Medienspiegel 17. Mai 2022

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++BERN
Stadt Zürich sagt Ja zur City-Card – worauf wartet Bern?
In der Stadt Zürich sagt eine Mehrheit der Stimmberechtigten Ja zur Vorbereitung einer sogenannten City-Card, einem Ausweis für alle Bewohner*innen der Stadt, unabhängig von Nationalität und Aufenthaltsstatus. Auch in der Stadt Bern laufen solche Bestrebungen. Ein Kommentar.
https://journal-b.ch/artikel/stadt-zuerich-sagt-ja-zur-city-card-worauf-wartet-bern/


Platz für 50 Menschen: Die Gemeinde Grindelwald stellt eine Kollektivunterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine zur Verfügung. (02:35)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/berner-kliniken-therapieren-mit-verschwoerungstheorien?id=12192312


Diskussionen wegen Verteilung von Flüchtlingen: Nach Beschwerde kann Familie im Kanton Bern bleiben
Noch immer kommen in der Schweiz täglich rund Tausend Flüchtende aus der Ukraine an. Der sogenannte Verteilschlüssel hilft seit ende April die Flüchtenden besser auf die Kantone zu verteilen. Vier ukrainische Frauen hätten bis heute aufgrund dieses Verteilschlüssels in den Kanton Fribourg umziehen müssen, obwohl sie sich seit Wochen im Kanton Bern eingerichtet hatten.
https://www.telebaern.tv/telebaern-news/diskussionen-wegen-verteilung-von-fluechtlingen-nach-beschwerde-kann-familie-im-kanton-bern-bleiben-146538564


Platz für 50 Personen: In Grindelwald wird eine Lager- zur Flüchtlings¬unter¬kunft
Die ukrainischen Geflüchteten sollen noch vor Ende Mai in die Downtown Lodge einziehen. Die Organisation Asyl Berner Oberland betreibt die neue Unterkunft.
https://www.bernerzeitung.ch/in-grindelwald-wird-eine-lager-zur-fluechtlingsunterkunft-368749279679


++++BASEL
City-Card für Sans-Papiers auch in Basel-Stadt
Auch in Basel-Stadt sollen Sans-Papiers eine City-Card erhalten. Die Basler Juso möchten unter anderem mit der kantonalen Anlaufstelle für Sans-Papiers eine Initiative zur Einführung eines solchen Ausweises lancieren.
https://www.watson.ch/schweiz/basel/944912080-city-card-fuer-sans-papiers-auch-in-basel-stadt
-> https://www.blick.ch/schweiz/basel/nach-abstimmung-in-zuerich-city-card-fuer-sans-papiers-auch-in-basel-stadt-id17496854.html
-> https://telebasel.ch/2022/05/17/juso-fordert-city-card-fuer-sans-papiers/?channel=105100
-> https://bajour.ch/a/X2yqbrDAWEgYeuIQ/zuri-city-card-in-basel
-> https://www.bazonline.ch/basler-juso-will-city-card-fuer-sans-papiers-448149976593


Basel kauft Wohncontainer für Flüchtlinge aus der Ukraine
Die Basler Regierung kauft mobile Wohnmodule für ukrainische Flüchtlinge, für knapp 5 Millionen Franken. Die Regierung will so vermeiden, dass Flüchtlinge unterirdisch untergebracht werden müssen. Wo die Wohncontainer hinkommen ist noch offen. Mögliche Standorte werden evaluiert.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/basel-kauft-wohncontainer-fuer-fluechtlinge-aus-der-ukraine?id=12192255
-> https://telebasel.ch/2022/05/17/basel-stadt-kauft-wohncontainer-fuer-fluechtlinge/?channel=105100


+++LUZERN
5 + 1 Knackpunkte bei der Integration: Ukraine-Flüchtlinge in Luzern: Darum finden sie keine Jobs
Die Arbeitsintegration von Flüchtlingen aus der Ukraine hat am Dienstag im Luzerner Kantonsrat für Gesprächsstoff gesorgt. Die kritischen Stimmen blieben in der Minderheit. Dabei zeichnen sich massive Probleme ab.
https://www.zentralplus.ch/politik/ukraine-fluechtlinge-in-luzern-darum-finden-sie-keine-jobs-2370535/
-> https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/ukraine-krieg-mehr-unterstuetzung-fuer-ukrainische-fluechtlinge-luzerner-linke-scheitern-ld.2291926


+++ST. GALLEN
Spital Flawil wird bis Ende Jahr zu einem Bundesasylzentrum
Vor einem Jahr wurde das Spital Flawil geschlossen, nun wird es vom Staatssekretariat für Migration vorrübergehend als Asylunterkunft genutzt. Bis zu 250 Geflüchtete aus der Ukraine sollen bis Ende Jahr in den Räumlichkeiten unterkommen. Nächstes Jahr wird das Spital trotzdem abgerissen.  (ab 06:22)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-ostschweiz/spital-flawil-wird-bis-ende-jahr-zu-einem-bundesasylzentrum?id=12192276
-> https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/wil/flawil-obdach-fuer-zwei-oder-drei-naechte-spital-flawil-wird-zur-fluechtlingsunterkunft-ld.2291908


+++ZUG
Nur noch wenige Möglichkeiten bei Privaten: Flüchtlingswelle aus der Ukraine: Zug kommt an die Grenze
Über 48’000 ukrainische Flüchtlinge hat die Schweiz bereits aufgenommen. Laut Schätzungen des Bundes wird sich diese Zahl bis im Herbst verdrei- oder gar vervierfachen. So will der Kanton Zug diese Welle stemmen.
https://www.zentralplus.ch/politik/fluechtlingswelle-aus-der-ukraine-zug-kommt-an-die-grenze-2369561/


+++SCHWEIZ
Asylstatistik April 2022
Im April 2022 wurden in der Schweiz 1268 Asylgesuche eingereicht, 45 weniger als im Vormonat (-3,4 %). Gegenüber April 2021 ist die Zahl der Asylgesuche um 418 gestiegen. Wichtigste Herkunftsländer waren Afghanistan und die Türkei. Im April wurde zudem 22 965 aus der Ukraine geflüchteten Personen der Schutzstatus S erteilt.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-88837.html
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/asyl-dashboard-asyl-in-der-schweiz-die-wichtigsten-zahlen-auf-einen-blick


SVP-Nationalrätin will Schutzstatus S einschränken – das sagen Kantone und Gemeinden
Bis im Herbst rechnet der Bund mit 120’000 Geflüchteten aus der Ukraine. Es stellt sich die grosse Frage: Schaffen wir das? Aktuell gibt es noch etwa 60’000 freie Plätze. Derweil warnt die SVP generell vor den Kosten, die auf die Schweiz zukommen. Und das sagen die Kantone und Gemeinden dazu.
https://www.watson.ch/schweiz/international/580417956-die-svp-will-status-s-einschraenken-das-sagen-gemeinden-und-kantone


SVP Chef Chiesa erklärt Idee der gezielten Solidarität
Präsident Marco Chiesa verteidigt die Idee der SVP einer «gezielten Solidarität» für Ukraine-Flüchtlinge. Die Mitte warnt, damit spiele man Putin in die Karten.
https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/svp-chef-chiesa-erklart-idee-der-gezielten-solidaritat-66179259


+++FLUCHT
Therapie für Folter- und Kriegsopfer«: Diese Menschen haben den Raum des Schreckens nie verlassen»

Als Jugendlicher kam Naser Morina kurz vor dem Krieg in Kosovo in die Schweiz. Als Psychotraumatologe hilft er heute Flüchtlingen, ihre Erlebnisse zu verarbeiten.

Karin Aeschlimann

Die Schicksale der Flüchtlinge, denen er täglich begegnet, sind ihm nicht fremd. Naser Morina weiss, dass sein Leben genauso schwer, genauso traumatisch hätte verlaufen können. Hätte seine Mutter vor 30 Jahren nicht realisiert, dass ihr Heimatland vor einer Katastrophe stand. Wäre sie nicht rechtzeitig in die Schweiz eingewandert. Und hätte Naser Morina hier nicht Menschen gefunden, die an ihn glaubten. Naser Morina, 45, ist heute Psychotraumatologe und Co-Leiter am Ambulatorium für Folter- und Kriegsopfer des Universitätsspitals Zürich. Er behandelt traumatisierte Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan, Sri Lanka, Eritrea, Somalia und anderen Ländern.

Aufgewachsen ist er in der kosovarischen Kleinstadt Klina. Er hatte eine glückliche Kindheit, besuchte als Jugendlicher das Gymnasium, hatte viele Freunde. Doch Ende 1992, Naser war 15, entschied seine Mutter wegen der Kriegsgefahr, mit ihm und seinem um drei Jahre jüngeren Bruder für immer in die sichere Schweiz zu reisen. Damals konnte er das nicht verstehen. «Mein altes Leben, meine Heimat waren von einem auf den anderen Tag weg, und ich fand mich in einem Land mit einer Sprache, die ich nicht kannte.»

Sein Vater arbeitete schon lange als Buschauffeur in der Innerschweiz. Naser war so wütend auf ihn, dass er ein halbes Jahr kaum mit ihm sprach. Doch er hatte auch Glück: Der damalige Rektor der Kantonsschule Reussbühl Luzern , Niklaus von Flüe, setzte sich mit seiner ganzen Autorität dafür ein, dass der kosovo-albanische Teenager zunächst probehalber für ein Jahr das Gymnasium besuchen durfte, und ermöglichte ihm zusätzliche Deutschstunden. Kurz vor der Matura dann nochmals eine Zäsur: Der Kosovo-Krieg brach aus. «Ich war geistig nicht mehr präsent, mit dem Kopf ständig in der Heimat», erinnert sich Naser Morina.

Die geliebten Grosseltern waren in Kosovo geblieben, sie wollten sich nicht entwurzeln lassen. Beide überlebten den Krieg, doch ihr Haus – und damit gleichzeitig auch das Haus, in dem Naser geboren worden war und aufwuchs – wurde niedergebrannt. «Ich habe erst im Nachhinein realisiert, wie weise meine Eltern entschieden hatten und wie zentral es war, dass der Rektor damals für mich eingestanden ist. Ihnen verdanke ich, dass ich meinen Weg gemacht habe.» Für seine Patientinnen und Patienten – traumatisierte Flüchtlinge, die er im Ambulatorium für Folter- und Kriegsopfer behandelt – wolle er heute auf ähnliche Weise da sein.

Insgesamt sind es um die 200 Erwachsene pro Jahr, zu zwei Dritteln Männer. Rund acht Monate müssen Betroffene aktuell auf einen Therapieplatz warten. Die meisten von ihnen kommen mit einer posttraumatischen Belastungsstörung in Morinas Sprechzimmer. «Ich versuche, für sie Bezugsperson zu sein und ihnen Möglichkeiten anzubieten, um positive Erfahrungen zu machen, einen Weg in die Zukunft zu finden und die Kontrolle über ihr Leben wiederzuerlangen», sagt der Psychotherapeut. «Denn diese Menschen haben den Raum des Schreckens nie verlassen. Stattdessen fühlt sich für sie die Wirklichkeit manchmal an wie eine Täuschung.»

Morina hilft seinen Patienten mit verschiedenen Techniken, unter anderem mit dem Auslegen einer Lebenslinie. Hier geht es darum, mit Symbolen wie Blumen oder Steinen die wichtigsten Ereignisse der eigenen Biografie in eine chronologische Reihenfolge zu bringen, dadurch auch die erlittenen Traumata einzuordnen und in der Gegenwart anzukommen. Das Ziel ist das Akzeptieren der eigenen Geschichte und die Integration des Traumas in die persönliche Biografie. Eine Patientin sagte einst, sie fühle sich nach Abschluss der Therapie, als ob sie eine Halskette trage aus lauter hellen Steinen, darin ein einzelner schwarzer. Doch der gehöre nun auch dazu

Die Erlebnisse von traumatisierten Flüchtlingen sind furchtbar. Sich täglich damit auseinanderzusetzen, war für Naser Morina zu Beginn seiner Karriere schwierig. «Ich bin ein aktiver Mensch. Also wollte ich nach jeder Therapiestunde sofort eine Lösung präsentieren. Bis ich realisierte: Das ist eine Überforderung sowohl für mich als auch für die Patienten. Es geht zunächst darum, dass man aktiv zuhört. Dass die Patienten wissen: Ich habe sie verstanden. Die Bewältigung des Problems folgt Schritt für Schritt.» Das habe ein Patient aus Somalia einmal sehr schön auf den Punkt gebracht, erinnert sich Morina lächelnd. Er sagte: «Man isst einen Elefanten, indem man ihn klein schneidet.»

Privatleben bleibt unberührt

Um sich abzugrenzen, nimmt er keine Arbeit nach Hause zu seiner Frau und seinen drei Buben, weder in Form von Akten noch gedanklich. Lieber bleibt er länger im Ambulatorium, bis er sicher ist: Jetzt bin ich so weit, kann die Türe des Therapieraums schliessen und die Probleme dort lassen. Das empfiehlt er übrigens allen, die ihn danach fragen: Belastendes – zum Beispiel auch Berichte über den Ukraine-Krieg – darf dosiert werden, um sich zu schützen. Hilfreich ist auch der Austausch mit Berufskolleginnen und -kollegen.

«Nach besonders aufwühlenden Sitzungen werfe ich einen Blick in den Gang, schaue, wo eine Türe offen steht, und mache dann dort einen kleinen Besuch.» Die Räume im Universitätsquartier kennt er seit über 20 Jahren, denn um sich das Psychologiestudium zu finanzieren, arbeitete er hier als Dolmetscher. Einen der ersten Einsätze hatte er nur zwei Bürotüren weiter: «Ich erlebte früh, wie ein Psychotherapeut arbeitet. Das war sehr wertvoll – um zu erleben, wie anderen Menschen geholfen werden kann, aber auch, um zu lernen, wie ein psychotherapeutisches Gespräch geführt wird.»

Verbundenheit ist wichtig

Sein allererster Einsatz indes fand im Kinderspital statt. Er musste für eine junge Mutter übersetzen, dass man die lebenserhaltenden Maschinen abstellen würde, um ihr Kind sterben zu lassen. «Ich wollte zwar als Jugendlicher Mediziner werden, doch in dem Moment realisierte ich, dass ich nie in die Situation kommen will, als Arzt so etwas sagen zu müssen.» Heute braucht es im Ambulatorium kaum mehr Albanisch-Dolmetscher, wie Morina einer war, doch weiterhin ist in rund 60 Prozent der Sitzungen eine Übersetzerin oder ein Übersetzer anwesend.

Praktisch in jeder Therapiestunde ist der Ukraine-Krieg ein Thema, obwohl die Patientinnen und Patienten nicht von dort stammen. Doch die Medien sind seit Wochen voller schrecklicher Bilder (mehr zum Thema: Reportage aus Butscha). Sich abzugrenzen, falle vielen schwer, erklärt Naser Morina. Sie haben grosses Mitgefühl – und manche fürchten, nun bald abgeschoben zu werden, um Platz zu schaffen für «die Neuen». «Sie realisieren auch den herzlicheren Umgang der Bevölkerung mit den ukrainischen Flüchtlingen und spüren eine gewisse Bitterkeit.»

Er argumentiere jeweils, dass die grössere Sichtbarkeit des Themas und die Sensibilisierung der Gesellschaft am Ende sämtlichen Flüchtlingen zugutekomme, «aber da sind ganz klar schwierige und widersprüchliche Gefühle». Naser Morina sagt von sich, er sei ein unverbesserlicher Optimist. Schon als Student half er beim Aufbau eines Sozialprojekts mit einem Treffpunkt für Vertriebene. Seine Antrittsvorlesung als Privatdozent der Psychologie an der Universität Zürich, die er dieser Tage hält, dreht sich darum, wie Laien Flüchtlingen helfen können, sobald sie die entsprechenden Techniken und Strategien kennen: «Auch viele Flüchtlinge, die nicht traumatisiert sind, fühlen sich einsam und isoliert», sagt er. «Denn nicht alle haben das Glück, das ich hatte – dass sich jemand ihrer annimmt. Was sie in erster Linie benötigen, ist Verbundenheit mit anderen Menschen.»
(https://www.bernerzeitung.ch/diese-menschen-haben-den-raum-des-schreckens-nie-verlassen-546627086161)



Was ist ein Trauma?

Naser Morina behandelt am Ambulatorium für Folter und Kriegsopfer des Universitätsspitals Zürich traumatisierte Menschen. Ein Trauma ist eine seelische Verletzung, die durch ein verstörendes Ereignis ausgelöst wird – etwa durch Unfälle, Vergewaltigungen, emotionalen Missbrauch oder Kriegserlebnisse. Ob sich daraus eine psychische Störung entwickelt, eine sogenannte Traumafolgestörung bzw. posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), hängt stark davon ab, wie der oder die Betroffene das Erlebte bewertet. Aus der Erinnerung tilgen lassen sich Traumata nicht.

Für die Bewältigung des Erlebten benötigen die Betroffenen sozialen Rückhalt, Verständnis und Unterstützung, um so wieder Sicherheit und Stabilität zu erfahren. Die Hauptsymptome eines Traumas sind nicht kontrollierbare Erinnerungen (Flashbacks), Vermeidungsverhalten, Vergesslichkeit, Unkonzentriertheit und übertriebene Wachsamkeit, die im Alltag Schwierigkeiten verursachen.

Die ständige erhöhte Alarmbereitschaft kann auch Schlafstörungen oder körperliche Schmerzen verursachen. Neuere Forschungen weisen darauf hin, dass traumatische Erfahrungen vererbt werden können. Dies geschieht insbesondere durch sogenannte epigenetische Veränderungen an den Chromosomen, die sich auf die Aktivität von einzelnen oder mehreren Genen auswirken. Man geht davon aus, dass bis zu 50 Prozent der Kriegsflüchtlinge von einem Trauma betroffen sind. Viele erholen sich aus eigener Kraft, rund 5 bis 10 Prozent benötigen die Hilfe einer Fachperson.
(https://www.bernerzeitung.ch/diese-menschen-haben-den-raum-des-schreckens-nie-verlassen-546627086161)


+++JENISCHE/SINTI/ROMA
17 Wohnwagen von Fahrenden auf Wiese in Busswil – Gemeinde wurde nicht informiert
Auf einer landwirtschaftlichen Wiese in Busswil parkieren seit einigen Tagen Wohnwagen von Fahrenden. Die Gemeinde hätte sich eine vorläufige Information gewünscht.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/frauenfeld/zwischenhalt-17-wohnwagen-von-fahrenden-auf-wiese-in-busswil-gemeinde-wurde-nicht-informiert-ld.2291389


+++GASSE
Abgabestellen von Gratis Lebensmitteln sind am Anschlag (ab 04.42)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/basel-kauft-wohncontainer-fuer-fluechtlinge-aus-der-ukraine?id=12192255


+++DEMO/AKTIION/REPRESSION
Umgestaltung der Rathausfassade in Altdorf, UR
Letzten Sonntag haben ca. 28.6% der Schweizer Stimmberechtigten (nur 17.6969(nice)% der Schweizer Bevölkerung) per “Volksentscheid” beschlossen, den jährlichen Schweizer Beitrag an Frontex auf 61 Mio. CHF zu erhöhen, was mehr als eine Verdopplung der vorherigen 24 Mio. CHF ist. Aus Wut auf diesen Entscheid haben wir in der Nacht vom 15. auf den 16. Mai 2022 die Fassade des Rathauses in Altdorf, UR mit folgendem Schriftzug umgestaltet: „Dank euch werden Menschen sterben. Blut klebt an euren Händen. Grenzen Töten. Fickt euch und Fuck Frontex.“
https://barrikade.info/article/5182


Linke Gruppierungen rufen zu Gegendemo gegen SVP-Volksfest auf
Der Anlass «SVP bi de Lüt» bringt die nationale Parteiprominenz nach Basel. Dies wird von der linken Szene als Provokation gesehen.
https://telebasel.ch/2022/05/17/linke-gruppierungen-rufen-zu-gegendemo-gegen-svp-volksfest-auf/?channel=105100
-> https://www.20min.ch/story/bi-de-luet-svp-denkt-trotz-linker-demo-nicht-an-rueckzug-398327677192



Basler Zeiutng 17.05.2022

Wird SVP-Anlass sabotiert?«Diktatorische Züge»: Nationalrat kritisiert Basler Linksaussen-Bewegung scharf

Marcel Dettling, SVP-Vizepräsident und Nationalrat aus dem Kanton Schwyz, kommt am Samstag wegen der Partei-Veranstaltungsreihe «SVP bi de Lüt» ans Rheinknie. Dass diese gestört werden soll, überrascht ihn nicht. Er plädiert für leben und leben lassen.

Sebastian Briellmann

Marcel Dettling, Nationalrat und Vizepräsident der SVP, gilt als umgänglicher Typ, sympathisch, diskussionsfreudig – auf Parteilinie, klar, das schon. Aber muss man diesen Mann unbedingt «aus der Stadt jagen»?

Geht es nach der Linksaussen-Bewegung «Basel Nazifrei» und deren Umfeld: Ja, dann muss man das. Weil Dettling – zusammen mit anderen Parteigranden wie Bundesrat Ueli Maurer, Fraktionschef Thomas Aeschi oder Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher – am Samstagmorgen ans Rheinknie kommen will, für die Veranstaltungsreihe «SVP bi de Lüt». Es gibt zwischen 9.30 und 11 Uhr Kaffee und Kuchen für interessierte Bürger.

Ist das wirklich ein beunruhigender Anlass?

Für die linke Gruppierung offensichtlich schon. Sie rufen in den (sogenannten) sozialen Medien zur Störung des Anlasses auf («Kein Fussbreit der SVP!»; «D Lüt gege d SVP»). Oder eben: Man solle «Banker-Aeschi», «Kampfjet-Ueli» und «Milliarden-Martullo» nicht «hetzen» lassen – oder wie ein Sympathisant kommentiert: aus der Stadt jagen. Das berichten «Primenews» und «Onlinereports».

Kritische Fragen: Erwünscht

Dettling sagt auf Anfrage: «Schade, dass es solche Ankündigungen von Extremisten gibt – aber wir dürfen solchen die Stadt nicht überlassen. Hoffentlich wird die Sicherheit gewährleistet sein, aber davon gehe ich aus. Was mich stört: Wir wollen ja auch niemanden stören, jeder ist am Anlass willkommen, darf uns kritische Fragen stellen.»

Vertreter der kantonalen SVP sprechen von einem «bedenklichen Demokratieverständnis». Grossrat Pascal Messerli sagt «Primenews», dass er nun zwar keine Angst, aber doch Respekt habe. Der BaZ sagt er aber auch: «Wir sind das gewohnt. An der Muba hat man Toni Brunner auch schon mit einem Ei beworfen. Und Linksextreme haben auch versucht, Veranstaltungen in Basel von Christoph Blocher zu stören.»

Interessant ist auch: Wie «Onlinereports» schreibt, finden gewisse linke Politiker solche Aufrufe aber durchaus vorzüglich. Der Riehener SP-Einwohnerrat Joris Fricker (20) versah den Eintrag mit einem Like. Und auch Anouk Feurer, Präsidentin des Jungen Grünen Bündnisses Nordwestschweiz, habe dies gemäss des Onlineportals zuerst getan, «bevor sie sich eines Besseren besann».

Dettling, ein Schwyzer, also mit einem (ländlichen) Aussenblick ausgestattet, kann darüber nur schmunzeln, wirklich überrascht wirkt er nicht. Aber er sagt dann doch: «Ärgerlich ist, dass man ansonsten uns immer vorwirft: Ihr von der SVP seid Antidemokraten. Es zeigt sich aber hier, dass es eben oftmals die selbst ernannten Gralshüter der Demokratie sind, die mit schon fast diktatorischen Zügen versuchen, uns unsere demokratischen Rechte abzusprechen. Das ist ein schwieriges Verständnis von Demokratie. Das geht nicht. Davon dürfen wir uns keinesfalls einschüchtern lassen.»

Andere Meinung: Kein Problem

Überlegungen, dass man aus Sicherheitsgründen vielleicht besser auf den Anlass verzichtet, hat es weder in der kantonalen noch in der nationalen Partei gegeben. SVP-Schweiz-Sprecherin Andrea Sommer sagt der BaZ, was sie auch schon «Primenews» gesagt hat: «Das Recht, Veranstaltungen durchzuführen, gilt in unserem Land für alle – insbesondere dann, wenn es sich um friedliche Anlässe mit Kontakt zur Bevölkerung handelt.»

Ob es friedlich bleibt? Die Polizei hat Kenntnis vom (noch) nicht bewilligten Störungsaufruf. Ob Messerli oder Dettling: Sie vertrauen den Behörden. Dass «SVP bi de Lüt» wegen Leuten böse endet: Davon dürfte ohnehin nicht auszugehen sein. Vor allem, weil mit Ueli Maurer auch ein Bundesrat dabei ist. Diese werden besonders gut bewacht.

Dettling sagt, dass man sich in links-grünen Städten an solchen Widerstand gewöhnt habe. In Bern sei man von der Antifa auch schon mit Wasserballons beworfen worden. «Daran haben die richtig Freude gehabt.»

Wie es so ist, wenn man nicht mehr im Internet unterwegs ist oder von der Distanz aus wütet: Komme man ins Gespräch, sagt Dettling, fänden es die Linken dann gar nicht so schlimm. «Das zeigt doch: Man soll leben und leben lassen – und wenn man fundamental anderer Meinung ist, darf man uns dies ja jederzeit sagen.»
(https://www.bazonline.ch/diktatorische-zuege-nationalrat-kritisiert-basler-linksaussen-bewegung-scharf-174867540578)


+++PSYCHATRIE
Berner Kliniken therapieren mit Verschwörungstheorien
Satanismus, rituelle Gewalt und Gedankenprogrammierung: Einige Psychiaterinnen und Psychiater im Kanton Bern glauben an umstrittene Verschwörungstheorien – und lassen diese in ihre Therapien einfliessen. Fachpersonen warnen vor den Folgen für Opfer und ihre Angehörigen.  (ab 04:00)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/berner-kliniken-therapieren-mit-verschwoerungstheorien?id=12192312
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/taeter-die-opfer-fernsteuern-umstrittene-theorie-in-psychiatrien?id=12191982
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/teufel-kontrolliere-gedanken-an-berner-kliniken-wird-mit-verschwoerungstheorie-therapiert
-> https://www.srf.ch/sendungen/dok/rituelle-gewalt-mind-control-an-schweizer-kliniken-wird-mit-verschwoerungstheorie-therapiert
-> https://www.srf.ch/sendungen/dok/psychiatrische-therapien-verschwoerungserzaehlung-auf-der-traumastation-littenheid


«Rituelle Gewalt/Mind Control» – An Schweizer Kliniken wird mit Verschwörungstheorie therapiert
Laut einer Verschwörungserzählung werden Menschen von Tätern mittels ritueller Gewalt programmiert und gesteuert. Nun zeigen SRF-Recherchen: In der Schweiz wird vor dem Hintergrund dieser Erzählung therapiert.
https://www.srf.ch/sendungen/dok/rituelle-gewalt-mind-control-an-schweizer-kliniken-wird-mit-verschwoerungstheorie-therapiert


Psychiatrische Therapien – Verschwörungserzählung auf der Traumastation Littenheid
Auf der Traumatherapiestation der Klinik Littenheid hat eine Verschwörungserzählung Einzug gehalten. Das zeigen Recherchen von «rec.»
https://www.srf.ch/sendungen/dok/psychiatrische-therapien-verschwoerungserzaehlung-auf-der-traumastation-littenheid


Zunahme von «präventiven Fixierungen»: Kanton lässt Vorwürfe gegen Psychiatriezentrum untersuchen
Präventive Fesselungen, Beschäftigung von Kirschblütlern: Im Auftrag des Kantons untersucht nun ein externer Experte die Vorwürfe gegen das Psychiatriezentrum Münsingen.
https://www.derbund.ch/kanton-laesst-vorwuerfe-gegen-psychiatriezentrum-untersuchen-441007520325
-> https://www.be.ch/de/start/dienstleistungen/medien/medienmitteilungen.html?newsID=dcd2baf9-6ff9-45bf-a56e-1d3b6478dc07


+++AUSLÄNDER*INNEN-RECHT
Neue Zahlen zu den Ausschaffungen: Gerichte verhängen mehr Landesverweise wegen Sozialmissbrauchs
Die Härtefallklausel kommt weiterhin oft zum Einsatz: In vier von zehn Fällen hat die Justiz 2021 auf einen obligatorischen Landesverweis verzichtet. Sie verschärft jedoch die Gangart gegenüber Personen, die bei der Sozialhilfe tricksen.
https://www.nzz.ch/schweiz/ausschaffungen-ld.1684245?mktcid=smch&mktcval=twpost_2022-05-17


St.Galler Kantonsgericht wegen Ausschaffungsinitiative überlastet
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-ostschweiz/spital-flawil-wird-bis-ende-jahr-zu-einem-bundesasylzentrum?id=12192276


+++KNAST
Blick zurück auf fünf Jahre Rechtsberatung für Gefangene
Seit 2017 hat David Mühlemann die Rechtsberatung für Menschen in Freiheitsentzug und ihre Angehörigen bei humanrights.ch aufgebaut. Nun verlässt er humanrights.ch, um sich im Rahmen einer Doktorarbeit in dieses Thema zu vertiefen. Wir werfen mit ihm zusammen einen Blick zurück auf fünf Jahre Beratungsarbeit.
https://www.humanrights.ch/de/fachstellen/fachstelle-freiheitsentzug/interview-david-muehlemann-2022


+++FRAUEN/QUEER
Mehr Übergriffe gegen LGBT-Menschen – Schweiz Aktuell
Queere Menschen sind stärker von physischer und psychischer Gewalt betroffen. Das zeigen die neuen Zahlen einer spezialisierten Hotline und eine Studie aus dem Kanton Waadt.
https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/mehr-uebergriffe-gegen-lgbt-menschen?urn=urn:srf:video:7eb7f2c6-2760-4b20-8a76-263fb7b7ff23
-> https://www.srf.ch/play/tv/10-vor-10/video/angriffe-auf-lgbtq-menschen-nehmen-zu?urn=urn:srf:video:75a7d20b-7f7b-49bf-964d-872c760899fa


Mehr Sichtbarkeit – weniger Sicherheit
Die LGBT-Dachverbände verzeichnen 50 Prozent mehr Meldungen von LGBTQ-feindlichen Hate Crimes im Jahr 2021
Zum heutigen IDAHOBIT, dem Internationalen Tag gegen Feindlichkeit gegenüber queeren Menschen, veröffentlichen die Lesbenorganisation Schweiz (LOS), Transgender Network Switzerland (TGNS) und Pink Cross den neusten Hate Crime Bericht. Er zeigt: Die Abstimmung über die «Ehe für alle» brachte insbesondere lesbischen, bisexuellen und schwulen Personen mehr Sichtbarkeit, aber nicht mehr Sicherheit für die queere Community.
https://danielfrey.io/2022/05/17/mehr-sichtbarkeit-weniger-sicherheit/
-> https://danielfrey.io/2022/05/17/idahobit-2022-in-der-stadt-bern/


Therapien zur “Heilung von Homosexuellen” richten weiterhin verheerende Schäden an
Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern weigert sich die Schweiz bisher, so genannte Konversionstherapien zu verbieten, die angeblich “Homosexualität heilen”. Sie werden nach wie vor praktiziert, häufig hinter den Türen evangelikaler Kirchen. Mehrere Opfer berichten, wie sie nach solchen “Behandlungen” erst langsam wieder zu Selbstvertrauen kamen.
https://www.swissinfo.ch/ger/konversionstherapien-richten-weiterhin-verheerende-schaeden-an/47600474


+++RECHTSEXTREMISMUS
derbund.ch 17.05.2022

Emmentaler Nachtwölfe: Offenbar heulen sie nur noch leise

Die Schweizer Nachtwölfe treten als Putin-treue Rocker in Erscheinung. Wie viele Mitglieder zählen sie? Und sind zwei Burgdorfer noch dabei?

Dölf Barben

Er habe Sticker und Abzeichen von Motorrad und Jacke entfernt. Und er habe bei den Nachtwölfen seinen Austritt gegeben – am Tag, nachdem Putin die Ukraine angegriffen hat. Dies sagte der Mann, der beim Eishockeyclub Burgdorf als «Fan-Chef» gilt.

Vor einem Monat war er als Sympathisant der russischen Motorradrocker Nachtwölfe aufgefallen. In einem Telefongespräch hatte er beteuert, schon als Jugendlicher Russland verfallen zu sein. Er sei ein Russlandfan, kein Putin-Fan. Über seine Geschichte hat diese Zeitung am 5. Mai berichtet.

Unklar war dabei geblieben, welche Bedeutung die Nachtwölfe in der Schweiz haben, wie sie überhaupt organisiert sind und in welchem Verhältnis sie zum Motorradclub in Russland stehen. Die Nachtwölfe waren 1989 gegründet worden. In Russland soll der kremlnahe Club um die 5000 Mitglieder zählen. Diese gelten als patriotisch, antiwestlich und schwulenfeindlich.

Unklar war in der Zwischenzeit auch, wie ernst es der Burgdorfer «Fan-Chef» mit seiner Distanzierung meinte. Wie das Nachrichtenportal «Watson» am Wochenende berichtete, habe er mit seinem Motorrad am 9. Mai an dem Gedenkanlass auf dem Basler Friedhof Hörnli teilgenommen. Er habe sich gleich hinter dem Chef der Schweizer Nachtwolfgruppe eingereiht. Der traditionelle Anlass war dieses Jahr besonders brisant.

Wie auf Bildern zu sehen ist, die eine Pressefotografin am Anlass machte, war eine Handvoll Schweizer Nachtwölfe in Basel zugegen. Auf den Fotos ist in der Tat ein Motorrad zu sehen, das jenes des «Fan-Chefs» sein könnte.

Am Montag nun reagierte der «Fan-Chef» auf eine Anfrage. Zuvor hatte er keinen Kontakt mehr zugelassen. Er sei nicht in Basel gewesen, beteuerte er am Telefon. Das Motorrad, das auf den Bildern aus Basel zu sehen sei, sei auch nicht seines. Wer einen Blick dafür habe, sehe die Unterschiede sofort. Nach dem 24. Februar habe er das Thema Nachtwölfe abgehakt. Mehr wolle er dazu nicht sagen.

Die Durchsicht der im Archiv vorhandenen Bilder des Anlasses legt nahe, dass der Burgdorfer «Fan-Chef» tatsächlich nicht in Basel dabei war. Vergleicht man sein Motorrad, von dem er auf Facebook Bilder gepostet hat, mit dem Motorrad auf den Basler Bildern, sind Unterschiede erkennbar.

Gründung vor einem Jahr

Bleibt die Frage nach der Bedeutung der Schweizer Nachtwölfe. Auf Fotos, die in den sozialen Medien in den vergangenen Monaten gepostet wurden, sind nie mehr als ein halbes Dutzend Rocker zu sehen. Dies dürfte vermutlich mit der Mitgliederzahl übereinstimmen.

Wie das Bundesamt für Polizei (Fedpol) auf Anfrage mitteilt, wurde der Night Wolves MC Switzerland im Frühling 2021 gegründet. Dieser Motorradclub (MC) habe, schreibt das Fedpol, «nach wie vor Anwärterstatus», sei also nicht ein vollwertiger Ableger des Night Wolves MC, des eigentlichen «Mutterclubs» aus Russland.

Weiter teilt das Fedpol mit, beim Schweizer Ableger handle es sich «um eine sehr kleine Gruppierung». Das Bundesamt geht «von einer einstelligen Anzahl Mitglieder» aus. Diese Gruppierung sei in der Schweiz «aus polizeilicher Sicht bisher unauffällig geblieben».

Bei Broncos unbekannt

Unauffällig sind die Schweizer Nachtwölfe auch bei anderen Rockern geblieben. Jimy Hofer, der Präsident der Broncos, sagt auf Anfrage, Nachtwölfe seien in der Motorradclub-Szene hierzulande «nicht präsent». Auch eine entsprechende Clubgründung sei unter den Broncos kein Thema gewesen, «respektive nicht bis zu uns durchgedrungen». Falls die Gruppe von Bedeutung wäre, «würde man sie sehen – aber das ist nicht der Fall». Auch Mitglieder der eigentlichen Nachtwölfe aus Russland seien in der Schweiz nicht präsent. Er habe auch nichts davon gehört, dass in anderen Ländern Ableger der Nachtwölfe gegründet worden wären.

Der Motorradclub Broncos gilt als der zweitgrösste in der Schweiz. Die Broncos MC Switzerland haben gemäss einer Schätzung des Fedpol 70 bis 80 Mitglieder. Die Hells Angels MC Switzerland sind mit 150 bis 200 Mitgliedern mehr als doppelt so stark. Das Fedpol betonte, es gebe keine statistischen Erhebungen zu Motorradclubs, und dementsprechend könnten auch nicht genaue Zahlen genannt werden.

Und der zweite Nachtwolf?

Im Umfeld des EHC Burgdorf bewegte sich ein zweiter Sympathisant der Nachtwölfe. Bis letztes Jahr war er vom Eishockeyclub angestellt. Auch er wollte nach der Publikation des ersten Beitrags keine Stellung nehmen. Auf seiner Facebook-Seite fiel jedoch auf, dass er danach das St.-Georgs-Band entfernte, mit dem er zuvor sein Profil geschmückt hatte. Dieses Abzeichen tragen jene, die seit der Annexion der Krim 2014 die aggressive Politik Putins unterstützen. Wie weit er sich wirklich distanzierte, ist unklar. An der Feier in Basel war er nicht dabei; russlandfreundliche Facebook-Posts sind bei ihm aber nach  wie vor zu finden.

Klar ist hingegen, woher der Wind bei den Nachtwölfen Schweiz weht. Auf den sozialen Medien lassen sie die Welt wissen, für wen ihr Herz schlägt: «Wir stehen zu Russland! Wir stehen zu seinem Präsidenten! (…) Wir sind Russland hier in der Schweiz! Ohne Wenn und Aber!»
(https://www.derbund.ch/offenbar-heulen-sie-nur-noch-leise-929065156995)



Elitärer Rechtsextremismus in Frankreich – Die Polemik von Eric Zemmour
Mit zwei rechtsextremen Kandidat*innen für die französische Präsidentschaftswahl wird die politische Lage in Frankreich zunehmend kritisch. Als Publizist konnte der rechtsextreme Politiker Eric Zemmour seinen Wahlkampf durch Tourneen – angeblich für sein Buch – finanzieren. In einem Interview mit Samuel¹, einem politischen Aktivisten, habe ich über eine solche Veranstaltung in Genf, den Einfluss Zemmours und die politischen Hintergründe in Frankreich diskutiert.
https://www.megafon.ch/frontex-ein-ende-setzen/?artikel=Elit%C3%A4rer+Rechtsextremismus+in+Frankreich+%E2%80%93+Die+Polemik+von+Eric+Zemmour


“Bevölkerungsaustausch” Rechtsextreme Idee wird Mainstream
Zehn Menschen ermordete der Schütze von Buffalo, mutmaßlich aus rassistischen Motiven. Auch er beruft sich auf den Kampf gegen den “Großen Austausch”, eine rassistische Verschwörungserzählung. Was steckt dahinter?
https://www.tagesschau.de/ausland/grosse-austausch-verschwoerungsmythen-usa-101.html


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Täter, die Opfer fernsteuern: Umstrittene Theorie in Psychiatrien
In Berner Psychiatrien hat sich teils die umstrittene Theorie verbreitet, dass Täter Gedanken von anderen Menschen programmieren oder fernsteuern können. Die Betroffenen würden als Kind Opfer sexueller Gewalt und später – auf Befehl des Täters – zum Beispiel satanistische Rituale durchführen.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/taeter-die-opfer-fernsteuern-umstrittene-theorie-in-psychiatrien?id=12191982


Kursierende Falschbehauptung: Nein, der Sänger von Kalush Orchestra hat am ESC keinen Hitlergruss gemacht
Putin unterstellt der Ukraine, ein Nazi-Problem zu haben. Nun meinen einschlägige Portale und Social-Media-Nutzer, Belege dafür gefunden zu haben – beim ESC. Doch die angeblichen Beweise sind so falsch wie die Behauptung selbst.
https://www.20min.ch/story/nein-der-saenger-von-kalush-orchestra-hat-am-esc-keinen-hitlergruss-gemacht-204649833031


+++HISTORY
Breakfast with the Panthers
It wasn’t all young men and guns: the Black Panther Party’s programs fed more hungry kids than the state of California
https://aeon.co/essays/the-black-panthers-fed-more-hungry-kids-than-the-state-of-california?src=longreads&mc_cid=61ee8edfc6&mc_eid=ca678076c5



nzz.ch 17.05.2022

Der «Clan des Suisses»: Wie Schweizer Faschisten für die Nazis spionierten

Während des Zweiten Weltkriegs stand in Paris ein Netz von Schweizer Faschisten im Sold der deutschen Besatzungsmacht. Seine Mitglieder bereicherten sich schamlos, wurden nach Kriegsende aber von den Alliierten zur Rechenschaft gezogen. Ein Blick zurück.

Jörg Krummenacher

Im Hôtel de Bordeaux im 10. Pariser Arrondissement gehen Angehörige der deutschen Besatzer ein und aus. Einer der Besucher ist «Bull», ein V-Mann von stattlicher Körpergrösse und mit Boxergesicht. Die Inhaber des Hotels gelten als deutschfreundlich. Doch am 21. Mai 1942 meldet «Bull» der deutschen Abwehrleitstelle, dass die Hotelbetreiber «den deutschen Soldaten, die ins Hotel kommen, kranke Strassenmädchen zuführen». Ausserdem gingen im Hotel dubiose Personen ein und aus, die englandfreundlich seien und mit Charles de Gaulle sympathisierten, der von London aus den Widerstand gegen die Besatzer organisiert. «Bull» kommt zum Schluss, dass die Hotelinhaber in Tat und Wahrheit deutschfeindlich seien und mit der Résistance in Verbindung stünden.

Der «schöne Géo»

«Bull» heisst mit bürgerlichem Namen René Fonjallaz. Er gehört zum «Clan des Suisses», einem geheimen Netz von Schweizer Faschisten, das dem Unterdrückungsapparat der deutschen Besatzer zuarbeitet. Bei der Pariser Abwehrleitstelle III F ist «Bull» mit der Agentennummer F 30012 registriert. Gemäss Personalbogen gilt er als zuverlässig, intelligent, zurückhaltend und von klarem Urteil. Der 35-Jährige ist in Bern zur Welt gekommen, hat an der Sorbonne und in Harvard studiert und gibt sich als freiberuflicher Schriftsteller aus.

Was mit den Inhabern des Hôtel de Bordeaux aufgrund der Denunziation passiert, ist nicht bekannt. Dokumentiert ist hingegen, dass die deutsche Abwehr Sympathisanten und Angehörige der französischen Widerstandsbewegung, aber auch Mitarbeiter des schweizerischen Nachrichtendienstes dank Meldungen der Schweizer V-Männer verhaftet und foltert. Manche der Denunzierten landen in einem KZ in Deutschland, nur wenige überleben.

Als Kopf des Schweizer Clans gilt Georges Oltramare, bekannt als der «schöne Géo». Er steht auf einer Liste von Mitarbeitern des deutschen Botschafters in Paris, Otto Abetz, und leitet auf dessen Wunsch zunächst die Redaktion von «La France au Travail», einer antisemitischen Tageszeitung «im Dienst des französischen Volkes». Danach wechselt er zu «Radio Paris», wo er politische Sendungen moderiert. Oltramare stammt aus Genf, wo er vor seinem Wechsel nach Paris eine antisemitisch ausgerichtete Zeitung und eine faschistische Partei gegründet hat und 1933 ins Kantonsparlament gewählt worden ist. Sein engster Mitarbeiter in Paris ist Paul Bonny, ebenfalls Schweizer, der wie Oltramare bei der deutschen Botschaft und beim Radio wirkt.

Max Stöcklin, ein dubioser Schweizer Geschäftsmann mit Büro nahe den Champs-Élysées, agiert ebenfalls für die deutsche Abwehr. Er gilt als eine Schlüsselfigur im Pariser Schwarzmarkt und handelt auch mit Raubkunst, hat er doch direkten Zugang zu Kunstwerken bedeutender Maler, welche die deutschen Besatzer den jüdischen Eigentümern rauben. Über Stöcklin gelangen mehrere Werke in die Schweiz. Eines davon, «Tänzerin mit Tambourin» von Henri Matisse, landet beim Waffenfabrikanten und Kunstsammler Emil Bührle in Zürich.

Rettung vor Attentat

Die Eifrigsten und Schamlosesten unter den V-Männern des «Clan des Suisses» sind aber Paul Jaquier und Daniel Perret. Jaquier agitiert unter dem Decknamen «Ray», dem Familiennamen seiner Ex-Frau. Perret ist bei der deutschen Abwehr als «Duval» registriert.

Paul Jaquier stammt aus Lausanne, wo er als Polizist arbeitet, bis er wegen nazifreundlicher Aktivitäten aus dem Korps entlassen wird. In Paris pflegt er engen Kontakt mit der deutschen Abwehrleitstelle, rapportiert ihr laufend über «notorische» Gaullisten und Kommunisten, in deren Netzwerke er sich einschleicht. Er rät zu Hausdurchsuchungen, Razzien, Verhaftungen, pendelt zwischen der Schweiz und Frankreich. Am Genfersee bespitzelt er die Gäste des Hotels Lausanne Palace, das er detailliert als Schlupfwinkel für Juden, Flüchtlinge und Mitglieder der Résistance beschreibt. In Paris observiert er «unauffällige Wallfahrten» zu den Gräbern von Résistance-Kämpfern, die von der Besatzungsmacht erschossen worden sind. Frauen der Getöteten, so berichtet «Ray», nutzten die Gräber als Briefkästen: «Man bringt Blumen und hat in diesen Blumensträussen Flugblätter versteckt.»

Den Ministerpräsidenten der Schattenregierung im unbesetzten Frankreich, Pierre Laval, warnt er vor einem geplanten Attentat, von dem er Wind bekommen hat. Laval bedankt sich bei ihm persönlich. Dank der Protektion durch deutsche und französische Behörden kann Jaquier, ebenso wie Max Stöcklin, einen blühenden Schwarzhandel betreiben und auf grossem Fuss leben. An den Champs-Élysées betreibt er ein Juweliergeschäft, im Schwarzmarkt handelt er mit Uhren, Gold, Zigaretten, Kaffee oder Schokolade, stets hält er sich zwei bis drei Autos.

«Duval» verrät seine Schwester

Auch Daniel Perret-Gentil-dit-Maillard lässt es sich als «Duval» in Frankreich gut gehen. Er lebt in einer Villa etwas ausserhalb von Paris, bereichert sich bei Hausdurchsuchungen der Gestapo, unterhält einen Agentenring von 40 Personen und rapportiert laufend über gaullistische und kommunistische Umtriebe. Perret stammt aus einer angesehenen Neuenburger Familie: Sein Vater ist National- und Kantonsrat, seine Mutter Schriftstellerin. Auch Daniels Schwester Anne-Françoise ist in Paris aktiv, allerdings auf der Gegenseite. Sie bespitzelt ihren Bruder im Auftrag der Résistance, er bespitzelt sie im Auftrag der Abwehrleitstelle III F. Kurz vor der Befreiung von Paris, am 10. August 1944, verrät er seine Schwester. Sie wird von der Gestapo verhaftet und verhört, danach ins KZ Ravensbrück deportiert.

Verhaftet und verurteilt

Die St. Galler «Volksstimme» wird durch einen Beitrag in einer Pariser Zeitung auf den «Clan des Suisses» aufmerksam und berichtet erstmals am 13. Januar 1945 über dessen Aktivitäten zugunsten der Nationalsozialisten. Nach Kriegsende gelingt es den Justizbehörden mithilfe der Alliierten, einen nach dem anderen dingfest zu machen. Spektakulär verläuft die Verhaftung von Paul Jaquier: Er flieht nach Italien, wird in einer Mailänder Bar von zwei französischen Offizieren erkannt, von den britischen Besatzungsbehörden in ein Interniertenlager gesteckt und 1946 an die Schweiz ausgeliefert. Der Schweizer Bundesanwaltschaft werden umfangreiche Akten zugespielt, die Jaquiers Spionagetätigkeit belegen: Vor Gericht kann sie 35 Rapporte und Listen vorlegen, die er für die deutsche Abwehr verfasst hat. Das Lausanner Kriminalgericht verurteilt Jaquier wegen politischer, militärischer und wirtschaftlicher Spionage sowie wegen Freiheitsberaubung und Körperverletzung zu fünfzehn Jahren Gefängnis.

Vor dem Bundesgericht in Lausanne müssen sich René Fonjallaz, Georges Oltramare und Paul Bonny verantworten. Sie werden wegen «Propaganda gegen die Schweiz» relativ milde mit drei Jahren (Fonjallaz und Oltramare) sowie einem Jahr Gefängnis (Bonny) bestraft.

Max Stöcklin und Daniel Perret kommen in Paris vor Gericht. Stöcklin wird wegen Spionage zu lebenslanger Haft verurteilt, gegen Perret spricht das Gericht das Todesurteil aus wegen Nachrichtendienstes für den Feind und Denunziationen. Doch er kommt mit dem Leben davon. Der Grund: das Gnadengesuch seiner Schwester Anne-Françoise, jener Schwester, die er verraten hat. Sein Glück: Sie hat das KZ Ravensbrück überlebt.
(https://www.nzz.ch/schweiz/der-clan-des-suisses-wie-schweizer-fuer-die-nazis-spionierten-ld.1684280)