Medienspiegel 1. Februar 2022

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+++BERN
bielertagblatt.ch 01.02.2022

Sans-Papiers: Die Ungewissheit löst viele Ängste aus

Am Sonntag ist im Kino Lido der Kurzfilm «Wir haben nichts als unsere Stimme» gezeigt worden. In der anschliessenden Diskussion kamen auch Menschen aus dem Rückkehrzentrum Biel zu Wort – und erzählten, was die Schliessung mit ihnen macht.

Theresia Mühlemann

Sie sind da, die Menschen in den Rückkehrzentren, die mit negativem Asylbescheid zwischen Stuhl und Bank sitzen. Sie leben in Containern in Bözingen oder in anderen Unterkünften schweizweit, harren der Dinge, unfähig weil rechtlich verhindert, für sich selbst oder die eigenen Kinder eine Verbesserung ihrer Lage zu erreichen. Sie sind da, wo sie nicht sein dürften, doch sie existieren. Und bislang gibt es keine Lösung für ihre Situation.

Zerstörung und Repression

Der Kinosaal, der von der Cinevital AG für die Podiumsdiskussion des Vereins «Alle Menschen» zur Verfügung gestellt wurde, war am vergangenen Sonntag sehr gut gefüllt. Viele Bielerinnen und Bieler, die in irgendeiner Form mit den Diskussionsteilnehmern und -teilnehmerinnen oder der Thematik in Verbindung stehen, sind erschienen.

Zu Beginn der Veranstaltung wurde der Kurzfilm «Wir haben nichts als unsere Stimme» der beiden Regisseure Heidi Schmid und Christian Labhart gezeigt, der letztes Jahr an den Solothurner Filmtagen seine Premiere feierte. Die Regisseure entschieden sich bewusst für ein einfaches Konzept, die Erzählungen der Menschen sollten im Vordergrund stehen.

Den Einstieg in den Film machen archivarische Aufnahmen von der Besetzung durch die chinesischen Staatsmächte und den Jahren der Zerstörung und Repression in Tibet. Im Hauptteil sieht man auf einer Tribüne Menschen aus Tibet sitzen, dazwischen vereinzelt ihre Schweizer Paten, die auf freiwilliger Basis die Sans-Papiers unterstützen, sei es bei Behördengängen oder bei der Integration. Kritik an den Behörden üben vor allem die Paten aus. Es ist deutlich spürbar, wie unerträglich es für sie ist, mitansehen zu müssen, wie ihre Schützlinge kriminalisiert werden. Der Film fordert gleiche Menschenrechte für alle ein, was die mitwirkenden Tibeter nicht erfüllt sehen.

«Kinder brauchen Stabilität»

Eindrücklich waren auch die Schilderungen der Lehrerin für Integrative Förderung, Christine Herren. Sie erzählte, wie es den Flüchtlingskindern in der Schule geht. Viele Dinge, die zu einer normalen Kindheit gehören, blieben den Kindern aus dem Rückkehrzentrum in Bözingen aufgrund ihres Status als «Illegale» verwehrt. Die Kinder bräuchten Stabilität. Es erfordere nach jedem Schulwechsel Zeit, bis ein Vertrauensverhältnis zwischen Lehrpersonen und der Familie entstanden sei. Und wenn diese Bande gerade so geknüpft seien, würden sie durch Umplatzierungen wieder zerstört. Das sei für die geflüchteten Menschen fatal, betont sie.

«Wir haben Angst, in die Stadt zu gehen, weil wir fürchten, in eine Polizeikontrolle zu geraten. Wenn wir uns dort nicht ausweisen können, erhalten wir eine Busse von über Tausend Franken, die wir nicht bezahlen können», so Tenzin Rabsel Dekhang, ein Bewohner des Rückkehrzentrums Biel. Sans-Papiers dürfen nichts, was einen Ausweis verlangen würde, nicht heiraten, eine Arbeit annehmen oder Ausflüge machen, auch Alltägliches wie eingeschriebene Post abholen oder an einem Turnier Fussball spielen ist so nicht möglich. «Früher war ich Optimist, in den letzten Monaten bin ich zunehmend depressiv geworden. Wir wollen unser Leben verbessern und können es nicht, wir haben keine Perspektive», fasste Dekhang es zusammen.

Ein Lösungsansatz wäre es, für die Sans-Papiers, die in Biel leben, einen Ausweis zu erstellen, was von behördlicher Seite ein Ding der Unmöglichkeit scheint. Doch im Bieler Stadtrat wird eifrig diskutiert. Der Plan, einen lokal in der Stadt Biel gültigen Ausweis auszustellen – Zürich hat mit der City Card bereits so etwas geschaffen – ist im vollen Gange. «Es geht primär um die Symbolwirkung, vielleicht können wir die Behörden so sensibilisieren», erklärte die Bieler Stadträtin Anna Tanner.

Schliessung löst Ängste aus

In der Schweiz leben etwa dreihundert Tibeter, deren Asylantrag oder Härtefallgesuch abgelehnt wurde. Hier in Biel sind es meist auch Menschen aus anderen Nationen, die einen negativen Bescheid erhalten haben und ausreisen müssten. An der Podiumsdiskussion beteiligte sich auch die Marokkanerin Naima Chouaf, sie lebt mit ihrem irakischen Mann und den gemeinsamen Kindern ebenfalls im Rückkehrzentrum in Bözingen. Da in Marokko für sie keine bedrohliche Situation herrsche, solle sie heimkehren. Doch ihrem Mann würde die Einreise verwehrt. So bleibt der Familie, wenn sie zusammen sein möchten, keine andere Wahl, als im Rückkehrzentrum zu bleiben, der Willkür von Behördenentscheiden ausgesetzt.

Die Schliessung des Rückkehrzentrums in Biel wurde vergangenen November von der Stadt Biel entschieden. Vor zwei Wochen vermeldete die Sicherheitsdirektion des Kantons, dass für die deutschsprachigen Familien und Frauen mit dem Umzug nach Enggistein bei Worb eine Lösung bereitstehe. Doch für die französischsprachigen Familien und die alleinstehenden Männer ist noch kein Platz in greifbarer Nähe. Die Ungewissheit, dies erzählen mehrere betroffene Diskussionsteilnehmer, löse viele Ängste aus. Sie befürchten, an einen Ort zu kommen, wo sie isolierter und nicht mehr in Stadtnähe wohnen werden, oder dass sie und ihre Kinder ihr soziales Netz verlieren werden. Der Verein «Alle Menschen» möchte aber nicht kampflos aufgeben. Er plant eine Petition, denn für die Mitglieder ist klar: Alle sollen in Biel bleiben dürfen.
(https://www.bielertagblatt.ch/nachrichten/biel/sans-papiers-die-ungewissheit-loest-viele-aengste-aus)


Petition von Stadtrat Mohamed Hamdaoui (06:56)
https://www.telebielingue.ch/de/sendungen/info/2022-02-01#chapter-5c80f75f-adaa-4655-ab00-a989965df224


+++SCHWEIZ
Österreich und die Schweiz wollen die Sekundärmigration eindämmen und den Aussengrenzschutz stärken
Bundesrätin Karin Keller-Sutter hat am 1. Februar 2022 erstmals ihren neuen österreichischen Amtskollegen, Bundesminister für Inneres Gerhard Karner, zu einem Arbeitsbesuch getroffen. Im Zentrum des Gesprächs in Wien standen die Reform des Schengener Grenzkodex und die laufenden Verhandlungen zur Reform des europäischen Migrations- und Asylsystems, sowie die bilaterale Zusammenarbeit in den Bereichen Migration und Terrorismusbekämpfung.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-87011.html
-> https://www.nau.ch/news/europa/schweiz-und-osterreich-feilschen-um-ruckubernahmeabkommen-66098533
-> https://www.tagblatt.ch/news-service/inland-schweiz/stgaller-rheintal-illegale-grenzuebertritte-von-afghanen-wien-und-bern-wollen-neues-abkommen-ld.2245309


Der Kampf gegen die «Festung Europa» stürzt die Linke ins Dilemma
Die Linke hat Unterschriften gesammelt, um den Ausbau der EU-Grenzschutzagentur Frontex zu bekämpfen. Doch nun will sich der mächtige Gewerkschaftsbund der Opposition nicht anschliessen. Er will Stimmfreigabe.
https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/eu-grenze-der-kampf-gegen-die-festung-europa-stuerzt-die-linke-ins-dilemma-ld.2244840


+++FRANKREICH
Fotoreportage: An der Küste zwischen Calais und Grande-Synthe
Jedes Jahr versuchen Tausende Flüchtende, von Frankreich über den Ärmelkanal nach Grossbritannien zu gelangen. Unsere Fotoreporter:innen haben einige von ihnen an der französischen Küste begleitet.
https://daslamm.ch/fotoreportage-an-der-kueste-zwischen-calais-und-grande-synthe/


+++POLEN/EU/BELARUS
An der Grenze Polens zu Belarus:„Betreten verboten“
Stacheldraht und Soldaten: Polen macht seine Grenze dicht, um Flüchtlinge abzuhalten. Jetzt wird sogar eine Mauer gebaut. Ein Ortsbesuch.
https://taz.de/An-der-Grenze-Polens-zu-Belarus/!5829402/


+++EUROPA
Die Anstalt vom 1. Februar 2022
Beim “Schnuppertag Grenzmanagement” in der Frontex-Zentrale lernt das Anstaltsensemble, wie man zweifelhafte Machenschaften ins rechte Licht rückt.
https://www.zdf.de/comedy/die-anstalt/die-anstalt-vom-1-februar-2022-100.html


+++FREIRÄUME
Communiqué de soutien à la ludothèque du Petit-Saconnex
Le 28 janvier 2022 devait se tenir une soirée-jeux en mixité choisie sans hommes cisgenres à la ludothèque du Petit-Saconnex. Cette soirée avait été agendée à la demande de jeunes usagères du lieu et visait à adresser les dynamiques de genre à la ludothèque et dans le monde du jeu.
https://renverse.co/infos-locales/article/communique-de-soutien-a-la-ludotheque-du-petit-saconnex-3415


+++GASSE
Burgdorf will legales Sprayen ermöglichen
Die Burgdorfer Stadtregierung soll Wände suchen, auf denen legal Graffitis gesprayt werden können. Das Parlament hat eine entsprechende Forderung von Jugendlichen überwiesen.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/burgdorf-will-legales-sprayen-ermoeglichen?id=12134969


BE: In der Stadt Bern eröffnet ein Restaurant, wo es keinen Konsumationszwang und günstige Menus gibt. (ab 02:10)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/burgdorf-will-legales-sprayen-ermoeglichen?id=12134969


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Wie die Polizei verhört – und wie wir uns dagegen verteidigen können
Aufruf zur Finanzierung eines Buches über die Strategien und Techniken, die die Polizei bei der Durchführung von Verhören anwendet
https://barrikade.info/article/4988


275 Demos in einem Jahr: Neuer Rekord in Basel
Die Zahl von Demonstrationen und Kundgebungen erreichte vergangenes Jahr einen neuen Rekordwert. Für die Polizei ein massiver Mehraufwand.
https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/kundgebungen-275-demos-in-einem-jahr-neuer-rekord-in-basel-ld.2244896


+++FUSSBALLREPRESSION
Fan-Attacke auf VBL-Busse: FCL-Präsident versteht Unmut
Die Scharmützel von Basler Fans mit der Luzerner Polizei und die Verwüstung von VBL-Bussen vom Sonntag haben ein politisches Nachspiel: Ein Vorstoss im Kantonsrat verlangt umgehend Massnahmen. Beim FCL versteht man den Unmut: Präsident Stefan Wolf will nun die Fan-Transporte neu beurteilen.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zentralschweiz/fan-attacke-auf-vbl-busse-fcl-praesident-versteht-unmut?id=12135332


+++KNAST
Brisons les murs !
Ce mois-ci renversé s’intéresse aux questions carcérales à Genève et invite pour en parler le nouveau collectif genevois Parlons Prisons. À cette occasion, le collectif publie chaque semaine un extrait de : “Brisons les murs. À quoi servent vraiment la prison et la justice”, son texte fondateur.
Dans ce premier article on parlera de la nécessité de rejoindre, depuis Genève, un mouvement de lutte international et contre les prisons et le système pénal, en vue de leur abolition. En parallèle de cette lutte à long terme, on parlera de l’urgence qu’il y a à lutter pour soutenir activement les personnes enfermées et leurs proches.
https://renverse.co/analyses/article/brisons-les-murs-3406


+++POLICE BE
Ärger bei Nause: Bern erlebte mehr als eine Demo pro Tag – so teuer waren sie für die Stadt
Im Schnitt gab es in der Stadt Bern letztes Jahr 382 Kundgebungen. Gesamte Zusatzkosten: sieben Millionen Franken. Besonders ins Gewicht fielen unbewilligte Demonstrationen.
https://www.20min.ch/story/demos-kosteten-die-stadt-bern-letztes-jahr-7-millionen-franken-zusaetzlich-638415394223


+++RECHTSPOPULISMUS
Wie die «Critical Race Theory» zum Politikum wurde
Die sogenannte Critial Race Theorie (CRT) sorgt in den USA für hitzige Diskussionen. Mit der CRT sollen in der Schule Vorurteile gegenüber Schülerinnen und Schülern dunkler Hautfarbe abgebaut werden. Ein bis vor kurzem kaum bekannte Theorie ist plötzlich zum grossen Politikum geworden.
https://www.srf.ch/audio/echo-der-zeit/wie-die-critical-race-theory-zum-politikum-wurde?partId=12135359


+++RECHTSEXTREMISMUS
Einmalige Aktion gegen rechte Szene Warum Antifaschisten eine Neonazi-Band gründeten
Auf Spotify sind zahlreiche neurechte Musiker vertreten. Aus Protest stellten Aktivisten den Hörern rechtsextremer Songs nun eine ausgeklügelte Falle.
https://www.tagesspiegel.de/kultur/einmalige-aktion-gegen-rechte-szene-warum-antifaschisten-eine-neonazi-band-gruendeten/28028844.html


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
«Paranoia ist ansteckend»
Das Kino Rex zeigt in der Filmreihe «Pandemic Paranoia» 13 US-amerikanische Verschwörungsthriller. Der Filmwissenschaftler und Kurator der Reihe, Johannes Binotto, erklärt, was der Protagonist des Kultfilms «Taxi Driver» mit den Coronaleugnern und Kapitol-Stürmern der Gegenwart gemein hat.
https://journal-b.ch/artikel/paranoia-ist-ansteckend/


Die Nationalsozialisten waren “eindeutig” keine Linken
Über die politische Verortung der Nazis wird regelmäßig diskutiert – für Historiker ist der Fall klar
https://www.derstandard.at/story/2000132872894/die-nationalsozialisten-waren-eindeutig-keine-linken


-> https://www.watson.ch/digital/streaming/791176838-das-corona-schlamassel-von-spotify-geht-weiter-die-wichtigsten-fragen


+++HISTORY
Judenverfolgung – Ein dunkles Kapitel Zürcher Geschichte
Frau Minne statt Rudolf Brun: Die Umbenennung einer Brücke soll an die Judenverfolgung in Zürich erinnern. Aber wer war Frau Minne?
https://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-religion/judenverfolgung-ein-dunkles-kapitel-zuercher-geschichte


Vor 30 Jahren: der Zerfall Jugoslawiens : Die Schweiz als «Frontstaat»
Der Jugoslawienkrieg stellte die offizielle Schweiz vor grosse Herausforderungen. Die Reaktion Anfang der neunziger Jahre fiel weitgehend hilflos aus – mit Ausnahme der Migrationspolitik. Dort ging sie mit Härte und Kälte vor, die bis heute fortwirken. Ein historischer Rückblick.
https://www.woz.ch/2204/vor-30-jahren-der-zerfall-jugoslawiens/die-schweiz-als-frontstaat


Antifaschistische Aktion: Porträt einer linksradikalen Bewegung
Seit 100 Jahren zuverlässig gegen Faschismus: Richard Rohrmoser über sein Buch „Antifa“, die Geschichte und Gegenwart einer linksradikalen Bewegung.
https://taz.de/HEUTE-Antifaschistische-Aktion/!5830067/#
-> Buch: https://www.chbeck.de/rohrmoser-antifa/product/31397024
-> Stream: https://youtu.be/UE99P6uK3I8