Medienspiegel 11. April 2022

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+++BERN
bernerzeitung.ch 11.04.2022

Nach Protest: Flüchtlingsfamilien dürfen in Bözingen bleiben

Fünf Flüchtlingsfamilien hätten umziehen sollen, um Geflüchteten aus der Ukraine Platz zu machen. Dazu ist es nun nicht gekommen – zumindest teilweise.

Benjamin Lauener, Beat Mathys(Foto)

Montagmorgen, kurz nach zehn Uhr. Vor dem Rückkehrzentrum stehen knapp dreissig Leute, sie rauchen, streicheln Hunde, schauen ernst. Es ist ziemlich ruhig, wenn man den Lärm bedenkt, der diesem Montagmorgen vorangegangen ist. Fünf Familien, die gegenwärtig in Biel wohnen, sollen nach Enggistein in der Gemeinde Worb umziehen.

Vor rund zwei Wochen erfuhren sie, dass ihre Plätze für Menschen aus der Ukraine gebraucht würden. Das rief verschiedene Aktivistinnen und Aktivisten auf den Plan. Sie solidarisierten sich mit den Geflüchteten, forderten die Behörden auf, niemanden zum Umzug zu zwingen oder Alternativen in Biel anzubieten. Unter anderem auch, damit die Kinder nicht während des Schuljahrs die Klasse wechseln müssen. Zu guter Letzt demonstrierten am Freitag gemäss «Bieler Tagblatt» rund 150 Personen gegen die Verlegung.

Kritik prallt am Kanton ab

Und tatsächlich, die Arbeit trug offenbar Früchte. Zwei der fünf Familien dürfen drei weitere Monate in Biel bleiben, wie ein Vertreter des Netzwerks Migrant Solidarity Network – kurz MSN – erklärt. Das Kollektiv habe über das Wochenende Privatpersonen gefunden, die die Familien aufnehmen würden. Auf Anfrage erklärt das Amt für Bevölkerungsdienste des Kantons Bern, dass am Montag schliesslich drei Familien nach Enggistein umgezogen seien. Auch in Zukunft halte der Kanton grundsätzlich am geplanten Transfer der Familien fest. Zu personenspezifischen Sachverhalten äussere man sich aber derzeit nicht.

Die Kritik der Aktivisten prallt beim Kanton ab. Er ist zufrieden mit der Arbeit des Betreuungspersonals. Man habe sich ausnahmslos professionell und in Anbetracht der herausfordernden Situation besonnen und respektvoll verhalten. Gleichzeitig gibt er Kritik an die Aktivisten zurück: «Dass Freiwillige den Umzug durch bewusste Beeinflussung der Bewohnerinnen und Bewohner, verbale Konfrontationen und Vorwürfe beeinträchtigten, bedauern wir indes sehr.»



SP + Grüne Worb stellen Fragen

Während sich in Biel Freiwillige mit Soforthilfe und Petitionen hinter die Geflüchteten stellen, beschreiten die linken Worber Parlamentarier den offiziellen Weg. An der letzten Sitzung des Grossen Gemeinderats reichten SP + Grüne Worb eine Interpellation ein. Die Fraktion fordert, dass sich die Exekutive Einblick in die aktuelle Situation im Rückkehrzentrum Enggistein verschafft und das Parlament darüber informiert.

Auf Anfrage führt SP-Co-Präsident Matthias Marthaler aus: «Beim letzten Mal, als Geflüchtete einquartiert wurden, war die Infrastruktur an etlichen Stellen nicht in Ordnung, das soll diesmal anders sein.» Natürlich liege das letzten Endes in der Kompetenz von Bund und Kanton, aber als «Nachbarn» seien die Worberinnen und Worber mindestens ethisch dazu verpflichtet, zu helfen, dass es den Geflüchteten so gut wie möglich gehe. Die Interpellation wurde vom Parlament mit Stimmen von links bis rechts für dringlich erklärt und wird an der nächsten Sitzung traktandiert. (ber)
(https://www.bernerzeitung.ch/fluechtlingsfamilien-duerfen-in-boezingen-bleiben-463460034792)



Berner Migrationsdienst geht mit aller Härte gegen abgewiesene Familien vor
DE; Dank solidarischer Personen stehen für die Familien des Camps Bözingen zunehmend viele einzugsbereite Wohnungen in Biel bereit. Trotzdem blieb der kantonale Migrationsdienst hart. Heute morgen setzte er die Verlegung von drei abgewiesenenFamilien vom Rückkehrcamps Bözingen ins abgelegene Rückkehrcamp Enggistein durch. Ohne zusätzlichen Druck werden weitere Verlegungen folgen.
https://migrant-solidarity-network.ch/2022/04/11/berner-migrationsdienst-geht-mit-aller-haerte-gegen-abgewiesene-familien-vor/


Krankheitsfälle und unzufriedene Zivilschützer in der Zivilschutzanlage an der Mingerstrasse
In der Zivilschutzanlage an der Mingerstrasse in Bern sind unter den ukrainischen Flüchtlingen Krankheiten ausgebrochen. Sie leiden unter Durchfall und Corona-Ansteckungen. Zusätzlich beschweren sich die Zivilschutzangestellte über eine schlechte Organisation und lange Schichten.
https://www.telebaern.tv/telebaern-news/krankheitsfaelle-und-unzufriedene-zivilschuetzer-in-der-zivilschutzanlage-an-der-mingerstrasse-146134892
-> https://www.20min.ch/story/ausbruch-von-durchfall-krankheit-und-corona-in-berner-ukraine-unterkunft-570620313330



derbund.ch 11.04.2022

Durchfall- und Covid-AusbruchErkrankte Berner Flüchtlinge wurden umplatziert

Im Erstaufnahmezentrum für ukrainische Flüchtlinge in der Stadt Bern kam es zu Krankheitsmeldungen. Wie die Gesundheitsdirektion darauf reagiert.

Christoph Hämmann

Bis zu 400 Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet sind, finden jeweils für kurze Zeit in der Berner Zivilschutzanlage Mingerstrasse ein Unterkommen. Sie bleiben zwei bis vier Tage in diesem Erstaufnahmezentrum bei der Allmend, ehe sie in eine oberirdische Unterkunft oder eine private Wohnung wechseln können.

Am Wochenende musste es in einigen Fällen allerdings schneller gehen: Am Samstag vermeldete die kantonale Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion, dass in der Zivilschutzanlage Ausbrüche einer Durchfallkrankheit und von Covid-19-Infektionen festgestellt worden seien. «Der kantonsärztliche Dienst ist vor Ort, um die Situation genauer zu erfassen und eine Triage vorzunehmen», hiess es in der Mitteilung.

Es seien 16 Personen aus dem Zentrum verlegt worden, sagt Gundekar Giebel, der Kommunikationschef der Gesundheits- und Sozialdirektion, am Montag auf Anfrage. Dies entspreche allerdings nicht der genauen Anzahl Erkrankter, da man keine Familien habe trennen wollen. Betroffene seien also zusammen mit ihren Angehörigen verlegt worden. Sobald sich wieder jemand als kränklich meldet, wird diese Person laut Giebel «sofort separiert und getestet, und im Fall einer Covid-Erkrankung wird eine Verlegung angeboten». Diese bleibe freiwillig, wie schon bei den Fällen am Wochenende. Bei einer Durchfallerkrankung reiche es, die erkrankte Person zu separieren.

Kein systematischer medizinischer Eintrittsprozess

Aufgrund der aktuellen Überlastung der etablierten Strukturen findet im Rahmen des Asylverfahrens beim Bundesasylzentrum momentan kein systematischer medizinischer Eintrittsprozess statt. Zudem wäre die Erhebung der Gesundheitsdaten freiwillig, ergänzt Giebel. Allerdings habe der kantonsärztliche Dienst die Zentrenbetreiber, die Asylregionen sowie Hausärztinnen und Hausärzte darüber informiert, dass er ein eigenes Erfassungsprogramm aufbaue.

Da es in der Schweiz keine Covid-Einschränkungen mehr gebe und nirgendwo mehr etwa nach einem Zertifikat gefragt werde, gelte dies auch im Umgang mit Menschen aus der Ukraine. Mit dem neuen Programm werde man aber auch den Impfstatus erfassen können.
(https://www.derbund.ch/erkrankte-berner-fluechtlinge-wurden-umplatziert-533785631615)



Nicht alle sind überzeugt vom Containerdorf auf dem Viererfeld
Heute Morgen starteten die Bauarbeiten für das Containerdorf auf dem Berner Viererfeld. Rund 1’000 Flüchtlinge sollen dort ab Mai vorübergehend leben. Der Berner Bauernverband kritisiert die verlorene Landwirtschaftsfläche.
https://www.telebaern.tv/telebaern-news/nicht-alle-sind-ueberzeugt-vom-containerdorf-auf-dem-viererfeld-146134918


Empfangsfamilie sucht Flüchtlinge
Familien sind bereit, ukrainische Flüchtlinge aufzunehmen, aber die administrativen Verfahren verlangsamen den Prozess.
https://web.telebielingue.ch/de/sendungen/info/2022-04-11


+++APPENZELL
Wegen Ukraine-Flüchtlingen: In Appenzell Ausserrhoden sollen die Gemeinden Privaten eine Wohnkosten-Pauschale ausrichten. (ab 03:20)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-ostschweiz/gossau-stimmt-ueber-rekord-vorlage-ab?id=12175935


+++BASEL
Verein zRächtCho hilft Flüchtlingen bei der Stellensuche
Geflüchtete aus der Ukraine können Dank Schutzstatus S gleich arbeiten. Es gibt aber noch zahlreiche Hürden bis zur ersten Arbeitsstelle in der Schweiz. Der Verein zRächtCho hilft Geflüchteten seit mehreren Jahren bei der Stellensuche.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/verein-zraechtcho-hilft-fluechtlingen-bei-der-stellensuche?id=12175503
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/schnell-arbeiten-gefluechtete-aus-der-ukraine-lehren-deutsch?partId=12175926


Bürgergemeinde hilft Ukrainischen Flüchtlingen
Rund 60 Unterkünfte sollen für Flüchtlinge aus der Ukraine zur Verfügung stehen. Zudem will das Bürgerspital Stellen anbieten in der Pflege und Kita-Plätze auf dem Waisenhausareal.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/buergergemeinde-hilft-ukrainischen-fluechtlingen?id=12175716


+++SOLOTHURN
Der Kanton Solothurn sucht Pflegefamilien für Minderjährige aus der Ukraine. Bisher gibt es im Kanton 13 Familien, die Kind aus Krisengebieten aufgenommen haben. (ab 02:44)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-aargau-solothurn/kanton-aargau-schwaecht-kontrollen-fuer-tierhalter-ein-wenig-ab?id=12175683
-> https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/kanton-solothurn/aus-krisengebieten-pflegefamilien-gesucht-der-kanton-solothurn-sucht-nach-privater-unterbringung-und-betreuung-fuer-minderjaehrige-asylsuchende-ld.2275189


+++ZÜRICH
«Lieber in einer schönen Wohnung als im Flüchtlingsheim»
Sollen sich Behörden oder Private um Flüchtlinge aus der Ukraine kümmern? Die stadtzürcher FDP-Politikerin Catrine Pauli hat sich für die zweite Variante entschieden.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/lieber-in-einer-schoenen-wohnung-als-im-fluechtlingsheim?id=12175518


Uznach soll ein Asylzentrum erhalten
Das ehemalige Pflegezentrum Linthgebiet in Uznach SG soll vorübergehend zum Asylzentrum werden. Der Mietvertrag ist bereits ausgehandelt worden, unterschrieben ist er aber noch nicht.
https://www.toponline.ch/news/stgallen/detail/news/uznach-soll-ein-asylzentrum-erhalten-00180841/
-> https://www.tvo-online.ch/aktuell/uznach-ehemaliges-pflegezentrum-soll-zum-asylzentrum-werden-146134411
-> https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/ressort-ostschweiz/migration-kantonales-asylzentrum-in-uznach-ist-auf-kurs-doch-es-regt-sich-widerstand-ld.2275360


Auch Uitikon hat nun eine Integrationsklasse – und hat «überproportional» viele geflüchtete Kinder aufgenommen
Die erste ukrainische Integrationsklasse in Uitikon umfasst zehn Kinder.
https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/region-limmattal/uitikon-auch-uitikon-hat-nun-eine-integrationsklasse-und-hat-ueberproportional-viele-gefluechtete-kinder-aufgenommen-ld.2275074


+++SCHWEIZ
Profughi di un dio minore
«Questi rifugiati (ucraini, ndr) non vanno messi nello stesso calderone, e nemmeno mischiati logisticamente, con i migranti economici “in arrivo da altre culture” che non scappano da nessuna guerra» ha scritto sulla sua pagina internet il consigliere nazionale leghista Lorenzo Quadri, il terzo eletto per numeri di voti ricevuti dai ticinesi.

https://www.areaonline.ch/Profughi-di-un-dio-minore-ab960b00
-> Übersetzung: https://www-areaonline-ch.translate.goog/Profughi-di-un-dio-minore-ab960b00?_x_tr_sl=it&_x_tr_tl=de&_x_tr_hl=de


Ukrainerinnen bekommen nur 2.65 Franken für Zmittag: Kriegen Schweizer wirklich weniger finanzielle Unterstützung als Ukraine-Flüchtlinge?
Ukrainische Flüchtlinge erhalten im Kanton Aargau 2.65 Franken für den Zmittag. Blick-Leserinnen und Leser monierten, dass Schweizer noch weniger Unterstützungsgelder erhalten würden. Doch stimmt das wirklich?
https://www.blick.ch/wirtschaft/ukrainerinnen-bekommen-nur-2-65-franken-fuer-zmittag-kriegen-schweizer-wirklich-weniger-finanzielle-unterstuetzung-als-ukraine-fluechtlinge-id17397481.html


Keine Info, kaum Hilfe für Gastfamilien: «Fühlen uns im Stich gelassen»
Wer auf eigene Initiative hin Flüchtlinge aufgenommen hat, ist auf sich alleine gestellt. Diese Erfahrung machen derzeit viele Gastfamilien.
https://www.blick.ch/politik/keine-info-kaum-hilfe-fuer-gastfamilien-fuehlen-uns-im-stich-gelassen-id17393561.html


Ukraine-Krieg: Geflüchtete in Gefahr – Schweiz Aktuell
Dutzende Flüchtige aus der Ukraine kommen jeden Tag in der Schweiz an – wohin sie gehen und wie sie Geld verdienen können, wissen viele nicht. Behörden und die Flüchtlingshilfe befürchten, dass diese Situation ausgenützt werden könnte und die Geflüchteten als billige Arbeiter benutzt oder zur Prostitution gezwungen werden.
https://www.srf.ch/play/tv/-/video/-?urn=urn:srf:video:af1f5e65-38b0-40ff-bb65-e59bf6e414d4


Ukraine: SEM lanciert Kampagne gegen Menschenhandel
Konflikte, Krisen oder Krieg können Menschen in die Flucht zwingen. Für Geflüchtete besteht die Gefahr, Opfer von Menschenhandel oder anderen Formen von Missbrauch zu werden. Deshalb lanciert das Staatssekretariat für Migration SEM eine Informationskampagne gegen den Menschenhandel. Das Ziel ist es, Schutzsuchende zu sensibilisieren und auf Beratungsstellen von Opferhilfen aufmerksam zu machen.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-87962.html
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/mehr-schutz-fuer-fluechtlinge-sem-lanciert-kampagne-gegen-menschenhandel


CFF – bien plus qu’un service de transport
Si le lien entre néo-libéralisme et politique ultra-sécuritaire n’est plus à faire ou ne pourrait être ré-articulé ici, les CFF en sont toutefois un exemple criant. La création de services de sécurité et de centres de détention dans ses gares, l’échange et la valorisation de parcelles par la constructions de tours, l’expulsion de quartiers entiers pour y imposer des projets immobiliers aux loyers toujours exorbitants et en dernier lieu l’instrumentalisation de l’art pour faire passer la pilule ; tout ça participe bel et bien d’un seul unique mouvement écrasant d’une entreprise too big to fail.
https://renverse.co/infos-locales/article/cff-bien-plus-qu-un-service-de-transport-3448


Arbeitsintegration von geflüchteten Ukrainern in der Schweiz – Tagesschau
In der Schweiz haben knapp 25’000 ukrainische Flüchtende den S-Status bekommen. Doch bis jetzt konnten sich nur ein paar wenige in die Arbeitswelt integrieren.
https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/arbeitsintegration-von-gefluechteten-ukrainern-in-der-schweiz?urn=urn:srf:video:c0efb668-951e-4501-a63f-cb50bef54454


Flüchtlingspolitik – Die vielen Gesichter unserer humanitären Tradition
Die humanitäre Tradition, für die sich die Schweiz rühmt, hat eine lange Geschichte – aber auch viele Gesichter. Zwischen den Taten des Rotkreuz-Gründers Henry Dunant im 19. Jahrhundert und unserer Hilfsbereitschaft heute gegenüber den Geflüchteten aus der Ukraine, gibt es Brüche.
https://www.srf.ch/news/schweiz/fluechtlingspolitik-die-vielen-gesichter-unserer-humanitaeren-tradition


Thomas Würgle: rEin stiller Profi, der Krise kann
Der ehemalige Kommandant der Zürcher Kantonspolizei wird oberster Stratege des Bundes im Umgang mit Flüchtlingen aus der Ukraine.
https://www.derbund.ch/er-wollte-bundesanwalt-werden-jetzt-ist-er-oberster-fluechtlingskoordinator-731608411463


+++DEUTSCHLAND
Übergriffe gegen flüchtende Frauen: Zwischen Panikmache und Gefahr
Viele warnen Frauen aus der Ukraine vor sexualisierter Gewalt. Fälle gibt es, aber auch eine Diskrepanz zwischen Horrormeldungen und Datenlage.
https://taz.de/Uebergriffe-gegen-fluechtende-Frauen/!5845056/


+++ITALIEN
Bericht der Beobachtungsstelle für Migration 2021
„Sizilien vergisst nicht“. – Die Situation der Migrant*innen und Geflüchteten an den europäischen Außengrenzen.
https://www.borderlinesicilia.it/de/monitoring/bericht-der-beobachtungsstelle-fuer-migration-2021/


+++POLEN
Nicht alle Schutzsuchenden sind willkommen: Neue Beweise für Misshandlungen und Push-Backs
Neue Erkenntnisse von Amnesty International verdeutlichen die ungleiche Behandlung von Geflüchteten in Polen. An der polnisch-belarussischen Grenze sind Schutzsuchende aus Ländern wie Irak oder Syrien gewaltsamen Abschiebungen, Push-Backs, unmenschlichen Haftbedingungen sowie herabwürdigender Behandlung wie Leibesvisitationen oder der zwangsweisen Verabreichung von Beruhigungsmitteln ausgesetzt.
https://www.amnesty.ch/de/laender/europa-zentralasien/polen/dok/2022/neue-beweise-fuer-misshandlungen-und-push-backs
-> https://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/198734/


Ungleiche Behandlung: Polen macht Push-Backs
Seit Beginn des Krieges in der Ukraine überqueren täglich tausende Menschen die Grenze zwischen der Ukraine und Polen. Sie werden mit offenen Armen empfangen, registriert und dürfen auch weiterreisen, in andere Länder Europas.
https://rabe.ch/2022/04/11/ungleiche-behandlung-polen-macht-push-backs/


+++MITTELMEER
Stimmen aus dem Mittelmeer
Mehr als 100 Menschen sind letzte Woche im Mittelmeer ertrunken. Wir lassen Überlebende zu Wort kommen – stellvertretend für jene, die wir nicht retten konnten.
https://www.aerzte-ohne-grenzen.at/artikel/geschichten-aus-dem-mittelmeer


+++EUROPA
Migration – Überwachung der EU-Außengrenzen: Drohnen rauschen in der Luft
Die EU-Außengrenzen werden immer schärfer überwacht. Nirgendwo zeigt sich die Kehrseite europäischer Flüchtlingspolitik schärfer als am Ärmelkanal
https://www.freitag.de/autoren/tobias-mueller/eu-aussengrenze-wird-immer-schaerfer-ueberwacht


Eine andere Flüchtlingspolitik ist möglich!
Europa zeigt dieser Tage eindrucksvoll, dass es in der Lage ist, große Fluchtbewegungen zu bewältigen. Geflüchtete aus der Ukraine kommen vielfach die ersten Tage privat unter, erhalten nach der Registrierung direkt einen Status, dürfen sich frei bewegen und arbeiten. Es stellt sich die Frage: Warum nicht immer so?
https://www.proasyl.de/news/eine-andere-fluechtlingspolitik-ist-moeglich/


+++JENISCHE/SINTI/ROMA
Einmonatige Testphase für Fahrende
Die Stadt Biel bewilligt für Fahrende einen Aufenthalt von einem Monat beim Autobahnanschluss Biel-Süd. (ab 03:32)
https://web.telebielingue.ch/de/sendungen/info/2022-04-11



derbund.ch 11.04.2022

Ausländische Fahrende: Biel stellt Fahrende auf die Probe

Einen Monat lang darf eine Gruppe von Fahrenden auf einer Parzelle bleiben. Ist der Versuch erfolgreich, ist laut der Stadt eine längerfristige Lösung denkbar.

Carmen Stalder (Bieler Tagblatt)

Die Fahrenden sind zurück in der Region: Seit dem 1. April hat sich eine Gruppe ausländischer Fahrender mit rund 40 Gespannen in Biel niedergelassen. Sie befinden sich auf einer leeren Parzelle an der Portstrasse, neben dem Strasseninspektorat und dem Werkhof der Stadt. Anders als es in den vergangenen Jahren immer wieder vorgekommen ist, handelt es sich dieses Mal nicht um eine illegale Besetzung: Die Fahrenden haben sich den Zugang auf den Platz durch eine Vereinbarung mit der Stadt gesichert.

Offiziell kommuniziert hat die Stadt Biel diese Angelegenheit nicht. Auf Anfrage bestätigt Sicherheitsdirektor Beat Feurer (SVP) allerdings, dass es sich um einen geordneten Versuch handelt. «Wir stellen den Platz für einen Monat zur Verfügung, um daraus Erfahrungen zu sammeln.» Man wolle prüfen, welche Auswirkungen die Lösung habe – etwa, ob damit andere Fahrende zu illegalen Besetzungen animiert würden oder nicht. Auch
stelle sich die Frage, ob das Gelände direkt neben der Autobahn A5 überhaupt als temporärer Transitplatz geeignet sei oder ob es Schwierigkeiten mit Nachbarn und umliegenden Gemeinden gebe, so Feurer.

Keine anderen Orte

Bei der Gruppe handelt es sich um Fahrende aus Frankreich, die der Stadt aus den Vorjahren bekannt sind. Sie hätten sich nach einem Ort erkundigt, an dem sie sich niederlassen könnten, sagt Feurer. Für die besagte Parzelle habe man sich aufgrund mangelnder Alternativen entschieden. So wurde zwar vor einem Jahr das Bözingenfeld als möglicher Standort genannt. Auf dem angedachten Platz befinden sich jedoch die Container
des Rückkehrzentrums für abgewiesene Asylsuchende. Derzeit werden die Container geleert, sie sollen dann aber für Flüchtlinge aus der Ukraine bereitstehen.

Gemäss Vereinbarung müssen die Fahrenden der Stadt 600 Franken pro gefüllte Abfallmulde sowie dem Energie-Service Biel das verbrauchte Wasser bezahlen. Einen Stromanschluss gibt es nicht – laut Feurer hätte es sich nicht gelohnt, einen solchen für nur einen Monat einzurichten. Die Fahrenden benutzen deshalb ihre Generatoren. Neu hat die Stadt die Abgabe einer Kaution in der Höhe von 3000 Franken eingefordert. «Bei Problemen könnten wir dieses Sicherheitsdepot zurückbehalten. Das wollen wir auch in Zukunft so handhaben», sagt der Gemeinderat. Konkret heisst das: Wenn die Gruppe den Standort Ende April nicht wie vereinbart verlässt, würde die Stadt mit der hinterlegten Kaution «die üblichen juristischen Schritte» einleiten und die Fahrenden zum Verlassen des Geländes zwingen. So weit will Feurer aber derzeit noch nicht denken. Schliesslich sei es Teil des Projekts, den Fahrenden ein gewisses Mass an Vertrauen entgegenzubringen.

Gelände bald besetzt

Mitarbeitende der Abteilung Sicherheit gehen regelmässig vor Ort, um zu kontrollieren, ob alle Auflagen eingehalten werden. Bisher hat Feurer keine negativen Rückmeldungen erhalten. Er ist überzeugt, dass die neue Handhabung die Region zumindest temporär entlasten könnte. «Bislang halten sich die Fahrenden überall illegal auf. Hier dürfen sie nun legal sein – das ist eine ganz neue Ausgangslage.»

Wenn sich der einmonatige Versuch bewährt, will Feurer Hand bieten für eine längere Lösung. Dies allerdings kaum auf dem jetzigen Gelände neben dem Werkhof: Hier soll nämlich ab 2023 der neue Recyclinghof der Stadt gebaut werden. Das Bewilligungsverfahren verzögere sich zwar, so Feurer, früher oder später werde die Parzelle aber nicht mehr zur Verfügung stehen. Er betont zudem, dass die Stadt, wenn überhaupt, nur so lange bereit sei, eine Lösung anzubieten, bis 2025 der offizielle Halteplatz in Wileroltigen eröffnet werde. Und: Wenn die Erfahrungen aus dem laufenden Versuch negativ seien, werde man keinen anderen Platz anbieten.

Doch auch falls sich der Versuch als gelungen erweisen sollte, sind noch nicht alle Fragen geklärt. Schon im vergangenen Juli machte Beat Feurer klar, dass Biel nicht allein vorausgehen wolle. Vielen Gemeinden schwebe vor, dass sie aus dem Schneider wären, wenn Biel aktiv werde. «Wir wollen das Problem aber nicht für, sondern mit der Region in den Griff bekommen», sagte der Sicherheitsdirektor damals.

Es gebe zwar die Möglichkeit von finanziellen Abgeltungen. «Aber wie hoch sind diese? Und welche Gemeinde zahlt wie viel?», fragte er sich. Die Diskussion sei jedenfalls noch nicht zu Ende geführt. Und das wiederholt Feurer auch heute. Es würden nach wie vor Gespräche geführt, wie man das Problem von illegalen Landnahmen durch Fahrende in der Region in den Griff bekommen wolle.
(https://www.derbund.ch/biel-stellt-fahrende-auf-die-probe-941860229181)


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Nach Afrin-Demo-Urteil: «Veränderungen beim Paragraf Landfriedensbruch wünschenswert»
Interview mit Dominic Nellen, Rechtsanwalt bei der «Anwaltskanzlei Kiener & Nellen», zum Präzedenzurteil des Obergerichtes wegen der «Afrin-Demo» 2018 – und was Betroffene jetzt tun können.
https://www.megafon.ch/aktuelles/eine-veraenderung-beim-paragraf-landfriedensbruch-waere-wuenschenswert/


Revision von Strafurteilen: Gefährliche Zusammenrottung
Im Nachgang einer Demonstration in Bern wurden rund 150 Personen per Strafbefehl verurteilt. Die Staatsanwaltschaft warf ihnen Landfriedensbruch vor. Vier Jahre später steht ihnen ein Revisionsverfahren offen. Und es steht die Frage im Raum: Wer störte hier den Landfrieden?
https://www.woz.ch/2214/revision-von-strafurteilen/gefaehrliche-zusammenrottung


Farbe für die UBS
Im Rahmen des heutigen Strike for Future haben wir die UBS-Filiale am Marktplatz besprayt. Solange sich nichts ändert, wird es nicht die letzte Filiale sein!
https://barrikade.info/article/5111


Klima-Aktivisten blockieren Autobahn in Lausanne
Einige Klimaaktivisten habe am Montagmorgen vorübergehend eine Autobahnausfahrt in Lausanne blockiert. Sie gehören der neuen Bewegung Renovate Switzerland und fordern vom Bundesrat einen Aktionsplan, um energetische Gebäudesanierungen voranzutreiben.
https://www.watson.ch/schweiz/romandie/697458692-klima-aktivisten-blockieren-autobahn-in-lausanne
-> https://www.luzernerzeitung.ch/news-service/inland-schweiz/blockade-aktivisten-blockieren-autobahn-bei-lausanne-ld.2275117


Demo erfolgreich verhindert
Die Polizei hat die 1.-Mai-Feier und den Klimastreik mit einer ganzen Reihe neuer Vorschriften belegt. Die Klimajugend lässt sich davon abschrecken und bläst ihre Demo ab.
https://www.shaz.ch/2022/04/11/demo-erfolgreich-verhindert/


+++POLICE BE
Berner Polizei stolpert über millionenteures IT-Projekt
Das IT-System der Berner Kantonspolizei, der Staatsanwaltschaft und der Swisscom hat Verspätung und wird massiv teurer.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/berner-polizei-stolpert-ueber-millionenteures-it-projekt?id=12175527
-> https://www.inside-it.ch/neue-berner-polizei-it-endlich-eingefuehrt-20220411
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/neues-it-system-der-polizei-laeuft-aber-langsam?id=12175953 (ab 02:28)
-> https://www.be.ch/de/start/dienstleistungen/medien/medienmitteilungen.html?newsID=04035aca-8a71-4803-9912-12f21a9f14ad#3b5da841-f2cb-4804-a843-e5679391f955


+++RASSISMUS
ANTIRA-WOCHENSCHAU: Widerstand gegen Umplatzierung, Razzien gegen Neonazis, Demonstration gegen Polizeigewalt
https://antira.org/2022/04/10/widerstand-gegen-umplatzierung-razzien-gegen-neonazis-demonstration-gegen-polizeigewalt/


Aargauer SVP-Lokalpolitiker wegen Rassismus verurteilt
Ein Aargauer SVP-Lokalpolitiker ist vom Bezirksgericht Zofingen AG der Rassendiskriminierung schuldig befunden worden. Das Gericht verurteilte den Mann zu einer bedingen Geldstrafe. Er hatte Posts im Zusammenhang mit der Abstimmung über die “Ehe für alle” gemacht.
https://www.swissinfo.ch/ger/aargauer-svp-lokalpolitiker-wegen-rassismus-verurteilt/47508618
-> https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/prozess-svp-politiker-naveen-hofstetter-vor-gericht-staatsanwaltschaft-klagt-ihn-wegen-diskriminierung-und-aufruf-zu-hass-an-ld.2275148
-> https://www.watson.ch/schweiz/aargau/766265522-aargauer-svp-lokalpolitiker-wegen-rassismus-verurteilt
-> https://www.nau.ch/politik/regional/svp-lokalpolitiker-naveen-hofstetter-wegen-rassismus-verurteilt-66153237
-> https://www.blick.ch/politik/er-stellte-afrikaner-als-paedophile-hin-svp-lokalpolitiker-hofstetter-wegen-rassismus-verurteilt-id17397690.html
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-aargau-solothurn/limmattalbahn-aargau-und-zuerich-sind-nun-verbunden?id=12175899 (ab 07:20)
-> https://www.toponline.ch/news/schweiz/detail/news/svp-lokalpolitiker-wegen-rassismus-verurteilt-00180822/


+++RECHTSPOPULISMUS
SVP-Glarner will mehr Geld für Ukraine-Flüchtlinge: Linker, als die Partei erlaubt
Bei den Ukraine-Flüchtlingen wird Asyl-Hardliner Andreas Glarner plötzlich weich. Das sorgt innerhalb der Aargauer SVP für Irritationen.
https://www.blick.ch/politik/svp-glarner-will-mehr-geld-fuer-ukraine-fluechtlinge-linker-als-die-partei-erlaubt-id17397242.html


+++RECHTSEXTREMISMUS
Auswertung seit 2017: Regierung zählt mehr als 400 Geldwäsche-Verdachtsfälle unter Rechtsextremisten
Musikfestivals, Kampfstudios, Waffenverkäufe: Die rechtsextreme Szene finanziert sich durch eine Vielzahl von Projekten. Laut der Anti-Geldwäsche-Einheit FIU haben Akteure dabei massiv illegal Gelder erwirtschaftet.
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/rechtsextremismus-mehr-als-400-geldwaesche-verdachtsfaelle-unter-extremisten-seit-2017-a-e447db75-04af-4b31-8f12-7772a75a8e9d


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Wieso Rechtsextreme von Covid-19-Verschwörungserzählungen profitieren
Eine neue Studie zeigt den Anstieg von Verschwörungserzählungen im Netz – und warum das einen Vorteil für rechtsextreme Gruppierungen mit sich gebracht hat
https://www.derstandard.at/story/2000134839177/wieso-rechtsextreme-von-covid-19-verschwoerungserzaehlungen-profitieren?ref=rss


Ukraine Krieg: 20 Schweizer demonstrierten in Lörrach (D) für Russen
In Lörrach nahe der Schweizer Grenze demonstrierten am Wochenende Menschen wegen dem Ukraine-Krieg. Am pro-russischen Autokorso nahmen auch 20 Schweizer teil.
https://www.nau.ch/news/europa/ukraine-krieg-20-schweizer-demonstrierten-in-lorrach-d-fur-russen-66152949


Nach der Entführung von Impfchef Berger: Polizei warnt Corona-Exponenten
Gemäss Impfchef Christoph Berger hatte seine Entführung nichts mit Corona zu tun. Doch andere Experten wurden nun von der Polizei gewarnt.
https://www.blick.ch/politik/nach-der-entfuehrung-von-impfchef-berger-polizei-warnt-corona-exponenten-id17397472.html


Nach Patententzug für «Älpli»-Wirtin: Trychler belagern Haus von Gommiswalder Gemeindepräsident und deponieren eine Grabkerze
Der Wirtin des Gommiswalder Restaurants «Älpli» wurde das Patent entzogen, weil sie mehrfach gegen Coronaauflagen verstossen hatte. Nicht alle wollen diesen Entscheid hinnehmen: Am Samstag demonstrierten Freiheitstrychler und andere Coronaskeptiker deshalb vor dem Haus des Gommiswalder Gemeindepräsidenten.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/ressort-ostschweiz/demonstration-nach-patententzug-fuer-aelpli-wirtin-trychler-belagern-haus-von-gommiswalder-gemeindepraesident-und-deponieren-grabkerze-ld.2275554


+++HISTORY
Alles eine Frage der Balance
Hannes Köhler über anarchistische Bewegungen, politische Ideale und seinen Roman »Götterfunken«
Der Anarchismus war und ist teils nach wie vor in Spanien stark. Besondere Verdienste erwarb er sich im Kampf gegen den Franco-Faschismus in den 30er bis 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Hannes Köhler zeigt dessen Leistungen und Grenzen in seinem neuen Roman auf.
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1162921.anarchismus-alles-eine-frage-der-balance.html


Flucht in die Schweiz
Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine treibt die Menschen westwärts. Doch Flüchtlinge aus Osteuropa sind für die Schweiz kein Novum, wie ein Blick in die Vergangenheit zeigt.
https://www.watson.ch/wissen/schweiz/849894960-flucht-in-die-schweiz


Mein Vater, der Verdingbub – Lika Nüsslis Graphic Novel «Starkes Ding»
Die Künstlerin Lika Nüssli wusste immer, dass ihr Vater als Kind verdingt wurde. Aber er erzählte nie viel davon. Bis Lika Nüssli vor zwei Jahren das erste Mal ernsthaft danach fragte und anfing, die Erinnerungen ihres Vaters aufzuzeichnen. Daraus ist die Graphic Novel «Starkes Ding» entstanden.
https://www.srf.ch/audio/kontext/mein-vater-der-verdingbub-lika-nuesslis-graphic-novel-starkes-ding?id=12172935



nzz.ch 11.04.2022

«Vaganten» als Obsession – wie die Organisation Pro Juventute während Jahrzehnten Familien zerstörte

Über 600 «Kinder der Landstrasse» wurden ihren jenischen Eltern weggenommen. Vor fünfzig Jahren machte der «Beobachter» auf den Skandal aufmerksam, was zu einem neuen Umgang mit Fahrenden führte. Ein Blick zurück.
-> https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/ressort-ostschweiz/migration-kantonales-asylzentrum-in-uznach-ist-auf-kurs-doch-es-regt-sich-widerstand-ld.2275360
Christoph Wehrli

«‹Fahrende› Mütter klagen an.» Unter einem schmalen Titel lässt der «Schweizerische Beobachter» am 15. April 1972 in einem Artikel Frauen zu Wort kommen, die Erschreckendes erlitten haben. Theresia Wyss-Häfeli beispielsweise, Zigeunerin, wie sie sich nennt, wurde einst als Kind ihren Eltern weggenommen, wuchs in Heimen und Pflegefamilien auf und musste erdulden, dass auch ihre Kinder auf Dauer von ihr getrennt wurden. «Seit zwanzig Jahren habe ich weder meine Kinder gesehen noch erfahren, wo sie jetzt sind und was sie machen.» Eine 22-jährige Frau, die mit 16 erfahren hat, dass ihre angeblich gestorbenen Eltern noch leben, hat Aufenthalte in verschiedenen Heimen, Anstalten und einer Klinik, Fluchtversuche, Dunkelarrest und einen Suizidversuch hinter sich und eine höchst ungewisse Zukunft vor sich.

Angeklagt sind Behörden, vor allem aber die Organisation Pro Juventute, die sich mit ihrem «Hilfswerk für die Kinder der Landstrasse» (effektiv Teil des Zentralsekretariats) der Bekämpfung der fahrenden Lebensweise verschrieben hat.

Nicht dass mit dem Artikel, dem noch mehrere weitere folgen, etwas völlig Unbekanntes aufgedeckt würde. Der jahrzehntelang zuständige Abteilungsleiter bei Pro Juventute, Alfred Siegfried (1890–1972), hat stets für sein Anliegen geworben und 1963 ein Buch über sein Lebenswerk publiziert. Nicht zuletzt verschaffte der Bund von 1930 bis 1966 den Aktivitäten mit Subventionen auch Anerkennung, Bundesräte fungierten früher sogar als Präsident des Stiftungsrats. Neu ist, dass Betroffene mit ihrer Perspektive Aufmerksamkeit in einem verbreiteten Medium erhalten. Der «Beobachter», eine Zeitschrift mit anwaltschaftlichem Anspruch, äussert sich vorsichtig – «zugegeben, die Fahrenden sind nicht problemlos» – und kritisiert vor allem die intransparenten Verfahren: Menschen, denen die elterliche Gewalt entzogen wird, werden offenbar weder über die Gründe informiert noch angehört. Zum Thema wird aber auch, dass das angeblich fürsorgerische Handeln Menschen für ein ganzes Leben schädigen kann.

«Die asoziale Sippe»

Die rund 600 Kindswegnahmen, an denen Pro Juventute von 1926 bis 1972 beteiligt ist, sind wenig im Ganzen eines Systems von Fremdplatzierungen. Im Jahr 1930 sind 68 000 Kinder in Heimen und Pflegefamilien untergebracht. Frauenorganisationen und andere gemeinnützige Vereine engagieren sich gegen Armut und «Verwahrlosung», da der Sozialstaat noch rudimentär ist. Ab 1912 erleichtert das Zivilgesetzbuch vormundschaftliche Massnahmen bei Geistesschwäche, bei Verarmung wegen Trunksucht oder lasterhaften Lebenswandels und bei Vernachlässigung der elterlichen Pflichten. Die Bestrebungen, die als Förderung der gesellschaftlichen Integration verstanden werden können, sind stets von Vorstellungen geprägt, was normal, nützlich oder gut sei.

Das Programm für die «Kinder der Landstrasse» nimmt indes mit besonderer Radikalität eine einzelne Gruppe und Lebensform ins Visier, die per se als unerwünscht, ja als «gesellschaftsfeindlich» gilt: die als Hausierer, Scherenschleifer, Korbmacher und Gelegenheitsarbeiter umherziehenden Jenischen (deren grösserer Teil sesshaft ist). Alfred Siegfried, vor seiner Tätigkeit bei Pro Juventute als Gymnasiallehrer wegen eines Pädophiliedelikts entlassen, begründet seinen Kampf gegen die «Vagantität» etwa in einem Vortrag von 1943 damit, dass die Fahrenden «eben auf Grund dieser Verwahrlosung einen engen Verband bilden», dass «die asoziale Sippe» sie «zu einer gefährlichen Macht» werden lasse, gegen die mit den üblichen Massnahmen nicht anzukommen sei. Während teilweise schlechtes Erbgut vorliege, sei der «Hang zum Vagieren (. . .) eindeutig anerzogen». Daher müsse man «die Familiengemeinschaft auseinander reissen», den Einfluss der Eltern auf die Kinder möglichst früh ausschalten, auch wenn dies «für den Fürsorger brennende Gewissensfragen mit sich bringt».

Pragmatische Gemeinden

In der Praxis treten Gewissensfragen um das Wohl der einzelnen Menschen hinter dem ideologischen Ziel zurück. Systematisch, geradezu versessen geht Siegfried seiner Mission nach. Er spürt zu seiner Zielgruppe gehörende Familienverbände auf, sammelt Hinweise und Argumente, ersucht dann die jeweilige Gemeinde, einzuschreiten und ihn als Vormund einzusetzen. Gelegentlich wartet er den Entscheid nicht einmal ab. Die zuständigen Kommunen, letztlich die Heimatorte, haben selten die Mittel für professionelle Abklärungen. Sie scheinen allerdings oft einen pragmatischen Umgang mit den Fahrenden gefunden zu haben und greifen nicht wegen «Vagantentums» allein ein.

Das «Hilfswerk» scheitert mit seinen Begehren häufiger, als es Zustimmung erhält. Entscheidend sind für die lokalen Behörden konkrete Missstände – und finanzielle Kriterien. Einer Entlastung des Armenbudgets stehen die Kosten einer Fremdplatzierung gegenüber, an denen sich aber Pro Juventute beteiligt. Weniger tief eingreifende Massnahmen werden meist übersprungen. Vorkehren zur Unterstützung oder Beratung der Familie widersprächen der Theorie des «schädlichen Milieus» diametral.

Siegfried nimmt erhebliche praktische Aufgaben an sich. Eine Reihe von Problemen scheint mit der Fremdplatzierung erst zu beginnen. Pflegefamilien, wie sie dem Fürsorger vorschweben, «einfach, aber tüchtig», sind nicht leicht zu finden. In Heimen (deren Methoden sind ein Thema für sich) stellen sich oft Schwierigkeiten ein; Wechsel sind häufig, so wird zudem der Familie der Kontakt erschwert. Ein erheblicher Aufwand, auch später bei der Stellensuche, und Pedanterie – wie Korrespondenzen um einzelne Auslagen – kennzeichnen Siegfrieds Arbeit ebenso wie eine zwiespältige Haltung: Er geht mit Mündeln in die Ferien, lässt viele aber auch seine Meinung über ihr Herkunftsmilieu spüren. Mit zeitweise mehr als 200 Mandaten ist er ohnehin kaum in der Lage, sich eingehend um alle ihm Anvertrauten zu kümmern.

Keine Selbstzweifel, kaum Kritik

Von 67 «Schützlingen», die bis 1943 volljährig wurden, sind nach einer Übersicht Siegfrieds 12 zu ihrer Sippe zurückgekehrt, 3 interniert, 33 «gefährdet oder unzuverlässig» und 19 der «Vagantität» entfremdet. Der Erfolg ist also nach eigenen Massstäben recht begrenzt. Die konkreten Umstände, aus denen die betroffenen Kinder kommen, lassen sich zwar nachträglich kaum zuverlässig rekonstruieren, da die Informationen in den Akten selektiv sind. Aus heutiger Sicht hat indes gerade der Umerziehungsversuch die persönliche Entwicklung und eine angemessene Sozialisation vielfach zumindest erschwert.

Negative Erfahrungen führen allerdings nicht zur Überprüfung der Methode. Aus der sozialpädagogischen Fachwelt meldet sich kaum Kritik. Die Psychiatrie, die sich oft mit den «Betreuten» zu befassen hat, nimmt keine grundsätzlich andere Sicht ein. Allfällige Rechtsmittel bleiben fast immer erfolglos. Innerhalb von Pro Juventute, die ja gleichzeitig positive Ansätze der Jugendarbeit verfolgt, werden die Konzeption und die Machtkumulation bei Alfred Siegfried offenbar nie infrage gestellt. Nach seinem Rücktritt mit 70 Jahren führt Clara Reust die Arbeit 1960 fort. Die Zahl der Kinder hat schon 1939 ihren Höhepunkt erreicht; in den 1960er Jahren sinkt sie weiter von etwa 70 auf 30.

Auf die «Beobachter»-Artikel des Journalisten Hans Caprez reagiert Pro Juventute lange nur abwehrend, dann stellt sie die umstrittene Tätigkeit im Frühjahr 1973 ein. In der Öffentlichkeit kommt einiges in Bewegung, zumal im Zuge von «1968» Heime, Anstalten und Erziehungsmethoden generell in die Kritik geraten sind. Die Zeit ist reif für eine neue Sicht auf eine gesellschaftlich-kulturelle Minderheit. Ein politischer Vorstoss führt 1983 zu einem Bericht über die Fahrenden in der Schweiz. 1986 entschuldigt sich Bundespräsident Alphons Egli für die Rolle des Bundes. 1988 spricht das Parlament Gelder für eine «Wiedergutmachung» – meist nur einige tausend Franken pro Person. Bestrebungen zur wissenschaftlichen Aufarbeitung «eines der dunkelsten Kapitel der jüngeren Schweizer Geschichte» (Bundesrätin Ruth Dreifuss) verlaufen mühsam. 1998 erscheint dann die vom Eidgenössischen Departement des Innern in Auftrag gegebene Untersuchung von Walter Leimgruber, Thomas Meier und Roger Sablonier. Die neueste, 700 Seiten umfassende Arbeit stammt von Sara Galle («Kindswegnahmen», 2016).

Die Fahrenden und andere Jenische selbst finden ab den 1970er Jahren eine neue Stimme. Es entstehen Organisationen wie die Radgenossenschaft der Landstrasse; man fordert den Einbezug in die Forschung; Lebenszeugnisse werden publiziert; Mariella Mehr, die in rund zwanzig Heimen und Anstalten aufgewachsen ist, gibt dem Erlebten und ihrem Leiden Ausdruck in literarischen Werken, für die sie mehrfach ausgezeichnet wird.

Fahrende gelten gewiss nicht mehr als Gefahr für die Gesellschaft. Ist dies auch eine Folge der gezielten Zurückdrängung des «Vagantentums»? Die Reichweite des «Hilfswerks» wird unterschiedlich eingeschätzt – und nochmals eine andere Frage ist die der «Züge eines kulturellen Genozids» (Rechtshistoriker Lukas Gschwend). Das ändert nichts an der nötigen Kritik. Was die gesellschaftliche Toleranz betrifft, so bleibt eine Tatsache, dass der Mangel an Stand- und Durchgangsplätzen für Fahrende bis heute ein Dauerproblem ist.
(https://www.nzz.ch/schweiz/kinder-der-landstrasse-wie-pro-juventute-familien-zerstoerte-ld.1678586)