Medienspiegel 17. Dezember 2021

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++SCHWEIZ
Coronavirus: Bundesrat verlängert Schutzmassnahmen im Asylbereich
Der Bundesrat hat im Frühjahr 2020 Massnahmen für den Schutz der Gesundheit aller am Asylverfahren beteiligten Akteure beschlossen. Durch diese Massnahmen kann sichergestellt werden, dass auch im Asylbereich der Schutz vor Ansteckungen mit dem Coronavirus gewährleistet ist und gleichzeitig auch die Kernfunktion des Asylsystems, die Durchführung von Asyl- und Wegweisungsverfahren, sichergestellt bleibt. Der Bundesrat hat die entsprechende Verordnung an seiner Sitzung vom 17. Dezember 2021 bis Ende 2022 verlängert.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-86507.html


++++DÄNEMARK
Ausländische Gefängnisinsassen: Dänemark exportiert Abschiebehäftlinge nach Kosovo
In dänischen Gefängnissen ist kaum mehr Platz. Jetzt mietet das Land Zellen auf dem Balkan an. Kritiker sind fassungslos.
https://www.derbund.ch/daenemark-exportiert-abschiebehaeftlinge-nach-kosovo-901134042917



nzz.ch 17.12.2021

Dänemark will 300 Häftlinge in Kosovo unterbringen

Pristina erklärt sich bereit, Ausschaffungshäftlinge aus Dänemark aufzunehmen. Die Vereinbarung wirft in beiden Ländern Fragen auf.

Volker Pabst, Istanbul

Dänemark lagert einen Teil seines Strafvollzugs nach Kosovo aus. Insgesamt 300 Personen in Abschiebehaft aus Ländern ausserhalb Europas sollen die letzte Zeit ihrer Gefangenschaft in Kosovo absitzen.

Der Justizminister Nick Haekkerup hat den Schritt diese Woche im Rahmen eines Reformpakets zur Entlastung des dänischen Strafvollzugs angekündigt. Am Donnerstag bestätigte seine kosovarische Amtskollegin Albulena Haxhiu, dass ein entsprechendes Abkommen ausgehandelt worden sei und am Montag in Anwesenheit Haekkerups in Pristina unterzeichnet werde.

210 Millionen Euro für Pristina

Es sind noch nicht alle Details der Vereinbarung bekannt. Das kosovarische Justizministerium erklärte allerdings, dass die Häftlinge aus Dänemark in der Strafanstalt Gjilan, etwa 30 Kilometer südöstlich von Pristina, untergebracht werden sollten. Sie sollen unter dänischer Aufsicht von kosovarischem Personal bewacht werden.

Das Abkommen soll über zehn Jahre gelten und Kosovo eine Entschädigung von insgesamt 210 Millionen Euro einbringen. Die Regierung will das Geld vornehmlich für Investitionen im Bereich umweltschonender Energieerzeugung verwenden. Kosovo bezieht seine Elektrizität fast ausschliesslich aus veralteten Kohlekraftwerken.

Die sozialdemokratische Regierung in Kopenhagen stellt die Massnahme als Schritt zur Behebung der Missstände im Strafvollzug dar. Bis 2025 fehlen laut dem Justizministerium Kapazitäten für 1000 Gefangene. Der Häftlingsbestand ist in den letzten fünf Jahren um fast 20 Prozent gewachsen. Viele Aufseher haben ihre Stelle gekündigt, ohne dass Ersatz gefunden wurde.

Das diese Woche beschlossene Investitionsprogramm kostet insgesamt 4 Milliarden Kronen (560 Millionen Franken). Damit sollen auch in Dänemark zusätzliche Haftplätze geschaffen werden.

Aus Opposition und Bürgergesellschaft kommen aber teilweise heftige Einwände. Neben grundsätzlichen Bedenken über die Auslagerung hoheitlicher Aufgaben an Drittstaaten geht es dabei vor allem um die Rechte der Häftlinge.

Der Rechtsanwalt Claus Bonnez, dessen Organisation Häftlingen kostenlosen Rechtsbeistand leistet, weist gegenüber dem Sender DR etwa auf das Besuchsrecht hin, das durch die grosse Distanz stark eingeschränkt wird. Besonders problematisch sei die Situation, wenn die Häftlinge Kinder hätten, die in Dänemark lebten.

Gleiche Standards wie in Dänemark?

Es stellen sich auch Fragen zu den Standards des kosovarischen Strafvollzugs. Zwar gilt die Haftanstalt in Gjilan als relativ modern, doch chronische Missstände, etwa bei der Ausbildung des Personals oder bei der medizinischen Versorgung, bestehen in allen Gefängnissen im zweitärmsten Staat Europas, wie ein Bericht des amerikanischen Aussenministeriums 2019 festhielt.

Das vom Justizminister Haekkerup verkündete Ziel, in Kosovo dieselben Haftbedingungen zu gewährleisten wie in Dänemark, dürfte schwer zu erreichen sein. Allerdings liegt die Vermutung nahe, dass dies auch nicht das Ziel ist und ein gewisser Abschreckungseffekt von der dänischen Regierung durchaus erwünscht ist. Kopenhagen betreibt eine sehr restriktive Migrationspolitik.

Bereits seit einigen Jahren gibt es Pläne, auf einer abgelegenen Insel in der Ostsee eine Strafanstalt für ausländische Häftlinge zu eröffnen. Im Juni wurde ein Gesetz verabschiedet, das vorsieht, Asylsuchende während der Bearbeitung ihres Antrags ausserhalb der EU unterzubringen. Allerdings hat sich bisher kein Land gefunden, das bereit war, ein solches Aufnahmezentrum zu beherbergen.

Wohin mit den kosovarischen Gefangenen?

Das weiss man natürlich auch in Kosovo. Die Regierung von Albin Kurti erklärt sich bereits zum zweiten Mal bereit, für einen westlichen Staat Bürger aus Drittstaaten aufzunehmen. Nach dem Fall Kabuls nahm Kosovo, wie auch Albanien und Nordmazedonien, afghanische Mitarbeiter amerikanischer Organisationen für die Dauer der Bearbeitung des Visa-Antrags für die USA auf.

Während die Vereinbarung mit Washington als humanitäre Geste dargestellt werden konnte – und Pristina eine Bitte aus den USA ohnehin kaum ausschlagen kann –, ist das Abkommen mit Dänemark ein kommerzielles Geschäft. Kosovo kann die damit verbundenen Einkünfte zweifellos gut gebrauchen, gerade in Zeiten der Pandemie.

Allerdings stellt sich Kurti gerne als prinzipienfester Politiker dar, der seine hohen moralischen Ansprüche nicht für Geld veräussert. Auch deshalb kommt das Abkommen für viele Beobachter in Kosovo überraschend. Einige Stimmen vermuten, Kopenhagen habe Pristina auch Unterstützung bei der Visabefreiung für den Schengenraum zugesagt.

Unklar sind auch die Auswirkungen auf den regulären Strafvollzug im Land. Driat Cerabregu vom Kosova Rehabilitation Centre for Torture Victims in Pristina weist darauf hin, dass in Gjilan gegenwärtig 200 Häftlinge interniert sind. Deren Verlegung in andere Gefängnisse werde unweigerlich zu einer Überbelegung und einer Verschlechterung der Haftbedingungen führen.

Der Rat für Verteidigung der Menschenrechte, eine andere NGO, kritisiert die ausländische Aufsicht über einen Teil des Strafvollzugs. Damit kehre man wieder zu der Praxis des Protektorats zurück. Sie glaube auch den Versicherungen nicht, schreibt die Organisation, dass diese Gefangenen nicht besonders gefährlich seien. Andernfalls würde man sie kaum ins Ausland verlegen.
(https://www.nzz.ch/international/daenemark-will-teil-von-strafvollzug-nach-kosovo-auslagern-ld.1660815)


+++GROSSBRITANNIEN
Migration über den Ärmelkanal – Wo sich Britinnen und Briten für Flüchtlinge einsetzen
Die Bewohner von Hastings leisten Widerstand gegen die Forderung nach strengeren Migrationsgesetzen. Aber nicht alle.
https://www.srf.ch/news/international/migration-ueber-den-aermelkanal-wo-sich-britinnen-und-briten-fuer-fluechtlinge-einsetzen


+++POLEN
Polen: PiS-Partei als Wächter der Festung Europa
Polen macht die Grenze zu Belarus dicht. Die PiS-Regierung bekämpft Geflüchtete mit Push-Backs und der Aussetzung von Grundrechten. Die Abschottung der Festung Europa geht mit einer innerpolnischen autoritären Formierung Hand in Hand.
https://www.antifainfoblatt.de/artikel/polen-pis-partei-als-w%C3%A4chter-der-festung-europa


+++MITTELMEER
SEA-EYE 4 rettet auf Weihnachtsmission 223 Menschenleben vor aufziehendem Sturm
Malta verletzt seine Pflicht, Boote in Seenot zu retten
Seitdem die SEA-EYE 4 am Donnerstag, 16.12.2021, in der maltesischen Such- und Rettungszone eintraf, erreichten zahlreiche Meldungen über Boote in Seenot das Rettungsschiff. Insgesamt rettete die Crew der SEA-EYE 4 in vier Rettungseinsätzen 223 Menschen. Unter ihnen sind 29 Frauen, von denen 7 schwanger sind, und 8 Kinder. Die Crew sucht derzeit nach einem weiteren Boot in Seenot.
https://sea-eye.org/sea-eye-4-rettet-auf-weihnachtsmission-223-menschenleben-vor-aufziehendem-sturm/


Flucht übers Mittelmeer: Fast 200 Menschen gerettet
In der Nacht zu Freitag haben Hilfsorganisationen 192 Menschen aus Seenot gerettet. Erst tags zuvor hatte die „Ocean Viking“ über 100 Geflüchtete geborgen.
https://taz.de/Flucht-uebers-Mittelmeer/!5822879/


+++EUROPA
EU-Gipfel verschärft Maßnahmen gegen illegale Migration
Bei Treffen der Staats- und Regierungschefs waren an Ende die Außengrenzen im Fokus. Paris gewinnt den Atomstreit, unter anderem gegen Österreich
https://www.derstandard.at/story/2000131997932/eu-gipfel-verschaerft-massnahmen-gegen-illegale-migration?ref=rss


+++FREIRÄUME
(FB REITSCHULE)
Liebe Freund:innen der Reitschule

Die sehr hohen Fallzahlen, täglichen Meldungen über Menschen, die an Covid sterben, die überfüllten Intensivstationen und das völlig überlastete Gesundheitspersonal machen uns betroffen. Darum hat die Reitschule beschlossen bis am 9. Januar auf sämtliche Konzerte und Tanzveranstaltungen zu verzichten.

Die heute vom Bund beschlossenen Massnahmen (2G für Gastronomie und 2G+ für Konzerte und Partys) und die u.U. noch folgenden zusätzlichen kantonalen Bestimmungen, wird die Reitschule so umsetzen, dass wir ab dem 9. Januar hoffentlich wieder ganz öffnen können.

Für die Reitschule bedeuten die Massnahmen – so sinnvoll wir sie erachten – immer neue Umstellungen, die mit viel Aufwand verbunden sind. Wir erachten es als besonders wichtig, dass die finanziellen Hilfen für betroffene Betriebe jetzt ausgeweitet werden.

Wir befürworten grundsätzlich die Verschärfung der Massnahmen. In Anbetracht der steigenden Fallzahlen war diese nötig. Gastronomie und Kultur werden weiterhin in Verantwortung genommen, Schadensbegrenzung zu betreiben. Da sind wir dabei, unser Problem ist aber, dass die Massnahmen finanziell kaum abgefedert werden.  Um die Existenzgrundlage zu sichern, bestehen immer noch viele bürokratische Hürden. Wir fordern deshalb für die ganze Gastronomie- und Kulturbranche schnelle und unkomplizierte finanzielle Unterstützung!

Wir bitten euch – liebe Freund:innen des Hauses – euren Beitrag zur Eindämmung der Pandemie zu leisten. Bitte lasst euch impfen! Nach mehr als 20 Monaten möchten wir endlich wieder ungezwungen und mit gutem Gewissen mit euch feiern können.

eure Reitschule Bern
(https://www.facebook.com/218199575659/posts/10159350704575660/?d=n)



bernerzeitung.ch 17.12.2021

Thuner Stadtrat zu Kulturzentrum: Emotionale Debatte rund ums Akut

Dass der Betrieb des Alternativen Kulturzentrums (Akut) stärker kontrolliert werden soll, sorgte im Parlament für emotionale, engagierte Voten.

Gabriel Berger

«Wir wollen genau dies – und nichts anderes», befand Peter Aegerter (SVP). Der Gemeinderat hatte in der Antwort auf ein Postulat der SVP-Fraktion angeboten, die gestellten Fragen zum Alternativen Kulturzentrum Thun (Akut) «vom Amt für Bildung und Sport vertieft prüfen zu lassen». Fragen etwa zu Spenden, die das Akut-Kollektiv «zum Teil radikalen linken Gruppierungen» habe zukommen lassen. Geld, das durch den Mietzinserlass fürs Akut letztlich von den Steuerzahlenden stamme.

Grosses Engagement von links

Im Beisein von rund zwei Dutzend interessierten Zuhörenden aus dem Akut-Umfeld setzten sich Alice Kropf (SP) und Reto Kestenholz (Grüne) vehement fürs Kulturzentrum ein. «Würde der Mietzinserlass aufgehoben, wäre der Betrieb gefährdet», mahnte Kropf, die darauf hinwies, dass es laut der Polizei in den letzten Jahren «nie zu Beanstandungen» gekommen sei. Kestenholz betonte, dass im Akut stets alles transparent gelaufen sei und zudem für den Austausch unter allen Involvierten ein städtischer Beirat existiere.

Manfred Locher (EDU/EVP) und Barbara Lehmann Rickli (FDP) kritisierten derweil indirekt diesen Beirat, der seine Verantwortung zu wenig wahrgenommen habe. Dies wiederum rief Roman Gimmel (SVP) – in seiner letzten Sitzung als Gemeinderat – auf den Plan: «Wenn es etwas zu regeln gab oder gibt, dann regeln wir das.» Am Ende wurde das Postulat mehrheitlich angenommen, aber gleichzeitig auch abgeschrieben. Es blieb also (vorerst) beim Sturm im Wasserglas.
(https://www.bernerzeitung.ch/emotionale-debatte-rund-ums-akut-728000468094)



Wochengast: Monika Hungerbühler, Offene Kirche Elisabethen (ab 08:14)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/basler-clubs-hoffen-auf-genuegend-coronatests?id=12109916


+++SEXWORK
Solidarität statt Kriminalisierung
Prostituierte müssten vor Gewalt geschützt werden, heißt es häufig vonseiten der Politik. Doch das Anliegen wird oft für ein Verbot von Sexarbeit instrumentalisiert, um die Betroffenen geht es gar nicht.
Prostituierte müssten vor Gewalt geschützt werden, heißt es oft. Doch geht es meist nicht um Schutz, sondern um das Verbot von Sexarbeit. Die Lage der Betroffenen wird dadurch verschlechtert. Doch die wehren sich, auch gegen den Staat.
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1159724.sexarbeit-solidaritaet-statt-kriminalisierung.html


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Basler Zeitung 17.12.2021

Strafanzeige gegen Behörden: Wie gefährlich sind diese Videos für die Basler Polizei?

Beamte, die Beweisvideos manipulieren, grundlos Demonstrierende gefährden und sich gegenseitig schützen sollen. Ein Basler Anwalt erhebt schwere Vorwürfe und hat Anzeigen eingereicht.

Mirjam Kohler

24. November 2018, Basel: Auf dem Messeplatz haben sich eine Handvoll Rechtsextreme versammelt. Um sie herum wiederum Hunderte Gegendemonstrierende. Die Lage scheint unübersichtlich. Die Polizei versucht, die beiden Gruppen getrennt zu halten.

Schliesslich knallt es. Es fliegen Gummischrotgeschosse, Steine und Bierbüchsen durch die Luft. Sowohl Polizisten als auch Demonstrierende werden verletzt. Im Nachgang eröffnet die Basler Staatsanwaltschaft eine ganze Reihe von Untersuchungen gegen die linken Gegendemonstrantinnen und -demonstranten. Früh kommt Kritik auf. Einerseits am Verhalten der Polizei am Demonstrationstag. Dieses sei unverhältnismässig gewesen.

Andererseits Kritik an der Staatsanwaltschaft. Sie kriminalisiere den Protest, der bis zur Eskalation seitens der Polizei friedlich gewesen sei, heisst es von linker Seite. Und diese Seite wird nun, gut drei Jahre nach dem Ereignis, wieder aktiv.

Warum setzte die Polizei Gummischrot ein?

Der «Graue Block», eine linke Gruppierung, veröffentlichte am Freitag ein Video, das zeigen soll, was am 24. November wirklich passiert sei: «Dabei lässt sich belegen, dass die damalige Eskalation von der Polizei ohne Not herbeigeführt wurde und die Gummischroteinsätze willkürlich und unverhältnismässig waren», schreiben die anonymen Aktivistinnen und Aktivisten in einer Medienmitteilung.

Die Aufnahmen zeigen unter anderem die Szene rund um den ersten grösseren Gummischroteinsatz. Zu sehen ist eine Gruppe Gegendemonstranten, die der Polizei gegenüberstehen. Die Gruppe hält sich an den von der Polizei vorgegebenen Abstand. Einige der Demonstranten stehen mit verschränkten Armen in der ersten Reihe. Schliesslich setzt die Polizei Gummischrot ein. Warum, ist im Video nicht zu sehen.

Der erste grössere Gummischroteinsatz (ab ca. Minute 0:30).
Video: Grauer Block Basel
https://unityvideo.appuser.ch/video/uv440918h.mp4

Das Video kann nicht die ganze Situation abbilden. Spannend ist deswegen ein zweiter Videoausschnitt. Dieser zeigt dieselbe Szene von weiter weg. Dabei sind Beamte zu hören, die die Situation kommentieren. Sie sagen, ihre Kollegen hätten Gummischrot eingesetzt, damit die Gruppe rechtsradikaler Demonstranten an einen sicheren Ort gebracht werden könne. Einer von ihnen zeigt sich kritisch: «Das finde ich nicht gut», sagt er. Und zur Reaktion der Demonstranten: «Schau, was abgeht, Steine fliegen.»

Kommentare von Polizisten sowie Demonstranten, die an einer Baustelle Steine auflesen.
Video: Grauer Block Basel
https://unityvideo.appuser.ch/video/uv440919h.mp4

Der Einsatz von potenziell gefährlichem Gummischrot als Ablenkungsmanöver? Von dieser Version der Geschichte ist der Basler Anwalt Andreas Noll überzeugt. Deswegen hat er Strafanzeigen gegen die Kantonspolizei Basel-Stadt eingereicht. Das Dokument liegt dieser Zeitung vor. Noll vertritt selbst eine Reihe angeklagter Demonstrierender vor Gericht.

Diese Videos, schreibt Noll in der Anzeige, würden belegen, dass die Aggression nicht von den Demonstrierenden, sondern der Polizei ausging. Es handle sich um rechtswidrige Polizeigewalt. Ein Ablenkungsmanöver könne den Gummischroteinsatz niemals rechtfertigen, so der Anwalt. Ausserdem sei der gesetzliche Mindestabstand für Gummischrot nicht eingehalten worden. Da sich die Polizei offensichtlich nicht in einer Notwehrsituation befunden habe, gebe es dafür keinen Rechtfertigungsgrund.

Heftige Vorwürfe – auch gegen die Stawa

Zudem beanstandet Noll eine weitere Situation, in der die Polizei mit Gummischrot auf wegrennende Demonstrierende schiesst. Das sei nie rechtmässig, betont er.

Deswegen lautet die Strafanzeige gegen die Polizei und einzelne Beamte auf schwere Körperverletzung, mehrfach versuchte schwere Körperverletzung, Angriff, Raufhandel sowie Amtsmissbrauch. Gemäss Darstellung der Polizei ist sie zuerst massiv angegriffen worden und hat als unmittelbare Reaktion Gummischrot eingesetzt. Noll beschuldigt den Einsatzleiter deswegen der Irreführung der Rechtspflege und der Begünstigung seiner Unterstellten durch die Falschaussagen.

Es sind heftige Vorwürfe, die der Jurist den Behörden macht. Doch Noll will nicht nur die Polizei, sondern auch die Staatsanwaltschaft zur Verantwortung ziehen. Denn: Bei den Filmsequenzen, in denen die kritischen Kommentare von Polizisten zu hören sind, soll die Tonspur durch die Kriminalpolizei gelöscht worden sein. So sei vor Gericht das Konstrukt, dass die Polizei aus Notwehr Gummischrot eingesetzt habe, aufrechterhalten worden.

Die Beamten erzählen einem Kollegen, was passiert ist.
Video: Grauer Block Basel
https://unityvideo.appuser.ch/video/uv440920h.mp4

Dadurch seien die betreffenden Polizistinnen und Polizisten aktiv vor Strafverfolgung geschützt worden. Die beschuldigten Demonstrierenden hingegen seien durch das Gericht wegen der manipulierten Beweise härter bestraft worden. Schliesslich sei das Gericht jeweils von einer Notsituation der Polizei ausgegangen, die es aber nicht gab. «Dies würde den Tatbestand der Freiheitsberaubung in mittelbarer Täterschaft erfüllen, in jedem Fall in der Form des Versuches», schlussfolgert Noll. Zudem wirft er der Staatsanwaltschaft Urkundenfälschung – womit er die Videos meint –, Urkundenfälschung im Amt, Begünstigung und Amtsmissbrauch vor.

Natürlich soll die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt nicht gegen sich selbst Untersuchungen einleiten. Ein unabhängiges und neutrales Strafverfahren in der Sache sei nur möglich, wenn die Staatsanwaltschaft eines anderen Kantons die Sache übernehme, betont Noll.

Über die Einsetzung einer externen Staatsanwaltschaft entscheidet die Basler Regierung. Danach würde das Justiz- und Sicherheitsdepartement jemand Entsprechenden suchen und einsetzen. Die Basler Behörden haben bisher das eigene Verhalten nicht untersucht, schliesslich sei auch keine Strafanzeige diesbezüglich eingegangen.

«Medial und politisch schon x-fach thematisiert»

Die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt bestätigt auf Nachfrage, dass die Anzeige eingereicht wurde. «Selbstverständlich werden wir nun alle notwendigen rechtlich korrekten Schritte einleiten, damit diese Anzeige unabhängig und ergebnisoffen beurteilt und behandelt wird», schreibt Stawa-Sprecher Martin Schütz.

Zu den Vorwürfen äussert sich die Behörde ebenfalls: «Das gesamte uns zur Verfügung stehende mehrstündige Bildmaterial ist den Parteien und Gerichten bekannt. Es ist wiederholt Thema während Gerichtsverhandlungen gewesen und in der Urteilsfindung berücksichtigt worden. Aufgrund dieser Anzeige können wir keine konkreten Fragen zu diesem Bildmaterial beantworten. Wir dürfen der unabhängigen Behandlung der Anzeige nicht vorgreifen.»

Polizeisprecher Toprak Yerguz schreibt: «Der Mitteleinsatz während der Kundgebung vor drei Jahren wurde medial und politisch schon x-fach thematisiert.» Es sei mehrfach Stellung genommen worden, auch durch den damaligen Departementsvorsteher Baschi Dürr. «Wir nehmen zur Kenntnis, dass drei Jahre später eine Anzeige eines Strafverteidigers eingegangen ist. Da es sich somit um ein laufendes Verfahren handelt, verweisen wir auf die unzähligen verfügbaren Auskünfte, die wir schon erteilt haben.»
(https://www.bazonline.ch/wie-gefaehrlich-sind-diese-videos-fuer-die-basler-polizei-970108566883)



Pyro gezündet, Hand verletzt: YB-Fan zu acht Monaten bedingt verurteilt
Das Bundesgericht hat das Strafmass gegen den Mann erhöht, der im August 2020 mit dem Zünden eines Pyros andere Personen gefährdet hatte.
https://www.derbund.ch/yb-fan-zu-acht-monaten-bedingt-verurteilt-584494529771
-> https://www.blick.ch/schweiz/bern/drei-finger-weggesprengt-yb-fan-wegen-pyro-attacke-verurteilt-id17077857.html
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/drama-am-eiger-als-oper-am-stadttheater-biel?id=12109991 (ab


+++SPORTREPRESSION
bzbasel.ch 17.12.2021

Kritik am Vorgehen gegen FCB-Anhänger: «Ich habe mehr Hoffnung in die Vernunft der Fans als in die von Polizei und Politik»

Fananwältin Manuela Schiller kritisiert den Polizeieinsatz gegen die FCB-Fans am Mittwochabend in Bern als unverhältnismässig.

Jonas Hoskyn

Frau Schiller. Am Mittwochabend hat die Berner Polizei alle, die sie für Basler Fussballfans hielt, am Bahnhof abgefangen, einen Platzverweis ausgesprochen und zum Zug zurück eskortiert. Wie beurteilen Sie dieses Vorgehen?

Manuela Schiller: Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Vorgehen rechtens war. Es gibt klare Bestimmungen, unter welchen Bedingungen die Polizei Wegweisungen vornehmen kann. Ich habe das Berner Polizeigesetz nochmals gelesen und wüsste nichts, womit dieses Vorgehen gerechtfertigt werden könnte.

Die Polizei sagt, man habe Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung befürchtet.

Man hat wie bei einer Rasterfahndung alles vorsorglich weggewiesen, was nach Basler aussah. Das ist völlig unverhältnismässig. Wir leben in einer Demokratie. Man kann doch nicht auf Verdacht hin eine ganze Bevölkerungsgruppe anhalten. Zumal ja gar nicht gesagt ist, dass es zu Problemen gekommen wäre. Es gab beispielsweise in den letzten Wochen auch Aktionen von anderen Fans, die ohne grössere Zwischenfälle abliegen. Was mich stört: In Bern gab es zuletzt viele Demonstrationen von Coronaleugnern. Ich habe noch nie erlebt, dass dort ein ähnliches Polizeiaufgebot am Bahnhof wartete. Ich kann verstehen, dass man die Nase voll hat, aber es ist eine grosse Ungleichbehandlung.

Hatte die Berner Polizei überhaupt eine andere Möglichkeit? Die Basler Fans haben dazu aufgerufen, möglichst zahlreich nach Bern zu reisen, obwohl klar war, dass sie keine Tickets fürs Fussballspiel erhalten würden. Die Muttenzerkurve hat auch zu diesem Kräftemessen beigetragen.

Die Frage ist, warum die Berner daraus eine derart grosse Prestigesache gemacht haben. Ich kann mich nicht erinnern, dass sich die Basler in den vergangenen Jahren nicht an die Regeln gehalten haben. Da stellt sich die Frage der Verhältnismässigkeit.

Sie beschäftigen sich schon lange mit dem Thema Fans und Polizei. Wie ist dieser Einsatz im grösseren Kontext einzuordnen?

Ich habe ehrlich gesagt, mehr Hoffnung in die Vernunft der Fans als in die von Polizei und Politik. Im Moment sieht man an vielen Orten eine Verschärfung. Auch beim Thema der personalisierten Tickets setzt man auf unverhältnismässige Repression, in der Meinung so gewisse Probleme, die ich gar nicht abstreite, lösen zu können. Ob der Vorschlag überhaupt eine Lösung ist und was man damit kaputt macht, spielt keine Rolle. Ich halte das für eine gefährliche Entwicklung.

Welche juristischen Folgen drohen den Personen, die am Mittwochabend von der Polizei weggewiesen wurden?

Eigentlich keine. Eine Wegweisung ist eine polizeiliche Massnahme. Deswegen gibt es kein Strafverfahren. Die Frage ist aber etwa, wie lange die persönlichen Daten im Polizeisystem gespeichert bleiben. Ein Problem kann auch entstehen, wenn man die Wegweisung nicht akzeptiert. Dann kann es eine Busse geben. Oder wenn man sich gegen eine ungerechtfertigte Massnahme wehrt; das könnte als Hinderung einer Amtshandlung ausgelegt werden. Man muss also auch falsche Anweisungen der Polizei befolgen und kann nur im Nachhinein den Rechtsweg beschreiten.

Sie stehen in Kontakt mit der Muttenzerkurve. Diese hat am Freitag aufgerufen, dass man sich melden soll, wenn man selber betroffen ist. Was ist zu erwarten?

Es geht jetzt vor allem mal darum, Erfahrungsberichte zu sammeln. Dann kann man anschauen, wie man dagegen vorgehen will. Wenn man rechtlich überprüfen lässt, ob eine Vorgehensweise richtig war, weiss die Polizei beim nächsten Mal, dass sie nicht mehr so vorgehen kann.
(https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/yb-fcb-kritik-an-nauses-vorgehen-in-bern-ich-habe-mehr-hoffnung-in-die-vernunft-der-fans-als-in-die-von-polizei-und-politik-ld.2229232)


+++WEF
aargauerzeitung.ch 17.12.2021

Omikron-Risiken: Gleich fünf Bundesräte und der Bundeskanzler wollen ans WEF – doch findet «Davos» überhaupt statt?

Mit einem Grossaufgebot plant die Landesregierung ab dem 17. Januar 2022 ans Weltwirtschaftsforum zu reisen. Derweil fordert der Konzernchef eines Grossunternehmens, das WEF abzusagen – sein Schreiben liegt dieser Redaktion vor.

Patrik Müller

Immer im Januar ist die Schweiz für ein paar Tage eine diplomatische Grossmacht. Haben der helvetische Bundespräsident und der Aussenminister normalerweise Mühe, einen Termin in Brüssel zu bekommen, geschweige denn in Washington oder Peking, so stehen ihnen während des Weltwirtschaftsforums fast alle Türen offen.

Ob es unmittelbar viel bringt, wenn sich wie im Januar 2020 Simonetta Sommaruga mit EU-Chefin Ursula von der Leyen bespricht, darüber kann man sich zwar streiten. Aber für die Beziehungspflege ist der Jahreskongress in Davos für den Bundesrat von grossem Wert.

Offenbar gilt das mehr denn je. Denn gleich fünf Bundesratsmitglieder wollen ab dem 17. Januar am Weltwirtschaftsforum teilnehmen, wie CH Media erfahren hat. Und dazu der Bundeskanzler Walter Thurnherr. Nur zwei Bundesrätinnen stehen bislang nicht offiziell auf der WEF-Liste der Regierungsvertreter: Karin Keller-Sutter (FDP, Justizministerin) und Simonetta Sommaruga (SP, Umweltministerin).

Bundesratssprecher André Simonazzi äussert sich nicht zu diesen Informationen, er sagt bloss, es werde «zu gegebener Zeit» eine Medienmitteilung veröffentlicht. «Wir möchten vorher nicht einzelne Auftritte bestätigen», sagt er.

Ignazio Cassis soll die Eröffnungsrede halten

Traditionsgemäss wird der Schweizer Bundespräsident, das ist im Januar Ignazio Cassis (FDP, Aussenminister), den Kongress mit einer Ansprache eröffnen.

Dieser Auftritt wird meist von der Rede eines hochkarätigen ausländischen Gastes flankiert, zuletzt war dies der damalige US-Präsident Donald Trump. Auch Chinas Staatspräsident Xi Jinping trat schon bei der Eröffnung auf.

Das WEF steht wegen der Coronapandemie unter speziellen Vorzeichen, der Kongress wurde mehrfach verschoben, sowohl örtlich (Davos – Zentralschweiz – Singapur) wie auch zeitlich (Januar – Mai – August). Jüngst sind die Zweifel wieder gewachsen, dass der Anlass im Januar 2022 physisch durchgeführt werden kann. Die Veranstalter haben indes nach dem Entscheid des Bundesrats vor zwei Wochen, die wegen Omikron eingeführte Quarantäne-Pflicht wieder aufzuheben, gegenüber CH Media bekräftigt, an der Planung festzuhalten.

Der WEF-Kommunikationsverantwortliche Samuel Werthmüller begründete dies auch mit Informationen aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sowie den beiden internationalen Impfinitiativen GAVI und CEPI. Er sagte: «Wir haben uns mit unseren Kontakten bei der WHO, GAVI und CEPI ausgetauscht und sind der Meinung, dass es wichtig sein wird, im Januar führende Wirtschaftsvertreter, Regierungschefs und Minister an einem Ort zu versammeln.»

So optimistisch ist man im Umfeld der Bundesräte inzwischen aber nicht mehr. Zumindest zwei Regierungsmitglieder erwarten, dass die physische Durchführung kaum möglich sein werde. Bundesratssprecher André Simonazzi sagt dazu: «Über die epidemiologische Lage und ihren Einfluss auf das WEF können wir im Moment nicht spekulieren.»

Dass der Anlass, wie bereits im vergangenen Januar, nur virtuell stattfinden kann, ist durchaus möglich. Einzelne WEF-Mitglieder machen Druck in diese Richtung. CH Media liegt die Stellungnahme eines gewichtigen Konzernchefs vor. Erik Fyrwald, CEO des schweizerisch-chinesischen Saatgutherstellers Syngenta, teilte dem WEF mit: «Angesichts der Homeoffice-Pflicht wird es sehr schwer zu erklären sein, dass Tausende aus aller Welt nach Davos reisen, während sie zu Hause nicht in ihr Büro gehen können.»

Fyrwald gibt in dem Schreiben seiner Hoffnung Ausdruck, dass der Jahreskongress verschoben werde. Aus dem Innern des WEF ist zu hören, dafür sei es jetzt zu spät. Eine Verschiebung um wenige Tagen oder Wochen würde nur schon daran scheitern, dass bis März in Davos nicht genügend Hotelkapazitäten verfügbar wären. Für die lokale Hotellerie wäre eine Verschiebung, geschweige denn eine Absage, ein Schock.

Offiziell argumentiert das WEF nicht mit solchen wirtschaftlichen Argumenten für eine Durchführung, sondern mit der Notwendigkeit, durch ein Treffen Vertrauen aufzubauen und Massnahmen zur Bekämpfung der Pandemie zu koordinieren – zwischen staatlichen, privatwirtschaftlichen und Nichtregierungsorganisationen. WEF-Geschäftsführer Alois Zwinggi äussert sich auf Anfrage nicht zur aktuellen Entwicklung.
(https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/omikron-risiken-gleich-fuenf-bundesraete-und-der-bundeskanzler-wollen-ans-wef-doch-kann-davos-ueberhaupt-stattfinden-ld.2229051)


+++AUSLÄNDER*INNEN-RECHT
«Ich bin in der Schweiz, aber existiere hier nicht»
Flurim (28) überlebte zweimal eine Krebserkrankung. Gerne würde er einmal im Leben am Meer Ferien machen. Doch er lebt seit 20 Jahren als vorläufig aufgenommener Ausländer in der Schweiz. Ausreisen oder einen Handyvertrag abschliessen sind für ihn unmöglich.
https://www.20min.ch/video/ich-bin-in-der-schweiz-aber-existiere-hier-nicht-631824119906


+++KNAST
Teilsieg vor Bundesgericht: Gefängnis Pöschwies muss Brians Haftbedingungen anpassen
Das Bundesgericht kritisiert, der Umgang mit dem bekannten Häftling sei «nicht menschenrechtskonform», und rügt die Zürcher Justiz.
https://www.tagesanzeiger.ch/gefaengnis-poeschwies-muss-brians-haftbedingungen-anpassen-791255419466
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/fall-brian-zuercher-obergericht-kassiert-einen-rueffel?id=12109772
-> https://www.watson.ch/schweiz/justiz/507479865-fall-carlos-obergericht-muss-brian-lockereres-haftregime-ermoeglichen
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/2g-regeln-gemischte-reaktionen-aus-zuerich?id=12110018 (ab 04:13)
-> Schweiz  Aktuell: https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/urteil-im-fall-brian?urn=urn:srf:video:d8619771-1833-4238-a9f4-c131bf5258a8
-> https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/zuercher-obergericht-muss-brian-lockereres-haftregime-ermoeglichen-00170926/
-> https://www.20min.ch/story/obergericht-muss-bei-haftbedingungen-fuer-brian-25-ueber-die-buecher-481315462091
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/schweiz/sondersetting-schon-zum-vierten-mal-brian-erhaelt-vom-bundesgericht-recht-der-kanton-muss-ihm-jetzt-eine-perspektive-bieten-ld.2229072



nzz.ch 17.12.2021

«Inhaltlich erneut einseitig» – das Bundesgericht rüffelt das Zürcher Obergericht schon wieder im Fall Brian

Das Bundesgericht weist das Zürcher Obergericht an, im Fall Brian ein Konzept für Lockerungen des Haftregimes zu erstellen. Damit weist es zum wiederholten Male einen Entscheid der Vorinstanz zurück.

Fabian Baumgartner

Seit über drei Jahren befindet sich der junge Straftäter Brian von wenigen Unterbrüchen abgesehen in der Justizvollzugsanstalt Pöschwies im Zürcherischen Regensdorf in Sicherheitshaft. 23 Stunden am Tag sitzt er allein in seiner Zelle. Es gibt keine Freizeitgestaltung und keinen Kontakt zu anderen Häftlingen. Familienbesuche finden nur hinter einer Trennscheibe statt.

Brian und seine Anwälte kritisierten die Haftbedingungen wiederholt als unhaltbar. Sie verstiessen gegen das Folterverbot und kämen einer unmenschlichen Behandlung gleich. Sie ersuchten deshalb bereits mehrfach um Haftentlassung, blieben mit ihrem Antrag jedoch stets erfolglos. Mit dem Entscheid vom 17. September wies zuletzt das Präsidium des Zürcher Obergerichts ein entsprechendes Gesuch ab und ordnete die Fortsetzung der Sicherheitshaft an.

Einseitig auf behördliche Berichte abgestellt

Doch dafür ist das Obergericht nun erneut von höchstrichterlicher Instanz gerüffelt worden. Das Bundesgericht hat in seinem Urteil vom 3. Dezember die Beschwerde des jungen Straftäters teilweise gutgeheissen und die Sache zur Neuentscheidung ans Obergericht zurückgewiesen. Dieses muss nun umgehend ein Konzept für mögliche Lockerungen des Haftregimes erstellen.

Abgewiesen hat das Bundesgericht hingegen den Antrag Brians, ihn per sofort aus der Haft zu entlassen. Dies komme aufgrund des von ihm ausgehenden Sicherheitsrisikos vorläufig nicht infrage, hält es fest.

Bereits zum wiederholten Male weist das Bundesgericht damit im Fall Brian einen Entscheid ans Obergericht zurück. Allein jener in Sachen Haftentlassung ist nun bereits zum zweiten Mal aufgehoben worden. Und kürzlich befanden die Lausanner Richter, dass das Zürcher Obergericht den Prozess gegen den als «Carlos» bekannt gewordenen 26-jährigen Straftäter wiederholen müsse.

Das Bundesgericht kritisiert in seinem Urteil, die Begründung im Entscheid des Obergerichts sei inhaltlich erneut einseitig ausgefallen. Denn dieses stütze sein Urteil im Wesentlichen auf behördliche Berichte und spreche den Privatgutachten des Betroffenen die Glaubwürdigkeit entweder ganz ab oder gehe davon aus, diese beruhten auf unzutreffenden Annahmen. «Es geht nicht an, einseitig auf Behördenberichte abzustellen und den Privatgutachten praktisch pauschal die Relevanz abzusprechen.»

Es treffe zwar wohl zu, dass Brian nicht vollständig von der Aussenwelt abgeschottet sei. Doch auch wenn es sich nicht um Isolationshaft handle, so werde der Straftäter doch weitgehend abgeschirmt und habe nur sehr beschränkte Möglichkeiten zur sinnvollen Gestaltung seines Tagesablaufs. «Das steht im Widerspruch zu den Anforderungen an einen menschenrechtskonformen Haftvollzug.»

Das Obergericht hingegen sah in seinem Urteil sogar noch eine Privilegierung Brians. Dies, weil ihm trotz Hochsicherheitshaft Aussenkontakte ermöglicht wurden. Dieser Haltung kann das Bundesgericht nichts abgewinnen. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Straftäter im Vergleich zu anderen Häftlingen bevorzugt werde. Im Gegenteil: Es erscheine nicht unwahrscheinlich, dass die physische sowie mentale Gesundheit Brians unter dem Haftregime leiden könnte. Es sei deshalb nicht einzusehen, «dass das Obergericht keine Probleme zu erkennen vermag».

Zwar hält auch das Bundesgericht fest, dass von dem 26-Jährigen eine «nicht zu unterschätzende» Gefahr für andere Menschen ausgehe, insbesondere für das Gefängnispersonal. Man habe das Obergericht jedoch schon im August dazu aufgefordert, zumindest zu prüfen, ob ein Vollzugskonzept vorliege oder ob sich ausreichend abzeichne, wie sich Lockerungen angehen liessen. Aus dem Entscheid der Vorinstanz gehe jedoch nicht hervor, dass ein solches Konzept erstellt worden sein.

Brian soll bei Konzept einbezogen werden

Im Urteil von Mitte November hatte das Bundesgericht bereits das Haupturteil des Zürcher Obergerichts in dem Fall aufgehoben und zur Neubeurteilung zurückgewiesen. Letzteres hatte Brian in seinem Entscheid vom 26. Mai zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren und 4 Monaten sowie einer Geldstrafe verurteilt – wegen versuchter schwerer Körperverletzung, einfacher Körperverletzung, Sachbeschädigung sowie Beschimpfung und Drohung. Dies, weil Brian Gefängnispersonal bedroht, beschimpft und attackiert haben soll.

Der Grund für die Rückweisung: Das Obergericht hatte nicht genug abgeklärt, ob ein Notstand vorlag, als der junge Straftäter im Gefängnis Personal attackierte und bedrohte.

Entsprechend hält das Bundesgericht nun fest, die Sicherheitshaft könne noch länger andauern. Zusammen mit der bereits erreichten Haftdauer rufe dies umso mehr nach einer Perspektive für mögliche Vollzugslockerungen. «Soweit möglich und sinnvoll, wäre der Betroffene dabei mit einzubeziehen», hält das Bundesgericht fest. Wünschbar sei natürlich auch eine grössere Kooperationsbereitschaft des 26-Jährigen.

Das entbinde die Zürcher Behörden jedoch nicht von der Aufgabe, alles Mögliche zur Realisierung von menschenrechtskonformen Haftbedingungen zu tun. Dass sich die Haftbedingungen überhaupt nicht menschenrechtskonform ausgestalten liessen, sei nicht ersichtlich und liefe auf eine Kapitulation des Rechtsstaats hinaus.

Urteil 1B_574/2021.
(https://www.nzz.ch/zuerich/fall-brian-bundesgericht-rueffelt-das-obergericht-zuerich-erneut-ld.1660771)


+++BIG BROTHER
Verordnung zur Interoperabilität geht in die Vernehmlassung
Ein europäisches Suchportal ermöglicht künftig die gleichzeitige Abfrage aller Schengen-/Dublin-Informationssysteme. So können Polizei-, Grenzkontroll- und Migrationsbehörden Informationen im Schengen-Raum effizienter und gezielter abrufen. Mit der sogenannten Interoperabilität wird es künftig auch für die Schweizer Behörden möglich sein, alle relevanten Daten in diesen Systemen gleichzeitig abzufragen. Das Parlament hat die Gesetzesanpassungen für die Umsetzung im Frühjahr 2021 verabschiedet. An seiner Sitzung vom 17. Dezember 2021 hat der Bundesrat nun die Vernehmlassung zur entsprechenden Verordnung eröffnet. Darin werden unter anderem verschiedene Aspekte zu Abfragerechten und zum Datenmanagement konkretisiert.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-86505.html


Wie weiter mit der E-ID? – Rendez-vous
Zu einem elektronischen Identitätsausweis, der sogenannten E-ID, sagte das Schweizer Stimmvolk im März Nein. Nun hat der Bundesrat ein neues Projekt zu einem staatlichen elektronischen Identitätsausweis vorgestellt.
https://www.srf.ch/audio/rendez-vous/wie-weiter-mit-der-e-id?partId=12109790


DSIRF – Wir enthüllen den Staatstrojaner „Subzero“ aus Österreich
Die Firma DSIRF aus Wien hat einen Staatstrojaner entwickelt, um Rechner und Smartphones zu hacken und zu überwachen. Das geht aus einer Firmen-Präsentation hervor, die wir veröffentlichen. Das Umfeld von DSIRF hat gute Kontakte nach Russland – bis in den Kreml.
https://netzpolitik.org/2021/dsirf-wir-enthuellen-den-staatstrojaner-subzero-aus-oesterreich/


+++POLIZEI GR
Polizist im “Fall Quadroni” freigesprochen
Rund um das Bündner Baukartell und den Whistle-Blower Adam Quadroni steht auch die Polizei in der Kritik. Mehrere Berichte zeigen, dass Fehler passiert sind. So soll zum Beispiel ein 36-jähriger Polizist Informationen unterschlagen haben. Vom Regionalgericht, ist dieser nun freigesprochen worden. (ab 00:55)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-ostschweiz/polizist-im-fall-quadroni-freigesprochen?id=12109769
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/gericht-praettigau-davos-buendner-polizist-im-fall-quadroni-freigesprochen
-> https://www.watson.ch/schweiz/graub%C3%BCnden/569286491-angeklagter-polizist-in-fall-quadroni-freigesprochen


+++POLIZEI SO
Nach Bekanntwerden der Aufhebungspläne: Die Stadtpolizei Grenchen kämpft mit Abgängen
Bei der Stadtpolizei Grenchen häufen sich seit dem Bekanntwerden der Auflösungspläne die Kündigungen von Mitarbeitenden. Wegen eines Einstellungsstopps dürfen die Abgänge nicht ersetzt werden.
https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/kanton-solothurn/tele-m1-nach-bekanntwerden-der-aufhebungsplaene-die-stadtpolizei-grenchen-kaempft-mit-abgaengen-ld.2228968


+++POLIZEI DE
»Solche Todesfälle sollten vermeidbar sein«
In der BRD starben bereits Hunderte Menschen durch eine Polizeikugel. Auch Taser ein Problem. Ein Gespräch mit Matthias Monroy
https://www.jungewelt.de/artikel/416804.repressionsorgan-solche-todesf%C3%A4lle-sollten-vermeidbar-sein.html


+++FRAUEN/QUEER
Motion soll «Umpolungen» von homosexuellen Menschen verbieten
Vertreter von GLP, AL, SP, Mitte, FDP, SVP und Grünen haben in der Wintersession des Grossen Rates eine Motion eingereicht, mit der sie Konversionstherapien verbieten wollen.
https://www.20min.ch/story/motion-soll-umpolungen-von-homosexuellen-menschen-verbieten-283623463325
-> Motion: https://www.gr.be.ch/gr/de/index/geschaefte/geschaefte/suche/geschaeft.gid-290b340be143495eb8fe24f35a4ac9eb.html


Kommt eine Frau zum Arzt
Eine junge Frau wird plötzlich sehr krank – und hört, das sei sicher psychisch. Bis sie fast stirbt. Das hat System. Und Tradition: Die Medizin lässt Frauen oft im Stich.
https://www.republik.ch/2021/12/17/kommt-eine-frau-zum-arzt


+++RECHTSEXTREMISMUS
bzbasel.ch 17.12.2021

Rundbrief in Oberwil: Baselbieter Schule warnt Eltern vor möglichem Besuch von «Pausenhof-Schreck» Eric Weber – er dementiert

Die Sekundarschule Oberwil befürchtet, dass der umstrittene Grossrat Eric Weber auf dem Pausenplatz auftaucht, wie kürzlich in Allschwil. Die Eltern sollen die Schülerinnen und Schüler auf den Umgang mit dem exzentrischen Basler Politiker vorbereiten. Eric Weber wiederum sagt, er meide jetzt Schulen.

Benjamin Wieland

Unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen gibt es ein neues Internetphänomen. Es heisst Eric Weber. Spätestens seit der streitbare Basler Grossrat die sozialen Medien für sich entdeckt hat, ist um ihn ein Hype entstanden. Tausendfach teilen Schülerinnen und Schüler auf Tiktok und Instagram die Filmchen des Rechtsaussen-Politikers, in denen er herumpoltert, den Clown macht oder auch mal seinen Hintern entblösst.

Eric Weber wird von seiner neuen Zielgruppe mittlerweile sofort erkannt. Als der «Volksheld von Basel», wie er sich auch schon bezeichnete, Mitte November auf dem Pausenhof der Sekundarschule Allschwil auftauchte, bildete sich rasch eine Menschentraube. Die Smartphones wurden gezückt, um eigene Fotos und Aufnahmen vom 58-Jährigen zu erstellen, der so gar nicht dem gängigen Bild eines Politikers entspricht – und auch nicht so spricht, wie man es von einem Politiker erwarten könnte.

Wegen Webers «Besuch» in Allschwil ist man anderswo aufgeschreckt. Die Sekundarschule Oberwil warnt in einem Schreiben an die Eltern und Erziehungsberechtigten vor dem Rechtsaussen-Politiker. Betreff: «Kontakte mit Eric Weber, gewähltem Grossrat Kanton BS».

Schulleitung: «Er kontaktiert gezielt Jugendliche»

Eric Weber sei seit einigen Wochen auf sozialen Medien äusserst aktiv, schreibt die Schulleitung. Er kontaktiere gezielt Jugendliche und sei auf Sekundarschulplätzen aufgetaucht, «um das Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern zu suchen». Das erachte man als heikel, auch aufgrund «seiner bekannt extremen Gesinnung und seines fragwürdigen Verhaltens».

Weil auch mit einem Auftauchen an der eigenen Schule zu rechnen sei, werden die Eltern dazu aufgefordert, «zu Hause den Umgang respektive den Kontakt mit erwachsenen Personen insbesondere auch über soziale Medien zu thematisieren».

Der Beschuldigte wehrt sich: Keine Abstecher geplant

Eric Weber wurde im Oktober 2020 zum dritten Mal ins Basler Kantonsparlament gewählt als einziger Vertreter seiner «Volks-Aktion gegen zu viele Ausländer und Asylanten in unserer Heimat. Liste Ausländerstopp». 2019 bestätigte das Basler Appellationsgericht, dass man den Parlamentarier, der laut eigenen Angaben noch immer als Journalist arbeitet, straffrei als Nazi bezeichnen darf – weil das den Tatsachen entspreche.

Weber selber bestreitet, weitere Besuche auf Pausenplätzen zu planen. «Der Brief ist gelogen», sagt er auf Anfrage. «Ich war an der Sekundarschule Allschwil, das schon. Dort kenne ich Leute. Ich war aber genau einmal an dieser Schule. Es war nicht so, dass ich an mehreren Schulen war.» Er habe sich mit Behörden abgesprochen. Sie hätten ihm abgeraten, weitere solche Ausflüge zu unternehmen.

Laut einem Bericht von «20 Minuten» habe der Grossrat der Aufforderung des Schulleiters, sich zu entfernen, keine Folge geleistet. Später wurde die Polizei gerufen. Weber entgegnet, er habe im Trubel das Areal gar nicht so schnell verlassen können: «350 Schüler sind auf mich zugerannt. Die hatten Freude. Die mögen mich.»

Alexander Myers, Co-Schulleiter der Sekundarschule Oberwil, sagt zur bz, man habe sich wegen des Vorfalls in Allschwil dazu veranlasst gesehen, vor Weber zu warnen. Konkrete Hinweise auf einen «Besuch» gebe es aber keine. Die Baselbieter Bildungsdirektion schreibt: «Bei Vorliegen eines Hausverbots ist das Betreten von Schularealen nicht erlaubt.» Die Sek Allschwil wird Weber sicher nicht mehr so rasch aufsuchen: Er erhielt dort Rayonverbot.

Den Grund, weshalb er bei Jungen so gut ankommt, erklärt sich Weber so: «Die Kinder sind Fans von mir. Sie bewundern mich für meine Freiheitsgedanken. Es geht nicht um Politik, es geht um freie Meinungsäusserung.» Auch habe er damals in Allschwil niemanden rassistisch beleidigt, wie geschrieben worden sei. Es gibt jedoch Aufnahmen, in denen Weber sich ausländer- und frauenfeindlich äussert. Eine seiner bevorzugten Zielscheibe sind Politikerinnen.

Wird offenbar ständig von Jugendlichen kontaktiert

Er erhalte viele Einladungen zu Videochats, sagt Weber. Ebenso werde er immer wieder gebeten, Audio- und Video-Grussbotschaften für Freundinnen und Freunde der Anfragenden aufzunehmen. Hinzu kämen Aufforderungen aus der ganzen Deutschschweiz, Schulen zu besuchen. Weber legt der bz Dutzende von Screenshots von Chats mit Schülerinnen und Schülern vor, sozusagen als Beweis seiner grossen Popularität. Da schreibt etwa ein junger Mann:  «Hallo Eric, Bisch de besti weil dich nie verstellsch.»

In einer anderen Chatnachricht wünscht sich der Autor, dass Weber Bundesrat wird. «Wie kann man Dich unterstützen?» Eine junge Frau wiederum schwärmt, sie sei «mega fam» (sic!) von ihm. Er solle doch mal an ihrer Schule vorbeikommen. Das sei die Sekundarschule Therwil.

Sie wird sich wohl noch eine Weile gedulden müssen bis zum Besuch ihres dort unerwünschten Idols.
(https://www.bzbasel.ch/basel/rundbrief-in-oberwil-baselbieter-schule-warnt-eltern-vor-moeglichem-besuch-von-pausenhof-schreck-eric-weber-er-dementiert-ld.2228746)


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Eidgenössisches Schwurbeltum
Wer sind eigentlich die ganzen Helden, welche uns vor dem tyrannischen Bundesrat und Bill Gates schützen? Ein Überblick einiger Akteure der Schweiz.
https://www.youtube.com/watch?v=T_oGshGgcOg


Impfgegner – Wer profitiert von der Angst?
Vor rund zehn Monaten startete die weltweite Corona-Impfkampagne. Zahlreiche Impfgegner steuern dagegen. Wer sind diese Menschen? Welche Motive verfolgen sie und wovor haben sie Angst? Um das besser zu verstehen, werden am Beispiel des britischen Arztes Andrew Wakefield, einer zentralen Figur der Anti-Impf-Bewegung, die Entwicklungen innerhalb der Impfgegnerschaft dargelegt.
https://www.arte.tv/de/videos/103025-000-A/impfgegner-wer-profitiert-von-der-angst/


Nach SRF-Dok: Psychiatrische Klinik stellt Oberarzt nach Satanisten-Aussage frei
Satanisten foltern und schlachten in der Schweiz rituell Kinder: Das glaubt laut einer SRF-Doku eine Gruppe von Psychiatern, Therapeuten, Polizisten, Lehrpersonen – ohne jeden Beweis. Nun haben ihre Aussagen Konsequenzen.
https://www.20min.ch/story/psychiatrische-klinik-stellt-oberarzt-nach-satanisten-aussage-frei-299602706199
-> https://www.watson.ch/schweiz/medizin/147008896-darum-kostete-eine-srf-sendung-ueber-satanismus-einen-oberarzt-den-job


Messenger-Dienst Telegram – Hier haben Hass und Hetze freie Fahrt
Telegram steht in der Kritik, weil darauf Morddrohungen verbreitet werden. Wer steckt hinter dem Messenger-Dienst?
https://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-religion/messenger-dienst-telegram-hier-haben-hass-und-hetze-freie-fahrt


Corona-Faktencheck: Nein, die Covid-19-Impfstoffe verlieren Ende Jahr nicht die Zulassung
Echt oder fake? Diese Frage stellt man sich angesichts der unzähligen Meldungen zum Coronavirus Sars-CoV-2 und seinen Auswirkungen auf die Welt regelmässig. Hier erfährst du, was dahinter steckt.
https://www.20min.ch/story/myokarditis-studie-verbreitet-sich-wie-ein-lauffeuer-ist-aber-falsch-186205027731


Mitarbeiter verhaftet – Spital Moutier: Über 100 Covid-Zertifikate gefälscht?
Im Spital Moutier sollen mehr als hundert Covid-Zertifikat gefälscht worden sein. Zwei Spitalmitarbeiter wurden festgenommen.
https://www.bernerzeitung.ch/spital-moutier-ueber-100-covid-zertifikate-gefaelscht-935452841541
-> https://www.police.be.ch/de/start/themen/news/medienmitteilungen.html?newsID=7eb1ae23-d8a0-46cc-b578-3b4aba351848
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/gefalschte-zertifikate-auch-in-bern-ausgestellt-66069450


Finanzminister Maurer übt Kritik am Covid-Management des Bundesrats: «Es gibt Dinge, die man in diesem Land nicht mehr laut sagen darf»
Bundesrat Ueli Maurer blickt besorgt auf die Verschuldung und Spaltung des Landes durch die Covid-Krise. Er fordert mehr gegenseitiges Verständnis und wieder mehr Mut, Probleme anzugehen – und übt Kritik am eigenen Regierungsgremium.
https://www.blick.ch/schweiz/finanzminister-maurer-uebt-kritk-am-covid-management-des-bundesrats-es-gibt-dinge-die-man-in-diesem-land-nicht-mehr-laut-sagen-darf-id17076120.html


Verdächtige in U-Haft: 6000 falsche Zertifikate – im Kanton St. Gallen fliegt Betrug im grossen Stil auf
Die Behörden des Kantons St. Gallen konnten den schweizweit grössten Zertifikatsbetrug aufdecken. Eine unbekannte Täterschaft hat rund 6000 Covid-Zertifikate gefälscht. Die Ermittlungen sind noch im Gange, Verdächtige befinden sich bereits in Untersuchungshaft.
https://www.20min.ch/story/6000-falsche-zertifikate-im-kanton-st-gallen-fliegt-betrug-im-grossen-stil-auf-218295801857
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-ostschweiz/polizist-im-fall-quadroni-freigesprochen?id=12109769
-> https://www.tvo-online.ch/aktuell/zertifikatsbetrug-st-galler-faelschen-6000-dokumente-144758071



tagblatt.ch 17.12.2021

Impf-Ausweise: Grösster Zertifikats-Betrug der Schweiz fliegt im Kanton St.Gallen auf – «überrascht, dass so etwas möglich ist»

Im Kanton St.Gallen sind die Behörden Zertifikatsbetrügern auf die Schliche gekommen. Dies hat CH Media aus sicherer Quelle erfahren. Der Fall hat gewaltige Ausmasse, doch er wird bislang unter dem Deckel gehalten.

Patrik Müller, Pascal Ritter, Janina Gehrig und Alain Rutishauser

Ihre Masche funktionierte lange, viel zu lange. Die Betrüger kamen online an echte Zertifikate heran, kopierten diese und fälschten sie. 6000 missbräuchliche Zertifikate wurden so ausgestellt, bis die mutmasslichen Täter vor wenigen Tagen im Kanton St.Gallen aufgeflogen sind. Es ist der schweizweit bislang grösste Betrugsfall. Die Behörden ermitteln auf Hochtouren, gemäss Informationen von CH Media wurden Verdächtige in U-Haft genommen, offiziell kommuniziert wurde bislang aber nichts.

Bruno Damann, Vorsteher des St.Galler Gesundheitsdepartements, nimmt vorerst keine Stellung zum Vorfall, bestätigt aber, dass die Staatsanwaltschaft involviert worden sei.

Diese schreibt auf Anfrage, sie habe Kenntnis von Zertifikatsfälschungen auf dem Kantonsgebiet und entsprechende Untersuchungen eingeleitet. «Um diese Untersuchungen nicht zu gefährden, werden derzeit weder weitere Angaben gemacht noch konkrete Anfragen bestätigt», schreibt der stellvertretende Medienbeauftragte und Staatsanwalt, Stefan Hess. Man werde zu gegebener Zeit kommunizieren.

Justizdirektor Fredy Fässler zeigt sich «überrascht, dass so etwas möglich ist. Das darf nicht passieren» , sagt er. Offensichtlich habe das System den Betrug zugelassen. «Das wird man untersuchen müssen.» Weitere Details zum Fall gibt auch er nicht bekannt.

Es ist nicht das ersten Mal, dass Zertifikatsfälscher auffliegen. Zuletzt stand ein Mitarbeiter des Impfzentrums Buchs im Verdacht, gefälschte Zertifikate anzubieten, wie der «Blick» berichtete. Vom Gesundheitsdepartement des Kantons St.Gallen hiess es Ende November, dass im Kanton bisher in zwei Fällen Anzeige wegen Zertifikatsbetrug erstattet worden sei. Zwei weitere Fälle seien derzeit in Abklärung.

Im Kanton Schaffhausen wurden Ende November sechs Personen verhaftet, die in Handel mit missbräuchlich ausgestellten Zertifikaten verstrickt sein sollen. Beim mutmasslichen Haupttäter soll es sich um einen Mitarbeiter des Kantonalen Impfzentrums handeln.

Auch im Kanton Appenzell Ausserrhoden flogen Personen auf, die mit mutmasslich gefälschten Impfpässen aus Deutschland an ein Zertifikat kommen wollten. Einem Mitarbeiter der Ausserrhoder Zertifikatsstelle fiel eine Häufung von Impfnachweisen aus Deutschland bei Einheimischen auf. Bei Abklärungen ennet der Grenze stellte sich heraus, dass die Impfzentren, welche eine angebliche Impfung in den Impfpass eintrugen, gar nicht mehr aktiv sind.

Jeder mit Zugang zur IT kann ein Zertifikat ausstellen

Wie ein solcher Zertifikatsbetrug begangen werden könnte, versuchten das St.Galler Gesundheitsdepartement und das Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT) Ende November im Zusammenhang mit dem Fall Buchs zu erklären. Demnach können die Zertifikate nur im IT-System des BIT ausgestellt werden. «Fakt ist aber, dass alle Personen, die Zugang zum Zertifikate-Ausstellsystem haben, auch ein Impfzertifikat beantragen können», sagte das St.Galler Gesundheitsdepartement auf Anfrage.

So könne theoretisch jede Person mit Zugang zum IT-System und krimineller Energie, also auch Personen aus Testzentren oder Privatpersonen, ein Zertifikat ausstellen für Personen, die gar nicht geimpft sind. Eine weitere mögliche Methode ist laut «Blick», ein Zertifikat einer Person zu kopieren, die tatsächlich geimpft ist, den Namen abzuändern und das Zertifikat mit dem neuen, falschen Namen auszudrucken.

Diese missbräuchlich ausgestellten Zertifikate seien identisch zu jedem anderen Impfzertifikat, erklärt das BIT. Die Zertifikate halten den Kontrollen stand und werden als vermeintlich echte Zertifikate erkannt. Das Bundesamt ist derzeit daran, eine Methode zu entwickeln, um Verdachtsfälle schneller und effektiver zu identifizieren.

Handel läuft oft via Chat-App Telegram

Die QR-Codes der Zertifikate gelten als fälschungssicher. Um an ein funktionierendes Zertifikat zu bekommen, ist es darum nötig, den entsprechenden Zugang zu haben. Diesen hat das Gesundheitspersonal in Testzentren, Arztpraxen oder Impfzentren. Immer wieder wurden in der Vergangenheit über Chat-Apps wie Telegram Zertifikate angeboten. Gegen die Überweisung von Bitcoins wurden Impfnachweise versprochen. Diese mussten dann aber noch bei einer Behörde in Zertifikate umgewandelt werden.

Unklar ist, ob nach einer anonymen Zahlung auch tatsächlich geliefert wurde. Wer mit missbräuchlich ausgestellten Zertifikaten hantiert, dürfte sich wegen Urkundenfälschung oder Erschleichens einer falschen Beurkundung strafbar machen.

Übrigens macht sich auch der Käufer eines missbräuchlich ausgestellten Zertifikats schuldig, wie Florian Schneider, Mediensprecher der Kantonspolizei St.Gallen auf Anfrage erklärt: «Nicht nur das Herstellen eines Zertifikats gilt als Urkundenfälschung. Auch wer sich mit einem gefälschten Dokument legitimiert, begeht Urkundenfälschung.» Bei Urkundenfälschung drohen je nach Strafmass bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe.



Angestellte des Spitals Moutier fälschen über 100 Covid-Zertifikate

Weiterer Fall von gefälschten Zertifikaten: Spitalangestellte sollen in Moutier über 100 falsche Covid-Zertifikate ausgestellt haben. Die Kantonspolizei Bern hat zwei Personen verhaftet. Sie befinden sich in Untersuchungshaft. Die regionale Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland hat ein Strafverfahren eröffnet, wie sie am Freitag mitteilte. Gemäss ersten Informationen wurden die mutmasslich gefälschten Zertifikate gratis und auch gegen Bezahlung abgegeben. Die Polizei geht davon aus, dass mehr als 100 gefälschte Zertifikate ausgestellt worden sind. Die Untersuchungen sollen nun zeigen, wie die Zertifikate erstellt wurden und an wen sie zu welchen Konditionen ausgehändigt wurden, wie es weiter heisst. (abi)
(https://www.tagblatt.ch/schweiz/impf-ausweise-groesster-zertifikats-betrug-der-schweiz-fliegt-im-kanton-stgallen-auf-ueberrascht-dass-so-etwas-moeglich-ist-ld.2228993)



tagesanzeiger.ch 17.12.2021

Zürcher Polizist und Traumatherapeutin: Experten stützen Theorien zu satanistischen Ritualen – und rudern zurück

Gibt es satanistische Zirkel, die Kinder rituell sexuell missbrauchen? Solche Theorien erhalten auch dank eines Polizisten und Therapeutinnen Auftrieb. Beweise dafür gibts keine.

Corsin Zander

Eine Reportage der SRF-Sendung «Rec» über sogenannten rituell satanistischen Missbrauch sorgt aktuell für Wirbel. Sie zeigt, wie unter anderem die anerkannte Traumatherapeutin der Beratungsstelle für sexuell ausgebeutete Kinder und Jugendliche Castagna, Regula Schwager, behauptet, Schweizer aus einer oberen Gesellschaftsschicht würden Geld bezahlen, um Kinder sexuell zu missbrauchen. Wörtlich sagt sie: «Es kostet nicht wenig, wenn sie ein Kind beim sexuellen Missbrauch auch verletzen dürfen.» Sie habe schon von Ritualen gehört, in denen menschliche Wesen geopfert würden, und habe keine Veranlassung, an Schilderungen von solchem Missbrauch zu zweifeln.

Ähnliche Worte wählt auch der Präsident der SVP im Kanton Zug und Leiter Fachgruppe Kinderschutz der Stadtpolizei Zürich, Thomas Werner. «Es gibt für mich leider keinen Grund, zu vermuten, dass solche Schilderungen nicht stimmen sollten.»

Verschwörungstheorie aus den 1980ern

Erzählungen von satanistischen Ritualen sind nicht neu. Bereits in den 1980er-Jahren kursierten in den USA Tausende solche Meldungen. Man sprach damals von einer «satanistischen Panik». Für keinen dieser Fälle gab es jemals Beweise. Dennoch verbreiteten sich diese Erzählungen auch in anderen Teilen der Welt.

Jüngst haben solche Verschwörungstheorien wieder Auftrieb erhalten durch Gruppierungen wie die rechtsextremistische QAnon-Bewegung, deren Anhängerinnen und Anhänger davon überzeugt sind, dass es Politiker gibt, die Blut von Kindern trinken, um sich zu verjüngen.

Veranstaltungen in Winterthur

Im Raum Zürich verbreitet der Verein Cara aus dem Zürcher Oberland seit 2014 die Theorie des rituellen Missbrauchs und organisierter Gewalt. Im Kongresshaus Gate 27 in Winterthur hält der Verein regelmässig Tagungen und Informationsveranstaltungen ab.

Der Geschäftsführer von Gate 27, Roger Tacheron, sagt, man biete einer grossen Bandbreite von Organisationen Platz für Veranstaltungen: «Das heisst aber nicht, dass wir uns mit ihnen identifizieren. Ich teile vieles nicht, was der Verein Cara verbreitet», sagt er auf Anfrage dieser Zeitung. Es gab in der Vergangenheit schon einmal eine Beschwerde wegen des Vereins, nach dem Dokfilm von SRF werde man das Gespräch mit dem Verein Cara suchen, sagt Tacheron. «Gesetzeswidrige oder gefährliche Vereinigungen haben bei uns keinen Platz.»

Cara-Gründerin Ruth Mauz sagt auf Anfrage, man sei ein gemeinnütziger Verein, der Opfern von rituell satanistischer Gewalt helfen wolle. Sie ist überzeugt, dass es diese gibt, auch wenn Beweise dafür fehlen: «Es ist nicht bewiesen, dass es sie nicht gibt», sagt Mauz.

Polizist tritt in Propagandafilm auf

An den Veranstaltungen im Gate 27 wurde schon mehrfach ein Propagandafilm aus dem Jahr 2014 von Cara gezeigt. Darin hat auch Thomas Werner von der Stadtpolizei Zürich einen Auftritt. Dieser Film und die Äusserungen von Werner im eben erschienenen SRF-Dokfilm sind der Stadtpolizei unangenehm.

Medienchefin Judith Hödl bestätigt, dass Werners Vorgesetzte den Auftritt im Propagandafilm 2014 erlaubt hätten. «Das war ein Fehler. Wir würden das heute nicht mehr so tun», sagt Hödl. Sie hält fest, dass bei der Polizei vereinzelt Anzeigen wegen rituell satanistischer Gewalt eingingen und man diesen auch nachgehe. «Doch bisher haben diese Ermittlungen noch nie zu einer Verurteilung geführt.» Hödl ergänzt, sowohl die Stadtpolizei als auch Thomas Werner distanzierten sich in aller Form von Vereinen wie Cara.

Der Sozialwissenschafter Marko Kovic beschäftigt sich seit längerem mit Verschwörungstheorien. Im Beitrag von SRF sagt er zu den Äusserungen von Thomas Werner, der Polizist habe das Herz am richtigen Fleck, «aber jemand wie er in so einer verantwortungsvollen Position dürfte sich nicht einspannen lassen für Propaganda».

Auch die Opferberatungsstelle Castagna distanziert sich von dem Oberländer Verein. Die Aussagen von Regula Schwager seien von SRF aus dem Zusammenhang gerissen worden, schreibt Castagna auf Anfrage. Die Beratungsstelle hat eine Medienanwältin eingeschaltet. Diese lässt ausrichten, Schwager habe nie über satanistische Gewalt, sondern einzig über organisierte Gewalt gesprochen. SRF bestreitet diese Vorwürfe gegenüber «20 Minuten».

Oberarzt einer Privatklinik freigestellt

Noch gefährlicher sei es, sagt Sozialwissenschafter Kovic, wenn Therapeuten, die felsenfest davon überzeugt seien, dass diese Theorien von satanistischen Ritualen stimmten, tatsächliche Opfer behandelten. «Sie sind die Leute, welche den vulnerablen Personen diese Ideen überhaupt erst vermitteln.»

Einen solchen möglichen Fall dokumentiert auch die Sendung von SRF. So berichtet eine Mutter von ihrer Tochter, die ihren Vater nach der Behandlung in der thurgauischen Privatklinik Clienia Littenheid wegen rituell satanistischen Missbrauchs angezeigt hat. Der behandelnde Oberarzt, Matthias Kollmann, tritt im Dokfilm ebenfalls auf und behauptet, es gebe organisierten, rituell satanistischen Missbrauch. Er stütze sich dabei auch auf die Einschätzung «sehr vieler internationaler Therapeuten».

Die Clienia-Gruppe, die grösste psychiatrische Privatklinikgruppe der Schweiz mit 19 ambulanten und stationären Standorten und Praxen, zehn davon im Kanton Zürich, distanziert sich von den «persönlichen Äusserungen» ihres Oberarztes. Nach der Erscheinung des Dokfilms habe man umgehend interne Abklärungen eingeleitet. «Sowohl Prozesse als auch Behandlungsabläufe und die persönliche Haltung des Betroffenen werden überprüft. Während dieser Zeit ist der Oberarzt freigestellt», schreibt eine Clienia-Sprecherin.

Für die anderen Experten hatte der Auftritt im Dokfilm bisher keine Konsequenzen.

(Dok-Film: https://youtu.be/dF7XJ5OZn44))
(https://www.tagesanzeiger.ch/experten-stuetzen-theorien-zu-satanistischen-ritualen-und-rudern-zurueck-576529177734)



tagblatt.ch 17.12.2021

Nach Traumatherapie in Thurgauer Klinik: Herisauer Familie verliert Tochter an satanistische Verschwörungstheorien – Oberarzt wird freigestellt

Dass Satanisten in der Schweiz rituell Menschen opfern, foltern und ihr Blut trinken, glaubt ein Oberarzt in der Klinik Littenheid. Er therapiert Personen, die etwa sexuellen Missbrauch erlebt haben. Wie gefährlich das sein kann, zeigt das Beispiel einer Herisauer Familie, die ihre Tochter an diese Verschwörungstheorie verloren hat. Der Kanton Thurgau und die Klinik Littenheid klären nun ab.

Aylin Erol

«Sie liessen Kinder gegeneinander kämpfen mit Waffen. Ich musste auch gegen jemanden [kämpfen] und es war erst vorbei, wenn die andere Person umgebracht wurde.» Diese Zeilen stammen von Gabriella Haggers Tochter aus Herisau und richteten sich 2017 in einer SMS an ihren damaligen Psychotherapeuten. Die Tochter glaubt sich zu erinnern, dass ihre Eltern an satanistischen Ritualen, in denen Kinder gequält wurden, teilgenommen hätten.

Solche «Erinnerungen» kamen der jungen Frau allerdings erst, nachdem sie im Thurgau therapiert wurde. Die Therapeuten hätten ihre Tochter einer Gehirnwäsche unterzogen, ist die Mutter überzeugt. Seit sechs Jahren hat sie deshalb keinen Kontakt mehr zur Tochter.

Neue Erinnerungen dank Therapie

Alles fing an mit einer psychischen Erkrankung. «Meine Tochter war siebzehn und ging an die PMS Kreuzlingen, als sie zum ersten Mal stationär behandelt werden musste. Es folgten mit Unterbrüchen Traumatherapien in Littenheid, Münsterlingen und der Bodenseepraxis», erzählt Gabriella Hagger. In Littenheid sei der Tochter die Diagnose «Dissoziative Störung» (DIS) gestellt worden. Diese Störung ist dadurch charakterisiert, dass sich eine Person aufgrund von erlebtem Trauma nicht mehr an gewisse Dinge erinnern kann.

Durch die Therapie in Littenheid sollen der Tochter scheinbar vergessene Erinnerungen an schlimme Rituale, an denen ihre Eltern teilgenommen hätten, wieder eingefallen sein. Wegen dieser Erinnerungen erstattete sie gar Anzeige gegen den eigenen Vater. Die darauf eingeleiteten strafrechtlichen Untersuchungen konnten jedoch keine Beweise für rituelle Gewalt oder solche Praktiken finden.

«Man muss sich fragen, ob die Patientinnen und Patienten diese Rituale tatsächlich erlebt haben, oder aber ihre plötzlich durch die Therapie aufkommenden Erinnerungen durch die Überzeugungen ihrer Therapeuten erzeugt wurden», sagt Georg Schmid, Religionsexperte und Mitarbeiter der Evangelischen Informationsstelle relinfo.ch. Er beschäftigt sich schon seit Jahrzehnten mit Verschwörungstheorien und Sekten. Es hätte sich bei Untersuchungen von anderen, ähnlichen Verschwörungstheorien gezeigt, dass durch solche Therapien falsche Erinnerungen hervorgerufen würden.

«Immer, wenn ich die einzelnen Geschichten genauer untersucht habe, kam ich zum Schluss, dass sie so, wie sie erzählt wurden, einfach nicht passiert sein konnten, weil sie nicht kohärent waren», sagt Schmid, der immer wieder solche Abklärungen vornimmt. Er schätzt die Folgen dieser Weltanschauung als hochproblematisch ein:  «Das hat zahlreiche Familien zerstört und viele Patientinnen und Patienten leiden nachher an ihrem imaginierten Trauma.»

Littenheider Oberarzt glaubt an satanistische Rituale

In einem Beitrag von SRF Dok vom Dienstag sagt der Oberarzt der Psychiatrischen Klinik Littenheid Dr. med. Matthias Kollmann, der Haggers Tochter damals die Diagnose stellte, vor laufender Kamera, dass er daran glaube, dass satanistische Untergrundorganisationen rituelle Gräueltaten an Kindern verübten. Im Beitrag macht Kollmann Aussagen wie die folgende:  «Das was wir aus dem dritten Reich als Foltermethoden in den Konzentrationslagern kannten, wird alles dort angewendet. Wie eine Parallelwelt, die sich extrem gut zu schützen weiss.»

Auf den SRF Dok Beitrag angesprochen, reagiert Karin Frischknecht, Amtschefin Gesundheit des Kanton Thurgaus allerdings schockiert: «Der Kanton war sehr überrascht über die Aussagen, die gemacht worden sind. Diese haben wir bis anhin noch nie so gehört. Der Kanton Thurgau wird umgehend eine Untersuchung einleiten und Dr. Kollmann bitten, seine Aussagen zu dokumentieren. Ausserdem werde auch die betroffene Klinik ‹Clienia Littenheid› zu einer Stellungnahme aufgefordert.»

Eine Stellungnahme der Klinik Littenheid liegt dieser Zeitung bereits vor: «Wir sind in unserer Klinik immer wieder mit schweren Traumatisierungen konfrontiert, deren Ursprung oft nur schwer feststellbar ist. Ob, und falls ja, in welcher Form es rituelle Gewalt gibt, massen wir uns nicht an zu beurteilen. Dies ist insbesondere Sache der Strafverfolgungsbehörde. Die Clienia Littenheid distanziert sich in aller Form von den persönlichen Aussagen des Oberarztes. Wir nehmen dies sehr ernst und haben umgehend interne Abklärungen eingeleitet.»

Oberarzt verweigert Stellungnahme

Nach mehrfachem Versuch Matthias Kollmann selbst zu kontaktieren, meldete sich die Klinik Littenheid erneut: «Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass er für eine Stellungnahme nicht zur Verfügung steht. Zusätzlich zu unserem Statement von gestern können wir Ihnen mitteilen, dass wir sowohl unsere Prozesse als auch unsere Behandlungsabläufe und Herr Kollmanns persönliche Haltung überprüfen werden. Während dieser Zeit ist er freigestellt.»

Und weiter: «Unsere Mitarbeitenden arbeiten unter kontinuierlicher externer und interner Supervision. Wir setzen bei all unseren Behandlungen auf evidenzbasierte leitlinienorientierte Methoden. Aufgrund der ärztlichen Schweigepflicht können wir Ihnen keine weiteren Auskünfte erteilen.»

Man weiss nicht, was während einer Therapie passiert

Matthias Kollmann wird im SRF Dok Beitrag gefragt, wie er denn jeweils herausfinde, ob eine Person rituelle Gewalt erfahren habe – schliesslich müsste sich ja nach seiner eigenen Theorie keine Person mehr daran erinnern können. Seine Antwort: «Wenn jemand in die Weite guckt, oder keinen Augenkontakt aufnimmt. Das sind meistens nur ganz kleine Zeichen.»

«Ich verstehe nicht, wie solche Ärzte eine Zulassung bekommen können. Es kann doch nicht sein, dass eine verletzliche Person, die eigentlich Hilfe bräuchte, einer solchen Gehirnwäsche unterzogen wird», sagt Gabriella Hagger. Schon 2018 habe sie das Gesundheitsamt und die KESB darüber informiert, dass ihre Tochter auf ein Trauma therapiert würde, das sie nie erlebt hätte und ihr dieses von den therapierenden Ärzten eingeredet worden sei. Ohne Erfolg. Hagger, die mittlerweile Vorstandsmitglied der Ostscheizer Vereinigung Angehöriger psychisch Kranker ist, beklagt:  «Was in einer Sitzung in der Psychotherapie passiert weiss niemand. Es gibt keine Möglichkeit, die Patientinnen und Patienten vor solchen Therapeuten zu schützen»

Viele Wege führen in den Thurgau

Der Psychotherapeut, der die zu Beginn erwähnten SMS von Haggers Tochter erhalten hat, antwortet auf Nachfrage: «Ich behandle schwersttraumatisierte Patienten in Bezug auf rituelle Gewalt und möchte keine Antworten geben.» Vor seiner selbstständigen Tätigkeit hat er den Bereich Psychotraumatologie in Littenheid aufgebaut.

«Das Schwierige an dieser ganzen Sache ist, dass es leider tatsächlich organisierte Gewalt und Ausbeutung von Kindern gibt. Das wissen wir und das bestreitet auch niemand. Es gibt allerdings keine objektiven Hinweise darauf, dass diese Gewalttaten in Zusammenhang mit sogenannten «satanistischen Ritualen» stattfinden», sagt Schmid.

In der Schweiz verbreitet der Verein Cara die Verschwörungstheorie. Auf seiner Website verweist der Verein, von ritueller Gewalt betroffene Personen neben der Clienia Littenheid auch auf die Psychiatrischen Dienste Thurgau, dort würden sie Hilfe finden.



Über die Ideologie

Der Verein Cara ist in der Schweiz treibende Kraft der Weltanschauung, dass organisierte und rituelle Gewaltstrukturen im gesellschaftlichen Untergrund durchgeführt würden. Der Name des Vereins steht für «Care About Ritual Abuse», zu Deutsch «Sorge um rituellen Missbrauch». Cara selbst beschreibt sich auf seiner Website als «Gemeinnütziger Verein, der auf christlichen Grundwerten basiert». Vertreter dieser Weltanschauung fand SRF Dok unter Polizeibeamten, Lehrerinnen und Lehrern, Medizinerinnen und Medizinern und Therapierenden.
Dissoziative Störung

Laut dem DSM-V, dem Klassifikationssystem der Psychiatrie, ist diese Störung dadurch charakterisiert, dass eine Person – meist hervorgerufen durch traumatische Erlebnisse in der Kindheit – mehr als einen Persönlichkeitszustand besitzt, und sich an Alltägliches, Belastendes oder auch Traumatisches nicht mehr erinnern kann. (aye)
(https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/rituale-nach-traumatherapie-in-thurgauer-klinik-herisauer-familie-verliert-tochter-an-satanistische-verschwoerungstheorien-oberarzt-wird-freigestellt-ld.2228768)




tagblatt.ch 17.12.2021

Grösster Zertifikats-Betrug der Schweiz fliegt im Kanton St.Gallen auf – «überrascht, dass so etwas möglich ist»

Im Kanton St.Gallen sind die Behörden Zertifikatsbetrügern auf die Schliche gekommen. Dies hat CH Media aus sicherer Quelle erfahren. Der Fall hat gewaltige Ausmasse, doch er wird bislang unter dem Deckel gehalten.

Patrik Müller, Pascal Ritter, Janina Gehrig und Alain Rutishauser

Ihre Masche funktionierte lange, viel zu lange. Die Betrüger kamen online an echte Zertifikate heran, kopierten diese und fälschten sie. 6000 missbräuchliche Zertifikate wurden so ausgestellt, bis die mutmasslichen Täter vor wenigen Tagen im Kanton St.Gallen aufgeflogen sind. Es ist der schweizweit bislang grösste Betrugsfall. Die Behörden ermitteln auf Hochtouren, gemäss Informationen von CH Media wurden Verdächtige in U-Haft genommen, offiziell kommuniziert wurde bislang aber nichts.

Bruno Damann, Vorsteher des St.Galler Gesundheitsdepartements, nimmt vorerst keine Stellung zum Vorfall, bestätigt aber, dass die Staatsanwaltschaft involviert worden sei.

Diese schreibt auf Anfrage, sie habe Kenntnis von Zertifikatsfälschungen auf dem Kantonsgebiet und entsprechende Untersuchungen eingeleitet. «Um diese Untersuchungen nicht zu gefährden, werden derzeit weder weitere Angaben gemacht noch konkrete Anfragen bestätigt», schreibt der stellvertretende Medienbeauftragte und Staatsanwalt, Stefan Hess. Man werde zu gegebener Zeit kommunizieren.

Justizdirektor Fredy Fässler zeigt sich «überrascht, dass so etwas möglich ist. Das darf nicht passieren» , sagt er. Offensichtlich habe das System den Betrug zugelassen. «Das wird man untersuchen müssen.» Weitere Details zum Fall gibt auch er nicht bekannt.

Es ist nicht das erste Mal, dass Zertifikatsfälscher auffliegen. Vom Gesundheitsdepartement des Kantons St.Gallen hiess es Ende November, dass im Kanton bisher in zwei Fällen Anzeige wegen Zertifikatsbetrug erstattet worden sei. Zwei weitere Fälle seien derzeit in Abklärung.

Im Kanton Schaffhausen wurden Ende November sechs Personen verhaftet, die in Handel mit missbräuchlich ausgestellten Zertifikaten verstrickt sein sollen. Beim mutmasslichen Haupttäter soll es sich um einen Mitarbeiter des Kantonalen Impfzentrums handeln.

Auch im Kanton Appenzell Ausserrhoden flogen Personen auf, die mit mutmasslich gefälschten Impfpässen aus Deutschland an ein Zertifikat kommen wollten. Einem Mitarbeiter der Ausserrhoder Zertifikatsstelle fiel eine Häufung von Impfnachweisen aus Deutschland bei Einheimischen auf. Bei Abklärungen ennet der Grenze stellte sich heraus, dass die Impfzentren, welche eine angebliche Impfung in den Impfpass eintrugen, gar nicht mehr aktiv sind.
Verantwortung zur Ausstellung von Zertifikaten liegt bei Kantonen

Wie ein solcher Zertifikatsbetrug begangen werden könnte, versuchten das St.Galler Gesundheitsdepartement und das Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT) Ende November im Zusammenhang mit einem mutmasslichen Zertifikatsbetrug im Impfzentrum Buchs zu erklären. Demnach können die Zertifikate nur im IT-System des BIT ausgestellt werden. «Fakt ist aber, dass alle Personen, die Zugang zum Zertifikate-Ausstellsystem haben, auch ein Impfzertifikat beantragen können», sagte das St.Galler Gesundheitsdepartement auf Anfrage.

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) sagt auf Anfrage, dass die Kantone für die Überwachung des Zertifikatssystems zuständig seien. «Zahlreiche Leistungserbringer sind durch die Kantone zur Ausstellung von Zertifikaten berechtigt; denn wer impft oder testet, muss auch Zertifikate ausstellen können», sagt Nani Moras, Mediensprecherin des BAG. Die Vergabe der Berechtigungen zur Zertifikatsausstellung liege in der Verantwortung der Kantone. Auch das Melden von Missbrauchsfällen liege bei den Kantonen, es besteht aber keine Meldepflicht. «Zu Unrecht ausgestellte Zertifikate werden widerrufen, wenn sich der Verdacht auf Missbrauch erhärtet», sagt Moras. Die Zahl zurückgerufener Impfzertifikate gebe ausserdem keinen Hinweis auf zu Unrecht ausgestellte Zertifikate, denn es komme oft vor, dass Zertifikate wegen falscher Namen widerrufen und geändert werden müssten.

Jeder mit Zugang zur IT kann Zertifikat ausstellen

Theoretisch könne jede Person mit Zugang zum IT-System und krimineller Energie ein Zertifikat ausstellen für Personen, die gar nicht geimpft sind, so das St.Galler Gesundheitsdepartement Ende November. Eine weitere mögliche Methode ist laut «Blick», ein Zertifikat einer Person zu kopieren, die tatsächlich geimpft ist, den Namen abzuändern und das Zertifikat mit dem neuen, falschen Namen auszudrucken.

Diese missbräuchlich ausgestellten Zertifikate seien identisch zu jedem anderen Impfzertifikat. «Missbräuchlich ausgestellte Zertifikate kann man nicht erkennen. Sie erscheinen als gültig und echt, beruhen aber auf gefälschten Angaben durch korrupte Personen», sagt BAG-Mediensprecherin Nani Moras auf Anfrage. Die Zertifikate halten den Kontrollen stand und werden als vermeintlich echte Zertifikate erkannt. Das BIT sei derzeit daran, eine Methode zu entwickeln, um Verdachtsfälle schneller und effektiver zu identifizieren.
Handel läuft oft via Chat-App Telegram

Die QR-Codes der Zertifikate gelten als fälschungssicher. Um an ein funktionierendes Zertifikat zu bekommen, ist es darum nötig, den entsprechenden Zugang zu haben. Diesen hat das Gesundheitspersonal in Testzentren, Arztpraxen oder Impfzentren. Immer wieder wurden in der Vergangenheit über Chat-Apps wie Telegram Zertifikate angeboten. Gegen die Überweisung von Bitcoins wurden Impfnachweise versprochen. Diese mussten dann aber noch bei einer Behörde in Zertifikate umgewandelt werden.

Unklar ist, ob nach einer anonymen Zahlung auch tatsächlich geliefert wurde. Wer mit missbräuchlich ausgestellten Zertifikaten hantiert, dürfte sich wegen Urkundenfälschung oder Erschleichens einer falschen Beurkundung strafbar machen.

Übrigens macht sich auch der Käufer eines missbräuchlich ausgestellten Zertifikats schuldig, wie Florian Schneider, Mediensprecher der Kantonspolizei St.Gallen auf Anfrage erklärt: «Nicht nur das Herstellen eines Zertifikats gilt als Urkundenfälschung. Auch wer sich mit einem gefälschten Dokument legitimiert, begeht Urkundenfälschung.» Bei Urkundenfälschung drohen je nach Strafmass bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe.



Angestellte des Spitals Moutier fälschen über 100 Covid-Zertifikate

Weiterer Fall von gefälschten Zertifikaten: Spitalangestellte sollen in Moutier über 100 falsche Covid-Zertifikate ausgestellt haben. Die Kantonspolizei Bern hat zwei Personen verhaftet. Sie befinden sich in Untersuchungshaft. Die regionale Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland hat ein Strafverfahren eröffnet, wie sie am Freitag mitteilte. Gemäss ersten Informationen wurden die mutmasslich gefälschten Zertifikate gratis und auch gegen Bezahlung abgegeben. Die Polizei geht davon aus, dass mehr als 100 gefälschte Zertifikate ausgestellt worden sind. Die Untersuchungen sollen nun zeigen, wie die Zertifikate erstellt wurden und an wen sie zu welchen Konditionen ausgehändigt wurden, wie es weiter heisst. (abi)
(https://www.tagblatt.ch/schweiz/impf-ausweise-groesster-zertifikats-betrug-der-schweiz-fliegt-im-kanton-stgallen-auf-ueberrascht-dass-so-etwas-moeglich-ist-ld.2228993)



Als Sekretär der Freien Liste: Der Berner Stefan Theiler macht Wahlkampf in Zürich
In Bern kandidierte Stefan Theiler schon für diverse politische Ämter – ohne Erfolg. Nun koordiniert der bekennende Massnahmengegner die Wahl für eine neue Partei in Zürich.
https://www.bernerzeitung.ch/der-berner-stefan-theiler-will-ins-zuercher-stadtparlament-640238407394



nzz.ch 17.12.2021

Massnahmenkritiker wollen ins Zürcher Stadtparlament. Es ist das erste Mal, dass dezidierte Gegner der Pandemiepolitik an einer Schweizer Wahl teilnehmen

Wer steckt hinter der «Freien Liste»? Der Kopf der Gruppierung ist kein Unbekannter.

Florian Schoop, Oliver Camenzind

Auf der Strasse hat alles angefangen: Zu Hunderten versammelten sich Gegnerinnen und Gegner der Pandemiepolitik und legten immer wieder die Zürcher Innenstadt lahm. Die Corona-Politik diskriminiere die Ungeimpften, hiess es, die Regierung solle Bürgerinnen und Bürger mit ihren Zwangsmassnahmen in Ruhe lassen.

Jetzt wollen einige der Massnahmenkritiker selbst Politik machen. Für die Zürcher Stadt- und Gemeinderatswahlen von kommendem Februar hat eine Gruppe eine eigene Liste eingereicht. Es ist das erste Mal in der Schweiz, dass sich dezidierte Gegner der Pandemiepolitik an einer parlamentarischen Wahl beteiligen. In Zürich machen sie das unter dem Namen «Freie Liste».

Lange war dabei nicht klar, ob es für eine vollständige Liste überhaupt reichen würde. Der Bewegung fehlten die Kandidatinnen und Kandidaten. Auf den letzten Drücker konnte die Freie Liste dann doch noch genügend Mitglieder rekrutieren – und erhielt am Freitag, den 17. Dezember, den zwölften und letzten Listenplatz für die Stadtzürcher Wahlen.

Im Vorfeld weibelte die Gruppierung vor allem online um Aufmerksamkeit. Aus ihrem Sekretariat im Niederdorf posteten ihre Mitglieder verwackelte Videos auf Facebook. Darin ist zu sehen, wie sie sich Gedanken darüber machen, welche Kandidatinnen sich für welche Stadtkreise eignen. Für das eher bürgerliche Schwamendingen einer, der gleich heisst wie der SVP-Fraktionspräsident. Im Kreis 8 hingegen, einem Stadtteil mit hoher Durchimpfungsrate, sei wohl nur wenig zu holen. Deshalb fokussiere man sich lieber auf Oerlikon. Und im Kreis 3 habe man die «queerste LGBT-Liste» zusammengestellt, die man sich vorstellen könne.

Kandidieren wird die Freie Liste jedoch nicht in allen Wahlkreisen. In den Kreisen 4, 5, 6 und 10 hat die Gruppe niemanden aufgestellt. Das ist der Übersicht aller eingereichten Wahllisten der Stadt Zürich zu entnehmen. Neben der Freien Liste sind Volt und I love Zürich die einzigen Gruppierungen, die nicht in allen Wahlkreisen antreten werden.

Kopf der Freien Liste ist umstritten

Wortführer der Freien Liste ist Stefan Theiler. Der Mann mit langen Haaren, Bart und Hippie-Look koordiniert die Aktivitäten. Auf Anfrage sagt er, die Freie Liste sei eine Gruppierung von massnahmenkritischen Menschen, die Eigenverantwortlichkeit, Selbstbestimmung und Menschlichkeit forderten – «und eine evidenzbasierte Gesundheitsförderung, welche den freien Willen respektiert».

Stefan Theiler ist kein Unbekannter. Schon in der Vergangenheit hat der gebürtige Zuger für Aufsehen gesorgt – vor allem in der Region Bern. Theiler, ehemaliger Betreiber eines Videoladens in der Berner Innenstadt, kandidierte immer wieder als chancenloser Polit-Exot für verschiedene Ämter. Zuletzt versuchte er im November 2020, bei den städtischen Berner Wahlen einen Sitz im Parlament zu ergattern. Erfolglos. Theiler bekam lediglich 1850 Stimmen.

Theiler, der in seinen Äusserungen in den Medien und den sozialen Netzwerken eine Nähe zu Verschwörungserzählungen zeigt, sorgte immer wieder für Negativschlagzeilen. Etwa, als er aus Protest statt einer Maske eine Windel im Gesicht trug und daraufhin im Berner Rathaus verhaftet wurde.

Empörung löste aber vor allem eine Episode in der Berner Innenstadt aus. Vor einem Jahr verfolgte Theiler nachts die Berner Kantonsärztin Linda Nartey. Gefilmt von einem Gesinnungsgenossen, passte er die künftige Vizedirektorin des Bundesamtes für Gesundheit ab. Theiler beschimpfte die Frau als «Satansdienerin», die die Welt versklave und Kinder traumatisiere. Nartey, deren Vater aus Ghana stammt, wurde vom 39-Jährigen auch rassistisch verunglimpft. Theiler beendete seine Tirade erst, als Passanten eingriffen, sich schützend vor die Frau stellten und Nartey in einem Tram davonfahren konnte.

Der Kanton Bern zeigte sich gemäss einem Bericht in den Tamedia-Zeitungen «zutiefst schockiert» und prüfte rechtliche Schritte. Nartey hat sich dann jedoch dagegen entschieden, Anzeige zu erstatten. Sie sei voll ausgelastet und wolle sich nicht mit Angelegenheiten beschäftigen, die sie zusätzlich beanspruchten.

Wer ist die Freie Liste?

Nun hat Theiler sein Tätigkeitsfeld von Bern nach Zürich verschoben – für den Wahlkampf mit der Freien Liste. Zu dieser Gruppierung zählen unter anderem Angehörige der Freunde der Verfassung, aber auch Kandidierende vom Lehrernetzwerk Schweiz oder von Aletheia, einer Vereinigung von Ärztinnen und Ärzten, die eine «wahrheitsgetreue Berichterstattung und Transparenz» fordert. Auf ihrer Website suggeriert die Gruppe, dass über das Coronavirus und die Impfung Lügen verbreitet würden.

Theiler betont, man wolle sich im linkslastigen Zürich mit Know-how profilieren. Die Liste führe nicht nur Ärztinnen oder Psychoanalytikerinnen, sondern auch Heilpädagogen, Ingenieure oder Investmentanalysten. Sie alle eine, dass sie sämtliche Corona-bedingten Einschränkungen schnellstmöglich aufheben wollten. Man bekämpfe «sowohl die willkürlichen Zwangsmassnahmen, den indirekten wie direkten Impfzwang, den Maskenzwang sowie die Zertifikats- und verfassungswidrige Ausweispflicht». Themen ausserhalb von Corona scheint es nicht zu geben. Ein Positionspapier werde aber gerade ausgearbeitet, sagt Theiler.

Marko Ković bezeichnet die Zusammensetzung der Freien Liste als ein «wahres Who’s who der massnahmenkritischen Szene». Ković ist Sozialwissenschafter und beschäftigt sich unter anderem intensiv mit Verschwörungstheorien. Dass sich die Freie Liste nun zur Wahl stelle, obwohl sie kein eigentliches Programm habe, findet Ković trotz allem konsequent. Die zwei Referenden gegen das Covid-19-Gesetz hätten gezeigt, dass massnahmenkritische Stimmen durchaus politisches Gewicht haben können. «Darauf bauen sie jetzt auf», sagt Ković. «Und das ist auch nicht verwerflich, schliesslich steht es jedem frei, sich für ein politisches Amt zu bewerben.»

Trotzdem gelte es, die Freie Liste nicht zu verharmlosen. Gerade bei Aletheia oder den Freunden der Verfassung seien Figuren im Spiel, die mit gezielter Falschinformation und mit Verschwörungstheorien arbeiteten. «Das grenzt an Demagogie und ist gefährlich», sagt Marko Ković. Wer sich in diesen Theorien verliere, radikalisiere sich und höre auf, die Realität zu akzeptieren.

Solche Menschen verabschieden sich im Extremfall aus dem gesellschaftlichen Leben. Die Tamedia-Zeitungen berichteten jüngst, dass mit Daniel Trappitsch einer der bekanntesten Impfgegner der Schweiz aufgehört habe, Steuern und Krankenkassenbeiträge zu zahlen. Hunderte sollen seinem Beispiel gefolgt sein.

Überschneidungen zur Freien Linken

Mehrere Berührungspunkte hat die Freie Liste mit einer Gruppierung, die sich Freie Linke nennt. Eine direkte Zusammenarbeit mit Letzterer gibt es laut Theiler aber nicht. Bei der Freien Linken handelt es sich um eine lose Gruppierung von linken Massnahmenkritikern. Gemäss Website wollen sie ein «Sammelbecken» sein für alle, die sich als Linke verstehen. Dazu gehörten unter anderem Personen aus dem linksautonomen Umfeld, Anarchisten, Hippies oder Sozialdemokraten.

Andere Gemeinsamkeiten als die Kritik an den Massnahmen, die die Kantone und der Bundesrat zur Bekämpfung der Corona-Pandemie angeordnet haben, scheint es auch unter den Freien Linken nicht zu geben. Bisher hat die Bewegung nur eine Medienmitteilung publiziert – zur Abstimmung über das Covid-19-Gesetz vom November.

Die Freie Linke gibt es auch in Deutschland. Von dort stammen die Vorlagen für den Namen der Schweizer Gruppierung. Auch das Logo ist deckungsgleich – ein goldener Stern auf rotem Hintergrund. Zum Gesicht des hiesigen Ablegers ist Simone Machado geworden. Die Berner Lokalpolitikerin, die als Einzige für die Grünalternative Partei im Stadtrat sitzt, betonte gegenüber CH Media, dass mit den deutschen Gleichgesinnten aber kaum Kontakt bestehe.

Gegenbewegung zum «linken Mainstream»

Wie links die Freie Linke tatsächlich ist, ist laut Sozialwissenschafter Marko Ković schwierig zu beurteilen. Klar ist für ihn aber: Die Bewegung hat das Label links aus Kalkül gewählt. «Das ist ein Versuch, das Image der Massnahmengegner aufzubessern. Diese wurden bis anhin vor allem mit dem rechtsextremen Milieu in Verbindung gebracht.» Zudem könnte eine linke Aufmachung bei einem urbanen Publikum wie jenem in Zürich mehr Anklang finden.

Mit der Selbstbezeichnung als «Freie Linke» soll aber auch angedeutet werden, dass sich die Gruppe den arrivierten linken Parteien nicht zugehörig fühle. Im Gegenteil ist in ihren Kanälen auf dem Messenger Telegram sowie in verschiedenen Blogs immer wieder von einem «linken Mainstream» die Rede, von dem man sich abgrenzen müsse.

Die Abgrenzung, um nicht zu sagen Ablehnung, ist ganz gegenseitig. So haben Simone Machados Tätigkeiten gegen die Covid-Massnahmen dazu geführt, dass sie Mitte November aus ihrer Fraktion im Berner Parlament ausgeschlossen wurde. Ihre aktive Beteiligung bei der Freien Linken sowie ihre «Zusammenarbeit mit rechten und rechtsextremen Gruppierungen» wolle man nicht mehr mittragen, schrieb Machados ehemaliger Sparringspartner, die Alternative Linke Bern, in einer Mitteilung.

Welche Wahlchancen hat die Freie Liste?

Ob der Freien Liste in Zürich der Sprung ins Parlament gelingt, ist zweifelhaft. Ihre Chancen sind klein. Für den Einzug in den Gemeinderat muss sie eine Fünf-Prozent-Hürde überwinden. Sitze erhalten nämlich nur jene Parteien, die in einem Wahlkreis mindestens fünf Prozent der Stimmen erhalten. Wie hoch diese Hürde sein kann, musste bei den vergangenen Wahlen die CVP erleben. Zuvor noch mit eigener Fraktion und eigenem Stadtrat vertreten, flog die Partei 2018 aus dem Parlament.

Für 2022 versucht die Nachfolgepartei der CVP, die Mitte, wieder Fuss zu fassen. Auf welcher Liste sie antritt, wird am Freitag bestimmt – per Auslosung. Die Mitte konkurriert mit der Freien Liste und vier anderen Gruppierungen um die vorderen Plätze. Insgesamt buhlen zwölf Parteien und Listen um den Einzug in den Zürcher Gemeinderat. Die Freie Liste ist dabei nicht der einzige Exot. Mitbewerber sind die Partei der Arbeit, aber auch Bündnisse mit wundersamen Namen wie «I love ZH» oder «Volt».

Berichtigung: In einer früheren Version dieses Artikels stand, Stefan Theiler stehe selbst als Kandidat der Freien Liste bereit. Dies ist nicht korrekt. Theiler koordiniert nur die Aktivitäten der Gruppierung als Sekretär.
(https://www.nzz.ch/zuerich/zuerich-massnahmenkritiker-reichen-liste-fuer-wahlen-2022-ein-ld.1660259)



tagesanzeiger.ch 17.12.2021

Erste Wahlliste der Corona-SkeptikerDie Massnahmenkritiker wollen ins Zürcher Stadtparlament

Neben den etablierten Parteien streben 2022 exotische Gruppierungen in den Gemeinderat. Unter ihnen figuriert die Liste eines aggressiven Massnahmenkritikers.

Pascal Unternährer

Das Rennen um die 125 Sitze im Zürcher Stadtparlament kommt definitiv in die heisse Phase. In einem isolierten Raum haben am Freitag Stadtpräsidentin Corine Mauch, Stadtschreiberin Claudia Cuche-Curti und Notar-Stellvertreter Nicolas Maurer die Ziehung der Wahllistennummern durchgeführt. Für Aussenstehende wurde der Vorgang in einem Online-Livevideo zugänglich gemacht.

Wie vor vier Jahren buhlen zwölf Parteien und Gruppierungen um die Stimmen der Wählerinnen und Wähler. Die Listennummer 1 erhält – entsprechend dem stärksten Wähleranteil im Jahr 2018 – die SP. Es folgen alle Parteien, die bereits im Gemeinderat vertreten sind. Bis auf eine Ausnahme.

EVP hinter der Mitte

Die EVP erhielt nicht automatisch Startplatz 7, obwohl sie vier Mitglieder im Parlament hat. Die Partei hat ihren Listennamen geändert von EVP/BDP in EVP, womit sie offenbar die Bevorzugung bei der Auslosung verwirkt hat. Die 7 weggeschnappt hat ihr Die Mitte, die – noch unter dem alten Namen CVP – 2018 überraschend aus dem Gemeinderat geflogen war, weil sie in keinem der neun Wahlkreise die 5-Prozent-Hürde geschafft hatte.

Die EVP erhielt von Cuche-Curti die Nummer 11 zugeteilt. Die kommunistische Partei der Arbeit wird mit der Nummer 9 antreten.

Erstmals Wahl mit Corona-Skeptiker

Die drei neuen Mitbewerber, die sogenannten Exoten, heissen «I love ZH», eine Einzelmaske aus Riesbach (nur im Kreis 7+8), «Volt», eine gemäss eigenen Angaben grün-feministische LGBTQI*-Bewegung (7+8 und 10), und «Freie Liste – Stadt Zürich».

Letztere gibt zu reden, da es sich bei der Gruppierung um Massnahmenkritiker handelt. Erstmals also treten die Covid-Gesetz-Gegnerinnen zu einer Wahl an. Sie treten aber nicht in allen Wahlkreisen an. Für die Kreise 4+5, 6 und 10 haben sie keine Kandidatinnen oder Kandidaten gefunden.

«Wahres Who’s who der massnahmenkritischen Szene»

Gemäss eigenen Angaben kandidieren stadtweit 44 Personen für die Freie Liste. Laut einem Bericht der NZZ befinden sich unter ihnen Mitglieder der Freunde der Verfassung, des Lehrernetzwerks Schweiz oder der Ärztevereinigung Aletheia.

Marko Ković bezeichnet die Zusammensetzung der Freien Liste in der NZZ als «wahres Who’s who der massnahmenkritischen Szene». Ković ist Sozialwissenschaftler und Spezialist für Verschwörungstheorien. Er warnt davor, die Kandidierenden der Freien Liste zu verharmlosen. Unter ihnen seien Leute, die gezielt Falschinformationen verbreiteten. «Das grenzt an Demagogie und ist gefährlich», sagt Ković.

Er griff die Berner Kantonsärztin an

Exponent der Freien Liste ist ein umtriebiger Mann namens Stefan Theiler. Er ist vor allem in Bern bekannt, wo er sich bereits mehrmals – erfolglos – für politische Ämter beworben hat und an Skeptikerdemos auffällt. Theiler sorgt immer wieder für Negativschlagzeilen. So trug der Mann mit wildem Haar und Bart im Berner Rathaus eine Windel statt einer Hygienemaske ums Gesicht und wurde sogleich verhaftet.

Viel gravierender war eine andere Aktion von Theiler. Er lauerte in einer Nacht Ende Oktober 2020 der Berner Kantonsärztin Linda Nartey auf, verfolgte die farbige Frau und beschimpfte sie rassistisch, wie die «Berner Zeitung» berichtete. Theiler und ein Mitstreiter filmten die Aktion sogar. Nartey liess sich nicht provozieren. Nach fünf Minuten Verfolgung unter den Lauben kam ihr ein Passant zu Hilfe, worauf sie ein Tram besteigen konnte.

Die angehende Vizedirektorin des Bundesamts für Gesundheit (BAG) verzichtete auf eine Anzeige. «Ich bin voll ausgelastet und kann mich nicht mit Angelegenheiten beschäftigen, die mich zusätzlich beanspruchen, die aber auf das Verhalten der angezeigten Person kaum einen Einfluss haben würden», sagte sie dem «Bund».

Die Freie Liste kandidiert mit drei Personen auch für den Zürcher Stadtrat und mit einem Mann namens Josua Dietrich sogar fürs Stadtpräsidium. Ein Programm ausserhalb der Massnahmenkritik hat die Gruppierung nicht, ein Positionspapier soll in Arbeit sein.

Viel weiblicher als 2018

Das Feld der Kandidierenden ist nicht nur bunter, sondern auch weiblicher geworden, wie Stadtschreiberin Cuche-Curti in der Videoübertragung erfreut festgestellt hat. Während vor vier Jahren 38 Prozent der potenziellen Gemeinderatsmitglieder weiblich waren, sind es heuer 44 Prozent.

Insgesamt kandidieren 1075 Personen (+19) für den Gemeinderat, 606 Männer und 469 Frauen. Die älteste Kandidatin hat Jahrgang 1939, die jüngste 2004 und wird erst im Januar volljährig. Der älteste Kandidat wird nächstes Jahr 86 Jahre alt, der jüngste 19.

Derzeit werden die insgesamt 90 eingereichten Listen bereinigt, am 5. Januar 2022 publiziert das «Tagblatt» alle Namen. 16 bisherige Gemeinderatsmitglieder treten nicht mehr an, unter ihnen Marcel Savarioud (SP, seit 1998), Mark Richli (SP, 2002), Hans Jörg Käppeli (SP, 2003), Patrick Hadi Huber (SP, 2011), Duri Beer (SP, 2012), Renate Fischer (SP, 2012) und Markus Kunz (Grüne, 2012). Wahltag ist der 13. Februar 2022.
(https://www.tagesanzeiger.ch/die-schwurbler-wollen-ins-zuercher-stadtparlament-816283705528)


+++HISTORY
Kanonenkönig, Nazi-Freund und Gewerkschaftshasser: Zürich vertuscht den wahren Bührle
Streit um die Gemäldesammlung des Waffen¬fabrikanten Emil Bührle im Zürcher Kunsthaus. Wer Bührle wirklich war, wird dabei ausgeblendet.
https://www.workzeitung.ch/2021/12/zuerich-vertuscht-den-wahren-buehrle/


«Bern ist eine Stadt der kurzen Wege»
In der Stadt Bern wird gebaut wie nie zuvor. Könnte man meinen. Aber rekordverdächtig ist die gegenwärtige Wohnbautätigkeit nicht. Ein Rückblick auf 150 Jahre Wohnungsbau in Bern. Im Interview mit der Sozialhistorikerin Anna Bähler.
https://journal-b.ch/artikel/bern-ist-eine-stadt-der-kurzen-wege/


»Unter Scholz wurde das staatlich angeordnete Folter«
Über den Tod von Achidi John in Hamburg durch Brechmittel und die Verantwortung der Politiker. Ein Gespräch mit Rainer Schmidt und Christian Arndt
https://www.jungewelt.de/artikel/416838.menschenrechte-unter-scholz-wurde-das-staatlich-angeordnete-folter.html


Züricher Zynismus vs. Berner Vernunft
In Bern hat ein Dammbruch stattgefunden. Ein Entscheid des Kunstmuseums Bern sendet ein unüberhörbares und unübersehbares Signal an andere Kunstmuseen und Sammlungen in der Schweiz – wenigstens an jene, die bereit sind das Signal aufzunehmen. Zwei Aquarelle von Otto Dix aus dem Legat des eigenbrötlerischen Sohns von Nazi-Kunsthändler Gurlitt, ein Konvolut, das er via Testament der Stiftung Kunstmuseum Bern vermachte, wurden an die Erben von Ismar Littmann aus Breslau zurückerstattet, obwohl die Herkunft als Raubkunst nicht lückenlos belegt werden konnte.
https://www.tachles.ch/artikel/standpunkte/zuericher-zynismus-vs-berner-vernunft


Jolles feats. Delamuraz und Co.
Zürich, Dezember 2021. Die Sonne möchte an diesem Mittwochmorgen einfach nicht durch die Wolkendecke über dem Heimplatz Zürichs dringen. Guy de Maupassant hätte das Himmelspiel von Mittwochmorgen zu Beginn der Pressekonferenz des Kunsthauses Zürich und der Stiftung E. G. Bührle nicht besser vorwegnehmen können. Ein düsteres, reaktionäres, tragisches Drama wird gegenüber dem Pfauen gespielt. Eine Bande von Unverbesserlichen findet sich da zusammen und kumuliert in einem historischen Amoklauf des Präsidenten der Sammlung Emil Bührle Alexander Jolles: «Ja, die Schweiz hat Flüchtlinge an der Grenze zurückgewiesen, jüdische und andere, wie wir das in Europa heute überall sehen, in Zeiten des Wohlstandes und des Friedens. Aber Verfolgung, jüdische Verfolgung, staatlich orchestrierte Verfolgung gab es in der Schweiz nicht. Juden in der Schweiz in den Kriegsjahren mussten nicht um ihr Leben bangen, sie mussten nicht um ihr Eigentum, um ihr Hab und Gut bangen, es gab hier keine staatliche Verfolgung und daher ist die Situation anders und soll auch in den Einzelfällen berücksichtigt werden.
https://www.tachles.ch/artikel/logbuch/jolles-feats-delamuraz-und-co


Alles Bührle?
Die Diskussion um die Leihsammlung Bührle im Kunsthaus geht in die nächste Runde: Die Forderungen der IG Transparenz bleiben, das Kunsthaus rechtfertigt sich mit Publikumszahlen.
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