Medienspiegel 9. Juli 2021

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++ZÜRICH
Zürcher Stadtrat soll fürs Bundesasylzentrum in der Stadt neue Regeln aushandeln. (ab 03:53)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/stadt-zuerich-baut-parkplaetze-im-niederdorf-ab?id=12017553


+++DEUTSCHLAND
Asylverfahren: Verfassungsgericht erklärt Richter für ungeeignet für Asylverfahren
Wer “Migration tötet” für eine Tatsache hält, kann laut Bundesverfassungsgericht keine Asylverfahren entscheiden. Ausgangspunkt des Rechtsstreits waren NPD-Plakate.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2021-07/asylverfahren-bundesverfassungsgericht-richter-giessen-rassismus-rechtsstreit
-> https://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundesverfassungsgericht-erklaert-richter-in-asylverfahren-fuer-ungeeignet-a-05c7ee6a-ae95-46ca-8b5b-9ba3333d4f1b
-> https://www.nd-aktuell.de/artikel/1154293.asylverfahren-fluechtling-klagt-erfolgreich-gegen-umstrittenen-richter.html


+++LITAUEN
Abwehr von Migranten – Litauen baut Zaun an Grenze zu Belarus
Der Zaun solle die Einreise von Migrantinnen und Migranten in die EU verhindern, teilt der litauische Grenzschutz mit.
https://www.srf.ch/news/international/abwehr-von-migranten-litauen-baut-zaun-an-grenze-zu-belarus


Vorwürfe gegen Belarus: Lukaschenko winkt Flüchtlinge in die EU durch
Flüchtlinge aus Irak, Syrien, Gambia, Mali und anderen Ländern kommen über Reisebüros und per Flugzeug nach Minsk. Von Belarus geht es nach Litauen und in andere EU-Länder. Litauens Ex-Verteidigungsministerin spricht von einem hybriden Krieg, den Lukaschenko, Russlands Geheimdienste und Schlepper organisierten.
https://www.deutschlandfunk.de/vorwuerfe-gegen-belarus-lukaschenko-winkt-fluechtlinge-in.1773.de.html?dram:article_id=500015
-> https://taz.de/Gefluechtete-in-Belarus/!5784671/


+++GRIECHENLAND
Deutsche Politiker fordern EU-Flüchtlingszentren in EU-Mittelmeerländern
Innenpolitiker von CDU und SPU sprechen sich für eine solche Errichtung aus. Die Zentren sollen von der EU finanziert werden
https://www.derstandard.at/story/2000128070602/deutsche-politiker-fordern-eu-fluechtlingszentren-in-eu-mittelmeerlaendern?ref=rss


+++MITTELMEER
Vor Lampedusa: Boot mit Migranten gesunken – italienische Küstenwache findet Leichen
Wenige Seemeilen vor Lampedusa ist in der vergangenen Woche ein Boot mit rund 60 Migranten gekentert. Nun haben italienische Rettungskräfte das gesunkene Schiff ausgemacht – und schon mindestens neun Tote entdeckt.
https://www.spiegel.de/ausland/italien-boot-mit-migranten-gesunken-kuestenwache-findet-leichen-a-10a16002-2df0-4069-af50-6f7f5e49f303


“Ocean Viking”: Flüchtlinge können in Sizilien an Land gehen
Nach mehreren Tagen der Unsicherheit dürfen 572 Migranten das Rettungsschiff “Ocean Viking” in Italien verlassen. Ein Drittel der Geretteten ist minderjährig.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2021-07/ocean-viking-sos-mediterranee-sizilien-fluechtlinge
-> https://www.nd-aktuell.de/artikel/1154272.sos-mediterranee-seenotretter-von-ocean-viking-duerfen-in-hafen-einlaufen.html
-> https://taz.de/Rettungsschiff-Ocean-Viking/!5784667/


+++SYRIEN
Syrische Binnenflüchtlinge:  Stellvertreterkrieg auf Kosten der Menschen
In den syrischen Flüchtlingslagern harren 1,4 Millionen Menschen aus und hoffen auf einen normalen Alltag. Hilfsgüter würden von der syrischen Regierung mit russischer Unterstützung blockiert, kritisiert Nahla Osman, die Nothilfe organisiert.
https://www.deutschlandfunkkultur.de/syrische-binnenfluechtlinge-stellvertreterkrieg-auf-kosten.1008.de.html?dram:article_id=500014


+++FREIRÄUME
Ältestes autonomes Jugendzentrum der Schweiz in Bedrängnis
Wohnungen und ein neues Hotel direkt neben dem autonomen Jugendzentrum: Der «Chessu» in Biel ist unter Druck. Was sicher bleiben soll, ist die Gesprächskultur, sagen drei Aktivistinnen und Aktivisten verschiedener Generationen. (ab 11:17)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/aeltestes-autonomes-jugendzentrum-der-schweiz-in-bedraengnis?id=12017844
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/der-chessu-in-biel-aeltestes-autonomes-jugendzentrum-der-schweiz-geraet-in-bedraengnis


+++GASSE
derbund.ch 09.07.2021

Berner Lärmpolizei: Dieses Team bestimmt, wer in Bern zu laut ist

Die kantonale Fachstelle Lärmakustik ist bei Lärmkonflikten ausschlaggebend – das Berner Gastgewerbe hinterfragt ihre Professionalität. Wie arbeitet die Behörde, die in Bern die Lautstärke kontrolliert?

Maurin Baumann

Ob wegen Fans beim Fussballplatz Spitz im Breitenrainquartier, bei der Zwischennutzung auf der Schützenmatte, beim Ringen um den Jugendclub Tankere oder beim geplanten Café am Egelsee: Die kantonale Fachstelle Lärmakustik kommt in Bern häufig zum Zug, wenn es um Lärmfragen geht. Die Stelle ist bei der Kantonspolizei angegliedert und prägt das städtische Leben. Insbesondere bei Lärmkonflikten hat ihre Einschätzung ein grosses Gewicht. Das jüngste Beispiel ist der Nachbarschaftsstreit rund um das Restaurant Chun Hee in der Münstergasse.

Die Arbeit der Fachstelle Lärmakustik ist immer wieder höchst umstritten. Das zeigt ein Fall aus Kehrsatz. Der Technoclub Kulturarena wurde als zu laut eingestuft. Die Betreiber waren mit diesem Gutachten der Fachstelle nicht einverstanden. Der Fall wird vor Bundesgericht ausgehandelt.

Deshalb stellt sich die Frage: Wie arbeitet diese Behörde, die darüber entscheidet, welche Berner Lokale zu laut sind? Bei der Fachstelle gibt man sich relativ zurückhaltend. Die Mitarbeitenden im Einsatz zu begleiten, sei kurzfristig nicht möglich. Auskünfte gibt es per Telefon von Tamara Pellet, stellvertretende Leiterin der Fachstelle Lärmakustik.

Wie also funktioniert die polizeiliche Messung von Lärm? Um etwa die Lautstärke auf einer Restaurantterrasse zu beurteilen, stützt sich die Fachstelle laut Pellet auf eine schematische Berechnungsmethode. Diese wurde jedoch nicht von der Kantonspolizei allein erstellt, sondern vom Cercle Bruit, der Vereinigung kantonaler Lärmschutzfachleute. Da Alltagslärm innerhalb eines Einzelfalls laut Pellet «extrem variieren» kann, handelt es sich hier nicht um Messungen, sondern um «eine Beurteilung von aktuellen und zukünftig möglichen Situationen».

Gemessen wird unter anderem in «Discolokalen». Dafür wird die hauseigene Musikanlage angeworfen und die Lärmbelastung in der Nachbarschaft ermittelt. Bei der Fachstelle Lärmakustik hat sich dafür der Refrain des DJ-Ötzi-Songs «Ein Stern» im Dauerloop durchgesetzt. «Dieser deckt ein breites Frequenzspektrum ab, hat Gesang und ist gleichzeitig homogen genug», erklärt Pellet.

2020 haben sie und ihr Team im Kanton Bern über 190 Fachaufträge behandelt. Dabei kommt die Fachstelle jeweils zum Zug, wenn es um die Beurteilung von sogenanntem Alltagslärm geht. Für diesen sehen weder Bund noch Kanton fixe Grenzwerte vor. Darunter fallen Kuhglocken, bellende Hunde oder Tierschreckanlagen. Den grössten Teil der Fälle macht jedoch das Gastgewerbe aus. Den Auftrag erteilt im Rahmen von Verfahren die jeweils zuständige Behörde – etwa das Regierungsstatthalteramt, aber auch Gerichte.

Professionalität wird infrage gestellt

Die Fachstelle Lärmakustik erfreut sich in der Nachtleben- und Gastroszene keiner grossen Beliebtheit. Namentlich erwähnt werden möchten die Kritiker jedoch nicht. Offenbar will es sich niemand mit dieser ausschlaggebenden Stelle verscherzen. Hinter vorgehaltener Hand ist aber wenig Schmeichelhaftes zu vernehmen. So wird etwa gesagt, bei den Mitarbeitenden der Fachstelle handle es sich um in die Jahre gekommene und mangelhaft ausgebildete Polizistinnen und Polizisten.

Einer, der offen spricht, ist Fire Widmer, ehemaliger Tontechniker des Berner Clubs Sous-Soul, der 2011 nach Lärmklagen schliessen musste. Er beschreibt seine Erfahrungen mit der Fachstelle als «ernüchternd». Widmer hat die Kurse, welche ein Mitarbeiter der Fachstelle Lärmakustik auf seinem Linkedin-Profil angibt, genauer angeschaut. Er vermutet deshalb, dass die dort vorhandene Ausbildung nur circa zwei Wochen dauert.

Hat die Lärmpolizei also bloss eine Ausbildung im Schnelldurchlauf genossen? Für die Kantonspolizei Bern sind diese Vorwürfe haltlos: «Alle Mitarbeitenden der Fachstelle Lärmakustik sind ausgebildete Polizistinnen und Polizisten mit entsprechenden Weiterbildungen im Bereich der Lärmakustik.» Sie seien zwischen 39 und 53 Jahre alt.

Bei manchen Clubbetreibern kommt der Verdacht auf, die Fachstelle sei mit ihren Aufgaben überfordert. Für Max Reichen, Co-Präsident der Bar- und Clubkommission Bern, greift dies zu kurz. Das Problem sei ein grundsätzliches: Im Gegensatz zu technischem Lärm – wie etwa Strassenlärm – werde Alltagslärm individuell unterschiedlich wahrgenommen. Es hänge von der betroffenen Person ab, ob etwa eine Kuhglocke als störend oder idyllisch empfunden werde. «Wenn man diese Beurteilung der Kantonspolizei überlässt, kann sie gar nicht richtig entscheiden.»

Baurechtsexperte Rudolf Muggli sieht das ähnlich: «Alltagslärm lässt sich kaum objektiv beschreiben und messen.» Dass die Fachstelle Lärmakustik an sich überfordert sei, würde er nicht behaupten. Denn überfordert seien alle mit diesem Problem. Das habe damit zu tun, dass die Rechtsgrundlage für die neue Herausforderung «Mediterranisierung» – die Tendenz, dass sich das Leben vermehrt draussen abspielt – ungenügend sei.

Trotzdem stellt sich für Muggli die Frage, ob die kantonalbernische Fachstelle nicht etwas mehr Spielräume zugunsten der Städte öffnen könnte. «Zumindest könnte sie dies versuchen und dann schauen, wie die Rekursinstanzen darauf reagieren.»

Orientierung an Rechtsgrundlage

Pellet bleibt sachlich, wenn man sie mit dieser Kritik konfrontiert – und verweist auf das geltende Recht. Als Verhinderin sieht sich die 39-jährige Freiburgerin keineswegs. Sie versteht sich in ihrer Rolle als «Partner für die Anwohner, die Betreiber, die Akustiker und die Vollzugsbehörden». Ausserdem würde in Bezug auf Lärmimmissionen die Mehrheit der «untersuchten Anlagen» denn auch zu einer positiven Rückmeldung führen.

Für die Forderung nach Rücksichtnahme auf urbane Lebensweisen zeigt Pellet indes Verständnis. Doch ihre Hände scheinen gebunden zu sein. «Die Lärmschutzverordnung des Bundes sieht bezüglich Lärm vier Empfindlichkeitsstufen vor», sagt Pellet. Eine urbane Zone sei nicht darunter.

Die Berechnungsgrundlage des Cercle Bruit erlaube es zwar, zu berücksichtigen, ob umliegend bereits andere Lokale oder «Hintergrundgeräusche» bestünden – etwa eine Ausgehzone. Dies sei jedoch kein Spielraum, sondern bloss Bestandteil des Beurteilungsrasters.
(https://www.derbund.ch/dieses-team-bestimmt-wer-in-bern-zu-laut-ist-945495268674)



Basler Hafenareal: Polizei installiert nach Gewaltexzessen heimlich Videoüberwachung
Das Basler Hafenareal wurde während Corona bekannt für die wöchentlich ausufernden Partys und Ausschreitungen. Damit die Uferstrasse sicherer wird, installierte die Polizei Überwachungskameras, aber ohne Hinweisschilder für die Bevölkerung.
https://www.20min.ch/story/polizei-installiert-nach-gewaltexzessen-heimlich-videoueberwachung-290861564576
-> https://telebasel.ch/2021/07/09/polizei-setzt-ueberwachungskameras-an-der-uferstrasse-ein/?channel=105100
-> https://bajour.ch/a/gfXrzxX4ZegenhW9/basler-polizei-uberwacht-die-uferstrasse-mit-sieben-kameras



Basler Zeitung 09.07.2021

Fehlt die rechtliche Grundlage? Basler Polizei filmt seit Wochen die Uferstrasse – und niemand weiss es

Seit Mitte Mai zeichnen sieben Videokameras das Geschehen am Hafen auf. Zwei Politiker von SP und FDP sind sich sicher: Das geht so nicht.

Katrin Hauser

Sieben Überwachungskameras zeichnen seit rund zwei Monaten das Geschehen an der Basler Uferstrasse auf. Mitte Mai begann die Polizei, dort zu filmen – ohne dass die Leute es wissen. Dies berichteten die «bz basel» und «Bajour» am Donnerstag. Grossräte von SP und FDP sehen diese Massnahme sehr kritisch.

«Was die Basler Polizei hier tut, hat keine rechtliche Grundlage», sagt Anwalt Christian von Wartburg (SP). Das Polizeigesetz erlaube lediglich die Videoaufnahme von «Teilnehmerinnen und Teilnehmern einer öffentlichen Veranstaltung», sofern die konkrete Gefahr besteht, dass Straftaten begangen werden. Der entsprechende Absatz rechtfertige «sicher nicht die Videoüberwachung einer öffentlichen Strasse an jedem Wochenende dieses Sommers». Schliesslich sei die Uferstrasse ein Ort und keine Veranstaltung. FDP-Grossrat Luca Urgese pflichtet von Wartburg bei: «Ich finde es fragwürdig, sich auf einen Gesetzesartikel zu stützen, der offensichtlich ein anderes Phänomen beschreibt.»

Der Basler Datenschutzbeauftragte Beat Rudin gibt Urgese und von Wartburg recht. Paragraf 58 im Polizeigesetz reiche nicht aus, um die Videoüberwachung zu begründen. Möglich wäre eine Videoüberwachung aber nach Paragraf 17 im Informations- und Datenschutzgesetz. Er erlaubt eine Überwachung zum Schutz von Personen und Sachen vor strafbaren Handlungen und zur Verfolgung solcher Straftaten. «Dabei muss eingeschränkt werden, wann und wo aufgezeichnet wird und wer auf die Daten zugreifen kann.» Die Aufnahmen müssen ausserdem nach einer Woche gelöscht werden, was die Basler Polizei gemäss eigenen Angaben tut. «Da es an der Uferstrasse vermehrt zu Delikten kam, kann man so die Überwachung an Wochenenden rechtfertigen», so Rudin. Man müsse die konkrete Umsetzung aber noch in einem Reglement festhalten und veröffentlichen.

Was sagen die Betroffenen am Hafen?

Die zunehmende Eskalation am Hafen ist der Grund für die Überwachungskameras. In den vergangenen Monaten mutierte die Uferstrasse zu einem Treffpunkt von entnervten Jugendlichen. Anfang Mai wurde ein 15-Jähriger bei einer Schlägerei mit einer Stichwaffe verletzt.

«Wir waren mit der Menge an Leuten schlicht überfordert», sagt Katja Reichenstein. Sie steht dem Verein Shift Mode vor und kümmert sich um die Anliegen der Barbetreiberinnen und Kleinunternehmer an der Uferstrasse. «Es ist mir wichtig, zu betonen, dass wir niemandem die Schuld daran geben. Wir können gut verstehen, dass die Jugendlichen einen Ort brauchten, um sich auszutoben. Als manche jedoch begannen, unser Mobiliar in Brand zu setzen, mussten wir einschreiten.» Immer wieder seien Tische und Stühle angezündet worden – sogar vor den Augen der Eigentümer.

«Deshalb haben wir uns schon früh bei den Behörden gemeldet. Noch bevor es zu dieser Schlägerei kam, die durch die Medien ging.» Dort seien sie auf offene Ohren gestossen. «Der Kanton hat wirklich schnell gehandelt.» Die Polizeipräsenz wurde erhöht und ein Fahrverbot an Wochenenden sowie abends und während der Nacht verhängt. «Das entlastet uns sehr.»
Von den Kameras hingegen hat Reichenstein nichts gewusst: «Diese Massnahme wurde nicht mit uns besprochen. Ich muss auch ehrlich sagen, dass wir ein grosses Problem damit hätten, wenn die Gäste auf unseren Arealen gefilmt würden.» Das sei jedoch nicht der Fall, hat sie mittlerweile erfahren. «Die Kameras zeichnen nur auf, was sich auf der Strasse abspielt.» Damit könne man beim Verein Shift Mode leben.

Die Leute müssten wissen, dass sie gefilmt werden

Nicht gut damit leben kann Christian von Wartburg. Die Polizei hätte die Bevölkerung darüber informieren müssen, dass die Uferstrasse videoüberwacht wird, sagt er: «Datenschutzrechtlich ist es elementar, dass die Leute wissen, dass sie gefilmt werden. Sie müssen sich im Voraus entscheiden können, ob sie das überwachte Gebiet betreten möchten oder nicht.» Auch Beat Rudin sagt klar, dass entsprechende Hinweise ab dem Zeitpunkt anzubringen seien, an dem die Überwachung beginne.

Polizeisprecher Toprak Yerguz versichert, dass die Polizei bald Piktogramme anbringen und damit auf die Videoüberwachung hinweisen werde. Man warte aber noch auf das neue Videoreglement. Dieses werde extra für die Überwachung am Hafen ausgearbeitet und Beat Rudin zur Prüfung vorgelegt. Es befinde sich gerade in der Endbearbeitung.

Das Videoreglement dürfte bei den Basler Politikerinnen und Politikern nicht gerade auf Begeisterung stossen. Die Überwachung bestimmter Hotspots in der Stadt wurde vom Grossen Rat bereits mehrmals abgelehnt – zuletzt im Januar 2018. «Regierungsrätin Stephanie Eymann handelt klar gegen den Willen des Basler Parlaments», sagen von Wartburg und Urgese.

Sicherheitsdirektorin Stephanie Eymann sieht das anders. Es handle sich um eine gezielte und zeitlich begrenzte Videoüberwachung. «Gestützt auf meine bisherigen beruflichen Erfahrungen als Staatsanwältin und Polizeioffizier, erachte ich die limitierte Videoüberwachung von neuralgischen Örtlichkeiten einerseits aus präventiven Gründen und anderseits als ergänzendes technisches Einsatzmittel der Strafverfolgungsbehörden als sinnvolle Ergänzung des zur Verfügung stehenden Instrumentariums.» Eine permanente Echtzeitüberwachung des öffentlichen Raums lehne sie hingegen dezidiert ab.
(https://www.bazonline.ch/basler-polizei-filmt-seit-wochen-die-uferstrasse-und-niemand-weiss-es-396222777374)


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Offensive armée des propriétaires contre la nouvelle occup’ de l’Auberge d’Etagnières
Depuis samedi, un collectif occupe l’ancienne auberge et pizzeria d’Etagnières dans le Gros-de-Vaud. Les propriétaires ont dégradé leur maison pour éviter des squatters, mais le four à bois promet de future belles fournées !
https://renverse.co/infos-locales/article/offensive-armee-des-proprietaires-contre-la-nouvelle-occup-de-l-auberge-d-3150
-> https://www.20min.ch/fr/story/des-squatteurs-ont-rompu-la-quietude-du-village-detagnieres-890126645894


+++SOZIALPOLITIK
Almosen oder Grundsicherung? Für die Überwindung von Scham und Ausgrenzung!
Das Recht auf ein menschenwürdiges Dasein ist in der Bundesverfassung verankert, es heisst sogar: „Die Stärke des Volkes misst sich am Wohl der Schwachen.“ Umgesetzt wird das Recht aber nur zaghaft. So macht sich die Schweiz zum Vorbild für rechte Ideolog:innen in ganz Europa. Ein Paradigmenwechsel muss her!
https://daslamm.ch/almosen-oder-grundsicherung-fuer-die-ueberwindung-von-scham-und-ausgrenzung/


+++BIG BROTHER
Wird Schweiz bei Massen-Überwachung auf Distanz zur EU gehen?
Das Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) ist gescheitert, als Brüssel gerade dabei war, die auf künstlicher Intelligenz (KI) basierende Massenüberwachung zu regulieren. Dies stellt die Zukunft der Datenschutz-Bestimmungen in der Schweiz in Frage. Dies, nachdem die Stimmberechtigten Mitte Juni eines der schärfsten Anti-Terror-Gesetze in Europa angenommen haben.
https://www.swissinfo.ch/ger/wird-schweiz-bei-massenueberwachung-auf-distanz-zur-eu-gehen-/46770204


+++POLICE BE
13-jähriges Mädchen von Zuhause abgeholt: Kantonspolizei Bern äussert sich zu dem Vorfall
Am Dienstagmorgen wurde ein 13-jähriges Mädchen im Auftrag der KESB von der Polizei von Zuhause abgeholt. Die Familie wehrt sich vehement gegen die Polizei und greift sie an. Nachdem die Kantonspolizei Bern in Kritik geraten ist, äussert sie sich jetzt zum Vorfall.
https://www.telebaern.tv/telebaern-news/13-jaehriges-maedchen-von-zuhause-abgeholt-kantonspolizei-bern-aeussert-sich-zu-dem-vorfall-142862546


+++POLICE CH
Informationen aus der Vorstandssitzung KKJPD vom 28. Juni 2021
https://www.kkjpd.ch/newsreader/informationen-aus-der-vorstandssitzung-kkjpd-vom-28-juni-2021.html
-> PDF: https://www.kkjpd.ch/newsreader/informationen-aus-der-vorstandssitzung-kkjpd-vom-28-juni-2021.html?file=files/Dokumente/News/2021/210205%20%20Info%20%C3%BCber%20Vorstandssitzung%20Webseite%20d.pdf


+++FRAUEN/QUEER
On ne les laissera plus déguiser les féminicides en faits divers !
Une de nos soeurs a été assassinée lundi 5 juillet à Genève dans le quartier de Châtelaine. Elle avait 58 ans. Son partenaire l’a tuée de plusieurs coups de feu. On ne connait pas son nom, ni rien de sa vie. Une vie de plus arrachée par la violence machiste. Le 22e féminicide ces 12 derniers mois. En Suisse, une femme, personne trans ou non binaire est tuée toutes les 2 semaines par un compagnon, un ex, parfois un inconnu. Alors que le discours sécuritaire veut nous faire croire que la rue représente pour nous un danger, les chiffres montrent que le plus grand danger pour les femmes et les minorités de genre c’est la violence machiste. Et celle-ci s’exerce principalement à la maison. Elle tue plus que le tabac, l’alcool et la route.
https://renverse.co/infos-locales/article/on-ne-les-laissera-plus-deguiser-les-feminicides-en-faits-divers-3152


+++RASSISMUS
Rassistisch oder nicht? – Deutsche Städte streichen den Begriff «Schwarzfahren»
Die Verkehrsbetriebe zweier grosser deutscher Städte – Berlin und München – streichen offiziell das Wort «Schwarzfahren». Wie sehen die Schweizer Verkehrsunternehmen das Ganze?
https://www.blick.ch/ausland/rassistisch-oder-nicht-deutsche-staedte-streichen-den-begriff-schwarzfahren-id16665989.html



limmattalerzeitung.ch 09.07.2021

Rassismus-Kritik: Zürich entfernt kolonialistische Namen – verkauft aber weiterhin umstrittene Dubler-Mohrenköpfe

Die Cafés und Restaurants von städtischen und stadtnahen Betrieben haben die Schokoladen-Desserts mit rassistischem Namen nach wie vor im Sortiment. Nun stoppen manche den Verkauf. Profitiert die Konkurrenz?

Benjamin Weinmann

Diskriminierung am Arbeitsplatz, Polizeigewalt und Statuen mit Sklaverei-Vergangenheit: Die «Black Lives Matter»-Bewegung sorgte im vergangenen Sommer dafür, dass auch in der Schweiz ernsthafter über Rassismus diskutiert wurde. Doch richtig hoch gingen die Wogen vor allem bei einem Thema – dem «Mohrenkopf».

Symbol für dieses zuckerhaltige «pièce de résistance» war dabei die Firma Dubler aus Waltenschwil AG und ihr Inhaber Robert Dubler. Dieser wehrt sich gegen eine Namensänderung seines Desserts und weist jegliche Rassismus-Kritik von sich. Und er nimmt in Kauf, dass Firmen sein Produkt aus dem Regal nehmen, so wie die Migros im vergangen Jahr.

«Rassismus darf nicht toleriert werden» – aber…

Nun dürfte Dubler weitere Prestige-Aufträge verlieren, und zwar in Zürich, allerdings mit Verspätung. Denn die Stadtzürcher Regierung hat im April bekannt gegeben, koloniale und rassistische «Zeichen» und Namen aus dem öffentlichen Stadtbild zu entfernen – oder zusätzliche Informationen dazuzustellen, um Passantinnen und Passanten einen Kontext zu liefern.

Im entsprechenden Communiqué hiess es: «Für den Stadtrat ist klar: Rassismus darf nicht toleriert werden.» So würden noch dieses Jahr die Hausnamen-Inschriften mit rassistischem Bezug im Niederdorf entfernt. Sie lauten «Zum Mohrenkopf» und «Zum Mohrentanz».

Stellungnahme des Präsidialdepartements

Doch in städtischen und stadtnahen Betrieben ist die Botschaft offensichtlich nicht angekommen. Wie Recherchen zeigen, verkaufen die Stadtspitäler Triemli und Waid in ihren Cafeterias nach wie vor die Dubler-Mohrenköpfe. Ebenfalls erhältlich sind sie im Café des Landesmuseums, mit dem die Stadt Zürich kooperiert, und an der Snackbar des Kunsthauses Zürich, das von der Stadt kräftig mitfinanziert wird.

Beim Kunsthaus Zürich hat man kein Gehör für die Kritik. Das hauseigene Restaurant und das Café in der Eingangshalle seien von der Kunsthaus-Stiftung an die Remimag AG verpachtet, sagt Sprecher Björn Quellenberg. Auf den Pächter und dessen Sortiment habe man keinen Einfluss. Eine Stellung zur Rassismus-Kritik am Namen bezieht das Museum auf Nachfrage nicht. Nur: «Es gab letzten Herbst einige wenige Beschwerden von Kunsthaus-Besucherinnen, die sich an dem Produkt störten. Wir haben diese Beschwerden an die Remimag AG weitergeleitet.»

«Verkaufen sie, weil sie die besten sind»

Und was sagt der Pächter? Remimag-Geschäftsleiter Florian Eltschinger schreibt, dass für ihn der Genuss im Zentrum stehe: «Wir verkaufen die Dubler-Mohrenköpfe in den meisten unserer Betriebe, weil diese einfach die besten sind.»

Für Lukas Wigger, Sprecher des städtischen Präsidialdepartements, ist das alles kein Problem. Der Entscheid der Regierung beziehe sich einzig auf Zeichen im öffentlichen Raum. Er betont, dass in den städtischen Personalcafeterias die Süssigkeit von Dubler nicht zu finden sei – fügt dann aber doch an, dass auch auch in den Cafeterias der Gesundheitsbetriebe künftig darauf verzichtet werde.

Triemlispital sucht eine Dubler-Alternative

Auf Nachfrage begründet Vera Schädler, Sprecherin des Gesundheitsdepartements, den Entscheid mit dem Produktnamen. Dieser habe einen Bezug zu Rassismus und Kolonialismus. Es würden nun nur noch Restbestände der Süssigkeit verkauft, und danach werde man ein alternatives Produkt ins Sortiment aufnehmen.

Auch dem Landesmuseum scheint das Produkt inzwischen unangenehm: «Gemeinsam mit dem Pächter des Restaurants sind wir daran, einen adäquaten Ersatz für die Dubler-Mohrenköpfe zu suchen, damit das Produkt aus dem Angebot genommen werden kann», sagt Marketingchef Andrej Abplanalp. «Die koloniale Vergangenheit aufzuarbeiten und zu thematisieren ist für uns als Museum ein wichtiges Thema.»

Namenswechsel aus wirtschaftlichen Gründen

Fragt sich, ob die Konkurrenz von den gestoppten Dubler-Verträgen profitieren kann. «Nein», sagt Eric von Graffenried, Chef der Berner Schokoladenproduzentin Chocolat Ammann. «Aber alle Produzenten haben von der medialen Berichterstattung über die Mohrenkopf-Debatte profitiert.»

Ammann nannte seine Produkte bis vor drei Jahren «Mohrenkönig». Weil die Firma aber vermehrt auch im Ausland verkaufen wollte, kam es zu einem Namenwechsel. Nun heissen sie je nach Grösse «King», «Mini King» oder «Prinz». Über 16 Millionen Stück werden pro Jahr produziert. Den Namen «Mohrenkönig» zumindest in der Schweiz beizubehalten, sei nicht in Frage gekommen. Allerdings nicht, weil man sich für den Namen schäme. «Diese Debatte ist völlig verpolitisiert, niemand von unseren Kundinnen und Kunden hat rassistische Hintergedanken, wenn sie Mohrenkopf sagen.»

Dass der Name auch im Schweizer Markt verschwunden ist, hat somit in erster Linie wirtschaftliche Gründe, wie von Graffenried erklärt. «So können wir die Vermarktung einheitlich angehen und die Verpackungskosten sind tiefer, wenn wir nur einen Namen benutzen.»

Die Baselbieter Schokoladenfirma Othmar Richterich reagierte hingegen vergangenen Herbst, allerdings erst nachdem die Warenhauskette Manor die «Schaum-Mohrenköpfe» aus dem Sortiment nahm. Auf den goldigen Verpackungsfolien steht seither nur noch der Name des Familienunternehmens.

Bei der Freiburger Schokoladenfirma Villars heissen die Desserts hingegen bereits seit rund 30 Jahren «Choco-Köpfli» – nicht aus wirtschaftlichen, sondern aus moralischen Überlegungen, wie Firmenchef Stephan Buchser kürzlich in der Coop-Zeitung erklärte. Zuvor hiessen sie «Tête de nègre», also Mohrenkopf. Schon damals habe es aber grosse Diskussionen um den korrekten Namen gegeben, man habe dann schnell reagiert. «Für uns die einzig richtige Entscheidung.»

Für Robert Dubler ist eine Namensänderung hingegen kein Thema, wie er vergangenen Sommer in mehreren Medienberichten mit Nachdruck betonte. In der Sendung «Talk Täglich» sagte er zum Beispiel: «Der Begriff assoziiert viel Gutes. Wenn ich dies nun auf einen anderen Namen abmünze, dann werde ich so durchschnittlich wie die anderen.»
(https://www.limmattalerzeitung.ch/wirtschaft/rassismus-kritik-zuerich-entfernt-kolonialistische-namen-verkauft-aber-weiterhin-umstrittene-dubler-mohrenkoepfe-ld.2161233)


+++RECHTSPOPULISMUS
Megafon (Auflage ca. 1000 Exemplare) vs. Tamedia (Auflage >1.3 Mio Exemplare)
Auf unserem Twitteraccount veröffentlichten wir vergangenen Sonntag ein Meme, das hohe Wellen schlug. Es bezog sich auf die Verwendung verschiedener Hinrichtungsmetaphern durch die Tamedia-Journalistin Michèle Binswanger. Der Medienkonzern Tamedia kündigte daraufhin eine Strafanzeige gegen uns an. Im Folgenden unsere Stellungnahme zu den Ereignissen.
https://www.megafon.ch/aktuelles/satirefreiheit/
-> https://www.20min.ch/story/spiess-hegglin-entschuldigt-sich-fuer-like-unter-koepfungs-meme-234284812349



„Hey ihr alle Unendlich viel Liebe für eure starke Unterstützung heute und die letzten Tage. Merci für die Spendenversprechen und die Solibekundungen. Merci für die pausenlosen Bemühungen, verzerrte Fakten an allen Fronten richtigzustellen. Und merci für eure ehrliche Kritik!
Wir warten jetzt mal auf die Anzeige von der Tamedia und halten euch diesbezüglich auf dem Laufenden. Sollten sich Kosten für eine Rechtsvertretung ergeben, die wir nicht selbst decken können, werden wir uns gerne melden.
Leider ist grad zu viel los, als dass wir alle von euch liken oder auf euch antworten könnten. Aber seid versichert: Wir sehen euch! Und wir sehen euren Support! Gönnt euch heute was. And keep on Pressefreiheiting“
https://twitter.com/Megafon_RS_Bern/status/1413526280113360900



1:0 in glasklarer Analyse fürs Megafon gegen Rutishauser https://megafon.ch/aktuelles/satirefreiheit/ #megafon
(https://twitter.com/avongraffenried/status/1413382488391618562)



bernerzeitung.ch 09.07.2021

Kontroverse um «Megafon»-Bildmontage: Von Graffenried setzt umstrittenen Tweet ab

Alec von Graffenried schlägt sich in einem Streit zwischen dem Mediendienst der Reitschule und dem Verlagshaus Tamedia auf die Seite des Kulturzentrums.

Stefan Schnyder

Alec von Graffenried (GFL) war am Freitagmorgen weit weg von Bern. Er weilte quasi in diplomatischer Mission in Wien. Am Donnerstag traf er seine Amtskollegen von Wien und Berlin, Michael Ludwig und Michael Müller.

Doch offenbar liess ihn in Wien eine Geschichte nicht los, die seit Sonntag in den sozialen Medien die Gemüter erhitzt. Um 8.20 Uhr setzte er auf Twitter eine Meldung ab: «1:0 in glasklarer Analyse fürs Megafon gegen Rutishauser», schrieb der Stadtpräsident. Er erhielt dafür 320 «Gefällt mir»-Rückmeldungen, aber auch kritische Kommentare. Zum Beispiel vom Aargauer SVP-Nationalrat Andreas Glarner.

Mit seinem Satz meldete er sich unaufgefordert in einem Streit zu Wort, der zwischen dem «Megafon» – dem Publikationskanal der Reitschule – und dem Verlagshaus Tamedia mit Chefredaktor Arthur Rutishauser entbrannt ist. Tamedia gibt unter anderem die «Berner Zeitung» und das «Langenthaler Tagblatt» heraus.

Die Vorgeschichte

Am Ursprung der Kontroverse stand ein Interview, das die Tamedia-Journalistin Michèle Binswanger mit dem früheren «Spiegel»-Chefredaktor Stefan Aust geführt hat. Binswanger stellte dabei eine These in den Raum: «Der Vorwurf, rechts zu sein, kann ein gesellschaftliches Todesurteil sein.»

Diesen Satz nahm das «Megafon» am Sonntag zum Anlass, einen «satirischen» Beitrag zu gestalten. Der Mediendienst störte sich daran, dass «Journalist*innen seit Jahr und Tag wirre Hinrichtungsmetaphern bemühen». Auf einem Twitter-Beitrag waren dabei zwei Bilder zu sehen. Das erste enthielt einen kurzen Text: «He Michèle, das stimmt gar nicht.» Das zweite sollte veranschaulichen, «wie Michèle die Welt sieht». Es zeigte eine Hinrichtungsszene aus der Zeit der Französischen Revolution – die Guillotinierung von König Ludwig XVI. Darauf ist zu sehen, wie ein Soldat den Kopf der anwesenden Meute zeigt. Doch an der Stelle des Hauptes des Königs war der Kopf von Binswanger ins Gemälde montiert worden.

Der Rückzug

Kurze Zeit später wurde Kritik laut. Das «Megafon» entschied, den Beitrag zu löschen. Das Bild habe «Assoziationen zu Angriffen auf Journalist*innen» geweckt und «eine Frau zur Zielscheibe» gemacht, räumte es ein und schob nach: «Das kann und darf kein Nebeneffekt satirischer Arbeit sein.» Das «Megafon» entschuldigte sich zudem bei Michèle Binswanger.

Am Dienstagabend veröffentlichte Tamedia-Chefredaktor Arthur Rutishauser, der direkte Vorgesetzte von Michèle Binswanger, einen Kommentar, in dem er ankündigte, dass das Verlagshaus Strafanzeige gegen das «Megafon» einreichen werde. Zudem mahnte er in Zusammenhang mit der Ermordung von Journalisten von «Charlie Hebdo» an, dass jeder, der sich als Newsplattform verstehen wolle, auch überlegen müsse, welche Folgen sein Tun haben könne.

Die Analyse der Reitschule

In einer am Freitag veröffentlichten Analyse warfen die Verantwortlichen des «Megafons» dem Tamedia-Chefredaktor vor, er habe die «Charlie Hebdo»-Debatte verdreht, mit der Strafanzeige zu einer unnötigen Eskalation der Sache beigetragen sowie so getan, «als wäre das Bild ohne jeglichen Zusatz gepostet worden».

Der Stadtpräsident steht zu seinem Tweet, wie er am Abend von Wien aus erklärte. Die «Megafon»-Redaktion habe einen Fehler gemacht, diesen eingeräumt, korrigiert und sich entschuldigt. «Dann hat die Redaktion sachlich Stellung bezogen. Das war gut», schliesst er.
(https://www.bernerzeitung.ch/von-graffenried-setzt-umstrittenen-tweet-ab-100849328471)



bernerzeitung.ch 09.07.2021

Tamedia gegen «Megafon»: Erst denken, dann twittern

Berns Stadtpräsident Alec von Graffenried legitimiert auf Twitter eine üble Grenzüberschreitung. Der Kommentar von BZ-Chefredaktor Simon Bärtschi.

Simon Christoph Bärtschi
Die absolut verunglückte Hinrichtungsmetapher aus der «Megafon»-Redaktion der Reitschule zieht immer weitere Kreise. Jetzt mischt auch noch der Berner Stadtpräsident Alec von Graffenried mit. In einem am Freitag verschickten Tweet bewertet er im Sinne eines selbst ernannten Schiedsrichters die Reaktion der «Megafon»-Macher auf die Ankündigung einer Klage durch Tamedia. «1:0», twitterte von Graffenried an seine dreieinhalbtausend Follower. Sofort wurde sein Statement weitergeleitet und gelikt. Der Tweet ist brisant.

Der Stadtpräsident hat das Guillotinierungsbild der Reitschüler in der Presse bisher nicht unmissverständlich verurteilt. In der «Weltwoche» duckte er sich weg. «Über Geschmack lässt sich gut streiten», lautete sein zögerliches Statement zum Bild einer geköpften Journalistin.

Von Graffenried hat mit seiner Stellungnahme via Social Media die Gelegenheit verpasst, Klartext zu sprechen und das Vorgehen der Reitschüler ohne Zweifel zu missbilligen. Vielmehr erklärt er sie jetzt zu den moralischen Siegern und spendiert Applaus. Das ist bedenklich für einen Stadtpräsidenten.

Social Media ist nicht geeignet für differenzierte Debatten. Das weiss von Graffenried bestens. Sein flapsiger Resultate-Tweet in Zusammenhang mit einem Hinrichtungsbild kommt beim Publikum als öffentliche Verharmlosung desselben an. Der Stapi legitimiert auf Twitter eine üble Grenzüberschreitung.

Berns Stapi brüstet sich gern als Brückenbauer und Kommunikator. Mit seiner jüngsten Aktion hat er vor allem Öl ins Feuer einer enorm aufgeheizten Debatte um den Schutz von Medienschaffenden gegossen. Von Graffenried sollte künftig vor dem Twittern denken.
(https://www.bernerzeitung.ch/erst-denken-dann-twittern-289812679706)



Waffen beschlagnahmt: Polizei stürmt Wohnung von Westschweizer SVP-Politiker
Nach dem Sieg von Italien gegen die Türkei rief ein Waadtländer SVP-Mitglied den Notruf an, um sich über den Lärm der Fans zu beschweren. Er bot den Beamten dabei Unterstützung an – mit der eigenen Waffe. Das sorgte für Ärger.
https://www.blick.ch/schweiz/westschweiz/waffen-beschlagnahmt-polizei-stuermt-wohnung-von-westschweizer-svp-politiker-id16664999.html


+++RECHTSEXTREMISMUS
bernerzeitung.ch 09.07.2021

Rechtsextreme vor Gericht: «Heil Hitler»-Rufe in Langenthal

Am Bahnhof kam es zu wüsten Beschimpfungen, Tätlichkeiten und Raub. Grund für die Auseinandersetzung bot eine gegensätzliche politische Gesinnung.

Maximilian Jacobi

Eigentlich hatten sie an diesem Abend im April 2019 an ein Konzert gewollt. Doch als sich die beiden Freunde im Avec-Shop am Bahnhof Langenthal davor noch Essen und Getränke kauften, betraten zwei Oberaargauer unverhofft den Laden und deckten sie mit Beschimpfungen ein.

Grund für ihren Unmut bot laut Aussage des ersten Beschuldigten vor dem Regionalgericht Emmental-Oberaargau die Lederjacke, die das männliche der beiden Opfer trug. Die Jacke verlieh mithilfe von Aufnähern und Ansteckern der linken politischen Gesinnung des jungen Mannes Ausdruck – und veranlasste das Oberaargauer Duo dazu, den Jackenträger und seine Begleiterin als «Scheiss-Zecken» zu bezeichnen, wie die Anklageschrift festhält.

Auch folgten Worte wie «Den verhauen wir nachher» und «Heil Hitler» sowie ein Tritt vors Schienbein des jungen Mannes in der Lederjacke. Daraufhin verliessen die Störenfriede den Shop. Als der Mann und die Frau kurz darauf ebenfalls aus dem Shop traten, warteten die zwei Oberaargauer draussen bereits auf sie.

Androhung «massiver Schläge»

Es folgten weitere Beschimpfungen vonseiten der Beschuldigten. Ausserdem erklärten die beiden Männer gemäss der Anklageschrift, dass es in «Langenthal keine Anarchisten braucht» und sie die «Nazis von Langenthal» seien. Sie drohten dem jungen Mann mit «massiven Schlägen», sollte er ihnen seine Jacke nicht sofort aushändigen.

Die ausweglose Situation veranlasste den jungen Mann, dem Hauptbeschuldigten seine Jacke zu übergeben, die dieser an sich riss. Nachdem sich die beiden mutmasslichen Täter dann entfernt hatten, verständigte die junge Frau die Polizei.

Bekannte Straftäter

Bereits anhand der Beschreibung der Beschuldigten gelang es der Polizei, einen davon zu identifizieren, da ihnen der Delinquent aufgrund mehrerer Vorstrafen und seiner rechten Gesinnung bereits wohlbekannt war. Noch am selben Abend griffen sie ihn auf und sprachen mit ihm, woraufhin er die Tat gestand und die entwendete Jacke den Behörden aushändigte. Seine «verwaschene» sowie «euphorische» Ausdrucksweise habe darauf schliessen lassen, dass der Haupttäter alkoholisiert gewesen sei, so ein Kantonspolizist im Zeugenstand.

Der Mittäter hingegen wurde anhand von Aufnahmen der Sicherheitskameras des Ladens identifiziert. Auch er ist bereits durch Vorstrafen und für seine rechte Gesinnung der Polizei bekannt. Er sei am selben Abend als Beifahrer in einer Verkehrskontrolle zufällig aufgegriffen worden und habe da nüchtern gewirkt, sagte der Kantonspolizist vor dem Regionalgericht Emmental-Oberaargau aus.

Verhaltene Verteidigung

Einen Umstand, den der Mitbeschuldigte nur mit einem Schulterzucken quittierte. Er habe nichtsdestotrotz stark dem Alkohol zugesprochen und könne sich nicht mehr recht erinnern, was genau vorgefallen sei. Er wird wegen Raub beziehungsweise Gehilfenschaft dazu und Beschimpfung angeklagt. Zu seiner Verteidigung hatte der junge Oberaargauer vor Gericht wenig bis nichts zu sagen.

Der erste Beschuldigte zeigte im Gegensatz dazu mehr Erinnerungsvermögen. Seine Anklagepunkte belaufen sich auf Raub, Beschimpfung und Tätlichkeiten. Obwohl auch er betonte, an diesem Abend über den Durst getrunken zu haben und aufgrund eines vorangegangenen Streits mit seiner Partnerin «nicht sich selber» gewesen zu sein, übernahm er reumütig Verantwortung für seine Taten.

Das Opfer des Raubs und seine Begleiterin, die Privatklage wegen Beschimpfungen erhoben hatte, zeigten sich vor Gericht wenig nachtragend. Der junge Mann zog den Strafantrag wegen Tätlichkeiten gegenüber dem Haupttäter zurück. Seine Begleiterin hielt ausserdem fest, dass sie lediglich eine Bestrafung wünsche, die solchen Situationen künftig vorgreife. «Es kann doch nicht gesund sein, so viel Hass in sich zu tragen», schloss sie.

«Letzter Schuss vor den Bug»

Das Regionalgericht Emmental-Oberaargau bekannte die Beschuldigten der Nötigung und des versuchten Sachentzugs für schuldig und verurteilte beide zu bedingten Freiheitsstrafen von jeweils sechs und fünf Monaten. Dazu kommt jeweils eine unbedingte Geldstrafe wegen Beschimpfung und eine Hälfte der Gerichtskosten. Noch sehe er von einer unbedingten Haftstrafe ab, verkündete der Richter, da er sie in diesem Fall nicht als zweckmässig erachte. Zu verstehen sei dies aber als «letzter Schuss vor den Bug».
(https://www.bernerzeitung.ch/heil-hitler-rufe-in-langenthal-302823635718)



„Chris Ares“ und der „identitäre“ Rechts-Rap
„2020 wird das Jahr des Heimat-Rap“, titelte die rechte Wochenzeitung „Junge Freiheit“ (JF) Ende Januar 2020. Die Aussage stammt vom gebürtigen Freiburger Christoph Aljoscha Zloch, der als „Chris Ares“ wohl der bislang erfolgreichste Rechtsrapper im deutschsprachigen Raum gewesen sein dürfte.
https://www.antifainfoblatt.de/artikel/%E2%80%9Echris-ares%E2%80%9C-und-der-%E2%80%9Eidentit%C3%A4re%E2%80%9C-rechts-rap


+++FUNDIS
tagblatt.ch 09.07.2021

Umstrittene Figur: Es geht um Ausserirdische und ein Menschenexperiment: Weshalb Esoterik-Star Christina von Dreien ihre Livesendungen in Arbon produziert

Die 20-jährige Christina von Dreien aus dem Toggenburg gilt als die erfolgreichste Esoterikerin im Land. Ihre Events finden ausschliesslich im Arboner Vegan-Restaurant Planet One statt, allerdings ohne Publikum. Der Geschäftsführer des Restaurants will weder Gegner noch Anhänger des umstrittenen Stars sein.

Annina Flaig

Fast eine halbe Million Menschen haben sich die Videos aus Arbon angeschaut. Zumindest diejenigen Ausschnitte, die auf Youtube verfügbar sind. Esoterik-Star Christina von Dreien bezeichnet sie als «Love-Streams». Produziert werden sie als Livewebinare im Restaurant Planet One mitten in der Arboner Altstadt.

Wer live mit dabei sein will, bezahlt 45 Franken. Insgesamt vier solche Events, die ausschliesslich online stattfinden, hat die 20-Jährige seit Anfang Jahr hier aufgenommen. Am Montag folgt der nächste – die Teilnahme ist diesmal kostenlos und das Interesse entsprechend gross: Rund 3500 Teilnehmer haben sich angemeldet.

Thomas Boll, der umtriebige Geschäftsführer und Initiator des Restaurants, sagt: «Es ist eindrücklich, dass sie so viele Menschen erreicht.»

Boll sieht sein Lokal auch als Streaming-Event-Restaurant. Der 46-Jährige ist, nebst all seinen anderen Aktivitäten, Coach im Bereich Online-Business. Sein Ziel sei es, Menschen eine Bühne «zur grossen Welt» zu geben und ihnen zu helfen, ihre Botschaften zu verbreiten.

Sie denke nicht, dass wir Menschen allein unser Bewusstsein halten, sagt von Dreien. «Wir haben ja auch Unterstützung von der geistigen Welt – und von Ausserirdischen.»

Während von Dreien im «Planet One» auf dem Sofa sitzt und über Übersinnliches spricht, steht Thomas Boll alleine hinter der Kamera und hat jede Menge mit der Technik für den Stream zu tun.

Intelligente Dinosaurier unter der Erde

In den Medien werden von Dreiens Weisheiten wie diejenige, dass in unterirdischen Höhlensystemen noch intelligente Dinosaurier lebten, immer wieder als «krude Glaubenssätze» betitelt. Boll selbst will sich dazu nicht äussern und distanziert sich von den Inhalten. «Christina von Dreien ist eine Kundin von mir. Und ich will nicht über meine Kunden urteilen.»

Er sei weder Anhänger noch Gegner, sondern «total neutral» und betont: «Wir haben hier Meinungsfreiheit.» In Arbon habe er bisher noch keine Reaktionen zu den «Love-Streams» erhalten. Er vermutet: «Die meisten wissen wohl gar nichts davon.»

Von Dreien selbst lächelt plötzlich und freut sich sichtlich über das, was sie erzählt. Eines der Videos wurde fast 6000-mal gelikt und 447-mal kommentiert. Jemand schreibt: «So schön, dieses Strahlen über Christinas ganzes Gesicht, wenn sie von den Ausserirdischen spricht.»

Ein anderer Kommentar lautet: «Du bist unser Engel auf Erden. Du gibst dein Wissen weiter, damit die Menschen erwachen.»

Die Impfung bezeichnet sie als «Menschenexperiment»

Die Covid-Impfung bezeichnet von Dreien in ihrem Webinar als «Menschenexperiment». Wer sie nicht vermeiden könne, soll versuchen, der geistigen Welt zu sagen, dass sie alles Schädliche im Impfstoff drin neutralisiert.

Weiter rät sie den Menschen an einem Event im Januar, Vorräte anzulegen. «Essen und Wasser.» Sodass man drei bis vier Monate überleben könne. Wenn es nicht so schlimm komme, sei es ja toll. «Dann muss man eine Weile nicht mehr einkaufen gehen, und man kann sein Essen weiterschenken.»

Auch das Vegan-Restaurant steht dafür ein, dass man zueinander schaut. Die Kunden, bei denen es finanziell gerade eng ist, können ihr Essen oder ihre Getränke aus dem «Planet One»-Fonds finanzieren lassen. Das Restaurant kennt keine festen Preise, nur Referenzwerte. Der Kunde entscheidet selbst, was er zahlen kann und will. Boll sagt: «Von Dreien will, dass es den Menschen und unserem Planeten gut geht. Das wollen wir auch.»

Ansonsten will er sich explizit nicht mit ihr in Verbindung bringen lassen. So produziere er zum Beispiel auch Videos für eine Firma, die sich auf Kalkschutz für Wasserleitungen spezialisiert hat, oder eine Schreinerei, die Holzbetten herstellt. Bei ihm könne man die EM-Fussballspiele live mitverfolgen, und seine Livestreams würden nebst von Dreiens Vorträgen von Jazz über Techno bis Poetry-Slam ganz unterschiedliche Interessen bedienen, betont er. Selbst Stand-up-Paddle könne man bei ihm mieten.

Von Dreien will kein Livepublikum in Arbon

Dass von Dreien das Studio in Arbon nutzt, sei eher zufällig entstanden. «Ursprünglich hatte sie mich angefragt, ob ich die Lichttechnik für eine ihrer Veranstaltungen übernehmen könne.»

Als er sah, dass sie für ihre Events nur die Webcam nutzen wollte, habe er ihr spontan sein Studio gezeigt und angeboten, sie professionell zu unterstützen. «Das war Anfang dieses Jahres, als das Restaurant massnahmenbedingt geschlossen hatte.» Seither finden ihre Veranstaltungen ausschliesslich in Arbon statt – jeden Monat eine.

Boll hat gehofft, dass er ihr Publikum in seinem Restaurant während der Anlässe bewirten darf. Doch die junge Vortragende fokussiert sich derzeit lieber auf reine Online-Events. Zusätzliches Livepublikum sei für sie anstrengend, und sie möchte keine Menschen um sich scharen, hat sie Boll erklärt.
(https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/kreuzlingen/umstrittene-figur-es-geht-um-ausserirdische-und-ein-menschenexperiment-weshalb-esoterik-star-christina-von-dreien-ihre-live-sendungen-in-arbon-produziert-ld.2160618)