Medienspiegel 14. April 2022

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++BERN
Ukraine: Arbeiten für die temporäre Unterkunft Viererfeld in der Stadt Bern gehen zügig voran
Die Bauarbeiten für die temporäre Unterkunft Viererfeld (TUV) gehen zügig voran. Dank der sehr guten Zusammenarbeit aller Beteiligten und dem grossen Engagement der Stadt Bern konnten bereits wichtige Arbeiten durchgeführt werden. Ein Baugesuch wurde eingereicht und der vorzeitigte Baubeginn wurde bewilligt. Der Bau der TUV orientiert sich an den geltenden Bauvorschriften und an den Auflagen beim Bau von Notunterkünften und Aufnahmezentren für Flüchtende.
https://www.be.ch/de/start/dienstleistungen/medien/medienmitteilungen.html?newsID=a00c69fa-2ff6-42c4-9889-74dd025ae766
-> https://www.derbund.ch/mitte-mai-sollen-die-ersten-gefluechteten-ins-viererfeld-containerdorf-ziehen-148100730365
-> https://www.blick.ch/schweiz/bern/widerrechtliches-bauvorhaben-fluechtlingsdorf-in-bern-sorgt-fuer-rote-koepfe-id17408517.html



ajour.ch 14.04.2022

Kurse für Geflüchtete aus der Ukraine

Aufgrund der hohen Nachfrage organisiert Multimondo ab dem 25. April Sprachkurse in Deutsch und Französisch für Geflüchtete aus der Ukraine mit professioneller Kinderbetreuung.

gassmann.media

Vorgesehen sind Halbintensivkurse in den beiden Landessprachen Deutsch und Französisch – dreimal zwei Stunden pro Woche – welche auf die Bedürfnisse der ukrainischen Geflüchteten zugeschnitten sind, heisst es in der Medienmitteilung.

Die Kurse werden ab dem 25. April und bis Ende Juli angeboten und beinhalten insgesamt 80 Stunden. Die vermittelten Inhalte sollen nebst dem Spracherwerb auch die Integration, wie das Wissen um die Funktionsweise von Schulen, Ämtern, Gesundheitswesen, öffentlichen Verkehrsmittel usw. fördern. Dadurch wird das Alltagsleben der Menschen, ihre Orientierung in Biel und der Schweiz allgemein, erleichtert, heisst es weiter.

Multimondo nimmt Anmeldungen für diese beiden Kurse entgegen, entweder telefonisch (032 322 50 20) zwischen 9.00 und 11.00 Uhr und 14.00 und 16.00 Uhr oder per E-Mail an info@multimondo.ch.

Damit die optimale Stossrichtung sowie das Anfangsniveau festgelegt werden können, werden alle neu angemeldeten Personen gebeten am Donnerstag, 21. April einen Einstufungstest zu machen. Währenddem die Eltern in den Kursen eine der beiden Sprachen erlernen, können die Kinder in der geführten Kinderbetreuung ebenfalls unterstützt und gefördert werden.
(https://ajour.ch/story/kurse-f%25C3%25BCr-gefl%25C3%25BCchtete-aus-der-ukraine/6345)


+++BASEL
Basler Regierungsrat fordert gerechtere Verteilung
In Städten wie Basel wohnen derzeit überproportional viele Geflüchtete aus der Ukraine. Sozialdirektor Kaspar Sutter fürchtet eine weitere Verknappung des Wohnraums, der Bund müsse für eine bessere Verteilung auf die Kantone sorgen.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/basler-regierungsrat-fordert-gerechtere-verteilung?id=12177039


Flüchtlinge besser verteilen: auch ukrainische Netzwerke helfen
Viele ukrainische Flüchtlinge wollen auch in der Schweiz in einer Stadt leben. Das bestätigt Halyna Rinner, sie so etwas wie das Zentrum aller ukranischen Netzwerke in Basel. Der Kanton Baselstadt spricht von vielen Flüchtlingen und fordert eine bessere Verteilung. Dabei helfen nun auch Halyna Rinner und ihre Netzwerke mit. Sie vermitteln keine Flüchtlinge mehr über eigene Kanäle, sondern schicken alle zum Kanton. So können sie gemäss dem ordentlichen Verteilschhlüssel verteilt werden.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/fluechtlinge-besser-verteilen-auch-ukrainische-netzwerke-helfen?partId=12177414


+++OBWALDEN
Bundesasylzentrum Glaubenberg bleibt länger (ab 04:23)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zentralschweiz/private-schulen-mit-zweifelhafter-ideologie-im-kanton-schwyz?id=12177279
-> https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/obwalden/obwalden-truppenlager-glaubenberg-wird-bis-2025-weiterhin-als-bundesasylzentrum-genutzt-ld.2276674


+++ST. GALLEN
Unterschiedliche Entschädigungen für aufgenommene Flüchtlinge aus der Ukraine bei Privaten
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-ostschweiz/graubuenden-im-wahlfieber?id=12177036


+++THURGAU
Amriswil schafft Platz und Fakten für hundert ukrainische Flüchtlinge – doch die Stadträtin steckt in einem Dilemma
Stadt, Volksschulgemeinde und die vier Kirchen koordinieren gemeinsam die Hilfe für aktuell rund 100 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die laut Kanton der Stadt zugeteilt werden.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/kreuzlingen/zusammenarbeit-amriswil-schafft-platz-und-fakten-fuer-hundert-ukrainische-fluechtlinge-doch-die-stadtraetin-steckt-in-einem-dilemma-ld.2276602


+++ZÜRICH
Der Zürcher Gemeinderat will die Flüchtlinge aus der Ukraine beim Einstieg in den Arbeitsmarkt unterstützen. Es soll eine Jobplattform geben, worauf die Stellen in Fremdsprachen ausgeschrieben sein. Zudem soll eine neue Anlaufstelle arbeitswilligen Flüchtlingen helfen.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/letzter-einsatz-im-zuercher-gemeinderat?id=12177060


«Wir sind am Limit»: Hilfsorganisation «Essen für alle» schlägt Alarm
Während der Corona-Pandemie verteilte die Zürcher Organisation «Essen für Alle» Essen an Menschen, die nichts mehr haben. Nun wird sie von ukrainischen Flüchtlingen überrannt – und ruft nach staatlicher Unterstützung.
https://www.beobachter.ch/gesellschaft/wir-sind-am-limit-hilfsorganisation-essen-fur-alle-schlagt-alarm
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/rettungsdienst-winterthur-mit-neuer-strategie?id=12177423 (ab 06:57)


Über 30 Personen involviert: Neun Verhaftungen nach Prügelei im Asylzentrum Zürich
Am Donnerstagmorgen kam es zu zwei Auseinandersetzungen im Bundesasylzentrum in Zürich. Es waren über 30 Personen involviert und es kam zu neun Verhaftungen. Zwei Sicherheitsmitarbeiter des Zentrums wurden verletzt.
https://www.blick.ch/schweiz/zuerich/ueber-30-personen-involviert-neun-verhaftungen-nach-pruegelei-im-asylzentrum-zuerich-id17407382.html
-> https://www.stadt-zuerich.ch/pd/de/index/stadtpolizei_zuerich/medien/medienmitteilungen/2022/april/mehrere_verletztenachauseinandersetzungenimbundesasylzentrum.html
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/rettungsdienst-winterthur-mit-neuer-strategie?id=12177423 (ab 6:04)
-> https://www.20min.ch/story/massenschlaegerei-im-bundesasylzentrum-fordert-mehrere-verletzte-209872415407
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/news-service/vermischtes-people/polizeimeldung-massenschlaegerei-im-bundesasylzentrum-neun-personen-festgenommen-ld.2276821


+++SCHWEIZ
Ukraine-Flüchtlinge sollen auf Kantone aufgeteilt werden – Rendez-vous
Flüchtlinge aus der Ukraine sind in der Schweiz aktuell hauptsächlich in Städten untergebracht. Die Behörden wollen die Menschen nun besser auf die Kantone verteilen, da die Unterkünfte in den Städten langsam knapp werden. Ein komplexes Unterfangen.
https://www.srf.ch/audio/rendez-vous/ukraine-fluechtlinge-sollen-auf-kantone-aufgeteilt-werden?partId=12177306
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/krieg-in-der-ukraine-noch-klappt-die-gerechte-verteilung-der-ukraine-fluechtlinge-nicht


Flüchtlinge: Grosse Solidarität – und danach?
Seit dem Krieg in der Ukraine erlebt die Schweiz eine neue Willkommenskultur. Wie lässt sich verhindern, dass die Stimmung kippt? Und was ist mit anderen Geflüchteten?
https://www.beobachter.ch/gesellschaft/fluchtlinge-grosse-solidaritat-und-danach


Überforderte Bundesasylzentren: Nicht für Flüchtlinge mit Behinderung eingerichtet
Die Pro Infirmis unterstützt ukrainische Flüchtlinge mit Behinderung, die in Bundesasylzentren untergebracht sind. Und stellt dort Defizite fest.
https://www.beobachter.ch/burger-verwaltung/uberforderte-bundesasylzentren-nicht-fur-fluchtlinge-mit-behinderung-eingerichtet


SEM: Schutz vor Ausbeutung von Flüchtenden – Tagesschau
Das Staatssekretariat für Migration hat letzten Montag eine Kampagne lanciert, um ukrainische Flüchtlinge vor Ausbeutung und Menschenhandel zu warnen. Am Bahnhof Cornavin in Genf kümmern sich Freiwillige darum, dass die Geflüchteten Leuten mit solchen Absichten gar nicht erst in die Arme laufen.
https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/sem-schutz-vor-ausbeutung-von-fluechtenden?urn=urn:srf:video:cf7675e0-a623-475c-ae5a-e3894a978ba4


Krieg in der Ukraine – Aus dem Kriegsgebiet an die Uni: drei Fluchtgeschichten
Ukrainische Wissenschaftlerinnen können nach der Flucht in der Schweiz weiterarbeiten. Gibt das Hoffnung? Die Geschichte dreier Frauen.
https://www.srf.ch/wissen/mensch/krieg-in-der-ukraine-aus-dem-kriegsgebiet-an-die-uni-drei-fluchtgeschichten



derbund.ch 14.04.2022

Flüchtlingskrise«Es müsste noch mehr für die Flüchtlinge passieren, noch viel mehr»

Was die ukrainischen Flüchtlinge heute erleben, machten die Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien vor gut zwanzig Jahren durch. Was hat die Schweiz damals gelernt? Was ist heute anders, besser? Zwei Betroffene erzählen.

Philipp Loser, Christian Zürcher

Die Schweizer Geschichte von Meral Kureyshi und ihrer Familie beginnt in einem Luftschutzbunker in der Nähe von Bern. Kureyshi floh zu Beginn der 90er-Jahre mit ihrer Mutter und ihrem Bruder vor dem Krieg aus dem ehemaligen Jugoslawien in die Schweiz. Sie kommt aus Prizren, ihre Familie gehört zur türkischsprachigen Minderheit in Kosovo.

«Die grauen Betonwände erinnerten mich an unseren Keller in Prizren. Es roch feucht und ein wenig nach Essig», schrieb Kureyshi später in ihrem preisgekrönten Debütroman «Elefanten im Garten». Sie erzählt darin von der Dusche im Bunker, von gfürchige Mitbewohnern, von den fremden Sprachen, denen sie gerne zuhörte. «Es war die einzige Musik, die es hier gab. Im Bunker hingen keine Bilder an den Wänden, kein Teppich lag auf dem Boden, keine Fenster mit Blumen davor.» Sie sei als Kind aus einem Krieg geflohen und in einem Gefängnis gelandet, sagt Kureyshi.

Die Schriftstellerin wohnt bis heute in Bern. Manchmal kommt sie an ihrer ersten Unterkunft vorbei, dem Bunker. Erst kürzlich war sie mit ihrem achtjährigen Neffen da. «Warum musstet ihr da wohnen?», habe er sie gefragt, erzählt Kureyshi. «Mein Neffe hat gesagt: ‹Sollte man Leuten, die aus dem Krieg kommen, nicht ein schönes Daheim geben?› Dann fragte er mich, warum ich weinen müsse.»

Es kommt grad recht viel hoch, wenn man die Schriftstellerin zu ihrer ersten Zeit in Bern befragt. Und zur Situation jetzt, mit dem Krieg in der Ukraine.

Wie Meral Kureyshi geht es in diesen Tagen vielen. In der Schweiz leben Hunderttausende Menschen mit Wurzeln im ehemaligen Jugoslawien. Dass sie überhaupt in die Schweiz kamen, hat auch mit dem Schweizerischen Bauernverband zu tun. Im Jahr 1964 begann dieser, jugoslawische Landarbeiter zu rekrutieren. Deren Heimat war arm und unterdrückt von der Belgrader Zentralmacht. Als 1991 die Kriege im ehemaligen Jugoslawien ausbrachen, erinnerten sich viele an ihre Verwandten und Bekannten in der Schweiz – und zogen zu ihnen. Als politisch Verfolgte, als Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlinge.

Hier ist kein Krieg, hier zahlen alle

Auch Nenad Stojanović hatte eine Tante in Lugano. Am 16. April 1992 floh er als 16-Jähriger aus Sarajevo. Mit Bus und Bahn, ganz allein, die Familie blieb in der bosnischen Hauptstadt. Als er nach der russischen Invasion vernahm, dass ukrainische Flüchtlinge gratis mit den SBB und der Deutschen Bahn fahren dürfen, fühlte sich der heutige Professor der Universität Genf an seine eigene Flucht erinnert. Im Zug hat er damals für eine bosnische Frau übersetzt und dem deutschen Kondukteur gesagt, dass sie vor dem Krieg in Bosnien fliehe und kein Geld für das Ticket von München nach Stuttgart habe. Dieser habe nur gegrinst und gesagt: Hier sei kein Krieg, hier zahlten alle.

Über Stuttgart kam er nach Lugano. «Ich wurde gut aufgenommen», sagt er. Hilfe kam damals weniger vom Staat und mehr aus privaten Kreisen. Stojanović erhielt ein Stipendium für ein katholisches Gymnasium und lernte schnell Italienisch. Noch im Gymnasium bekam er Literaturpreise für Texte mit Titeln wie «C’era una volta una città» («Es war einmal eine Stadt»).

Er ging an die Universität und studierte in Genf und Montreal Politwissenschaft. 2002 wechselte er ins Bundeshaus in den Stab von Moritz Leuenberger, als 26-Jähriger war er der jüngste Mitarbeiter eines Bundesrats (und wohl der einzige ohne Schweizer Pass). Später war er zwischenzeitlich für die SP Gemeinderat in Lugano und Tessiner Grossrat. Es ist eine Karriere, die Integrationsexperten entzückt. Er sagt: «Ich habe viel gearbeitet und drei Landessprachen gelernt, aber ich hatte auch viel Glück.»

Dass der Anfang einer solchen Integrationsgeschichte oft ziemlich hart ist, selbst wenn sie glückt, liest man in Büchern wie jenem von Meral Kureyshi. «Elefanten im Garten» beschreibt die Zeit nach ihrer Ankunft, die Schweiz kommt dabei nicht gut weg. Bei Kureyshi und ihrem Bruder dauerte es ein Jahr, bis sie nach ihrer Flucht zur Schule durften. In der Schule irgendwo im Berner Hinterland war es schwierig. Die Mitschüler sind fies zum Mädchen mit den schwarzen Locken, das ganz anders als sie aussieht (Kinder halt). Die Eltern dürfen nicht legal arbeiten und verbringen die Tage rauchend zu Hause. «Das macht dich kaputt», sagt Kureyshi. Die Familie durfte sich nicht aus dem Kanton bewegen und wurde trotzdem hin und her geschickt, das Geld war knapp, und wo man auch war: Man ist die andere.

Viele in der Schweiz wussten damals nicht, was in Jugoslawien geschah. Dem Krieg auf dem Balkan fehlte die Unmittelbarkeit und die Direktheit des Kriegs von heute. In diesen Tagen kennt jeder die Bilder, jeder bekommt zumindest Fetzen der Kriegsrealität mit. Das sei ein grosser Unterschied zu damals, sagt Kureyshi. Der andere, der offensichtliche Unterschied: Die Flüchtlinge aus der Ukraine werden anders behandelt als sie. Besser. Sie dürfen sofort arbeiten, reisen, kommen in die Schule, besuchen Sprachkurse und bekommen mehr Geld.

Es hat sich etwas bewegt

Ob das unfair sei? Ungerecht? Sie reagiert hässig auf die Frage. «Das wäre ja noch schöner, wenn sich in den vergangenen dreissig Jahren nichts zum Besseren entwickelt hätte!» Die besseren Lebensbedingungen der Flüchtlinge aus der Ukraine zu beneiden, sei ähnlich absurd, wie das Frauenstimmrecht abzulehnen, nur weil man es selber nicht hatte. «Mit einer solchen Einstellung wird gesellschaftlicher Fortschritt unmöglich.»

Kureyshi findet, dass noch viel mehr geschehen könnte, sollte, müsste. Sie war kürzlich an einem Konzert, wo die Musikschule Spenden sammelte, um ukrainischen Flüchtlingen den Besuch der Schule zu ermöglichen. «Nach dem Konzert bin ich zu einem der Verantwortlichen gegangen und habe gefragt, warum man stattdessen nicht einfach den Schulbesuch für die Ukrainer kostenlos mache. ‹Das ist leider zu kompliziert›, antwortete er.»

Kureyshi schüttelt den Kopf, während sie die Anekdote erzählt. Zu kompliziert, wers glaubt. Es müssten noch viel mehr Institutionen viel mehr machen, sagt sie. Gratis ins Kino, ins Theater, ins Museum. Erst einmal ankommen, sich wohlfühlen, sicher fühlen. Psychologische Betreuung von Tag 1 an, für alle. Sich überlegen, ob man das Taggeld für die Flüchtlinge nicht in grösseren Tranchen ausbezahlt, um damit Investitionen zu ermöglichen.

Überhaupt, das Geld. Es ist bei vielen Geflüchteten ein unangenehmes Thema, auch bei Familie Stojanović im Tessin. Erst im Dezember 1992 war die Familie wieder vereint, nach acht Monaten der Trennung. Vater und Mutter arbeiteten in Sarajevo in guter Stellung bei einer Bank. In der Schweiz waren sie lange arbeitslos. Trotzdem mieteten die Eltern in Faido eine Wohnung auf eigene Kosten, aus Stolz, es allein schaffen zu müssen.

Die Ersparnisse schwanden. Stojanović hat in Erinnerung, wie seine Mutter bei einer Nachbarin klopfen ging, um nach Mehl zu fragen und bei einer anderen nach Öl. Sie wollte ein Brot backen. «Es war schwierig für sie. Es geht in diesen Fragen viel auch um Würde.»

Den ukrainischen Flüchtlingen wünscht er, dass sie möglichst schnell unabhängig sein können. «Ich hoffe zudem, dass die Schweiz das Potenzial in den Menschen sieht. Es kommen viele Leute, die später einen wesentlichen Beitrag für die Schweiz leisten können.»

Eingefahren war ihm, dass man von der Schweizer Gesellschaft mehr oder weniger unverhohlen zu spüren bekam, dass man nach dem Krieg wieder nach Hause gehen soll. «Natürlich wollten das viele», sagt Stojanović. Trotzdem hat er auch Menschen gekannt, die zu einer Rückkehr gezwungen wurden. Wieder Leid, wieder Schmerz. «Ich hoffe, dass die Schweiz bei diesem Thema dieses Mal den Ton besser trifft.»

Erbarmen ist möglich

Seine Eltern hätten sich eine Rückkehr gut vorstellen können, doch die Wohnung in Sarajevo war geplündert worden und mit neuen Bewohnern besetzt, die Kinder hatten sich gut eingelebt. Familie Stojanović blieb in der Schweiz, nicht zuletzt dank einer erhaltenen B-Bewilligung.

Wer in die Schweiz flüchtet, aus der Ukraine, aus Syrien oder Afghanistan, der weiss selten, wie lange er bleiben muss. Wie lange er bleiben darf. Als Meral Kureyshi kürzlich von Walenstadt nach Zürich fuhr, sah sie einen jungen Mann, der sich zwischen den Sitzen herumdruckste. Sie sprach ihn an und erfuhr, dass er ein Asylbewerber ist, der mit fünf Franken am Tag leben muss. Zu wenig für ein Ticket in die Stadt, er fuhr schwarz. Irgendwann erwischte ihn die Kontrolleurin doch, sie büsste ihn mit fast zweihundert Franken. Alles Flehen, auch von Kureyshi, nutzte nichts. Regeln sind Regeln, sagte die Kontrolleurin. Kein Erbarmen.

Das sei das Positive an der heutigen Situation mit den fliehenden Menschen aus der Ukraine. Plötzlich ist Erbarmen wieder eine Möglichkeit.



Die Jugoslawienkriege und die Schweiz

Zwischen 1992 und 1994 flüchteten an die 20’000 Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien in die Schweiz – auch Meral Kureyshi und Nenad Stojanović. Gegen Ende der 90er-Jahre gab es eine zweite grosse Fluchtbewegung in die Schweiz. Allein im Jahr 1999 beantragten fast 50’000 Menschen aus Kosovo Asyl in der Schweiz.
(https://www.tagesanzeiger.ch/es-muesste-noch-mehr-fuer-die-fluechtlinge-passieren-noch-viel-mehr-883453443509)


+++LIECHTENSTEIN
Bisher wurde kein Gesuch verweigert: Über 200 ukrainische Flüchtlinge suchen in Vaduz Schutz
Die Zahl der Flüchtlinge aus dem Kriegsgebiet steigt in Liechtenstein weiter an. Unterbringungsmöglichkeiten werden gesucht.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/werdenberg/liechtenstein-bisher-wurde-kein-gesuch-verweigert-ueber-200-ukrainische-fluechtlinge-suchen-in-vaduz-schutz-ld.2276467


+++ÖSTERREICH
Sind Geflohene aus der Ukraine keine echten Flüchtlinge?
Die österreichische Regierung will geflüchtete Menschen aus der Ukraine offiziell anders behandeln, als geflüchtete Menschen aus anderen Ländern. Sie verwenden dafür neue Begriffe: „Flüchtlinge“ werden zu „Vertriebenen“. Die unterschiedlichen Kategorien sollen Keile in die Solidarität treiben. Was steckt hinter diesem Framing? Sind Geflohene aus der Ukraine keine echten Flüchtlinge? Politologin Natascha Strobl analysiert, welche Strategie hinter der Unterscheidung von „guten“ und „schlechten“ Flüchtlingen steckt.
https://www.moment.at/story/ukraine-keine-echten-fluechtlinge


+++GROSSBRITANNIEN
Großbritannien will Asylbewerber nach Ruanda schicken
Alleinreisende Männer sollen künftig in Ruanda auf die Bewilligung ihres Asylantrags warten. Damit will Premier Boris Johnson die Migration über den Ärmelkanal eindämmen.
https://www.zeit.de/politik/ausland/2022-04/asylpolitik-grossbritannien-ruanda-asylbewerber-afrika-kritik
-> https://www.theguardian.com/politics/video/2022/apr/14/boris-johnson-says-asylum-seekers-could-be-sent-to-rwanda-video
-> https://www.nau.ch/politik/international/grossbritannien-setzt-gegen-illegale-migration-seine-marine-im-armelkanal-ein-66155892
-> https://www.derstandard.at/story/2000134944850/boris-johnson-schickt-asylwerber-nach-ruanda?ref=rss
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/grossbritannien-will-asylsuchende-nach-afrika-ausfliegen?urn=urn:srf:video:706d37f1-ddbb-4a9d-b611-e68605b0687c
-> https://www.tagblatt.ch/international/migration-grausam-und-haesslich-johnson-will-bootsfluechtlinge-nach-ruanda-abschieben-ein-eu-land-will-noch-weiter-gehen-ld.2276896


+++ITALIEN
Die Kleidung der Haft der tunesischen Migrant*innen
Tunesier*innen bilden die Mehrheit der Migrant*innen, die nach ihrer Ankunft in Italien inhaftiert und ins Herkunftsland zurückgeschickt werden. Sie werden systematisch kriminalisiert und ihre Rechte immer wieder verletzt. Die Geschichten und die Körper von Sami, Wissem, Akram und Bilel erzählen uns davon.
https://www.borderlinesicilia.it/de/monitoring/die-kleidung-der-haft-der-tunesischen-migrantinnen/


+++LIBYEN
Libyen: »Ich möchte die Welt daran erinnern, dass wir Menschen sind«
Flüchtlinge sind in Libyen in einem Kreislauf aus Gewalt und Perspektivlosigkeit gefangen. Im Oktober 2021 forderten Tausende vor dem Büro des UN-Flüchtlingshilfswerks in Tripolis ihre Rechte ein. Der selbstorganisierte Protest wurde von den libyschen Behörden brutal unterdrückt – und war in Europa kaum eine Randnotiz. Und heute?
https://www.proasyl.de/news/libyen-ich-moechte-die-welt-daran-erinnern-dass-wir-menschen-sind/


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
derbund.ch 14.04.2022

Ostermarsch 2022 in Bern: Wie der Ukraine-Krieg den Pazifismus herausfordert

Der Ostermarsch könnte kleiner sein als die Demos gegen den Ukraine-Krieg. Auch weil am pazifistischen Traditionsanlass Waffenlieferungen verpönt sind.

Stefan von Bergen

Die Prognosen versprechen für den Ostermontag eher kühles, aber sonniges Wanderwetter. Und Wladimir Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine dürfte noch zusätzlich dafür sorgen, dass dieses Jahr mehr als die üblichen paar Hundert am Berner Ostermarsch für den Frieden mitlaufen. Bern ist gerade in Antikriegsstimmung. Zwischen 10’000 und 20’000 Menschen haben seit Kriegsbeginn auf der Schützenmatte oder dem Bundesplatz je an den mittlerweile schon vier Demonstrationen teilgenommen.

Dennoch sei unsicher, ob es am diesjährigen Ostermarsch einen vergleichbaren Ansturm gebe, sagt Matthias Hui. Der reformierte Theologe ist jedes Jahr am Marsch dabei und war früher Mitglied des Organisationskomitees (OK). «Der Ukraine-Krieg wühlt uns alle auf, aber vielleicht kommen doch nicht so viele an den Ostermarsch, weil es ja schon mehrere explizite Demos gegen den Ukraine-Krieg gegeben hat», sagt Hui.

Der Flyer für den diesjährigen Marsch war im Januar schon bereit und das Motto «Klima schützen, Frieden schaffen!» festgelegt. Als Hauptredner an der Abschlusskundgebung auf dem Münsterplatz hatte man Stefan Salzmann geladen, den Klimabeauftragten der kirchlichen «Fastenaktion». Aber dann platzte die Realität des Ukraine-Kriegs in die Planung des österlichen Friedensmarsches hinein. Auf dem Flyer prangt nun ein schwarzer Button mit der Aufschrift «Aus aktuellem Anlass mit Fokus auf den Ukraine-Krieg».

Ukraine-Krieg verändert Programm

Wie genau der Ostermarsch auf den Ukraine-Krieg reagiert, kann man dem Flyer aber nicht entnehmen. Man muss nachfragen. OK-Mitglied Lisa Krebs von der Fachstelle Ökumene, Mission und Entwicklungszusammenarbeit (Oeme) der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn erklärt, dass man für die Abschlusskundgebung auch eine Osteuropa-Kennerin der Universität Bern als Rednerin einlade. «Es bleibt aber wichtig, auch auf andere Kriege wie in Syrien oder im Jemen zu verweisen, damit diese nicht vergessen gehen», betont Krebs.

Vanessa Bieri, ebenfalls OK-Mitglied und Sekretärin der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA), verteidigt den am Ostermarsch betonten, nun aber etwas deplatziert wirkenden Fokus auf das Klima: «Gerade die Kriegsaktualität verdeutlicht den Zusammenhang von Konflikt und Klima. Der Krieg wird ja finanziert durch den Verkauf der schmutzigen Rohstoffe Gas, Erdöl und Kohle, die den CO₂-Ausstoss antreiben.»

Auf dem Flyer sind Forderungen des Ostermarschs formuliert. Da steht etwa, dass Schweizer Firmen und der Schweizer Finanzplatz «für CO₂-Emissionen, Kriegsmaterialexporte und Menschenrechtsverletzungen zur Verantwortung gezogen» werden müssten. Eine explizite Kritik der russischen Führung oder ein Aufruf, in der Schweiz russische Vermögen einzufrieren und den Handel russischer Rohstoffkonzerne zu unterbinden, fehlt allerdings.

Der unerwartete Angriffskrieg mitten in Europa zwingt das Ostermarsch-OK zum Improvisieren. Und fast scheint er das jahrelang eingespielte Ritual der marschierenden Pazifistinnen und Pazifisten ein wenig zu stören.

Debatte über Waffenlieferungen

Der Ostermarsch ist kein Empörungs-Schnellschuss wie die Anti-Kriegs-Demonstrationen der letzten Wochen. Er ist eine Tradition mit einem Stammpublikum, das sich laut Matthias Hui durch eine «pazifistische Grundhaltung» auszeichnet. Der 60-Jährige hat die Historie des Berner Ostermarsches selber miterlebt. Er gehörte dem OK mit Leuten aus Kirchenkreisen und der Gruppe Schweiz ohne Armee (GSoA) an, die die in Bern zwischenzeitlich eingeschlafene Aktionsform der Ostermärsche 2003 wiederbelebten.

Vanessa Bieri von der GSoA räumt zwar ein, dass «aktuelle Kriege die Bereitschaft erhöhen, für den Frieden zu demonstrieren», der Berner Ostermarsch habe sich aber «unabhängig davon als Tradition etabliert». Einzig im Pandemiejahr 2020 fiel er ganz aus. Jeweils 500 bis 800 Personen – Ältere wie auch Junge – laufen im Schnitt mit.

So scheint es denn dieses Jahr in Bern gleich zwei Friedensbewegungen zu geben: Die eher schmale, aber langlebige links-kirchliche Allianz, die am Ostermarsch teilnimmt. Und die wohl eher kurzlebigen, parteiübergreifenden Volksaufläufe gegen den Ukraine-Krieg. Während die Demos gegen den Krieg von den grossen politischen Parteien organisiert wurden, steht hinter dem Ostermarsch ein kleinmaschiges Bündnis kleinerer Klima-, Flüchtlings-, Friedens- oder Feminismusgruppen sowie der reformierten und katholischen Landeskirchen.

Beide Bewegungen dürften sich überschneiden. Was sie aber trennt, ist die aktuell breit diskutierte Frage der Waffenlieferungen an die Ukraine und die Forderung nach einer Nato-Flugverbotszone. Beides wurde an den Demos in Bern auf Plakaten und Transparenten gefordert.

Die kirchlichen Kreise und die GSoA, die den Ostermarsch durchführen, lehnen diese Forderungen dezidiert ab. «Wir sind eine pazifistische Organisation und positionieren uns ganz klar gegen jegliche Waffenlieferungen», sagt Vanessa Bieri von der GSoA. Ihre Gruppierung hat kürzlich den Entscheid der Nato verurteilt, der ukrainischen Forderung nach Waffenlieferungen Folge zu leisten. Ähnlich tönt es bei der Kirche: «Waffenexporte und Aufrüstung sind grundsätzlich keine kirchlichen Antworten auf gewaltsame Konflikte», sagt Lisa Krebs von der reformierten Fachstelle Oeme.

Peter Sigerists Einspruch

Selbst in der linken Armeeabschaffungsgruppe GSoA wird das kategorische Nein zu Waffenlieferungen aber vereinzelt bestritten. Peter Sigerist (72), früherer Berner Stadtrat des Grünen Bündnisses und aus der Gründergeneration der GSoA, hat der Gruppe und den Teilnehmenden des Ostermarsches einen entsprechenden Brief geschrieben.

Sigerist schreibt darin, angesichts der neuen Lage in Europa sollte die GSoA ihren «idealistischen Pazifismus» und ihre «Fixierung auf die Nato und ihre schmutzigen Kriege überdenken». Er stellt die GSoA-Ansicht infrage, dass Waffenlieferungen nur zu mehr Opfern und einer Verlängerung des Krieges führen. Das sei ja eine indirekte Aufforderung an die Ukrainerinnen und Ukrainer, sich dem imperialistischen Russland zu unterwerfen oder aus dem Land zu fliehen.

Sigerist findet, man müsse in der GSoA zumindest offen diskutieren, ob «taktisch kluge Aktionen der Nato zur Unterstützung des mutigen Kampfs der Ukraine jetzt nicht gerechtfertigt» seien. Und er fragt, ob es nicht klüger wäre, die gesammelten Unterschriften für die GSoA-Initiative gegen den F-35-Kampfjet als Petition einzureichen. «So könnte man versuchen, die Forderungen von SVP und FDP nach einer Aufstockung des Militärbudgets zu verhindern», hofft Sigerist.

Er erinnert sich nur zu gut an die GSoA-Initiative gegen den FA-18-Kampfjet von 1993. Diese war innerhalb von nur 30 Tagen mit der Rekordzahl von 500’000 Unterschriften zustande gekommen. In den Prognosen sah es nach einem Ja-Stimmen-Anteil von 70 Prozent aus. Dann aber brach kurz vor dem Urnengang der Krieg im früheren Jugoslawien aus. Das kurbelte die Schweizer Wehrbereitschaft an und brachte die Initiative zum Absturz. Dasselbe dürfte nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs nun auch der GSoA-Initiative gegen den F-35 drohen, fürchtet Sigerist.

Auch die Schweizer Philosophin Barbara Bleisch hat in einer Kolumne in den Tamedia-Zeitungen die Frage aufgeworfen, ob Waffenlieferungen jetzt nicht eine moralische Pflicht seien. Sie ist sich der Problematik bewusst, einen Frieden mit militärischer Gewalt herbeiführen zu wollen. Sie hält aber entgegen, dass man unschuldig Attackierten helfen müsse, sich zu verteidigen. Die Verweigerung von Waffenlieferungen spiele überdies dem Aggressor Putin in die Hände.

Peter Sigerist würde sich wünschen, dass man am Ostermontag beim Marschieren zwischen Eichholz und Münsterplatz nicht bloss traditionelle pazifistische Überzeugungen zelebriert, sondern diese im Licht der neuen Weltlage auch hinterfragt.

Ostermarsch in Bern: Ostermontag, 18. April, 13.00 Besammlung im Eichholz, Abmarsch 13.30, Abschlusskundgebung auf dem Münsterplatz bis etwa 16.00. www.ostermarschbern.ch.



Kurze Historie des Ostermarschs

Am allerersten Ostermarsch nahmen 1958 in England rund 10’000 Menschen teil. Sie zogen von London zum Atomforschungszentrum Aldermaston und protestierten gegen die Atombewaffnung in Europa. Bald wurde auch in Deutschland für den Frieden marschiert. Eine Koalition von Linken, Atomgegnerinnen, Naturschützern, Pazifistinnen und Kirchenleuten hält dort die Tradition bis heute wach. Von Anfang an etablierte sich Ostern als Marschdatum. Am christlichen Feiertag zu Jesu Auferstehung kommen Politik und Religion, die Überwindung des Tods und die Friedenssehnsucht ideal zusammen.

In der Deutschschweiz fand 1965 der erste Ostermarsch statt. Berner Märsche gegen die Atombewaffnung gab es ab den 1970er-Jahren. Noch vor dem Ende des Kalten Kriegs brach die Tradition in Bern aber ab, erzählt Theologe Matthias Hui. Neu lanciert wurde das Berner Friedensritual 2003 als Reaktion auf den Krieg der USA gegen den Irak. Warum nicht schon 1992, als mitten in Europa der Krieg in Ex-Jugoslawien ausbrach? Diese Konflikte seien komplex und verstörend gewesen, sagt Hui. Und er fügt an: «Gegen einen mächtigen Aggressor fällt es leichter, die Empörung auch gegen aussen zu demonstrieren – so wie heute gegen Putins Krieg in der Ukraine.»

«Schon der erste Ostermarsch von 2003 führte vom Eichholz zur Abschlusskundgebung auf den Münsterplatz», erzählt Hui. Gut 2000 Leute seien dabei gewesen. Wie es zu der Route der Aare entlang kam, wisse er nicht mehr. «Die Idee war, vor der Kundgebung in der Stadt draussen in der Natur zu sein.» Der Vorteil der Route: Sie muss nur auf dem Streckenteil über die Kirchenfeldbrücke und auf den Münsterplatz polizeilich für den Verkehr gesperrt werden, sagt Vanessa Bieri von der GSoA. (svb)
(https://www.derbund.ch/wie-der-ukraine-krieg-den-pazifismus-herausfordert-425389190929)



Klimaaktivisten blockieren vorübergehend wichtige Brücke in Genf
In der Genfer Innenstadt haben Klimaaktivisten am Donnerstag im Morgenverkehr vorübergehend die zentrale Mont-Blanc-Brücke blockiert. Die Polizei führte die Demonstranten ab. Nach rund zwei Stunden war die Brücke wieder frei. Es kam zu starken Verkehrsbehinderungen.
https://www.handelszeitung.ch/news/klimaaktivisten-blockieren-vorubergehend-wichtige-brucke-in-genf?


+++KNAST
Toter im neuen Gefängnis Zürich. (ab 08:21)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/rettungsdienst-winterthur-mit-neuer-strategie?id=12177423



ajour.ch 13.04.2022

Nach Fotosession im Regionalgefängnis: «Jetzt fühle ich mich wieder wie ein Mensch»

Sie sind Tag und Nacht eingesperrt, ihnen fehlt Nähe: Der Alltag für Frauen im Regionalgefängnis Biel ist eintönig – bis jetzt.

Vanessa Naef

Es herrscht Hektik im Regionalgefängnis Biel. Gleich fünf Neueintritte an einem Tag sind ausserordentlich. Auch umgebaut wird noch. Zwei der Neueintretenden mussten wegen des Platzmangels gar für kurze Zeit in der Sicherheitszelle warten. Entsprechend nach Schweiss riecht es in dem kargen Raum, den die Gefängnisdirektorin Beatrice Büchner gleich selbst als «trostlos» bezeichnet.

Doch das ist nicht die einzige Besonderheit: Im Büro der Gefängnisdirektorin steht eine Arztliege zwischen Pult und Regal. Auch die vielen gestapelten Stühle muten seltsam an. Und das Sitzungszimmer ohne Tisch? Ein Teil des Bodens und der Wand sind mit einem schwarzen Tuch abgedeckt. Da sind Scheinwerfer, eine Kamera, PET-Flaschen und eine Kaffeemaschine. Im Gang stehen ein Kleiderständer und ein Tischchen mit Kosmetika. Normalerweise halten sich hier nur die Gefängnismitarbeitenden auf und es liegt nichts herum.

Die Unordnung ist einem Fotoprojekt zuzuschreiben, das mit inhaftierten Frauen durchgeführt wird. Darunter acht Frauen aus dem Vollzug sowie acht, die sich in U-Haft befinden. Letztere hat Biel zurzeit aufgenommen, da in Bern auch umgebaut wird. U-Haft bedeutete früher 23 Stunden in der Zelle, eine Stunde Freigang. Heute sei dies anders, sagt Büchner. Denn «ständig eingesperrt sein hinterlässt Schäden», sagt sie. Heute gibt es Zellen-Öffnungszeiten und Fitnessgeräte auf den Etagen. Man will die Insassinnen und Insassen «animieren» – ein Wort, das Büchner mehrmals braucht. Trotzdem: «Der Gefängnisalltag ist oft langweilig.» Büchner arbeitete früher im Strafvollzug; dort gehen die Gefangenen in Therapie, arbeiten ihre Delikte auf. 98 Prozent der eingewiesenen Personen werden früher oder später wieder Nachbarn sein oder Arbeitskolleginnen. Es sei nicht förderlich, wenn man nicht mit den Menschen arbeite während der Haft. «Sie kommen dann schlechter aus dem Gefängnis, als sie reingekommen sind.» Das will Beatrice Büchner verhindern.

Im Regionalgefängnis Biel können die Gefangenen keine Therapien besuchen, und die Arbeitsplätze sind rar. Nach dem Umbau der Waschküche können dort noch drei weitere Insassen arbeiten. Also liess sich Büchner, die den Verein Ausbruch – Gefängnistheater Schweiz schon länger kennt, etwas einfallen. Der Verein hat bereits zahlreiche Theaterprojekte in Schweizer Gefängnissen durchgeführt. In Biel, wo die Frauen im Vollzug nur Strafen von bis zu drei Monaten verbüssen, lässt sich kaum längerfristig für ein Theater proben – auch in U-Haft sind die meisten für maximal drei Monate, doch diese kann auch verlängert werden. Hinzu kommt der knappe Platz. Aus diesen begrenzten Möglichkeiten ist ein Novum entstanden: 16 weibliche Häftlinge, vier Engagierte vom Verein Ausbruch und motivierte Mitarbeitende des Gefängnisses arbeiten während vier intensiven Tagen an einem Fotoprojekt. Nach dem Start in Biel wird dieses in weiteren Gefängnissen fortgesetzt.

Wie fühle ich mich stark? Zwei Fotos zu diesem Thema soll es von jeder Frau geben:eines für sie und ihre Angehörigen, und eines, bei dem sie nicht erkennbar ist. Aus Letzteren könnte ein Bildband oder eine Ausstellung entstehen, sagt die Produktionsleiterin des Vereins, Lea Schwab. Begleitet werden die Bilder von kurzen Texten, in denen die Frauen aus ihrem Leben erzählen (siehe Zweittext).

Einblicke vermitteln

Vor zehn Jahren hat die Projektleiterin Annina Sonnenwald das erste Theaterstück mit Gefängnisinsassen durchgeführt. Zuerst alleine. Ihre Motivation: Transparenz herstellen. Wenig Berührung gebe es zwischen der freien Welt draussen und dem Inneren eines Gefängnisses und seinen Menschen, sagt sie. Die Menschen seien abgeschnitten von der Aussenwelt. Diese wiederum fürchte sich vielleicht vor Gefangenen:«Was man nicht kennt, macht Angst», so Sonnenwald. Die Öffentlichkeit habe ein Recht darauf zu erfahren, was in den Gefängnissen läuft. Und die Inhaftierten wiederum hätten mit Theater- und Fotoprojekten die Möglichkeit, etwas auszusenden.

Theaterproben können für Beschäftigung sorgen, der Applaus bei Aufführungen gebe ihnen etwas zurück und fotografiert zu werden bedeute, anders wahrgenommen zu werden, sagt der Fotograf Sebastian Derungs. Wertgeschätzt werden, das sei im Gefängnis einmalig. Die Fachfrau für Justizvollzug, Susanne Cabrera, ergänzt, dass die Frauen beim Fotoprojekt in eine Rolle «schlüpfen» können. Bei der Kleideranprobe seien sie zum Teil «richtig aufgeblüht». Das Projekt wird zur Hälfte vom Bundesamt für Kultur finanziert, die Kleider erhielt der Verein von einem Sponsor.

Knapp sieben Prozent der inhaftierten Personen in Schweizer Gefängnissen sind Frauen. Sonnenwald sagt, dass die inhaftierten Frauen oft Brüche in ihren Biografien haben. Auf dem Foto versucht sie, einen Moment einzufangen, bei dem die Frauen Selbstvertrauen haben. Susanne Cabrera, Fachfrau für Justizvollzug in Biel, kennt die Geschichten der Gefängnisinsassinnen gut. Manche seien verwahrlost, hätten jeglichen Status verloren, seien wegen Schulden abgeschrieben worden. Das sei ein Problem in einer statusorientierten Gesellschaft. Wenn Sonnenwald erzählt, dass gestern eine Frau gesagt habe, sie sei lieber im Gefängnis als draussen, überrascht sie das wenig. Dieser Wunsch komme öfters vor, als man denke.

Beatrice Büchner zählt die Verbrechen der einsitzenden Frauen auf: Drogendelikte und Verstösse gegen die Verkehrsregeln kommen oft vor. Auch geringfügige Vermögensdelikte, Diebstahl, unanständiges Benehmen können Gründe sein, warum jemand in Biel inhaftiert ist. Bei den Männern sind Drohungen, zum Beispiel gegenüber Behörden, oder Gewalt häufig.

Empathie aufbringen

Die Kleider sind ausgesucht, nun wird das improvisierte Fotostudio eingerichtet. Die Nachfrage? Gross. Die meisten wünschen sich Abwechslung. Auch eine neu eingetretene Frau, kaum angekommen, hat sich gemeldet. Ein rotes Halstuch, ein Blazer und schwarze Schnallenschuhe liegen bereit für sie.

Einen Stock weiter oben:Die Bibliothek ist ein kleiner Raum mit einem Tischchen, zwei Stühlen und einem Regal mit religiösen Schriften und verschiedensprachigen Romanen. Heute sitzt Anja Schmitter da, vis à vis wird bald die nächste inhaftierte Frau Platz nehmen. Die Autorin hält die Geschichten der Insassinnen fest. Das Bedürfnis sei da, um zu erzählen. Erzählen, ohne dass dabei ein Gutachten oder eine Diagnose erstellt werden, sagt sie.

Gerade Frauen, die sich in U-Haft befinden, berichten Schmitter, dass sie unschuldig seien. Wie geht sie damit um? «Ich weiss nicht, ob stimmt, was sie mir erzählen. Ich nehme das an, was sie sagen, ob ich es glaube oder nicht.» Für sie als Schreiberin gehe es darum, Empathie für die Situation aufzubringen. Manche empfinden ihre Situation, ihren Fall als ungerecht.

Zum Thema «stark sein» wird Schmitter Persönliches und Emotionales erzählt, zum Beispiel über die Kinder. Oder Situationen, in denen die Frauen sich für sich selbst eingesetzt haben. Es wird geweint und gelacht und die Autorin protokolliert in verschiedenen Sprachen, trägt zusammen und bereitet die Geschichten auf.

Die Zusammenarbeit fühle sich anders an, je nachdem, ob sie in Männer- oder Frauengruppen stattfindet, sagt Schmitter. Auch die Männer würden sagen, was schwierig sei. Doch tendenziell würden sie dabei eher «Gangster-Gehabe» reproduzieren.

Stiefeletten statt Crocs

Es ist 10.25 Uhr. Annina Sonnenwald trägt Rouge auf Bettina T.s* (Name geändert) Wangen auf, dann Lippenstift. Sie trägt braune Stiefeletten, eine dunkelblaue Stoffhose und ein weisses Hemd. Die Insassin ist kaum wiederzuerkennen. Die vorbeilaufende Gefängnisdirektorin macht einen Scherz und fragt, ob sie eine neue Mitarbeiterin sei. Derweil erkundigt sich Annina Sonnenwald nach Bettina T.s Anhörungstermin. Diese bejaht, sie werde morgen Mittag angehört. Gerne würde sie dann auch die Kleidung anziehen, die sie heute für die Fotoaufnahme trägt. Im Gefängnis hat sie nur ein Paar Schuhe zur Hand, nämlich Crocs.

 «Gelernt ist gelernt», sagt sie und trägt die Wimperntusche selbst auf. Die Kleidung erinnert sie an den einstigen Alltag. Zwei Monate war Bettina T.* nun in U-Haft. Fürs Foto hat sie angezogen, was sie sonst so anziehe. «Jetzt fühle ich mich wieder wie ein Mensch», sagt sie. Sie will bald nach Hause, um sich um ihren Garten zu kümmern. Sie geht davon aus, dass sie nach der Anhörung entlassen wird. Wissen kann das noch niemand.

Ein Hin-und-Her sei es, sagt Susanne Cabrera schmunzelnd zur Produktionsleiterin Schwab. Natürlich ist stets mindestens eine Betreuerin bei der Gefangenen. Derweil Bettina T.* darüber scherzt, wie unordentlich Annina Sonnenwald in der Eile die Kleider auf den Boden geschmissen hat. Und sie liebäugelt mit der Kaffeemaschine, die neben weiterem Equipment dort steht. Aber Kaffee wird es für sie keinen geben.

Sebastian Derungs sucht die richtige Beleuchtungseinstellung, Sonnenwald macht Lockerungsübungen mit dem Model. Nun wird die Szenerie von Musik untermalt, pulsierendem Sound. Rumstehen sei sie sich ja gewohnt, sagt die Insassin, als der Fotograf weiter an den Scheinwerfern hantiert. Dann nimmt sie verschiedene Posen ein, aufrechte Haltung, mit einstützen und ohne, bitte lächeln. Ihr schönes Lachen wird von allen gelobt. Doch es ist naheliegend, dass «glücklich» sein unter diesen Umständen gestellt ist.

Anschliessend wird mit den Haaren und Stoffen gespielt, um das anonyme Foto zu schiessen. Fast wie ihre Morgengymnastik sei das, sagt Bettina T.*, als sie den Kopf mehrmals schwungvoll mit den Haaren zur Seite wirft. Requisiten wären von Nöten, Fächer oder Aktenmappen, schlägt die Gefangene vor. Die Zeit vergeht schnell, es ist bereits nach 11 Uhr und das Mittagessen von Bettina T. wird kalt sein, oder aufgewärmt werden müssen. Sie schlüpft wieder in ihre Crocs. Falls sie morgen entlassen wird, kann sie wieder selbst entscheiden, wann ihre Mittagspause ist.



Inhaftierte Frauen erzählen ihre Geschichte

Sarah B.* fehlt die Nähe

«Sarah B. sagt, sie sei unschuldig. Es heisst, wenn man unschuldig in U-Haft war, wird man durch Geld entschädigt. Doch was bringt das Geld? Es ersetzt nicht die fehlende Nähe, die fehlenden Umarmungen. Sarah B. träumt wieder viel von früher. Häufig sind es Albträume.»

Leticia M.* wurde misshandelt

«Leticia M. wurde von ihrem Ex-Partner regelmässig verprügelt, drei Mal war sie im Koma. Auch sonst hat er sie stark misshandelt: Er hat ihre Beine verbrannt und einmal hat er ihr Methadon in die Hüfte gespritzt, als sie schlief. Leticia M. zeigt ihre Narben, sie werden für immer bleiben.»

Zuzanna T.*: «Gute Schule»

«Das Gefängnis ist eine gute Schule, sagt Zuzanna T.. Draussen denkt man immer, man hat sein Leben und alles ist gut, doch erst hier drinnen merkt man, was wirklich wichtig ist.

Zuzanna T. ist schon seit sechs Monaten in U-Haft. Sie hat Depressionen, häufig kann sie nicht schlafen. Oder sie wacht auf, mitten in der Nacht, mit dem Gefühl, dass sie weint. Etwa drei Mal pro Nacht wacht sie auf.»

*Alle Namen geändert

ZVG/Anja Schmitter Verein Ausbruch



Verein Ausbruch

– Der Verein Ausbruch Gefängnistheater Schweiz, initiiert von Annina Sonnenwald, besucht seit zehn Jahren Gefängnisse und übt dort mit den Häftlingen Theater ein, die dann im Gefängnis mit externem Publikum aufgeführt werden.
– Seither sind weitere «Unorte» in ihren den Fokus des Vereins gerückt, beispielsweise Krematorien. Auch Öffentlichkeitsarbeit macht der Verein.
– Etwa 15 Personen arbeiten freiwillig für den Verein.
– Gemäss dem Schweizerischen Strafgesetzbuch (Art. 75) soll das «soziale Verhalten» der Gefangenen im Strafvollzug gefördert werden, sowie weitere Taten verhindert werden. Theaterprojekte hinter Gittern können Teil der Bemühungen um Resozialisierung sein.

www.ausbruch.ch



Regionalgefängnis Biel

– Beatrice Büchner führt das Regionalgefängnis Biel mit 23 Mitarbeitenden und rund 40 Häftlingen.
– Die Mehrheit der Inhaftierten befindet sich in Untersuchungshaft.
– Der vergitterte Spazierhof wird aus Sicherheitsgründen aufgerüstet und künftig aus Beton bestehen. 2032 wird das Regionalgefängnis durch einen Neubau in Witzwil ersetzt.
(https://ajour.ch/story/nach-fotosession-im-regionalgef%C3%A4ngnis-jetzt-f%C3%BChle-ich-mich-wieder-wie-ein-mensch/6291)



Die Untersuchungshaft gilt als strengste Form des Strafvollzugs. Unsere Reporterin hat sich in der Strafanstalt Lenzburg einen halben Tag freiwillig einsperren lassen und berichtet über ihre Erfahrungen. (ab 10:08)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-aargau-solothurn/nach-kritik-der-autolobby-sollen-gebuehren-staerker-sinken?id=12177471


+++POLIZEI USA
Polizeigewalt in den USA: Schwarzer bei Kontrolle erschossen
Im Zuge einer Verkehrskontrolle drückte ein Polizist den Kopf des 26-jährigen Patrick Lyoya zu Boden. Dann schoss er ihm in den Hinterkopf.
https://taz.de/Polizeigewalt-in-den-USA/!5848861/
-> https://www.spiegel.de/panorama/justiz/video-aus-michigan-ein-polizist-kniet-auf-einem-schwarzen-und-erschiesst-ihn-a-05bc299a-c53a-415f-9d57-0338b994eff3
-> https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/michigan-proteste-nach-tod-von-afroamerikaner-bei-polizeieinsatz-in-michigan-a-d27fb410-c562-4816-a382-367ed706f873


Polizist erschießt Mann in Michigan: Initiative Schwarze Menschen: Gewalt gegen Schwarze „systematisches Problem“
Nachdem der Schwarze Patrick Lyoya in der US-Stadt Grand Rapids am Boden liegend von einem Polizisten erschossen wurde, gibt es im Bundesstaat Michigan neue Proteste. Der Sprecher der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland zeigt sich bestürzt über den Vorfall. Doch wie steht es derzeit eigentlich um die „Black Lives Matter“-Bewegung?
https://www.rnd.de/panorama/initiative-schwarzer-menschen-gewalt-gegen-schwarze-systematisches-problem-DP2RAPGI65D2TJGJLAOK2WRD3E.html


+++FRAUEN/QUEER
Europaweite Petition: Für die Anerkennung von geschlechterspezifischen Fluchtgründen
Ein sicheres Leben für Frauen, Schwule, Lesben und trans Menschen
Sie fliehen vor Zwangs¬ehen und sexualisierter Gewalt. Oder aus Angst vor der Todesstrafe, weil sie homosexuell sind. Doch ein Recht auf Asyl haben diese ¬Geflüchteten oft nicht.
https://www.workzeitung.ch/2022/04/ein-sicheres-leben-fuer-frauen-schwule-lesben-und-trans-menschen/


+++RECHTSPOPULISMUS
Glarner entschuldigt sich für Aussagen zum Ukraine-Krieg
Am Parteitag der Aargauer SVP hat sich Präsident Andreas Glarner für seine umstrittenen Aussagen zum Ukraine-Krieg entschuldigt. In Zukunft will er sich auf Aussagen zur nationalen und kantonalen Politik beschränken.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-aargau-solothurn/glarner-entschuldigt-sich-fuer-aussagen-zum-ukraine-krieg?id=12177054
-> https://www.telem1.ch/aktuell/andreas-glarner-steht-unter-druck-146174221
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/nach-umstrittenem-artikel-svp-politiker-glarner-entschuldigt-sich-wieder-einmal


Wie provokativ soll die SVP sein – Echo der Zeit
Provokation diente der SVP lange als Mittel für Wahlerfolge. Doch bei den letzten nationalen und auch bei vielen kantonalen Wahlen hat die Partei verloren. Jüngst machte SVP-Nationalrat Andreas Glarner mit umstrittenen Aussagen zum Krieg in der Ukraine von sich reden. Womit er auch innerhalb der Partei für Unmut gesorgt hat. Das zeigte sich am Parteitag in Aarau.
https://www.srf.ch/audio/echo-der-zeit/wie-provokativ-soll-die-svp-sein?partId=12177486


SVP will ab sofort wieder in der SRF-Politsendung «Arena» auftreten
Nach einem dreiwöchigen Boykott kehrt die SVP «ab sofort» wieder in die Politsendung «Arena» des Schweizer Fernsehens (SRF) zurück. Die grösste Schweizer Partei und die SRF-Leitung hatten sich darauf geeinigt, wie der Sender und die SVP am Donnerstag mitteilten.
https://www.toponline.ch/news/schweiz/detail/news/svp-will-ab-sofort-wieder-in-der-srf-politsendung-arena-auftreten-00181128/
-> https://www.20min.ch/story/svp-politiker-nehmen-ab-ostern-wieder-an-der-arena-teil-321621698790
-> https://www.aargauerzeitung.ch/news-service/inland-schweiz/politsendung-unparteiische-moderation-versprochen-svp-kehrt-in-die-arena-zurueck-ld.2276966


+++RECHTSEXTREMISMUS
Wofür das Nazisymbol „Schwarze Sonne“ steht
Zuletzt wurde es – wohl wegen einer Aktion der Identitären – bei einer Fridays-for-Future-Demonstration gesichtet. Woher das Ornament stammt und von wem es verwendet wird
https://www.derstandard.at/story/2000134900093/wofuer-das-nazisymbol-schwarze-sonne-steht?ref=rss


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Private Schulen mit zweifelhafter Ideologie im Kanton Schwyz
Der Schwyzer Erziehungsrat macht sich Sorgen um die Entwicklung privater Schulen. Coronaskeptische Gruppierungen hätten versucht, Privatschulen zu eröffnen, mit zweifelhaftem Konzept und ohne Bewilligung.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zentralschweiz/private-schulen-mit-zweifelhafter-ideologie-im-kanton-schwyz?id=12177279
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zentralschweiz/neue-hslu-rektorin-will-schule-finanziell-besser-aufstellen?id=12177447 (ab 01:22)
-> https://www.tele1.ch/nachrichten/privatschulen-in-schwyz-in-der-kritik-146174349


Razzien gegen Chatgruppen: Anschläge und Lauterbach-Entführung geplant
Bundesweit sind Ermittler gegen Mitglieder mehrerer Telegram-Chatgruppen vorgegangen. Nach Informationen von Report Mainz planten sie offenbar Sprengstoffanschläge und die Entführung von Gesundheitsminister Lauterbach.
https://www.tagesschau.de/investigativ/report-mainz/razzien-vereinte-patrioten-101.html
-> https://www.spiegel.de/panorama/justiz/extremisten-planten-attacken-auf-infrastruktur-a-a6bf93b3-992c-477f-ba35-bc0b1230f181
-> https://www.tagesspiegel.de/politik/bundesweite-razzien-und-festnahmen-rechtsextremisten-planten-offenbar-anschlaege-und-entfuehrung-von-lauterbach/28254140.html
-> https://www.watson.ch/!267795688?utm_source=twitter&utm_medium=social-auto&utm_campaign=auto-share
-> https://www.n-tv.de/politik/Justiz-ermittelt-Querdenker-wollten-Lauterbach-entfuehren-article23268419.html
-> https://taz.de/Entfuehrung-von-Lauterbach-gescheitert/!5848838/
-> https://www.spiegel.de/politik/deutschland/karl-lauterbach-will-sich-von-mutmasslichem-entfuehrungsplan-nicht-beirren-lassen-a-7f9a15f7-30c5-4598-884e-5a8dac991d06
-> https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/rechtsextremisten-planten-karl-lauterbachs-entfuehrung-17958618.html
-> https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/razzien-telegram-chatgruppen-100.html
-> https://www.blick.ch/ausland/operation-klabautermann-querdenker-wollten-gesundheitsminister-lauterbach-entfuehren-id17406541.html
-> https://www.tagesschau.de/inland/razzien-vereinte-patrioten-103.html
-> https://www.nd-aktuell.de/artikel/1163025.razzien-gegen-chatgruppe-vereinte-patrioten-planten-offenbar-entfuehrung-von-lauterbach.html
-> https://www.volksverpetzer.de/querdenker/lauterbach-reaktionen/
-> https://www.der-postillon.com/2022/04/lauterbach-entfuehrung.html


Antisemitismus im Dark Social
Antisemitismus hat in den vergangenen Monaten eine neue Hochkonjunktur entwickelt. Antisemitische Straftaten – online wie offline – sind seit 2015 kontinuierlich gestiegen und erreichten im Zuge der Coronakrise 2020 einen Höhepunkt. Die damit einhergehenden Verschwörungserzählungen machen deutlich, dass judenfeindliche Narrative und Botschaften nach wie vor eine Gefahr für unser demokratisches Zusammenleben sind. Dabei fungieren digitale Netzwerke und insbesondere die „blinden Flecken“ jenseits der Massenplattformen sowohl als Multiplikator für menschenfeindliches Gedankengut als auch als Radikalisierungsbeschleuniger.
https://dark-social-antisemitismus.de/


#Faktenfuchs: Angebliches BBC-Video über Kramatorsk ist Fake
Im Netz verbreitet sich ein Video, das aussieht, als sei es von der BBC. Darin wird der Ukraine die Schuld an dem Angriff auf den Kramatorsker Bahnhof gegeben. Doch das Video ist gefälscht.
https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/faktenfuchs-angebliches-bbc-video-ueber-kramatorsk-ist-ein-fake,T2zi4xL


+++HISTORY
derbund.ch 14.04.2022

Reaktion auf Rassismusdebatte: Berner Zunft zum Mohren will ihren Namen ändern

Die Mohrenzunft soll neu Zunft zur Schneidern heissen. Damit mache man deutlich, dass sie jede Form von Diskriminierung ablehne, sagt der Präsident.

Christoph Hämmann, Franziska Rothenbühler(Foto)

Auch eine mehrere Hundert Jahre alte Tradition schützt vor Wandel nicht, sei dieser nun durch eigene Einsicht motiviert oder durch äusseren Druck. Im Fall der Berner Zunft zum Mohren dürfte es ein Mix von beidem sein, der nun dazu führt, dass ihre Exekutive den stimmberechtigten Mitgliedern eine tiefgreifende Veränderung vorschlägt: Die Institution soll neu Zunft zur Schneidern heissen. Gemäss einem Beitrag von Präsident Rolf Henzi im aktuellen Zunftblatt «Der Mohr» kehrt man damit «zurück zu dem, was wir eigentlich sind: Schneider und Tuchscherer».

Der neunköpfige Vorgesetztenbott, wie sich das Führungsorgan der Zunft nennt, reagiert mit seinem einstimmig gefällten Vorschlag auf eine Debatte, die intern laut Henzi schon lange geführt wurde, ehe sie 2014 eine breitere Öffentlichkeit erfasste. Damals warfen die SP-Stadträte Halua Pinto de Magalhães und Fuat Köçer der Mohrenzunft in einem Vorstoss vor, sich «rassistischer Symbolik aus der Kolonialzeit» zu bedienen – öffentlich sichtbar mit der Mohrenstatue an der Fassade des Zunfthauses an der Kramgasse sowie auf dem Zunftwappen an der Rückseite des Gebäudes.

In der Folge montierte die Zunft eine Informationstafel, die Statue und Wappen «in einen wissenschaftlich fundierten gesellschafts- und kulturgeschichtlichen Kontext» stellt, wie der Gemeinderat später anerkennend festhielt.

Das Wappen soll ersetzt werden

Zuletzt hatte Zunftpräsident Henzi im Juni 2020 gegenüber der Berner Zeitung über die interne Diskussion gesprochen. «Wir haben selbst innerhalb unserer Zunft Mitglieder, die deren Namen ändern möchten», sagte er damals. Rund zwei Jahre später hält er fest, dass quer durch die Zunft alle möglichen Meinungen vertreten würden. «Gerade bei der jüngeren Generation herrscht aber die Haltung vor, dass ein Namenswechsel dringend nötig sei», so Henzi.

In seinem Artikel schreibt er deshalb von der «Verpflichtung den jungen und zukünftigen Zunftangehörigen gegenüber». Diese sollen «mit Stolz von ihrer Zunft erzählen dürfen, von den wichtigen Aufgaben, die sie wahrnimmt, vom guten inneren Zusammenhalt – und nicht immer auf den Boden schauen müssen, um ja nicht auf den Mohren angesprochen zu werden». Entscheidend sei dabei nicht die historische Einordnung, so Henzi: «Entscheidend ist die heutige Wirkung – und diese ist diskriminierend.»

Mitte Mai wird der Grosse Bott – die stimmberechtigten Zunftangehörigen – an seiner nächsten Versammlung über den Namenswechsel entscheiden. Bei ihm und den acht weiteren Mitgliedern des Vorgesetztenbotts sei die Überzeugung in den vergangenen Monaten immer stärker gereift, dass ein Namenswechsel wichtig sei, sagt Henzi. «Als Zunft lehnen wir jede Form von Diskriminierung und Rassismus ab. Mit einem Namenswechsel tragen wir dem Rechnung.»

Findet der Namenswechsel eine Mehrheit, soll laut Henzi ein neues Wappen entworfen werfen und auch jenes an der Hausfassade ersetzen. Bei der öffentlichen Statue hingegen liege es nicht in ihrer Kompetenz, daran etwas zu verändern – es handelt sich um ein denkmalgeschütztes Objekt.

Kritiker lanciert nächste Debatte

«Und sie bewegt sich doch», kommentiert Bernhard C. Schär auf Anfrage die Neuigkeit aus der Mohrenzunft. Der Historiker, der zum Forschungsnetzwerk «Postkoloniale Schweiz» gehört, hatte sich Ende 2014 mit einem Gastbeitrag im «Bund» in die Debatte eingemischt und diese seither mitgeprägt. Er habe die Zunft bisher vornehmlich als «geschlossene Gesellschaft» wahrgenommen, die einer öffentlichen Debatte mehrheitlich aus dem Weg gegangen sei. «Umso überraschter bin ich von der erfreulichen Absicht eines Namenswechsels.»

Er werde gespannt verfolgen, was ein neuer Name alles nach sich ziehe, sagt Schär weiter und nennt als Beispiele Website, Briefpapier oder das Zunftblatt «Der Mohr». Darüber hinaus müsse die Zunft aber auch ihr Geschichtsbild in Übereinstimmung mit der Wissenschaft bringen. Das betreffe etwa die Plakette am Zunfthaus, gemäss welcher der Mohr eine Reverenz an den heiligen Mauritius sei. «Dazu sind mir keine wissenschaftlichen Belege bekannt», sagt Schär. «Entweder müsste die Zunft solche nachliefern oder erklären, dass ihre Statue ein Relikt aus der kolonialen Vergangenheit Berns ist.»

Auch SP-Stadtrat Pinto de Magalhães reagiert auf Anfrage erfreut darauf, dass die Mohrenzunft sich mit der Kritik auseinandergesetzt habe und die gesellschaftliche Diskussion über den Umgang mit rassistischen Symbolen in der Öffentlichkeit anerkenne. «Es ist wichtig, dass sich eine Institution mit allen Aspekten ihrer Geschichte und ihrer Gegenwart befasst», sagt er.

Mit Blick auf die Zukunft hofft Pinto de Magalhães, «dass die Zunft dazu beiträgt, dass auch andere Zünfte und die Burgergemeinde künftig offener sind für solche Debatten». Ob die Statue an der Fassade des Zunfthauses erhalten bleiben solle, sei seiner Ansicht nach eine Frage, die weder die Zunft noch die Denkmalpflege für sich allein beantworten könne. «Es braucht dazu eine breite öffentliche Debatte, die ergebnisoffen geführt wird.»
(https://www.derbund.ch/berner-zunft-zum-mohren-will-ihren-namen-aendern-199715085562)
-> https://www.20min.ch/story/die-berner-zunft-zum-mohren-will-ihren-namen-aendern-277636223651



«Kinder der Landstrasse» – «Es war ein rassistisches Programm»
1972 deckte Beobachter-Redaktor Hans Caprez den Skandal um die «Kinder der Landstrasse» auf. Der heute 80-Jährige schildert, wie die Geschichte an ihn herangetragen wurde – und wie die Öffentlichkeit reagierte.
https://www.beobachter.ch/videos/beobachter-story/videos/kinder-der-landstrasse-es-war-ein-rassistisches-programm