Medienspiegel 13. März 2022

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++ZÜRICH
Mario Fehr zur aktuellen Situation mit den Ukraine-Flüchtlingen
Bis zu 60’000 Flüchtlinge aus der Ukraine erwartet der Bundesrat in die Schweiz. Viele davon dürften im Kanton Zürich untergebracht werden. Wie gut ist der Kanton Zürich vorbereitet? Der zuständige Regierungsrat Mario Fehr gibt live im Studio Antworten.  (ab
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/mario-fehr-zur-aktuellen-situation-mit-den-ukraine-fluechtlingen?id=12158946


+++SCHWEIZ
Gute Flüchtlinge – schlechte Flüchtlinge
Die beispiellose Schweizer Solidarität mit Ukraine-Flüchtlingen sorgt auch für Irritationen.
https://magazin.nzz.ch/nzz-am-sonntag/schweiz/ukraine-fluechtlinge-solidaritaet-sorgt-auch-fuer-irritationen-ld.1674304


SEM-Chefin zur Flüchtlingskrise: «Wir schicken niemanden in den Krieg zurück»
Die Schweiz habe im Kosovo-Krieg 50’000 Menschen aufgenommen, sagt Christine Schraner, Staatssekretärin für Migration. Für die aktuelle Krise ist sie deshalb zuversichtlich.
https://www.blick.ch/politik/sem-chefin-zur-fluechtlingskrise-wir-schicken-niemanden-in-den-krieg-zurueck-id17313145.html



derbund.ch 13.03.2022

Chaos mit Ukraine-Flüchtlingen: Ende einer Schweizer Odyssee

Der Familie Simenko wurde von einem Asylzentrum zum anderen geschickt – obschon sie eine private Unterkunft in Aussicht hatte. Die Behörden vereinfachen nun die Verfahren.

Cyrill Pinto, Joseph Khakshouri (Fotos)

Am Dorfrand von Elgg ZH hat die Familie Simenko* ihr vorläufiges Zuhause gefunden. Ihr Nissan Tiida steht vor dem kleinen Häuschen, das ihr eine Schweizer Familie zur Verfügung stellt. Dem Wagen sieht man an, wie lange er schon unterwegs war. Andrei Simenko entschuldigt sich: «Ich müsste ihn mal waschen.» Doch das staubige Auto ist wohl die kleinste Sorge, die Andrei zurzeit hat. Am Mittwoch vor einer Woche traf die Familie nach ihrer Flucht aus der Ukraine in der Schweiz ein – 1700 Kilometer haben Andrei und Irina mit ihren vier Kindern zurückgelegt. Obschon sie eine private Unterkunft in Aussicht hatten, gerieten sie in die Mühlen des Schweizer Asylsystems.

Nach der Ankunft und Anmeldung im Asylzentrum Zürich musste die Familie in eine Unterkunft in Boudry am Neuenburgersee weiterreisen. Lange konnte sie dort nicht bleiben. Schon nach fünf Tagen wurde sie mit einem Passierschein, Zugtickets und einem Fahrplan ausgestattet und nach Giffers FR geschickt. Viermal umsteigen hätte die Familie müssen, am Ende der Reise wäre noch ein «parcours à pied» (Fussmarsch) über 1,3 Kilometer angestanden, wie es auf dem Papier heisst. «Zum Glück haben wir unser Auto», sagt Andrei Simenko. In Giffers unterzog man die Familie zuerst einer Leibesvisitation: an die Wand und Arme hoch. «Wie Kriminelle», sagt Irina, die keine guten Erinnerungen an ihren Aufenthalt in Giffers hat. «Es war eng und schmutzig. Wir mussten uns ein Zimmer mit drei anderen Familien teilen», berichtet sie.

Vom Asylzentrum in ein Häuschen auf dem Land

Über 2100 Geflüchtete sind seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine in der Schweiz eingetroffen. Ein Drittel wurde privat untergebracht, zwei Drittel sind in den Zentren des Bundes, die Platz für rund 9000 Menschen bieten. In absehbarer Zeit werden sie an ihre Kapazitätsgrenze stossen. Denn bereits sind mehr als 2,5 Millionen Menschen aus der Ukraine in die Nachbarländer geflohen, weitere 10 Millionen sind im Landesinneren auf der Flucht. In Wien treffen täglich Züge mit Flüchtlingen ein. Die dortigen Helfer sind am Anschlag, Ukrainer mussten in der Bahnhofshalle übernachten. Deshalb ziehen sie weiter – viele steigen in den nächsten Zug nach Zürich. Hier werden sie von den Behörden in orangen Leuchtwesten in Empfang genommen und weiter zum Asylzentrum gelotst, wo sie registriert werden.

Auch die Familie Simenko meldete sich zuerst in Zürich an, bevor sie ihre Odyssee durch das Schweizer Asylsystem antrat. Dabei hatte sie von Anfang an die Zusage für eine private Unterkunft in Elgg ZH, vermittelt von der Kampagnenorganisation Campax.

Erst nachdem die in der Schweiz wohnhafte Schwester von Irina bei den Behörden interveniert hatte, durfte die Familie das Zentrum verlassen und in das kleine Häuschen am Dorfrand von Elgg ziehen. Draussen spielen die Kinder mit Luftdrachen und Frisbee. Sie geniessen die Ruhe und Sicherheit in der Schweiz.

Während die Behörden in der Schweiz bei Ausbruch des Krieges noch mit 200 bis 2000 Geflüchteten rechneten, geht man inzwischen von 50’000 aus. «Wobei auch diese Zahl wohl noch konservativ gerechnet ist», sagt Andreas Freimüller von der Freiwilligenorganisation Campax. Seit Kriegsbeginn hat Campax Betten für insgesamt 65’000 Flüchtlinge organisiert. Darunter sind Private, aber auch Hotels oder Institutionen, die freie Zimmer oder gar ganze Häuser zur Verfügung stellen. Bisher konnten etwa 50 dieser Campax zur Verfügung gestellten Unterkünfte von Geflüchteten bezogen werden.

Der Bundesrat hat diese Woche für Ukraine-Flüchtlinge erstmals den Schutzstatus S aktiviert. Damit erhalten die Geflüchteten rasch ein Aufenthaltsrecht, ohne dass sie ein ordentliches Asylverfahren durchlaufen müssen. Doch das ist noch nicht bei allen Bundeszentren angekommen. Der Familie Simenko wurde in Giffers ein sogenannter Ausgangsschein ausgestellt. Die Familie darf sich demnach frei in der Schweiz bewegen, müsste sich jedoch am Sonntagabend um 22 Uhr im Zentrum Giffers zurückmelden. Ein Riesenaufwand, der wie eine Schikane erscheint.

Behörden müssen vom Asyl- auf den Schutzstatus umstellen

Beim Bundesamt für Migration in Bern spricht man von einem Fehler. «Vergessen Sie den Ausgangsschein – die Familie muss nicht zurück nach Giffers», sagt SEM-Kommunikationschef Daniel Bach. In den Zentren habe man noch nicht auf die neue Praxis umgestellt.

Die Umstellung ist nicht nur aus humanitärer Sicht, sondern auch aus praktischen Gründen nötig. Ein normales Asylverfahren wäre administrativ für die Behörden nicht zu stemmen. Immerhin: Wer mit dem Zug angekommen ist, wird seit dieser Woche mit Bussen weitertransportiert. Die Geflüchteten müssen nicht mehr per ÖV in die anderen Bundeszentren reisen.

Nicht nur beim SEM, auch bei Campax arbeitet man derzeit mit Hochdruck daran, die Prozesse zu vereinfachen. Gastgeber, die Flüchtlinge aufnehmen wollen, werden neu per SMS kontaktiert und müssen nicht mehr mühsam abtelefoniert werden. Sieben bis acht Leute arbeiten zurzeit an der Weiterentwicklung der Campax-Software, die auch den Behörden des SEM dabei helfen soll, die Unterbringung zu koordinieren.
(https://www.derbund.ch/ende-einer-schweizer-odyssee-357996836019)



SEM will nachbessern: Online-Anmeldung für Flüchtlinge sind geplant
Die ukrainischen Flüchtlinge müssen teilweise stundenlang vor den Bundesasylzentren warten. Damit die Registrierung schneller geht, will das Staatssekretariat für Migration (SEM) nun auch auf Digitalisierung setzen. Eine Online-Anmeldung soll nun eingerichtet werden.
https://www.swissinfo.ch/ger/sem-will-nachbessern–online-anmeldung-fuer-fluechtlinge-sind-geplant/47428228
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/sem-will-nachbessern-online-anmeldung-fur-fluchtlinge-geplant-66130151
-> https://www.toponline.ch/news/schweiz/detail/news/sem-will-nachbessern-online-anmeldung-fuer-fluechtlinge-sind-geplant-1-00178051/


Staatssekretariat meldet: Bereits mehr als 3000 Ukraine-Flüchtlinge
Grosser Andrang in den Bundesasylzentren. Ukrainerinnen und Ukraine lassen sich beim Bund registrieren, um den S-Status zu erhalten.
https://www.blick.ch/politik/staatssekretariat-meldet-bereits-mehr-als-3000-ukraine-fluechtlinge-id17313950.html
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/fluechtende-aus-der-ukraine-beschaeftigen-bundesasylzentren?urn=urn:srf:video:84e1eb78-1fde-4df2-b8a3-a43aed09fd4d
-> https://tv.telezueri.ch/zuerinews/das-staats-sekretariat-fuer-migration-registriert-ueber-3000-fluechtlinge-aus-der-ukraine-145794705
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/das-staatssekretariat-fuer-migration-registriert-bereits-ueber-3000-fluechtlinge-aus-der-ukraine-145795049


Ansturm von ukrainischen Flüchtlingen – Asylzentren suchen dringend Personal
Ukrainische Flüchtlinge strömen zu Tausenden in die Schweiz: Aus Zivilschutzeinrichtungen entstehen Asylunterkünfte, Betreiberfirmen suchen jetzt händeringend neue Mitarbeiter.
https://www.20min.ch/story/ansturm-von-ukrainischen-fluechtlingen-asylzentren-suchen-dringend-personal-518954106849


Bundesasylzentren hadern mit der Registrierung der Neuankömmlinge
Die Bundesasylzentren sind damit überfordert, ukrainischen Geflüchteten den neuen Schutzstatus zu vergeben. Die Warteschlangen sind lang.
https://www.luzernerzeitung.ch/schweiz/ukraine-krieg-bundesasylzentren-hadern-mit-der-registrierung-der-neuankoemmlinge-ld.2262387



derbund.ch 13.03.2022

Neuer Schutzstatus SHunderte Flüchtlinge haben dieses Wochenende den Schutzstatus S beantragt

Allein am Samstag liessen sich über 600 Ukrainerinnen und Ukrainer als Flüchtlinge in der Schweiz registrieren. Hilfsorganisationen lancieren ein Gastfamilienprojekt.

Philipp Loser

Der Krieg findet in 2000 Kilometern Entfernung statt, nah und doch weit weg. Er findet auf unseren Smartphones statt, in grausigen Bildern und Videos, auf schwer verständlichen Grafiken, die mit roten Pfeilen übersät sind. Frontverläufe, humanitäre Korridore, Fluchtbewegungen, gezeichnete Explosionen.

Dass all das real ist, dieser Krieg mitten in Europa, dass diese Invasion physisch stattfindet und nicht nur virtuell auf unseren Bildschirmen, sieht man an diesem sonnigen Sonntagnachmittag an einer der grossen Zürcher Ausfallstrassen, vor und im Bundesasylzentrum im Kreis 5. Schon während Stunden warten hier Menschen vor dem Zentrum, ruhig stehen sie an, sie haben Koffer dabei, Rucksäcke und Plastiktaschen. Kinder turnen auf dem benachbarten Spielplatz herum, Sicherheitsleute (es hat viele Sicherheitsleute) verteilen Wasser und Kaffee.

Die Menschen aus der Ukraine, die meisten sind Frauen und Kinder, warten vor einem weissen Festzelt. Einmal im Zelt drinnen, müssen sie ihre Personalien angeben, ein Formular ausfüllen, später geben sie ihre Fingerabdrücke ab, bekommen rechtliche Hilfe, ein Angebot für eine private Unterkunft (falls sie eine brauchen) – und dann sind sie offiziell registriert.

Über 3000 Flüchtlinge

Mit rund 1000 Flüchtlingen pro Woche hat das Staatssekretariat für Migration gerechnet, nun waren es allein an diesem Samstag über 600. Insgesamt (Stand Sonntagmittag) sind nun 3126 geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer in der Schweiz als Flüchtlinge registriert, von ihnen kommt rund ein Drittel bei Freunden, Verwandten oder sonst privat unter.

Es ist eine neue Situation für die Behörden. Am Freitag, als der Bundesrat den neuen Schutzstatus S aktivierte, sagte Justizministerin Karin Keller-Sutter, man müsse pragmatisch und flexibel sein. «Es wird nicht alles auf Anhieb perfekt sein.»

Was das konkret bedeutet, sieht man im Zürcher Bundesasylzentrum. «Es tut uns leid, wenn die Geflüchteten zu lange vor der Registrierung warten müssen», sagte Christine Schraner Burgener, die Staatssekretärin für Migration, an einem Medienanlass vom Sonntagnachmittag. Gleichzeitig versprach sie, die Abläufe, so gut es irgendwie geht, zu verbessern. Fliehende aus der Ukraine sehen auf der Website des Staatssekretariats für Migration (SEM), welche Asylzentren im Moment wie stark belastet sind. Auf sozialen Medien ruft das SEM auf, dass jene Flüchtlinge, die schon ein Dach über dem Kopf haben, noch mit der Registrierung zuwarten sollen. Ausserdem ist ein Onlinesystem in Planung.

Für die Registrierung mit dem Schutzstatus S haben geflohene Ukrainerinnen und Ukrainer 90 Tage Zeit – so lange dürfen sie auch ohne Visum in der Schweiz sein. Es sei logisch, dass sich viele Flüchtlinge möglichst schnell registrieren wollten, sagte die Staatssekretärin, weil sie damit auch Zugang zu Sozialleistungen erhielten. «Aber wir werden hier jeweils pragmatische Lösungen finden.» Man schaue Tag für Tag.

45’000 private Schlafplätze

Mit der Aktivierung des Schutzstatus S hat auch das grosse Gastfamilienprogramm der Schweizer Flüchtlingshilfe (unterstützt von zahlreichen anderen Hilfsorganisationen) begonnen. Insgesamt konnten schon 175 Geflüchtete an private Familien vermittelt werden. Das sei nur der Anfang, sagte Miriam Behrens, die Direktorin der Flüchtlingshilfe. Die Flüchtlingshilfe und die Freiwilligenorganisation Campax haben die Datenbanken zusammengelegt und kommen jetzt auf rund 45’000 private Schlafplätze, die aktuell zur Verfügung stehen, dazu weitere 5000 in Hotels, ungenutzten Herbergen oder Pfadiheimen. Das ist sehr viel – gleichzeitig soll jeder einzelne Fall abgeklärt werden. «Es braucht jetzt etwas Geduld», sagte Behrens, «wir wollen keine Fehler machen.»

Die Geflüchteten sollen an einen guten Ort kommen – und gleichzeitig sollen sie für die Gastfamilien auch tragbar sein. «Wir wissen, wo die Flüchtlinge hinkommen», sagte Behrens und wies darauf hin, dass die Vermittlung von privaten Schlafplätzen in der Schweiz ausschliesslich in den Bundesasylzentren stattfindet – und damit dubiose Angebote, wo Geflüchtete unter Umständen ausgenützt werden könnten, ausgeschlossen werden.

Behrens drückte ihre Freude über die Solidarität vieler Schweizerinnen und Schweizer aus. Wer privat Flüchtlinge aufnimmt, der verpflichtet sich für länger. Die Mindestdauer bei einer Anmeldung für das Gastfamilienprogramm beträgt drei Monate. Behrens: «Unsere Erfahrung zeigt, dass der Kontakt meist länger besteht, wenn sich die Familie und die Flüchtlinge erst einmal kennen gelernt haben.»



Das ist der Schutzstatus S

Der Schutzstatus S bedeutet für die Flüchtlinge aus der Ukraine, dass sie ohne Asylverfahren vorerst ein Jahr in der Schweiz bleiben, arbeiten und zur Schule gehen können. Die Aktivierung des Staus hatte der Bundesrat am Freitag beschlossen und auf Samstag in Kraft gesetzt. Ab der Registrierung sind die Geflüchteten krankenversichert. Registrierung und Sicherheitsprüfung dauern bis zu drei Tage. Danach werden die schutzsuchenden Personen einem Kanton zugewiesen. (red)
(https://www.derbund.ch/hunderte-fluechtlinge-haben-dieses-wochenende-den-schutzstatus-s-beantragt-588203202087)


+++MITTELMEER
Rettungsschiff «Sea-Eye 4» startet nach Wertpause in den nächsten Einsatz
Nach einer mehrmonatigen Pause ist das Rettungsschiff «Sea-Eye 4» auf dem Mittelmeer. Hilfsorganisationen machen auf das Leid von Flüchtlingen aufmerksam.
https://www.nau.ch/news/europa/rettungsschiff-sea-eye-4-startet-nach-wertpause-in-den-nachsten-einsatz-66130092


Alarmphone-Aktivistin Khady Sabaly: Sie rettet Leben
Khady Sabaly, eine junge Senegalesin, hilft in Marokko Migranten auf dem Meer, wenn sie in Seenot geraten
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/khady-sabaly-sie-rettet-menschen-auf-dem-mittelmeer-das-leben


+++GASSE
Drogen in der Idylle – «Suot tschêl blau»: Als im Engadin Heroin kursierte
In einem Engadiner Dorf entdeckten rebellische Jugendliche in den 1980er-Jahren harte Drogen – ein Trend, der Todesopfer forderte. Der Dokumentarfilm «Suot tschêl blau» sucht nach Spuren und Gründen.
https://www.srf.ch/kultur/film-serien/wochenende-film/drogen-in-der-idylle-suot-tschel-blau-als-im-engadin-heroin-kursierte


+++RASSISMUS
«Blaue Augen, blonde Haare» – Wie Putins Angriffskrieg in der Ukraine rassistische Denkmuster offenlegt
Die öffentlichen Debatten über den Krieg in der Ukraine offenbaren in schmerzhafter Deutlichkeit, wo die Dominanzgesellschaft die Linie zieht: An welche Kriege sie sich erinnert und welche sie kalt lässt; welche Geflüchtete sie rettet und welche sie abwehren will.
Das Diasboah-Team diskutiert über den Krieg in der Ukraine, über Solidarität und Mitleid mit Geflüchteten, und wie die öffentlichen Debatten von rassistischen und patriarchalen Denkmustern geprägt sind.
https://diasboah.podigee.io/4-blaue-augen-blonde-haare-krieg-und-rassismus


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Corona-Demos: “Gibt gar keinen Virus” – Der ganz normale Querdenker-Wahnsinn
Seit Beginn der Pandemie demonstrieren „Querdenker“ auf Deutschlands Straßen. Dieser Film gibt Einblick in das oftmals bizarre Eigenleben der Corona-Proteste. Dieser Film entstand zwischen April und Juni 2021. Die Inhalte beziehen sich auf diesen Zeitraum.
https://www.youtube.com/watch?v=7f0y_X8OU88



Sonntagszeitung 13.03.2022

Propaganda in den sozialen Medien: Aus Corona-Skeptikern werden Putin-Versteher

Der Kampf der Schweizer Massnahmengegner hat sich verlagert. Statt wie bisher über das Virus, verbreiten einige jetzt Verschwörungstheorien über den Krieg in der Ukraine.

Lucie Monnat

Noch vor Tagen wetterten sie gegen Corona-Massnahmen. Nun haben sie auf Putins Krieg in der Ukraine umgeschwenkt: Verschwörungstheoretiker haben in ihren Onlinekanälen ein neues Lieblingsthema gefunden. Auf «CoronaFrei», «Shipi», «kla.tv» oder «AgoraTV» sind nun statt rot durchgestrichene Masken und Spritzen massenhaft russische Panzer oder Putin-Porträts zu sehen.

«Russische Truppen feiern mit den Ukrainern, die die russische Armee als Friedenssoldaten begrüssen», heisst es beispielsweise unter einem Video, das am Tag des Einmarschs der Russen in der Ukraine in der Zürcher Gruppe «CoronaFreiZH» geteilt wurde. Darin sind Soldaten zu sehen, die mit Zivilisten tanzen, wobei weder Ort noch Datum erkennbar sind.

Diktatur herrsche im Westen, nicht in Russland

Zahlreiche Impfskeptiker haben sich seit Kriegsausbruch in vermeintliche Experten für die politische Lage Osteuropas und in glühende Putin-Fans verwandelt. Diese «alternative Szene», wie sie sich selbst gerne nennt, folgt oft Punkt für Punkt der Argumentation des russischen Präsidenten. So ist in ihren Kanälen etwa von der «Nazi-Regierung» Wolodimir Selenskis zu lesen, die gestürzt werden müsse. Oder dem angeblichen «Völkermord im Donbass», begangen von Ukrainern an der russischen Minderheit.

Immer wieder wird der Link zur Corona-Pandemie gemacht: «Hier in Russland sind die Menschen frei, es ist definitiv keine Diktatur», verkündet der Putin-freundliche Influencer «Wadim», dem auf Tiktok mehr als 66’000 Abonnenten folgen. In einem Video, das auf dem Telegram-Kanal «Shipi» von Deutschschweizer Corona-Skeptikern geteilt wurde, verspottet er die Kritiker des russischen Präsidenten. «Bei euch entscheidet die Regierung, wer Zugang zu bestimmten Orten hat, indem sie 2-G und 3-G einführt. Es liegt an euch, zu beurteilen, wo sich die Diktatur wirklich befindet.»

Auch die Freiheitstrychler, die bei vielen Demonstrationen gegen Corona-Massnahmen an vorderster Front mitliefen, zeigen sich teils als Putin-Versteher. Auf ihrem Telegram-Kanal schrieben sie am 27. Februar, drei Tage nach dem Einmarsch der russischen Truppen in der Ukraine: «Man darf und soll sich fragen, weshalb man seitens der Nato vor 2-3 Wochen damit begonnen hat, die beiden Republiken Luhansk und Donezk zu beschiessen und warum polnische Söldner aufseiten der ukrainischen Armee daran beteiligt waren.»

Die Freiheitstrychler sind allerdings nicht mit demselben Engagement für Putin auf den sozialen Medien unterwegs wie andere Massnahmengegner. Sie veröffentlichten dazu bisher lediglich zwei Posts.

Schuld seien die Nato, die USA, Deutschland

Auf dem Westschweizer Kanal «Actions Suisse» verweisen die Nutzer auf «die Globalisten» als die wahren Verantwortlichen und Profiteure des Kriegs in der Ukraine. Damit sind die Führer der «Neuen Weltordnung» gemeint, dem Projekt einer weltweiten Diktatur, die sich hinter angeblich demokratischen Institutionen verstecken soll.

Corona-Skeptiker beschuldigen die Nato sowie die Regierungen der USA, Deutschlands oder Frankreichs als Drahtzieher der «neuen Weltordnung». «Wir sprechen hier von der Diktatur der Neuen Weltordnung und ihrer zukünftigen einzigen Weltregierung, die von der WHO/UNO-Elite angeführt wird», schreibt ein Nutzer, der sich «Raphapal» nennt, auf dem Telegram-Account «CoronaFreiZH». «Diejenigen, die Putin unterstützen, stellen sich gegen die globale Diktatur der Neuen Weltordnung, deren globale Armee die Nato ist.»

Wie schon in der Corona-Pandemie hetzen die Nutzer der einschlägigen Kanäle auch jetzt gegen die «Mainstream-Medien», die Lügen verbreiteten und die Realität verzerrten. Dazu verdrehen einige User selber die Fakten und streuen Fake News.

Etwa zum bekannten Foto der Frau mit blutverschmiertem Gesicht, die laut Bildlegende in der ukrainischen Stadt Charkiw von Bombensplittern verletzt worden ist: In den letzten Tagen tauchten wiederholt Berichte auf, zum Beispiel auf CoronaFreiZH, wonach das Bild gar nicht aktuell sei, sondern von einer Gasexplosion aus dem Jahr 2018 stamme.

Das Recherchedesk von Tamedia hat die Authentizität des Fotos mithilfe eines Programms überprüft, mit dem man feststellen kann, wann eine Aufnahme auf Google erstmals erschien. Tatsächlich wurde das Bild am 24. Februar 2022 erstmals veröffentlicht – dem Tag des Bombardements von Charkiw.



Bezüglich Putin sind Rechtsextreme gespalten

Seit Beginn der Pandemie mischten sich Mitglieder der Neonazi-Gruppierungen Junge Tat, Hammerskins oder Blood & Honour bei Protesten gegen Corona-Massnahmen unter die Demonstranten.  Doch in der Frage des Ukraine-Konflikts sind die Neonazis gespalten.

«Wir sagen nicht, dass Europa und die USA unschuldig an der aktuellen Situation sind. Aber es ist auch eine Tatsache, dass die Russen den Krieg wollen, um Europa zu destabilisieren und grosse Gebiete im Osten zu erobern», analysiert die Gruppe Junge Tat auf ihrem Instagram-Account. Die Neonazi-Gruppe Combat 18 wiederum ruft dazu auf, zu den Waffen zu greifen, um «Europa zu verteidigen».

Für Ignaz Bearth, den ehemaligen PNOS-Vorsitzenden, handelt Russland hingegen in Notwehr. Er prangert eine «antirussische Desinformationskampagne» im Westen an. Und der in Lausanne lebende rechtsextreme Essayist Alain Soral bezeichnete die russische Aktion als «Gegenangriff».
(https://www.tagesanzeiger.ch/aus-corona-skeptikern-werden-putin-versteher-551732532267)



Kreml vs. Info (2/2)
Die russische Regierung verbreitet seit dem Euromaidan 2013 Desinformation über das Geschehen in der Ukraine. Eine Analyse der staatlichen Berichterstattung zeigt: Ab Juli 2021 eskaliert die Rhetorik des Kremls zunehmend.
https://daslamm.ch/kreml-vs-info-2-2/


Im Strahlenmeer – wo liegen die Ursprünge der 5G-Skepsis?
Bedenken gegenüber elektromagnetischen Wellen sind heute verbreitet. Aktuelle Triggerworte sind 5G, WLAN, Strahlengrenzwerte und Elektrosmog. Doch wo liegen die Ursprünge dieser Skepsis – wie weit reichen diese Bedenken zurück? Eine Spurensuche ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
https://www.watson.ch/!154699132


Die Ukraine, Putin und die Rhetorik des Krieges
Putins Vorwand, die Ukraine zu „entnazifizieren“, baut auf der Rhetorik auf, den Gegner als „Faschisten“ zu bezeichnen. Hinter ihr verbirgt sich eine Geschichte, die bis in den Zweiten Weltkrieg zurückreicht und die die heute so unterschiedlichen Erinnerungskulturen der Ukraine und Russlands prägt.
https://geschichtedergegenwart.ch/die-ukraine-putin-und-die-rhetorik-des-krieges/


+++HISTORY
Schule der Vernichtung
Impulsgeber: Klaus Gietingers und Norbert Kozickis Nachschlagewerk zum Verhältnis von Freikorps und Faschismus
https://www.jungewelt.de/artikel/422560.geschichte-des-deutschen-faschismus-schule-der-vernichtung.html