Themen
- “Pushback”: Real in Griechenland & Unwort des Jahres
- Ständerat befürwortet Vorstoss zum Schutz aller von häuslicher Gewalt betroffenen Migrantinnen
- Bestätigt: Neutralität ist auch am Bundesverwaltungsgericht eine Illusion
- EU-Aussengrenze: Polens Strategie geht auf – Aus den Augen, aus dem Sinn
- Wie Europa mit gezielten Kampagnen Migrationsbekämpfung betreibt
- Security-Gewalt in Bundesasylcamps: Zeitspielen lernen
- Petition gegen Martin Sellner
- Libyen: Monatelanger migrantischer Protest gewaltsam aufgelöst
- „Pushback“: Real in Griechenland & Unwort des Jahres
- Ständerat befürwortet Vorstoss zum Schutz aller von häuslicher Gewalt betroffenen Migrantinnen
- Bestätigt: Neutralität ist auch am Bundesverwaltungsgericht eine Illusion
- EU-Aussengrenze: Polens Strategie geht auf – Aus den Augen, aus dem Sinn
- Wie Europa mit gezielten Kampagnen Migrationsbekämpfung betreibt
- Security-Gewalt in Bundesasylcamps: Zeitspielen lernen
- Petition gegen Martin Sellner
- Libyen: Monatelanger migrantischer Protest gewaltsam aufgelöst
Was ist neu?
“Pushback”: Real in Griechenland & Unwort des Jahres
In den Statistiken der griechischen Behörden verschwinden über 20‘000 Menschen, die das Land 2021 über die Ägais erreichen wollten. Sehr wahrscheinlich erfuhren sie Pushbacks in die Türkei – ein Begriff, der es zum Unwort des Jahre schaffte.
Der Begriff Pushback ist aus dem Englischen entliehen. Er bedeutet „zurückdrängen“. Eine Verharmlosung für das menschenfeindliche Vorgehen an den europäischen Grenzen, findet eine Jury und kürte den Ausdruck zum Unwort des Jahres 2021. Der Begriff beschönige einen Prozess, der Menschenrechte verletzt und Migrant*innen das Recht nimmt, einen Asylantrag in Europa zu stellen. Ebenfalls die damit einhergehende direkte Gewalt bis hin zum Tod von Menschen werde hinter dem Begriff verborgen. Das Unwort des Jahres soll für einen kritischen Sprachgebrauch sensibilisieren. Der Begriff Pushbacks wird seit 2019 vermehrt in den Medien genutzt – auch von den Kritiker*innen dieses Vorgehens.
Kein Aspekt der Grenzgewalt sollte in irgendeiner Form beschönigt werden. Allein in Griechenland wurden im vergangenen Jahr (zehn-)tausende Menschen zurückgedrängt. Wie viele es genau sind, dazu haben die Behörden selbst den Überblick verloren. Nur 8616 Migrant*innen seien 2021 in Griechenland angekommen, freut sich Migrationsminister Mitarakis. Mehr als 29’000 Menschen habe sie aus dem Meer gerettet, gibt die griechische Küstenwache an. Über 20‘000 Menschen wurden also gerettet, aber ihre Ankunft nie registriert. Sie haben auch nie ein Asylgesuch gestellt. Am wahrscheinlichsten ist, dass sie in die Türkei zurückgeschoben wurden. Die NGO Aegean Boat Report zählt in ihrer Statistik 14‘000 Zurückweisungen im vergangenen Jahr. Die türkische Küstenwache spricht von 16‘000 Rückschiebungen.
Das spricht für ein systematisches Vorgehen der Behörden, für systematische Menschenrechtsverletzungen. Und die Zahlen betreffen nur die Migrationsroute über das östliche Mittelmeer. Gleichzeitig wurde erneut ein ziviles Rettungsschiff, die Ocean Viking, von den italienischen Behörden festgesetzt. Eine Schikane, die diejenigen an der Rettung von Menschen hindert, für die ausser Frage steht, dass ein sicherer Hafen für Menschen auf der Flucht nur in Europa liegen kann.
https://www.unwortdesjahres.net/presse/aktuelle-pressemitteilung/
https://www.nzz.ch/international/griechenland-unstimmige-zahlen-bei-migranten-und-fluechtlingen-ld.1663070
https://taz.de/Italien-geht-gegen-Rettungsschiff-vor/!5828066/
Ständerat befürwortet Vorstoss zum Schutz aller von häuslicher Gewalt betroffenen Migrantinnen
Die Staatspolitische Kommission des Ständerats stimmte vergangene Woche dem Vorstoss zur Anpassung des Ausländer- und Integrationsgesetzes zur Verbesserung der Situation aller von häuslicher Gewalt betroffenen Migrantinnen zu. Jetzt kann die Nationalratskommission einen Erlassentwurf ausarbeiten.
Ausgangslage des Vorstosses, der von einer überparteilichen Gruppe an Parlamentarierinnen eingereicht wurde, ist die besonders prekäre Situation aller von häuslicher Gewalt betroffenen Migrantinnen. Nach einer Scheidung darf die Person, deren Aufenthaltsstatus an die Ehe gebunden war, nur in der Schweiz bleiben, wenn sie mindestens drei Jahre verheiratet war und als «integriert» angesehen wird. Für Betroffene von häuslicher Gewalt gibt es Ausnahmen, die jedoch äusserst streng sind: Es muss nachgewiesen werden, dass die häusliche Gewalt in einer «gewissen Intensität und Systematik» stattgefunden hat. Dies zu beurteilen, hängt heute von den Migrationsbehörden oder zuständigen Sachbearbeitenden ab. Gerade bei häuslicher Gewalt, die sich oft versteckt in privaten Räumen abspielt, ist dies jedoch äusserst schwierig. Die Realität zeigt: Wehren sich Betroffene gegen ihre gewalttätigen Ehepartner, müssen sie mit Abschiebung rechnen (vgl. www.antira.org/2021/10/10/). Der parlamentarische Vorstoss will die Schwelle für den Nachweis häuslicher Gewalt senken.
Grundsätzlich ist festzuhalten: Der Staat schützt (migrantische) FLINTA*s nicht. Gewalt an FLINTA*, Gewalt an Migrant*innen ist strukturell in staatlichen Institutionen verankert. Daran ändert auch dieser parlamentarische Vorstoss nichts.
*FLINTA: Abkürzung für Female, Inter, Nonbinär, Trans, Agender. Der Begriff umfasst alle Personen, welche eine andere Geschlechtsidentität als cis-hetero-männlich haben.
https://www.watson.ch/schweiz/nationalrat/363555945-parlament-will-korrektur-bei-haeuslicher-gewalt
https://www.blick.ch/politik/kein-landesverweis-nach-scheidung-auslaenderinnen-sollen-besser-vor-gewalt-geschuetzt-werden-id17136508.html
https://www.parlament.ch/press-releases/Pages/mm-spk-s-2022-01-11.aspx
Was geht ab beim Staat?
Bestätigt: Neutralität ist auch am Bundesverwaltungsgericht eine Illusion
Eine neue Studie bestätigt, was kritische Anwält*innen, Betroffene und Medienschaffende schon länger sagen: Am Bundesverwaltungsgericht sind politisch einseitige Richter*innengremien keine Seltenheit. Besonders häufig geschieht dies bei Asylentscheiden.
Bandlimat heisst der Alghorithmus, der die Neutralität bei der Auswahl der Richter*innen am Bundesverwaltungsgericht sicherstellen soll. Eine aktuelle Studie von Forscher*innen der Universität Zürich und Bern kommt zum Schluss: Die Auswahlmechanismen werden diesem Anspruch nicht gerecht. Wenn zuerst der Badlimat die Richter*innen auswählt, wird das Ergebnis regelmässig nachträglich angepasst. Dazu gibt es legitime Gründe, wie die Verfahrenssprache oder die Verbindung zu früheren Entscheiden. Bei der grössten Gruppe von Änderungen kann der Grund des Eingriffs jedoch nicht nachvollzogen werden.
Insgesamt über 119 Personen (Richter*innen, Gerichtsschreiber*innen und Kanzleipersonal) haben Zugriff auf den Bandlimaten und können die Auswahl der Richter*innen frei abändern. Werden Verfahren durch die passende Auswahl beeinflusst? Dieser Verdacht scheint sich insbesondere im Bereich von Asylfragen zu bestätigen. Der Berner Rechtsanwalt Gabriel Püntener analysierte dazu die Richter*innenauswahl in denen von ihm bearbeiteten Fällen: Immer häufiger kommen einseitige, durch SVP-Mehrheiten geprägte harte Entscheide vor.
Schlussendlich sind es einzelne Menschen, die die Folgen zu spüren bekommen, wie antira.org bereits im Februar berichtete (www.antira.org/2021/02/02): Ein Mann aus Sri Lanka befindet sich seit drei Jahren in der Schweiz, sein Asylgesuch wurde nie geprüft – ohne nachvollziehbare Begründung hatte dies ein Richter*innen-Gremium mit doppelter SVP-Belegung entschieden.
Was ist aufgefallen?
EU-Aussengrenze: Polens Strategie geht auf – Aus den Augen, aus dem Sinn
Die Zustände in der Sperrzone an der Grenze Polen-Belarus werden immer prekärer. Während sich Hilfsorganisationen zurückziehen, beginnt Polen mit dem Bau einer Mauer und der systematischen Internierung geflüchteter Menschen. Der Rest Europas schaut weiterhin tatenlos zu.
Die Wahl von «Pushback» zum Unwort des Jahres wäre auch für diesen Artikel ein guter Aufhänger gewesen. Seit einem halben Jahr berichten wir fast wöchentlich von gewaltsamen Zurückweisungen geflüchteter Menschen an der EU-Aussengrenze nach Belarus. Zuerst aus Litauen, dann aus Lettland und nun aus Polen. Geht es nach der Strategie der polnischen Regierung, soll die Öffentlichkeit möglichst nichts davon erfahren. Die Strategie sieht vereinfacht beschrieben wie folgt aus: Sperrzone einrichten, Hilfeleistungen unterbinden, Geflüchtete internieren, Mauer bauen. 21 Tote sind im letzten Jahr in der Grenzregion gezählt worden. Und die Ereignisse seit Jahresbeginn lassen befürchten, dass es noch mehr werden.
Am 6. Januar hat Ärzte ohne Grenzen (MSF) mitgeteilt, dass sie sich nach einer dreimonatigen Blockade durch die polnische Regierung aus der Grenzregion zurückgezogen haben. Personen von MSF wurde der Zugang zu den Waldgebieten verboten, wo sich bei Minustemperaturen Menschen von den Grenzsoldat*innen verstecken. Seit September letzten Jahres existiert an der mehr als 400 Kilometer langen Grenze eine hermetisch überwachte Sperrzone. Journalist*innen und Aktivist*innen droht bei Betreten 30 Tage Haft. Wie der MDR aktuell berichtet werden Helfer*innen zudem von kleinen Teilen der lokalen Bevölkerung bedroht. Den Aktivist*innen der Initiative «Medycy na Granicy» wurden als Warnung Privatautos demoliert, worauf sie Ihre Einsätze zwischenzeitlich einstellten. Mit der Sperrzone und der Internierung Geflüchteter soll nicht nur die Unterstützung, sondern auch die mediale Berichterstattung unterbunden werden. Und dies leider mit Erfolg. In der polnischen Bevölkerung erfährt die Regierung immer mehr Unterstützung für den Bau einer Grenzmauer und das Inhaftieren Geflüchteter. Nur die Bilder von Familien und frierenden Kindern im Wald rufen Protest hervor. Darum soll das Entstehen solcher Fotos auch tunlichst vermieden werden. Notfalls wird dazu auch die entsicherte Waffe auf Journalist*innen gerichtet.
Auch in den westeuropäischen Ländern und dem EU-Parlament ist nach kurzer Empörung der Aufschrei verhallt. Immer weniger Geflüchtete können weiterreisen und in den reichen Ländern im Westen Aufnahme finden. Stattdessen werden sie in Polen zu Tausenden in Haftanstalten interniert. tagesschau.de berichtete vorletzte Woche detailliert von den Zuständen in den Camps. Dabei werden auch Kinder, traumatisierte Menschen und Folteropfer in Lagern festgehalten. Welche Handlungsmöglichkeiten bestehen in dieser Tragödie noch, die sich seit über einem halben Jahr fortsetzt? Natürlich gilt es weiterhin die solidarischen Strukturen vor Ort zu unterstützen. Unter den repressiven Massnahmen können diese allerdings zur Zeit selber kaum agieren. Daher ist es wichtig, weiterhin Druck auf das europäische Grenzregime als Ganzes aufzubauen.
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/polen-fluechtlinge-internierung-101.html
https://www.mdr.de/nachrichten/welt/osteuropa/politik/eu-grenze-belarus-polen-fluechtlinge-100.html
https://www.zeit.de/politik/deutschland/2022-01/polen-belarus-gefluechtete-aerzte-ohne-grenzen-humanitaere-hilfe?utm_referrer=https%3A%2F%2Fduckduckgo.com%2F
Wie Europa mit gezielten Kampagnen Migrationsbekämpfung betreibt
Europäische Regierungen setzen seit Jahren alles daran, Menschen von der Flucht nach Europa abzuhalten. Klassische Mittel wie Zäune, Überwachung der Grenzen, Pushbacks etc. sind mittlerweile mehr oder weniger bekannt und zur Normalität geworden. Etwas weniger bekannt sind subtilere Massnahmen, wie beispielsweise die Beeinflussung der Menschen durch Informationskampagnen, welche sie von einer Flucht abhalten sollen.
Unter anderem steckt die britische Regierung seit Jahren sehr viel Geld in diese Form der Fluchtbekämpfung. Konkret gab das britische Innenministerium seit 2016 mindestens 700’000 Pfund für die Kampagne «Migration Behaviour Change» aus. Die Firma Seefar, welche die Kampagne aufschaltete, hat beispielsweise Menschen in Afghanistan vor der Übernahme durch die Taliban von der Flucht abgeraten. Die Kampagne argumentiert mit der Gefährlichkeit von Fluchtrouten. Sie will den Menschen aufzeigen, wie potentiell tödlich eine Flucht nach Europa sein kann, damit sie diese nicht auf sich nehmen. Durch eine mehrsprachige Website und einen Telefondienst sollen potentielle Migrant*innen abgeschreckt werden. Seefar gibt sich dabei als eine gemeinnützige Organisation aus, macht aber keine Angaben wie Menschen beispielsweise Asyl beantragen oder etwas sicherer nach Europa reisen können.
An solchen Kampagnen ist vieles – wenn nicht alles – falsch und verlogen. Erstens wird die Verantwortung für die gefährliche Flucht den Menschen auf der Flucht zugeschoben. Dadurch entzieht sich die EU jeglicher Verantwortung. Doch Fluchtrouten sind grösstenteils deshalb gefährlich, weil sich die EU abschottet. 700’000 Pfund könnten stattdessen in sichere Fluchtrouten investiert werden. Zweitens ist die Kampagne einfach zur zynisch. Sie wirbt beispielsweise mit dem Slogan «Sie haben die Wahl. Riskieren Sie nicht ihr Leben und verschwenden Ihr hart verdientes Geld, bei dem Versuch, Grossbritannien zu erreichen». Doch was ist denn die Alternative? Abwarten und zuschauen wie dein Leben und das deiner Liebsten von Krieg, autoritären Regimes oder Umweltkatastrophen zerstört wird? Gerade in Afghanistan sind seit der Machtübernahme der Taliban zahlreiche Menschen ermordet, inhaftiert oder immenser Gewalt ausgesetzt worden. Und von europäischen Regierungen wurde praktisch nichts unternommen, um den Menschen etwas mehr Sicherheit zu bieten. Resettlement-Programme laufen nur sehr schleppend an und nur enorm wenige Menschen haben überhaupt die Möglichkeit erhalten, einen Asylantrag in einem anderen Land zu stellen.
Auf Nachfrage des «Independent» gibt sich die britische Regierung als die Guten aus. Sie wolle sich «nicht entschuldigen und auf die Risiken irregulärer Reisen mit Hilfe von Menschenschmugglern hinweisen». Und Seefar will nach eigenen Angaben «potenzielle Migrant*innen in die Lage versetzen, fundierte Entscheidungen zu treffen und sie mit lebensrettenden Informationen ausstatten». Sie alle tun so, als wäre Flucht dank ihnen ein kleines bisschen weniger gefährlich. Was Flucht ein bisschen weniger gefährlich machen würde, wäre die Absetzung ebensolcher europäische Regierungen, die Menschen auf der Flucht kriminalisieren und mit allen Mitteln zurückdrängen.
Nicht nur Grossbritannien verwendet diese Art der Migrationsbekämpfung. Auf der Website von Seefar sind Unterstützende aufgeführt, darunter die Regierungen von Deutschland, Australien und den Niederlanden sowie die Europäische Kommission. Ausserdem erhielten Facebook und Instagram zwischen April-Dezember letzten Jahres über 23’000 Pfund von der britischen Regierung für gezielte Anzeigen, die auf die Websites verschiedener Kampagnen zur Migrationsbekämpfung verlinkten.
https://www.independent.co.uk/news/uk/home-news/afghan-asylum-seekers-uk-websites-seefar-b1981905.html
https://seefar.org
Was nun?
Security-Gewalt in Bundesasylcamps: Zeitspielen lernen
Nachdem die Gewalt in den Bundesasylcamps öffentlich wurde und der Druck stieg, liess das SEM die Vorfälle extern untersuchen. Ein Bericht ist erschienen und der ist schlecht. Trotzdem ist es still geworden um das Thema der prügelnden Security. Was ist geschehen?
In Bundesasylcamps erleben geflüchtete Menschen oft keinen Schutz, sondern Gewalt. Gegen die Spitze des Eisbergs dieser Gewalt – nämlich prügelnde Security-Angestellte – regte sich vor einiger Zeit zunehmend Widerstand. Nach und nach begannen nicht nur antirassistisch aktive Menschen und Gruppen, sondern auch die Medien und grösseren NGOs den Erzählungen der gewaltbetroffenen Personen in den Bundesasylcamps Achtung zu schenken. Als es dann in einem Fall gelang, handfeste Beweise gegen die Security vorzuweisen, die ihre Machtposition missbrauchten, stieg der Druck auf das Staatssekretariat für Migration (SEM) und es wurde eine externe Untersuchung von einer scheinbar neutralen Person, in diesem Fall der Alt-Bundesrichter Niklaus Oberholzer, in Auftrag gegeben.
Der Bericht wird nun von der NGO humanrights.ch in Frage gestellt und kritisiert:
- Die Untersuchung betreffe nur die Probleme von einigen Menschen und sei weitgehend eine einseitige Sekundärrecherche von Dokumenten, die zudem einseitig vom SEM zur Verfügung gestellt wurden.
- Betroffene Personen und ihre Rechtsvertretenden wurden offenbar nicht oder kaum direkt befragt. Hingegen wurden Angestellte der Security-Firmen und des SEM befragt.
- Weil die gewaltbetroffenen Asylsuchenden in einigen Fällen Strafanzeige einreichten, kam der Bundesrichter zum absurden Schluss, der Zugang zurm Rechtsschutz funktioniere gut. Dabei zeigt sich, dass die Möglichkeit, eine Strafanzeige einzureichen, oft nur zustande kam, wenn solidarische Menschen, Gruppen oder Organisationen dies unterstützten und dazu ermutigten. Die Gratisanwält*innen des SEM sehen dies auf alle Fälle nicht als ihr Mandat und haben auch keine Mittel, um dies zu tun.
- Die Ergebnisse der mangelhaften und parteiischen Untersuchung von wenigen Fällen wurden dann auch einfach und auf unzulässige Art verallgemeinert. Es gäbe kein systematisches oder strukturelles Problem, lautet das Fazit der Untersuchung.
Unser Fazit ist anders: Im Widerstand gegen die strukturell rassistische Gewalt gelang es durch Berichte und Mobilisierung, diese Probleme für einen Augenblick ins bürgerlich-mediale Scheinwerferlicht zu rücken und damit das SEM unter Druck zu bringen. Die SEM-Strategie, mit der Kritik umzugehen, bestand zuerst darin, keine Schuld einzugestehen, Kritik totzuschweigen, Probleme zu bagatellisieren. Als dies nicht mehr ging, haben sie einzelne Angestellte entlassen und von Einzelfällen geschwafelt. Klassisch für diese Phase ist auch die Idee einer externen Untersuchung. Die stellt die meisten Kritiker*innen ruhig. Einige werten eine solche Untersuchung gar als Erfolg. Der kritische Teil der Kritiker*innen ist sich bewusst, dass die Untersuchung nicht zu strukturellen Veränderungen führen wird. Auf sie wirkt hingegen die Dauer der Untersuchung. Denn diese dauert immer lange und es ist herausfordernd, in dieser Zeit die Mobilisierung aufrechtzuerhalten. Oft zerbircht in dieser Zeit die Mobilisierungsfähigkeit selbstorganisierter Gruppen.
Als der Bericht von Bundesrichter Oberholzer herauskam, erinnerte sich in der Öffentlichkeit kaum jemand mehr an die Probleme und die Menschen und Gruppen, die diese Kritik hervorbrachten. Und trotz den offensichtlichen Mängel des Berichts blieb es still. Was nun?
Petition gegen Martin Sellner
Ein bekannter Rechtsextremist sammelt Spenden mit einem PostFinance-Konto, während verschiedene andere Banken seine Konten gesperrt haben. Fordere die PostFinance dazu auf, Martin Sellner’s Konto sofort zu sperren!
Von act.campax.org.
Das Online-Portal “Watson” hat berichtet, dass Martin Sellner ein Konto bei der PostFinance besitzt. Sellner ist Bundesleiter der “Identitären Bewegung Österreich” und einer der führenden Köpfe des europäischen Rechtsextremismus. Er hetzt gegen Menschen mit Migrationshintergrund, People of Color, Jüd:innen, Linke und stand sogar in Kontakt mit dem Christchurch-Attentäter.
Während offenbar 37 andere Banken die Konten von Sellner gesperrt haben, bietet die Schweizer PostFinance dem Rechtsextremisten ihre Services an. Sie ermöglicht damit, dass Sellner für seine Hasstiraden Geld sammelt und seine politische Hetze finanziert.
Das kann nicht sein! Lass uns PostFinance gemeinsam dazu auffordern, das Konto von Martin Sellner umgehend zu sperren.
Jetzt Petition unterzeichnen! Auch die Plattformen YouTube, Twitter, Facebook und Instagram haben Sellner’s Accounts übrigens gesperrt, weil er gegen ihre Nutzungsbestimmungen verstossen hat. Es darf nicht sein, dass die PostFinance und damit ein quasi staatliches Unternehmen als einzige mit Sellner geschäftet. Lass uns gemeinsam gegen Hass und Hetze einstehen! Die Tage der Gleichgültigkeit und der Schlupflöcher in der Schweiz sind vorbei!
Wo gabs Widerstand?
Libyen: Monatelanger migrantischer Protest gewaltsam aufgelöst
In der libyischen Hauptstadt Tripolis protestierten Migrant*innen aus Subsahara-Staaten. Vor dem Gebäude der UNO errichteten sie im Oktober ein Camp für ein ständiges Sit-In. Die migrantische Aktion zielte darauf ab, sich selbst einen geschützen Ort zu schaffen und gleichzeitig eine bessere Behandlung in Libyen zu erkämpfen. Diese Woche wurde das Protestcamp mitten in der Nacht angegriffen und von Milizen brutal geräumt.
Ein Video auf Twitter zeigt wie die Aktivist*innen angegriffen und weggeführt wurden. Dann wurden Zelte und Decken niedergebrannt. Augenzeug*innen berichten von Toten. 600 Personen seien in Pick-ups und Busse gesteckt und in die berüchtigten Internierungslager gebracht worden.
Als der Protest im Oktober startete, verfassten die Aktivist*innen folgende Zeilen:
„Wir kamen als Einzelpersonen und versammelten uns am Sitz des UNHCR. Hier wurde uns klar, dass wir keine andere Wahl hatten, als uns selbst zu organisieren. Wir erhoben unsere Stimmen, die ständig zum Schweigen gebracht werden. Wir können nicht weiter schweigen, solange sich niemand für uns und unsere Rechte einsetzt. Wir sind jetzt hier, um unsere Rechte einzufordern und Schutz in sicheren Ländern zu suchen.“
Die nun niedergeschlagene Aktion hatte folgende Forderungen: (1) Evakuierung in sichere Länder; Gerechtigkeit und Gleichheit unter den Flüchtenden, die beim UNHCR registriert sind; (3) Kein Geld für die sogenannt libyschen Küstenwache; (4) Schliessung aller Haftanstalten in Libyen, die Europa finanziert werden; (5) Prozesse gegen Mörder*innen; (6) Einhalten der Genfer Flüchtlingskonvention.
https://www.refugeesinlibya.org/post/we-became-the-hidden-workforce-of-the-libyan-economy
https://www.aljazeera.com/news/2022/1/10/libya-security-forces-violently-break-up-migrant-protest
https://taz.de/Gefluechtete-in-Libyen-vertrieben/!5825230/
https://twitter.com/RefugeesinLibya/status/1480926005988663297?s=20
Was steht an?
Bis 22. Januar werden im Kirchgemeindehaus Steigerhubel, Bern, Sachspenden für Geflüchtete gesammelt. Die Sachspenden werden dann mit der Hilfe von „Open Eyes Balkanroute“ nach Bosnien gebracht. Es werden auch noch helfende Hände zum Sortierten der Waren gebraucht. Meldet euch gerne bei uns.
https://www.facebook.com/seebrueckeCH/posts/915583042429910
https://killerdogan.ch
Am 22. Januar um 14:00 Uhr haben mehrere rechtsradikale Gruppierungen zu einer Kundgebung gegen die Coronamassnahmen in Bern aufgerufen. Wie schon in der Vergangenheit beobachtet, eignen sich in diesem Rahmen rechtsradikale Gruppierungen wie die Männer WG, die junge Tat und die Nationale Aktionsfront, den Diskurs an, rekrutieren Neuzuläufe und versuchen den gesellschaftlichen Diskurs nach rechts zu verschieben. Auch die genannten Guppierungen haben am 22.01. zu der Kundgebung in Bern aufgerufen.
Das werden wir nicht tollerieren und sagen am Samstag den 22. Jan um 14.00 Uhr eine Velodemo gegen rechts ab dem Falkenplatz an.
Seid pünktlich, kommt in Bezugsgruppen, mit Maske und haltet Abstand!
!!!BÄRN BLIBT NAZIFREI!!!
Lesens -/Hörens -/Sehenswert
Banner Aktion in Gedenken an Leyla, Fidan und Sakine
Heute, am 10. Januar, gingen wir mit einem Banner vor die türkische Botschaft in Bern um den drei Kämpferinnen Sakine Cansız, Fidan Doğan und Leyla Şaylemez zu gedenken.
https://barrikade.info/article/4947
StopIsolation-Aktivist Saeed Farkhondeh & Familie haben endlich Papiere bekommen
#stopisolation: Erfolge und Perspektiven | Video-Interview mit Saeed Farkhondeh
https://www.facebook.com/watch/?ref=saved&v=1096679201081693
Grüsse von der Sturmvogeloma
Völkische Siedler ziehen ganz gezielt in ländliche und strukturschwache Regionen. Nach außen erscheinen sie harmlos und heimatverbunden. Ihre Ideologie und Kontakte zur rechtsextremen Szene sind jedoch gefährlich.
https://katapult-magazin.de/de/artikel/gruesse-von-der-sturmvogeloma
„Alle fragen nach Novak“, aber Mehdi sitzt seit neun Jahren in australischer Einwanderungshaft
Der Iraner war 15 Jahre alt, als er mit einem Boot in Australien ankam und Zuflucht suchte. Obwohl er offiziell als Flüchtling anerkannt wurde, war er seitdem nicht mehr frei – er wurde am Freitag 24 Jahre alt.
(Artikel auf Englisch)
https://www.theguardian.com/world/2022/jan/07/everyone-asks-about-novak-but-mehdi-has-languished-for-nine-years-in-australian-immigration-detention
Djokovic’s Detention Highlights Plight of Asylum Seekers in Australia
The tennis star is quarantining in a Melbourne hotel where asylum seekers have been held for over a year, under a program that has been widely criticized.
https://www.unhcr.org/cgi-bin/texis/vtx/refdaily?pass=52fc6fbd5&id=61dbd6a23