Die neuesten Veränderungen in der britischen Migrationspolitik sind ein peinlicher Versuch vom britischen Premierminister Boris Johnson und der Innenministerin Priti Patel, an der Macht zu bleiben. Ein Machtkampf, ausgetragen auf dem Rücken von Menschen auf der Flucht.
Es sollen bis zu 30’000 Menschen in vorübergehenden Asylcamps auf britischem Militärgelände untergebracht werden. Diese neuen Camps seien vor allem günstiger als die bisherigen Unterkünfte und sollen auch eine abschreckende Wirkung auf Menschen auf der Flucht ausüben. Des Weiteren nehmen die Pläne, Asyllager in Ruanda, Nigeria und Off-Shore zu bauen, sodass Menschen dort auf ihren Asylbescheid aus Grossbritannien warten, mehr und mehr Form an. Diese Externalisierung der Grenze und des Asylprozesses ist eine gefährliche und weit verbreitete Entwicklung in der rassistischen europäischen Migrationspolitik.
Auch, dass das Militär in Zukunft für den Ärmelkanal zuständig sein wird, ist eine weitere machoide Geste der britischen Regierung und sendet deutliche Signale. Zwar behauptet ein Sprecher der Marine, dass sie die von der Regierung vorgesehene ‚Pushback Policy‘ nicht durchführen werde, da solche Zurückdrängungsmanöver illegal seien, aber wie man z.B. an der griechischen Küstenwache sieht, spiegeln die Worte von Pressesprecher*innen nicht unbedingt die Praxis auf See wieder. Die britische Regierung hat sich zwar auch gegen den Einsatz von Schallwaffen entschieden, die gegen Menschen auf der Flucht bei der Überquerung des Ärmelkanals eingesetzt hätten werden sollen und die z.B. Reaktionen wie Erbrechen hervorrufen können, aber alleine, dass sie den Einsatz dieser Waffen in Betracht gezogen haben, macht die Position der Regierung einmal mehr deutlich. Ausserdem wurde dem Einsatz von Überwachungsdrohnen über dem Ärmelkanal stattgegeben.
Eine weitere menschenverachtende Praxis der britischen Regierung für Menschen, die sich ins Asylverfahren begeben, wurde letzte Woche vom High Court (Hohes Gericht in Grossbritannien) für rechtswidrig erklärt: Die Altersbeurteilung von jungen Menschen auf der Flucht. Diese erfolgte nämlich meistens direkt nach deren Ankunft und dauerte höchstens eine Stunde. Zudem wurden die Menschen für die Beurteilung in Gewahrsam genommen und es stand ihnen keine geeignete Person bei, die sie dabei unterstützen konnte. Der Richter urteilte, es fehle „an wesentlichen Schutzmassnahmen.“ Immer wieder kam es zu Fehleinschätzungen der Minderjährigen und sie mussten sich Zimmer und sogar Betten mit Erwachsenen teilen. Auch wenn wir von antira.org der Meinung sind, dass Menschen unabhängig von ihrem Alter ein Recht auf Asyl haben, sind die Folgen dieser Altersbeurteilungen trotzdem gravierend.
Dies alles geschieht vor dem Hintergrund des ersten Todesopfers im Ärmelkanal im Jahr 2022. Ein junger Sudanese starb bei der Überfahrt von Frankreich nach Grossbritannien, vor der Küste von Berck im französischen Departement Pas-de-Calais. Die restlichen 32 Menschen an Bord des Bootes wurden in einem Zustand der Unterkühlung zurück nach Frankreich gebracht.
Home Office age assessment policy for asylum seekers is unlawful, High Court rules
May Bulman, Independet, 20.1.2022
Army will build camps to house 30,000 migrants… as it emerges MoD could stop releasing figures on how many are crossing the Channel each day
David Barrett, Daily Mail, 19.1.2022
Royal Navy unlikely to pursue Channel refugee ‘pushback’ policy
Rajeev Syal and Dan Sabbagh, The Guardian, 17.1.2022
Nuovo dramma nella Manica, muore migrante di 20 anni
Rai News, 14.1.2022