Medienspiegel 19. September 2021

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++DÄNEMARK
Dänemark: Sozialdemokraten und Migration
Externe Auffangzentren und kein Asyl mehr an der Landesgrenze – die Strategie der dänischen Sozialdemokraten gegenüber Flüchtlingen und Migranten enthält viel Zündstoff
https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/europamagazin/sendung/daenemark-migration-fluechtlinge-100.html


+++GROSSBRITANNIEN
Großbritannien: Flüchtlinge im Ärmelkanal
London und Paris streiten über Flüchtlinge im Ärmelkanal, die von Frankreich nach Großbritannien übersetzen. In diesem Jahr kamen bereits mehr als 13.500. Die Regierung in London denkt über drastische Abschreckungsmaßnahmen nach
https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/europamagazin/sendung/grossbritannien-fluechtlinge-100.html


+++ITALIEN
Italien: Gelungene Integration – über den Magen
Wer soll es hier im kulinarischen Paradies auf Erden schaffen, der italienischen Küche Konkurrenz zu machen? Und dann auch noch als Nicht-Italiener? Und dann auch noch als Flüchtling?
https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/weltspiegel/sendung/italien-integration-baecker-100.html


+++GRIECHENLAND
Geflüchtete auf griechischen Inseln: Eingesperrt auf Samos
Auf Samos eröffnet ein neues „geschlossenes“ Lager, inklusive Stacheldraht und Röntgenscannern. Weitere solcher Camps sind geplant – mit EU-Geldern.
https://taz.de/Gefluechtete-auf-griechischen-Inseln/!5802367/


+++BALTIKUM
Zwischen Polen und Belarus: Vier tote Migranten an der Grenze
An der Grenze zwischen Belarus und Polen sind vier tote Migranten entdeckt worden. Wie sie ums Leben kamen, ist noch unklar.
https://www.spiegel.de/ausland/belarus-migrantin-aus-dem-irak-tot-an-grenze-zu-polen-gefunden-a-ce700815-00a2-495b-8dbf-81c706211d22?


+++DROGENPOLITIK
Die Apotheken und ihre Rolle in der Zürcher Cannabis-Studie
Legal kiffen: Im Herbst 2022 startet die Stadt Zürich ein Pilotprojekt. «Züri can» untersucht, welchen Einfluss ein regulierter Verkauf auf Konsum und Gesundheit hat. Abgabestellen sind auch Apotheken. Und dies sei der richtige Ort, sagt Valeria Dora, die Präsidentin des Apothekennetzes. (ab 02.17)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/die-apotheken-und-ihre-rolle-in-der-zuercher-cannabis-studie?id=12058965


+++GASSE
Bern/Zeugenaufruf: Mann angegangen und beraubt
In Bern ist in der Nacht auf Sonntag ein Mann von zwei Unbekannten mit Reizstoff angegangen und beraubt worden. Zur Klärung des Ereignisses sucht die Kantonspolizei Bern Zeugen.
https://www.police.be.ch/de/start/themen/news/medienmitteilungen.html?newsID=ab429480-43ef-4680-be08-0e0e9e3b504f
-> https://www.bernerzeitung.ch/mann-ausgeraubt-und-mit-reizstoff-besprueht-141658825083


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Communiqué Gegendemo «Marsch für’s Läbe»
Nachdem der Marsch für’s Läbe, die jährliche Manifestation vorsteinzeitlichen Gedankenguts organisierter Abtreibungsgegner:innen, Antifeminist:innen und Queer-Hasser:innen seinen Anlass 2020 wegen «Sicherheitsbedenken» gänzlich absagen musste, erstritt sich der Verein Marsch fürs Läbe in diesem Jahr vor dem Zürcher Stadthalteramt die Bewilligung für eine Demonstration im Zürcher Kreis 11.
https://barrikade.info/article/4755


+++KNAST
Isolationshaft verhängt und Kunstaktion subventioniert: Spagat der Zürcher Regierung im Fall «Carlos»
Eine Künstlergruppe lanciert am Dienstag eine Aktionsreihe für «Carlos» beziehungsweise Brian. Subventioniert wird sie von Jacqueline Fehrs Departement – das gleichzeitig dessen Isolationshaft verantwortet.
https://www.blick.ch/schweiz/isolationshaft-verhaengt-und-kunstaktion-subventioniert-spagat-der-zuercher-regierung-im-fall-carlos-id16842857.html


+++BIG BROTHER
Schweizer Firma liefert Daten von Aktivisten an Frankreich
Ein angeblich sicherer E-Mail-Anbieter aus der Schweiz liefert der französischen Polizei unter Zwang Daten von Klima-Aktivisten.
https://www.infosperber.ch/freiheit-recht/datenschutz/schweizer-firma-liefert-daten-von-aktivisten-an-frankreich/


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Corona-Demo: «Ich muss mich nicht entschuldigen» – Massnahmengegner nach Hitlergruss
Vorletzte Woche zeigte ein Massnahmengegner an einer Corona-Demo in Bern den Hitlergruss – nun nimmt er dazu Stellung und betont, er sei missverstanden worden. SIG-Vorsteher Jonathan Kreutner warnt vor einer bedenklichen Zunahme von Nazivergleichen.
https://www.20min.ch/story/ich-muss-mich-nicht-entschuldigen-massnahmengegner-nach-hitlergruss-941256852992


Coronavirus: Wie rechtsextrem ist die Skeptiker-Szene wirklich?
Die Gegner der Massnahmen zum Coronavirus haben zuletzt mehrmals mit Nazi-Symbolik von sich reden gemacht. Ein Experte ordnet die Vorfälle ein.
https://www.nau.ch/news/schweiz/coronavirus-wie-rechtsextrem-ist-die-skeptiker-szene-wirklich-66001193


Wer hinter den Freiheitstrychlern steht: Das stille Netzwerk der Freiheitstrychler
Das ganze Land redet über die sogenannten Freiheitstrychler, deren grösster Fan Ueli Maurer heisst. Dahinter stecken ein trotziger Innerschweizer – und ein geheimnisvoller Zürcher IT-Unternehmer.
https://www.blick.ch/politik/wer-hinter-den-freiheitstrychlern-steht-das-stille-netzwerk-der-freiheitstrychler-id16842973.html
-> https://www.toponline.ch/news/coronavirus/detail/news/freiheitstrychler-sollen-verbindungen-zu-rechtsextremen-kreisen-haben-00165798/


Verschiedene Exponenten der Coronabewegung stellten nach der Demo vom letzten Donnerstag in Bern zwei Behauptungen zum Hergang der Ereignisse auf. Diverse Medien haben sie übernommen. Überprüft wurden diese Behauptungen bisher von niemandem. Wir haben es gemacht. Ein Thread.
https://twitter.com/Megafon_RS_Bern/status/1439439311619903488



derbund.ch 19.09.2021

Unruhe wegen Corona-Demos: Freiheitstrychler spalten Vereine im ganzen Land

Konflikt in der Trychlerszene: Viele stören sich an den Trychlern, die sich an Corona-Demos beteiligen. Sich dagegen zu wehren, käme einem «sozialen Selbstmord» gleich.

David Sarasin, Andreas Tobler

Im Takt wuchten die Trychler ihre Glocken durch die Menschenmenge auf dem Winterthurer Neumarkt. Tausende Demonstrierende sind am vergangenen Samstag gekommen, um gegen die Corona-Massnahmen des Bundesrates zu demonstrieren. Darunter die Freiheitstrychler, die auch an diesem Wochenende den Demonstrationszug der Massnahmenkritiker anführen.

Diese Trychler sind derzeit sehr präsent: auf den Fotos, die von Bundesrat Ueli Maurer vor einer Woche in der Kutte der Freiheitstrychler aufgenommen wurden; bei der Demo in Bern, als Massnahmenkritiker vor dem Bundeshaus demonstrierten – und es zu Ausschreitungen kam; in der SRF-«Arena», als man die Ereignisse von Bern aufarbeiten wollte.

Passen die Demos zum Brauchtum?

«Undemokratisch» sei die Teilnahme der Freiheitstrychler an der Demo in Bern gewesen, «unwürdig» und «unschweizerisch», meinte Sandro Brotz in der letzten «Arena» im Interview mit Andy Benz, selbstständiger Bauführer und Mitgründer der Freiheitstrychler. «Wie kommen Sie darauf?», entgegnete Benz. Wenn er ins Bundeshaus gelangen wolle, dann wisse er, «wo es reingeht, und zwar ohne Krawall».

Die Teilnahme der Freiheitstrychler an den Demos der Massnahmengegner sorgt in den Schweizer Trychlergruppen für Unruhe. In den zahlreichen Vereinen zwischen Freiburg und Herisau wird intensiv darüber diskutiert, ob die Teilnahme an den Demos zum weit verbreiteten Brauchtum passt.

«Trycheln ist mehr als das, was man derzeit auf den Bildern im Fernsehen sehen kann», sagt Stefan Keiser, Präsident der Trychlergruppe Menzingen. In der kleinen Ortschaft im Kanton Zug soll 2023 das nächste eidgenössische Treffen stattfinden. Erst kürzlich hat der 37-Jährige, der im OK amtet, mit Freunden diskutiert, wie man damit umgehen soll, dass Freiheitstrychler das Image des Brauchtums zu beschädigen drohen.

Sich zu äussern, wäre «sozialer Selbstmord»

Denn eigentlich sind jene an den Demos eine deutliche Minderheit. Laut Insidern gehören den Freiheitstrychlern etwa 200 bis 300 Personen an, von denen nicht alle in Vereinen organisiert sind. Tendenz zwar wachsend, aber das sind immer noch sehr wenige, wenn man bedenkt, dass am nächsten eidgenössischen Treffen rund 3000 Trychler erwartet werden, die schweizweit in rund 300 Vereinen organisiert sind.

Stefan Keiser trägt seine beiden Treicheln auf einen der vielen Hügel von Menzingen. Hier oben kann man den Blick schweifen lassen – über den Zuger- und den Zürichsee. Keiser stellt die Glocken ins Gras neben die einzige Linde. Er zeigt mit seiner Hand auf den Sportplatz in der Ortschaft im Tal. «Dort unten kommen in zwei Jahren die ganzen Trychler zusammen», sagt er. Und alle sollen daran teilnehmen können, «auch die Freiheitstrychler», sagt Keiser.

Der Graben in der Trychlerszene geht derzeit auch durch die einzelnen Vereine. Es wäre «sozialer Selbstmord», wenn er sich in der aktuellen Situation öffentlich äussern würde, sagt ein Trychler-Präsident, der angesichts der hitzigen Diskussionen lieber anonym bleiben will.

Wenn die Freiheitstrychler anrufen

Einige Trychler bekennen sich dagegen offen zu einer radikalen Haltung und gehen mit ihren Äusserungen sehr weit. «Meiner Meinung nach sollte man das Bundeshaus abreissen und die frei werdende Fläche für die Landwirtschaft nutzen. Da hätte das Volk mehr davon als von den aktuellen Corona-Massnahmen des Bundesrates», sagt Marco Würsch, Älpler und Präsident der Trychlergruppe Seelisberg.

Josef Winiger war OK-Präsident des letzten grossen Trychlertreffens in Bremgarten, das eigentlich im Jahr 2020 hätte stattfinden sollen, aufgrund von Corona aber abgesagt werden musste. Er äussert, was seiner Meinung nach viele in der Szene denken: «Es ist ein Problem, dass wir nun alle in den gleichen Topf geworfen werden.» In zwei Wochen sei seine Gruppe an einem Abschiedsanlass engagiert, nun frage er sich, ob und wie man das Problem ansprechen wolle. «Müssen wir uns von den Freiheitstrychlern distanzieren?»

«Bietet sich geradezu an»

Niklaus Spühler, Präsident des Trychlervereins im Zürcher Unterland, hat von den Freiheitstrychlern vor einem Jahr einen Anruf erhalten. «Wenig vertrauenswürdig» sei die Person am Apparat gewesen, sagt er. Erst nach mehrmaligem Nachhaken räumte der Anrufer ein, dass er für die Teilnahme an einer Corona-Demo anfrage. «Wir stehen nicht zur Verfügung», wimmelte Spühler den Anrufer ab. Weil es vor längerer Zeit mehrere Anfragen von der SVP gab, habe man die unpolitische Haltung des Vereins in den Statuten vermerkt.

Ähnliches ist auch aus Egerkingen im Kanton Solothurn oder St. Gallen zu hören. «Politisch und konfessionell» sei man neutral, heisst es etwa in den Statuten der «urchigä Bänggner», einem Verein aus dem Kanton St. Gallen. «Für uns ist klar, dass wir nicht bei Demonstrationen oder anderen politischen Veranstaltungen auftreten. Als Verein sind wir nicht politisch», sagt Roman Eberhard, Präsident der «urchigä Bänggner».

Dennoch: Allzu abwegig ist die Teilnahme der Freiheitstrychler an einer politischen Demonstration nicht. «Das bietet sich geradezu an», sagt der Brauchstumsforscher Werner Bellwald. Die Treicheln seien derart laut, dass sie wahrgenommen würden, «ob man will oder nicht». Deshalb seien Treicheln ein «probates Mittel» für politische Demonstrationen. Ausserdem passe das Outfit perfekt zu dem, was man als «‹ursprüngliche› Schweiz, als ‹Freiheit›, als Selbstbestimmung empfindet», wie Bellwald sagt. All das mache das Trycheln zu einer «idealen Kombination, um sich jetzt als akustische Freiheitshelden zu inszenieren».

Im Verlauf des 20. Jahrhunderts hätten sich die Trychler «diversifiziert» – wie andere Aktivitäten und Gestalten des Brauchtums. Man sieht sie jetzt auch an Fussballspielen und an privaten Festen, etwa Hochzeiten.

«Selbstbedienungsladen für Anliegen aller Couleur»

Das Trycheln ist nicht nur vielfältig einsetzbar, es kann gemäss Werner Bellwald auch missbraucht werden: Entgegen der allgemeinen Meinung seien Bräuche wie das Treicheln «offen», erklärt Bellwald. Ihre Formen und Funktionen können sich ändern, lassen sich daher auch «instrumentalisieren», wie Bellwald sagt, «und sie stehen allen zur Verfügung». Wie das Matterhorn und Wilhelm Tell, die in den 1990er-Jahren von unterschiedlichsten Parteien auf Plakaten und Flyern verwendet wurden – von der SP bis zu rechten Parteien. Letztlich sei – so Brauchstumsforscher Werner Bellwald – das Treicheln «ein Selbstbedienungsladen für Anliegen aller Couleur». Damit hadern nun viele Trychler.

«Die Teilnahme an einer solchen Demonstration ist ein Grundrecht, und es steht jedem Trychler frei, sich daran zu beteiligen, aber mit der Pflege des Brauchtums und seiner Geschichte haben die massnahmenkritischen Demonstrationen der Freiheitstrychler nichts zu tun», sagt Sepp Rüegg, Präsident der SVP im thurgauischen Märstetten und zugleich Präsident des Wahlausschusses des Eidgenössischen Schellen- und Trychlertreffens. Die meisten Vereine hätten ihren Ursprung darin, einen bösen Geist, den Winter oder etwas Ähnliches zu vertreiben, was denn auch der Hauptanlass in ihrem Jahreskalender ist. «Der Ursprung der Freiheitstrychler ist dagegen ganz klar politisch, und das ist auch legitim. Wer als Trychler auf die Strasse geht, unterstützt das Anliegen voll und ganz», sagt Rüegg.

«Gehört immer schon zu unserer Tradition»

Anfrage bei einem Freiheitstrychler, der anonym bleiben möchte: Für ihn ist das Engagement der Trychlergruppen an den Demonstrationen der Massnahmenkritiker selbstverständlich. «Das Treicheln an Anlässen gehörte immer schon zu unserer Tradition», sagt er.

Schon früher habe es politische Anlässe gegeben, an denen Trychlergruppen mitgemacht hätten. Etwa an den Berchtoldstag-Reden von Christoph Blocher. Oder an einigen Demos in Bern, die landwirtschaftliche Anliegen betrafen, etwa 2005 gegen das damals geplante Freihandelsabkommen. Nach solchen Kundgebungen sei man mit den Treicheln extra vor der linksautonomen Reitschule durchmarschiert. Um die «bösen Geister» der politischen Gegner zu verscheuchen, wie der Freiheitstrychler sagt.

Inzwischen gibt es Hinweise, dass zumindest einzelne Freiheitstrychler eine Nähe zu den extremen Rechten haben. So soll der Betreiber der Freiheitstrychler-Website eine Zeit lang auch eine rechtsextreme Seite gehostet haben, wie der «SonntagsBlick» in seiner jüngsten Ausgabe schreibt. Wo die Fronten verlaufen, wird an den Demos deutlich. «Wir müssen schauen, dass die huere Antifa nicht in die Demo reinkommt», raunte ein Angehöriger der Freiheitstrychler-Security seinem Kollegen hörbar zu, als sie sich am vergangenen Samstag an der Demonstration gegen die Corona-Massnahmen in Winterthur durch die Menschenmenge bewegten.



Wie kam es zu den Ausschreitungen vor dem Bundeshaus?

Die Freiheitstrychler haben sich nach den Ausschreitungen in Bern in einer Medienmitteilung von «jeder Art von Gewalt» distanziert. In Bern könnten Agents Provocateurs im Einsatz gewesen sein, wird in der Mitteilung vermutet. Zudem seien die Freiheitstrychler von Mitgliedern der Antifa attackiert worden.

«Mittelschwere Verletzungen» habe ein Mitglied des Securityteams dabei erlitten. Zwar hätten sie danach noch versucht, «unvernünftige Leute» am Rütteln der Gitter vor dem Bundeshaus zu hindern. Der Sicherheitsdienst der Freiheitstrychler sei nach dem Vorfall mit der Antifa aber «derart geschwächt» gewesen, «dass er beim Eintreffen der Kundgebung das Rütteln von Provokateuren an den Abschrankungsgittern vor dem Bundeshaus nicht mehr verhindern konnte».

Auch die Polizei spricht gegenüber der «SonntagsZeitung» von «gezielten Provokationen» auf der Seite der Gegendemonstrationen. Auf Twitter wird dies unter anderem vom «Megafon», der Zeitschrift der Berner Reitschule, angezweifelt und bestritten: Von Agents Provocateurs könne keine Rede sein. In Videos und auf Fotos sei zu sehen, wie die Freiheitstrychler einfach nur zugeschaut hätten, während an den Gittern gerüttelt worden sei. Darunter auch Andy Benz, der auf dem Bundesplatz die gelbe Weste der Freiheitstrychler-Security trug. (atob, dsa)
(https://www.derbund.ch/freiheitstrychler-spalten-vereine-im-ganzen-land-254691676649)



bernerzeitung.ch 19.09.2021

Schuldzuweisungen nach Demo-Eskalation: Freiheitstrychler schiessen gegen Antifa

Nach der eskalierten Corona-Demo in Bern geben prominente Massnahmengegner linken Gegendemonstranten die Schuld für die Gewalt. Daran gibt es jedoch Zweifel.

Christoph Albrecht

Es waren Bilder, wie man sie von bisherigen Corona-Demonstrationen noch nicht gekannt hatte. Von Menschen, die Flaschen und Feuerwerkskörper werfen. Von einer wütenden Meute, die wie wild gegen den Zaun tritt, der sie vom Bundeshaus trennt. Von der Polizei, die Wasserwerfer und Tränengas einsetzen muss.

Die unbewilligte Kundgebung, die am Donnerstagabend auf dem Bundesplatz hochkochte, erreichte eine neue Eskalationsstufe – und sorgte für entsprechend Gesprächsstoff. Berns Sicherheitsdirektor Reto Nause (Die Mitte) sprach nach den Ereignissen von einem «möglichen Sturm aufs Bundeshaus», der gerade noch verhindert wurde. In den Medien wurde die Frage aufgeworfen: Wie weit werden die militanten Massnahmengegner wohl das nächste Mal gehen?

Freiheitstrychler geben Antifa die Schuld

Die Freiheitstrychler, die in den vergangenen Wochen zum Symbol des Widerstands gegen die Corona-Massnahmen und das Zertifikat wurden und am Donnerstag an vorderster Front mitmarschierten, versuchten, sich am Tag nach der denkwürdigen Demo aus der Schusslinie zu nehmen. Man distanziere sich «von jeder Art von Gewalt», schrieben sie in einem Communiqué.

Wer genau am Bundesplatz-Gitter gerüttelt habe, sei nicht eruierbar. Es seien aber keine Freiheitstrychler gewesen. Diese hätten sich – ganz im Gegenteil – nach den ersten Wasserwerfereinsätzen sogar «darum bemüht, das Gitter vor diesen unvernünftigen Leuten zu schützen».

Um wen es sich ihrer Ansicht nach bei den «unvernünftigen Leuten» handeln könnte, lassen die Freiheitstrychler in ihrem Schreiben ebenfalls durchblicken. «Es besteht aufgrund von verschiedenen Zeugenaussagen der Verdacht, dass Agents Provocateurs im Einsatz waren und den Einsatz der Wasserwerfer auch durch das Werfen von Gegenständen mitverursachten», heisst es. Bei den Hitzköpfen soll es sich also nicht um Massnahmengegner aus den eigenen Reihen gehandelt haben.

Für SVP-Reimann steht Schwarzer Block dahinter

Wen genau sie hinter den Attacken auf den Zaun sehen, nennen die Freiheitstrychler zwar nicht explizit. In ihrer Mitteilung wird aber deutlich, wer ihrer Meinung nach die Schuld an der Gewalt trägt: die Antifa. Diese habe während des Demozugs den Sicherheitsdienst der Freiheitstrychler tätlich angegriffen. Die Bilanz: «Ein Teammitglied erlitt mittelschwere Verletzungen.»

Prominente Exponenten aus dem Lager der Massnahmengegner nutzten die Steilvorlage der Freiheitstrychler und drehten den Spiess um. Laut seinen Informationen gehörten jene, die bei der Demo-Eskalation auf dem Bundesplatz gegen den Zaun am Bundesplatz traten, zur Antifa, twitterte der Co-Präsident der Anti-Massnahmen-Bewegung Mass-Voll, Nicolas A. Rimoldi. Und auch SVP-Nationalrat Lukas Reimann stellte sich in der «Arena» von SRF hinter die These, bei den Zaun-Tretern handle es sich um Mitglieder des Schwarzen Blocks.

Zweifel an Darstellung der Trychler

Aussage gegen Aussage also? Nicht unbedingt. Das «Megafon» lässt an der Darstellung der Massnahmengegner jedenfalls deutliche Zweifel aufkommen. Auf Twitter hat die Zeitung aus der Berner Reitschule die Vorkommnisse vom Donnerstagabend akribisch aufgearbeitet. Anhand von Bild- und Videomaterial sowie Ausschnitten aus Telegram-Chats zeigt sie auf, dass es sich bei den Chaoten durchaus um Corona-Demonstranten handeln dürfte.

Auch die Aussage der Freiheitstrychler, sie hätten versucht, das Gitter vor Angriffen zu schützen, stellen die «Megafon»-Journalisten infrage – und publizieren dazu Ausschnitte, in denen man Mitglieder der Trychler sieht, die in der aufgeheizten Stimmung nicht gerade deeskalierend einschreiten.

Zu guter Letzt wird auch die Behauptung hinterfragt, Gegendemonstranten hätten den Sicherheitsdienst der Freiheitstrychler tätlich angegriffen. Das «Megafon» liefert dazu mehrere Videoaufnahmen, die offenlassen, ob es tatsächlich zur erwähnten Attacke gekommen ist. Die Zeitung deutet das Bildmaterial eher gegenteilig: «Die Gegendemonstration verhielt sich passiv, bis die Coronademonstrant*innen sie wegzuräumen begannen.»
(https://www.bernerzeitung.ch/freiheitstrychler-schiessen-gegen-antifa-245756366519)



Eskalation vor dem Bundeshaus: «Wenn wir eine grosse Gruppe sind, können wir stürmen»
Die Krawalle von Bern kommen nicht überraschend. Seit Monaten träumen radikale Massnahmen-Gegner vom Sturm auf das Bundeshaus. Das Bundesamt für Polizei ist besorgt.
https://www.blick.ch/politik/eskalation-vor-dem-bundeshaus-wenn-wir-eine-grosse-gruppe-sind-koennen-wir-stuermen-id16842985.html



Sonntagszeitung 19.09.2021

Gewalttätige Impfgegner: «Mich verwundert nicht, wenn die Leute durchdrehen»

Massnahmenkritiker radikalisieren sich: Medizinische Einrichtungen werden angegriffen, an Demos kommt es zu Gewalttaten. Exponenten der Bewegung schieben die Schuld ab.

Rico Bandle

Es sind Bilder, wie man sie sonst eher vom 1. Mai kennt: Demonstranten werfen Flaschen und Feuerwerk gegen Polizisten, diese reagieren mit dem Einsatz von Wasserwerfern. Ein Gitter schützte das Bundeshaus vor einem wütenden Mob. Der Protest am Donnerstag in Bern war der bisher gewalttätigste dieser Bewegung.

Die Szene der Impf- und Massnahmengegner radikalisiert sich zunehmend. Immer häufiger ist von Angriffen auf Impfbusse, Spitäler und andere medizinische Einrichtungen zu lesen. Mehrmals in den letzten Wochen musste die Polizei eingreifen.

Was sagen die Organisatoren der Proteste zu diesen Vorfällen?

Stimmung sei aufgeheizt

Der Publizist Christoph Pfluger ist so etwas wie der intellektuelle Vordenker der Bewegung. Er hat den Verein «Freunde der Verfassung» initiiert und das erste Referendum gegen das Covid-Gesetz gestartet. «Die Gewalttätigen sind nur eine kleine Minderheit», sagt er. Doch diese bedrohten den gesamten Widerstand. «Bei jeder Protestbewegung spült der Kampf Scharfmacher an die Spitze.» Die Stimmung sei zurzeit äusserst aufgeheizt. «Es muss nur eine blutige Dummheit passieren, dann kann es unkontrollierbar eskalieren. Das ist gefährlich.»

Thomas Ender vom Aktionsbündnis Urkantone zeigt ein gewisses Verständnis für die Radikalisierung: «Mich verwundert nicht, wenn die Leute durchdrehen», sagt er, stellt aber auch klar: «Wir sind entschieden gegen jede Form von Gewalt.» An der Demonstration in Bern hätten vermummte Antifas aus der Reitschule mit den Angriffen begonnen. «Einem Freiheitstrychler haben die Linksextremisten mehrere Zähne ausgeschlagen», sagt er. Auch Nicolas Rimoldi von der Jugendorganisation Mass-Voll gibt auf Twitter der Antifa die Schuld: «Gewalt kam vonseiten der Antifa, die die Fäuste fliegen liess. Die Polizei Bern schritt nicht ein.»

Auf Anfrage bestätigt die Polizei, dass es «gezielte Provokationen» von Gegendemonstranten gegeben habe. Auch habe die Polizei Kenntnis von einem Verletzten. «Wir können über Täter und Opfer aber noch keine Angaben machen, die Ermittlungen und Abklärungen laufen», sagt Polizeisprecher Christoph Gnägi.

Die Freiheitstrychler schreiben in einer Medienmitteilung, der Verletzte habe Anzeige erstattet. Sie werfen der Polizei vor, sie nicht genügend vor den gewalttätigen Gegendemonstranten geschützt zu haben.

Dass radikale Massnahmengegner in Chat-Gruppen des Nachrichtendiensts Telegram Gewaltfantasien äussern, wurde schon mehrfach nachgewiesen. Thomas Ender sagt, davon habe er keine Kenntnis. «Ich bewege mich nicht in den Chats, deshalb kriege ich diese Sachen nicht mit.» Verantwortlich für die Eskalation sei ohnehin in erster Linie die Politik. «Leute verlieren ihren Job durch die Massnahmen und werden in die Enge getrieben. Das ist wirklich tragisch.»

Aufruf zur Gewaltfreiheit

Die Jugendorganisation Mass-Voll gehört neben den Freiheitstrychlern zu den auffälligsten Gruppen an den Demonstrationen. Co-Präsident Nicolas Rimoldi bezeichnete die Zertifikatspflicht kürzlich als «Faschismus in Reinkultur», Bundesrat Alain Berset gehöre «vor Gericht» gestellt. Solche Äusserungen tragen nicht unbedingt zur Deeskalation bei. Rimoldi möchte das nicht kommentieren, dafür spricht Co-Präsidentin Viola Rossi. «Vor jeder Demonstration weisen wir unsere Leute darauf hin, dass wir gewaltfrei vorgehen», sagt sie. Da seien sie sehr strikt. Zu den Tweets Rimoldis könne sie nichts sagen. «Aber wir finden alle, dass der Bundesrat mit seiner Politik die Spaltung vorantreibt.»

Wie erklärt sie sich denn die zunehmenden Drohungen und Angriffe? «Nach eineinhalb Jahren Corona sind viele Leute psychisch am Ende, sie fühlen sich durch die Zwangsmassnahmen aus dem Leben ausgeschlossen.»

Christoph Pfluger findet, dass nun auch die Bewegung in der Pflicht stehe: «Wir müssen uns von der Gewalt klar abgrenzen und den Menschen zeigen, dass es andere, friedliche Formen des Widerstands gibt.»
(https://www.derbund.ch/mich-verwundert-nicht-wenn-die-leute-durchdrehen-844450213217)



Coronavirus: Skeptiker-Eltern setzten ihre Kinder dem Mobbing aus
Immer mehr Eltern kämpfen gegen die Corona-Massnahmen an den Schulen ihrer Kinder. Doch damit schaden sie den Kids oft mehr, als sie ihnen helfen.
https://www.nau.ch/news/schweiz/coronavirus-skeptiker-eltern-setzten-ihre-kinder-dem-mobbing-aus-65999537


+++HISTORY
Die Schweiz unterhält das weltweit größte System von Schutzbunkern
Unter den Bergen liegt der Beton
Die Schweiz unterhält das weltweit größte System von Schutzbunkern. Welche Funktion der Zivilschutz in einem Land erfüllt, das verhältnismäßig wenig gefährdet ist, lässt sich nur kulturgeschichtlich nachvollziehen: Der Bunker ist weit mehr als ein abgeschlossenes Gehäuse aus druckstoßsicherem Stahlbeton.
https://jungle.world/artikel/2021/37/unter-den-bergen-liegt-der-beton