Medienspiegel 12. Juli 2021

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++ZUG
Flüchtling aus Hünenberg: «Wie gern würde ich selber für meine Familie arbeiten»
An der Flüchtlingssession in Bern war auch der Zuger Verein FRW Interkultureller Dialog beteiligt.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/zug/kanton-zug-wie-gern-wuerde-ich-selber-fuer-meine-familie-arbeiten-ld.2162846


+++SCHWEIZ
SVP nimmt erneut das Asylwesen ins Visier
Die SVP will Asylanträge nicht mehr in der Schweiz behandeln, sondern im Ausland. Das ist aber nicht die einzige beabsichtigte Änderung des Asylgesetzes.
https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/svp-nimmt-erneut-das-asylwesen-ins-visier-65962984


Antifolter-Kommission kritisiert unangemessene Polizeimethoden
Beim Umgang mit abgewiesenen Asylbewerbern soll die Polizei zu weit gehen. Die Antifolter-Kommission kritisiert ihr Vorgehen.
https://www.nau.ch/news/schweiz/antifolter-kommission-kritisiert-unangemessene-polizeimethoden-65961181?force=1



tagblatt.ch 12.07.2021

Röstigraben bei Asyl-Beschwerden: Warum in der Westschweiz mehr Entscheide angefochten werden

Im Jahr 2019 wurde in der Westschweiz jeder zweite Asylentscheid angefochten. Experten sehen verschiedene Gründe, warum das so ist – und in der Deutschschweiz nicht.

Nina Fargahi

Die Zahlen lösen Staunen aus. Im Jahr 2019 wurde in der Westschweiz jeder zweite Asylentscheid angefochten: Die Beschwerdequote betrug 50,2 Prozent. Das bestätigt das Staatssekretariat für Migration (SEM). Im letzten Jahr sank die die Beschwerdequote in der Westschweiz leicht auf 46,5 Prozent; im 2021 jedoch ist die Zahl stark auf 34,1 Prozent gesunken, allerdings bezieht sich diese Zahl nur auf fünf Monate und ist daher nicht völlig vergleichbar mit den Ganzjahreszahlen von 2019 und 2020. Der Unterschied zu den Vorjahren überrascht dennoch. Wie ist er zu erklären?

Situation in Boudry löste Widerstand aus

Aldo Brina von der Rechtsberatungsstelle des Centre Social Protestant in Genf führt mehrere mögliche Gründe auf. Es könnte sein, dass es weniger Dublin-Fälle gegeben habe, bei denen häufig geklagt werden müsse, weil zum Beispiel die Verordnung selbst und die Situation im Rückreiseland als problematisch angesehen würden. Brina erklärt: «Wenn es also weniger Dublin-Fälle gibt, dann gibt es wahrscheinlich auch weniger Beschwerden.»

Er spricht auch die komplexen Fälle an, die im Jahr 2019 und in der ersten Hälfte des Jahres 2020 in einem beschleunigten Verfahren durch das SEM bearbeitet worden seien. «Das hat die Rechtsvertreter dazu veranlasst, viele Beschwerden einzureichen, da die Fälle weitere Untersuchungen bedurften.»

Im Sommer 2020 erliess das Bundesverwaltungsgericht eine Rechtsprechung, die das SEM dazu drängte, mehr Fälle in ein erweitertes Verfahren zu schicken. «Auch diese Situation könnte sich in der Beschwerdequote widerspiegeln, die im Jahr 2019 gestiegen und bis 2021 gesunken ist», so Brina.

Als letzte mögliche Erklärung führt er die medizinischen Abklärungen im Bundesasylzentrum Boudry an, die im Jahr 2019 zu vielen Beschwerden geführt habe, weil sie nicht mit der nötigen Sorgfalt durchgeführt worden seien und zu falschen Entscheiden geführt hätten. «Das SEM hat gewisse Lehren gezogen und sich verbessert», so Brina. Die medizinischen Abklärungen in Boudry seien «nicht mehr so katastrophal wie 2019». Ausserdem habe es strategische Anpassungen gegeben bei der Beschwerdeführung, man sei effizienter geworden.

Anfänglich wenig Akzeptanz für die Entscheide?

Die Beschwerden würden zu einem grossen Teil mit der Akzeptanz der erstinstanzlichen Entscheide des SEM zusammenhängen, sagt Peter Uebersax, Professor für öffentliches Recht und öffentliches Prozessrecht an der Universität Basel, mit Schwerpunkt Migrationsrecht. Warum 2019 in der Romandie offenbar noch die Hälfte der Entscheide angefochten wurden? «Denkbar wäre, dass die Entscheide das Bundesasylzentrums der Westschweiz zunächst nicht eine vergleichbare Akzeptanz gefunden haben wie diejenigen aus anderen Regionen. Inzwischen scheint sich das auszugleichen.»

Das könne mit einem Lernprozess auf allen Seiten, also namentlich auf derjenigen der Entscheidbehörde als auch auf derjenigen der Asylsuchenden und von deren Rechtsvertretungen zusammenhängen.

Nicht auszuschliessen sei auch, dass die Coronapandemie in dem Sinne eine Rolle spiele, als dass die Asylsuchenden 2020 und längere Zeit auch im 2021 nicht mit erzwungenen Wegweisungsvollzügen rechnen mussten. «Dieses Argument würde allerdings grundsätzlich für alle Regionen gelten, wobei in der Westschweiz hierzu möglicherweise eine grössere Zurückhaltung besteht als in anderen Landesteilen.»

Das SEM verweist darauf, jene Personen zu fragen, die Beschwerden erheben. Es schreibt: «Die Zusammenhänge zwischen den Landesteilen und den anfänglichen Unterschieden der Beschwerdequoten vermögen wir aufgrund der Datenlage nicht zu beurteilen.» Aber: «Uns scheint der anfängliche Anstieg nachvollziehbar, denn vor Einführung der neuen Asylverfahren erhielt nicht jeder Asylsuchende von Beginn weg eine Rechtsvertretung zugeteilt, welche die Asylsuchenden auch in Zusammenhang mit allfälligen Beschwerden berät. Allein von da her liegt ein Anstieg auf der Hand.»

Regionale Unterschiede müssen untersucht werden

Anders sieht es die Zürcher Asylrechtsanwältin Stephanie Motz. «Diese Zahlen sind besorgniserregend.» Denn Asylfälle werden nach dem Zufallsprinzip und einem bestimmten Schlüssel auf die ganze Schweiz verteilt. «Derart markante regionale Unterschiede in der Beschwerdequote müssen genauer unter die Lupe genommen werden», so Motz.

Auch eine Studie des «Bündnisses unabhängiger Rechtsarbeit im Asylbereich», die das neue Asylgesetz von 2019 bis 2020 untersucht hat, kommt zum Schluss: «Die Aussicht einer asylsuchenden Person auf eine Beschwerde ist in der Romandie fast viermal höher als in der Region Ostschweiz.» Dies werfe Fragen auf – agieren die Leistungserbringer im Rechtsschutz doch auf Bundesebene.
(https://www.tagblatt.ch/schweiz/rostigraben-bei-asyl-beschwerden-ld.2162504)


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
(Via IWW JAM)
Wir haben uns am Abend das 8. Juli an einer Soliaktion vor der iranischen Botschaft beteiligt. Unsere Solidarität gilt den 16’000 streikenden Arbeiter:innen im Iran und allen die die Streikenden unterstützen.
Die Streiks betreffen vorwiegend den Ölsektor. Es sind zurzeit 80 Raffinerien und Fabriken im Streik. In den letzten Tagen schlossen sich auch Stahlarbeiter:innen, Lehrer:innen, Lastwagenfahrer:innen und sogar Rentner:innen der Streikbewegung an! Es geht ua. um höhere Löhne, bessere Unterbringung und Regelung der Freitage. Bereits haben drei Firmen den Forderungen der Arbeiter:innen nachgegeben und sich zu höheren Lohnzahlungen verpflichtet. Dieser Erfolg motiviert die Streikenden umso mehr.
Die Regierung und die Staatsmedien im Iran versuchen alles um den Streik zu brechen. Darum ist internationale Solidarität jetzt so wichtig.
Kurz nach dem Start der Kundgebung fuhr die Berner Polizei auf und hinderte einen Journalisten am filmen. Zudem wurden mehrere Teilnehmende kontrolliert und Transparente beschlagnahmt. Dadurch wurden auch die Botschaftsangehörigen aufmerksam und kamen heraus, sie wurden von der Polizei zurückgeschickt. Solidarität ist weiterhin notwendig und kann nicht gestoppt werden: United we stand!
Von Bern bis Tehran – hoch die internationale Solidarität!
https://www.instagram.com/p/CRE8CnEFp9u/


Wenn die Familie unter dem Krieg leidet: Helen Meles setzt sich von Zürich aus für die Region Tigray ein
Helen Meles demonstriert für die hungernde Bevölkerung im Tigray. Viele ihrer Landsleute aus dem Norden Äthiopiens tun es ebenso, doch nur wenige trauen sich mit ihrem Namen hinzustehen. Zu gross ist ihre Angst vor Häme in der Schweiz.
https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/region-limmattal/zuerich-sie-lebt-im-spagat-zwischen-zuerich-und-tigray-ld.2150911


+++BIG BROTHER
Gesichtserkennung: PimEyes schweigt nach der Flucht auf die Seychellen
Die Gesichtersuchmaschine PimEyes hat sich auf die Seychellen abgesetzt. Ein deutscher Datenschutzbeauftragter schickte einen Fragenkatalog hinterher. Die Frist zur Stellungnahme von vier Wochen ist nun verstrichen. Wir haben nachgefragt, was der Landesbeauftragte für den Datenschutz in Baden-Württemberg jetzt unternehmen wird.
https://netzpolitik.org/2021/gesichtserkennung-pimeyes-schweigt-nach-der-flucht-auf-die-seychellen/


Vorratsdatenspeicherung: EU-Kommission will mit neuen Ideen EuGH umgehen
Trotz schwerer grundrechtlicher Bedenken hält die EU-Kommission an der Idee fest, EU-weit eine pauschale und anlasslose Datenspeicherung festzuschreiben. EU-Abgeordnete zeigen sich entsetzt. Wir veröffentlichen die Vorschläge im Volltext.
https://netzpolitik.org/2021/vorratsdatenspeicherung-eu-kommission-will-mit-neuen-ideen-eugh-umgehen/


+++POLIZEI BS
Behörden wehren sich gegen Video: Jugendlicher kassiert Ohrfeige von Basler Polizist
Mitten in der Stadt Basel grapscht ein Jugendlicher am Sonntag einen Polizisten an. Dieser wehrt sich mit einer Ohrfeige.
https://www.blick.ch/schweiz/basel/behoerden-wehren-sich-gegen-video-jugendlicher-kassiert-ohrfeige-von-basler-polizist-id16671702.html


+++RECHTSEXTREMISMUS
Brüder schweigen – Das geheime Netzwerk der Hammerskins
Die Hammerskins sind eine der ältesten und beständigsten Neonazi-Organisationen in Deutschland. Das seit über 30 Jahren bestehende Netzwerk versteht sich als eine „Bruderschaft“ und „Elite“ der Neonazi-Szene. Ihre straffe Organisation ist Teil einer international eingeschworenen Gemeinschaft, die sich «Hammerskin Nation» (HSN) nennt und von Europa in die USA bis nach Neuseeland reicht. Ihr Wirkungsbereich ist umfassend, ihre Mitglieder sind treibende Kräfte innerhalb der militanten Neonazi-Szene.
https://exif-recherche.org/?p=7180
-> https://twitter.com/ExifRecherche/status/1414500427819794432


Video: Exclusiv im Ersten: Hammerskins
Sie glauben an die “Vorherrschaft der weißen Rasse” und rufen zum politischen Umsturz auf. Das Neonazi-Netzwerk der “Hammerskins” hat über Jahre hinweg im Untergrund mächtige und gefährliche Strukturen gebildet.
https://www.daserste.de/information/reportage-dokumentation/dokus/videosextern/exclusiv-im-ersten-hammerskins-110.html



Walliser Bote 12.07.2021

Walliser Nazis an rechtsradikaler Gedenkfeier

Walliser Rechtsradikale vernetzen sich mit internationaler Nazi-Szene. Mittendrin ein Oberwalliser Unternehmer.

Armin Bregy

Am vergangenen Samstag trafen sich im luzernischen Sempach rund 90 Rechtsradikale, um eine Gedenkfeier zur Schlacht von Sempach abzuhalten. «Es war der grösste Aufmarsch von Neonazis in der Schweiz der letzten Jahre», schreibt die Antifa Bern in einer Mitteilung. Auch Walliser Nazis seien anwesend gewesen, so die Antifa weiter. Mehrere Fotos, die dieser Zeitung zur Verfügung gestellt wurden, bestätigen die Aussagen der Antifa.

Auf einem der Bilder ist das Fahrzeug von S. G.-C.* erkennbar. Dieser soll Mitglied des rechtsextremen Netzwerks Blood&Honour sein, einer Organisation, die in Deutschland seit 2000 verboten ist. Bekannt ist der Unternehmer auch, da er im September 2005 ein Gedenkkonzert für den Neonazi-Sänger Ian Stuart organisiert hatte und wegen Widerhandlung gegen die Rassismus-Strafnorm verurteilt wurde.

Auf Anfrage bestätigt S. G.-C., dass er an der Gedenk­feier anwesend war. Die speziell angefertigten T-Shirts der Gedenkfeier seien indes nicht von seinem Betrieb produziert worden, sagt S. G.-C. Die Antifa vermutete, dass das von ihm gegründete Textilunternehmen die T-Shirts hergestellt hatte. S. G-C. verneint zudem, dass weitere Oberwalliser an der Gedenkfeier anwesend waren. Mit dabei war jedoch eine Unterwalliser Liedermacherin, die auch das 13-Sterne-Banner schwenkte.

Organisiert wurde die Gedenkfeier von der Nationalen Aktionsfront NAF. Mit dabei waren auch Nazis der rechtsextremistischen deutschen Kleinpartei «Der III. Weg». Das zeigt, wie vernetzt die internationale Nazi-Szene ist – und dass auch Walliser Kreise dort aktiv mitmischen.

Bekannt ist, dass S. G.-C. immer wieder Kontakt mit Thorsten Heise hatte, eine der zentralen Figuren der gewalttätigen Neonazi-Szene in Europa. Thorsten Heise hat mehrfach im Oberwallis übernachtet, sein Sohn Nordulf Heise absolvierte eine Lehre als Heizungstechniker bei einem lokalen Unternehmen. Der Lehrvertrag mit ihm ist Ende Juni 2021 abgelaufen. Mittlerweile arbeite er nicht mehr für den Betrieb, sagt der Geschäftsführer auf Anfrage.

Nordulf Heise soll im April 2018 zusammen mit einem Kollegen im ostdeutschen Bundesland Thüringen zwei Journalisten attackiert und verletzt haben. Bewaffnet mit Schraubenschlüssel, Baseballschläger, Reizgas und Messer, machten sie Jagd auf die Medienschaf­fenden. Einer der Journalisten trug eine Platzwunde am Kopf und einen gebrochenen Stirnknochen davon, der andere wurde von einem der Angreifer mit dem Messer am Oberschenkel verletzt. Die zuständige Staatsanwaltschaft hat Anklage erhoben. Die Vorwürfe: gefährliche Körperverletzung, schwerer gemeinsamer Raub und Sachbeschädigung. Das Ver­fahren soll im Spätsommer beginnen.

Extremismus-Experten sagen, dass die Nazis gut vernetzt seien, europaweit und bis in die Schweiz. «Es ist bekannt, dass auch Walliser immer wieder Nazi-Veranstaltungen in Deutschland besuchen, etwa am sogenannten Eichsfeldtag der NPD», sagt der deutsche Journalist M. M.* Fotos auf verschiedenen Online-Portalen belegen diese Aussage. Organisator des Eichsfeldtages ist Thorsten Heise.

*Namen der Redaktion bekannt

-> Medienmitteilung Antifa Bern: https://www.antifa.ch/medienmitteilung-der-antifa-bern-zur-rechtsradikalen-gedenkfeier-zur-schlacht-bei-sempach-organisiert-von-der-nationalen-aktionsfront-naf/

+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Der russische Staatssender RT DE will via Luxemburg ins deutsche Fernsehen
Propaganda, aber subversiv
Russia Today will endlich ins deutsche Fernsehen und hat in Luxem¬burg eine Sendelizenz beantragt. Kritiker der russischen Regierung werden von russischen Staatssendern angefeindet und oft diffamiert.
https://jungle.world/artikel/2021/27/propaganda-aber-subversiv


+++HISTORY
Genua 2001: Aufständische Ereignisse statt «Ende der Geschichte»
Mitte Juli jähren sich die Ereignisse rund um den G8-Gipfel in Genua zum zwanzigsten Mal. Lia Kläber, die im Juli 2001 durch die Strassen von Genau zog, blickt zurück und damit auch nach vorne. Vieles was damals im chaotischen Handgemenge noch nicht zu erkennen war, was halb verstanden als «Globalisierung» kritisiert und bekämpft wurde, ist mittlerweile mit all seinen Konsequenzen zu begreifen. Die Einordnung eines stürmischen Moments.
https://www.ajourmag.ch/genua-2001-aufstaendische-ereignisse-statt-ende-der-geschichte/


Geschichte der Arbeiterklasse (ab 13:49)
https://www.telebielingue.ch/de/sendungen/info/2021-07-12#chapter-910fea90-e698-41ef-b402-2e036c1eedf0