Medienspiegel 8. Februar 2022

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++BERN
Hungerstreik vor dem SEM in eisiger Kälte
Nazary und Shekib, die seit mehr als 6 Jahren in der Schweiz leben und deren Asylgesuche abgelehnt wurden, machen seit Mittwoch, den 1. Februar 2022 einen Hungerstreik vor dem SEM. Nazary und Shekib haben eine Bewilligung bis am 10. Februar ihren Hungerstreik vor dem SEM durchzuführen. Sie fordern endlich ein Bleiberecht. Dies nicht nur wegen der prekären und rechtlosen Lage in der Schweiz, in der sie seit Jahren stecken, sondern damit sie einen Familiennachzug organisieren können. Ein Ding der Unmöglichkeit ohne legalisierten Status in der Schweiz. Aktuell fordern sie zudem ein humanitäres Visum für ihre Familienangehörigen aus Afghanistan.
https://migrant-solidarity-network.ch/2022/02/07/hungerstreik-vor-dem-sem-in-eisiger-kaelte/
-> https://www.derbund.ch/afghanische-gefluechtete-seit-einer-woche-im-hungerstreik-442411642228


Ferienlager in Achseten: Neues Lagerprojekt für Asylsuchende
Bei den Ferienlagern des Blauen Kreuzes Bern-Solothurn-Freiburg kommen Kinder und Jugendliche mit unterschiedlichsten Hintergründen in Achseten zusammen.
https://www.bernerzeitung.ch/neues-lagerprojekt-fuer-asylsuchende-478581688553


+++BASEL
Ehemalige Sans-Papiers in Basel zu Geldstrafe verurteilt
Das Basler Appellationsgericht hat eine ehemalige Sans-Papiers wegen illegalen Aufenthalts in der Schweiz und Schwarzarbeit zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt. Das Gericht musste die ursprünglich ausgesetzte Strafe aufgrund eines Bundesgerichtsentscheids neu beurteilen.
https://www.watson.ch/schweiz/647525496-ehemalige-sans-papiers-in-basel-zu-geldstrafe-verurteilt
-> https://www.bazonline.ch/bestrafung-einer-basler-sans-papiers-117062342271
-> https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/appellationsgericht-nach-rueffel-vom-bundesgericht-symbolische-strafe-fuer-sans-papiers-in-basel-ld.2248031
-> https://telebasel.ch/2022/02/08/bestrafung-einer-sans-papiers-wegen-bundesgerichtsentscheid/?channel=105100


+++ZÜRICH
Nach verpasster Rekursfrist: AL, SP und Grüne wollen Basishilfe im Gemeinderat neu aufgleisen – FDP warnt vor rechtlichen Konsequenzen
Dass die Stadt Zürich die Rekursfrist bei der Basishilfe, einer Art Spezial-Sozialhilfe für Ausländerinnen und Ausländer, verpasst hat, stösst auf Unverständnis. Für die links-grüne Mehrheit im Gemeinderat ist das Projekt allerdings noch lange nicht gestorben.
https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/zuerich/zuerich-ld.2247604



nzz.ch 08.02.2022

«Jemand ist widerrechtlich bereichert, jemand entreichert worden»: Nach dem peinlichen Lapsus um die Zürcher Basishilfe kommt die Frage nach finanziellen Rückforderungen auf

Zahlungen ohne Gesetzesgrundlage: Eigentlich müsste der Zürcher Stadtrat das Geld zurückfordern, das er an Sans-Papiers und weitere Bezüger ausbezahlt habe, finden bürgerliche Politiker.

Michael von Ledebur

Vier Tage ist es her, dass eine der grössten Peinlichkeiten der jüngeren Zürcher Stadtgeschichte öffentlich geworden ist. Die sogenannte wirtschaftliche Basishilfe ist an einer verpassten Einsprachefrist gescheitert. Sie war ein Prestigeprojekt des rot-grün dominierten Stadtrats, der eine Art parallele Sozialhilfe für Ausländer aufgezogen hatte – in Protesthaltung zur Bundespolitik.

Ausgerechnet in diesem wichtigen Geschäft also scheitert der Stadtrat knapp eine Woche vor den Wahlen an der Unzulänglichkeit der Stadtkanzlei. Die hat es verschlafen, einen Brief abzuschicken. Das Couvert enthielt die Einsprache gegen einen Entscheid des Bezirksrats – dieser hatte der Stadt Anfang Dezember nach rund vier Monaten Laufzeit verboten, die Basishilfe auszuzahlen, weil sie kantonalen und eidgenössischen Vorgaben klar widerspreche.

Der Entscheid des Bezirksrats gilt, die Basishilfe ist gesetzeswidrig. Eine Ausgabe von insgesamt rund 160 000 Franken wurde widerrechtlich getätigt. Das Geld ging an Sans-Papiers und Ausländer, die keine Sozialhilfe beziehen wollen, weil sie negative Folgen für ihren Aufenthaltsstatus fürchten. Ist dies einfach unschön – oder zieht es rechtliche Konsequenzen nach sich?

«Nichts zu holen»

Der Kantonsrat Claudio Schmid (SVP) hat am Montag dazu eine Anfrage an den Regierungsrat gestellt. Er möchte von der Kantonsregierung wissen, ob es sich um eine strafrechtlich relevante Form der Begünstigung handelt. «Jemand ist widerrechtlich bereichert, jemand entreichert worden», schreibt er. Eigentlich müsste man aufgrund dieser ungerechtfertigten Bereicherung das Geld zurückfordern – bloss sei dies kaum zielführend, weil es beim Adressatenkreis der Basishilfe «nichts zu holen» gebe.

Der freisinnige Stadtzürcher Gemeinderat Alexander Brunner hat die Beschwerde an den Bezirksrat formuliert. Soll die Stadt die widerrechtlich ausbezahlten Gelder wirklich zurückfordern? Theoretisch wäre er dazu angehalten, sagt Brunner, aber in Realität würde dies wohl schwierig werden. «Doch der Stadtrat wird nicht darum herumkommen, sich mit dieser Frage zu beschäftigen.» Er werde genau ausweisen müssen, welche Gelder an wen ausbezahlt wurden. Die Rechnungsprüfungskommission werde sich damit ebenfalls befassen, meint Brunner überzeugt. Deren Präsident Felix Moser (Grüne) wollte sich dazu am Montag nicht äussern, weil die Kommission noch nicht getagt habe.

Die rechtliche Bredouille, in der sich der Stadtrat befinde, sei das Resultat schlampiger Arbeit, findet Alexander Brunner. Der Sozialvorsteher Raphael Golta (SP) hätte den Sachverhalt korrekt abklären und ins Stadtparlament bringen sollen. Brunner fordert eine Untersuchung: Für die Zukunft müsse klar sein, dass der Stadtrat in der Sozialhilfe keine Pilotprojekte auf rechtlich unklarer Grundlage starte. «Der gewählte Weg war riskant. Ich habe die Organisationen, die das Geld verteilten, darauf schon früh hingewiesen.»

«Sollten wir Gelder zurückzahlen müssen, wäre dies absurd»

Beatrice Bänninger ist Geschäftsführerin von Solidara Zürich, einer der vier Organisationen, die im Auftrag der Stadt die Basishilfe ausgerichtet haben. Sie sagt: «Die Organisationen haben aus dem Nichts einen Prozess auf die Beine gestellt, damit diese Gelder unter klaren Richtlinien ausbezahlt werden. Wir haben nach bestem Wissen und Gewissen gearbeitet. Niemand wurde ungerechtfertigt bereichert. Sollten wir Gelder zurückzahlen müssen, wäre dies absurd.»

Sollte die Basishilfe wirklich auslaufen, sei dies für die Betroffenen schwierig, weil derzeit gleichzeitig der Corona-Erwerbsersatz strenger gehandhabt werde, sagt Bänninger. Noch läuft das Programm: Nachdem der Bezirksrat der Stadt die Auszahlung im Dezember verboten hatte, sprang die reformierte Kirchgemeinde Zürich in die Bresche. Die Kirchenpflege sprach einen Betrag von 100 000 Franken – so viel darf sie in eigener Kompetenz ausgeben. Ob sie die Basishilfe weiterführt, wird die Kirchenpflege diese Woche entscheiden.

Das Sozialdepartement schreibt, die Rechtsgrundlage für die Zahlungen sei ein Stadtratsbeschluss, für Rückforderung sehe man keine Veranlassung. Dass die Stadt Zürich wirklich Geld von klammen Klienten oder gemeinnützigen Organisationen zurückfordert, ist denn auch unrealistisch. Die Bürgerlichen erheben die entsprechende Forderung auch gar nicht explizit – es geht ihnen eher darum, den rechtlich fragwürdigen Weg des Stadtrats aufzuzeigen.

Der Zürcher Staatsrechtsprofessor Felix Uhlmann gäbe Rückforderungen in einem derartigen Fall wenig Chancen. Wer in gutem Glauben Geld vom Staat erhalten und dieses verwendet habe, müsse in der Regel nichts zurückzahlen, auch wenn es sich um eine unrechtmässige Subvention handle. Die Steuerzahler müssten damit leben, dass eine solche Ausgabe getätigt worden sei.

Da es sich um einen Stadtratsentscheid handelte, dürfte auch eine persönliche Haftung, zum Beispiel des Stadtrats Golta, kein Thema sein. Die diesbezüglichen Hürden seien hoch, sagt Uhlmann, und dies sei ja auch sinnvoll, um den Schutz von Amtsträgern zu gewährleisten. «Die Kehrseite ist, dass es relativ wenig Sanktionen nach sich zieht, wenn eine Behörde Zahlungen ohne gesetzliche Grundlage tätigt.»

Neuauflage liegt bereit

Und tatsächlich zeichnet sich ab, dass sich die Saga um die Basishilfe eins zu eins wiederholen könnte. Die SP möchte so schnell wie möglich einen Vorstoss im Parlament einreichen, um die Basishilfe wieder zu ermöglichen. Ein erster Entwurf liege bereits vor, sagt SP-Co-Präsident Oliver Heimgartner. Vielleicht reiche es noch, ihn am Mittwoch einzureichen.

Der Vorstoss orientiere sich inhaltlich stark an der Ursprungsidee. Denn diese widerspreche dem übergeordneten Recht nicht, so Heimgartner. «Die Bundesverfassung garantiert das Recht auf Hilfe in Notlagen. Es kann ja nicht im Sinne des Gesetzgebers sein, dass Menschen stundenlang für Nahrungsmittel anstehen müssen.»

Die SP stellt sich somit auf den Standpunkt, es handle sich beim Bezirksratsbeschluss lediglich um ein erstinstanzliches Urteil, das man leider nicht vertieft habe prüfen können. Ein Schelm, wer sich da die Frage stellt, ob der Lapsus in der Stadtkanzlei für die rot-grünen Parteien wirklich ein so grosses Unglück war. Oder ob er ihnen nicht die Legitimation für eine zweite Auflage verschafft hat.
(https://www.nzz.ch/zuerich/zuerich-basishilfe-und-die-frage-nach-finanzieller-rueckforderung-ld.1668581)


+++EUROPA
Neue Abteilung bei Frontex: Deutscher Polizeidirektor wird EU-Abschiebechef
Seit 2016 erhielt die EU-Grenzagentur beträchtlich mehr Macht. Für die derzeit errichtete bewaffnete Grenztruppe, ein Abschiebungszentrum und eine Vorratsdatenspeicherung, ist nun jeweils ein neuer Leitungsposten verantwortlich.
https://www.migazin.de/2022/02/08/neue-abteilung-frontex-deutscher-polizeidirektor/


Macht ohne Grenzen
Veränderte Kommandostruktur bei EU-Abschottungsbehörde Frontex: »Dienstleister« für Abschiebungen
https://www.jungewelt.de/artikel/420222.grenzregime-macht-ohne-grenzen.html


+++GASSE
…und wer kein Obdach hat?
Winterserie «So wohnt Bern» – Wohnen ist ein Menschenrecht, das man allerdings nirgends einfordern kann. Doch es gibt Angebote für Obdachlose. In Bern unter anderem das Passantenheim und den Sleeper.
https://journal-b.ch/artikel/und-wer-kein-obdach-hat/



bernerzeitung.ch 08.02.2022

Ausbildung für frühere Süchtige: Im Quartierladen auf die gerade Bahn

Der Lorraineladen hat sich vom Weltladen zum hippen Einkaufsort entwickelt. Und zu einem Ort, der ehemaligen Drogenabhängigen eine neue Perspektive ermöglicht.

Claudia Salzmann

Montag ist «Käsetag». Dabei mag Benji gar keinen Käse. Trotzdem nimmt er jeden einzelnen der 50 Sorten aus dem Kühler, schneidet sie neu an und verpackt portionsweise neu. So startet die Woche des Lernenden. Er hat eine der zwei Lehrstellen im Lorraineladen (Lola), die zweite hat Ernesto. Beide haben eines gemeinsam: Sie haben «ungewöhnliche Lebensläufe», wie es ihr Arbeitgeber nennt. Das ist auch der Grund, warum sie ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchten.

Beide sind mit dieser Anstellung in einem Arbeitsprogramm der Stiftung Contact, die auch den Laden in der Lorraine betreibt. Insgesamt 30 Personen sind im Lola in der Lorraine und der zweiten Filiale im Mattenhof sowie im stiftungseigenen «Take a way» im Monbijou tätig. Dieses Jahr feiert die Stiftung das 25. Lola-Jubiläum. Das freut Contact-Geschäftsleiterin Rahel Gall: «Aus einem kleinen, schummrigen Lokal hat sich ein beliebter Quartierladen entwickelt.» Stolz sei man auch, weil dieser selbstfinanziert und ohne staatliche Unterstützung funktioniere.

Vor einem Vierteljahrhundert übernahm die Stiftung den Lola, der damals noch an einem kleineren Standort an derselben Strasse beheimatet war. Am neuen Standort, den sie 2014 eröffnete, gibt es dreimal so viel Platz. Seither arbeitet Regula Maurer dort, sie kümmert sich um alles, auch um die Lernenden.

Benji erzählt ihr gerade, dass es in der Schule sehr gut laufe. «Ich bin so stolz», sagt Regula Maurer darauf. Sie fragt nicht nach der Vergangenheit, so könne sie ihnen unvoreingenommen begegnen. Die 61-Jährige weiss, wie es ist, mit wenig Geld zu leben. Vor dem Lola-Job war sie in der Gastronomie tätig. «Was mich glücklich macht, ist der Umgang mit Menschen», sagt sie. Menschen wie Benji und Ernesto, aber auch die Lola-Kundschaft.

Wenige zurück auf die schiefe Bahn

Viele der Kunden wissen nicht, dass das Lola ehemaligen Drogenabhängigen auf die richtige Bahn hilft. Das Projekt scheint zu funktionieren: «Ich kann mich an keinen Lernenden erinnern, der durch die Abschlussprüfung durchgefallen ist», sagt Regula Maurer. Doch neben vielen Erfolgsgeschichten weiss sie auch von zwei Personen, die nach dem Verlassen des geschützten Rahmens wieder auf die schiefe Bahn geraten seien.

Dass viele die Anlehre oder die Lehre als Detailhandelsfachkraft schaffen, hängt damit zusammen, dass alle zuerst ein Praktikum im Lola absolvieren. «So kennen wir sie schon und können besser entscheiden, ob das funktionieren wird.» Manchmal braucht Maurer Geduld, denn die im Dienstplan eingetragenen Personen würden nicht immer alle erscheinen. «Ich rufe an und melde mich auf allen Kanälen, denn wir pochen auf Abmeldung und Pünktlichkeit.» Trotzdem drücken die Lola-Betreuerinnen öfter ein Auge zu, als dies bei anderen Lehrbetreuern der Fall wäre.

Teilhaben an der Gesellschaft

«Im Lola wird wichtige Arbeit geleistet, weil die Leute so in unsere Gesellschaft eingebettet werden», sagt Flo Eichenberger von Equipe Volo. Seine Stiftung bietet im ganzen Kanton Arbeitsangebote für Sozialhilfeempfänger und RAV-Bezüger. An 15 Standorten arbeiten jährlich rund 3000 Klientinnen und Klienten. «Eine sinnvolle Arbeit ist das Allerwichtigste. Niemand will am Rand der Gesellschaft sein, alle wollen ein Teil davon sein», sagt Eichenberger.

Dem pflichtet auch Regula Maurer vom Lola bei. «An der Arbeitswelt teilzunehmen, ist für unsere Klientel extrem wichtig. Ist jemand nicht so gut zwäg, wird er im Hintergrund eingeteilt.» Wenn jemand lieber ruhig Gestelle einräumt, sei das auch in Ordnung.

Beide Seiten gewinnen

Trotz des Lobes für solche Bemühungen gibt es auch immer wieder kritische Stimmen. So hört beispielsweise Jonas Staub vom Blindspot immer wieder den Vorwurf, dass die günstigen Arbeitnehmenden ausgenutzt würden und Firmen ihre Renditen aufbesserten. Er setzt in seinen zwei Restaurants auf Inklusion, sprich, es arbeiten Angestellte mit und ohne Beeinträchtigung miteinander. Er nütze niemanden aus, es sei eine Win-Win-Situation für alle. «Sie haben eine spannende Arbeit und wir tolle Arbeitnehmende.»

Wenn Sozialhilfebezüger einer Tätigkeit nachgehen, wird ihnen die Unterstützung durch den Sozialdienst gekürzt. Das Einkommen bleibt meist also gleich. Im Lola kommt ein Beitrag hinzu, weil sich Klienten für ihre Integration bemühen. «Das Geld sorgt manchmal für Diskussionen, weil sie denken, sie arbeiten gratis», erzählt Regula Maurer im Lola zwischen Gemüseauslage und Milchprodukten. Benji – in der Hand ein Brötchen und eine Tasse Tee – sagt kurz vor seiner Pause: «Ich fühle mich nicht ausgenutzt, im Gegenteil. Die Arbeit gibt mir Struktur. Und herumgehangen bin ich schon mehr als genug.»

Der Milchmann kommt rein und holt die leeren Flaschen ab. Ein Transporteur bringt Harassen mit Lola-Bier und -Cola vorbei. Das Lola hat sich zu einer Marke entwickelt. Seit einiger Zeit gibt es eine eigene Getränkelinie. In der einen Ecke ist ein Unverpackt-Laden, im Regal wartet ein kuratiertes Brotsortiment auf und samstags gibts Blumen zu kaufen. «Mir gefällt es hier super», sagt Benji nach der Pause. Er ist gelernter Koch, kam nach einer arbeitslosen Phase in ein Alp-Projekt und arbeitet seit November hier. Sein Arbeitskollege Ernesto kämpft mit anderen Herausforderungen: Deutsch für den 30-Jährigen keine Muttersprache, was es ihm in der Schule nicht immer einfach macht.

Gibt es Heikles zu besprechen, zieht sich Regula Maurer mit ihnen in die kleine Küche zurück. Dort kann man hinter geschlossener Tür ungestört und ungehört reden. Die nötige Geduld und Ruhe merkt man Maurer schon im Gespräch an. Mit dem Stress, den sie anfänglich hatte, wenn nicht alle bei der Arbeit erscheinen, hat sie umgehen gelernt. «Ich stelle mich dann einfach selber an die Kasse und hopp dr Bäse!»
(https://www.bernerzeitung.ch/im-quartierladen-auf-die-gerade-bahn-490467483520)



Trotz eingereichter Petition: Keine Interventionen im Basler Milieu geplant
Der Regierungsrat hat Verständnis für den Ärger der Anwohnenden und analysiert die Situation weiterhin. Die Petitionärin hofft, dass sich die Ereignisse des letzten Sommers nicht wiederholen.
https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/webergasse-trotz-eingereichter-petition-keine-interventionen-im-basler-milieu-geplant-ld.2248053


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
St.Galler Osterkrawalle: Staatsanwaltschaft erteilt 58 Strafbefehle – zwei Verfahren kommen vor Gericht
Die Staatsanwaltschaft des Kantons St.Gallen hat im Nachgang zu den zwei Freitagskrawallen in der Stadt St.Gallen von Ende März und Anfang April 2021 einen Grossteil der über 100 Verfahren abgeschlossen. In 58 Fällen erging ein Strafbefehl, zwei Verfahren wurden an das zuständige Gericht überwiesen.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/justiz-stgaller-osterkrawalle-staatsanwaltschaft-erteilt-58-strafbefehle-zwei-verfahren-kommen-vor-gericht-ld.2247811
-> https://www.sg.ch/news/sgch_staatsanwaltschaft-jugendanwaltschaft/2022/02/st-gallen–zahlreiche-verurteilungen-im-nachgang-der-osterkrawal.html
-> https://www.watson.ch/schweiz/st%20gallen/527976183-strafbefehle-gegen-60-personen-nach-st-galler-oster-krawallen
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/strafbefehle-gegen-60-personen-nach-st-galler-oster-krawallen-66103247
-> https://www.blick.ch/schweiz/ostschweiz/demos-gegen-corona-politik-60-strafbefehle-nach-st-galler-oster-krawallen-id17216565.html
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-ostschweiz/geldstrafen-und-bussen-in-58-faellen-nach-jugendkrawallen?id=12139124
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-ostschweiz/tinder-fuer-schulen?id=12139295
-> https://www.toponline.ch/news/detail/news/osterkrawalle-in-stgallen-zahlreiche-verurteilungen-00174624/
-> https://www.20min.ch/story/osterkrawalle-haben-fuer-dutzende-personen-strafrechtliche-folgen-935991039018
-> Schweiz Aktuell: https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/st–galler-oster-krawalle-haben-konsequenzen?urn=urn:srf:video:449feb56-11b0-49d4-ae63-ac34770e0ff0
-> https://www.tvo-online.ch/aktuell/osterkrawalle-58-randalierer-kassieren-strafbefehl-145393222



tagblatt.ch 08.02.2022

Pyros, Steine und Glasflaschen geworfen: Rund 60 Jugendliche und Minderjährige wegen Osterkrawallen verurteilt

Nach den Osterkrawallen in der St.Galler Innenstadt sind nun die meisten der über 100 Strafverfahren abgeschlossen. 40 Täter konnten nicht ermittelt werden. Auch wer die Krawalle angezettelt hat, bleibt im Dunkeln.

Meret Bannwart und Sandro Büchler

Schweizweit hat St.Gallen vergangene Ostern Aufmerksamkeit erregt. Wenig ruhmreich waren die Schlagzeilen zu den Jugendkrawallen beim Roten Platz. Wüste Szenen zwischen Jugendlichen und der Polizei kursierten in den sozialen Medien, per Liveticker konnten die Ausschreitungen mitverfolgt werden. Wie die Staatsanwaltschaft St.Gallen am Dienstag mitteilte, ist der Grossteil der über 100 Strafverfahren jetzt abgeschlossen.

Ausgangspunkt für die Krawalle in der St.Galler Innenstadt war eine illegale Party von rund 100 Feierwütigen bei den Drei Weieren am Freitag eine Woche vor Ostern. Die Coronamassnahmen schienen wenig zu interessieren, daher löste die Polizei die Feier grösstenteils friedlich auf.

In der Folge versammelten sich über 200 Personen auf dem Roten Platz und die Stimmung wurde zunehmend aggressiv. Polizisten vor Ort wurden beschimpft sowie mit Flaschen und Steinen beworfen. Die Polizei löste die Versammlung auf, daraufhin griffen kleinere Gruppierungen Polizisten an und verübten Sachbeschädigungen in der Innenstadt. Ein Polizist wurde leicht verletzt und im Spital behandelt. Der Gesamtsachschaden betrug mehrere zehntausend Franken. Doch damit war die Angelegenheit nicht abgehakt.

Jugendliche pilgern in den Osten

Über die sozialen Medien wurden Jugendliche angestachelt, am Karfreitag eine Woche darauf wiederum in der Gallusstadt zu pöbeln. Rund 1000 Jugendliche aus der ganzen Deutschschweiz folgten dem Aufruf und pilgerten am Karfreitag in die St.Galler Innenstadt. Die Situation entgleiste: Einsatzkräfte der Polizei wurden mit Flaschen, Steinen, Pyros und einem Molotowcocktail beworfen. Abermals kam es zu Sachbeschädigungen in Höhe von mehreren zehntausend Franken. Rettungsmitarbeitende und Polizisten wurden angegriffen. Zwei Privatpersonen wurden verletzt.

Politikerinnen und Politiker bezogen Stellung zu den Aggressionen der Jugendlichen. Wieso liess sich unsere ansonsten so angepasste Jugend zu solchem Ungehorsam verleiten? Die Schuldigen waren schnell gefunden: das Coronavirus und die Massnahmen des Bundes. So meinte Jungpolitikerin Anna Miotto von den Jungsozialisten in einem TVO-Talk, dass eine gewisse Willkür bei den Massnahmen herrsche: «Alles, was Spass macht, ist verboten. Die Bars sind geschlossen und man kann seinen Hobbys nicht nachgehen. Aber Schule und Schulsport ohne Maske geht noch.» Joel Mäder, Präsident der Jungfreisinnigen St.Gallen, sagte: «Seit drei Monaten macht der Bundesrat keine klaren Ansagen. Das führt zu gesteigerter Frustration, insbesondere bei den Jungen.»

Während die politischen Reaktionen schnell wieder verebbten, dauerten die Ermittlungen an. Unmittelbar nach den Krawallnächten nahm die Stadtorganisation der Kantonspolizei sämtliche Anzeigen mit Sachbeschädigungen entgegen. Die Stadtpolizei wertete die Aufzeichnungen aus der städtischen Videoüberwachung aus. Die Ermittler der Kantonspolizei führten unter Leitung der Staatsanwaltschaft die einzelnen Verfahren. Insgesamt rapportierte die Kantonspolizei in über 100 Fällen an die Staatsanwaltschaft.

Verurteilte sind zur Hälfte minderjährig und fast ausschliesslich Männer

Die Ermittlungen seien sehr aufwendig gewesen, sagt Beatrice Giger, Mediensprecherin der Staatsanwaltschaft St.Gallen. «Da sehr viele der Anzeigen auf unbekannt lauteten, musste akribische Ermittlungsarbeit geleistet werden, um die Täterschaft ausfindig zu machen. Bei einem Grossteil ist uns das geglückt.»

Zum genaueren Vorgehen will sie sich nicht weiter äussern.

In 58 Strafbefehlen sind hauptsächlich Delikte wie Sachbeschädigung, Landfriedensbruch, Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte sowie Missachten polizeilicher Anordnungen aufgeführt. Dafür kassierten die jungen Gesetzesbrecher Geldstrafen sowie Bussen. Weiter erliess die Staatsanwaltschaft sechs Nichtanhandnahme- und drei Einstellungsverfügungen.

Zwei Strafbefehle wegen Widerhandlungen gegen das Kantonale Übertretungsstrafgesetz (Missachten einer polizeilichen Anordnung und mehrfacher Verstoss gegen eine polizeiliche Fernhaltung) werden wegen Einsprache weitergezogen und landen vor Gericht. In über 40 Fällen wurde das Verfahren wegen unbekannter Täterschaft eingestellt. Sieben Verfahren sind noch pendent. Der Grossteil der Verurteilten ist männlich, aber vereinzelt sind auch Frauen verurteilt worden, wie Mediensprecherin Beatrice Giger auf Anfrage sagt. Die beiden verletzten Privatpersonen haben keine Anzeige erstattet, entsprechend gab es auch kein Strafverfahren. Insgesamt befanden sich 31 Minderjährige unter den Angeklagten, diese haben beziehungsweise hatten sich vor der Jugendanwaltschaft zu verantworten.

Blick in die Strafbefehle

Ein Blick in die Strafbefehle der volljährigen Krawallbrüder liefert weitere Erkenntnisse: Die meisten stammen aus der Stadt St.Gallen oder dem nahen Umland. Einige der Beteiligten reisten aus dem Thurgau, dem Appenzellerland oder aus dem Kanton Graubünden an. Dabei handelt es sich mehrheitlich um Schweizer, aber auch ein Italiener, ein Spanier und ein Portugiese wurden von der St.Galler Staatsanwaltschaft belangt. Die grosse Mehrheit der volljährigen Täter ist jung – zum Tatzeitpunkt 18- oder 19-jährig. Der älteste Verurteilte ist ein heute 30-Jähriger.

Bei den Berufsbezeichnungen ist in den Strafbefehlen bei mehreren Beteiligten altersbedingt «in Ausbildung» vermerkt. Aber auch Schüler, Angestellter, ohne Arbeit, IV-Rentner und konkrete Berufsbezeichnungen wie Koch, Logistiker oder Automobilfachmann werden genannt.

Mehrere Jugendliche hatten Glasflaschen in Richtung der Polizeikräfte geworfen, im Pulk lautstark «ACAB» («All Cops Are Bastards» – übersetzt: «Alle Polizisten sind Bastarde») geschrien. Aber auch Steine, von Blumenkisten weggerissene Holzbretter oder Baustellenlampen flogen den Uniformierten entgegen. Ein 18-Jähriger hatte einen Stossdämpfer als Waffe dabei. Ein anderer warf erst Gegenstände, stellte sich dann provokativ vor den Polizisten auf, zeigte ihnen mehrfach den Mittelfinger und machte mitten auf der Strasse Liegestützen. Später zündete er einen Plastiksack an und lief damit in Richtung der Polizeikräfte. Zudem behinderte der Jugendliche vorbeifahrende Autos, trat gegen deren Karosserie und versuchte, die Fahrertüre zu öffnen.

Zu Gewalt und «Chaos» aufgerufen: Tiktok-User erhält online viel Beifall für seine Videos

Ein heute 20-Jähriger kassierte wegen Vergehen gegen das Bundesgesetz über explosionsgefährliche Stoffe eine 500-Franken-Busse und eine bedingte Geldstrafe. Er habe sich aktiv an den Ausschreitungen beteiligt und auf dem Roten Platz zwei «Flashing-Thunder», zwei Böller, in der Menschenmenge gezündet. Der Mann trug zudem eine Rauchfontäne auf sich «in der Absicht, diesen pyrotechnischen Gegenstand, der für andere Zwecke bestimmt war, zu Vergnügungszwecken einzusetzen», wie es im Strafbefehl heisst.

Ein 22-Jähriger wurde wegen öffentlicher Aufforderung zu Verbrechen oder Gewalttätigkeit zu einer Busse von 1500 Franken und einer bedingten Geldstrafe verurteilt. Gemäss Strafbefehl hatte der Mann nach der ersten Krawallnacht mehrere Videos vom Saubannerzug durch die St.Galler Altstadt auf seinem Tiktok-Profil publiziert und für Karfreitag erneut zu Krawallen aufgerufen. Er schrieb: «Geht am 02.04.2021 nach St.Gallen und macht Chaos, damit ich es mit meiner Kamera festhalten kann.»

Die Zahl der Follower des 22-Jährigen stieg innert Wochenfrist von 80 auf rund eine halbe Million. Auch dies ist im Strafbefehl vermerkt. Die Person, die in den sozialen Medien zuerst zu den Krawallen aufgerufen hatte, konnte laut Mediensprecherin Beatrice Giger nicht eruiert werden.
(https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/ressort-ostschweiz/stadt-stgallen-pyros-steine-und-glasflaschen-geworfen-rund-60-jugendliche-und-minderjaehrige-wegen-osterkrawallen-zu-bussen-verurteilt-ld.2247854)


+++REPRESSION DE
Der Fall Maria: Zwangsausweisung und 20 Jahre Einreiseverbot für linke Politik
Maria lebt seit langem in Deutschland, hat ihren Lebensmittelpunkt hier. Die politisch aktive Frau besucht Demonstrationen und beteiligt sich an Veranstaltungen. Dann kommt der Repressionsschlag: Ohne irgendeinen Vorwurf einer konkreten Straftat wird sie zur “gefährlichen” Person erklärt, aus der Bundesrepublik ausgewiesen und erhält ein Einreiseverbot: für zwei Jahrzehnte! Wir haben mit dem Unterstützer:innenkreis “Grupo Internacional” der Genossin über die Hintergründe dieses Falls gesprochen.
https://lowerclassmag.com/2022/02/08/der-fall-maria-zwangsausweisung-und-20-jahre-einreiseverbot-fuer-linke-politik/


+++FUSSBALLREPRESSION
Ruhiges Fussballjahr für die Basler Polizei (ab 04:18)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/widerstand-gegen-strassenprojekt-in-allschwil?id=12139112
-> https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/kantonspolizei-basel-stadt-das-fussballjahr-2021-corona-massnahmen-sorgen-fuer-eine-weitere-ruhige-bilanz-ld.2247804
-> https://www.polizei.bs.ch/nm/2022-aus-polizeilicher-sicht-ein-weiteres-ruhiges-fussballjahr-jsd.html


+++KNAST
Les quatre fonctions de la prison !
Ce mois-ci renversé s’intéresse aux questions carcérales à Genève et invite pour en parler le nouveau collectif genevois Parlons Prisons. À cette occasion, le collectif publie chaque semaine un extrait de : “Brisons les murs. À quoi servent vraiment la prison et la justice”, son texte fondateur.
Cette semaine, dans le deuxième article, nous décripterons les quatre fonctions qu’est censé remplir le système carcéral selon le discours dominant.
https://renverse.co/analyses/article/les-quatre-fonctions-de-la-prison-3404


+++BIG BROTHER
Zugriff durch Europol und Datenbanken: EU entscheidet sich gegen Kontrolle von Interpol
Autoritäre Staaten nutzen die internationale Polizeiorganisation Interpol zur politischen Verfolgung von Oppositionellen. Die EU-Kommission oder der Rat könnten die Überprüfung von missbräuchlichen Ausschreibungen koordinieren. Das Parlament hat aber einem Kuhhandel zugestimmt.
https://netzpolitik.org/2022/zugriff-durch-europol-und-datenbanken-eu-entscheidet-sich-gegen-kontrolle-von-interpol/


+++POLIZEI DE
Rafael Behr, Daniel Liock, Simin Jawabreh und Konrad Litschko: Achtung Polizei im taz lab 2021
Black-Lives-Matter-Proteste haben auch hier zu einer neuen Auseinandersetzung mit Polizeigewalt geführt: Ungerechtfertigte Gewaltausübung, rechtsextreme Chatgruppen, Korpsgeist, diskriminierendes Verhalten, polizeiinterne Skandale und fehlende Aufklärung wecken Rufe nach Veränderung. Forderungen nach einer Reform des Polizeiapparats oder gar einer kompletten Abschaffung der Institution werden laut – und der Innenminister fordert eine Studie über die Arbeitsbelastung deutscher Polizist:innen. Glättet eine Studie die aufgeworfenen Probleme in der Polizei oder bedarf es radikaler Veränderungen, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen und ist dies überhaupt noch möglich?
https://www.youtube.com/watch?v=EH2p1Mu3feY


+++FRAUEN/QUEER
Freikirchen zu Konservationstherapien für Homosexuelle
Homosexuelle Menschen sollen, was ihre sexuelle Orientierung anbelangt, im Kanton Bern nicht mehr versucht umgepolt zu werden. Der Grossrat diskutiert im Frühling über ein Verbot von sogenannten Konversionsmassnahmen. Im Vorfeld der Debatte haben wir bei verschiedenen Freikirchen nachgefragt, wie sie zu diesen Umpolungsversuchen stehen.
https://www.telebaern.tv/telebaern-news/freikirchen-zu-konservationstherapien-fuer-homosexuelle-145393671


+++RASSISMUS
Wichtige Empfehlungen des UNO-Ausschusses gegen rassistische Diskriminierung an die Schweiz
Der UNO-Ausschuss gegen rassistische Diskriminierung (CERD) fordert die Schweiz auf, ihre Bemühungen zur Bekämpfung von Rassismus zu verstärken. Dabei orientiert er sich an den zentralen Forderungen der NGO-Plattform Menschenrechte Schweiz. Das UNO-Gremium verlangt die Schliessung von Gesetzeslücken, die Einführung von unabhängigen Untersuchungs- und Beschwerdemechanismen für Fälle von Racial Profiling sowie konkrete Massnahmen gegen die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer Herkunft oder ihres Aufenthaltsstatus.
https://www.humanrights.ch/de/medien/medienmitteilung-empfehlungen-cerd


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Coronavirus: Berner Stadträtin kreuzt mit Mobility-Auto an Demo auf
Gestern Montag wollten Gegner der Massnahmen gegen das Coronavirus Bern mit ihren Autos blockieren. Mit dabei: eine Politikerin im Mobility-Auto.
https://www.nau.ch/news/schweiz/coronavirus-berner-stadtratin-kreuzt-mit-mobility-auto-an-demo-auf-66103185
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/kurznews-145393630 (ab 00:50)


Glocken beschlagnahmt!: Freiheitstrychler werden von Polizei ausgebremst
Vermutlich auf dem Weg zum «Swiss Convoy for Freedom» in Bern werden die Freiheitstrychler an der Raststätte Grauholz kontrolliert – und gleich zwei Anhänger mit Glocken beschlagnahmt.
https://www.blick.ch/video/aktuell/glocken-beschlagnahmt-freiheitstrychler-werden-von-polizei-ausgebremst-id17218376.html


Coronavirus: Schweizer Skeptiker-Touris demonstrieren in Österreich
In Bregenz (Ö) finden derzeit jeden Tag Demos wegen der Massnahmen gegen das Coronavirus statt. Auch Schweizer Demo-Touristen sind vor Ort.
https://www.nau.ch/news/europa/coronavirus-schweizer-skeptiker-touris-demonstrieren-in-osterreich-66102322


Skeptiker teilen Fake-Bild von Demo in Ottawa in sozialen Medien
Nach den Demos in Kanadas Hauptstadt Ottawa teilen Skeptiker ein Bild einer riesigen Menschenmenge in den sozialen Medien. Doch damit täuschen sie die Follower.
https://www.nau.ch/news/amerika/skeptiker-teilen-fake-bild-von-demo-in-ottawa-in-sozialen-medien-66103368


Nazi-Aufmarsch in St. Gallen verhindert
19:00, Samstag 05. Februar 2022: 200 Antifaschistische Demostant*innen setzen klares zeichen gegen rechts-verseuchte Massnahmen Demo in St.Gallen.
https://barrikade.info/article/4998


+++HISTORY
Frauen mit Afrolocken – Eine lange Geschichte der Diskriminierung
Frauen mit Afrolocken werden aufgrund ihrer Haare häufig diskriminiert und mit Vorurteilen konfrontiert. Deshalb verstecken sie ihren Afro unter Perücken oder strecken ihre Locken mit schädlichen, chemischen Mitteln. Dabei geht es nicht um Style, wie rec.-Reporterin Sofika Yogarasa erfährt.
https://www.srf.ch/play/tv/rec-/video/frauen-mit-afrolocken-eine-lange-geschichte-der-diskriminierung?urn=urn:srf:video:ca95c0a2-7af6-4cd9-a50f-cbc7d3f7d34a&aspectRatio=16_9


Globi musste auch Kritik einstecken
Globi gilt als erfolgreichste Comic-Figur der Schweiz. Doch der abenteuerlustige und neugierige Vogel war politisch nicht immer korrekt.
https://www.srf.ch/audio/sinerzyt/globi-musste-auch-kritik-einstecken?id=12136241#autoplay



luzernerzeitung.ch 08.02.2022

Gross und Klein bei den Nazis

Ein Direktor und ein Arbeiter der Metallwarenfabrik Zug waren überzeugte Nationalsozialisten. Die Polizei verhaftete und verhörte beide. Doch es kam zu unterschiedlichen Beurteilungen der zwei Fälle.

Michael van Orsouw

Stuttgart, Ende August 1938. Tausende von Auslandsdeutschen treffen sich zur Reichstagung. Soldaten vollführen Paraden im Stechschritt, das Publikum schwingt Fahnen und ruft «Heil Hitler!», während die Musik schmettert und Führer-Stellvertreter Rudolf Hess von einem «Hitler-Kampftag» spricht. Ein Mann aus Zug ist auch dabei, obwohl er Bürger der Schweiz ist: Es handelt sich um Arthur C., den damals 51-jährigen Direktor der Metallwarenfabrik Zug. Er könnte für seinen Betrieb nach Deutschland gereist sein. Doch Arthur C. ist überzeugter Nationalsozialist und deshalb auch Mitglied der rechtsextremen «Nationalen Front». Mit seiner Meinung hält er nicht hinter dem Berg, sodass sich bald die Bundesanwaltschaft in Bern für den Mann interessiert.

Persönlicher Draht zu Adolf Hitler?

Gegenüber dem ermittelnden Polizeihauptmann gibt der Direktor an, er könne für einen persönlichen Kontakt zu Adolf Hitler sorgen. Ob er blufft, lässt der Bericht der Behörde offen. Aber die Bundesanwaltschaft traut Arthur C. zu, für Deutschland Nachrichtendienst zu betreiben. Das sei darum gefährlich, weil die Zuger Metalli zu 80 Prozent für den Bund arbeite («Stahlhelme und Kamellen»). Deshalb ordnen die Ermittler noch am gleichen Tag eine Überwachung sämtlicher Post des Direktors an. Das Fazit ist eindeutig, der Direktor sei «ein ausgesprochener Nationalsozialist …».

Deshalb befragt die Bundesanwaltschaft im Juli 1939 acht Arbeiter und Angestellte der Metallwarenfabrik Zug und kommt zu folgenden Ergebnissen: Wenn deutsche Reisevertreter in die Metalli nach Zug gekommen seien, habe sie der Direktor mit dem Hitlergruss begrüsst. Arthur C. soll wiederholt nazifreundliche Äusserungen gemacht haben, trotz eines Verweises des Metalli-Verwaltungsrates; er verteidigte Adolf Hitler und votierte nach dem Anschluss Österreichs für den Anschluss der Schweiz an Deutschland. Wörtlich soll der Direktor gesagt haben: «Die Schweizer sind alles Landesverräter, weil sie sich dem Hitlerregime nicht unterwerfen.»

Hakenkreuzfahnen und -wimpel

Die Bundespolizei wendet sich darauf an den Verwaltungsrat der Metallwarenfabrik: Dieser wünscht ausdrücklich eine Untersuchung und stellt die Entlassung ihres Direktors in Aussicht. Am 31. August 1939 wird Arthur C. an seinem Arbeitsplatz verhaftet und sein Büro sowie seine Wohnung an der Haldenstrasse 5 in Zug durchsucht. Neben einschlägigen Broschüren und Parteiprogrammen finden die Ermittler das Mitgliedbuch der «Nationalen Front» sowie aufsteckbare Autowimpel mit Hakenkreuz und zwei 50 bis 60 Zentimeter grosse Hakenkreuz-Fahnen.

Beim anschliessenden Verhör versucht der Direktor, alles zu verharmlosen. Zwar sei er Mitglied der «Nationalen Front» gewesen, doch habe er nichts mehr damit zu tun: «Ich habe lediglich meine Mitgliederbeiträge bezahlt.» Er sei auch kein Sympathisant der NSDAP, «ich gestatte mir lediglich, die guten Einrichtungen und Errungenschaften des Deutschen Reiches auch in der Schweiz anzuerkennen». Als der Direktor mit seinen eigenen Nazi-Aussagen konfrontiert wird, meint er: «Ich gebe zu, dass ich ohne jegliche Überzeugung und spasseshalber vielleicht diese oder jene Äusserung im Bureau gemacht habe, ich wollte damit die Diskussion in Fluss bringen …» Die Hakenkreuzwimpel erklärt er damit, «weil ich Mitglied des deutschen Automobilklubs bin». Schliesslich vermutet er, die Aussagen gegen ihn seien das Ergebnis «eines gegen mich aus persönlichen Gründen zu Stande gekommenen Komplotts in unserer Fabrik».

Danach geschieht nichts: keine Anklage, keine Verurteilung, keine Entlassung. Denn der Zweite Weltkrieg beginnt gleich nach der Befragung. Aber die Bundesanwaltschaft ordnet an, dass die Überwachung von Arthur C. mit Spitzeln diskret fortzusetzen sei.

Politisierender Arbeiter

Die Affäre um den Metalli-Direktor ist auch deshalb so interessant, weil drei Jahre später wieder ein Nazi-Fall einen Mitarbeiter der Metallwarenfabrik Zug betrifft: Dieses Mal geht es um den einfachen Arbeiter Erwin B. Dieser kommt aber bedeutend weniger glimpflich davon als der Direktor.

Bis 1930 lebte dieser Arbeiter als Auslandschweizer im deutschen Herzberg. Nach Zug gekommen, arbeitete er als Handlanger in der Verzinkerei und auf dem Bau, bis er 1940 als Beizer in die Metallwarenfabrik kommt. Aufgrund eines Denunzianten im April 1942 beginnt die Bundesanwaltschaft gegen ihn zu ermitteln. Der Arbeiter politisiere in der Werkstatt und sei Mitglied der «Eidgenössischen Sammlung», der Nachfolgeorganisation der «Nationalen Front», die vom Bundesrat verboten wurde.

Die Bundesanwaltschaft lässt darauf den Arbeiter überwachen und kurz darauf festnehmen. In der Einvernahme bestreitet Erwin B.: «Ich bin nicht Nationalsozialist, sondern Mitglied der ES und als solches Schweizer Sozialist.» Bei ihm zu Hause hängt ein grosses Bild von NS-Generalfeldmarschall Erwin Rommel und es werden zahlreiche Briefe und Dokumente beschlagnahmt, darunter ein Brustbild von Adolf Hitler. Im Ermittlungsbericht wird der Arbeiter als «extremer Nationalsozialist» dargestellt. Im Kriegsfall würde er, so soll er in der Fabrik geprahlt haben, das Munitionsdepot in die Luft sprengen und die Angreifer nicht erschiessen.

«Gaunerbande» und «Halunken»

Die Anklage legt dem Arbeiter zur Last, dass er die Schweiz in politischen Diskussionen am Arbeitsplatz schlechtgemacht hat. Auch habe er den General in der Metalli als «Halunken», «Lölichaib», «chaibe Saujud», «Freimaurer» und «Landesverräter» bezeichnet; ebenso titulierte er den Bundesrat als «Gaunerbande», «Judenbande» und «Fecker». Der Arbeiter wird zu 30 Monaten Gefängnis verurteilt.

Natürlich kann man den einen Fall des Metalli-Direktors nicht mit dem anderen des Metalli-Arbeiters direkt vergleichen. Gewiss waren 1939 bei der Verhaftung des Direktors die Zeitumstände anders als 1942/43, als der Arbeiter verhaftet und verurteilt wurde. Aber es ist dennoch keine gewagte Feststellung zu behaupten, dass der unbescholtene Direktor der Metalli unvergleichlich sanfter angepackt wurde als der in Deutschland aufgewachsene Arbeiter.



Dr. Michael van Orsouw, Historiker und Schriftsteller, beleuchtet die bewegte Zeit von 1933 bis 1945. In Folge 4 berichtet er über den Zuger Ableger der NSDAP und deren Treffpunkte.

Literatur: Felber, Michael; Morosoli, Renato; 1887–2012 Metallwarenfabrik Zug. Die Wurzeln der Metall Zug; Zug 2012.

Quellen: BABE 4320 (B) 1968/195 Bd. 73: Personendossier Erwin B. mit Dokumenten vom 20.05.1942 bis 10.02.1943; BABE E 4320 (B) 1970/25, Bd. 30 C. 2.168: Eintrag 28.09.1938; BABE E 4320 (B) 1984/29/105, C.12.480: Dokumente vom 16.06.1938 bis 15.02.1944.
(https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/zug/serie-zug-19331945-gross-und-klein-bei-den-nazis-ld.2244525)