ukraine. Die Statistik des Kantons weist für die Stadt St.Gallen jedoch 548 Personen mit Schutzstatus aus. Die Abweichung habe mehrere Gründe, sagt Fehr. Ein Teil der Flüchtlinge sei bereits wieder in die Heimat gereist, andere würden bei in der Stadt wohnhaften Verwandten leben und sich gar nie erst bei den Sozialen Diensten melden. Zum Teil handle es sich auch um vermögende Flüchtlinge, die nicht angewiesen seien auf Unterstützung. «Und leider mussten wir schon den ersten Todesfall einer Person aus der Ukraine verzeichnen», sagt Fehr.
Ein Grossteil der ukrainischen Flüchtlinge, mit denen die Sozialen Dienste zu tun haben, ist gemäss Fehr in St.Gallen nicht erwerbstätig. «Und doch haben 14 Personen bereits einen Job gefunden.»
Etwa in der Gastrobranche, im Detailhandel, aber auch an der HSG. «Tendenz zunehmend, ein guter Mix», sagt Fehr. Da ist etwa ein Mann, der wegen des Krieges sein Restaurant in Lemberg hat aufgeben müssen. Mit Frau und betagter Mutter ist er in die Schweiz geflüchtet. Innerhalb von zwei Monaten hat er eine Stelle in einem Gastrolokal gefunden. Da ist die Frau, um die 50 Jahre alt. Sie lebte in der Ukraine in einer Garnisonstadt, kam ohne ein Wort Deutsch zu verstehen nach St.Gallen. «Nach zwei Monaten stellte die Migros sie an.»
Warum das Koordinationsteam priorisieren muss
Die Hälfte der Ukrainerinnen und Ukrainer in St.Gallen sei jedoch in nicht erwerbsfähigem Alter, so Fehr. Und seien sie im erwerbsfähigem Alter, so hätten sie oft Kinder oder gehörten zur vulnerablen Gruppe, sitzen etwa im Rollstuhl. «So oder so sind gute Deutschkenntnisse nötig, um hier einen Job zu finden.» A2 oder mehr, rät er. Je nach Lerntempo daure es ein halbes Jahr und länger, um dieses Niveau zu erreichen. «Primär ist es die Sprache der ukrainischen Flüchtlinge, die uns momentan beschäftigt. Nicht ihre Eingliederung in den Arbeitsmarkt.»
Fehr erzählt von einem Sanitätsfahrer aus Mariupol, schwer traumatisiert von dem, was er gesehen hat. «Wir versuchen ihn dennoch für einen Kurs zu motivieren. Ein solches Angebot kann Struktur in einen traurigen Alltag bringen.»
Dennoch schicken Fehr und sein Team eine ukrainische Pensionärin nicht täglich in einen Intensivkurs, sondern lediglich zweimal pro Woche in den Unterricht. «Sie braucht unsere Sprache für den Alltag, nicht für die Erwerbsaufnahme.» Die zusätzlichen Unterstützungsmassnahmen des Bundes, bei anderen Geflüchteten werden sie Integrationspauschale genannt, seien tief angesetzt, sagt Fehr. Bei 250 Franken pro Monat. «Ein Deutschkurs kostet meist mehr.» Für die Differenz müsste die Stadt aufkommen. «Deshalb müssen wir priorisieren und auch kostenlose Angebote beanspruchen.»
Gemäss Fehr sind seit Kriegsbeginn 32 Ukrainerinnen und Ukrainer wieder aus St.Gallen weggezogen. Das bedeute aber nicht zwingend, dass sie in ihre Heimat zurückgekehrt seien. Immer noch sei der Anteil Einreisender grösser als der Anteil Ausreisender. Und doch gibt es einen Unterschied: «Zu Beginn kamen die Flüchtlinge aus der ganzen Ukraine, nun hauptsächlich aus den Kampfgebieten im Osten», sagt Fehr. Für Spätherbst und Winter rechnet er mit einer zweiten Welle.
(https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/stgallen/bevoelkerung-ukrainische-fluechtlinge-in-der-stadt-stgallen-wie-viele-es-sind-wo-sie-arbeiten-und-weshalb-eine-pensionaerin-nicht-in-den-deutschintensivkurs-darf-ld.2328514)
+++SCHWEIZ
Hilfe für ukrainische Flüchtlinge: Ohne Sprachkenntnisse kein Job
Die 38-jährige Ukrainerin Julia Peters bietet mit ihrem Verein Jobbörsen für ukrainische Flüchtlinge an. Für viele von ihnen hat die Stellensuche oberste Priorität.
https://www.bazonline.ch/ohne-sprachkenntnisse-kein-job-146859947609
+++EUROPA
Von der Normalisierung der Pushbacks
In immer mehr Staaten in Europa wird derzeit das Zurückdrängen von Flüchtlingen an der Grenze zu einer normalen Antwort auf Migrationsbewegungen
https://www.derstandard.at/story/2000138398837/von-der-normalisierung-der-pushbacks?ref=rss
+++FREIRÄUME
Pionierprojekt in Bern – Eine WG für alle: Inklusion ohne grosses Aufsehen
Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen, die zusammen leben. Klingt eigentlich selbstverständlich, doch solche Angebote sind rar. Eine Lücke, die der Verein Blindspot zu schliessen versucht – mit Erfolg.
https://www.baerntoday.ch/bern/eine-wg-fuer-alle-inklusion-ohne-grosses-aufsehen-147542408
+++SPORT
5 Verletzte nach Cup-Spiel: FCZ-Hooligans attackieren GC-Fans im Zug
FCZ-Hooligans bestiegen einen Zug, der mit GC-Fans gefüllt war, zogen die Notbremse und attackierten Menschen. Fünf Personen wurden verletzt.
https://www.blick.ch/schweiz/zuerich/5-verletzte-nach-cup-spiel-fcz-hooligans-attackieren-gc-fans-im-zug-id17807283.html
+++POLIZEI CH
Oberster Polizeidirektor Fredy Fässler (63) besorgt über möglichen Stromausfall: «Es ist denkbar, dass die Bevölkerung rebelliert»
Der Bund arbeitet mit Hochdruck daran, die drohenden Strommangellage zu meistern. Der oberste Polizeidirektor Fredy Fässler warnt im Blick-Interview davor, die Sicherheitsfrage zu vernachlässigen.
https://www.blick.ch/politik/oberster-polizeidirektor-fredy-faessler-63-besorgt-ueber-moeglichen-stromausfall-es-ist-denkbar-dass-die-bevoelkerung-rebelliert-id17804669.html
-> https://www.luzernerzeitung.ch/news-service/inland-schweiz/strommangellage-sicherheit-ging-vergessen-oberster-polizeidirektor-warnt-vor-pluenderungen-ld.2330744
+++DREADLOCKMANIA
Komiker-Duo am Pranger: «Perücke ist problematisch» – Nadeschkin wird kulturelle Aneignung vorgeworfen
Nachdem in der Schweiz die Diskussion um kulturelle Aneignung entbrannt ist, wird diese nun auch dem Komiker-Duo «Ursus und Nadeschkin» vorgeworfen. Konkret geht es um die Perücke, die Nadeschkin trägt.
https://www.20min.ch/story/peruecke-ist-problematisch-nadeschkin-wird-kulturelle-aneignung-vorgeworfen-879863122110
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/ursus-nadeschkin-wehren-sich-gegen-vorwurf-kultureller-aneignung-66246992
-> https://www.blick.ch/people-tv/schweiz/peruecke-ist-problematisch-ursus-nadeschkin-wegen-rasta-frisur-am-pranger-id17805851.html
Neuer Auftritt in Bern kurzfristig abgesagt: Reggae-Band Lauwarm darf wieder nicht spielen
Die Reggae-Band Lauwarm, deren Konzert in der Brasserie Lorraine in Bern abgebrochen wurde, darf wieder nicht spielen. Ihr heutiger Auftritt an der Lorraine-Chilbi wurde kurzfristig abgesagt, wie der Veranstalter gegenüber SonntagsBlick bestätigt.
https://www.blick.ch/news/neuer-auftritt-in-bern-kurzfristig-abgesagt-reggae-band-lauwarm-darf-wieder-nicht-spielen-id17806007.html
-> https://www.baerntoday.ch/bern/stadt-bern/darauf-darfst-du-dich-an-der-lorraine-chilbi-freuen-147552207
-> https://www.20min.ch/story/wir-wurden-gecancelled-reggae-band-darf-in-bern-wieder-nicht-auftreten-978192695819
-> https://www.baerntoday.ch/schweiz/reggae-band-lauwarm-darf-schon-wieder-nicht-spielen-147589862
-> https://www.watson.ch/leben/musik/464900645-erneute-kontroverse-um-konzertabsage-von-reggae-band-lauwarm
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derbund.ch 20.08.2022
Lorraine-Chilbi macht Rückzieher: Die Berner Reggaeband darf wieder nicht spielen
Das OK der Lorraine-Chilbi hat das Konzert der Berner Band Lauwarm kurzfristig abgesagt, obwohl es sich noch am Donnerstag hinter die kritisierte Band gestellt hatte.
Quentin Schlapbach, Naomi Jones
In der Lorraine ist erneut ein Konzert der Berner Reggaeband Lauwarm abgesagt worden. Die Band hätte am Samstag an der Lorraine-Chilbi auftreten sollen. Doch das Konzert wurde am Freitag kurzfristig gestrichen, wie der «SonntagsBlick» berichtet.
Noch am Donnerstag sagte Christoph Musy vom OK der Lorraine-Chilbi auf Anfrage, dass das Konzert von Lauwarm wie geplant stattfinden werde. Der Vorstand sei sich zwar der jüngsten Berichterstattung und der Thematik der kulturellen Aneignung bewusst. «Wir teilen jedoch nicht die Auffassung, dass die Band nicht auftreten dürfte», so Musy zwei Tage vor der Chilbi.
«Zu grosse Kontroverse»
Zwei Tage darauf hat diese Aussage nun offenbar keine Gültigkeit mehr. «Es handelt sich einfach um eine zu grosse Kontroverse für ein Quartierfest», sagt Christoph Musy. Die ganze Veranstaltung habe sich plötzlich nur noch um die Durchführung dieses einen Konzerts gedreht. Deshalb sei man zum Schluss gekommen, dass eine Absage die beste Lösung sei, um das Ganze zu beruhigen. Ob auch Boykottaufrufe oder gar Drohungen, das Konzert zu stören, ausschlaggebend für die Absage waren, will Musy nicht kommentieren.
Dies ist die zweite Konzertabsage für Lauwarm innerhalb eines Monats. Als die Band Mitte Juli in der Genossenschaftsbeiz Brasserie Lorraine spielte, störten sich einige Gäste am Aussehen der fünf Musiker, weil sie es offenbar als kulturelle Aneignung empfanden. Die Beiz brach das Konzert in Absprache mit der Band nach der Pause ab.
Blonde Dreadlocks in der Kritik
Der Vorfall erregte internationale Aufmerksamkeit und löste eine intensive Debatte über Wokeness und kulturelle Aneignung aus. Dabei geht es um die Frage, ob es rechtens sei, wenn Mitglieder einer Mehrheitskultur Elemente einer Minderheitskultur übernehmen und in einen fremden Kontext stellen. Derzeit wird vor allem das Tragen von Dreadlocks durch Weisse kritisiert.
Dominik Plumettaz, dem Frontsänger von Lauwarm, ist die Enttäuschung über die Absage am Telefon spürbar anzumerken. Bis vor kurzem ging er davon aus, dass das Konzert stattfinden werde. Auch ihm habe das OK mitgeteilt, dass das Konzert nicht abgebrochen werde. Die Band werde am Abend zusammenkommen und dann voraussichtlich ein gemeinsames Statement abgeben, sagt Plumettaz. Immerhin: Die Band bekam kurzfristig eine andere Auftrittsmöglichkeit. Sie wird heute Abend in der Grünen Fee in Solothurn spielen.
(https://www.derbund.ch/die-berner-reggae-band-darf-wieder-nicht-spielen-808266824606)
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nzz.ch 20.08.2022
Plötzlich ist die Band «Lauwarm» aus dem Festprogramm verschwunden – nach dem Eklat um «kulturelle Aneignung» werden die Musiker in Bern erneut gecancelt
Weisse Künstler mit Rastafrisuren sind in manchen Kreisen verdächtig. Die Berner Reggae-Band bekommt das gleich zum zweiten Mal zu spüren.
Lucien Scherrer
Die Berner Band «Lauwarm» ist seit diesem Sommer weltbekannt. Ihr Bild erschien unter anderem in der Londoner «Times», unter der Schlagzeile «White Reggae Band silenced». Tatsächlich ist «Lauwarm» zum Frust der Bandmitglieder weniger dank musikalischen Darbietungen, sondern wegen Protesten gegen die Haarpracht einzelner Bandmitglieder berühmt geworden. Weil diese eine Rastafrisur tragen, fühlten sich Zuschauer bei einem Konzert in der Berner Brasserie Lorraine «unwohl» – worauf die Betreiber den Auftritt beendeten und eine Aussprache ankündigten.
Diese hat bisher nicht stattgefunden, dafür wird in der Schweiz und anderen Ländern über «kulturelle Aneignung» debattiert. Dabei geht es um die Frage, ob weisse Künstler berechtigt seien, Moden und Musik aus anderen Kulturen zu adaptieren, die einst von Weissen unterdrückt wurden. Die Liste derer, die «wegen kultureller Aneignung» in der Kritik stehen, wird immer länger. Die Zürcher Bar «das Gleis» hat letzte Woche den österreichischen Musiker Mario Parizek ausgeladen, weil er Rastas trägt. Heute Samstag musste sich laut «20 Minuten» auch noch das Schweizer Komikerduo Ursus und Nadeschkin öffentlich erklären, weil Nadeschkin eine Rasta-Perücke trägt.
Gleichzeitig kam es heute in Bern zu einer bemerkenswerten Programmänderung der «Lorraine Chilbi». Neben dem Ensemble der Heilsarmee, verschiedenen Slam Poeten und Musikbands hätte dort auch «Lauwarm» auftreten sollen. So zumindest stand es bis Freitagabend im Festprogramm. Am Samstagmorgen war der Name «Lauwarm» plötzlich verschwunden, stattdessen soll um 22 Uhr 30 die Formation «Adava» auftreten. Jesse Meyer, der Schlagzeuger von «Lauwarm», sagt der NZZ, dass der Entscheid «nicht in unseren Händen lag». Auf Instagram schreibt die Band, sie sei «gecancelt» worden.
Das kling nicht nach einem freiwilligen Rückzug. Das Organisationskomitee der Lorraine Chilbi hat bisher nicht auf eine Anfrage der NZZ reagiert. Dem «Sonntagsblick» sagte ein OK-Vertreter, es gehe um eine «zu grosse Kontroverse für ein Quartierfest». Auf dem Chilbiprogramm steht allerdings auch ein «anatolischer Kochworkshop» und ein Flechtfrisuren-Kurs «für jung und alt». Gut möglich, dass noch weitere Vorwürfe wegen kultureller Aneignung laut werden.
(https://www.nzz.ch/feuilleton/ploetzlich-ist-der-name-lauwarm-aus-dem-festprogramm-verschwunden-nach-dem-skandal-um-kulturelle-aneignung-wird-die-band-in-bern-erneut-getilgt-ld.1698923
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luzernerzeitung.ch 20.08.2022
So reagieren Zentralschweizer Konzertlokale auf «kulturelle Aneignung»
Konzerte absagen, weil sich Personen wegen angeblicher kultureller Aneignung nicht gut fühlen? In Bern und Zürich so geschehen. Und wie beurteilen Zentralschweizer Kulturhäuser das Phänomen? Besonders in Luzern ist man ziemlich nervös.
Martin Messmer
Schon wieder: Ein weisser Musiker darf nicht auftreten, weil er Dreadlocks trägt. «Kulturelle Aneignung» heisst das Phänomen. Betroffen war diesmal der österreichische Musiker Mario Parizek, der am Dienstag im «Das Gleis» in Zürich auftreten wollte, wie «ZüriToday» berichtete.
Begründet haben die Verantwortlichen des «Gleis» die Absage so: «Am Tag des Konzerts haben wir Mitteilungen bekommen, unter anderem von Personen aus unserem Team, die sich mit diesem Auftritt nicht wohlfühlten. Das Problem der kulturellen Aneignung wurde angesprochen.» Aus Rücksicht und unter enormen Zeitdruck sei entschieden worden, das Konzert abzusagen, schreiben die Verantwortlichen gemäss «ZüriToday» weiter.
In einem Video-Statement klagt der verärgerte Musiker: «Ich habe mir damals als 13-Jähriger Dreads machen lassen, weil ich in einem ziemlich rechten Dorf aufgewachsen bin und mir damals gedacht habe, diesen rechten Leuten will ich zeigen, dass es auch andere Leute gibt. Heute werde ich von der linken Ecke deshalb diskriminiert.»
In Bern wurde Konzert sogar abgebrochen
Bereits Ende Juli gab es in der Brasserie Lorraine in Bern einen Konzertabbruch wegen «kultureller Aneignung»: Dort musste der Berner Mundartsänger Lauwarm ein Konzert abbrechen, weil sich einige Gäste «unwohl» fühlten – weil der Lauwarm-Sänger Reggae macht, weiss ist und einige Bandmitglieder Dreadlocks haben.
Aus der Zentralschweiz sind bisher keine ähnlichen Fälle öffentlich bekannt. Doch wie würden die hiesigen Kulturlokale reagieren? Jetzt, nachdem die Kulturschaffenden zwei Fälle aus Bern und Zürich und die Diskussionen danach studieren konnten, sich also auf mögliche Szenarien vorbereiten konnten. Konkret: Welche Haltung haben sie zum Thema kulturelle Aneignung? Gab es schon Fälle, wo sich Personen ebenfalls «unwohl» fühlten, und wie wurde darauf reagiert? Wie würde man in Zukunft reagieren? Und: Werden weiterhin weisse Musikerinnen und Musiker eingeladen, die Dreadlocks (oder auch andere Frisuren anderer Kulturen) tragen und/oder Reggae (oder andere Musik) spielen?
«Wir lehnen die Anfrage ab»
Das Thema ist offensichtlich brisant und kontrovers – auf alle diese konkreten Fragen unserer Zeitung gab es bei den vier grossen Luzerner Konzertlokalen keine Antworten. «Wir lehnen die Anfrage ab und werden keine Auskunft zum Thema geben. Dies, weil das Thema medial nicht konstruktiv und für die Kultur gewinnbringend aufgegriffen werden kann», antwortete das Kulturhaus Neubad. Die «Schüür» teilt mit: «Wir verzichten auf eine Stellungnahme.» Der «Südpol» schreibt: «Aktuell möchten wir zu diesem Thema keine Stellung nehmen.» Und die Verantwortlichen im «Sedel» reagierten gar nicht auf eine entsprechende Anfrage, genau wie die «Galvanik» in Zug oder der Konzertkeller Im Schtei in Sempach.
Entspannt ist man bei «Tschuppi’s Wonderbar» in Luzern, dort hat man eine klare Haltung: «Wir hatten auch schon Reggae-Konzerte, wo ein oder zwei Musiker Dreads hatten, es war für uns und für unsere Gäste kein Problem. Wir würden sicher kein Konzert abbrechen.»
Man veranstalte hauptsächlich Blueskonzerte, diese Musik sei ja auch nicht «schweizerisch». Fazit in der «Wonderbar»: «Wir verstehen die Aufregung nicht.»
Eine Haltung zum Thema hat man auch beim Jazz Festival Willisau, das am 31. August beginnt: «Das Jazz Festival Willisau präsentiert verschiedene Ausprägungen und Aspekte des Jazz, der aktuellen improvisierten Musik, ohne dabei die Tradition und Geschichte ausser Acht zu lassen. In diesem Sinne sollen diverse musikalische Einflüsse als Inspiration für eigene Kreationen dienen, ohne Aneignungsgedanke.» Und wie würde in Willisau reagiert, wenn am kommenden Festival der Vorwurf kultureller Aneignung erhoben würde? Situativ: «Ein medial so brisantes Thema kann nicht pauschal beantwortet werden. Dies müsste in jedem Fall spezifisch behandelt werden.» Klar ist in Willisau hingegen, dass man weiterhin weisse Musikerinnen und Musiker mit Dreadlocks einladen wird: «Das Jazz Festival Willisau engagiert Musikerinnen und Musiker primär aufgrund ihrer musikalischen Qualität.»
Auch das Kellertheater Vogelsang würde «nie ein Konzert abbrechen»
Auch im Kellertheater Vogelsang in Altdorf ist allfällige kulturelle Aneignung beim Booking weiterhin kein Kriterium. «Das ist für uns keine Frage. Egal ob Jazz, Blues oder Reggae – wo fängt denn die kulturelle Aneignung an? Dann dürften wir ja nur noch Ländlerkonzerte spielen.» Auch würde man im Vogelsang «nie ein Konzert abbrechen, weil sich jemand aufgrund einer allfälligen kulturellen Aneignung einer Band unwohl fühlt». Die Person könne aber gerne an der Bar das Gespräch suchen mit den Verantwortlichen oder «auch einfach wieder nach Hause gehen und beim nächsten Konzert herausfinden, welche anderen kulturellen Einflüsse wohl dann bei diesem Konzert mitspielen».
(https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/stadt-region-luzern/was-wenn-jemandem-unwohl-ist-so-reagieren-zentralschweizer-konzertlokale-auf-kulturelle-aneignung-ld.2329646)
-> https://www.zentralplus.ch/kultur/kulturelle-aneignung-luzerner-clubs-sind-zurueckhaltend-2432639/
-> https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/kanton-luzern/kommentar-chefsache-kulturelle-aneignung-diktatur-der-minderheit-ist-inakzeptabel-ld.2330552