Medienspiegel 21. August 2021

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++SCHWEIZ
Mario Gattiker: Warum ist die Schweiz nicht grosszügiger? – Samstagsrundschau
Die britische oder auch die kanadische Regierung haben bekannt gegeben, dass sie je 20’000 Menschen aus Afghanistan übernehmen wollen. Anders der Bundesrat. Trotz grossem Druck gewährt er bis anhin lediglich gut 230 Menschen ein humanitäres Visum. Warum macht die Schweiz nicht mehr?
https://www.srf.ch/audio/samstagsrundschau/mario-gattiker-warum-ist-die-schweiz-nicht-grosszuegiger?id=12040548
-> https://www.srf.ch/news/international/machtuebernahme-der-taliban-warum-nimmt-die-schweiz-nicht-mehr-afghanen-auf-herr-gattiker
-> https://www.luzernerzeitung.ch/news-service/inland-schweiz/mario-gattiker-ld.2176690


Bundesrätin Karin Keller-Sutter: «Angst vor Flüchtlingswelle ist mit Händen greifbar»
Bundesrätin Karin Keller-Sutter erklärt, warum die Schweiz aktuell nicht mehr für die Menschen in Afghanistan tun kann und wieso sich die EU vor einer Migrationswelle fürchtet. Die Justizministerin warnt zudem vor der Klischeefalle bei der Diskussion um die «Ehe für alle» und gibt Persönliches preis.
https://www.watson.ch/international/schweiz/283484415-keller-sutter-angst-vor-fluechtlingswelle-ist-mit-haenden-greifbar
-> https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/keller-sutter-verteidigt-fluchtlingsentscheid-zu-afghanistan-65986644


Taliban, Terror, Tote – Jetzt Flüchtlinge aufnehmen? – Arena
Nach der Machtergreifung durch die Taliban in Afghanistan wollen zehntausende Menschen nur noch raus aus dem Land. Doch wie? Und was für eine Rolle soll die Schweiz mit ihrer humanitären Tradition spielen? Dazu diskutieren in der «Arena» Politikerinnen und Nahost-Experten.
https://www.srf.ch/play/tv/arena/video/taliban-terror-tote—jetzt-fluechtlinge-aufnehmen?urn=urn:srf:video:a6965f80-b04b-4274-b57f-28c416a442d4
-> https://www.watson.ch/schweiz/international/536489823-mattea-meyer-verliert-in-srf-arena-ueber-afghanistan-die-fassung
-> s


+++ÖSTERREICH
Politische Rhetorik und Flüchtlinge: Das Leid ist kalkuliert
Keine Flüchtlinge aufzunehmen scheint in Österreich mittlerweile Mehrheitsmeinung. Aufnahmegegner verwenden eine ausgefeilte Rhetorik der Ablehnung. Versuch einer Analyse
https://www.derstandard.at/story/2000129051713/politische-rhetorik-und-fluechtlinge-das-leid-ist-kalkuliert?ref=rss


Abschiebung straffälliger Afghanen unmöglich: Kommt nun die Präventivhaft?
Mit der Diskussion um die sogenannte Sicherungshaft lauert der nächste Stolperstein in der türkis-grünen Koalition
https://www.derstandard.at/story/2000129054796/abschiebung-straffaelliger-afghanen-unmoeglich-kommt-nun-die-praeventivhaft?ref=rss


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Demo queer durchs Dorf: Ehe-für-Alle-Kundgebung in Nesslau
https://www.tvo-online.ch/aktuell/demo-queer-durchs-dorf-ehe-fuer-alle-kundgebung-in-nesslau-143461549


«Ras-le-viol»: Frauen demonstrieren in Lausanne gegen Basler Vergewaltigungsurteil
Protest gegen Vergewaltigungsurteil: Rund hundert Personen, mehrheitlich Frauen, protestierten am Samstag in Lausanne gegen ein Urteil des Basler Appellationsgerichtes. Dieses hatte die im Juli gegen einen Vergewaltiger verhängte Strafe um rund ein Drittel reduziert.
https://www.watson.ch/schweiz/justiz/775561263-frauen-demonstrieren-in-lausanne-gegen-basler-vergewaltigungsurteil
-> https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2021/20210821173509697194158159038_bsd082.aspx


+++WEF
aargauerzeitung.ch 20.08.2021

Davos, Singapur oder Zentralschweiz? Jetzt ist klar, wo das nächste WEF stattfinden soll

Klaus Schwab, Gründer des Weltwirtschaftsforums (WEF), hat eine klare Präferenz, wo der nächste Jahreskongress stattfinden soll. Die «Schweiz am Wochenende» kennt den Plan, der zeigt, wohin am 17. Januar 2022 die Verantwortungsträger aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft reisen sollen.

Patrik Müller

Heute Freitag würde eigentlich das Jahrestreffen des WEF in Singapur zu Ende gehen – so war es vorgesehen. Doch weil im lange Zeit praktisch coronafreien Stadtstaat auf einmal die Delta-Mutante wütete, musste der Anlass abgesagt werden. Die grosse Frage lautete seither: Wo findet der nächste Kongress statt, der für den Austragungsort grosses Prestige und weltweite Beachtung mit sich bringt?

In Davos, der Heimat des WEF, gibt es die Befürchtung, dass die Organisatoren um Gründer und Präsident Klaus Schwab den Grossanlass in der ersten Hälfte 2022 in Singapur durchführen wollen. Es seien nach der unerwarteten Absage entsprechende Versprechungen gemacht worden, hiess es aus Behördenkreisen.

Der «Geist von Davos» soll wieder wehen

Doch jetzt zeigen Informationen der «Schweiz am Wochenende»: Der nächste Jahreskongress findet ab 17. Januar 2022 wieder in Davos statt. So sieht es die interne Planung der Organisation vor. Singapur geht also leer aus, ebenso die Zentralschweiz. Dort – genauer auf dem Bürgenstock – hätte eigentlich das Jahrestreffen 2021 stattfinden sollen, und zwar im Mai. Nun heisst es: Zurück in die Bündner Berge, wo der von Schwab vielzitierte «Geist von Davos» weht.

Formell wird kommende Woche der Stiftungsrat, das Board of Trustees, entscheiden, das 31-köpfige Leitungsgremium, das letztes Jahr auch die Züglete nach Singapur beschloss. Wie interne Quellen bestätigen, hat Klaus Schwab, der den Titel «Ehrenbürger von Davos» trägt, zu Gunsten von Graubünden vorgespurt, sodass das Board die Rückkehr dorthin besiegeln dürfte. Die WEF-Medienstelle wollte sich am Freitagnachmittag zu dieser Information nicht äussern und teilte nur mit, es werde nächste oder übernächste Woche eine Pressemitteilung dazu geben.

Schwab verfügt über einen eignen Epidemiologen-Rat

Letztlich ist der Entscheid Chef-Sache. Schwab lässt sich regelmässig beraten von einem Gremium von «Weltklasse-Epidemiologen», wie er selber sagt. Diese sind für Januar in Davos vorsichtig optimistisch, auch wegen des guten Impffortschritts.

Schwab, so heisst es weiter, werde die Gelegenheit nutzen, um den Kongress zu verkleinern und wieder persönlicher machen. Das wollte er schon vor Corona, doch langjährige Gäste von der Liste zu streichen, ist heikel. Die Pandemie liefert nun den Steilpass dazu. Statt 3000 Teilnehmer plus Entourage dürften es künftig deutlich weniger sein.

Ein Vorbehalt und Bedingungen an die Hotellerie

Zudem wird der Zuschlag für Davos mit einem Vorbehalt verbunden: Bis Ende Oktober bleibt eine Verschiebung oder Absage möglich, falls sich die Corona-Lage fundamental verändern sollte. Ganz sicher kann man sich in Davos also noch nicht sein, aber die Planungen der Behörden und der Hotellerie können vorangetrieben werden. Und auch die Bundesräte können in ihren Terminkalendern die Woche vom 17. Januar reservieren. Aussenminister Ignazio Cassis, 2022 turnusgemäss Bundespräsident, dürfte den Kongress eröffnen.

Die Pandemie hat die Verhandlungsposition des WEF ironischerweise gestärkt – weil verschiedene Standorte um dessen Gunst buhlen. Das Versprechen des WEF, nach Davos zurückzukehren, ist denn auch nicht «gratis». In den Gesprächen haben die Forumsvertreter klargemacht, dass keine überrissenen Hotel-Preise und keine übermässige Kommerzialisierung rund um den Anlass mehr akzeptiert würden.
(https://www.aargauerzeitung.ch/wirtschaft/interner-plan-davos-singapur-oder-zentralschweiz-jetzt-ist-klar-wo-das-naechste-wef-stattfinden-soll-ld.2176417)


+++KNAST
derbund.ch 21.08.2021

Jugendheim der letzten Hoffnung: Im Lory stehen den jungen Frauen Metallgitter vor der Sonne

Das Erziehungsheim Lory in Münsingen steht wegen des Gefängnischarakters immer wieder in der Kritik. Dabei ist die Heimleitung durchaus engagiert. Zu Besuch in einer verborgenen Welt voller Grautöne.

Fabian Christl

Das Zimmer ist sehr klein: ein Bett, ein Pult, ein Gymnastikball – viel mehr ist da nicht. Wegen der vergitterten Balkontür erinnert es gar an eine Gefängniszelle.

Das ist kein Zufall. Wir befinden uns auf der geschlossenen Abteilung des Jugendheims Lory in Münsingen, wo «verhaltensauffällige, normalbegabte junge Frauen im Alter zwischen 13 und 22 Jahren» leben, wie es auf der Website des Kantons Bern heisst. Lory-Direktorin Eliane Michel ist der Bitte des «Bund» nach einem Rundgang durchs Heim nachgekommen.

Der Hintergrund: Die Kritik am Lory reisst nicht ab. Immer wieder klagen ehemalige Bewohnerinnen über das strenge Regime. Auch die nationale Kommission zur Verhütung von Folter ging mit dem Erziehungsheim einst hart ins Gericht. Und jüngst ortete die Geschäftsprüfungskommission Basel-Stadt (GPK) in einem Bericht «Missstände» im Lory.

Was hat es damit auf sich? Die Arbeit mit Jugendlichen ist schwierig. Auch die geduldigsten Eltern wissen: Theorie und Praxis klaffen bei der Erziehung schon mal auseinander. Andererseits: Ins Lory kommen die verletzlichsten Menschen überhaupt. Wenn die Behörden minderjährige Frauen in diese Institution platzieren, muss auch das Vertrauen gegeben sein, dass sie dort nicht nur versorgt werden, sondern auch die Bedingungen für Besserung vorfinden.

Mit Medis ruhiggestellt?

Auslöser des GPK-Berichts war der Tod des 15-jährigen Mädchens Zarah (Name geändert). Sie wurde im Dezember 2018 vom Kinder- und Jugenddienst Basel (KJD) im Lory platziert. Keine vier Monate danach ist sie aus dem Heim ausgerissen, «auf die Kurve gegangen», wie die Jugendlichen sagen. Eine Woche später wurde sie wegen einer Überdosis verschiedener Medikamente ins Spital eingewiesen, wo sie in der Folge verstarb.

Der Vorwurf der GPK: Das Lory habe die platzierende Behörde, also den KJD, kaum über den Verlauf von Zarahs Aufenthalt informiert. Insbesondere sei Zarah etwa «nach wiederholten Auffälligkeiten (…) mit starken Medikamenten ruhiggestellt worden», heisst es im Bericht. Diese Medikation sei dem KJD nicht mitgeteilt worden. Es gebe zudem Hinweise, dass sie zeitweise über eine ganze Medikamentenpackung im eigenen Zimmer habe verfügen können. «In der Folge konnte sie im Spital aufgrund mangelnder Kenntnis über ihre vorangegangene Medikation nicht adäquat behandelt werden und verstarb.»
Direktorin Eliane Michel leitet das Lory seit 23 Jahren.

Die GPK hat selber keine Abklärungen getätigt, sondern lediglich Informationen zusammengetragen. Auch das Jugendheim selber wurde von der GPK nie kontaktiert. Laut Michel enthält der Bericht denn auch Falschaussagen. So seien bei der Durchsuchung lediglich zwei einzelne Tabletten gefunden worden. «Wir bewahren die Medikamente selbstverständlich unter Verschluss in einem Büro auf», sagt sie.

Auch die anderen Vorwürfe weist Michel dezidiert zurück. Zarah habe auf eigenen Wunsch hin ein tief dosiertes Medikament bekommen, das ihr beim Schlafen habe helfen sollen, sagt sie. «Von Ruhigstellen kann keine Rede sein.» Und obwohl es rechtlich gar nicht notwendig sei, habe man wie in solchen Fällen üblich vorgängig bei der Mutter das Einverständnis dazu eingeholt. «Zudem ist es üblich, dass wir die einweisenden Behörden bei den regelmässigen Standortgesprächen über die Medikation der Jugendlichen informieren – obwohl auch das aus rechtlicher Sicht nicht notwendig ist.» Was für Michel feststeht: «Beim Tod von Zarah handelt es sich um einen tragischen Unfall.»

20 Kilo zugenommen

Auch Zarahs Mutter hat in ein Gespräch eingewilligt – obwohl sie sehr labil ist und selber ein hartes Leben hatte, wie sie sagt. Ihr sei aber wichtig, gewisse Dinge klarzustellen. Sie sei etwa nie über die Medikamente informiert worden, die Zarah bekam. «Ich hätte solch starken Medikamenten nie und nimmer zugestimmt», sagt sie.

Während des Gesprächs fängt Zarahs Mutter immer wieder an zu weinen. Nach dem Gespräch sendet sie noch mehrere, teils sehr lange Sprach- und Textnachrichten, um Dinge zu präzisieren oder zu ergänzen. Auch die Lektüre des Textes zwecks Autorisierung der Zitate ist ein grosser Kraftakt für die Mutter.

Sie habe grosse Schuldgefühle, dass sie der Platzierung überhaupt zugestimmt habe, sagt sie. Bereits, als sie Zarah ins Lory gebracht hat, sei sie skeptisch geworden. «Es ist schmuddelig, das Zimmer ähnelt einer Zelle, die Böden sind aufgerissen, die Wände zerkratzt – das ist keine Umgebung für einen Teenager.» Ihr schlechtes Gefühl hat sich auch im Laufe der Unterbringung nicht verbessert. Im Gegenteil: Zarah habe innerhalb von zwei Monaten 20 Kilo zugenommen, aus Angst vor den anderen Mädchen kaum das Zimmer verlassen, sich dort selber Verletzungen zugefügt und sich der Therapie verweigert.

Nun erhofft sie sich «Gerechtigkeit für Zarah», wie sie sagt. «Am liebsten wäre mir, man würde das Lory schliessen.» Jugendliche in der Situation von Zarah bräuchten Menschen, zu denen sie Vertrauen aufbauen könnten. «Im Lory werden sie einfach gebrochen, statt dass man sie stärkt.»

Gut – für Lory-Verhältnisse

Es sind Aussagen, die aufhorchen lassen. So hat das Lory den Verlauf der Unterbringung gegenüber dem KJD stets als gut und problemlos bezeichnet. Wie geht das mit den Beobachtungen der Mutter zusammen?

Michel reagiert mit einer Gegenfrage: «Was heisst schon gut? Das ist immer eine Frage der Perspektive», sagt sie. Zwar habe Zarah tatsächlich zugenommen, aber sie habe sich an den Tagesstrukturen beteiligt, die Ausflüge mitgemacht, Pläne gehabt und sich überhaupt nicht im Zimmer verkrochen, wie vorgeworfen werde. «Aus unserer Sicht verlief ihre Entwicklung tatsächlich gut.»

Um Michel zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf das Lory: Derehemalige «Mädchenknast» verfügt über eine der ganz wenigen geschlossenen Abteilungen für minderjährige Frauen in der Schweiz. «Hierher kommen die Schwierigsten der Schwierigsten der Schwierigen», pflegte Michel jeweils zu sagen. Heute spricht sie von den «Bedürftigsten».

Tatsächlich ist es den jungen Frauen, die hier wohnen, in ihrem vorherigen Leben nicht gut ergangen. Sie stammen häufig aus zerrütteten Familien, haben Suchtprobleme, sich vielleicht prostituiert, Delikte begangen oder sind selbstgefährdend. Ihre Aufenthalte im Lory wurde von Behörden wie der Kesb verfügt – als Übergangslösung, um wieder die nötige Stärke zu finden, um selbstständig oder in einer offenen Institution zu leben.

Ohne Gitter keine Anwesenheit

Doch ist das Lory ein Ort, wo diese jungen Frauen wieder in die Spur finden? Oder werden hier «schlimme Jugendliche noch schlimmer», wie etwa die ehemalige Lory-Bewohnerin Ayleks (Name geändert) bei einem Treffen sagen wird?

Bei der Betrachtung der Institution kommen Zweifel auf. Es ist zwar alles sauber und ordentlich, wegen all der Sicherheitsmassnahmen erinnert das Heim aber an ein Gefängnis: Die Fenster sind vergittert, die trotz Pool recht ausladende Rasenfläche als Aussenbereich ist von einem hohen, mit Stacheldraht versehenen Zaun umgeben, und der Eingang besteht aus einer Sicherheitsschleuse.

Doch so einfach ist es nicht. Die meisten der Lory-Jugendlichen waren vorher in offeneren Einrichtungen untergebracht – und türmten regelmässig. «Mir wäre auch lieber, wir könnten auf die Gitter verzichten», sagt Michel. Anwesenheit sei aber die Grundvoraussetzung, um mit den Jugendlichen arbeiten zu können. Und die Gitter eben Grundvoraussetzung für die Anwesenheit.

Eine Welt voller Grautöne

Doch das Image des Lory ist schon länger durchzogen. Das pädagogische Konzept erinnere an die Zeit, als das Lory tatsächlich noch der Mädchenknast war, hiess es etwa. Vor fünf Jahren veröffentlichte zudem die nationale Kommission zur Verhütung von Folter einen Bericht, in dem das Lory nicht gut wegkam. Psychiatrische Betreuung: mangelhaft. Schulunterricht: mangelhaft. Zugang zur Aussenwelt: mangelhaft. Vermischung von Disziplin und Pädagogik: problematisch.

Michel führt durch die Aufenthaltsräume, zeigt das Nähatelier, spricht von der reichhaltigen Tagesstruktur – und zeigt sich ein bisschen genervt, dass der Fotograf immer die Gitter in den Fokus rückt. Das habe sie bereits vor dem Treffen geahnt, wird sie später sagen.

Und wie so häufig reagiert sie auf kritische Fragen mit grundsätzlichen Gegenfragen. Wurde das Bildungsangebot ausgebaut? Michel: «Was ist Bildung?» Oder: Ist das therapeutische Angebot weiterentwickelt worden? Michel: «Was bedeutet Therapie?»

Worauf Michel hinauswill: Es bringt nichts, die jungen Frauen acht Stunden pro Tag in den Frontalunterricht zu stecken, wenn sie die letzten zwei Jahre keine Schule besucht haben und sich ohnehin nicht länger als 90 Minuten konzentrieren können. «In einem Arbeitseinsatz kann viel mehr Bildung stecken als in reinem Schulunterricht», sagt sie.

Dasselbe gelte für Therapie. So hätten nicht nur Sitzungen mit den Psychologen therapeutische Wirkung. Auch die Auseinandersetzungen mit den Betreuenden oder Gruppenausflüge könnten therapeutisch wirksam sein, so Michel.

Trotzdem: Das Lory von heute sei nicht mehr das Lory von damals, sagt Michel. «Wir haben eine Entwicklung durchgemacht, und das war wohl auch nötig.» Insbesondere habe das Heim die sogenannte Schemapädagogik eingeführt. «Wir sind die einzige Institution in der Schweiz, die auf diesem Gebiet Weiterbildungen anbieten darf.»

Weniger streng, aber…

Tatsächlich hat das Lory 2018 das pädagogische Konzept modernisiert – und 2019 prominent der Öffentlichkeit vorgestellt. Insbesondere die Disziplinarzelle komme viel weniger zum Einsatz, sagt Michel heute dazu.

Während es 2010 noch 30 Verfügungen gab, waren es 2019 deren 12 und 2020 deren 21. Es kam aber in den letzten zwei Jahren zu keinem Einschluss, der länger als drei Tage gedauert hat. Früher wurde das Maximum von sieben Tagen manchmal ausgereizt – zudem war damals auch der Empfang von Besuch während der Disziplinarhaft untersagt. Das ist heute anders. Zudem finden während des Einschlusses auch therapeutische oder sozialpädagogische Gespräche zur Aufarbeitung statt, wie Michel betont.

Allerdings: Das Regime ist noch immer sehr streng. Auf der geschlossenen Abteilung werden alle um 20.30 Uhr ins Zimmer gesperrt. Schon kleinere Vergehen werden bestraft. Bei grösseren Vergehen (wie etwa Gewalt oder Entweichungen mit polizeilicher Rückkehr) blüht nach wie vor die Disziplinarzelle, wo die Jugendlichen 22 Stunden pro Tag eingesperrt werden.

Der Institution ausgeliefert

So nehmen auch die Klagen ehemaliger Bewohnerinnen nicht ab. Auch die 18-jährige Ayleks hat in der Zeit nach der Reform im Lory gelebt. Dies, weil gegen sie mehrere Strafanzeigen hängig waren, wovon letztlich alle bis auf eine in einem Freispruch mündeten.

Die mittlerweile 18-jährige Frau beschreibt die Zeit im Heim als traumatisierend. Sie habe etwa innert kurzer Zeit dort 30 Kilogramm zugenommen – einfach, weil es nichts zu tun gebe. «Es gibt im Lory keine, die sich darauf einlässt und gestärkt wieder rausgeht.»

Ayleks kritisiert am Lory vieles. Bei einigem sind die Regeln wie auch der Ärger darüber nachvollziehbar, etwa die Beschränkung auf vier Zigaretten pro Tag oder das strenge Telefonregime (damals 30 Minuten pro Woche auf der geschlossenen Abteilung, heute sind es 60 Minuten pro Woche; Betreuer dürfen mithören). Bei manchem denkt man sogar, dass dies kein schlechtes Zeichen für das Lory ist. Etwa, dass die Hauspsychiaterin zurückhaltend mit dem Verschreiben von Medikamenten umgehe. «Einige bekamen nur pflanzliche Mittel, wir teilten darum die richtigen Medis untereinander auf», sagt Ayleks, die Medikamenten zugeneigt ist.

Doch je länger das Gespräch dauert, umso klarer wird, worauf Ayleks eigentlich hinauswill: Die Jugendlichen sind der Institution mit ihrem fixen Regelwerk völlig ausgeliefert und fühlen sich in der Situation ohnmächtig. «Ich wusste etwa nie, wie lange ich noch dortbleiben muss», sagt Ayleks. Ihre Fragen seien nicht beantwortet worden, und bei den Standortgesprächen habe sie nicht verstanden, was ihr der Perspektivencoach überhaupt habe mitteilen wollen. «Einmal habe ich mit ein paar anderen Frauen Glasscherben gegessen, einfach um rauszukommen.»

Quo vadis, Lory?

Lory-Direktorin Michel kennt Kritik von ehemaligen Bewohnerinnen zur Genüge. Dieses Schicksal teilt sie mit anderen Leitungen von Jugendheimen mit geschlossener Abteilung. Auch zur Viktoria-Stiftung in Richigen – ebenfalls ein Erziehungsheim mit geschlossener Abteilung – finden sich online harsche Rückmeldungen von ehemaligen Bewohnenden.

Sie nehme zu solchen Aussagen aber generell keine Stellung, sagt Michel. «Ich möchte den jungen Frauen ihre Wahrnehmung nicht abstreiten.» Allerdings: Dass diese nicht wüssten, wie lange sie im Lory bleiben müssten, habe weniger mit dem Heim als mit den einweisenden Behörden zu tun. «Die einweisenden Behörden entscheiden je nach Entwicklung über die Aufenthaltsdauer.»

Michel führt das Lory nun seit 23 Jahren. In dieser Zeit hat sich die Institution immer wieder gewandelt. «Heute sind wir eine moderne, zeitgemässe Institution», sagt sie.

Was in 23 Jahren als modern und zeitgemäss gelten wird, wird sich erst noch weisen müssen.



4 Wohngruppen für 28 junge Frauen

Das Jugendheim Lory verfügt über eine geschlossene, zwei halb geschlossene und eine offene Wohngruppe. Insgesamt leben bis zu 28 Frauen im Lory, die von fast doppelt so vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betreut werden. Auch die Möglichkeit, die Schule zu absolvieren, ist im Lory gegeben.

Beim Eintritt ins Lory sind die jungen Frauen in der Regel zwischen 13 und 17 Jahre alt. Der Aufenthalt wird von Behörden verfügt, etwa wegen Suchtproblemen, weil die jungen Frauen in anderen Institutionen nicht zurechtkamen oder weil sie Delikte begangen haben.

Meist sind die Jugendlichen während der ersten drei Monate auf der geschlossenen Abteilung. Wenn sie sich an die Regeln halten, können sie danach in eine halb offene Wohngruppe wechseln. Es gibt aber auch Jugendliche, die unabhängig von ihrem Verhalten länger als ein halbes Jahr auf der geschlossenen Abteilung bleiben – etwa, wenn die platzierende Behörde ein Gutachten verlangt.

Eröffnet wurde das Lory im Jahr 1935. Die geschlossene Abteilung wurde aber erst Anfang der 1980er-Jahre in Betrieb genommen. Heute ist das Lory Teil der Kantonsverwaltung und ist der Sicherheitsdirektion angegliedert. Der Versuch, das Lory und andere Einrichtungen aus der Verwaltung auszugliedern, scheiterte erst im Juni am bernischen Kantonsparlament. (chl)
(https://www.derbund.ch/im-lory-stehen-den-jungen-frauen-metallgitter-vor-der-sonne-563176544216)



bzbasel.ch 21.08.2021

Basler Untersuchungsgefängnis

Schwere Vorwürfe an die Gefängnisleitung nach Suizid im Waaghof

Nächste Woche stehen vier Gefängnisaufseher vor Gericht, weil sie nach einem Suizidversuch keine Erste Hilfe geleistet haben. Die Angeklagten seien Bauernopfer, kontert nun ein Verteidiger.

Jonas Hoskyn

Fahrlässige Tötung durch Unterlassen: Diesen Vorwurf macht die Basler Staatsanwaltschaft drei Männern und einer Frau, die im Untersuchungsgefängnis Waaghof als Aufseher arbeiten. Die vier hätten falsch reagiert, nachdem eine Insassin sich in ihrer Zelle erhängt hatte. Ab kommenden Dienstag stehen die vier Aufseher deshalb vor dem Strafgericht.

Die abgewiesene Asylsuchende aus Sri Lanka wurde im Sommer 2018 aus dem Regionalgefängnis Bern in den Waaghof verlegt. Die Frau befand sich offenbar psychisch in einer labilen Verfassung. Nachdem sie in der Nacht wiederholt herumgeschrien hatte, wurde sie in die Zelle für «Personen mit besonderem Überwachungsbedarf», verlegt. Doch auch dort beruhigte sich die Frau nicht. Unter anderem griff sie sich mehrfach an den Hals, als würde sie sich selber würgen.

Kurz nach 12.30 Uhr befestigte sie ihr Traineroberteil am Zellenfenster und liess sich in die Schlinge fallen. Obwohl ihre Spezialzelle mit einer Kamera ausgerüstet ist, dauerte es gemäss der Anklage rund sechseinhalb Minuten, bis ein Securitas-Mitarbeiter die leblose Frau auf dem Monitor entdeckte, die halb am Boden lag.

Was danach geschah, ist Gegenstand der Gerichtsverhandlung

Klar ist: Die drei nun angeklagten Männer eilten in die Zelle und durchschnitten das Oberteil. Dabei soll die Frau geseufzt und noch geamtet haben. Anschliessend aber leistete keiner der Wärter Erste Hilfe. Auch nicht die mittlerweile dazu gezogene Wärterin, die vierte Angeklagte. Stattdessen liessen sie die regungslose Frau zusammengesackt mit dem Gesicht nach unten in der Zelle liegen.

Erst eine Viertelstunde nachdem die Wärter die Zelle betreten hatten, begann einer mit ersten Reanimationsmassnahmen. Zehn Minuten später traf die Rettungssanität ein. Die Frau verstarb zwei Tage später an den Folgen der durch lange andauernden Sauerstoffmangel erlittenen Hirnschädigung. Gemäss der Staatsanwaltschaft wäre der Tod vermeidbar gewesen, wenn die Aufseher richtig reagiert hätten.

Strafanzeige gegen den Leiter des Untersuchungsgefängnisses

Die vier Angeklagten seien Bauernopfer, kontert Anwalt Andreas Noll, der einen der Aufseher verteidigt. Neben der juristischen Frage, ob bei einem Suizid überhaupt fahrlässige Tötung angeklagt werden könnte, was die Verteidiger unter Berufung auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung bestreiten, wird sich das Gericht mit seinen Anträgen auseinandersetzen müssen. Noll sieht vielmehr ein systemisches Versagen und fordert weitergehende Abklärungen. Im Laufe des Verfahrens hat er deshalb auch Strafanzeige gegen den Leiter des Untersuchungsgefängnisses Waaghof eingereicht.

Die Aufseher hätten davon ausgehen müssen, dass ihnen eine renitente Insassin einen Notfall vorspielt – zumal sie nicht über die schwierige Vorgeschichte der Asylbewerberin informiert worden waren, sagt Noll. «Sonst hätten sie natürlich anders reagiert und sofort Hilfe geholt.» Ein Hauptbeweisstück, das der Verteidiger ins Feld führt, ist das Sicherheitskonzept des Waaghofs. Daraus zitiert er in einer Eingabe: «Ein Notfall kann ebenso vorgetäuscht werden, um weitere Schritte seitens des Insassen zu unternehmen. (…) Dieses weitverbreitete (vielfach herkunftsorientierte) Verhaltensmuster mit erpresserischem Charakter wird oft als Mittel zum Zweck angewandt. Eine wirkliche Bedrohung gegen Leib und Leben ist äusserst selten.» Und weiter: «Der Suizidversuch wird betreffend Eintrittswahrscheinlichkeit als gering eingestuft. Der Suizid wird betreffend Eintrittswahrscheinlichkeit als sehr gering eingestuft.»

Diese Einschätzung wirft Fragen auf

Denn, dass die Selbstmordrate von Gefängnisinsassen ein Vielfaches höher ist als bei der Normalbevölkerung ist unbestritten. 2017 lag der Schnitt bei 1,2 Personen pro 10’000 Einwohner. Im Gefängnis war die Quote zehn Mal so hoch. Andere Studien kamen auf noch höhere Zahlen. Auf Nachfrage zu Vorfällen im Waaghof, erhielt Noll die Information, dass es zwischen 2015 und 2019 zu insgesamt drei Suiziden und 40 Suizidversuchen gekommen ist. Trotzdem wurden offenbar keine Massnahmen eingeleitet. «Obwohl man weiss, dass die Suizidrate hoch ist, gibt es kein Konzept und die Mitarbeitenden werden nicht geschult», sagt Noll. «Man nimmt diese Todesfälle einfach hin als Kollateralschäden des Haftvollzugs. Dabei liesse sich viel vermeiden.» Mittlerweile sei das Sicherheitskonzept grundlegend überarbeitet worden, was die damaligen strukturellen Defiziten unterstreiche.

Dazu kritisiert der Verteidiger diverse organisatorische Missstände. So sei der Mitarbeiter in der Kommandozentrale, der nicht angeklagt ist, alleine für die Überwachung von 178 Kameras verteilt auf 16 Bildschirme verantwortlich gewesen. Weiter sei der medizinische Dienst im Untersuchungsgefängnis nur zu Bürozeiten verfügbar. Da sich der aktuelle Fall über die Mittagszeit ereignete, war also niemand vor Ort. Die Aufseher hätten aber nie eine entsprechende Ausbildung zum Thema Suizid erhalten. Nicht zuletzt kritisiert Noll, dass noch nicht einmal der muschelförmige Fenstergriff, an dem sich die Frau erhängt hatte, ausgetauscht wurde, obwohl sich im Jahr zuvor schon jemand auf der Sicherheitsstation am Fenster zu erdrosseln versucht hatte.

«Abläufe sind klar geregelt»

«Wir bedauern den Tod der Insassin zutiefst: Für eine Justizvollzugsbehörde gibt es nichts schlimmeres, als den Tod einer in ihre Obhut anvertrauten Person», sagt Toprak Yerguz vom Justiz- und Sicherheitsdepartement. «Die Suizidprävention ist im Justizvollzug ein immerwährendes Thema.» Das Thema Suizidprävention und Verhalten bei Suizidversuchen sei Teil der Ausbildung zum Fachmann Justizvollzug.

Das zitierte Sicherheitskonzept sei keine Handlungsanweisung, sondern eine Arbeitshilfe für das Kader und die Mitarbeitenden in der Kommandozentrale, so Yerguz. «Für die Mitarbeitenden mit direktem Kontakt zu den Insassen gibt es verschiedene Merkblätter für die korrekte Vorgehensweise wie beispielsweise in medizinischen Notfällen.» Der Ablauf der Arbeitshilfe sei mit einer internen Checkliste klar geregelt. «Es werden wiederkehrende Erste-Hilfe-Kurse für die Mitarbeitenden durchgeführt», sagt Yerguz.

Vergleichbare Situationen wie im vorliegenden Fall hätten in der Vergangenheit nicht zu Todesfällen geführt, so Yerguz. «Nichtsdestotrotz wurden punktuell verschiedene gezielte Massnahmen ergriffen, damit sich dies nicht wiederholen kann.» Da diese Frage wahrscheinlich Gegenstand der Gerichtsverhandlung sein wird, könne hier nicht weiter vorgegriffen werden.
(https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/schwere-vorwuerfe-an-die-gefaengnisleitung-nach-suizid-im-waaghof-ld.2176371)


+++BIG BROTHER
Biometrische Daten: In Afghanistan könnte wahr werden, wovor Datenschützer immer warnen
Die Taliban sollen Iris-Scanner und dazugehörige Daten erbeutet haben. Vieles ist unklar. Trotzdem zeigt der Fall, wo die Gefahren biometrischer Erfassung liegen.
https://www.zeit.de/digital/datenschutz/2021-08/afghanistan-taliban-biometrische-daten-identitaetserkennung-usa-ortskraefte-gefahr/komplettansicht


+++POLIZEI DE
Die Rassismus-Studie, die Seehofer aus politischen Gründen stoppte
Beamte im Innenministerium wollten Rassismus bei der Polizei mit einer Studie untersuchen lassen. Doch Horst Seehofer bremste seine eigenen Leute aus. In einem internen Papier steht, eine Studie sei „politisch nicht opportun“ – wegen Black Lives Matter.
https://www.welt.de/politik/deutschland/article233265189/Polizei-Seehofer-hielt-Rassismus-Studie-fuer-politisch-nicht-opportun.html


+++RECHTSPOPULISMUS
Globale Allianzen der neuen Rechten: Predigt von ganz rechts
Evangelikale und Rechtsradikale vernetzen sich, von Brasilien bis nach Niedersachsen. Im Zentrum der Allianz steht auch ein AfD-Politiker.
https://taz.de/Globale-Allianzen-der-neuen-Rechten/!5792401/


+++RECHTSEXTREMISMUS
„Für den 28.08.21 ruft die rechtsextreme Webseite #patriot_ch zur neofaschistischen #Coronademo nach #Brig/VS #Brig2808“
(https://twitter.com/__investigate__/status/1428843146117517312)


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Massnahmenkritiker und Gegendemonstranten boten einander in Olten Paroli – inklusive Zwischenfall
Am Samstagnachmittag herrschte viel Lärm in der Altstadt. Eine kurz zuvor bewilligte Coronademonstration der «Freiheitstrychler» sorgte für grossen Aufmarsch. «Olten hält Abstand» hielt mit einer Gegendemo entgegen.
https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/olten/coronademo-massnahmenkritikerinnen-und-kritiker-und-gegendemonstrierende-boten-einander-in-olten-paroli-ld.2176698
-> https://www.blick.ch/schweiz/mittelland/eskalation-an-demo-in-olten-corona-skeptiker-verletzt-mann-mit-flasche-id16769841.html
-> Video Angriff: https://twitter.com/i/status/1429078028982882310
-> https://www.20min.ch/story/polizei-bereitet-sich-auf-corona-demo-am-nachmittag-vor-845431313256
-> https://twitter.com/oltenabstand
-> https://twitter.com/__investigate__
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/coronavirus-massnahmen-gegner-demonstrieren-in-olten-so-65984614
-> https://www.blick.ch/schweiz/mittelland/eskalation-an-demo-in-olten-corona-skeptiker-verletzt-mann-mit-flasche-id16769841.html
-> https://www.solothurnerzeitung.ch/news-service/inland-schweiz/demonstration-provokation-und-leicht-verletzte-person-an-demo-gegen-coronaregime-in-olten-ld.2176728
-> https://www.telem1.ch/aktuell/protest-corona-massnahmen-kritiker-ziehen-durch-olten-143461745
-> https://so.ch/verwaltung/departement-des-innern/polizei/medienmitteilungen/medienmitteilungen/news/olten-polizeieinsatz-anlaesslich-kundgebung/?tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&cHash=3707370062dd9d64e6ad2d7959e4db1a



Bei Impfanlass: Regierungsrätin Natalie Rickli mit Flüssigkeit angegriffen
Die Zürcher Impfkampagne nimmt nochmals Fahrt auf. In Gossau wurde am Samstag der erste Impfbus im Kanton Zürich in Betrieb genommen. Bei der Premiere sind auch mehrere Impfgegner dabei. Die Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli wurde am Impfanlass mit einer Flüssigkeit angegriffen.
https://www.telezueri.ch/zuerinews/bei-impfanlass-regierungsraetin-natalie-rickli-mit-fluessigkeit-angegriffen-143462322
-> https://www.msn.com/de-ch/nachrichten/z%C3%BCrich/impfgegner-greift-natalie-rickli-an-impfbus-premiere-in-gossau-an-polizisten-in-zivil-nehmen-den-mann-fest/ar-AANzELY?ocid=msedgdhp&pc=U531
-> https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/rickli-gibt-startschuss-fuer-zuercher-impfbusse-00164089/
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/-/video/-?urn=urn:srf:video:a7f3d56f-1ddc-4fd6-9c0b-85e341ab4ab4
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/natalie-rickli-bei-impfbus-einweihung-attackiert-65987002
-> https://www.blick.ch/schweiz/mittelland/eskalation-an-demo-in-olten-corona-skeptiker-verletzt-mann-mit-flasche-id16769841.html
-> https://www.20min.ch/story/natalie-rickli-bei-eroeffnung-der-impfbusse-mit-getraenk-uebergossen-555897907417



nzz.ch 20.08.2021

Die «Freunde der Verfassung» haben so einige Pfeile im Köcher

Die umtriebigen Staatskritiker wollen dem Volk mehr Mitsprache geben.

Katharina Fontana

Es ist nicht einfach, bei den «Freunden der Verfassung» den Überblick zu behalten. Denn der aus Kritikern der Corona-Massnahmen hervorgegangene Verein ist sehr dynamisch unterwegs, gefühlt jede Woche macht die Bewegung mit neuen Vorhaben von sich reden.

So hat der Verein innert Kürze zum zweiten Mal das Referendum gegen das Covid-19-Gesetz zustande gebracht und konnte mit einer Rekordzahl an Unterschriften auftrumpfen; im November wird abgestimmt. Daneben kämpft die Gruppe gegen die vom Parlament beschlossene Subventionierung der Medien, zusammen mit dem immer breiter werdenden Komitee «Staatsmedien Nein». Wer sich sorgt, ob das Referendum gegen die Medienförderung zustande kommt, tut dies umsonst: «Wenn wir sagen, dass wir ein Referendum machen, dann kommt es an die Urne», so Michael Bubendorf, Sprecher der Organisation. So viel Selbstbewusstsein ist selten, doch im Fall der Verfassungsfreunde wohl angebracht: Ihnen scheinen die Unterschriften derzeit nur so zuzufliegen.

Weiter helfen Bubendorf und seine Mitstreiter mit, die Initiative gegen eine Impfpflicht ins Trockene zu bringen. Die neue Kraft am Schweizer Polithimmel zählt inzwischen rund 12 000 Mitglieder. Laufend kommen weitere hinzu, so dass der Verein Änderungen nur noch in Tausenderschritten kommunizieren will.

Das Parlament ausbooten

Nun tragen sich die «Freunde der Verfassung» mit einer weiteren Idee: Sie planen eine Volksinitiative zur Einführung der Gesetzesinitiative im Bund. Die Stimmberechtigten sollen ihre Anliegen nicht mehr nur über die Verfassung, sondern direkt in einem Gesetz verwirklichen können – unter Umgehung des Parlaments.

Die Zeit dafür sei reif, sagt Bubendorf, die Skepsis gegenüber den staatlichen Institutionen mit Händen zu greifen. Viele Menschen seien enttäuscht, wie das Parlament zu Beginn der Pandemie dem Bundesrat freie Hand gelassen habe. Es sei deshalb richtig, wenn das Volk mehr institutionelle Kompetenzen für sich beanspruche. Nach Beispielen von Gesetzen, die zum Ziel der Verfassungsfreunde werden könnten, braucht man nicht lange zu suchen. Zuoberst auf der Liste dürfte das Epidemiengesetz stehen, das dem Staat weitgehende Befugnisse zur Pandemiebekämpfung gibt. Auch andere Gruppierungen aus anderen politischen Ecken dürften rasch auf den Geschmack kommen und zur Gesetzesinitiative greifen, um zum Ziel zu kommen.

Bubendorf ist zuversichtlich, dass der Verein mit der geplanten Initiative weite Bevölkerungskreise ansprechen wird. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass es schwer ist, mit staatspolitischen Volksbegehren zu punkten. Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit sind die Selbstbestimmungsinitiative, jene zum Ausbau des Staatsvertragsreferendums, zur Volkswahl des Bundesrats oder zur Einführung des konstruktiven Referendums – allesamt sind sie an der Urne gescheitert. Auch über die Gesetzesinitiative wurde bereits einmal abgestimmt, im Jahr 1961, doch hatte das Anliegen vor Volk und Ständen damals nicht den Hauch einer Chance.

Man bleibt ausserhalb des Parlaments

Eine Idee für ihre eigene Zukunft haben die Verfassungsfreunde inzwischen abgehakt: Sie wollen nicht als Partei für die nächsten eidgenössischen Wahlen kandidieren. «Macht korrumpiert», so die Erklärung Bubendorfs, warum man keinen Parlamentssitz anstrebe. Die Verfassungsfreunde wären diesem Risiko genauso ausgesetzt wie alle anderen, das liesse sich kaum vermeiden, deshalb wolle man ausserhalb der institutionalisierten Politik bleiben. Zudem gebe es im Verein in vielen politischen Fragen – beispielsweise bei der «Ehe für alle» oder beim Burkaverbot – nicht eine einheitliche Meinung. Laut Bubendorf wollen die «Freunde der Verfassung» keine Spaltung riskieren und sich deshalb darauf beschränken, gegen Übergriffe des Staates zu kämpfen.
(https://www.nzz.ch/schweiz/die-freunde-der-verfassung-haben-so-einige-pfeile-im-koecher-ld.1641339)


Apotheke begrüsst Kundschaft mit Corona-Mythen
Eine Lörracher Apotheke hängt an ihre Ladenfront eine lange Liste mit angeblichen Impfnebenwirkungen, die die Leute vom Impfen abhalten soll und stellt vor dem Laden Verschwörungstheorien auf. Einige Massnahmengegner feiern das Geschäft ab.
https://www.20min.ch/story/apotheke-begruesst-kundschaft-mit-corona-mythen-449974553906


HERstory: Lebensgefahr (1/4)
Über Jahrhunderte erzählten und deuteten Männer Geschichte, waren Norm für Wissenschaft, Rechtsprechung und Technik. Die neue, vierteilige Reihe „HERstory“ erzählt die Geschichte aus dem Blickwinkel der anderen Hälfte der Menschheit.
https://www.daserste.de/information/reportage-dokumentation/geschichte-im-ersten/sendung/herstory-folge-1-100.html